Kapitel 80: Frau Dominik Blech
Und dann war es soweit. Joanne weckte mich früh am Morgen um mich für diesen großen Tag schön zu machen. Am Abend zuvor hatten wir meinen Junggesellenabschied mit etwas Sekt gefeiert. Es war zwar nicht viel, aber ein starker Kaffee tat mir dennoch gut. Und nachdem ich fertig gestylt war, konnte auch meine Schwester sich fertig machen. Die Trauung war für zwölf Uhr angesetzt und da alle Gäste entweder direkt bei uns, oder bei Dominiks Eltern übernachtet hatten, kam auch keiner zu spät.
Den Papierkram hatten wir bereits eine viertel Stunde zuvor mit dem Standesbeamten abgewickelt. Zwei Unterschriften genügten und Dominik und ich waren Mann und Frau. Aber es war die eigentliche Zeremonie, die zählte und nicht irgendwelche Dokumente. Unsere Gäste schauten uns erwartungsvoll an und jubelten uns zu, als wir Hand in Hand, begleitet von romantischer Musik aus dem CD-Player, zum Hochzeitsbogen schritten.
"Und du bis dir auch ganz sicher, dass wir das durchziehen wollen, Brodlowska? Verzeihung, ich meine natürlich Frau Blech?" Ich legte meinen Arm liebevoll um seine Schulter. "Ich bin mir ganz sicher. Und wie du es gerade richtig bemerkt hast, wir haben es doch schon längst durchgezogen."
Dominik lachte. "Nun gut. Brodlowska, willst du dann noch mal vor unsere Familie und unseren Freunden bestätigen, dass du mich wirklich heiraten willst?" "Ja, ich will". Ich strahlte und fühlte mich wirklich glücklich, als Dominik den goldenen Ehering aus seiner Tasche zog und ihn an meinen Finger steckte.
"Und willst du, Dominik, mich heiraten, obwohl ich manchmal seltsam und durchgedreht bin und dich an den Rand des Wahnsinns treibe?" "Ja, das will ich. Und glaub mir, du wirst es niemals schaffen, mich wahnsinnig zu machen. Höchstens wahnsinnig nach dir." Lachend steckte ich ihm seinen Ring an den Finger.
Dann zog er mich zu sich heran und verpasste mir einen langen, innigen Kuss. "Frau Dominik Blech! Ich hab dir doch prophezeit, dass ich dich heiraten würde, Brodlowska, gleich bei unserem ersten Treffen." Und er hatte Recht behalten. Ich musste es wohl oder übel zugeben. Aber inzwischen fand ich diesen Gedanken gar nicht mehr so unangenehm.
Unsere Freunde und Verwandten jubelten, als wir unser Ehegelübde mit einem Kuss besiegelten. Auch Kinga klatschte erfreut in die Hände. "Jetzt sind Mami und Papa verheiratet wie richtige Eltern", erklärte sie dem steifen Standesbeamten erfreut. „Und jetzt werde ich es der doofen Bärbel heimzahlen, dass sie mich deswegen immer geärgert hat.“
Als erstes ging ich dann zu dem Standesbeamten und bedankte mich für sein Kommen und die unkomplizierte Abwicklung des Papierkrams. Dominik war inzwischen damit beschäftigt, die herzlichen Glückwünsche der Hochzeitsgäste entgegen zu nehmen und auch hinter mir bildete sich bereits eine Schlange, die nur darauf wartete, dass ich ebenfalls zur Verfügung stand.
Meine babcia war so gerührt von der Trauung, dass ihr die Tränen die Wange hinunter liefen. "Ach, du dumme alte Frau", schimpfte sie mit sich selbst. "Jetzt brichst du auch noch in Tränen aus. Freuen solltest du dich und nicht weinen." Natürlich brachte dieses Gerede nicht das Geringste. Und ich fand es richtig schön, dass sie sich so für mich freute.
Dominik konnte sich gar nicht losreißen von all den Gästen, die ihn beglückwünschten. "Herzlichen Glückwunsch, großer Bruder". Siana drückte ihren Bruder und verpasste ihm ein Küsschen auf jede Wange. "Wer hätte gedacht, dass du durchgeknallter Kerl eine so hübsche Ehefrau abbekommst. Ich wünsche euch nur das Beste für eure gemeinsame Zukunft". Erfreut stellte ich aber auch fest, dass unsere beiden Familien sich prächtig miteinander Verstanden. Dominiks Mutter unterhielt sich angeregt mit meiner Schwester, von der sie nebenbei bemerkt sehr viel mehr angetan schien, als von mir. Und selbst Onkel Kazik schien die Sprachbarriere leicht überwinden zu können.
Und auf einmal begann es zu regnen. Innerhalb von Minuten zogen dunkle Wolken auf und entließen ihre nasse Fracht über Sierra Simlone Stadt. Für diese Jahreszeit war ein solcher Regenschauer absolut ungewöhnlich. Aber die Regentropfen verdunsteten, noch bevor sie den heißen Wüstenboden erreichen konnten. Es war dennoch eine willkommene Abkühlung und ich wertet diesen Schauer als ein gutes Zeichen für die Zukunft.
Unbeirrt fuhren wir im Programm fort und eröffneten den Tanz mit einem schönen Langsamen Walzer. Und schon bald gesellten sich Roland und meine Schwester, sowie Tristan und Glinda zu uns auf die Tanzfläche, bis schließlich alle am Tanzen waren.
Da sich aber auch langsam mein Magen meldete, zog ich Dominik von der Tanzfläche, um die Hochzeitstorte anzuschneiden und damit offiziell das Buffet zu eröffnen. Dominik schnitte ein großes Stück der Torte heraus und legte es auch einen Teller.
"Augen zu und Mund auf, Frau Blech", forderte er mich auf. Ich sah in skeptisch an, schloss dann aber artig meine Augen und öffnete meinen Mund. Ich war auf alles gefasst, doch am Ende fand doch ein Stück der Torte ordentlich auf einer Gabel seinen Weg in meinen Mund statt sich über mein ganzes Gesicht zu verteilen. "Damit hast du nicht gerechnet, Brodlowska, hab ich Recht?" Dominik grinste. "Ich bin halt immer für eine Überraschung gut".
Schnell folgten die anderen Gäste, um ebenfalls ein Stück des Kuchens abzubekommen. Tante Kasia sorgte dafür, dass alles in geordneten Bahnen verlief. Die vorher mühevoll ausgeklügelte Sitzordnung wurde plötzlich wertlos, da sich jeder hinsetzte, wo er wollte. Ob Orion so glücklich war, in der Kinderecke bei Kinga und Constance zu landen kann ich nicht beurteilen. Aber immerhin entschädigte ihn die charmante Gesellschaft von Siana für so einiges.
"Kinder, Kinder, was ist denn das für eine Hochzeit!" Meine Oma schüttelte verständnislos den Kopf, ging zur Sektflasche hinüber und ließ den Sektkorken knallen. "Es geht doch nicht, dass hier alle ohne Glas in der Hand rumlaufen. Oxana, du bis Polin, also benimm dich auch so. Und dein Dominik ist jetzt auch Pole, also sollte er gleich lernen mit seiner neuen Familie beim Trinken mithalten zu können." Dominik verstand zwar kein Wort, aber ich brach neben ihm in Gelächter aus. Und meine Oma mit der Flasche in der Hand und dem tadelnden Blick war einfach ein Bild für sich.
Als dann alle ihre Gläser in der Hand hatten, räusperte mein Bruder Orion sich und lenkte die Aufmerksamkeit der übrigen Gäste auf sich. "Xana, da unsere Väter leider nicht mit uns feiern können, liegt es an mir, als männliches Oberhaupt der Familie, einen Toast auch dich und deinen Mann auszusprechen. Ich habe noch keine Ahnung, was Liebe wirklich ist, aber ihr zwei seid nun schon lange genug zusammen, um zu wissen, was ihr einander bedeutet. Ich wünsche Euch eine glückliche gemeinsame Zukunft. Und Dominik, wenn ich höre, dass du meine Schwester schlecht behandelst, dann kriegst du es mit mir zu tun." Dominik begann theatralisch zu zittern und alle lachten. "Ein dreifaches Hoch auf das Brautpaar", endete Orion seine Ansprache und gemeinsam stießen wir an.
Das Buffet stand bereit und jeder konnte sich bedienen, wie er wollte und Großmutter sorgte schon dafür, dass niemand zu wenig trank. Dank meiner Schwangerschaft konnte ich mich immerhin meistens herausreden. Dominiks kleiner Bruder Dennis nahm dagegen gerne jedes Glas an, das ihm angeboten wurde und so war es nicht verwunderlich, dass er auf der Tanzfläche zu Höchstleistungen auffuhr und mit seinen eigenwilligen Tanzeinlagen alle zum Lachen brachte.
Wir tanzten, aßen und tranken und alle hatten ihren Spaß. Dann fuhr eine schwarze Limousine vor. "Hier ist eure Hochzeitsüberraschung", rief meine Schwester und zog mich und Dominik zu dem wartenden Auto. "Zwei Wochen erholsamen Urlaub in Ägypten. Nilkreuzfahrt, Palmen, Strand, Meer und niemand der euch stört. Ihr braucht nur noch einzusteigen. Alles andere ist erledigt". Ich fiel Joanna überglücklich um den Hals. "Viel Dank für diese Überraschung." Wir verabschiedeten uns nur noch von allen Gästen und von unserer Tochter und stiegen dann in die Limousine, die uns zum Flughafen nach SimVegas brachte, von wo aus wir in unsere Flitterwochen und in den Begin eines neuen Lebensabschnittes starteten.
Gedanken:
Frau Oxana Blech. Dieser Name klang immer noch fremd in meinen Ohren, aber ich würde mich an den Klang gewöhnen. Ich war also verheiratet. Verheiratet mit Dominik. Noch vor wenigen Wochen hätte ich es nicht für möglich gehalten, doch jetzt war es wahr. Nur drei Monate nach Alberts Tod heiratete ich einen anderen Mann. Aber es erschien mir richtig. Ich liebte Dominik nicht, aber ich habe bereits sechs Jahr mit diesem Mann verbracht. Und es hat auch ohne Liebe funktioniert. Es war manchmal schwer, aber im Großen und Ganzen hat es funktioniert. Ich war mir sicher, dass es auch weiterhin funktionieren würde. In den Jahren zuvor, war Albert immer ein unsichtbarer Konkurrent gewesen, gegen den Dominik nicht ankämpfen konnte. Doch jetzt gab es diesen Konkurrenten nicht mehr. Und vielleicht würde ich auf diese Weise zu Dominik finden und ihn lieben lernen. Er war Kingas Vater und bald würde er der Vater meines zweiten Kindes werden. Es spielte dabei keine Rolle, ob er auch wirklich der Erzeuger war. Doch diesmal hatte ich das Gefühl, dass dieses Kind wirklich seines war. Ich würde ihm also nicht noch ein Kuckucksei unterschieben.
Unser Konto war gut gefüllt. Finanzielle Probleme hatten wir also nicht zu erwarten. Der Ertrag aus der Farm war konstant und zufriedenstellen. Die Zitronen- und Orangenplantage hatte zwar viel Geld in der Anschaffung gekostet, doch ich war mir sicher, dass sich diese Investition bald auszahlen würde. Mir Rolandas Auszug haben wir natürlich einen wichtige Einnahmequelle verloren. Sein Job als Klinikleiter füllte unsere Kassen immer sehr gut. Aber Tristan verdiente in seiner hohen Position bei der ansässigen Ölfirma auch sehr gut und auch Dominik stieg immer weiter auf. Er war jetzt Hauptkommissar bei seinem Wachdienst. Jetzt war er nicht mehr direkt mit der Bewachung der Ölförderanlagen beschäftigt, sondern organisierte die übrigen Wachleute bei ihren nächtlichen Einsätzen.
Rolands Auszug tat mir noch immer weh. Es war ein Fehler gewesen, mit ihm zu schlafen. Es war ein Fehler, der sich ganz sicher nicht wiederholen würde. Es war verständlich, dass er bei seiner zukünftigen Frau leben wollte, aber ich hatte das ungute Gefühl, dass wir durch seinen Auszug nicht mehr in der Lage waren, unsere Freundschaft zu kitten. Bei der Hochzeitsfeier war er zwar anwesend, aber er mied mich. Glücklicherweise litt meine Laune darunter nicht all zu sehr. Insgesamt war die Hochzeitsfeier ein voller Erfolg. Alle hatten sich wunderbar amüsiert. Ich hoffte, dass meine Ehe mit Dominik sich ebenso vorsetzen würde, wie sie begonnen hatte. Und ich hatte ein gutes Gefühl, was dies anging.