Psychodoll1991
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Folge 22 – Sehnsucht
Die besten Freundinnen und Freunde sind nicht diejenige, die dir etwas geben können, sondern die, mit denen du etwas teilen kannst.
© Jo TaijunFuss
*
Es ist ungewohnt in diesem Einhorn-Regenbogen-Wolken-Zimmer zu erwachen. Ich fühle mich, wie von Wolke sieben gefallen, wobei das nicht einmal falsch wäre. Unter meinen Augen sind wohl dicke Ränder. Bis nachts um zwei haben Marc und ich SMS hin und her getippt. Belangloses Zeug. So belanglos, dass ich nicht schlafen gehen wollte. Du bist eine starke Frau, hatte er geschrieben. Und dass er rote Haare toll findet. Das ist gut, ich liebe meine Haare. Ich stehe auf und strecke mich der Sonne entgegen. Ich fühle mich irgendwie gut heute. Und überhaupt nicht mehr so schlapp, wie gestern. Vielleicht kann ich morgen doch arbeiten gehen. In jedem Fall werde ich heute Judy besuchen.
Ich setze mich für einen Moment an Judy's Schminktisch und borgen mir etwas von ihrem Make-Up, damit ich nicht ganz so krank aussehe. Von ihrem Zimmer aus, kann ich den Park sehen. Fußgänger spazieren mit ihren Hunden, während ich mich für den Tag richte.
Ich gehe in die Küche und frühstücke. Maria hat mir einen Zettel am Kühlschrank hinterlassen. Komme heute spät nach Hause, Geld für Pizza liegt auf dem Tisch.
Sie sorgt sich so sehr. Aber ewig kann ich ja nun auch nicht hier bleiben. Ich schätze, Lydia kocht noch immer vor Wut. Nach dem Frühstück dusche ich und ziehe mir etwas Frisches an. Marc hat nicht grade die tollsten Sachen aus meinem Schrank gezogen, aber dafür kann ich ihm schlecht einen Vorwurf machen.
Ich stöhne auf, als ich bemerke, dass mein Rad ja Zuhause ist. Vielleicht ist es sowieso besser, nicht damit zu fahren. Ich erkundige mich nach dem Busplan und fahre zur Klinik. Auf der Fahrt höre ich Paramore. Die Sonne scheint und prickelt auf meiner Haut. Marc schreibt Vielen Dank für vergangene Nacht. Ich konnte noch lange nicht schlafen.
*
„Siehst du, hier“, Judy zeigt mir das Foto, „ich habe eine Schwester gefragt und so getan, als sei dieses Ekel eine Bekannte. Sie hat mir letztlich zumindest gesagt, dass es sich um Lydia handelt.“
„Und das Mädchen, von dem du dachtest-“
„Habe ich natürlich gefragt. Sie heißt Chloe. Sie hat nicht viel gesagt, sie ist wohl etwas verwirrt und so.Wie ich die Pfleger verstanden habe, ist sie auch zwischenzeitlich nicht nach Hause gekommen. Sie hat nur was von Polizei gesagt.“
Polizei? Wenn die Polizei Lydia her gebracht hatte, heißt das, sie war vielleicht für ein Gutachten hier, oder auf Anordnung, oder Zwangseinweisung… in jedem Fall, muss es eine Akte geben. „Ich schreibe Marc, ob er uns hilft!“, Judy ist also schon einen Schritt weiter. Sie flucht über ihr vergessenes Handy im Zimmer. Ich gebe ihr meines und betrachte das Bild. Lydia trägt ihr Haar offen. Sie spielt Gitarre. Ich wusste nicht, dass sie spielt. Wieder wirkt sie auf mich, wie ein Mensch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gut für mich ist. Ich wanke nachdenklich zum Sessel und lasse mich fallen. Ich verstehe das große Ganze nicht und fühle mich, wie ein kleines Kind, welches langsam begreift, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt.
„Danke für letzte Nacht?“, Judy sieht mich belustigt, aber erschrocken an.
Ich muss innert Sekunden aussehen, wie eine Tomate. Oh Gott, mein Handy – die Nachricht war noch ungelesen auf dem Display. Ich stammle irgendwas vor mich hin: „Wir haben nur ein wenig hin und her geschrieben.“ Ich stehe auf und versuche ihr mein Handy weg zu nehmen, doch sie zieht es grinsend an sich. „Das klingt nicht so!“
„Wirklich. Es ist nichts“, sie grinst immer breiter. „Mein Bruder ist sowas von uralt, Miss Vaterkomplex!“ Gerade würde ich sie gerne schlagen und kann einfach nicht stoppen, dass ich rot anlaufe. „Er hat ja mit seiner Rettungsaktion total den Eindruck gemacht, oder? Und ich wette, er ist auch nicht zufällig bei dir vorbei gefahren, als du aus dem Fenster gefallen bist!“, sie beginnt auf meinem Handy zu scrollen. „Ich wusste nicht, dass er auf Rothaarige steht!“
„HEY!“, ich reiße ihr mein Handy letztlich doch aus der Hand. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich traue mich nicht, sie an zu sehen. Ihre Mine wird plötzlich ernst, als würde ihr etwas klar werden. „Das ist das erste Mal, dass du mir etwas verheimlicht hast.“
„Weil es nichts zu verheimlichen gibt.“ Sie scheint die Trauer in meiner Stimme zu hören. Ich bin selbst überrascht. „Lil‘, dachtest du echt, ich habe was dagegen?“
„Ich weiß noch nicht mal, ob ich was dagegen habe“, antworte ich. Sie sieht mich fragend an. „Es fühlt sich falsch an.“
„Nein, dein doofer Kopf sagt dir, es sei falsch. Ich wette, es fühlt sich richtig an. Und ich glaube wohl, dass es etwas zu verheimlichen gibt. Er gibt sich total Mühe, nicht von dir zu sprechen, aber man merkt, dass er nichts anderes im Kopf hat“, ich bemühe mich, nicht los zu grinsen. Sie kommt auf mich zu und nimmt mich Mut machend in die Arme.
„Aber ich schwöre dir, wenn du bei mir übernachtest und dich nachts aus dem Zimmer schleichst, um mit meinem Bruder-“
„Judy, wir sind nicht zusammen. Er will sehen, wie sich alles entwickelt. Aber ich denke nicht, dass er mit mir viel anfangen kann. Solang er weg ist, entwickelt sich gar nichts und sicher wird er in der Stadt, oder sonst wo eine Frau kennenlernen. In seinem Alter“,grade fühlte ich mich noch erleichtert, nun wird mir wieder ganz anders. Wahrscheinlich hätte ich nicht mal eine Chance, selbst wenn ich wollte. Sie schaut mich mit diesem Judy-Blick an. Dieser Blick, der einem einfach nur das Gefühl gibt, dass man zur Familie gehört. Dass alles gut wird. Sie ist mein Fels.
Es ist, als würde sie Dinge wissen, ahnen, die niemand sonst weiß. Und wieder stehe ich vor der Frage, wie meine Freundin, die immer an das Gute glaubt, immer wie eine große Sonne, um die wir alle kreisen, in unser Leben strahlt, so viel Dunkelheit in sich tragen konnte, dass sie hungern muss, um zu vergessen.
Wir setzen uns auf das Sofa an der Wand. Sie ergreift das Wort zuerst. „Er hat jedenfalls noch nie eine mit nach Hause gebracht. Und auch nie von jemandem erzählt.“ Ich seufze und starre auf mein Handy. „Ich will NICHT, dass du ihn darauf ansprichst.“ Sie kichert. „Aber wehe, wenn ich nicht jedes Detail erfahre! Oder fast jedes“, plötzlich schaudert sie, „Oh Gott, meinen Bruder plötzlich als männlichesWesen zu sehen ist merkwürdig.“ Ich lache.
„Wir“, ich stocke. Soll ich es ihr wirklich erzählen? „Wir haben uns geküsst. Als ich das erste Mal bei euch geschlafen habe. Oder eher er mich.“ Ihre Augen werden riesig. „Und du sagst mir, ihr seid nicht zusammen?! Was zum?!“
„Er ist danach hoch gestürmt und meinte, es sei ein riesiger Fehler gewesen“, ich schüttele den Kopf, „nein, ich denke wirklich, es ist besser, wenn sich das im Sand verläuft. Ich denke, ich werde ihm erstmal nicht mehr schreiben.“
Als ich es sage, will ich mich ohrfeigen. Und weinen. Judy sieht mich besorgt an. Erst jetzt fällt mir auf, dass sie ein Kleid trägt. Sie fühlt sich besser. Ich meide ihren Blick, doch sie sagt nichts. „Ich rufe ihn später wegen der Sache mit Lydia an. Jetzt wird mir auch klar, warum er ständig von dir gesprochen hat“, ich erröte. Ich räuspere mich und sehe sie an. „Anderes Thema.“
***
Anmerkung des Autors: Ich hab hier während der Fotos einiges umgeschrieben. Es gab so viele schöne Momente, während der Unterhaltung von Lilly und Judy. Judy ist so ein toller Sim und das Bild mit ihrem besonderen Gesichtsausdruck ist so wundervoll.
Folge 22 – Sehnsucht
Die besten Freundinnen und Freunde sind nicht diejenige, die dir etwas geben können, sondern die, mit denen du etwas teilen kannst.
© Jo TaijunFuss
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Es ist ungewohnt in diesem Einhorn-Regenbogen-Wolken-Zimmer zu erwachen. Ich fühle mich, wie von Wolke sieben gefallen, wobei das nicht einmal falsch wäre. Unter meinen Augen sind wohl dicke Ränder. Bis nachts um zwei haben Marc und ich SMS hin und her getippt. Belangloses Zeug. So belanglos, dass ich nicht schlafen gehen wollte. Du bist eine starke Frau, hatte er geschrieben. Und dass er rote Haare toll findet. Das ist gut, ich liebe meine Haare. Ich stehe auf und strecke mich der Sonne entgegen. Ich fühle mich irgendwie gut heute. Und überhaupt nicht mehr so schlapp, wie gestern. Vielleicht kann ich morgen doch arbeiten gehen. In jedem Fall werde ich heute Judy besuchen.
Ich setze mich für einen Moment an Judy's Schminktisch und borgen mir etwas von ihrem Make-Up, damit ich nicht ganz so krank aussehe. Von ihrem Zimmer aus, kann ich den Park sehen. Fußgänger spazieren mit ihren Hunden, während ich mich für den Tag richte.
Ich gehe in die Küche und frühstücke. Maria hat mir einen Zettel am Kühlschrank hinterlassen. Komme heute spät nach Hause, Geld für Pizza liegt auf dem Tisch.
Sie sorgt sich so sehr. Aber ewig kann ich ja nun auch nicht hier bleiben. Ich schätze, Lydia kocht noch immer vor Wut. Nach dem Frühstück dusche ich und ziehe mir etwas Frisches an. Marc hat nicht grade die tollsten Sachen aus meinem Schrank gezogen, aber dafür kann ich ihm schlecht einen Vorwurf machen.
Ich stöhne auf, als ich bemerke, dass mein Rad ja Zuhause ist. Vielleicht ist es sowieso besser, nicht damit zu fahren. Ich erkundige mich nach dem Busplan und fahre zur Klinik. Auf der Fahrt höre ich Paramore. Die Sonne scheint und prickelt auf meiner Haut. Marc schreibt Vielen Dank für vergangene Nacht. Ich konnte noch lange nicht schlafen.
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„Siehst du, hier“, Judy zeigt mir das Foto, „ich habe eine Schwester gefragt und so getan, als sei dieses Ekel eine Bekannte. Sie hat mir letztlich zumindest gesagt, dass es sich um Lydia handelt.“
„Und das Mädchen, von dem du dachtest-“
„Habe ich natürlich gefragt. Sie heißt Chloe. Sie hat nicht viel gesagt, sie ist wohl etwas verwirrt und so.Wie ich die Pfleger verstanden habe, ist sie auch zwischenzeitlich nicht nach Hause gekommen. Sie hat nur was von Polizei gesagt.“
Polizei? Wenn die Polizei Lydia her gebracht hatte, heißt das, sie war vielleicht für ein Gutachten hier, oder auf Anordnung, oder Zwangseinweisung… in jedem Fall, muss es eine Akte geben. „Ich schreibe Marc, ob er uns hilft!“, Judy ist also schon einen Schritt weiter. Sie flucht über ihr vergessenes Handy im Zimmer. Ich gebe ihr meines und betrachte das Bild. Lydia trägt ihr Haar offen. Sie spielt Gitarre. Ich wusste nicht, dass sie spielt. Wieder wirkt sie auf mich, wie ein Mensch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gut für mich ist. Ich wanke nachdenklich zum Sessel und lasse mich fallen. Ich verstehe das große Ganze nicht und fühle mich, wie ein kleines Kind, welches langsam begreift, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt.
„Danke für letzte Nacht?“, Judy sieht mich belustigt, aber erschrocken an.
Ich muss innert Sekunden aussehen, wie eine Tomate. Oh Gott, mein Handy – die Nachricht war noch ungelesen auf dem Display. Ich stammle irgendwas vor mich hin: „Wir haben nur ein wenig hin und her geschrieben.“ Ich stehe auf und versuche ihr mein Handy weg zu nehmen, doch sie zieht es grinsend an sich. „Das klingt nicht so!“
„Wirklich. Es ist nichts“, sie grinst immer breiter. „Mein Bruder ist sowas von uralt, Miss Vaterkomplex!“ Gerade würde ich sie gerne schlagen und kann einfach nicht stoppen, dass ich rot anlaufe. „Er hat ja mit seiner Rettungsaktion total den Eindruck gemacht, oder? Und ich wette, er ist auch nicht zufällig bei dir vorbei gefahren, als du aus dem Fenster gefallen bist!“, sie beginnt auf meinem Handy zu scrollen. „Ich wusste nicht, dass er auf Rothaarige steht!“
„HEY!“, ich reiße ihr mein Handy letztlich doch aus der Hand. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich traue mich nicht, sie an zu sehen. Ihre Mine wird plötzlich ernst, als würde ihr etwas klar werden. „Das ist das erste Mal, dass du mir etwas verheimlicht hast.“
„Weil es nichts zu verheimlichen gibt.“ Sie scheint die Trauer in meiner Stimme zu hören. Ich bin selbst überrascht. „Lil‘, dachtest du echt, ich habe was dagegen?“
„Ich weiß noch nicht mal, ob ich was dagegen habe“, antworte ich. Sie sieht mich fragend an. „Es fühlt sich falsch an.“
„Nein, dein doofer Kopf sagt dir, es sei falsch. Ich wette, es fühlt sich richtig an. Und ich glaube wohl, dass es etwas zu verheimlichen gibt. Er gibt sich total Mühe, nicht von dir zu sprechen, aber man merkt, dass er nichts anderes im Kopf hat“, ich bemühe mich, nicht los zu grinsen. Sie kommt auf mich zu und nimmt mich Mut machend in die Arme.
„Aber ich schwöre dir, wenn du bei mir übernachtest und dich nachts aus dem Zimmer schleichst, um mit meinem Bruder-“
„Judy, wir sind nicht zusammen. Er will sehen, wie sich alles entwickelt. Aber ich denke nicht, dass er mit mir viel anfangen kann. Solang er weg ist, entwickelt sich gar nichts und sicher wird er in der Stadt, oder sonst wo eine Frau kennenlernen. In seinem Alter“,grade fühlte ich mich noch erleichtert, nun wird mir wieder ganz anders. Wahrscheinlich hätte ich nicht mal eine Chance, selbst wenn ich wollte. Sie schaut mich mit diesem Judy-Blick an. Dieser Blick, der einem einfach nur das Gefühl gibt, dass man zur Familie gehört. Dass alles gut wird. Sie ist mein Fels.
Es ist, als würde sie Dinge wissen, ahnen, die niemand sonst weiß. Und wieder stehe ich vor der Frage, wie meine Freundin, die immer an das Gute glaubt, immer wie eine große Sonne, um die wir alle kreisen, in unser Leben strahlt, so viel Dunkelheit in sich tragen konnte, dass sie hungern muss, um zu vergessen.
Wir setzen uns auf das Sofa an der Wand. Sie ergreift das Wort zuerst. „Er hat jedenfalls noch nie eine mit nach Hause gebracht. Und auch nie von jemandem erzählt.“ Ich seufze und starre auf mein Handy. „Ich will NICHT, dass du ihn darauf ansprichst.“ Sie kichert. „Aber wehe, wenn ich nicht jedes Detail erfahre! Oder fast jedes“, plötzlich schaudert sie, „Oh Gott, meinen Bruder plötzlich als männlichesWesen zu sehen ist merkwürdig.“ Ich lache.
„Wir“, ich stocke. Soll ich es ihr wirklich erzählen? „Wir haben uns geküsst. Als ich das erste Mal bei euch geschlafen habe. Oder eher er mich.“ Ihre Augen werden riesig. „Und du sagst mir, ihr seid nicht zusammen?! Was zum?!“
„Er ist danach hoch gestürmt und meinte, es sei ein riesiger Fehler gewesen“, ich schüttele den Kopf, „nein, ich denke wirklich, es ist besser, wenn sich das im Sand verläuft. Ich denke, ich werde ihm erstmal nicht mehr schreiben.“
Als ich es sage, will ich mich ohrfeigen. Und weinen. Judy sieht mich besorgt an. Erst jetzt fällt mir auf, dass sie ein Kleid trägt. Sie fühlt sich besser. Ich meide ihren Blick, doch sie sagt nichts. „Ich rufe ihn später wegen der Sache mit Lydia an. Jetzt wird mir auch klar, warum er ständig von dir gesprochen hat“, ich erröte. Ich räuspere mich und sehe sie an. „Anderes Thema.“
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Anmerkung des Autors: Ich hab hier während der Fotos einiges umgeschrieben. Es gab so viele schöne Momente, während der Unterhaltung von Lilly und Judy. Judy ist so ein toller Sim und das Bild mit ihrem besonderen Gesichtsausdruck ist so wundervoll.