Kapitel 79: Meine Antwort ist Ja
Dominik und ich blieben noch über Nacht in Warschau. Doch gleich am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns von meiner babcia, Tante Kasia und Onkel Kazik und buchten einen Flug nach SimVegas. Spät am Abend trafen wir dann endlich in der Simlane ein. Kinga kam sofort auf uns zugestürmt, als sie den Wagen vorfahren sah. "Papa, Mami! Da seid ihr ja wieder. Hast du dich in der Kur gut erholt Mami?" Kur? Ich sah Dominik fragend an, doch der zuckte nur entschuldigend mit den Achseln. "Irgendetwas musste ich ihr doch erzählen, wo ihre Mami abgeblieben ist".
Nachdem ich auch noch Tristan begrüßt hatte, der sich hundertmal dafür entschuldigte, dass er Dominik meinen Aufenthaltsort verraten hatte, ging ich hinaus in den Zitronenhein. Ich musste einfach sehen, wie es den Bäumen ging. Aber alles war in bester Ordnung. Ich schnitt zwar hier und dort ein paar Zweige ab, aber ansonsten hatte Dominik sich wunderbar um alles gekümmert. Und das tat er nun schon seit so vielen Jahren. Babcia hatte Recht, Dominik war wirklich ein Mann, auf den man sich verlassen konnte.
Also faste ich einen Entschluss. Ich warf die Laubschere auf den Boden und lief ins Haus. Dominik stand in der Küche und verstaute die zahlreichen Würste, die meine Großmutter uns mitgegeben hatte. "Kommst du mal bitte mit?", bat ich ihn und führte ihn Hand in Hand in Rolands altes Zimmer. "Was wollen wir den hier?", fragte Dominik verwundert als wir in dem dunklen, nun vollkommen leeren Raum standen. "Ja, Dominik. Meine Antwort ist Ja".
Dominik zog verwirrt die Augenbrauen hoch. "Ja? Ja wozu?". Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. "Vor etwa vier Jahren hast du mir hier eine Frage gestellte, Dominik. Damals war das noch Kingas Babyzimmer gewesen und wir standen zusammen an ihrer Wiege. Und du hast mir eine Frage gestellt. Ich habe nie geantwortet. Bis heute und meine Antwort ist Ja". Ich konnte die Zahnräder, die ihn Dominiks Gehirn arbeiteten, förmlich sehen. Und plötzlich riss er die Augen auf, als er verstand, auf welches Ereignis in diesem Zimmer ich anspielte.
Ohne Vorwarnung lief er davon und ließ mich verwirrt stehen. Aber nur für einen kurzen Augenblick, denn er kam sofort völlig außer Puste zurück und fiel vor mir auf die Knie. "Der letzte Antrag ist schon so lange her", hechelte er, "dass ich lieber noch einen zweiten mache. Lass mir nur fünf Sekunden, um wieder Luft zu schnappen. Na gut, sagen wir zehn." Ich ließ ihm so viel Zeit, wie er wollte. Schließlich hatte er auch lange genug auf mich warten müssen.
Und dann streckte er seine Hand vor und präsentierte den wunderschönen Ring mit dem glitzernden Diamanten, den ich schon vor vier Jahren hätte annehmen sollen. "Oxana Brodlowska, willst du diesen schönen und teuren Ring und mich als unwiderstehlich gut aussehenden Mann gleich dazu?". Ich nahm den Ring und steckte ihn mir an den linken Mittelfinger. Er passte perfekt. "Ja, ich will", antwortete ich schließlich ohne lang zu überlegen. "Ich will euch beide, den Ring und dich".
Dominik küsste mich zärtlich und umarmte mich dann. "Ich hatte schon befürchtet, dass ich diesen Ring völlig umsonst gekauft hätte", gab er zu und ich hörte deutlich, wie ernst er es damit meinte. "Ich liebe dich, Brodlowska. Und ich werde dir ein guter Ehemann sein und Kinga ein noch besserer Vater, als ich es bisher war ".
"Nicht nur Kinga, sondern auch deiner anderen Tochter; oder deinem Sohn, so genau weiß ich das noch nicht". Und erneut an diesem Abend schaffte ich es, Dominik sprachlos zu machen. "Du meinst, du bist schwanger?", fragte er überglücklich. "Wir bekommen noch ein Kind?". "Ich weiß es seit dem Arztbesuch bei Schwester Mphenikohl. Ich bin etwa in der achten Woche", bestätigte ich und Dominik brach in Jubel aus. "Dann ist es ja auch nicht verwunderlich, dass du dich in den letzten Wochen so seltsam verhalten hast. Junge, Junge, Frauen sind während der Schwangerschaft echt unberechenbar. Und du ganz besonders, Brodlowska".
Wir machten uns umgehend an die Planung. Ich wollte so schnell wie möglich heiraten. Zum einen wollte ich nicht, dass man mir die Schwangerschaft bei der Hochzeit ansah. Irgendwie würde ich mich sehr unwohl fühlen, wenn man mir direkt ansah, dass ich nicht mehr jungfräulich in die Ehe ging, auch wenn das natürlich total bescheuert war. Zum anderen hatte ich Angst, meine Entscheidung Dominik zu heiraten doch noch zu bereuen und alles abzublasen. Und viel war ja nicht zu organisieren. Ein Partyservice war schnell gefunden und die Einladungen an unsere Familien konnten unproblematisch über das Telefon abgewickelt werden.
"Und du bist dir wirklich sicher, dass du nicht in der Kirche heiraten willst?", fragte Dominik, als ich die Anmeldung im Standesamt über das Internet abgewickelt hatte. "Ich weiß doch, wie wichtig dir die Kirche und so ein Kram sind". "Und ich weiß ganz genau, wie wenig du von diesen Dingen hältst, Dominik. Ich will nicht, dass du nur mir zuliebe vor Gott ein Gelübde ablegst, das dir nichts bedeutet." Damit schien Dominik einverstanden zu sein. "Aber wenn du es dir anders überlegen solltest, Brodlowska", fügte er hinzu, "dann sag mir einfach bescheid. Für dich würde ich sogar gläubig werden".
Es war nicht die volle Wahrheit, die ich Dominik gerade erzählt hatte. Natürlich hätte ich gerne in der Kirche geheiratet. Aber ich konnte nicht vor Gott treten und ein Gelübde über ewige Liebe abgeben, wenn ich Dominik nicht liebte. Und das tat ich einfach nicht. Noch nicht. Aber ich vertraute darauf, dass sich das mit der Zeit entwickeln würde.
Und dann ging alles furchtbar schnell. Die Wochen verflogen und der Hochzeitstermin stand schon vor der Tür. Und zwei Tage vor der Hochzeit trafen mein Bruder Orion, meine Schwester Joanna und mein Schwager Tobias aus SimCity ein. Mein Großmutter und Tante Kasia und Onkel Kazik würden erst gegen Abend in SimVegas landen.
Auch meine Schwester hatte ich schon lange gewartet. Als Kinder hatten wir immer von einer pompösen Doppelthochzeit geträumt, doch dieser Wunsch ist nie in Erfüllung gegangen. Aber ich wollte immerhin, dass sie mir bei meiner Hochzeit zur Seite stand. Und ein passendes Brautkleid konnte ich nur gemeinsam mit ihr aussuchen. "Dieses grässliche Teil ist ja wohl nicht dein Ernst, Xana", protestierte sie aufs heftigste, als ich ein Kleid vom Ständer der Mode-Boutique nahm. "Lass mich lieber aussuchen, Schwesterherz. Das bäuerliche Leben scheint deinen Modegeschmack verwirrt zu haben".
Sie suchte eine Weile herum und kam schließlich mit einem langen, weißen Kleid auf dem Arm zu mir und schob mich damit in die Umkleidekabine. "Du wirst damit umwerfend aussehen", versicherte sie mir. Ich probierte das Kleid an und es sah tatsächlich wunderschön aus. "Und gefällt es dir?", fragte Joanna. Es gefiel mir sogar sehr, aber irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, in diesem Kleid übermorgen zu heiraten. Es wirkte einfach zu sehr nach Traumhochzeit. Ich wollte etwas schlichteres, etwas, was einer einfachen standesamtlichen Trauung im eigenen Garten eher entsprach.
"Ich denke, dann hab ich genau das Richtige für dich". Joanna verschwand für ein paar Minuten zwischen den Kleiderständern, während ich mir nur in Unterwäsche bekleidet in der Umkleidekabine etwas verloren vorkam. Aber dann kam sie wieder mit einem Outfit, das meine volle Zustimmung fand. Ich brauchte nicht lange zu überlegen und ging damit sofort zur Kasse. Und da wir gerade ohnehin in SimVegas waren, konnten wir anschließend unsere babcia samt Anhang vom Flughafen abholen.
Den Tag vor der Hochzeit verbrachten meine Schwester und ich damit, die richtige Frisur für mich zu finden. Ich wollte meine Haare am liebsten einfach nur zu einem Pferdeschwanz zusammen binden, aber da protestierte Joanna. "Du musst auch an unsere polnische Familie denken, Oxana. Zurückhaltung mag hier in der SimNation als vornehm gelten, doch in Polen muss man protzen, sonst enttäuscht man seine Gäste. Also müssen wir schon etwas Ausgefallenes auf deinen Kopf zaubern." Und als die Frisurenfrage geklärt war, beschäftigten wir uns mit dem passenden MakeUp. Ich hätte ja einfach mein alltägliches Aufgetragen, aber Joanne wäre fast in Ohnmacht gefallen, als ich ihr das vorschlug.
Die Jungs waren währenddessen damit beschäftigt, den Garten für die morgige Zeremonie herzurichten. Auch Roland kam zur Unterstützung vorbei. Der Partyservice hatte alles notwendig bereits geliefert und es musste nur noch aufgebaut und an den richtigen Platz gestellt werden. Warum die Jungs dabei aber ihre gute Abendgarderobe trugen, verschloss sich meinem Verständnis.
Am Abend kam dann Glinda, Dominiks Mutter, vorbei um ihren Sohn für die Nacht zu sich nach Hause zu holen. Dominik sollte mich vor der Hochzeit schließlich nicht mehr sehen. Aber so wie Glinda nun mal war, konnte sie ihren Mund nicht halten. "Und du willst dieses Mädchen wirklich heiraten, Nicky? Ich weiß, dass du sie magst, aber sie ist einfach nicht die Richtige für dich. Sie kann dich nicht so sehr lieben, wie du es verdient hast. Mach keinen Fehler Nicky. Die kleine Ingrid, deine Freundin während der Schulzeit, war so ein gutes Mädchen. Ich verstehe bis heute nicht, warum du sie verlassen hast. Aber ich habe gehört, dass sie immer noch alleine ist. Sie würde dich bestimmt mit offenen Armen zurück nehmen".
"Mutter, hör doch endlich auf damit. Ich heirate morgen. Oxana wird deine Schwiegertochter und du kannst nichts daran ändern. Kannst du dich nicht für mich freuen? Oxana ist die Frau, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen möchte und nichts was du sagst, wird daran etwas ändern. Und wenn du in diesem Haus weiterhin willkommen sein möchtest, dann solltest du das akzeptieren". Dominiks Worte klangen so entschlossen, dass Glinda dem nichts entgegen zu setzen wusste. "Ach, Nicky, ich will doch nur, dass du glücklich wirst". "Und das werde ich auch, Mutter, das werde ich".