28. Kapitel
„Maya! Hey, Maya!“
Ich hörte die Stimme deutlicher, als ich sie hören wollte.
Ich verkrampfte, spürte einen Ruck. Meine Traumwelt blieb stehen.
„Maya! Maya, wir müssen aussteigen!“
Jemand berührte meine Hand.
Ich blinzelte benommen, wusste nicht, wo ich war.
Erst, als ich das Abteil wahrnahm, erinnerte ich mich an unsere Reise.
Heleny sah mich nun erwartungsvoll an.
„Komm' schon, wir sind da. Die anderen sind schon draußen und suchen ein Taxi.“
Ich wollte noch fragen, wie lange wir überhaupt gefahren waren, doch da zog Heleny mich schon hoch.
Nun saß ich im Taxi und war wieder hellwach.
Wieder hatten wir am Bahnhof keine Information aufschnappen können, die darauf hingewiesen hatte, wo wir waren.
Neben mir saß Shady, neben dem Fahrer saß Aramea im Kindersitz.
Ich war unheimlich aufgeregt, Ian, Leighton und Heleny saßen in einem zweiten Taxi direkt hinter uns.
Meine Anspannung steigerte sich mit jedem Meter, den wir unserem Ziel näherkamen.
Wir fuhren durch ein Gebirge, das konnte ich aus dem Auto erkennen.
Shady sah die ganze Zeit über aus dem Fenster. Ich spürte, dass auch sie aufgeregt war. Ständig tippte sie mit dem Absatz ihrer Stiefel auf den Teppich des Taxis.
Aramea summte irgendein Lied. Die Stille wurde durchbrochen von diesen kleinen Geräuschen, die die Spannung nur noch steigerten.
Ich stellte mir vor, was in dem anderen Taxi vor sich ging.
Tippte jemand mit seinem Absatz auf den Boden? Summte jemand ein Lied?
Redete man?
Ich selbst nahm jeden Lichtschein wahr, der sich in der Nacht durch die Fensterscheibe fraß.
Nun wollte ich endlich wissen, wohin es ging.
Plötzlich verschwanden die Berge am Rande der Straße, eine Lichtung öffnete sich vor uns.
Wir stiegen aus und ich nahm Aramea auf den Arm.
„Hahaha! Wie riesig!“, schrie Heleny hinter mir.
Auch ich war überwältigt. Vor mir stand ein richtiges kleines Schlösschen.
Auch Ian schien, als könnte er den Anblick des Anwesens kaum ertragen. Er hielt sich die Hand vor die Augen und murmelte etwas Unverständliches.
Leighton dagegen sah stolz auf das Haus. „Ja, das ist es.“
Es war wie ein Traum. Dicke Backsteinmauern umhüllten das Schloss wie in einem Märchen, ein Turm erstreckte sich in die Höhe und die Berge im Hintergrund wirkten so romantisch...
Leighton ging nun in das Haus und wir anderen folgten ihm.
„Hier ist der Eingangsbereich. Fernsehen könnt ihr da drüben.“
Ich hielt Aramea noch immer auf dem Arm.
„Schatz, wieso hast du uns mit einem Taxi chauffieren lassen, wenn du solch ein Haus mietest?
Wir hätten eine Limousine verdient!“, sagte nun Shady, lachte aber sogleich, was die Schwere von dieser provokativen Frage nahm.
Leighton hob nur eine Augenbraue und lächelte.
Auch Heleny und Ian betraten nun das Haus. Ständig kicherten sie und sahen sich neugierig um.
Ich sah, wie gut Heleny die Anwesenheit von Ian tat. Sie blühte mit ihm auf, lachte und nahm oft seine Hand in ihre.
Ich musste lächeln.
Die ganze Zeit über trug ich Aramea auf dem Arm, ich hörte jeden Ton. Sie summte immer die gleiche Melodie, die ich nicht kannte.
Auf der anderen Seite des Raumes stand eine in grünes Licht getauchte Bar. Lange konnte ich sie
jedoch nicht ansehen, da dieses Licht sehr stark und ich unglaublich müde war.
„Hey, seht mal! Hier gibt’s einen Krabbelbereich für Aramea. Die Tür ist sogar abschließbar. Wir können sie also auch mal für eine halbe Stunde hierlassen, dann kann sie sich alleine beschäftigen.“, erklärte Shady nun ganz begeistert. Mir gefiel die Idee, aber ich dachte mir, dass esletztendlich wieder darauf hinauslaufen würde, dass Aramea im Gitter saß, während die „Erwachsenen“ sich anderweitig beschäftigten.
"Wo sind wir hier jetzt eigentlich?", fragte Ian nun. Das war sicherlich eine Frage, die wir uns alle -mit Ausnahme von Leighton- stellten.
"Im Andrayischen Mittelgebirge. Andraya liegt südlich von uns und ist eine Region, die sehr vielseitig ist. Strände, Gebirge, Seen, Meer... Hier lässt sich alles finden.", antwortete Leighton und lachte. Ich hob anerkennend die Augenbrauen und sah mich weiter um.
Ich erkundete zuerst die Küche, die über einen offenen Durchgang zu erreichen war. Auch hier war an keinem Ende gespart worden. Der Raum war riesig, die Theke so groß wie in einer Kochshow.
Und da war diese kleine Sitzecke, die ich sofort wunderschön fand. Hier war alles so persönlich eingerichtet und die Räume waren so großzügig geschnitten.
Auch die Schlafzimmer waren wunderschön. Die Betten waren groß und die Kronleuchter an der Decke gaben den Räumen etwas Königliches. In einem Raum stand ein Kinderbett, dort würden also Shady und Leighton schlafen.
Und auch Heleny hatte sich schon ein Zimmer ausgesucht.
„Ian, Ian! Komm' her! Das ist wie auf einer Wolke. Das musst du mal ausprobieren.“, rief sie begeistert wie ein kleines Kind. Ich freute mich so sehr für sie.
Ich fand, sie hätte das hier alles am meisten verdient. Und vielleicht Ian, der ihr stets zur Seite gestanden hatte und nie von ihr gegangen war. Das machte einen wahren Traumprinzen aus. Er musste nicht wunderschön sein, er musste keinen Traumkörper haben und er musste nicht den größten Wagen fahren. Aber er musste dann da sein, wenn man ihn brauchte. Und genau das galt auch für die Frau.
Ein Schrei ließ mich auffahren.
„O Gott, o Gott!“, es war Shady gewesen, die da geschrieen hatte.
„Wow, ist das geil!“, rief sie. Ich ging in die Richtung, aus der ihre Worte gekommen waren.
Ich durchquerte ein Badezimmer, in dem eine riesige Badewanne stand und befand mich schließlich in einem weiteren großen Raum.
Shady stand glücklich neben Leighton, der wie immer gleichgültig in den Raum sah.
Vor unseren Füßen befand sich ein Pool und dahinter eine kleine Sitzecke.
Dieser war nur dafür geschaffen, die zu entspannen und es die holzverkleideten Wände ließen den Raum sehr warm wirken. Oder war das eine Saunapoollandschaft?
„Mit Beheizung,“, verkündete Leighton stolz.
Also wirklich eine Saunapoollandschaft.
Als Shady Leighton um den Hals fiel, verließ ich den Raum.
Ich ging über die Treppe, die vom Eingangsbereich aus nach oben führte, hinauf in den zweiten Stock. Schon wieder summte Aramea diese Melodie.
Hier oben gab es Schreibtische und einen Kicker, der in meinem Kopf sofort die Erinnerungen an das Spielen mit Shady und Latisha zurückkehren ließ.
An der gegenüberliegenden Seite des Raums entdeckte ich eine morsche Tür, die ich gerade öffnen wollte, als Leighton die Treppe hinaufstieg und zu mir kam.
„Die führt zum Turm. Ist aber geschlossen, wegen irgendwelchen Sicherheitsvorschriften.“
„Achso.“, antwortete ich und ging mit ihm in den nächsten Raum. Diese Tür hatte trotzdem einen Reiz auf mich und ich wollte wissen, was dahinter verborgen war.
Der anliegende Raum war eine Art Fitnessraum, in dem alle Arten von Fitnessgeräten standen.
Mich interessierte das nicht sonderlich, aber Leighton fing an, von Bizeps und Trizeps zu palavern, obwohl er beides nicht zu haben schien.
Er redete einfach weiter und merkte nicht, wie ich mit Aramea durch die Tür verschwand und die Dachterrasse betrat.
„Wow, guck mal, Aramea. Ein Trampolin.“, sagte ich und lenkte ihren Blick auf die riesige Sprungfläche vor unseren Augen. Ich ging zu zwei Bänken weiter vorne auf der Terrasse.
Erst jetzt ließ mich der unglaubliche Ausblick erahnen, wie groß das Grundstück sein musste.
Vor mir lag ein wunderschöner, glatter See, in den ein Wasserfall mündete. Es war ein unglaubliches Gefühl.
In Gedanken baute ich mir ein Bild des Anwesens aus all den kleinen Puzzleteilen, die ich heute aufschnappen hatte können.
Wieder riss mich Aramea aus den Gedanken, diese Melodie, die sie summte, jagte mir einen Schauer über den Rücken.
Ich ging zurück ins Haus, wo Shady Leighton dabei zusah, wie er trainierte.
Anscheinend hatte er sich gerade dafür umgezogen. Unsere Koffer waren von einem Unternehmen vorgeschickt worden, sodass wir sie unterwegs nicht hatten tragen müssen.
Unten legte ich Aramea in ihr Bettchen und sang ihr noch ein Lied vor.
Ich hoffte, dass sie ihr altes Lied dadurch vielleicht vergessen würde und besser schlafen könnte.
Dann legte ich mich selbst ins Bett. Doch ich konnte lange noch nicht schlafen. Ich dachte über Shady nach, über Leighton und Aramea. Und über diese Tür...
Ich wollte herausfinden, was hinter der Tür war.
Endlich hab' ich es geschafft. Ich hoffe, ihr vergebt mir abermals diese Verspätung und kommentiert fleißig.
S.I.M.S.
PS: Ich kann, wenn ihr Wert darauf legt, noch einen Grundriss des Gebäudes posten, damit ihr bei der Beschreibung besser hinterherkommt
Sagt einfach Bescheid, ansonsten mach ich's einfach.