Fotostory Oxana - Wege des Gewissens ♦ abgeschlossen ♦

Kapitel 97: Erwachte Leidenschaft

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Dominik wollte mich auf keinen Fall alleine lassen. Nicht in dem Zustand, in dem ich mich befand. Aber er musste es, zumindest für einen kurzen Augenblick. Eilig lief er ins Haus und bat Tristan umgehend mit Kinga das Haus zu verlassen. Meine Tochter sollte mich nicht so zu Gesicht bekommen. Anschließend wich er mir nicht mehr von der Seite. Er ließ mir ein Bad ein, damit ich mich von dem eingetrockneten Blut befreien konnte. Er drängte mich nicht dazu, ihm irgendetwas zu erklären. Nein, er saß einfach nur bei mir und ich war ihm unendlich dankbar dafür. Einmal zog er nur ganz kurz seine Hand weg, die zuvor beruhigend auf meiner Schulter ruhte. Und sofort griff ich nach ihr. Ich brauchte seine Nähe jetzt mehr als jemals zuvor.

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Mit dem Blut verschwand auch ein Teil der fürchterlichen Angst, die mich bis dahin verfolgt hatte. In Dominiks Armen fühlte ich mich sicher. Hier konnte mir nichts passieren. Mein Mann würde mich vor allen Gefahren beschützen. Obwohl das Thermometer über 30 °C anzeigte, fror ich. Selbst der Wollpullover half da nicht viel. Dominik sah, dass ich zitterte und legte behutsam seinen Arm um mich. Ich sah in seine Augen, sah die tiefe Sorge um mich darin und die innige Liebe, die er für mich empfand. Ich griff seine Hand und lächelte ihn tapfer an. Wie war es möglich, dass ich bis jetzt nicht erkannt hatte, was für einen wunderbaren Mann ich hatte? Und wie war es möglich, dass ich ihn zuvor nicht geliebt hatte? Ich musste blind gewesen sein. Aber ich liebte ihn und daran würde sich nie wieder etwas ändern.

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"Was ist passiert, Brodlowska?", fragte er schließlich. "Wer hat dir das angetan?". Ich senkte meinen Blick. Dominik erkannte, wie schwer es mir fiel darüber zu sprechen, aber er wusste nicht, woran dies lag. Ich hätte ihm am liebsten alles erzählt und mich an seiner Schulter ausgeweint, aber das konnte ich nicht. Wenn ich Dominik die Wahrheit erzählte, dann würde Joanna ihm die Wahrheit über Kinga erzählen. Und ich war mir sicher, dass Joanna es herausgefunden hätte, wenn ich mich Dominik anvertraute. Wahrscheinlich wäre Dominik sogar persönlich zu ihr gegangen, um sie zur Rede zu stellen. Und dann hätte ich Dominik verloren und das wollte ich unter keinen Umständen. Es ging nicht mehr nur um die Kinder, nein, ich wollte ihn nicht verlieren. Also erzählte ich ihm, dass ich in der Nähe von Ganado Alegro überfallen worden war und man mich gefangen hielt. Irgendwie war ich entkommen. Diese erneute Lüge Dominik gegenüber war schwerer zu ertragen, als all die Qualen, die Giovanni mir angetan hatte.



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Die Wochen vergingen und mit ihnen meine sichtbaren Narben. Man erkannte kaum noch, dass mein Gesicht vor kurzem noch aussah, als ob ein Kampfhund hinein gebissen hätte. Und auch wenn die Narben gingen, meine neu entdeckten Gefühle für Dominik blieben. Ich konnte mich kaum mehr von ihm loseisen und verbrachte jede freie Minute mit ihm. Und ihm gefiel es. Außerdem hatte er seit dem Vorfall Angst, mich alleine zu lassen. Dafür liebte ich ihn noch mehr. Sogar so sehr, dass ich bereit war, mit ihm zu angeln. Ich verstand zwar bis heute nicht, was daran aufregend sein soll, aber ich genoss es, Zeit mit Dominik zu verbringen.

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Und das zeigte ich ihm auch, wann immer ich konnte. An diesem Tag verbrachten wir nicht lange damit, in unserem winzigen Teich nach noch winzigeren Fischen zu angeln. Über die Wasseroberfläche hinweg warf im Dominik Blicke zu, die ganz eindeutig zeigten, dass ich viel lieber andere Dinge tun würde, als Fische zu fangen. Dominik verstand meine Aufforderung, legte die Angelruten beiseite und küsste mich. Eng umschlungen taumelten wir bis zur Bank vor unserem Haus und begannen wild rumzuschmusen. Doch als ich Dominiks Hand unter meinem Rock fühlte, hielt ich ihn zurück, auch wenn es mir schwer fiel. "Dominik, doch nicht hier. Die Nachbarn können uns doch sehen. Oder noch schlimmer, deine Eltern! Lass uns rein gehen."

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Dominik hob mich hoch und trug mich ins Haus. Er bog natürlich sofort in Richtung unseres Schlafzimmers ab, doch plötzlich streckte ich meine Hand aus und Griff nach dem Türpfosten, so dass er anhalten musste. "Nicht in unser Schlafzimmer", ich biss mir auf die Unterlippe, sah ihm verschmitzt an und deutete mit dem Kopf in Richtung Tristans Zimmer. Dominik begann zu grinsen und ich konnte seien Augen vor Aufregung glänzen sehen. Irgendwie war es unheimlich aufregend sich auf dem Bett eines Fremden zu lieben. Es hatte den Hauch von etwas Verbotenen, gemischt mit der Angst erwischt zu werden. So ein Gefühl hatte ich bis jetzt nicht gekannt und es war aufregend, es mit Dominik zu erforschen.



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Tristan erwischte uns glücklicherweise nicht. Alleine die Vorstellung trieb mir schon die Schamesröte in die Wangen und schuldbewusst, wechselte ich auch sofort Tristans Bettwäsche. Aufregend war es trotzdem gewesen. Aber alles, was ich gemeinsam mit Dominik tat, war aufregend. Wir gingen nun auch wieder öfter aus. Irgendwie hatten wir früher nie die Gelegenheit dazu gehabt. Als ich mit Dominik zusammen kam, war ich bereits schwanger mit Kinga und als sie geboren war, war es mit Ausgehen erst einmal vorbei. Und danach hatte ich kein Interesse daran, mit Dominik um die Häuser zu ziehen. Jetzt sah es anders aus. Klaudia schlief inzwischen meistens durch und Tristan passte gerne hin und wieder auf sie auf. Und ansonsten hatte Klaudia ja noch zwei Großeltern, die unser Pummelchen nur zu gerne bei sich hatten.

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Ich habe schon immer gerne getanzt. Lief irgendwo Musik, dann konnte ich nicht anders, als meinen Körper zum Takt zu bewegen. Und glücklicherweise habe ich mit Dominik einen Mann gefunden, der nicht nur gerne tanzte, sondern es auch verdammt gut konnte. Immer wieder sah ich Frauen in den Clubs, die meinem Mann sehnsüchtige Blicke zuwarfen. Doch dieser Mann gehörte mir. Und damit diese dummen Schnepfen das auch kapierten, tanzte ich so eng an Dominik heran, dass nicht einmal ein Blatt Papier mehr zwischen uns Platz gefunden hätte. Meine Hände ließ ich zu seinem knackigen Hintern gleiten und beließ sie dort, während unsere Becken im Einklang kreisten.

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Plötzlich knurrte Dominiks Magen. Das Geräusch war so laut, dass ich es trotz der lauten Musik nicht überhören konnte. Ich musste grinsen und Dominik zuckte unschuldig mit den Schultern. "Los, hol dir schon was zu Essen. Ich will doch nicht, dass du gleich kraftlos zusammenbrichst." Ich nahm seine Hand und führte ihn lachend zur Bar, wo er sich ein paar Quesadillas bestellte. "Und du willst ehrlich nichts?", fragte er mit vollem Mund. Ich schüttelte lächelnd den Kopf. "Du willst doch nicht, dass ich auseinander gehe, wie ein Gummibärchen, was man ins Wasser geworfen hat. Ich muss auf meine Linie achten". Dominik griff nach meiner Hand und streichelte sie zärtlich. "Du weißt, dass ich jedes Gramm an dir liebe, Brodlowska. Selbst mit 100 Kilo mehr auf den Rippen würde ich dich lieben. Aber dann wäre es vorbei für dich mit beim Sex oben liegen." Grinsend verdrehte ich meine Augen. Typisch Dominik, er dachte mal wieder nur an das eine.

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Plötzlich erblickte ich Brandi in der Menge. "Ich sag ihr kurz Hallo, Dominik." Mit einem Kuss auf seine gespitzten Lippen sprang ich vom Barhocker und lief zu Brandi. Ich wollte sie gerade umarmen, als ein Mann sich zwischen uns drängte und mich böse anfunkelte. "Benny? Was machst du denn hier? Wir haben uns schon lange nicht gesehen." Doch anstatt das mein Ex-Freund mir eine Antwort gab, scheuert er mir eine. "Du flirtest mit Absicht direkt vor meiner Nase, hab ich Recht?", schrie er mich an. "Du bist so hinterhältig, Oxana. Du weißt doch, wie sehr ich dich immer noch liebe!"

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Dieser eine Ohrfeige und die Erinnerung an die Folter durch Giovanni kehrte augenblicklich zurück. Ich konnte kaum reagieren, so verstört war ich, und kauerte mich instinktiv zusammen. Doch Brandi lief sofort zu Dominik und gab ihm bescheid, dass etwas nicht stimmte. Wie ein Blitz kam mein Mann angeschossen. Die Protestrufe ignorieren schnappte er sich ein Glas von einem der Tische und kippte es Benny ins Gesicht. "Wag es ja nicht, meine Frau noch einmal anzurühren, Langnase!" Benny war so eingeschüchtert von Dominiks Auftritt, dass er fast zu schrumpfen schien.

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Dominiks Hand war zu einer Faust geballt und zitterte. Ich rechnete jede Sekunde damit, dass er auf Benny losginge. So weit wollte ich es dann doch nicht kommen lassen und griff deshalb nach der Hand meines Mannes. Augenblicklich entspannte er sich und schloss mich in seine Arme. "Hat er dir etwas angetan, Brodlowska?" Ich schüttelte leicht meinen Kopf. "Nein, es ist alles in Ordnung. Er hat mich nur erschrocken." Benny stand immer noch da, unsicher darüber, was er jetzt machen sollte. Auf einmal tat er mir fast schon leid. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er nach all den Jahren immer noch so für mich empfand. Ich hatte inzwischen einen Mann, wunderbare Kinder. Und er? Er hatte niemanden.

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Doch das war nicht mein Problem. Wir ließen den begossenen Benny einfach stehen und verzogen uns in einen anderen Teil des Klubs. Von ihm würden wir uns den Abend sicher nicht vermiesen lassen. Und bald war Benny nur noch eine lästige Erinnerung. "Wie wäre es mit ein paar Fotos?", fragte Dominik und deutete auf die Fotokabine. Warum eigentlich nicht? Insbesondere, weil man in so einer Kabine auch ganz andere Sachen machen konnte. "Wie wäre es, wenn wir die Fotos auf später verschieben und ich dir stattdessen ..." Die letzten Worte sprach ich hinter vorgehaltener Hand , sodass nur Dominik sie hören konnte.

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Sein zufriedenes Grinsen war Antwort genug. Hastig schob er den Vorhang zur Seite und zog mich in die Kabine. Ich weiß nicht, was mich da ritt, dass ich es wirklich durchzog. In der Kabine war es eng und stickig, jede Minute hätte jemand herein platzen können und das ganze war so öffentlich, dass man selbst im inneren die Gespräche der Gäste mit anhören konnte. Und uns konnte man wohl auch hören, denn eine Angestellte des Klubs kam angelaufen. "Könnt ihr es nicht Zuhause treiben, wie anständige Leute", nörgelte sie herum. "Man, man, man und ich darf die Sauerei gleich wieder wegmachen!“ Ich lief rot an, als ich sie hörte. Aber da Dominik keine Anstalten machte, mitten im Geschehen zu stoppen, blendete ich die Meckerziege einfach aus.
 
Oh je, der Benjamin. Den hatte ich ja schon total vergessen und erst recht, dass Oxana mal was mit ihm hatte. Zu lange her wahrscheinlich. Ich mag es so gerne, wenn du allseits bekannte Sims auftauchen lässt. Das lässt mich immer erkennen, dass du den Dingen auch ihren Lauf lässt im Spiel. Oxana erleben so was wir ihren 2. Frühling und machen verrückte Dinge, aber das passt auch zu den Beiden, vor allem zu Dominiks spontaner Art. Wieder einige Momente zum Schmunzeln, hinter denen so viel verborgener Schmerz zu erkennen ist, ich hoffe Oxana wird mit Dominik nun hoffnungslos glücklich. Es wäre ihnen zu wünschen.
 
Huhu Stev,

hab es jetzt endlich geschafft deine Story komplett durchzulesen. Ich finde die Art und Weise wie du schreibst wirklich genial. Hab mich sehr gut in Oxana hineinversetzen können :)

Mensch, sie bringt sich aber auch immer in Schwierigkeiten irgendwie. Zum Glück landet sie wie eine Katze immer auf den Pfoten und es geht immer noch glimpflich aus :D

Ich hoffe doch sehr, dass deine Story nicht allzu bald endet und noch ein wenig andauert :)

Großes Lob an dich!

Liebe Grüße
BlackEve
 
@Simellie
Ja, an Benny hat Oxana schon lange nicht mehr gedacht. Er hat sie wohl aber nicht vergessen. Ich war selbst ganz überrascht als er in der Disko auf sie zustürmte und ihr eine Ohrfeige verpasste. Daher haben diese Bilder auch den Weg in die GEschichte gefunden, obwohl sie so nie geplant waren.
Nach den schlimmen Erlebnissen der letzten Tage, hat Oxana erkannt, wie schnell alles vorüber sein kann. Deshalb nutzt sie jetzt auch jede freie Minute, um mit Dominik glücklich zu sein. Außerdem hat sie viele Jahre nachzuholen in denen sie einfach zu blind war um zu erkennen, was sie eigentlich an Dominik die ganze Zeit hatte, nämlich die große Liebe. Aber du hast ganz Recht, dass sie noch lange nicht das ERlebte überwunden hat. Auch deshalb stürzt sie sich halsüber in diesen Liebesrausch um einfach vergessen zu können.

@BlackEve
Na, da musstest du dich aber durch einiges durchaarbeiten. Die Story wird noch einige Fortsetzungen bekommen, keine Sorge. Und der Vergleich mit der Katze ist echt gut :D Wer weiß, ob Oxanas Glück weiter anhalten wird, oder ob sie sich von einem Sturz irgendwann nicht mehr so einfach erholen wiird.

Vielen Dank für eure Kommentare!
 
Kapitel 98: Mein Traummann

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Solche Abende, wie den im Club, unternahmen Dominik und ich in den folgenden Wochen öfter. Natürlich lief es nicht immer so heiß zu, wie an jenem Abend, aber wir hatten unseren Spaß. Immerhin musste ich fast neun Jahre wettmachen, in denen ich meinen Mann aufs äußerste vernachlässigt hatte. Und Dominik gefiel diese Veränderung. Vielleicht fragte er sich ja, was sie bewirkt hatte, doch er sah keinen Grund sich darüber zu beklagen. An einem Abend machten wir einen nächtlichen Spaziergang durch die Wüste und kamen dabei zufällig auch am Freibad vorbei. "Komm, Brodlowska, lass uns über den Zaun klettern und uns im Wasser abkühlen". Er grinste wie ein kleiner Junge. Hastig blickte ich mich um und als ich niemanden auf der Straße sah, nickte ich und lief mit ihm zum Zaun. Dominik machte eine Räuberleiter und half mir hinüber zu klettern, bevor er selber die Begrenzung überwand. Noch bevor ich mich richtig umgeschaut hatte, riss Dominik seine Kleider vom Leib und sprang in Unterhosen ins Becken. Und ich folgte gleich hinterher.

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Da das Schwimmbad weit entfernt von irgendwelchen Wohnhäusern stand, mussten wir nicht einmal wirklich leise sein. Also tobten wir wild im Wasser herum, bis Dominik schließlich aus dem Becken stieg und sich an der Tür des Schwimmbadgebäudes zu schaffen machte. Irgendwie gelang es ihm sogar, sie zu öffnen. Ich wollte schon hinterher, als sich plötzlich mit einem lauten Blubbern der Whirlpool in Gang setzte. Das hatte er also vor. Eilig lief ich zu dem sprudelnden Becken und setzte mich in das Wasser, das immer noch angenehm warm war. Und kurze Zeit später blickte ich schon von unten auf den durchtrainierten Körper meines Mannes, der über mir stand und in das Becken kletterte.

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"Wir sind hier ganz ungestört, Brodlowska". Er zog seien Augenbraue hoch und grinste mich an. Und ich machte einen Schmollmund und strich verführerisch mit meinem Finger durch das flauschige Fell auf seiner Brust. "Ich weiß Dominik". Und um ihm zu zeigen, dass ich es ernst meinte, öffnete ich den Verschluss meines BH und ließ ihn in das sprudelnde Wasser gleiten. Von da an war Dominik nicht mehr zu bremsen. Erst hinterher wurde mir bewusst, dass ich wohl nie wieder ins Freibad gehen konnte, ohne einen knall roten Kopf zu bekommen. Aber das war es eindeutig wert.



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Zu Hause hielt uns Klaudia ganz schon auf trab. Sie konnte zwar noch nicht laufen, dafür krabbelte sie aber wie eine Weltmeisterin. Wie eine flinke Teppich-Ratte flitzte sie über den Boden. Nur die Treppen waren nach wie vor ein Hindernis für sie und begrenzten immerhin den Raum, auf den wir unsere Tochter suchen mussten. Aber ich ahnte schon, dass eine kleine Treppe bald kein Hindernis mehr sein würde.

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Klaudia folgte wahlweise mir, aber doch viel lieber ihrem Dada, durch das ganze Haus. Dabei war es ihr auch vollkommen egal, ob sie dafür eine Überschwemmung im Badezimmer überwinden musste. Es schien fast so, als ob sie in ihrer Babysprache versuchen würde, Dominik zu erklären, wie er die Toilette reparieren sollte. Doch als langsam das Wasser auch ihre Windel durchnässte, war sie plötzlich nicht mehr so begeistert und begann bitterlich zu weinen. "Das hast du nun davon, Pummelchen, dass du mir überall hin folgen musst", lachte Dominik. "Krabble schnell zu Mama und kühl mit deinen nassen Händen ihre Beine ab. Sie wird sich bestimmt ganz doll freuen".

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Klaudia konnte zwar noch nicht wirklich laufen und bis auf "Mama, Dada, Kiga" und "Okel Tista" sprach sie noch nicht wirklich viel, aber darüber machte ich mir keine Sorgen. Denn immerhin konnte sie schon alleine aufs Töpfchen gehen. Gut, meistens ging mehr daneben, als dass es im Töpfchen landete, aber sie machte nicht mehr in die Windel und mit ein wenig Übung würde auch die Trefferquote steigen. Zu verdanken hatten wir diesen Erfolg übrigens Tristan, der geduldig dafür sorgte, dass Pummelchen stubenrein wurde.

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Und immer öfter beobachtete ich, wie Klaudia sich am Sofa oder an einem Stuhl hochzog und sich dann aufrecht an dem Möbel entlang hangelte, bis sie irgendwann wieder auf ihren Popo plumpste. Solcher Ehrgeiz wollte natürlich unterstützt werden. Also ging ich mit ihr in den Garten, faste sie an beiden Händen und übte mit ihr das Gehen auf zwei Beinen. Und solange ich sie hielt, funktionierte das auch ganz wunderbar. Sie stand zwar wacklig, aber sie stand und setzte tapfer einen Fuß vor den anderen.

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Aber wenn ich sie losließ und sie dazu anregte, ein paar Schritte auf mich zu zu gehen, ließ sie sich einfach fallen und krabbelte geschwind auf mich zu. Dabei machte sie einen Gesichtsausdruck, als ob sie sagen würde: „Warum soll ich mich hier denn auf zwei Beinen abquälen, wenn ich auf vier doch viel besser an Ziel komme?" Ich nahm sie auf den Arm und küsste ihre runden Bäckchen. Irgendwann würde sie schon merken, dass es auf zwei Beinen manchmal doch einfacher war.



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Mein kleines Pummelchen wurde erwachsen. Na gut, so weit war es dann doch noch nicht, aber Klaudia wurde so schnell größer, dass man fast zusehen konnte. Und deshalb brauchte sie ständig neue Sachen. Sierra Simlone Stadt war zwar ein schöner Ort zum Wohnen, einkaufstechnisch bot es aber nicht viel. Gerade Kleidung für die ganz Kleinen suchte man hier vergebens. Also musste ich in regelmäßigen Abständen nach Seda Azul oder SimVegas und Dominik begleitete mich meist. Zugegeben, die Boutique in der ich gerade war, bot nicht unbedingt Kinderkleidung an, aber ich selber musste mir von Zeit zu Zeit auch mal etwas gönnen.

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Ich stöberte durch die schönen Kleider und blieb schließlich in der Unterwäscheabteilung hängen. Ich fand ein Set aus schwarzer Spitze, wobei die Körbchen des BH ein Leopardenmuster aufwiesen. Diese Unterwäsche war überhaupt nicht mein Stil, aber vielleicht gerade deswegen wollte ich sie unbedingt einmal anprobieren. Als ich fertig war, winkte ich Dominik zur Umkleidekabine. "Und, wie findest du es?". Dominik musterte mich mit gierigen Augen. "Nicht übel, Brodlowska. Aber geht der BH den auch leicht auf? Du weiß, dass ich schnell ungeduldig werde". Ich drehte mich mit dem Rücken zu ihm und blickte ihn unschuldig über die Schulter an. "Komm doch rein und probier es aus".

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Diese Aufforderung brauchte ich nicht zu wiederholen. Und in wenigen Augenblicken fiel nicht nur der neue BH, sondern auch Dominiks Hose. Unbemerkt blieb unser Treiben nicht. "Nicole, was ist den da in der Umkleidekabine los?", die Bedienung aus der benachbarten Bar kam in die Boutique und stellte sich zu der jungen Verkäuferin, die schon länger die Umkleidekabine beobachtet und langsam nervös wurde. "Käthe, ich glaube da treiben es gerade welche", sie flüsterte lediglich und begann anschließend zu jammern. "Hoffentlich kommt mein Chef nicht jeden Augenblick vorbei. Ich weiß echt nicht, wie ich ihm das erklären soll". Zur Erwiderung lachte Käthe nur und tätschelte dem jungen Mädchen mitfühlend den Rücken.

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Als ich die Umkleidekabine verließ, war mein Kopf zum einen vor Erregung, zum anderen vor Scham rot angelaufen. Doch das war nichts im Vergleich zu der jungen Verkäuferin, die jeder Tomate hätte Konkurrenz machen können. Ich bezahlte schnell die Kleidung und lief Dominik hinterher, der bereits breit grinsend vor dem Laden wartete. Wir entschlossen uns noch, Essen zu gehen. Und während Dominik einen Tisch organisierte, entspannte ich im Wartebereich des Restaurants. Und zufällig entdeckte ich dort Frank, Tristans Freund. Das traf sich gut, denn ohne Reservierung musste Dominik lange betteln, bis wir einen Tisch bekamen und Frank half mir, die Wartezeit zu überbrücken.

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Als Dominik dann endlich kam, stellte er sich stramm vor mir auf und reichte mir die Hand. Neugierig, was er vorhatte, reichte ich im meine Hand und er zog mich mit einem sanften Ruck vom Sofa. Dann gab er mir einen galanten Handkuss. "Freu Blech, würden sie mir die Ehre erweisen, mich bei einem gemeinsamen Dinner mit ihrer Gesellschaft zu beglücken?" "Es wäre mir ein Vergnügen, Herr Blech", antwortet ich übertrieben geehrt. Ich verabschiedete mich nur noch schnell von Frank und folgte meinem Mann ins Restaurant.

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Der Service war ausgezeichnet, aber bei den Preisen, die hier für ein Essen verlangt wurden, erwartete man das auch. Ich bestellte mir eines dieser köstlichen Mandarinentörtchen, die es nur in Restaurants zu geben schien. Als ich dann aber Dominiks Gericht sah, runzelte ich verwundert die Stirn. "Hast du dir etwa Nudeln mit Käsesoße bestellt?" Mit dem Löffel im Mund nickte Dominik heftig. "Dieses ganze Schickimicki-Essen", erklärte er mit vollem Mund, "ist einfach nix für mich. Und von Nudeln mit Käsesoße werde ich wenigstens satt." Na dann guten Appetit.

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Nach dem Essen entführte Dominik mich noch auf die Aussichtsplattform des Hochhauses, in dem das Restaurant untergebracht war. Von hier oben hatte man eine wunderbare Aussicht auf die Skyline von SimVegas. Ich seufzte zufrieden und griff dann nach Dominiks Händen. "Ich liebe dich, Dominik." "Ich liebe dich auch, Brodlowska". Er gab mir einen sanften Kuss und drückte anschließend meinen Kopf gegen seine Brust, sodass ich sein Herz schlagen hören konnte. Ich liebte meinen Mann und jetzt, wo mir das endlich bewusst war, konnte ich es ihm gar nicht oft genug sagen.

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Wir standen noch eine halbe Ewigkeit Arm im Arm dort oben und betrachteten schweigend die bunten Lichter der Stadt. Mein Herz wurde wirklich schwer, als es Zeit wurde aufzubrechen. Ich wollte, dass dieser Abend nach länger andauerte. Und so kippte ich auf dem Weg nach unten kurzerhand den Nothalteknopf im Fahrstuhl. "Warum hast du das....", er brauchte gar nicht weiter zu sprechen, denn plötzlich verstand auch er. Das ich gerade dabei war, meine Oberteil auszuziehen dürfte ein deutlicher Hinweis gewesen sein. "Wir müssen uns aber beeilen, Dominik", stöhnte ich erregt, "sonst kommen gleich ein paar Techniker vorbei." "Kein Problem, Brodlowska, wenn du willst, komme ich so schnell wie die Feuerwehr!" Und noch während er sprach stand er nackt vor mir.

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Ganz so schnell kam er dann glücklicherweise doch nicht. Und ein Techniker überraschte uns auch nicht. Ich band wieder meine Haare zusammen, die im Eifer des Gefechts völlig durcheinander geraten waren und zupfte meinen Rock zurecht, während der Fahrstuhl ordnungsgemäß seinen Weg nach unten fortsetzte. Auf der Fahrt nach Hause grinste Dominik mich unentwegt an. "Was ist?", fragte ich schließlich. "Nichts", entgegnete Dominik. "Ich frage mich nur, was wir die letzten neun Jahre ohne den ganzen verrückten Sex gemacht haben?" Diese Frage hatte ich mir in den letzten Wochen auch öfter gestellt. Wie konnte es sein, dass dieser Traummann all die Jahre direkt vor meiner Nase, ja sogar in meinem Bett war, und ich seine Qualitäten als Mann nicht erkannt hatte?
 
@Simellie
Na, Dominik und Oxana haben ja auch jede Menge nachzuholen. Sie sind zwar seit Jahren zusammen, aber erst jetzt hat Oxana wirklich erkannt, was sie an Dominik hat. Was die Zukunft nageht, so kann ich dir versichern, dass das nächste Unglück bereits am Horizont auf Oxana lauert, aber ich werde natürlich nicht verraten, worum es sich dabei handelt.

Vielen Dank für deinen Kommentar. Update folgt heute Abend.
 
Kapitel 99: Momente des Glücks, Momente der Buße

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Klaudia machte derweil Fortschritte, wie im Sauseflug. Ich staunte nicht schlecht, als ich die Kinderzimmertür öffnete und beobachtet, wie Klaudia sich aufrichtete, zu der Spielzeugkiste tapste und ein Plastikboot herausholte. Mit diesem in der Hand lief sie mehrmals von einen Ort zum anderen im Kinderzimmer, setzte sich kurz hin, stand dann aber wieder auf, weil ihr irgendetwas nicht passte und suchte sich eine neue Stelle.

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Und da sie nun laufen konnte, hielt sie es auch nicht mehr länger aus, sich nicht verständlich machen zu können. Jeden Tag brabbelte sie neue Worte vor sich her. An einem Nachmittag folgte sie mir in die Küche und setzte sich mitten auf den Boden. Mit ihren Händchen schlug sie auf den Boden neben sich und rief dabei "Mama, Mama", was das Zeichen für mich war, sich zu ihr zu setzten. Und dann fing sie auch schon an, auf die Gegenstände in der Küche zu zeigen und ihnen Namen zu geben. "Hedd", deutete sie auf den Herd und klatschte zufrieden, als sie mein strahlendes Gesicht sah. "Kühscha. Pühle." Immer ein neues Wort und immer deutete sie dabei auf den richtigen Gegenstand. Ich war wirklich beeindruckt, von meinem kleinen Pummelchen.

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Zu ihrem zweiten Geburtstag konnte Pummelchen schließlich alleine das Töpfchen benutzen, laufen und soweit sprechen, dass man nicht mehr raten musste, was genau sie von einem wollte. Da sie mit ihren zwei Jahren noch keine Freunde hatte, wurden zum Geburtstag die Familie und unsere Freunde eingeladen. Den Anfang der Party verschlief Klaudia auch getrost. Dominik ging in seiner Rolle als Grillmeister voll auf und ich durfte mir mal wieder einen Vortrag von meiner Schwiegermutter anhören, dass es ja unmöglich sei, das ich mein Kind am Nachmittag schlafen ließ. Es sei so kein Wunder, dass sie nachts nicht durchschlafen würde. Bei ihr hätte es so etwas ja nicht gegeben.

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"Und sie sind einer von diesen Homosexuellen, ja?", fragte Glinda dann Tristan. "Ich habe davon ja schon viel im Fernsehen gehört. Wie läuft das denn bei ihnen im Bett? Verkleiden sie sich dann als Frau oder macht das ihr Macker?" Tristan verschluckte sich fast an seinem Hotdog und ich konnte ihm nicht weiter helfen, als ihn entschuldigend anzublicken. Bis jetzt hat er sich um eine Begegnung mit meiner Schwiegermutter meist drücken können, doch heute gab es kein Entkommen für ihn.

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Zum Glück entging wenigstens Frank, Tristans Freund, dem Überfall meiner Schwiegermutter. Während die zweite Ladung Hot Dogs vor sich hin brutzelte, vertrieb er sich die Zeit bei einer Runde Darts mit Roland. Brandi leistete den beiden Gesellschaft, wobei sie ihren Ordentlichkeitswahn nicht unterdrücken konnte und die Schachfiguren wieder ordentlich auf dem Brett anordnete. Ich fragte mich, wie sie es in dem Chaos aushalten würde, das entstand, wenn erst einmal ihr Baby mit Roland auf die Welt kam. Denn langsam aber sicher war ihr kleines Bäuchlein nicht mehr zu übersehen.

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Pünktlich mit dem Sonnenuntergang wurde auch das Geburtstagskind wach. Glinda hatte ihrer kleinen Enkelin extra eine Torte gebacken. Warum sie sie aber mit vier Kerzen dekorierte, blieb mir ein Rätsel. Etwa für jedes halbe Jahr eine? Oder wollte sie einfach alle vier Kerzenfarben auf dem Kuchen haben? Ich holte die Kleine zum Kuchen und die übrigen Gäste bewaffneten sich mit Tröten und Luftschlangen, um das Geburtstagskind ordentlich zu bejubeln. Und Klaudia freute der ganze Trubel wahnsinnig und sie wusste gar nicht, wo sie überall hin gucken sollte.

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Nur die Torte würdigte sie mit keinem Blick. Als ich mich rüberbeugte, um ihr beim Auspusten der Kerzen zu helfen, beobachtete sie lieber quietschend, wie Mama ihre Backen aufblies, anstatt die Kerzen zu bewundern. Bei vier Kerzen hatte ich Hilfe aber auch nicht wirklich nötig. Und da Klaudia noch zu klein war, um sich etwas zu wünschen, übernahm ich das für sie. Sie sollte in einer glücklichen, intakten Familie aufwachsen.

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Die Gäste bedienten sich anschließend am Kuchen. Ich gab Klaudia auch ein Stück zum probieren, doch sie verzog das Gesicht und schob den Teller von sich. Ein wenig Schadenfreude stieg in mir auf, weil meine Tochter Glindas Kuchen verschmähte. Aber leider musste ich gestehen, dass der Kuchen wirklich ausgezeichnet war. Klaudia bekam auch einen Haufen Geschenke, wobei sie sich besonders in den Kistenclown verliebte. Dominik brauchte ihr nur einmal zu zeigen, wie sie den Clown aus der bunten Schachtel locken konnte und von da an war Klaudia fleißig am Kurbeln, quietschte laut, jedes Mal wenn der Clown heraussprang und knuddelte ihn dann bis zum Umfallen.

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Wir Erwachsenen amüsierten uns auf ganz andere Weise. Im Wohnzimmer wurde die Stereo-Anlage laut aufgedreht und ausgelassen zur Musik getanzt. Ich weiß nicht mehr, wer das Stichwort "Schlambada" in den Raum warf, aber Augenblicklich wurde die CD gewechselt und der beliebte Partytanz aufgeführt.

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Gegen Mitternacht verschwanden dann auch die letzten Gäste. Da man bei den in der Sierra Simlone herrschenden Temperaturen lieber nichts über Nacht liegen ließ, macht ich mich gleich ans Aufräumen, wobei ich dabei Unterstützung von Dominik erhielt. Die Mülltonne war sicher kein romantischer Ort, aber trotzdem spürte ich wieder, wie es zwischen mir und Dominik knisterte. Und Dominik fühlte genau das gleiche. "Wie wäre es, wenn mir diesen Abend noch auf eine ganz andere Art und Weise ausklingen lassen?", fragte er mich. Dabei schmiegte er sich von hinten an meinen Rücken und seine Hände wanderten langsam hinauf zu meinem Busen. Ich stöhnte erregt. Liebend gerne wäre ich jetzt mit ihm ins Bett gegangen, aber weder Kinga, noch Klaudia schliefen schon.

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"Wir müssen es ja nicht unbedingt im Schlafzimmer treiben", wischte Dominik meinen Einwand beiseite und schob mich hinüber zu unserem Auto. Ich sah ihn ungläubig an. Wollte er etwa, dass wir im Wagen miteinander schliefen? Ein aufgeregtes Kribbeln breitete sich in meinem Magen aus. Ich schaute mich kurz um und stellte fest, dass das Auto in der Dunkelheit kaum zu sehen war. Also ließ ich mich darauf ein. Als ich wieder aufwachte, lag ich nackt, eingekuschelt in Dominiks Arm und der rosafarbene Himmel über der Wüste kündigte bereits den nächsten Morgen an.



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Mein Leben verlief wunderbar, so, wie ich es mir immer erträumt hatte. Ich hatte zwei wundervolle Kinder. Ich liebe Klaudia abgöttisch und zu Kinga fand ich mehr und mehr Zugang. Ich empfand sie schon lange nicht mehr als das sichtbare Zeichen meiner Sünde. Vielmehr hatte ich durch sie die Gelegenheit, meinen Fehler von damals zu korrigieren, indem ich alles Erdenkliche tat, um ihr den Start ins eigenständige Leben zu erleichtern und sie zu einer aufrechten Christin zu erziehen. Und ich hatte einen Mann, der mich liebte, und den auch ich über alles liebte.
Und trotzdem wachte ich beinah jede Nacht Schweiß gebadet auf. Nachts, wenn ich schlief, war alles wieder da, all die Schmerzen, die Qualen, die Todesängste die ich in Giovannis Verlies verspürt hatte.

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Ich hielt das ganze nur aus, weil ich meine Familie hatte, weil Dominik da war und mich beschützen würde. In solchen Momenten der blanken Angst schmiegte ich mich ganz fest an seinen Körper. Ich spürte seine Stärke und wusste, dass mir nichts Schlimmes passieren konnte, wenn er nur bei mir war. Ich hasste es, nachts nicht mehr schlafen zu können. Aber auf eine seltsame Art war ich auch dankbar. Hätte ich diese Hölle nicht durchlebt, hätte ich womöglich nie erfahren, wie sehr ich Dominik doch liebte.

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Dominik gab mir Kraft, die Erinnerung an meine Schmerzen und meine Angst zu ertragen. In seiner Nähe konnte ich meine eignen Qualen vergessen. Was ich nicht konnte, war es Giovannis entsetzten Gesichtsausdruck, als die Kugel ihn traf, aus meinem Gedächnis zu verbannen. Ich hatte einen Menschen getötet. Durch meine Hand wurde ein anderes Leben ausgelöscht. Immer wieder versuchte ich mir einzureden, dass es Notwehr war. Hätte ich nicht Giovanni erschossen, dann hätte er mich umgebracht. Aber es war nur ein geringer Trost. Fast täglich ging ich hinüber ins Kloster des heiligen Ansbald und betete zur Gottesmutter Maria. Nicht um Gnade für meine unverzeihliche Tat, sondern für die Kraft, mit dieser Sünde weiter zu leben.

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Ich wusste nicht, ob die Gottesmutter mich erhörte. Doch ich musste weiter beten. Welche andere Möglichkeit blieb mir denn sonst? Meistens konnte ich nur wenige Augenblicke im Kloster verweilen, an anderen Tagen wiederum verbrachte ich Stunden in der Stille der Kapelle. Hin und wieder gesellte sich Schwester Martha zu mir und sand ein eigenes stummes Gebet an die Gottesmutter. Ich wusste es nicht, aber sie betete für mich. Sie betete, dass ich endlich die Ruhe fand, nach der ich so intensiv in meinem Glauben suchte.

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Aber sie fragte nie, was mich bedrückte. Sie wusste, dass jeder Mensch sein eigens Kreuz zu tragen hatte und sie vertraute darauf, dass Gott den Menschen die nötige Stärke gab, es zu ertragen. "Verzeiht Gott uns jede Sünde, Schwester Martha?", fragte ich sie, als mir schweigend im Innenhof spazierten. "Gott ist ein liebender Vater, Oxana, und wir sind seien Kinder. Und wie ein Vater seinem Kind jeden Fehler verzeiht, verzeiht Gott uns auch unsere Fehler. Vielleicht ist er enttäuscht von uns, aber er würde uns niemals fallen lassen. Darauf musst du immer vertrauen, Oxana." Ich versuchte es. Ich versuchte es wirklich, aber es war nicht leicht.

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Schwester Martha hat von Gott als Vater gesprochen. Bei diesen Worten kehrte plötzlich eine Erinnerung an einen Engel zurück, der mir half aus Giovannis Gewalt zu entfliehen. Ich hatte es vollkommen verdrängt, aber in meiner Erinnerung hatte dieser Engel die Stimme und das Gesicht meines Dads gehabt. Ich wusste, dass es nicht möglich war, Dad war tot. Aber ich hätte schwören können, dass er in dieses Verlies gekommen ist, um mich zu befreien. Ich hatte Dads Grab nicht ein einziges Mal besucht, so tief reichte meine Wut auf ihn. Unterbewusst lief ich vom Kloster direkt auf den Friedhof von Sierra Simlone Stadt. Schwester Martha hatte davon gesprochen, dass ein Vater seinem Kind alles verzieh. Vielleicht mussten Kinder ihren Vätern auch verzeihen? Vielleicht war es nach all diesen Jahren an der Zeit, Dad zu vergeben? Ja, er hatte Fehler begangen, aber jeder Mensch beging Fehler. Wer wusste das besser als ich?​
 
Kapitel 100: Geburtstag mit Wumms

6 Jahre später

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Mit der Zeit wurde es leichter. Mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Monat, jedem Jahr wurde es ein Stück leichter. Jedes Mal nur ein winziges Stück, aber die Erinnerung an all die Schmerzen und Ängste verblasste und die Albträume wurden seltener, bis sie auch nur noch wie eine Erinnerung schienen. Das einzige, was blieb, war die Angst vor mir selbst, dass ich in der Lage war, jemanden zu töten. Aber vielleicht war es auch gut so, dass sich dieses Gefühl nicht unterdrücken lies. Es zeigte, dass für mich ein Leben den höchsten Stellenwert hatte. Selbst das Leben eines Mannes, der mit entführt und gequält hatte.

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"Mami, hör auf so viel nachzudenken! So macht das Spiel doch überhaupt keinen Spaß." Klaudia blickte mich empört an. "Schon gut, Pummelchen, Mami konzentriert sich wieder ganz auf das Spiel", entschuldigte ich mich lächelnd. "Du sollst mich doch nicht Pummelchen nennen, Mami!" Klaudia verzog ihr Gesicht und ich entschuldigte mich schnell bei ihr. Mein kleiner Schatz hatte seinen Babyspeck noch immer nicht runter und war deshalb etwas empfindlich, wenn man sie Pummelchen nannte. Der einzige, der es weiterhin durfte, war Dominik, aber auch nur, wenn niemand sonst zuhörte.

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"Mama, denkst du auch an die Torte? Constance und die anderen Mädchen kommen gleich und ich hab Angst, dass dann noch nicht alles fertig ist." Kinga klang wirklich besorgt und nervös. Ich konnte es gut nachvollziehen. Immerhin war heute ihr vierzehnter Geburtstag und es war die erste Party, die sie für ihre Freundinnen gab. Da sollte nichts schief gehen. "Keine Sorge, Kinga", beruhigte ich sie. "Es ist alles vorbereitet. Ich muss den Kuchen nur noch in den Backofen schieben, damit er auch schon frisch ist, wenn deine Freundinnen kommen."

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Bevor die Gäste eintrafen, kontrollierte Kinga noch einmal, ob auch wirklich alles in Ordnung war. Die riesige Plastikannanas war mit einer leckern Fruchtbowle gefüllt und ihr Papa hatte auch die versprochenen Böller besorgt. Dank der CD, die sie sich von ihrer Freundin Marissa geborgt hatte, war auch für Musik gesorgt. Und wenn jetzt auch noch die Nervensäge von kleiner Schwester verschwinden würde, wäre alles perfekt.


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Tja, nur hat sie nicht mit ihrer peinlichen Mutter gerechnet. Elvira und Constance waren schon eingetroffen und ich wollte Kinga helfen und denn Mädchen etwas von der Fruchtbowle anbieten. Dummerweise hatte ich die Bedienungsanleitung des Gerätes nicht gelesen. Und als der süße Saft aus dem Schlauch schoss, wollte er gar nicht mehr aufhören. Und um nicht das halbe Esszimmer unter Bowle zu setzten, steckte ich den Schlauch in meinen Mund. Kingas entnervtes Stöhnen war mehr als eindeutig.

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Gut, solche Aktionen sollte ich heute lieber sein lassen. Tristan half mir auch schnell, den Flüssigkeitsstrom zu stoppen. Nachdem ich mein Gesicht getrocknet hatte, holte ich die vorbereitete Sahnetorte aus dem Kühlschrank. Kinga wollte extra keine Kerzen. Das wäre ja so was von uncool und nur was für Babys. Ich fand zwar, dass es ohne Kerzen keine wirkliche Geburtstagstorte war, aber ich respektierte ihren Wunsch.

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Als ich mir dann auch ein Stück Torte nahm und mich zu den Mädchen setzen wollte, funkelte Kinga mich böse an. Gut, ich hatte verstanden. Sie wollte ihre alte Mutter nicht dabei haben. Vielleicht war das auch besser so, denn am Tisch ging es hoch her. Marissa war schon zwei Jahre älter als Kinga und ging zusammen mit Elvira in eine Klasse. Und bei den Geschichten über Jungs, die sie zu erzählen wusste, machten die drei jüngeren Mädchen ganz große Ohren. Jedes Detail wurde aufgesogen. Der erste richtige Kuss, die ersten vorsichtigen Berührungen und mehr. Kinga, Constance und Sophie konnten es kaum erwarten, bis sie all diese Dinge selbst ausprobieren konnten.

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Ich gebe es ja zu, ganz konnte ich es nicht lassen, hin und wieder unauffällig in die Küche zu kommen. Natürlich tarnte ich diese Kontrollbesuche, indem ich mir jedes Mal etwas von der Fruchtbowle holte. Nach dem vierten Glas wurde es aber etwas auffällig. Immerhin war ich nicht die einzige, die so ihre Probleme mit der Getränkemaschine hatte. Auch Elvira fand den Aus-Knopf nicht auf Anhieb.

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Und dann verzog sich die Partygesellschaft ins Wohnzimmer. Kinga und Sophie begannen zu tanzen und die Lieder mitzusingen. Constance war sich noch nicht so sicher, ob sie wirklich mitmachen wollte. Elvira hatte sich hingegen schon vorher entschlossen, lieber die Spielkonsole zu nutzen.

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Den krönenden Abschluss der Feier sollte eigentlich das Feuerwerk darstellen. Leider ist dieses Vorhaben völlig in die Hose gegangen. Kinga zündete gerade den Feuerwerkskörper an, als es zu irgendeiner Verpuffung kam. Zum Glück ist ihr nichts passiert, aber Kinga war von oben bis unten Kohlraben schwarz und stank nach Schwefel und Rauch. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie ließ das Feuerzeug auf den Boden fallen und rannte so schnell wie möglich ins Haus und schloss sich im Badezimmer ein.

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Ich schickte die anderen Mädchen nach Hause. Constance bedankte sich noch einmal ganz nett für die Einladung, bevor sie sich mit den anderen auf den Weg machte. Nach etwa einer halben Stunde kam Kinga aus dem Bad, aber sie lief sofort in ihr Zimmer und schloss sich dort ein. Ich klopfte mehrmals an der Tür und bat sie, mich hinein zu lassen. "Geh weg!", war allerdings ihre einzige Antwort und ich konnte hören, wie sie bitterlich weinte.

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Erst als Dominik an ihre Tür klopfte, machte sie ihm auf. "Prinzessin, was ist denn los. Es ist doch überhaupt nichts passiert. Du bist nur ein wenig schmutzig geworden", versuchte er sie zu trösten. "Alle werden in der Schule über mich lachen! Das war die furchtbarste Party, die jemals überhaupt gegeben wurde. Keiner wird mehr zu mir kommen wollen." Kaum hatte sie sich wieder etwas beruhigt, fing sie wider an zu schluchzen.

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"Es ist alles einfach nur furchtbar!" Dominik nahm seine Tochter tröstend in den Arm. "Ach, Prinzessin, das wird schon. Glaub mir, auf der nächsten Party passiert jemanden noch was viel Peinlicheres als dir und dann haben alle den Vorfall von heute vergessen. Und Notfalls suchst du dir neue Freunde. In der Schule laufen ja genug rum." Kinga knuffte ihrem Vater leicht in den Bauch. "Du bist blöd, Papa." Immerhin lachte sie wieder. "Schlaf einfach drüber, Prinzessin, und morgen sieht alles wieder ganz anders aus. Wirst schon sehen." Tja, so erwachsen unsere Kinga schon zu sein schien, manchmal war sie immer noch das kleine Mädchen, das einfach mal in den Arm genommen werden musste.
 
Kapitel 101: Goya

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Unabhängig von Kingas nicht ganz geglückter Geburtstagsfeier, fuhr ich am nächsten Morgen ins Tierheim. Ich hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt, einen Hund anzuschaffen, der mir draußen bei den Rindern helfen konnte. Außerdem ist Klaudia schon des Öfteren weinend zu Dominik und mir ins Bett gekommen, wenn die Wüstenhunde mal wieder heulten. Sie sind zwar noch nie in die Nähe des Hauses gekommen, aber vielleicht fühlte Klaudia sich ja sicherer, wenn wir einen Wachhund hätten? In Goya fand ich dann auch eine Hündin, die meinen Vorstellungen entsprach.

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Allerdings hatte ich nicht vor, Goya als Haushund zu halten. Durch die Lage in der Wüste, war das Haus ohnehin schon kaum sauber zu halten. Der Sand und Staub drang einfach durch jede Ritze. Und auf einen Hund auf der Wohnzimmercouch, der noch zusätzlichen Dreck mit sich brachte, konnte ich gut verzichten. Deshalb wurde draußen im Garten extra eine große Hundehütte für Goya aufgestellt.

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"Gehört der Hund etwa uns?", fragte Kinga aufgeregt, als sie den grauen Riesen nebst Hundehütte im Garten entdeckte. Als ich bejahte, stürzte sie sich sofort auf das neue Familienmitglied. Zunächst nur vorsichtig streichelte sie den Rücken des Hundes. Doch als sie merkte, dass Goya ganz zutraulich schien, wurde auch sie mutiger und strich ihr über den grauen Kopf.

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"Kann der Hund denn auch Aporiren?", fragte Klaudia neugierig, aber nicht ganz so begeistert, wie ihre Schwester, als sie den Hund entdeckte. Anstatt sofort zu ihm hin zu laufen, versteckte sie sich hinter meinem Rücken und beobachtete lieber aus sicherer Entfernung. "Du meinst Apportieren, Klaudi. Aber ich weiß es nicht", antwortete ich ihr. "Probier es doch einfach mal aus." Die Neugier siegte über die Angst. Schnell suchte Klaudia einen passenden Stock, streckte ihn Goya aus sicherer Entfernung vor die Nase und warf ihn dann so weit es ging von sich.

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Und wie ein geölter Blitz folgte Goya dem geworfenen Stock und brachte ihn auch brav wieder zurück. Klaudia klatschte entzückt in die Hände und warf den Stock gleich ein zweites Mal. Das Spiel wiederholte sie einige Male, bis die Scheu vor dem neuen Hund schließlich ganz verschwand.



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Wie Dominik vorausgesagt hatte, interessierte sich wenige Tage später niemand mehr für Kingas kleines Malheur auf der Geburtstagsfeier. Ihre Freundinnen, Constance und Elvira kamen vorbei, so wie sonst auch, und die Mädchen hingen in Kingas Zimmer ab.

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Und wie immer platzte Klaudia in diese wichtigen Gespräche herein, weil sie auch mit den großen spielen wollte. Kinga sagte das natürlich überhaupt nicht zu. "Verschwinde, Klaudia. Kleine Kinder wollen wir hier nicht!" Klaudia zog einen Schmollmund. "Ich bin überhaupt kein kleines Kind mehr. Ich bin schon sieben und geh in die Schule. Ich will wissen worüber ihr redet." Elvira konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Als jüngste von vier Kindern konnte sie sehr gut nachfühlen, wie es Klaudia ergehen musste. Sie durfte bei den ganzen lustigen Sachen, die Hans und Desdemona angestellt haben, auch nie dabei sein. Aber Kinga ließ nicht mit sich reden und verfrachtete Klaudia gleich aus ihrem Zimmer, auch wenn diese sich nach Kräften wehrte.

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Als Elvira sich am Abend auf den Weg nach Hause machte, kam sie auch zu mir, um sich zu verabschieden. "Warte einen Moment, Elvira", hielt ich sie auf, als sie schon fast zur Tür raus war. "Wie geht es denn Gerda, deiner Mutter? Ich hab nicht mehr mit ihr gesprochen, seit sie vor einer Woche ins Krankenhaus gekommen ist. Ist alles gut verlaufen?"

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Elvira lächelte glücklich. "Ja, Mamas Operation ist gut verlaufen. Es gab keine Komplikationen. Du kannst mir glauben, wie froh meine Geschwister und ich waren, als wir das erfuhren." Ich atmete erleichtert auf. "Kann ich sie denn schon besuchen?", fragte ich Elvira weiter und diese nickte zur Antwort. "Die ersten Tage war sie noch sehr schwach, aber inzwischen geht es ihr wieder ganz gut. Ich war erst gestern Abend bei ihr. Sie erholt sich wirklich schnell." Das freute mich natürlich sehr. Ich nahm mir vor, Gerda gleich morgen in der Klinik in Seda Azul zu besuchen.



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In der Nacht wurde Klaudia von einem seltsamen Geräusch geweckt. Irgendetwas knurrt laut und es hörte sich an, als ob Stoff reißen würde. Verschlafen rieb sie sich die Augen und richtete sich im Bett auf. Und dann erkannte sie Goya, die gerade dabei war, ihren Teddy in Fetzen zu reißen.

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"Goya, hör auf damit!", schimpfte sie und sprang aus dem Bett. "Böse, Goya, böse! Du weißt doch, dass du nicht ins Haus darfst. Wenn Mama dich erwischt, dann gibt es richtig Ärger. Und meinen Teddy sollst du auch nicht kaputt beißen. Außerdem fressen Hunde keine Bären, merk dir das!" Goya hörte sofort auf, an dem Bäre zu zerren, legte ihre Ohren an und sah Klaudia mit einem ganz mitleidigen Blick an, dass diese den Hund am liebsten gleich wieder geknuddelt hätte.

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Hätte Klaudia wahrscheinlich auch, wenn Goya nicht wie die Pest gestunken hätte. "Iiiiih, wo hast du dich den rumgetrieben? Du stinkst ja wie der tote Hamster von Elvira, den sie erst nach zwei Wochen unterm Bett gefunden hat. Los raus mit dir, Goya. Sonst behauptet Kinga wieder, ich würde die ganze Zeit pupsen."

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So wie Goya roch, muss sie sich in einem riesigen Kuhfladen gewälzt haben, oder gleich in einer ganzen Vielzahl davon. Dominik erklärte sich dann auch freiwillig dazu bereit, unser Stinktier wieder sauber zu schrubben. Extra für solche Anlasse hatten wir erst kürzlich eine Wasserpumpe mit Holztrog installiert.​
 
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Kapitel 102: Interessante Beobachtungen

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Während Dominik sich mit Goya herumschlug, machte ich mich auf den Weg ins Krankenhaus nach Seda Azul, um Gerda zu besuchen. Als ich ihr Krankenzimmer betrat, strahlte sie, sobald sie erkannte, wer da zu ihr kam. Ich holte einen Stuhl aus einer Zimmerecke und stellte ihn zu Gerda ans Bett. "Wie geht es dir, Gerda?", fragte ich noch während ich mich setzte. "Gut, Oxana. Es geht mir sehr gut. Aber schau doch selbst", antwortete meine Freundin.

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Sie richtete sich im Bett auf und hob mit Hilfe ihrer Hände ihre gelähmten Beine über die Bettkante. Und plötzlich begann sie sich aufzurichten. Mir bleib der Atem wag, denn sie stand. Sie stand zwar wacklig, aber immerhin, sie stand. Langsam drehte sie sich zu mir um und lächelte mich zufrieden an. "Ich hab doch gesagt, dass es mir blendend geht." Ich konnte nur staunen.

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Ich eilte zu ihr hinüber. "Wie ist das bloß möglich, Gerda? Dein Rückenmark war durchtrennt. Die Ärzte hatten doch gesagt, du könntest nie wieder laufen. Es ist ein Wunder!" Gerda grinste zufrieden. "Nein, Oxana, es ist kein Wunder. Das ist einfach die moderne Medizin. Die Ärzte haben mir einen Computerchip ins Rückenmark implantiert. Dieser verbindet die durchtrennten Nervenstränge. Ich wusste nicht, ob es wirklich gelingen würde, deshalb habe ich niemanden etwas gesagt. Nur die Kinder wussten bescheid. Aber selbst sie wissen noch nicht, wie erfolgreich die OP verlaufen ist."

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Dann geriet Gerda aber doch ins Straucheln und ich musste sie abstützen, damit sie nicht stürzte. "Ich muss mich noch daran gewöhnen, meine Beine wieder bewegen zu können. Und so ganz habe ich die Kontrolle noch nicht zurück. Ich muss mich richtig anstrengen, um überhaupt eine Bewegung zu vollführen und dann passiert oft noch nicht einmal das, was ich will. Aber die Ärzte meinen, ich bräuchte nur viel Zeit und Übung. Es ist so, als müsste ich noch einmal Laufen lernen. Eigentlich darf ich noch gar nicht aufstehen, aber ich halte es nach all den Jahren im Rollstuhl nicht mehr aus, still da zu sitzen." Übertreiben sollte sie es aber auch nicht, als half ich ihr zurück ins Bett und unterhielt mich noch eine ganze Weile mit ihr, bis eine Schwester mich wegschickte, weil Gerda zu einer Untersuchung musste. Also verabschiedete ich mich von meiner Freundin und versprach ihr, sie bald wieder zu besuchen.



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Mit freudigem Interesse verfolgte ich Gerdas Genesung mit. Ich hoffte inständig, dass meine Freundin bald wieder völlig gesund werden würde und wieder laufen könnte. Ebenfalls mit Interesse beobachtete ich, dass ein gewisser Timon immer öfter Gast in unserem Hause war. Zuerst dachte ich mir noch nicht viel dabei, aber dann bemerkte ich die Blicke, die Kinga diesem Jungen zuwarf. Sie versuchte es so gut es ging zu verbergen, insbesondere vor ihm. Doch wenn er z.B. mit dem nächsten Schachzug beschäftigt war, beobachtete sie intensiv jedes Detail an ihm.

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Timon war der jünger Bruder von Marissa, einer Freundin von Kinga, die auch auf ihrer Party war. Er ging in die neunte Klasse und war somit einen Jahrgang über Kinga. Die Augen meiner Ältesten leuchteten regelrecht, wenn dieser Junge zu Besuch kam und sie bekam regelmäßig weiche Knie. Und wenn sie von ihm sprach, dann glich dies einer Lobeshymne. Allerdings fehlte ihr bis jetzt der Mut, Timon zu sagen, wie toll sie ihn doch fand. Insgeheim hoffte sie, dass er den ersten Schritt wagen würde.

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„Mama, kann ich mit dir über etwas reden?", kam Kinga eines Nachmittags auf mich zu. Ihrem Tonfall nach zu Urteilen klang es wichtig. Wollte sie etwa über Timon mit mir reden? Er schien ein netter Junge zu sein, trotzdem war mir nicht wohl bei dem Gedanken, dass meine Tochter sich schon für Jungs interessierte. Doch meine Vermutung war falsch. Kinga hatte etwas ganz anderes auf dem Herzen.

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Nervös begann sie mir beim Abräumen des Mittagstisches zu helfen. "Du, Mama, ich würde nach der Schule gerne einen Job annehmen. Würden Papa und du mir das erlauben?" Kinga wollte arbeiten? Gut, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich stellte die dreckigen Teller beiseite um meine ganze Aufmerksamkeit ihr zu widmen. "Einen Job?", fragte ich skeptisch. "Du bekommst doch Taschengeld von uns. Und wird dir das neben der Schule nicht zu viel? Die Hausaufgaben werden nicht weniger, nur weil du arbeitest."

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"Mama, ich bin wirklich gut in der Schule!", begann sie zu quengeln. "Ich stehe in fast jedem Fach eins. Ich glaube nicht, dass ich durch einen Job schlechter in der Schule würde. Und selbst wenn, an einer zwei ist doch nichts auszusetzen." Nun gut, dass sah ich etwas anders. Noten waren wichtig, insbesondere, wenn sie später einmal zur Uni gehen wollte. Aber ich ließ mich erweichen. "An was für einen Job hast du denn so gedacht?"

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Augenblicklich strahlte Kinga. "Ich hab schon mit dem Direktor an meiner Schule gesprochen. Ich könnte nach dem Unterricht die Schüler der unteren Klassen betreuen und ihnen bei den Hausaufgaben helfen. Direktor Jacoby meinte sogar, dass diese Tätigkeit in mein Zeugnis aufgenommen wird und ich dadurch bessere Chancen an der Uni hätte. Außerdem lerne ich bestimmt auch etwas dabei." Schön, ich war überzeugt. "Gut, Kinga, wenn du unbedingt möchtest, dann geh nach der Schule arbeiten. Falls deine Noten wirklich zu sehr absinken sollten, können wir ja immer noch darüber reden. Und mach dir keine Gedanken um deinen Vater. Ich werde ihn schon überzeugen, dass es in Ordnung ist."

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Dominik hatte in der Tat nichts einzuwenden. Er war sogar der Meinung, dass ein wenig Selbstständigkeit Kinga ganz gut täte. Zum Mittagessen kam Kinga nach der Schule noch einmal nach hause, bevor sie dann von einer wenig vertrauenserweckenden Fahrgemeinschaft wieder mitgenommen wurde. Kinga freute sich wirklich auf ihre neue Aufgabe und natürlich auf das Geld, das diese ihr bescheren würde. Aber auf die pinke Arbeitsuniform, die sie wie eine spießige Lehrerin in ihren Vierzigern wirken ließ, hätte sie gut verzichten können.

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Über so etwas wie einen Job machte sich Klaudia überhaupt keine Gedanken. Sie war nur froh, wenn sie aus der Schule kam und dann spielen konnte. Zurzeit war "Räuber und Gandarm" total angesagt. Ständig lief sie mit ihren Freunden kreuz und quer durch das ganze Haus und den Garten. Die Simlane 10 war dann erfüllt von lautem "Peng, Peng" und den erbitterten Todesqualen des Räubers, wenn er vom jubelnden Gandarmen zur Strecke gebracht wurde.

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Kinga hingegen stellte schnell fest, dass es gar nicht so leicht war, Schule und Job unter einen Hut zu bringen. Wenn sie abends von ihrer Arbeit als Hilfslehrerin zurückkam, hätte sie sich am liebsten auch vor den Fernseher gesetzt oder sich in ein gutes Buch vertieft. Aber nein, auf sie wartete ein Berg eigener Hausaufgaben, den sie an manchen Tagen am liebsten in der Luft zerfetzt hätte. Aber das wäre keine Lösung, das war ihr klar. Und so leicht würde sie sich nicht unterkriegen lassen.

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Und zur Not musste sie morgens halt eine Stunde früher aufstehen und das nachholen, was sie am Tag zuvor nicht mehr geschafft hat. Es fiel ihr zwar schwer, sich morgens aus dem Bett zu quälen, aber es war immer noch besser, als wenn sie ohne Hausaufgaben zur Schule ginge.
 
Kapitel 103: Willst du mit mir gehn?

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Derweil hatte Tristan mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Eines Morgens stellte er fest, dass er leider nicht mehr so gut in Form war, wie früher. Einen Waschbrettbauch hatte er zwar nie, aber die Kugel, die er jetzt vor sich her schob, war doch eine Nummer zu groß. Auch wenn sein Freund Frank versicherte, dass ihn das überhaupt nicht stören würde, so war Frank doch nicht der einzige Mann, dem er gefallen wollte. Außerdem drohte der Bauch, den Einblick auf seine Männlichkeit zu versperren.

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In seinem Job als Geschäftsmann hatte er nicht wirklich viel Bewegung. Selbst die kurzen Strecken zwischen den Ölbohrtürmen fuhr er meist mit einem kleinen Spezialfahrzeug ab, denn Zeit war nun einmal Geld. Auf die Ölbranche traf das ganz besonders zu. Also versuchte er es mit ein wenig Yoga vor und nach der Arbeit, nachdem er gehört hatte, dass ich vor einigen Jahren gute Erfahrungen damit gemacht hatte. Und vielleicht ließen sich dies Verrenkungen ja auch an einer anderen Stelle einsetzten?

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Es ist schwer zu glauben, aber Joga war wirklich eine wahre Wunderwaffe gegen die Fettzellen. Denn Tristans Pfunde schmolzen dahin und bald hatte er seinen flachen Bauch zurück erlangt. Dieser Anblick im Spiegel, sagte ihm doch viel mehr zu, als die olle Fettwampe. Vielleicht, überlegte er sich, sollte er bei den kommenden Geschäftsessen lieber auf den Nachschlag verzichten?

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Und auch wenn Frank behauptet hatte, dass ihn Tristans Bäuchlein nicht störte, so war er doch nicht traurig, als sein Freund es sich wieder abtrainierte. Zudem profitierte er von Tristans neu erworbenen Jogakenntnissen, die zu einigen neuen Variationen in ihrem Liebesleben führten. Von der Übung "Skorpion in Angriffsstellung" konnte er gar nicht genug bekommen.



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Wenigstens am Wochenende blieb King noch etwas Zeit, um sich mit ihren Freundinnen zu treffen. Allerdings war Kinga die Erschöpfung deutlich anzusehen. "Alles in Ordnung bei dir?", fragte Constance besorgt, als sie sah, wie ihre Freundin betrübt in ihr Glas schaute, während die drei auf das Essen im Bowlingcenter warteten. Doch Kinga winkte ab. "Mir geht es gut. Ich muss nur mal wieder richtig ausschlafen, das ist alles."

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Beim Bowling wollte sie dann auch demonstrieren, das sie topp fit war. Aber sie war es nun einmal nicht und so rutschte ihr die Kugel noch bei Schwung holen aus der Hand und schlug mit lautem Donnern auf das gebohnerte Parkett der Bahn, sodass alle anderen Spieler sich nach ihr umsahen. Peinlich, peinlich! Und natürlich hatte sie auch nicht einen Kegel umgestoßen. Den nächsten Wurf ging sie deshalb auch deutlich behutsamer an.

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Wie der Zufall es wollte, war auch Timon mit einigen seiner Freunde im Bowlingcenter. "Hi, Kinga! Coole Aktion, die du da gerade geboten hast", begrüßte er sie grinsend. Kinga sah in entsetzt an. Hatte Timon sie etwa beobachtet? Oh nein, schlimmer ging es wirklich nicht! Am liebsten wäre sie im Boden versunken. Stattdessen lächelte sie gezwungen. "Ach, das lag nur an der Kugel. Irgendetwas muss damit nicht in Ordnung gewesen sein. Meine Finger hatten gar keinen halt."

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Timon hatte sofort erkannt, dass sie nur eine Ausrede suchte, aber ging trotzdem darauf ein. Mit einer Bowlingkugel in der Hand kehrte er zu Kinga zurück. "Probier es mal mit dieser hier", bot er ihr an. "Ich kann dir aber auch gerne zeigen, wie du sie am besten wirfst." Dankbar nahm Kinga sein Angebot an. Ihre Bowlingtechnik war wirklich mies. Viel wichtiger war aber, dass sie ein wenig Zeit in Timons Nähe verbringen konnte.

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Mit seiner Unterstützung klappte das Bowlen sogar ganz gut. Kingas Müdigkeit und Erschöpfung war auf einmal wie weggeblasen. Wenn Timon ihr die Kugel reichte, berührten sich ihre Hände manchmal ganz zufällig. Aber war es wirklich Zufall? Kinga hoffte inständig, dass es Timons Absicht wäre, unauffällig auf Tuchfühlung zu gehen.
Als ihr Traumprinz für einen Moment verschwand, kamen Constance und Elvira auf sie zu. "Du, Kinga, wir wollen jetzt mal nach Hause", erklärte Elvira. "Kommst du mit?", fragte Constance. Gerade in diesem Moment kehrte Timon aus dem Waschraum zurück. Die glasigen Augen, mit denen Kinga Timon bewunderte, genügten Constance als Antwort. Sie grinste, als sie ihre Freundin zum Abschied umarmte. "Ich wünsch dir noch einen schönen Abend", flüsterte sie Kinga ins Ohr. "Und morgen musst du mir alles ganz genau erzählen".

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"Wollen die beiden etwa schon gehen?", fragte Timon mit bedrückter Stimme, als er sah, wie Constance und Elvira zum Ausgang schritten. "Du etwa auch schon, Kinga?" Sie schüttelte ihren Kopf. "Nein, ich würde gerne noch hier bleiben. Zusammen mit dir." Ihre Wangen wurden glühende heiß. "Natürlich nur, wenn du das auch willst", fügte sie hastig hinzu und schaute verlegen auf den Boden und kratzte sich am Hinterkopf. "Klar will ich", schoss es aus Timon heraus und plötzlich glühten seine Wangen genau so rot wie die von Kinga.

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Kinga strahlte, als sie das hörte. Timon wollte tatsächlich weiter mit ihr abhängen. "Wollen wir tanzen?", fragte Kinga, bevor eine unangenehme Stille aufkommen konnte. Denn so wirklich wusste jetzt keiner von beiden, wie es weiter gehen sollte. Timon nickte zustimmend, schaute sich dann aber schnell um, ob seine Freunde nicht mehr da waren. Er wollte auf keinen Fall am nächsten Montag zum Gespött der ganzen Klasse werden, weil er in der Öffentlichkeit mit einem Mädchen getanzt hat. Doch die Luft war rein, und so konnte er sich mit Kinga vor der Jukebox austoben. Seine Bewegungen wirkten zwar holprig und ungeübt, aber Kinga sah durch ihre rosarote Brille ohnehin nur einen furchtbar süßen Jungen, egal was er tat.

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Die beiden tranken noch zusammen eine Limo und unterhielten sich angeregt miteinander, lachten, alberten herum. Die Zeit verflog regelrecht und als Kinga auf die Uhr sah, stellte sie erschrocken fest, dass es fast Mitternacht war. "Ich muss leider gehen, Timon. Meine Eltern haben mir nur erlaubt, bis 12 aus zu gehen. Und eigentlich auch nur, wenn ich bei Constance und Elvira bleibe." Beide erhoben sich von dem Tisch, an dem sie die letzte Stunde verbracht hatten und verließen das Bowlingcenter.

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Die Nachtluft war heute angenehm kühl und es wehte eine leichte Brise, die den Geruch des Meeres selbst noch in die Sierra Simlone trug. "Soll ich dich nach Hause begleiten, Kinga", fragte Timon vorsichtig. "Es ist schon dunkel und bis zu euch ist es ja doch ein Stück." Er brauchte gar nicht so viel Überzeugungsarbeit zu leisten, den Kinga stimmt sofort zu. Timon grinste zufrieden, doch dann versteifte sich sein Gesichtsausdruck, als er langsam seine Finger ausstreckte, um nach Kingas Hand zu greifen. Sein Herz raste mindestens genau so schnell wie das von Kinga. Er hatte Angst, dass sie ihn zurückweisen könnte, dass er sich alles nur eingebildet hatte und dieses tolle Mädchen gar nichts an ihm interessiert war. Doch Kinga war interessiert und ihr Herz machte einen riesigen Luftsprung, als sich seien Hand um ihre schloss.

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Auf den gesamten Weg vom Bowlingcenter bis zur Simlane hielten sie ihre Hände fest umschlossen, als ob sie Angst hätten, dass der jeweils andere plötzlich verschwinden könnte, wenn sie sich trennten. Erst als sie auf der Veranda standen, lösten sie widerwillig ihren Griff. Und da standen sie nun, beide etwas ratlos. Aus dem Fernsehen wussten sie beide, was jetzt folgen sollte, doch keiner fand so recht den Mut, den ersten Schritt zu wagen.

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Schließlich war es doch Kinga, die mit wild klopfenden Herzen einen Schritt auf Timon zuging und vorsichtig ihre Lippen spitzte. Instinktiv schloss sie ihre Augen. Sie hatte den ersten Schritt getan, jetzt lag es bei Timon, weiter zu machen. Und dann spürte sie, wie sich Timons Hand um ihre Taille legte und seine weichen Lippen ihre berührten. Aus Angst, er konnte sich gleich wieder von ihr lösen, griff sie nach seinem Arm und hielt ihn fest. Die Gedanken in ihrem Kopf wirbelten wild durcheinander und als sie ihre Lider wieder öffnete, blickte sie in Timons tief blaue Augen, die sie verliebt anstrahlten.

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Leider mussten die beiden sich für heute trennen. Kaum war Kinga im Haus und hatte sich bei Dominik und mir gemeldet, lief sie auch schon in ihr Zimmer und rief Constance an. Dass es bereits kurz nach Mitternacht war, schien sie nicht zu stören. "Oh, Constance, du wirst nicht glauben, was heute passiert ist!", plapperte sie aufgeregt in ihr Handy. "Als du weg warst, blieb ich noch mit Timon im Bowlingcenter. Mir haben getanzt und so und dann so 'ne Limo getrunken und gequatscht und so. Ach Constance, Timon ist voll süß. Der tut nur in der Schule vor seinen Freunden ganz anders. Aber in Wirklichkeit ist der voll nett und so. Und dann hat er mich nach Hause gebracht. Oh, dass war so schön, Constance. Erst war er voll schüchtern und so, doch dann hat er meine Hand genommen. Meine ganzer Arm hat so gekribbelt.“

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"Und dann, und dann als wir auf der Veranda standen, hat er mich geküsst.....Ja so richtig auf den Mund....Nein, das war überhaupt nicht komisch. Das war voll schön, Constance. Marissa hat erzählt, dass wäre am Anfang nass und eklig und Silke hat gesagt, dass das stimmt und so, aber die haben beide unrecht....Nein, Constance, nur mit geschlossenem Mund. Das war doch unser erster Kuss, da kann ich doch nicht gleich mit offenem Mund küssen. Marissa hat gesagt, dass macht man nicht, sonst hat man dem Jungen nichts mehr zu bieten und so. Ach Constance, am liebsten würde ich ihn gleich wieder sehen. Seine Augen sind total blau und so. Und so schön. Er hat gesagt, er ruft morgen an.....Natürlich werde ich mich noch mal mit ihm treffen...." Das Gespräch dauerte noch eine ganze Weile und Kinga beschrieb den Kuss mindestens fünf Mal in jeder Einzelheit. Wie gut, dass am nächsten Tag keine Schule war, denn vor zwei kam Kinga nicht ins Bett.

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Wie versprochen rief Timon am nächsten Tag an und am nächsten und am nächsten....Die beiden trafen sich noch öfter, als sie es schon früher getan hatten. Nur spielten sie nicht mehr Schach miteinander, sondern wiederholten den Kuss vom ersten Abend immer und immer wieder. Und inzwischen lief das nicht mehr so vorsichtig und zaghaft ab, wie noch bei ihrem ersten gemeinsamen Kuss. Manchmal wurde sogar mit offenem Mund geküsst. Schließlich wollte Kinga ausprobieren, wovon Marissa den jüngeren Mädchen erzählt hatte.

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Timon schien dies durchaus zu gefallen. Aber er mochte Kinga wirklich und so stellte er ihr die ein wichtige Frage: "Willst du mit mir gehen?" Kinga machte vor Freude einen Luftsprung. "Klar will ich, Timon. Aber die Frage hättest du dir echt sparen können. Für mich waren wir schon längst fest zusammen." Aber jetzt war es auch ganz offiziell. Kinga und Timon waren ein Paar.
 
Ui wie süß, Kinga ist verliebt. :love:
Ja ok zurück zum Kapitel, oh Mensch also das war echt so was von niedlich, total super beschrieben, wie es den beiden Teenagern geht und wie sich Kinga Timon schnappt, wie im Film eben. Hat mir gut gefallen, auch die Wampe von Tristan am Anfang, armer Kerl. Da musste er Yoga machen, aber immerhin war es auch für sein Liebesleben gut. Ich hoffe nur, dass Kinga alles gebacken bekommt, Schule, Nebenjob, nun auch noch ein fester Freund und ihre Freundinnen will sie bestimmt auch nicht vernachlässigen. Mal sehen ob das so weitergehen kann oder ob irgendwann der große Nervenzusammenbruch kommt. Bis dahin
Lg
 
@simellie
Ja, Kinga ist bis über beide Ohren verliebt. Ich freue mich auch für sie. Sie hat zwar viel Stress um die Ohren, aber eigentlich wird sie ganz gut damit fertig. Aber die nächste Katastrophe lauert natürlich schon. Es darf ja nicht langweilig werden.

@Vangrad
Ich glaube, Kinga selbst denkt noch nicht daran zu heiraten und die FAmilie zu vergößern. Dafür hat sie noch ein paar Jahre Zeit. Ihre Eltern wären sicherlich auch nicht begeistert von dieser Idee.
 
Kapitel 104: Die Zeit anhalten

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Einige Wochen später erfuhr dann auch ich offiziell, dass Timon mehr war, als ein bloßer Freund. Geahnt hatte ich schon länger etwas, aber ich vertraute darauf, dass Kinga schon selbst mit der Sprache rausrücken würde, wenn sie so weit war. Und beim gemeinsamen Frühstück am Wochenende war es dann so weit. "Mama, du kennst doch Timon", druckste sie zunächst herum. "Ich würde ihn gerne zum Essen einladen...zusammen mit Papa und dir. Timon und ich...wir gehen jetzt miteinander und ich möchte, dass ihr ihn kennen lernt". Kinga war dieses Gespräch unangenehm, auch wenn ich nicht verstand, warum dies so war. "Natürlich kannst du Timon zum Essen mitbringen", erklärte ich deshalb auch umgehend. "Dein Vater und ich freuen uns schon darauf, deinen Freund kennen zu lernen".

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Eigentlich war es geplant gewesen, dass nur Dominik und ich Timon näher kennen lernen sollte. Aber als Tristan und Klaudia von Kingas erstem Freund erfuhren, ließen sie es sich nehmen, den Jungen auch kennen zu lernen. "Bitte sei nett zu dem Jungen", flüsterte ich Dominik ins Ohr, als Timon uns zögerlich begrüßte und sich zu uns an den Esstisch setzte. Dominik musterte den Jungen skeptisch und auch Tristan beäugte ihn aufs Gründlichste.

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Meine Bitte half wohl nicht sehr viel, denn kaum saßen alle am Tisch, begann Dominik auch schon das Verhör. "Und du bist wie alt?", fragte er wenig höflich. "15, Sir", antwortete Timon eingeschüchtert. "Ich bin eine Klasse über Kinga". Kinga warf ihrem Vater einen flehenden Blick zu, doch der ließ sich davon nicht beirren. "Und deine Leistungen in der Schule?". "Es könnte besser sein", gestand Timon. Bei dieser Antwort versteinerten Dominiks Gesichtszüge noch weiter und der Junge sackte sichtlich zusammen. "Und was für Pläne hast du nach der Schule?". "Ich...ich möchte zur Uni gehen, Sir. Vielleicht Geschichte studieren...aber ich bin mir noch nicht ganz sicher". "Geschichte also", Dominik klang nicht sehr begeistert. "Und damit kann man eine Frau und Kinder ernähren?".

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Timon wurde ganz blass im Gesicht. Frau und Kinder? Er war doch erst 15 und der Gedanke an eine eigene Familie lag in weiter Ferne. Was erwartete Herr Blech denn von ihm? "Papa, hör auf damit", forderte Kinga Dominik auf. "Ich wollte doch bloß, dass ihr Timon einmal kennen lernt. Ich mag ihn wirklich gerne und er mag mich. Das ist doch das Wichtigste". Um das zu unterstreichen griff sich nach Timons Hand. Verliebt blickten die beiden sich an. Der Anblick war so schön, dass es wir ganz warm ums Herz wurde. Dominik brummte nur etwas in seien kaum vorhandenen Bart und beendete das Verhör für diesen Abend.



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"Musstest du so gemein zu Timon sein", fragte ich meinen Ehemann, nachdem Kinga sich mit ihrem Freund auf ihr Zimmer verzogen hatte und Dominik und ich es uns auf dem Sofa im Wohnzimmer gemütlich machten. "Ich und gemein?", fragte Dominik unschuldig. "Du hast mich scheinbar noch nie gemein erlebt". Er lachte. "Ich wollte nur testen, wie ernst der Junge es mit unserer Prinzessin meint. Wenn er mich überstanden hat und bei ihr bleibt, dann scheint er sie wirklich zu mögen. Ich will einfach nicht, dass unser kleines Mädchen verletzt wird".

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"Kinga ist doch kein kleines Kind mehr. Leider!", entgegnete ich. "Heute ist mir bewusst geworden, dass sie nun fast schon erwachsen ist. Nur noch ein paar Jahre, dann wird sie die Schule beenden und zur Uni gehen. Und dann wird sie heiraten und eigene Kinder bekommen und nicht mehr auf ihre Eltern angewiesen sein. Und selbst Klaudia wird so schnell groß und verlässt bald das Nest." Mir wurde richtig schwer ums Herz und Dominik zog mich tröstend zu sich heran. "Und dann sind nur noch wir beiden da, ganz alleine in diesem großen Haus. Ach Dominik, ich wünschte, wir könnten die Zeit einfach anhalten."

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"Hey, ich bin auch noch da!", meldete sich Tristan empört zu Wort. Er saß auf dem anderen Sofa und schien vertieft in sein Computerspiel, doch scheinbar hörte er jedes Wort genau mit. "Genau, Linse, dann verpassen Brodlowska und ich dir eine riesige Windel und spielen dann Vater, Mutter, Kind. Das wird ein Spaß." Dominik fand diese Vorstellung wohl tatsächlich lustig, denn er kugelte sich vor Lachen, fing sich dafür aber einen beleidigten Blick von Tristan ein.

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Ich knuffte Dominik sanft in die Seite und er beruhigte sich wieder und entschuldigte sich bei Tristan. Zwar grinste er dabei über das ganze Gesicht, aber er entschuldigte sich immerhin. Dann wurde er ernst. "Wir müssen nicht zu zweit alleine bleiben", sagte er schließlich und in Tristans Richtung ergänzte er: "Entschuldigung, ich meinte natürlich zu dritt." Dann sah er erneut mich an. "Was hältst du davon, wenn wir uns noch so ein kleines Würmchen anschaffen. Kinga und Klaudia haben wir doch mit links gepackt und die beiden sind uns doch ganz gut gelungen. Und vielleicht klappt es dann auch endlich mit einem kleinen Dominik Junior".

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"Noch ein Baby?" ich konnte kaum glauben, dass Dominik das wirklich vorschlug, aber ich strahlte über das ganze Gesicht. "Wir sind doch noch jung, Brodlowska. Und ich würde mich über neues Kindergeschrei auf Grünspan sehr freuen". Zur Antwort küsste ich ihn einfach. Natürlich wollte ich noch ein Kind. Nach Klaudia haben wir über weitere Kinder nicht mehr gesprochen und ich nahm einfach an, dass Dominik unsere beiden völlig ausreichten. Unsere Küsse wurden leidenschaftlicher und Dominiks Hände gingen bereits auf Erkundungstour. "Nehmt euch doch ein Zimmer!", unterbrach uns Tristan und erinnerte uns daran, dass wir nicht allein waren. "Nicht einmal in Ruhe Computer spielen kann man hier!"

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Wir befolgten umgehend Tristans Rat und zogen uns in unser Schlafzimmer zurück. Ich zog hastig die Vorhänge zu und Dominik schloss die Tür ab. Beim Produktionsvorgang für ein neues Geschwisterchen für Kinga und Klaudia musste ich Dominik aber immer wieder darum bitten, leiser zu sein, was mir allerdings selbst sehr schwer viel. Aber es war mitten am Tag und Tristan saß im Zimmer nebenan und unsere Kinder wuselten auch im Haus herum. Seltsame Geräusche aus dem Schlafzimmer von Mama und Papa hätten bei Klaudia einige Fragen aufwerfen können und hätten Kinga und Timon ganz sicher die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Aber gerade die Tatsache, dass wir leise sein mussten, machte dieses Liebesspiel doch ganz besonders aufregend.



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In den nächsten Wochen waren Dominik und ich fleißig damit beschäftigt, ein Baby zu zeugen. Nur leider war Erfolg noch nicht in Sicht. Das war mal wieder so typisch. Wenn ich unbedingt schwanger werden wollte, dann klappte es natürlich nicht.
Erfolge hingegen konnte Kinga verbuchen. Mit Timon lief es immer noch super und auch ihre Leistungen in der Schule ließen keine Wünsche übrig. Sie hatte es gut geschafft Schule, Freunde, Freund und Job unter einen Hut zu bringen. Aus diesem Grund wurde sie von ihrer Schule ausgewählt, zu einem Vorbereitungskurs für die Uni zu fahren. Das sollte ihr ermöglichen, sich bereits während ihrer Schulzeit, gezielt auf das spätere Studium vorzubereiten. Miranda Kappe, die inzwischen ihr Literaturstudium abgeschlossen hatte, erklärte sich bereit, Kinga während dieser Zeit zu betreuen und ihr das wahre Studentenleben zu zeigen, durchaus auch mal abseits der Hörsäle und Seminarräume.

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In der Uni-Verwaltung hat Kinga sich dann auch gleich über mögliche Stipendien informiert. So wie es aussah, konnte sie wegen ihres Jobs an der Schule ein Stipendium für Existenzgründer erhalten. Ein Test ergab zudem, dass sie ein sehr gutes logisches Denken aufwies und sich deshalb für den Will Wright-Genie Preis qualifiziert habe. Zudem wurde sie noch für das Karl Quasselstrippe-Stipendium vorgeschlagen, weil sie die Verantwortlichen von ihrem Charisma überzeugen konnte. Für ein paar weitere Tests brauchte sie aber noch einige zusätzliche Informationen über ihre Eltern. Also rief sie umgehend zu Hause an.

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Ich war nicht Zuhause, also nahm Dominik den Anruf entgegen. "Hallo, Papa! Es ist voll cool hier an der Uni. Miranda hat mir auch schon alles gezeigt. Ich kann es kaum abwarten, selber studieren zu können. Und nein, ich werde kein Waschpulver in den Brunnen vor dem Hauptgebäude kippen. Das kannst du ja gerne machen, wenn du mich mal besuchen kommst, Papa." Beide lachten am Telefon und Kinga erzählte ihm von den Ereignissen der letzten Tage. Dann fragte sie Dominik die Fragen, die sie für die weiteren Tests brauchte. "Du wurdest also in Estella Grande geboren? Interessant! Und Mama kommt aus SimCity? Du weißt nicht zufällig, woran Opa Darek gestorben ist? Ich will Mama lieber nicht fragen. Ach ja und deine Blutgruppe brauche ich noch. Es geht um irgendwelche Gesundheitsdinge und die wollen wissen, ob ich vielleicht ein interessantes Testobjekt sein konnte oder so. Ganz hab ich das noch selbst nicht verstanden".

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"Die wollen dich als Versuchskaninchen, Prinzessin!", lachte Dominik und antwortete dann auf ihre eigentliche Frage: "Meine Blutgruppe ist 0 negativ Schatz". Er hörte, wie Kinga etwas aufschrieb, doch dann stutzte sie. "Nee, Papa, du musst dich irren. Du kannst nicht Blutgruppe 0 sein. Mama und ich sind beide AB, das weiß ich ganz sicher. Und mit Blutgruppe 0 kannst du nicht mein Vater sein. Ruf mal Oma an, die weiß bestimmt deine richtige Blutgruppe. Ich melde mich dann morgen wieder bei euch. Ich hab dich lieb, Papa. Und drück Mama und Klaudia von mir!" Kinga legte auf. Doch Dominik hielt noch lange Zeit schweigend den Hörer in der Hand. Er war Blutgruppe 0 negativ. Erst vorgestern war er beim Blutspenden gewesen. Und sein Wissen über Vererbung der Blutgruppen reichte aus um zu bestätigen, dass Eltern mit den Blutgruppen 0 und AB niemals ein Kind der Blutgruppe AB haben könnten. Und diese Erkenntnis traf ihn so schwer, dass er nicht einmal in der Lage war, den Hörer aufzulegen.

Gedanken

Ich hatte alles, was ich mir immer gewünscht hatte. Ich stand auf einem kleinen Hügel in der Sierra Simlone und blickte auf das karge Weideland, auf dem meine Rinder grasten. In den Jahren hatte ich es geschafft, Grünspan zu einer erfolgreichen Rinderfarm auszubauen. Auf den Feldern im Osten wuchs mein Mais in die Höhe und versprach eine reiche Ernte für dieses Jahr. Im Westen konnte ich mein kleines grünes Haus erkennen. Klein war es nicht mehr, aber immer noch grün. Und von hier wirkte es noch viel grüner, da sich davor meine Citrusplantage ausbreitete. Auch wenn das Obst in den ersten Jahren höchstens für die Saftpresse geeignet war, hatte ich inzwischen genügend Know-how angesammelt, um die Märkte der Sierra Simlone mit erstklassigen Orangen und Zitronen zu versorgen. Das spiegelte sich auch in finanzieller Hinsicht wider.
Unser Konto war prall gefüllt und dabei hatten wir erst kürzlich die Küche, das Wohnzimmer, beide Kinderzimmer und das Badezimmer komplett neu gestalltet.

Das viele Geld war aber nicht nur auf Grünspan, sondern auch auf die Verdienste von Tristan, Dominik und natürlich Kinga zurück zu führen. Tristan arbeitete nach wie vor auf höchster Ebene für die Ölgesellschaft in der Sierra Simlone. Und auch Dominik hatte sich inzwischen weit nach oben gearbeitet. In seinem Wachdienst hatte er sich sogar den Spitznamen "Superheld" eingefangen. Für mich war er das sogar; mein ganz persönlicher Supermann!

Kinga verdiente in ihrem Job zwar nicht viel, trotzdem machte ihr die Arbeit mit den jüngeren Schülern Spaß. Außerdem erhielt sie dadurch Pluspunkte an der Schule und für eine Unibewerbung machte sich solch eine zusätzliche Beschäftigung sicher gut.
Bei ihrem Besuch an der Uni hat sie sich dann auch gleich für eine ganze Reihe Stipendien und Preise qualifiziert. Ihre Berufserfahrung wurde gelobt, zudem zeigte sie besondere Fähigkeiten in den Bereichen Logik und Charisma. Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass sie so viel Zeit mit dem Wackelninchen und dem Schachbrett verbracht hat. Und weil ich in SimCity geboren wurde, erhielt Kinga noch ein Sonderstipendium der Stadt. Wahrscheinlich versuchte der Bürgermeister auf diese Weise, neue Einwohner in die Stadt zu locken und die ausgewanderten zurück zu holen.

Auch wenn Kinga sich jetzt prächtig entwickelte, ist sie doch nicht ganz so gut aufgewachsen, wie ich mir das erhofft hatte. Und ich fürchte, dass ich zum Teil Schuld daran trug. Immerhin konnte ich ihr als Kind nicht die Liebe entgegen bringen, die sie gebracht hätte. Ich konnte nur beten, dass sich das in Kingas späterem Leben nicht rächen würde.

Kinga interessierte sich sehr für andere Menschen und ging auch leicht auf diese zu. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ihr Ruf ihr egal war. Sie versuchte sogar alles zu machen, um bei ihren Mitschülern besonders gut da zu stehen. Als ich sie einmal nach ihrem Lebenswunsch fragte, antwortete sie, dass sie gerne viele Tierfreunde hätte. Das ist nun auch einige Jahre her und ich bin skeptisch, ob sie diesen Wunsch immer noch verfolgt.
Als ich sie über Jungs ausfragte, gestand sie mir, dass sie Jungen mit blondem oder braunem Haar ganz besonders mögen würde. Timon passte allerdings überhaupt nicht in dieses Beuteschema. Sie würde es aber ganz schrecklich finden, wenn ein Typ sich zu sehr aufstylte und ständig im Designeranzug herum lief. Zumindest was das anging, brauchte sie sich bei Timon keine Sorgen zu machen. Es würde noch dauern, bis er sich einen Designeranzug leisten konnte.

Ihre Misslungene Geburtstagsparty hat sie immer noch nicht überwunden. Zwar sprach sie nicht darüber, aber seit jenem Tag hatte sie nicht einmal mehr in Erwägung gezogen, eine weitere Party zu geben. Und selbst auf Partys von Freunden verhielt sie sich eher zurückhaltend.

Klaudia wuchs hingegen wunderbar auf und hatte einen sehr guten Start in ihr Leben als Kind. Dass sie dabei nicht so herausragend in der Schule war wie Kinga, störte mich nur wenig. Ich wollte nur, dass mein kleines Mädchen glücklich war. Und zu unserem Glück wurde Klaudia immer schöner, je älter sie wurde. Ich glaube, dass Geld für ihre Schönheitsoperation können Dominik und ich doch lieber für ihre Schulausbildung verwenden.

Als Kleinkind konnten Dominik und ich Klaudias Charakter noch nicht so gut abschätzen. Als Kind zeigte sich dann, dass sie mir doch sehr ähnlich war. Leider viel zu ernst und zu schüchtern, dafür aber immer auf Achse. Und einem Kind ganz unüblich ging sie ganz besonders gerne zur Schule und würde unheimlich gerne verreisen. Den letzten Wunsch würden wir ihr sicher bald erfüllen, denn auch Dominik und ich planten schon länger einen gemeinsamen Familienurlaub.

Unser Hund Goya war zu einem verlässlichen Wachhund geworden und half wir draußen auf den Weiden. Und zu Hause erfreute Goya die Kinder und auch meine beiden Männer. Das sie gelegentlich wenigen Blumen vorm Haus umgrub und tief Löcher in den Wüstenboden grub, war nur ein kleiner Wehmutstropfen. Ich wollte Goya nicht mehr missen. Sie war schlauer und zutraulicher Hund. nur leider etwas ängstlich. Das erschwerte manchmal die Arbeit mit den Rindern, aber ich konnte sie getrost mit meinen Kindern spielen lassen.

Tristan hatte auch ein Erfolgserlebnis. Erstaunt stellte er fest, dass er so viele gute Freunde hatte, dass sein ganzes Adressbuch bis auf die letzte Seite ausgefüllt war. Damit hatte er im Leben nicht gerechnet!

Ich freute mich für meinen Freund und Mitbewohner. Aber wie ich schon erwähnte, auch ich war glücklich und hatte alles, was ich mir jemals gewünscht hatte. Ein schönes Haus, eine gut laufendes Unternehmen, viel Freunde und was das wichtigste war, einen liebenden Ehemann und zwei wundervolle Kinder. Und so wie es aussah, waren keine dunklen Wolken in Sicht.

 
@Mabra
Schön das du meiner GEschichte weiterhin treu bleibst!
Tja, Oxana ahnt noch nicht, was in den kkmmenden Stunden und Tagen auf sie zukommen wird. Sie hätte ihr Geheimnsi mit insGrab genommen, aber das Schicksal (oder ich :D) wollten das Dominik von ihrer Lüge erfährt. Und so eine Hiobsbotschaft wirkt doch am besten in Momenten, wo alles perfekt schein.
 
Was bisher geschah:
(Zusammenfassung der bisherigen Kapitel)

Vor über 15 Jahren kam ich in die Sierra Simlone, weil ich den Kontakt zu meiner Familie nicht mehr ertrug. Mein Vater hatte mich aus dem Haus geworfen und ich war nicht bereit ihm zu verzeihen. In der kargen Wüste im Süden der SimNation fand ich ein neues Zuhause, fernab meines Vaters und meiner restlichen Familie.

Dadurch verpasste ich viele Dinge, die die weitere Entwicklung meiner Familie bestimmten. Insbesondere meine Zwillingsschwester Joanna wurde durch diese Ereignisse zu einer völlig anderen Person. Nach dem Tod meines Vaters erbte sie die Nachfolge unseres „Familienbetriebs“, einer Mafia-ähnlichen Organisation, die weder vor Schmuggel und Diebstahl, noch vor Erpressung und Mord zurück schreckte.

In meiner neuen Heimat bekam ich von all dem nichts mit, bis Joanna eines Tages vor meiner Tür stand und von mir verlangte, sie bei einem Auftrag zu unterstützen. Nie im Leben hätte ich mich darauf eingelassen, wenn sie nicht ein entscheidendes Druckmittel besessen hätte. Meine Zwillingsschwester war nämlich die einzige, die wusste, dass meine älteste Tochter Kinga nicht die leibliche Tochter meines Ehemannes Dominik war, sondern das Ergebnis einer unbedachten Affäre mit Albert, einem verheirateten Mann.
Um meine Ehe nicht aufs Spiel zu setzen, ließ ich mich auf ihren Plan ein und gab mich als meine Schwester aus, als die große Donna Joanna, Patin von SimCity, während sie in der Zwischenzeit einen Einbruch beging. Doch der Einsatz lief nicht wie geplant. Ein betrogener Liebhaber meiner Schwester tauchte auf und entführte mich. Auf grausamste Weise wurde ich von ihm ausgefragt und gefoltert und nur mit Mühe konnte ich mich aus seiner Gewalt befreien. Der Preis meiner Freiheit war aber der Mord an meinem Peiniger.

Ich konnte meiner Schwester nicht verzeihen, dass sie mich in solch eine Lage gebracht und mich zur Mörderin gemacht hatte und brach erneut den Kontakt zu ihr ab.

So schlimm die Entführung und ihre Folgen, sowohl physische, als auch psychische, für mich waren, hatte die ganze Geschichte ein Gutes. Endlich erkannte ich, wie viel mir meine Kinder und meine Familie bedeuteten und wie sehr ich meinen Ehemann doch liebte. Jahrelang habe ich mich nach dem Vater von Kinga verzehrt und beinah wäre ich auch mit ihm zusammen gekommen. Doch bevor ich mich endgültig von Dominik trennen konnte, verunglückte Albert tödlich und kurz darauf stellte ich fest, dass ich erneut Schwanger war. Sowohl Dominik, als auch Albert kamen als Väter in Frage und erneut entschloss ich mich dazu, mein zweites Kind, Klaudia, als die Tochter von Dominik auszugeben. Meine Eheschließung mit Dominik war eher eine Entscheidung der Vernunft gewesen und nur langsam entwickelte sie sich zu wahrer Liebe. Doch als ich erst einmal begriffen hatte, dass ich meinem Mann gegenüber nicht nur tiefe Freundschaft und Respekt entgegenbrachte, sondern ihn wahrhaftig leibte, erfüllten sich all meine Träume.

In wenigen Monaten holte ich all die Liebe und Leidenschaft nach, die ich Dominik zuvor verwehrt hatte. Wir waren eine glücklich Familie, Dominik, Kinga, Klaudia und ich. Meine Jüngste wuchs zu einem lebenslustigen Kind heran und meine Älteste wurde langsam zu einer jungen Frau, die ihre erste Liebe fand und sich bereits Gedanken über ihre Ausbildung und Zukunft machte. Genau aus diesem Grund fuhr sie auch zur Universität La Siesta Tech um in das Unileben hinein schnuppern zu können und sich bereits jetzt für mögliche Stipendien zu bewerben. Für ein bestimmtes Stipendium waren einige medizinische Angaben notwendig. Und da Kinga diese nicht aus dem Kopf wusste, rief sie in der Simlane an. Und das Schicksal sah vor, dass Dominik diesen Anruf entgegen nahm. Auf diesem Weg erfuhr er, dass Kingas Blutgruppe nicht zuließ, dass er ihr leiblicher Vater war.

Kapitel 105: Ungutes Gefühl

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"Guten Tag, Caroline", begrüßte ich unsere Gärtnerin. „Der Garten sieht wieder einmal Tiptop aus.“ "Danke Frau Blech. Herr Linse." Sie lächelte uns freundlich zu, machte sich dann aber sofort wieder an ihre Arbeit. Es mochte zwar nicht so aussehen, aber die wenigen Pflanzen die am Haus wuchsen verlangten sehr viel Pflege. Deshalb war ich sehr froh, dass Caroline mir diese Arbeit abnahm. Dadurch hatte ich mehr Zeit für die Arbeit auf der Farm...oder für einen kleinen Einkaufsbummel wie an diesem Tag. "Dominik wird wieder einen Anfall bekommen, wenn er sieht, wie ich unser Geld ausgebe", scherzte ich. "Genau aus diesem Grund hast du ja auch ihm etwas mitgebracht, Oxana", entgegnete Tristan grinsend. "Und wenn die Sachen ihm nicht gefallen, ich nehme sie gerne."

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Kaum hatten wir von ihm gesprochen, trat Dominik auch schon aus der Haustür. "Ich hab Geschenke für dich!" Während ich die Treppe hoch stieg, hob ich die Einkaufstasche und schüttelte sie. Doch leider zeigte Dominiks Gesicht nicht die erwartete Freude. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht wirklich deuten. Er wirkte irgendwie verwirrt und blieb stumm. Ich bemerkte, wie seine Faust sich krampfhaft ballte und ich wartete immer noch auf irgendeine Reaktion, doch Dominik stand einfach nur da und starrte mich an.

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"Schatz, was ist denn los?", fragte ich mit wachsender Besorgnis in der Stimme. Für einen Moment schien es so, als ob Dominik irgendetwas sagen wollte, doch dann drängte er sich an mir vorbei und lief einfach los. "Dominik, wo willst du hin?", rief ich ihm noch hinterher, doch eine Antwort erhielt ich nicht. Was war denn bloß los mit ihm? Er verhielt sich doch sonst nicht so seltsam.

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Ohne sich umzublicken lief Dominik zur Hauptstraße und verschwand schließlich zwischen den Häusern des Neubaugebiets. "Was ist dem denn über die Leber gelaufen?", fragte Tristan schmunzelnd, nachdem ich ihm ins Haus gefolgt war. Ich schüttelte den Kopf und kratzte mir ratlos die Stirn. "Ich weiß auch nicht. Heute Morgen war noch alles in Ordnung gewesen. Ich hoffe mal, dass er gleich zurück gerannt kommt." Mit einem tiefen Seufzer machte ich meinen Unmut deutlich. "Toll, und wegen ihm werde ich mir jetzt den halben Tag sorgen machen. Er hätte ja wenigstens sagen können, dass alles in Ordnung ist."

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Der Tag zog sich dahin, doch von Dominik fehlte weiterhin jede Spur. Irgendwann rief ich bei seinen Eltern an, doch auch die wussten nicht, wo er war. Immerhin wusste ich so, dass bei meinen Schwiegereltern alles in Ordnung war, genauso bei Gerda und bei Roland, bei denen ich ebenfalls anrief. Trotzdem blieb ich unruhig. Bei der Arbeit auf der Plantage machte ich mir immer wieder Gedanken darüber, was wohl passiert sein mochte? Und irgendetwas musste passiert sein. schließlich lief Dominik nicht grundlos einfach auf und davon.​

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"Hat er sich immer noch nicht gemeldet?" Tristan stand hinter mir. Ich war so in Gedanken gewesen, dass ich ihn nicht kommen hörte und sichtlich zusammenzuckte. "Nein, hat er nicht. Wahrscheinlich ist auch überhaupt nichts, aber ich weiß auch nicht, irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl". "Vielleicht hilft es ja, wenn du dich ein wenig ablenkst?", schlug Tristan vor. "Hans und ich fahren gleich nach Seda Azul. Wir bleiben dort zwei, drei Tage. Tagsüber am Strand brutzeln und nachts die Bars und Discos unsicher machen. Was hältst du davon?"

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Die Antwort konnte er an meinem zweifelnden Gesichtsausdruck ablesen. "Ach komm schon, Oxana, das wird Spaß machen. Klaudia kannst du doch bei ihren Großeltern absetzen und Dominik ist selbst schuld, wenn er einfach so abhaut." Lust hätte ich schon gehabt. Ein paar Tage Urlaub wären sicher nicht schlecht, aber ich konnte nicht weg, solange ich nicht wusste, warum Dominik sich so seltsam verhalten hatte. "Ich habe noch so viel auf der Plantage zu erledigen", redete ich mich deshalb raus und deutete auf die Bäume hinter mir. "Außerdem könnte Kinga anrufen. Ich kann nicht einfach so weg." Tristan wusste, dass es nur Ausflüchte waren, aber er beließ es dabei. Denn um ehrlich zu sein, merkte er, dass mit mir am Strand ohnehin nicht viel anzufangen gewesen wäre.


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"Meinst du nicht, wir sind schon ein wenig zu alt zum Sandburgen bauen?" Hans Kappe meinte diese Frage durchaus ernst, ließ es sich aber nicht nehmen, weiter im Sand zu wühlen. "Ach was", wischte Tristan den Einwand beiseite. "Man ist so alt wie man sich fühlt. Und ich fühle mich gerade keinen Tag älter als 12. Außerdem ist es eh schon dunkel. Uns wird schon keiner entdecken." Als Tristan und Hans am Strand von Seda Azul eintrafen, war die Sonne bereits unter gegangen. Trotzdem wollten die beiden erst einen Abstecher zum Meer machen und wo sie schon einmal hier waren, versuchten sie sich gleich einmal in der Kunst des Sandburgenbauens.

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Das Ergebnis überzeugte leider wenig. Vielleicht ließ es sich bei Tageslicht doch besser bauen? Aber zum Burgenbauen waren die beiden ohnehin nicht hier. Die Nacht war noch jung und ein ordentlicher Espresso würde dafür sorgen, dass sie nicht frühzeitig von Müdigkeit übermannt wurden. "Wie geht’s eigentlich Mika?", fragte Tristan und schlürfte an seinem Kaffee. "Warum ist er denn nicht mitgekommen?" "Da könnte ich genauso gut fragen, wo du Frank gelassen hast", antwortete Hans und zwinkerte Tristan zu, der sich grinsend auf die Unterlippe biss. "Ich schlage vor, wir machen uns dann auch gleich mal auf die Suche nach Ersatz für unsere daheimgebliebenen Männer", beschloss Hans und erhob sich vom Tisch. Tristan leerte hastig die Tasse in einem Schluck und folgte seinem jüngeren Freund.

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Hans stieg die Treppe hinunter und machte interessiert vor einem Feuertänzer halt, der vor einem kleinen Publikum sein Können zum Besten gab. Im Schein des Feuers glänzte der schweißnasse Körper des Mannes und es war ein Anblick, der Hans durchaus zusagte. "Was hältst du denn von dem da? Toller Körper oder?", fragte Hans beeindruckt, doch Tristan seufzte: "Mit dem da habe ich schon beim meinem letzten Auffenthalt hier mit Frank Bekanntschaft gemacht. Leider ist es ziemlich enttäuschend, was sich da so unterm Baströckchen versteckt."

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"Du weißt doch, was man sich über Männer mit großen Autos sagt", erläuterte Tristan weiter. "Das trifft auch auf Männer mit großen brennenden Stangen zu. Da versucht eindeutig jemand einen Ersatz für eine andere, sehr kleine Stange zu finden." "Aber, aber, Tristan", tadelte ihn Hans. "Auf die Größe kommt es doch nicht an". Beide Männer sahen sich an und prusteten dann los. "Ach, ein herrlicher Witz." Tristan musste sich sogar eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Erst als der Feuertänzer und einige der Zuschauer den beiden bereits böse Blicke zuwarfen, konnten sie sich wieder zusammen reißen.

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Einer dieser bösen Blicke gehörte einem jungen Mann, der sofort Tristans Interesse weckte. Braunes, verwuscheltes Haar, eine schlanker Körper und ein Leuchten in den Augen, das Tristan sofort gefesselt hatte. Das Beeindruckendste war aber die Begeisterung und die fast schon kindische Freude, mit der er die Darbietung des Feuertänzers verfolgte. Er lachte, jubelte und klatschte vergnügt in die Hände. Und so wie es aussah, war er allein hier. Zumindest konnte Tristan niemanden entdecken, der zu diesem Burschen zu gehören schien.

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Doch kaum hatte Tristan sich umgedreht, um Hans seine neuste Entdeckung zu zeigen, war der Typ auch schon verschwunden. Im letzten Augenblick entdeckte Tristan ihn dann doch, wie er gerade im Eingang einer kleinen Strandbar verschwand. "Siehe zu und lerne, mein Schüler", erklärte er Hans und lief dann durch den weichen Sand zur Bar. Kaum hatte er die Tür aufgestoßen, entdeckte er den hübschen Braunhaarigen an der Bar...und er war immer noch allein. Ohne weiter darüber nachzudenken setzte er sich auf den nächsten freien Hocker direkt neben ihm und begann mit den Händen auf den Tresen zu trommeln, was die Aufmerksamkeit des Jungen auf ihn lenkte. "Hübsche Männer sollten nicht alleine in dunklen Bars sitzen, sonst werden sie noch von bösen alten Kerlen angemacht", erklärte er grinsend. "Gut für dich, dass ich keiner von denen bin. Du kannst mich Tristan nennen."

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Der Bursche sah ihn befremdet an. "Ja, schön für dich", antwortete er kühl und richtete seinen Blick auf den Barmann, wobei er sein Gesicht so gut es ging hinter seiner Hand versteckte. Tristan machte ein verwirrtes Gesicht. Normalerweise lief das aber anders. Also trommelte er noch ein wenig vor sich hin, aber der Unbekannt machte keine Anstallten, ihn noch einmal zu beachten. Tristan betrachtet ihn von der Seite. Hhm, schwul war er aber. Was das anging, so hatte Tristans Gespür ihn noch nie betrogen. Scheinbar war das aber eine härtere Nuss, als er erwartet hatte. In Gedanken versunken starrte er seine Fingernägel an und überlegte, wie er jetzt weiter vorgehen sollte. Klar, es gab hier auch andere Männer, aber dieser hatte gerade seinen Jagdtrieb geweckt.

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Irgendwann hatte der Unbekannte aber genug davon, ständig von Tristan angeglotzt zu werden und verließ mit seinem Drink kurzerhand die Bar. Hans hatte das ganze Treiben schmunzeln aus einer anderen Ecke der Bar beobachtet. Als der junge Mann das Lokal verlassen hatte, ging er lachend auf Tristan zu. "Oh man, dass hast du ja echt klasse hingekriegt. Mit deinen 36 Jahren solltest du lieber keine Witze über alte Männer machen." Hans kringelte sich vor Lachen. "Und du mit deinen 24 solltest mehr Respekt vor dem Alter haben", entgegnete Tristan empört. "Ich sag’s dir, dieser Kerl steht voll auf mich."

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"Du meinst wohl eher, er steht nur auf dich, wenn er voll ist." Hans grinste immer noch über das ganze Gesicht. Über diesen Wortwitz musste selbst Tristan lachen. "Ich fürchte, heute Nacht wird das nichts mehr, uns zwei schnuckelige Typen für die Nacht zu angeln", gestand Tristan zerknirscht ein. "Schließ nicht von dir auf andere", entgegnete Hans und betrachtete über Tristans Schulter hinweg den Barmann. Tristan folgte seinem Blick und schüttelte dann den Kopf. "Nee, von dem würde ich auch die Finger lassen. Du weißt doch, was man über Männer mit großen Cocktail-Shakern sagt..."​
 
Das war mal wieder ein Auf und Ab!
Nach dem Urlaub hab ich jetzt ganz viele Folgen nachlesen können.
Die "Agentenfolgen" haben mir als Alias-Fan natürlich besonders gut gefallen.
Und über die plötzliche "Sexsucht" von Oxana und Dominik musste ich schmunzeln. Wie schön, dass Oxana sich jetzt doch noch in Dominik verliebt hat. Obwohl ich glaube, sie war es schon die ganze Zeit eigentlich und hat es sich nur selbst nicht eingestehen wollen.
Auch sehr schön, dass du uns an Kingas erster Liebe teilhaben lässt.
Sehr witzig auch die Baggerversuche von Hans und Tristan. Ob vielleicht die beiden noch zusammenkommen, trotz Altersunterschied?
In den Folgen war also mal wieder alles drin, Spannung, Dramatik, Liebe, Spaß.
Und dann zum Schluss wieder der Hammer. Nun ist es also raus, Dominik hat rausgefunden, dass Kinga nicht seine Tochter ist. Sowas musste ja kommen, war doch zu harmonisch.
Jetzt bin ich gespannt, ob die Liebe zwischen Dominik und Oxana stark genug ist, um auch diese Krise zu überstehen. Ich wünsche es den beiden!

Hab ich eigentlich schonmal geschrieben, dass ich süchtig nach deiner Story bin?
 
@SecondJumper
Die Agentenfolgen sind auch in Anlehnung an Alias entstanden. Ich habe diese Serie einfach geliebt und wollte auch mal etwas in diese Richtung schreiben. Die Sexsucht hing einfach damit zusammen, dass Oxana so viel nachzuholen hatte. Und vielleicht hast du Recht damit, dass sie Dominik eigentlich schon lange geliebt hat. Vielleicht hatte sie auch Angst ihn zu lieben, weil sie ihn ja belogen hat, was Kinga betrifft. Und jemanden zu belügen, den man nicht liebt ist vermutlich einfacher.
Kinga wird langsam erwachsen, da wollte ich auch zeigen, wie sie sich entwickelt. Und die erste Liebe gehört da auch zu.
Hans und Tristan haben wirklich viel Spaß am Strand. Aber ein Paar wird aus den beiden nicht. Sie sind einfach nur gute Freunde. Außerdem sind sie glücklich in ihren jeweiligen Beziehungen, auch wenn sie ein etwas lockeres Verständnis von Partnerschaft haben.
Ob die Liebe zwischen Dominik und Oxana stark genug ist, um diese Enthüllung zu verkraften wird sich in den nächsten Updates zeigen. Aber so viel sei schon mal gesagt, es wird für beide ein Gang durch die Hölle.

Vielen Dank für deinen Kommentar. Und schreib ruhig öfter, dass dich meine Story süchtig macht. Das geht runter wie Butter bei mir ;)
 
Kapitel 106: Wie Schuppen von den Augen

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Auch in der Simlane war es dunkel geworden und von Dominik fehlte weiterhin jedes Lebenszeichen. Langsam wurde ich wirklich unruhig und tigerte rastlos durch das fast leere Haus. Um mich etwas abzulenken, setzte ich mich schließlich zu Klaudia ins Zimmer und spielet mit ihr im Puppenhaus. Für einen Moment vergaß ich sogar meine Besorgnis, bis Klaudia mich erneut daran erinnerte. "Wo ist Papa denn? Er wollte heute mit mir Goya dressieren, damit sie Steine in Onkel Tristans Bett legt." Bei dem Gedanken kicherte sie, aber ich sah, dass sie enttäuscht darüber war, dass ihr Papa sie versetzt hatte.

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Und was sollte ich antworten? Etwa, dass ich keine Ahnung hatte, wo Dominik war? Das war zwar die Wahrheit, aber es war eine Wahrheit, die wohl kein Elternteil gerne vor seinen Kindern eingestand. Also erzählte ich ihr einfach, dass Dominik heute bei ihren Großeltern bleiben würde. Zu meiner Besorgnis kam jetzt auch eine leise Wut auf Dominik hinzu. Was fiel ihm einfach ein abzuhauen und kein Wort zu sagen? Und wegen ihm musste ich jetzt auch noch meine Tochter anschwindeln. Ich hoffte für ihn, dass er eine gute Erklärung für das Ganze hatte.



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Ich wartete die halbe Nacht, doch Dominik tauchte nicht auf. In meinem Bett wälzte ich mich unentwegt von einer Seite zur anderen, stand immer wieder auf, um aus dem Fenster zu sehen und Ausschau nach Dominik zu halten. Es wurde Morgen, doch er kam nicht. Vielleicht war ihm ja etwas zugestoßen? Dieser Gedanke ließ mich nicht los. Als Albert damals so plötzlich verschwand war er doch auch mit dem Auto verunglückt. Dieser furchtbare Gedanke setzte sich in meinem Kopf fest und wollte nicht mehr weichen. Ich war schon fest entschlossen die Polizei zu alarmieren, als ich hörte, wie der Schlüssel in der Haustür umgedreht wurde. Sofort lief ich ins Wohnzimmer und ein gewaltiger Stein fiel mir vom Herzen, als ich meinen Mann unversehrt erblickte. Mein Schwiegervater war ebenfalls da. Ich ging auf Dominik zu, um ihn in den Arm zu nehmen. Doch er wich mir aus, noch bevor ich in seine Nähe kam. Verwirrt blickte ich erst ihn, dann meinen Schwiegervater an. "Dominik, Papa, was wird hier gespielt?"

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Doch anstatt mir zu antworten, wand Dominik sich seinem Vater zu. "Dad, könntest du jetzt bitte Klaudia holen und sie zu euch nehmen? Ich komme dann später bei Mom und dir vorbei." Anan nickte stumm. Ich sah meinen Schwiegervater an und erkannte, dass er etwas wusste. Sein Blick war schwer zu deuten, aber ich erkannte so etwas wie Trauer und tiefes Bedauern darin. Und das machte mir Angst. Es wäre nichts ungewöhnliches, wenn Anan seine Enkeltochter am Wochenende zu sich holte, aber Klaudia war noch nicht einmal wach und ich erkannte, dass Dominik sie nur nicht hier haben wollte, für das, was gleich folgen würde.

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Im Raum herrschte ein eisiges Schweigen, dem ich um jeden Preis entkommen wollte, und sei es nur für einen kurzen Moment. Ich ging in Klaudias Zimmer, weckte mein Pummelchen und half ihr dabei, sich fertig zu machen. Anan war mir ins Zimmer gefolgt. Das machte es nicht unbedingt leichter, Klaudia anzuziehen, denn ständig lief sie mir halb angezogen davon, um ihrem Opa irgendetwas zu zeigen. "Macht Oma wieder Spaghetti zum Abendessen? Die sind voll lecker!", plapperte sie munter vor sich hin. "Mami und Papi können doch bestimmt auch vorbei kommen, nicht wahr Mami." Ich lächelte ihr zu und wuschelte ihr durchs Haar. "Klar können Mami und Papi auch kommen. Aber frag Oma Glinda vorher, ob sie auch nichts dagegen hat, zwei weitere Mäuler zu stopfen", antwortete ich ihr.

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Allerdings war ich mir nicht im Geringsten sicher, ob Dominik und ich wirklich bei diesem Essen erscheinen würden. Und ausnahmsweise war nicht meine Schwiegermutter das Problem. "Komm Klaudia, wir gehen hinten rum raus", erklärte Anan. "Dann kannst du dich auch noch einmal von Goya verabschieden." Klaudia lief auch sofort zur Hintertür und verschwand kurz darauf mit dem Kopf voran in Goyas Hundehütte. Wieder entdeckte ich diesen seltsamen Ausdruck in Anans Augen, doch diesmal wurde er zusätzlich von einem traurigen Lächeln begleitet. Er gab mir einen Abschiedkuss auf die Wange und klopfte mir auf die Schulter. "Egal was auch passiert, Oxana. Du bist und bleibst eine Tochter für mich. Vergiss das nicht." Mit diesen Worten folgte er Klaudia in den Garten.

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Ich wusste, dass seine Worte als Trost gemeint waren, aber mir erschienen sie eher wie eine Drohung. Ich spürte das Hämmern meines Herzens in meiner Brust so stark, dass ich Angst hatte, dass mein Brustkorb jeden Moment zerspringen könnte. Auf wackligen Beinen machte ich mich auf den Weg zurück ins Wohnzimmer, aber so weit brauchte ich gar nicht zu gehen. Dominik stand am Esszimmerfenster. Seine beiden Hände waren zu Fäusten geballt und ich konnte genau die angespannten Muskeln seiner Arme erkennen. Er musste mich gehört haben, denn meine Absätze hallten erbarmungslos auf dem glatten Laminatboden. Doch er drehte sich nicht zu mir um und ich wusste nicht, was von mir erwartet wurde. "Dominik, was ist passiert?", fragte ich deshalb, wobei meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern war.

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"Was passiert ist?", langsam drehte er sich zu mir um. Die Wut in seinen Augen ließ mich zurückschrecken. So hatte ich Dominik noch nicht erlebt. Zumindest noch nie mir gegenüber. "Was passiert ist!?", seine Stimme bebte vor Zorn. "Das müsste ich doch eher dich fragen. Sag es mir, Oxana, was genau ist vor fünfzehn Jahren passiert?!"

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Oxana! Der Klang meines eigenen Vornamens aus seinem Mund klang wie eine Beleidigung. So viel Wut und Zorn schwang in diesem einen Wort mit. Und ich verstand einfach nicht warum. Was vor fünfzehn Jahren gewesen ist? Nichts! Da hatte ich ihn gerade erst kennen gelernt. Ich hatte zwar meine Probleme mit Dominik gehabt, aber im Nachhinein betrachtet war es nicht einmal eine schlechte Zeit gewesen. Und ich war schwanger mit Kinga. Kinga! Oh mein Gott, er wird doch nicht etwa erfahren haben...Aber nein, das war unmöglich. Niemand wusste davon. Niemand außer mir und meiner Schwester. Und sie hätte es ihm nicht verraten. Nicht ohne mich vorzuwarnen. Es musste einfach eine andere Erklärung geben. Es wusste!

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Dominik muss sofort erkannt haben, dass ich erraten hatte, worauf er anspielte. Seine Augen formten sich zu engen Schlitzen, die mich wütend anfunkelten. "Ich will es von dir hören, Oxana. Wer ist Kingas Vater!?" Er sprach jedes Wort einzeln, klar und deutlich. Und jedes dieser Worte war wie ein Dolch, der sich tiefer und tiefer in meinen Leib bohrte. Er wusste es, er wusste alles. In meinen Augenwinkel begannen sich die ersten Tränen zu sammeln und plötzlich begann ich zu zittern. "Du bist ihr Vater, Dominik." Ich flüsterte und es kostete mich alle Überwindung, ihm dabei in die Augen zu blicken. Doch noch während ich sprach, wusste ich, dass dies ein Fehler gewesen war.

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"Lüg mich nicht an, Oxana! Lüg mich nicht weiter an!" Dominik brüllte und kam mir dabei gefährlich nah. "Reicht es dir nicht, dass du mich 15 Jahre lang belogen hast? Musst du mich auch noch jetzt belügen?! Mir reicht es, Oxana. Ich kann unmöglich Kingas Vater sein. Unsere Blutgruppen passen nicht zusammen. Ich war deswegen noch einmal extra bei einem Arzt gewesen. Wesens Bastard hasst du mir da untergeschoben?! Sag es mir!!!" Er steigerte sich immer weiter in seine Wut. Um zu verhindern, dass ich mich von ihm abwand, fasste er mein Handgelenk und zwang mich dazu, ihn direkt anzusehen.

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Er merkte nicht einmal, dass sein Griff immer fester wurde. "Dominik, du tust mir weh", wimmerte ich schließlich, als der Schmerz nicht mehr zu ertragen war. Dominik verstand zunähst nicht, bis er meinem Blick zu seiner Hand folgte, deren Knöchel bereits weiß hervor traten. Angewidert ließ er meinen Arm los und ich rieb vorsichtig mein gerötetes Gelenk. Für einen Moment herrschte Schweigen. Mein leises Schluchzen war das einzige Geräusch, was diese Stille durchbrach. "Ich will wissen, wer Kingas Vater ist." Dominiks Stimme klang nun wesentlich beherrschter, aber er war immer noch wütend. "Was spielt das denn für eine Rolle?", fragte ich unter Tränen. "Du bist der einzige Vater, denn sie kennt. Was kümmert dich ein Mann, der vor 15 Jahren für ihre Zeugung sorgte und der seitdem keine Bedeutung mehr hat?"

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Doch Dominik war es nicht egal. "Ist es etwa dieser Kasimir? Man hat sich ja so einiges erzählt über dich und ihn. Ich weiß noch genau, wie die alte Tüller dich ein 'Großstadtflittchen' nannte. Vielleicht hatte sie gar nicht so Unrecht." Solche Worte aus dem Mund des Mannes zu hören, den ich liebte, schmerzten besonders. Aber irgendwo geschah es mir recht. Dominik fing an nervös im Esszimmer umherzulaufen und weitere Männer aufzuzählen, den ich mich bereitwillig hingegeben haben sollte. "Es war bestimmt dieser Langnase! Dieser verdammt Benjamin! Kein Wunder, dass er damals in der Disco so ausgeflippt ist. Ich bringe diesen Typen um. Ich werde ihn umbringen!"

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"Hör auf damit, Dominik. Hör bitte auf!", flechte ich meinen Mann an. "Er ist doch schon längst tot! Er ist doch schon längst tot." Mein ganzer Körper wurde von einem Heulkrampf durchzuckte. Augenblicklich verstummte Dominik und drehte sich zu mir um. Ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Nicht nur das Dominik mich anschrie, auf einmal überwältigte mich wieder die Erinnerung an Albert. Dominik hatte mich nicht oft so aufgelöst gesehen. Lediglich als mein Dad starb, als ich von meiner Entführung heimkehrte und...und nach Alberts Tod. Und auf einmal fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.​
 
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Oh nein, Oxana und Dominik haben mir in der Folge so leid getan.
Und ob das jetzt besser ist, dass Dominik weiß, wer Kingas Vater ist?
Denn nun kommt vermutlich auch raus, dass Oxana lange Jahre ein Affäre mit Albert hatte und ihn so sehr geliebt hat...während sie aber schon mit Dominik verheiratet war.
Das wird noch schrecklich werden, fürchte ich.
Toll geschrieben, und dazu die passenden Bilder. Hab richtig mitgelitten.
 
oje...ob Oxana Dominik damit das Herz gebrochen hat? :(( Sie wird sich hoffentlich was richtig toles einfallen lassen um das wieder gradezubiegen. Und wird es Kinga erfahren? Deine Story ist besser als jede Soap oder Telenovela.Oder...auf jeden genausogut... ;) *give Thump*
 
@Second Jumper
Ich glaube nicht dass es besser ist, das Dominik jetzt weiß, dass er nicht Kingas Vater ist. Trotz der Lüge waren Oxan aund Dominik nämlich göücklich. Und auch Kinga war es. Dominiks Vertrauen in Oxana ist zerstört. Selbst wenn er ihr verzeiht, wird er doch immer wieder zweifel haben, ob sie ihn noch in anderen Dingen belogen hat. Schön, dass dich das letzte update so mitgenommen hat. Es freut mich immer zu hören, dass ich es schaffe, jemanden mit meiner Geschichte zu bewegen.

@Vangrad
Vielen Dank für dein Lob. Mit Kinga wird sich eines der nächsten Kapitel intensiver befassen. Und ja, Oxana hat Dominik das Herz gebrochen. Sein Vetrauen zu ihr ist mit einem Schlag verschwunden. Und sie wird viel Kraft und Mühe aufwenden müssen, um das wieder halbwegs hinzubiegen.
 
Kapitel 107: Kartenhaus

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Er begann zu lachen. Es war kein Lachen der Freude, sonder ein Lachen der Einsicht. "Oh mein Gott! Ich muss total blind gewesen sein." Zuvor hatte er seinen Blick von mir abgewendet, aber jetzt sah er mich wieder an. "Hat es Spaß gemacht mit Albert? Hat es Spaß gemacht sich über den dämlichen Ehemann lustig zu machen, der glaubt, seine Frau würde ihn lieben, während sie sich mit einem anderen im Bett vergnügt?" "Dominik, ich bitte dich, so war das nicht", flehte ich meinen Mann an, aber er schenkte mir gar keine Beachtung. Angewidert wand er den Blick von mir ab. "Wie lange, Oxana? Wie lange ging das?" Er sprach mehr zu sich selbst als zu mir. "Etwa bis zu seinem Tod? Die ganzen sieben Jahre lang? Oh Gott, jetzt verstehe ich überhaupt erst, wieso du so fertig warst nach seinem Tod. Ich dachte es ginge dir um Gerda, aber es ging dir nur um deinen Liebhaber. Und ich habe dich auch noch getröstet. Du hast einen wahren Idioten aus mir gemacht, Oxana." Erneut begann er hysterisch zu lachen.

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Doch sein Lachen ging in ein hörbares Schluchzen über. Meine Tränen, die für wenige Sekunden versiegt waren begannen erneut zu fließen, als ich Dominiks Schmerz fühlte. "Dominik, bitte glaube mir, wenn ich sage, dass ich dir niemals wehtun wollte. Es stimmt, am Anfang habe ich dich nur benutzt, aber ich hätte nie gedacht, dass du mir so viel bedeuten könntest. Ich habe nicht erwartet, dass Kinga und ich dir so viel bedeuten würden. Albert war ein verheirateter Mann. Ich wollte es nicht so weit kommen lassen, aber plötzlich war ich schwanger. Ich konnte es ihm nicht sagen. Das durfte ich Gerda und ihren Kindern nicht antun. Also habe ich einen furchtbaren Fehler gemacht und behauptet, Kinga wäre dein Kind. Damals kannte ich dich kaum. Ich dachte, du würdest nichts von mir und dem Kind wissen wollen. Ich dachte, du würdest uns verlassen. Du hättest einfach aus meinem Leben verschwinden können. Ich brauchte nur einen Erzeuger für mein Kind, damit niemand auf die Idee kam, Albert könnte der Vater sein."

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Dominik schwieg und hört mir einfach nur zu. Aber sein Gesicht blieb ausdruckslos. Ich konnte nicht sagen, ob er verstand, warum ich gehandelt hatte, wie ich es tat. Aber es war mir auch egal. Ich wollte endlich die Wahrheit loswerden. Zu viel Jahre hatte ich mit einer Lüge gelebt, einer Lüge, die nun mein ganzes Leben zu zerstören drohte. Wenn ich für mich und Dominik noch eine gemeinsame Zukunft sehen wollte, dann musste ich ihm jetzt die Wahrheit erzählen. Und zwar die ganze Wahrheit. Zitternd erzählte ich weiter: "Aber du bist bei mir und dem Kind geblieben, Dominik, und dafür liebe ich dich. Ich habe lange nicht erkannt, was ich an dir habe. Ich war geblendet. Ich wollte nicht sehen, dass ich schon den perfekten Mann an meiner Seite hatte. Ich sah nur Albert. Aber Dominik glaube mir, meine erneute Affäre mit Albert begann erst kurz vor seinem Tod. Bis dahin war ich dir immer treu gewesen."

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Dominik hatte mir aufmerksam zugehört und fast schien es so, als ob er mir verzeihen könnte. Doch als ich meine Affäre mit Albert erwähnte, verfinsterte sich sein Blick. "Wie lange ging diese Affäre?", fragte er zwischen zusammengepressten Lippen. "Etwa...etwa ein Jahr", schämte ich mich es zuzugeben. Ein Jahr war eine verdammt lange Zeit. "Wir haben uns allerdings nur alle paar Wochen getroffen, wenn ich auf Viehauktionen und ähnlichem war. Und ich will ehrlich sein, Dominik, wenn Albert nicht ums Leben gekommen wäre, hätte ich dich verlassen. Deshalb bin ich nach seinem Tod auch nach Warschau geflüchtet. Aber dann kamst du und wolltest mich zurück. Du hast um mich gekämpft, das hatte mich beeindruckt, Dominik. Und ich wollte nicht, dass unsere Töchter, insbesondere Klaudia, ohne ihren Vater aufwachsen."

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Es folgte Kein weiterer Wutausbruch. Nein, stattdessen gewannen Trauer und Enttäuschung die Oberhand. Dominik ertrug es erneut nicht mich länger anzublicken. Ich verstand es, auch wenn es schmerzte. "Sieben Jahre, sieben Jahre!", brummelte er immer wieder vor sich hin. "Sieben Jahre hattest du einen anderen geliebt. Und ich hatte nichts gemerkt. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung. Du wirktest glücklich, Brodlowska. Nicht im Traum hätte ich gedacht, dass du unglücklich mit mir warst. Klar, du warst immer zurückhaltend mir gegenüber. Wenn wir miteinander schliefen, dann ging die Initiative immer von mir aus, aber ich hatte weiß Gott nicht das Gefühl, dass du es nicht auch genießen würdest. Bist du wirklich eine solch gute Schauspielerin?"

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Ich schämte mich dafür. Besonders am Anfang fiel es mir schwer, mit Dominik zu schlafen. Aber irgendwann gewöhnte ich mich daran. Irgendwann hatte es einfach aufgehört, unangenehm zu sein. Ich hatte gelernt, im Bett meinen Kopf auszuschalten. Ich gab mich Dominik hin und wanderte in Gedanken zu Albert. Ja, in gewisser Hinsicht war ich eine Schauspielerin gewesen, denn die Freuden die ich empfand, galten lange Zeit nicht ihm, sondern einem anderen Mann. Dominik trat nun doch wieder näher zu mir heran. "Du warst oft kühl, Oxana. Aber auch dafür liebte ich dich. Ich habe dich nie anders kennen gelernt. Ich dachte immer, dass das deine Art sei, dass du es nicht brauchst, ständig geküsst und liebkost zu werden. Wir haben uns auch so super verstanden. Und dann als Kinga auf die Welt kam, hast du sie auch nicht anders behandelt. Du hast sie gut umsorgt, aber mit einer Kühle, die du auch mir gegenüber zeigtest und das war damals der endgültige Beweis für mich, dass du kein Mensch bist, der seine Liebe offen an den Tag legt. Das war in Ordnung für mich, denn ich hatte nie daran gezweifelt, dass diese Liebe für mich vorhanden war. Aber scheinbar habe ich mich getäuscht."

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Er blickte enttäuscht zu Boden. "Es tut mir alles so wahnsinnig leid, Dominik. Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, würde ich es machen", beteuerte ich. "Ich bereue nicht, dass ich dich als Kingas Vater gewählt habe, denn ich hätte keine bessere Wahl treffen können. Aber ich bereue es, dass ich so lange Zeit damit verschwendet habe, einem anderen Mann hinterher zu laufen, obwohl du immer da warst und mich geliebt hast. Ich habe viel zu spät erkannt, dass ich dich auch liebe." Ich sah in Dominiks Augen, dass er mir glauben wollte. Aber das war nicht so leicht. "Und trotzdem hast du eine Affäre mit Albert begonnen. Dabei waren wir schon seit sechs Jahren zusammen. Hatte ich dir in dieser Zeit etwa nicht gezeigt, wie sehr ich dich liebe? Hatte ich dir nicht gezeigt, dass Kinga für mich mein ein und alles war? Du warst sogar schon mit Klaudia schwanger, als deine Affäre mit Albert noch lief."

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Mit einem Mal wich sämtlich Farbe aus meinem Gesicht und ich riss entsetzt meine Augen und meinen Mund auf. Hätte ich anders reagiert, womöglich wäre alles gut geworden, aber jetzt konnte Dominik nicht anders, als seinen vorherigen Gedanken weiter zu denken. Ich war bereits mit Klaudia schwanger, als meine Affäre mit Albert noch lief. Ich hatte diesen Gedanken verdrängt. Schon vor vielen Jahren hatte ich ihn in eine Kiste gepackt und weit nach hinten in mein Gedächtnis verbannt. Und jetzt kehrte er mit einem gewaltigen Knall zurück.

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Zuerst wurde Dominiks Gesicht zu einer steinernen Maske der ungläubigen Fassungslosigkeit. "Sag mir, dass das jetzt ein Scherz ist, Oxana. Sag es mir!" Er fing wieder an zu brüllen und im Gegensatz zu jetzt erschien mir sein letzter Wutanfall wie eine seichte Brise. "Was bist du nur für ein Mensch, Oxana? Hast du überhaupt kein Gewissen? Weißt du überhaupt, was du mir angetan hast? Du hast mir mit einem Schlag beide Kinder genommen. Das mit Kinga kann ich ja noch irgendwo nachvollziehen. Das war eine Kurzschlusshandlung. Aber warum musstest du mir auch noch Klaudia als mein Kind unterschieben? Macht es wirklich so viel Spaß mich zu verarschen?"

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Ängstlich wich ich zurück. Doch der Sessel hinderte mich daran, mich noch weiter von Dominik zu entfernen, dessen Zorn immer weiter anwuchs. Auf die Armlehne gestützt flechte ich ihn an: "Dominik, es tut mir alles so wahnsinnig leid. Ich wollte dich nicht verlieren, deshalb habe ich geschwiegen. Außerdem habe ich gefühlt, dass Klaudia deine Tochter ist. Spürst du es denn nicht auch?" "Du fühltest es? Du fühltest es?! Du wist doch gar nicht, was Gefühle sind!"

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"Ich werde dir zeigen, was Gefühle sind, was Schmerzen sind." Dominiks Hand ballte sich zu einer Faust und er holte aus. Ich schloss einfach nur meine Augen und wartete auf den Schlag. Ich hatte es verdient. Ich hatte ihn belogen, was Kinga anging und ich hatte ihn nicht darüber aufgeklärt, dass Klaudia womöglich gar nicht seine Tochter war. Und ich hatte ihn über Jahre glauben gemacht, dass ich ihn lieben würde. Dabei habe ich mich hinter seinem Rücken mit Albert getroffen. Er hatte alles Recht der Welt mich dafür zu hassen. Und wenn ich dadurch nur einen winzigen Teil der Schuld wieder gut machen könnte, dann hatte er auch das Recht mich zu schlagen.

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Doch er tat es nicht. Im letzten Moment zog er seine Faust wieder zurück. Stattdessen fing er an zu schluchzen. "Verdammt, Oxana. Ich bin nicht einmal Manns genug das durchzuziehen!" Frustriert wendete er sich von mir ab. "Ich bin fertig mit dir, Oxana. Ich ertrage es nicht mehr, in deiner Nähe zu sein. In diesem Haus hält mich nichts mehr. So wie es aussieht, sind meine beiden Töchter keine Blechs, sondern Kappes. Und du, du hast mich lange genug zum Narren gehalten. Such dir jemand Neues dafür. Ich habe genug von diesem Spiel." Er hatte die ganze Zeit mit dem Rücken zu mir gesprochen. Und ohne sich auch noch ein letztes Mal zu mir umzudrehen, schritt er durch die Esszimmertür.

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Und lief dabei direkt in Kingas Arme. Meine ältere Tochter stand in der Tür, ihr Gepäck neben sich gestellt und blickte ihren Vater verwirrt an. "Was soll das heißen, Papa, Klaudia und ich seien keine Blechs, sondern Kappes?" Die Kraft wich aus meinen Beinen und ich sackte wie betäubt in den Sessel. Kinga hatte also mitgehört. Wahrscheinlich nur das Ende unseres Streits, aber das war mehr, als sie hätte hören sollen. Dominik blickte seine Tochter an und musste nicht, was er sagen sollte. "Ich...ich muss jetzt gehen", stammelte er verwirrt. "Frag am besten deine Mutter."

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Ähnlich wie er es am Morgen schon bei mir getan hatte, schob er sich ohne weitere Erklärung an seiner Tochter vorbei und verließ das Haus. Kinga stand einige Sekunden wie angewurzelt da. Dann lief sie zu mir ins Esszimmer. Doch ich starrte nur wie hypnotisiert ins Leere. Ich reagierte nicht einmal auf Kingas Rufe. Also lief sie zurück auf die Veranda. "Papa, komm zurück! Du kannst doch nicht einfach so verschwinden. Ich will wissen was hier los ist! Papa, bitte komm zurück." Doch auch Dominik reagierte nicht auf ihre Rufe und entfernte sich mit gleichmäßigen Schritten vom Haus.

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"Mama! Mama!" ich zuckte zusammen und blickte in das Gesicht von Kinga, die schon eine Weile vor mir stand und nach mir rief. Ich hatte sie einfach nicht gehört. Mein Tränenverschmiertes Gesicht war ihr nicht entgangen und da sie den Streit mitbekommen hatte, wusste sie, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war. "Was hast du getan, Mama? Was hast du gemacht, dass Papa weg gegangen ist?" Es waren harte Worte des Vorwurfs, die mich trafen. "Und was meinte Papa damit, dass ich keine Blech sei? Warum hat er so etwas gesagt?"

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"Weil es die Wahrheit ist, Kinga". Augenblicklich verstummte meine Tochter. "Dominik ist nicht dein Vater. Und was deine Schwester angeht, so bin ich mir nicht sicher. Aber dein Vater...ich meine Dominik...ist überzeugt, dass er es nicht ist." Ich konnte Kinga nicht einmal in die Augen sehen, als ich sprach. Was ich dort gesehen hätte, wäre wachsender Zorn und Enttäuschung. Von beidem hatte ich an diesem Tag schon genug gesehen. Kinga würde ohnehin bald alles erfahren, also konnte ich es ihr auch direkt sagen: "Albert Kappe ist dein leiblicher Vater. Und möglicherweise ist er auch Klaudias Vater. Aber das spielt doch ohnehin keine Rolle mehr. Dein Vater hat uns verlassen."

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"Du Lügst mich an, Mutter!", warf Kinga mir wütend vor. "Papa ist mein Vater. Das hast du dir doch bloß alles ausgedacht." Doch ich schüttelte lediglich traurig den Kopf. "Nein, Kinga. Albert ist dein Vater." Aber Kinga wollte nicht auf mich hören. "Nein, nein, nein!", schrie sie immer wieder. "Das hast du alles erfunden. Du wolltest doch nur, dass Papa und verlässt. Du wolltest, dass er uns nicht mehr liebt. Ich hasse dich dafür, Mutter. Ich hasse dich!"

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Es war seltsam, aber Kingas bittere Worte perlten einfach an mir ab. Als sie merkte, dass ich zu keiner weiteren Reaktion mehr bereit war, drehte sie sich schreiend um und rannte in ihr Zimmer. Die Tür schloss sich mit einem gewaltigen Knall, kurz darauf hörte ich, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Ich blieb einfach in dem Stuhl sitzen und starrte weiterhin in die Leere. In wenigen Stunden war mein gesamtes Leben wie ein Kartenhaus in sich zusammen gebrochen.
 
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Hi Steve,

du hast mich da glaube ich etwas falsch verstanden und ich hab mich auch wohl mißverständlich ausgedrückt.
Ich glaube nicht dass es besser ist, das Dominik jetzt weiß, dass er nicht Kingas Vater ist.
Also ich wollte eigentlich ausdrücken, dass es die Sache eher noch schlimmer macht, wenn er jetzt weiß, dass ausgerechnet Albert der Vater ist.
Und so war es dann auch. Oxana scheint unter Schock zu stehen, sonst hätte sie sicher nicht so scheinbar gleichgültig auf Kinga reagiert. Im Moment sieht es nicht so aus, als würden Dominik und Oxana sich jemals wieder versöhnen können.
Aber Oxana ist eine Kämpferin, ich hoffe sie kämpft jetzt um ihre Liebe!
 
Ohje, na das musste ja früher oder später so kommen *seufz* Hoffentlich finden die beiden wieder zueinander :( Sie waren so ein tolles Paar.

Du machst es aber verdammt spannend :D Schreib bloß schnell weiter :)

Liebe Grüße
BlackEve
 
@SecondJumper
Ich weiß gar nicht so sehr, ob es Dominik interessiert, wer Kingas Vater ist. Für ihn ist die Hauptsache, dass er es NICHT ist, und das macht ihn einfach fertig. Ich glaube er wäre genau so enttäuscht von Oxana und genau so sauer auf sie, wenn Kinga von Kasimir oder Benny oder einem ganz anderen Mann wäre.
Oxana sieht ihre ganze Welt zerbrechen. Sie ist momentan nicht in der Lage zu reagieren, weil ihr nicht einma eien Idee kommt, wie sie diese Situation wieder in Ordnung bringen könnte. Aus ihrer Sicht ist jetzt alles vorbei und es hat keinen Sinn mehr, sich noch um Schadensbegrenzung zu bemühen.
Wie das in einigen Tagen sein wird, werden wir bald erfahren.

@Black Eve
Ja, so ein Geheimnis konnte einfach nicht für immer geheim bleiben. Ob die beiden wieder zusammen kommen, hängt jetzt maßgeblich von Dominik ab. Sein Vertrauen in Oxana wurde in den Grundfesten erschüttert. Mit einer einfachen Entschuldigung von ihr wird sich das nicht wieder zurück bringen lassen.
 
Kapitel 108: Geniale Anmachsprüche

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Tristan ahnte nichts von den Turbulenzen, die gerade die Simlane erschütterten. Er genoss es einfach, am Strand zu liegen, dem Meeresrauschen zu lauschen und sich zu sonnen. Mit ein wenig Sonne sah sein blasser Hautton nicht ganz so schweinerosa aus. Außerdem konnte er jetzt gut eine Mütze schlaf gebrauchen. Auch wenn Hans und er letzte Nacht keine Typen mehr abgeschleppt hatten, haben sie noch bis in die frühen Morgenstunden in einer Stranddisco verbracht. Tristan war fast schon eingedöst, als Hans ihn mit einer Muschel bewarf. "Hey Tristan, schau mal, wer da gerade ins Wasser steigt."

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Tristan hob müde seinen Kopf. Allerdings wurde er sofort hell wach, als er den braunhaarigen Schnuckel vom letzten Abend entdeckte. Zaghaft tauchte der junge Mann in schwarzer Badehose seine Beine in das kühle Nass. Bis zur Hüfte ging es auch ganz gut voran, doch als es darum ging, den Rücken einzutauchen, stellte er sich auf die Zehnspitzen, um dem kalten Wasser möglichst lange auszuweichen. Doch es nütze nicht viel. Bereits die nächste Welle erfasst ihn und hüllte seinen kompletten Körper ein. Nur der braune Wuschelkopf blieb über Wasser.

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Tristan zögerte nicht lange und stieg ebenfalls ins Wasser. Allerdings viel der Einstieg gleich doppelt schwer, denn sein Körper war von der Sonne schön aufgeheizt und das Wasser wirkte gleich um einiges kälter. Aber da musste er durch. Erst einmal eingetaucht, war die Kälte kein Problem mehr und er schwamm auf den Unbekannten zu. Im Vorbeischwimmen begrüßte er ihn: "Hallo widerspenstiger Braunschopf. Wie ich sehe, bist du heute wieder ganz einsam unterwegs. Redest du heute mit mir?" Der Bursche sah ihn verwirrt an, grinste aber. Trotzdem war er nicht so gesprächig, wie Tristan gehofft hatte. "Hallo, aufdringlicher Rotschopf und tschüss", erwiderte er und schwamm in eine andere Richtung weiter.

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Das lief irgendwie schon wieder nicht so wie geplant. Tristan hätte den jungen Mann hinterher schwimmen können, aber irgendwie zweifelte er daran, dass er auf diese Art und Weise Erfolg haben würde. Vielleicht war er doch nicht so gut im Männer aufreisen, wie er bisher gedacht hatte. Irgendwie war es viel leichter, sich von den Typen anmachen zu lassen. Missmutig stieg er aus den Wellen. Jetzt musste er sich wieder neu eincremen, ansonsten hätte er bei seiner Haut gleich einen Sonnenbrand. Und Wasser im Ohr hatte er zu allem Überfluss auch noch.

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Hans döste immer noch in der Sonne. Doch irgendwie hatte Tristan keine Lust mehr, tatenlos in der Sonne zu braten. Er cremte sich schnell neu ein und spazierte dann barfuss am Strand entlang. Einige hundert Meter von seinem Handtuch entfernt, entdeckte er schon wieder den Braunhaarigen. Er saß im Sand und formte mit seinen Händen einen Hügel, der wohl eine Burg darstellen sollte. „Er ist wirklich noch verdammt jung", dachte sich Tristan, aber das war eigentlich kein Hinderungsgrund. Er stellte sich dem Burschen genau in die Sonne, so dass ein Schatten auf diesen viel und er zu Tristan hoch sehen musste. "Hau bitte nicht gleich wieder ab", flehte Tristan ihn an. "Ich beiße wirklich nicht. Soll ich dir vielleicht beim Sandburgenbau helfen?" Der Junge seufzte einmal, klopfte dann aber auf den Sand neben sich um Tristan zu zeigen, dass er sich setzen durfte. "Ich bin übrigens Tristan, nur falls du meinen Namen vergessen haben solltest". "Nein, habe ich nicht", grinste der Braunhaarige. "Ich heiße Stev".

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Die Welt hatte schon schönere Sandburgen gesehen und so fiel es Stev auch gar nicht schwer, diese wieder zu zerstören, nachdem Tristan und er ihr Werk vollendet hatten. Kaum war er wieder aufgestanden, grummelte es heftig in seiner Magengegend. "Da hat wohl jemand Hunger", lachte Tristan, insbesondere, da Stev unverzüglich rot anlief. "Komm ich lade dich ein." Doch Stev lehnte freundlich ab. "Nein, ich zahle selber. Aber ich habe nichts dagegen einzuwenden, wenn du mir beim Essen Gesellschaft leistest."


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Eine Snackbar fanden die beiden gleich in ihrer Nähe. "Bist du ehrlich ganz alleine hier?", fragte Tristan, während sie ihr Teriyaki Mahi-Mahi verspeisten. "Ja", bestätigte Stev. "Ich hab vor einigen Wochen meinen Abschluss in Biotechnologie an der Uni in Paderbrunensis gemacht. Und jetzt wollte ich einfach mal entspannen. Ich bin einfach in den Bus gestiegen und hier her gefahren, ohne groß nachzudenken. Um ehrlich zu sein, habe ich überhaupt keinen Plan, was ich weiter machen will. Im Moment habe ich nicht einmal eine Wohnung, da ich nach dem Studium das Wohnheim verlassen musste. Na ja, etwas Geld ist noch übrig und wenn das erst einmal alle ist, dann suche ich mir irgendwo einen Job. Ich will erst einmal was komplett anderes machen, als ich gelernt habe. Kannst mir glauben, die Arbeit im Labor hängt einem nach ein paar Monaten echt zum Hals raus."

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"Das kann ich nachvollziehen", bestätigte Tristan. "Ich Arbeite für eine Ölgesellschaft und der Job ist meist auch alles andere als abwechslungsreich. Tja, wenn ich du nur nicht so viel Geld verdienen würde...Aber jetzt mal was anderes. So ganz alleine hier rumzuhängen ist doch irgendwie auch öde. Hast du nicht Lust, dich meinem Kumpel Hans und mir anzuschließen? Wir wollten noch so ein, zwei Tage hier bleiben." "Aber nur mit euch abhängen, ja?", fragte Stev skeptisch. "Ich bin doch sicher vor weiteren deiner genialen Anmachsprüche?" Tristan zog eine Schnute, lachte dann aber sofort wieder. "OK, geht klar. Von jetzt an lasse ich dich in Ruhe. Aber wenn du deine Meinung noch mal ändern solltest, sag nur bescheid. Meine richtig guten Sprüche konnte ich noch gar nicht zum Besten geben."

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Also war es beschlossene Sache. Hans hatte nichts einzuwenden, als Tristan mit Stev im Schlepptau wieder bei den Strandtüchern auftauchte. Hans fand Stev selber ganz niedlich und da dieser ja anscheinend nicht an Tristan interessiert war, so konnte er ja seine Chancen ausloten. Stev genoss es auch richtig, nicht mehr alleine unterwegs zu sein. Ruhe und Einsamkeit waren vielleicht für ein, zwei Tage gut, auf Dauer brauchte er aber doch Gesellschaft. Außerdem kannten Tristan und Hans sich hier aus. Die Rollschuhbahn hätte Stev beispielsweise nie alleine entdeckt, so versteckt wie sie lag. Allerdings bereute anschließend insbesondere Hans, dass er sich zum Fahren nicht umgezogen hatte. Seine aufgescheuerten Knie sprachen Bände.

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Ansonsten verbrachten sie den Tag damit, in der Hängematte zu faulenzen, am Strand nach Muscheln zu suchen und sich regelmäßig zu wenden, um eine gleichmäßige Bräune zu erreichen. Selbst das war zu dritt lustiger als alleine, musste Stev eingestehen. Außerdem ließ es sich mit den beiden anderen wunderbar anderen Männern hinterher schauen und anschließend die Beurteilungen auszutauschen. Nur gut, dass keiner den dreien dabei zuhörte.

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Am Abend stand dann ein Besuch in der Stranddisco an. Nur zu gerne hätte Hans einmal selber mit Stev getanzt, doch dazu hatte er keine Gelegenheit. Tristan und Stev klebten auf der Tanzfläche wie zwei Kletten aneinander. Zudem musste Hans feststellen, dass Stev Tristan gar nicht so abgeneigt war, wie es zunächst den Anschein hatte. Zumindest beobachtete Hans immer wieder, wie Stev seine Hand auf Tristans Brust legte und sie dort länger verweilen ließ, als es beim Tanzen normal gewesen wäre. Eifersüchtig war er deswegen nicht. Tristan hatte diesen Braunschopf ohnehin als erster entdeckt. Und es gab ja auch noch andere Männer auf der Tanzfläche.



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Die Sonne war längst untergegangen. Zuvor hatte sie den Himmel in ein kräftiges Orange getaucht. Doch für die Schönheit solcher Naturschauspiele hatte ich kein Auge. Selbst ohne die wärmenden Strahlen blieb die Luft angenehm warm. Und trotzdem fror ich. Ich zitterte am ganzen Körper und auch das wärmende Feuer im Kamin schaffte es nicht, die Kälte aus meinem Körper zu vertreiben. Den ganzen Tag hatte ich im Esszimmer gesessen und die Eingangstür angestarrt. Wie sehr hatte ich mir gewünscht, dass sie aufschwang und Dominik vor mir stand, breit grinsend, als ob nichts passiert wäre. Doch sie blieb verschlossen.

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Dafür schwang die Tür zu Kingas Zimmer auf. Sie kam auf mich zu, ihr Gesicht tränenverschmiert. Ich wusste, dass sie geweint hatte. Ich habe ihr Schluchzen immer wieder durch ihre Zimmertür hindurch gehört. Ich hatte überlegt zu klopfen, doch was hätte ich ihr schon sagen können? Nein, es war gut, wenn sie sich erst einmal ausweinen konnte. Es gab ohnehin nichts was ich hätte sagen oder tun können, um ihren Schmerz zu lindern. Sie war wütend auf mich, ihr Blick voller Zorn. Ich verstand es, schließlich hatte ich nicht nur Dominik, sondern auch sie betrogen. "Ich gehe jetzt zu Papa", sagte sie trotzig und versuchte sich an mir vorbei zu drängeln.

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Es dauerte eine Weile, bis ihre Worte meinen Verstand erreicht hatten. Als ich begriff, was sie vorhatte, griff ich nach ihrem Handgelenk und hielt sie zurück. "Das kannst du nicht machen, Kinga", erklärte ich müde. "Lass deinem Vater Zeit. Er wird sich schon bei dir melden, wenn er dazu bereit ist. Außerdem weißt du doch gar nicht, wo er ist." "Lass mich los, Mutter", schrie Kinga und entriss mir ihre Hand. "Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich werde Papa schon finden. Und dann werde ich bei ihm bleiben. Er hasst nur dich, Mutter, nur dich! Mich wird er nicht fortschicken. Ich werde bei ihm bleiben können."

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Ich hoffte, dass sie Recht behielt. Ich hoffte, dass Dominik sie weiterhin so lieben würde, als wäre sie seine leibliche Tochter. Ich hoffte, dass nicht Kinga für meinen Fehler bezahlen musste. Aber ich hoffte eben nur, ich wusste es nicht. Ich konnte nicht sagen, wie Dominik reagieren würde und in diesem Moment war es das Wichtigste für mich, meine Tochter zu beschützen. "Du wirst nirgendwo hin gehen, Kinga", erklärte ich entschieden. Doch Kinga blieb trotzig. "Ich gehe wohin ich will! Mit dir bleibe ich keinen Augenblick länger unter einem Dach!" "Ich bin deine Mutter und du wirst tun, was ich dir sage. Geh auf dein Zimmer, Kinga! Geh sofort auf dein Zimmer!" Ich schrie meine Tochter an, so sehr wie ich sie noch nie zuvor angeschrien hatte. Und es tat mir weh, aber ich sah keinen anderen Ausweg.

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Kinga tat, was ich ihr befohlen hatte. Ich konnte zwar all den Trotz und die Wut in dem Blick erkennen, den sie mir zuwarf, aber sie widersprach mir nicht. Sie war kein Kind mehr und vielleicht erkannte sie ja, weshalb ich eben so reagiert hatte. Allerdings bezweifelte ich das. Ich war müde, so unendlich müde. Aber ich wusste, dass ich in dieser Nacht wieder kein Auge zubekommen würde. Dafür war ich zu aufgewühlt. Wenn Kinga schon so aufgebracht reagierte, wie sollte ich dann erst Klaudia erklären, was passiert war?​
 
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Kapitel 109: Geständnis

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Dingdong! Dingdong! Erschrocken riss ich meine Augen auf. Wie spät war es? Draußen schien bereits die Sonne. Ich muss irgendwann doch noch eingenickt sein. Als ich das letzte Mal auf die Anzeige des Weckers sah, war es kurz vor sechs gewesen. Dingdong! Die Türklingel, da war das Geräusch schon wieder. Hastig richtete ich mich auf um zu erfahren, wer da vor der Tür stand.

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Mein Herz setzte aus, als ich Gerda vor der Tür stehen sah. Konnte es sein, dass sie es schon gehört hatte? War es möglich, dass sie erfahren hatte, dass ich nicht nur eine Affäre mit ihrem Mann gehabt hatte, sondern auch noch ein, womöglich sogar zwei Kinder mit ihm hatte? Die Affäre mit Albert hatte sie mir verziehen, aber würde sie mir auch das verzeihen können? Ich bat meine Freundin herein, was bleib mir auch anderes übrig? Sie lächelte zuerst, doch dann wurde sie stutzig. "Oxana, ist etwas passiert? Du siehst heute nicht gut aus.“

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Also wusste sie noch nichts. Erstaunlicherweise war ich nicht erleichtert, denn jetzt musste ich ihr alles beichten. Aber es war sicher besser, wenn sie es von mir erfuhr, als wenn sie es irgendwo auf der Straße aufschnappte. Aber wie sollte man so etwas seiner Freundin beichten? "Gerda, du weißt, dass ich Albert geliebt habe." Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. "Dominik wusste es nicht. Ich wollte nicht, dass er es jemals erfährt, doch das hat er nun. Und nicht nur das, Gerda, er hat noch mehr heraus gefunden." Ich schloss meine Augen, als ob ich dadurch Gerdas Reaktion entkommen könnte, aber ich konnte ihr dabei einfach nicht ins Gesicht blicken. "Kinga sie ... sie ist nicht Dominiks Tochter. Albert ist ihr Vater."

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Stille. Keine Reaktion war auf Gerdas Gesicht erkennbar. Nur langsam bewegte sie sich nach hinten und sank auf das Sofa, den Blick immer starr nach vorne gerichtet. Ich dachte jeden Moment in Ohnmacht fallen zu müssen. Das Schweigen war schlimmer als jedes Geschrei, dass sie hätte von sich geben können. "So lange also schon", murmelte sie. "Ich wusste, dass er fremdging. Ich habe es die ganze Zeit gewusst. Aber ich dachte immer, es wäre nur Sex und er würde mich lieben. Aber er hat schon damals mit dir geschlafen und...und er hat dich geliebt, nicht mich."

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Beschämt setzte ich mich neben sie. "Ich weiß, dass es dadurch nicht besser wird, aber wir haben damals nur dieses eine Mal miteinander geschlafen. Ich hätte es niemals so weit kommen lassen dürfen, aber es ist passiert. Albert hat nie erfahren, dass Kinga seine Tochter ist. Ich konnte es ihm nicht sagen. Ich konnte doch nicht zulassen, dass wegen mir deine Ehe zerbricht, Gerda. Ich habe versucht Albert zu vergessen, aber ich schaffte es nicht. Inzwischen war Kinga schon lange zu Dominiks Tochter geworden. Selbst wenn dieser schreckliche Unfall nicht gewesen wäre, wenn Albert und ich doch noch zusammen gekommen wären, ich hätte ihm die Wahrheit nie gesagt." Gerda blickte mich an. Noch immer konnte ich nicht feststellen, was in ihr vorging. "Es war wirklich nur das eine Mal?", fragte sie schließlich. "Ich schwöre es, Gerda, bei allem was mir heilig ist."

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"Albert und ich haben erst ein Jahr vor eurem Unfall begonnen uns wieder zu treffen." Auch wenn Gerda von mir und Albert wusste, fiel es mir schwer in ihrer Gegenwart von meiner Beziehung zu ihm zu sprechen. Auch wenn sie mir versichert hatte, dass sie mir diese Beziehung nicht zum Vorwurf machte, fühlte ich mich schuldig. "Und in eben dieser Zeit bin ich zum zweiten Mal schwanger geworden. Mein Gefühl hat mir immer gesagt, dass Dominik Klaudias Vater ist. Dieses Gefühl war so stark, dass ich es nie angezweifelt habe. Aber wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, Gerda, dann kann ich nicht mit Gewissheit ausschließen, dass nicht doch Albert der Vater ist." Gerda faltete die Hände vor ihrem Gesicht zusammen und schloss die Augen. Ich hatte alles gesagt, was es zu sagen gab. Ich konnte nicht erwarten, dass sie mir erneut so großzügig verzieh, auch wenn ich es mir sehr gewünscht hätte. Ich wollte nicht auch noch sie verlieren.

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"Es tut mir leid, Gerda", fügte ich deshalb leise hinzu. "Es tut mir leid, dass ich dir über all die Jahre die Wahrheit verschwiegen habe. Aber ich dachte, so wäre es das Beste für alle. Für dich, für deine Kinder, für meine Kinder, für Dominik. Ich hatte nie vor, euch zu verletzen." Gerda erhob sich langsam vom Sofa. "Ich werde dann jetzt gehen", sagte sie, ohne auf mein Geständnis einzugehen. Sie war schon halb zur Tür raus, als sie sich wieder umdrehte. "Jetzt hätte ich fast vergessen, warum ich hier bin", sie lächelte geistesabwesend. "Miranda heiratete in zwei Monaten. Du und Dominik, ihr seid eingeladen. Und Kinga und Klaudia natürlich auch. Schließlich sind es...es sind ihre Schwestern. Aber...aber ich sollte jetzt wirklich gehen."

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Es zerriss mir mein Herz, Gerda in diesem verwirrten Zustand zu sehen. Aber ich wusste nicht, was ich dagegen unternehmen sollte. Ich hatte schon genug angerichtet und mit jedem Versuch es besser zu machen, wurde es nur noch schlimmer und schlimmer. Das einzige was mir jetzt zu tun blieb, war beten. Ich blickte in den Spiegel und sah mein müdes Gesicht. Jeder konnte sehen, dass ich litt und das wollte ich nicht. Ich war ja selber Schuld und ich wollte kein Mitleid. Mit ein wenig Make-up überdeckte ich die Spuren meiner Verzweiflung so gut es ging. Trotzdem blickte mich immer noch dieselbe, verzweifelte Frau im Spiegel an. Aber ich musste da durch. Das Leben würde weiter gehen und der nächste Schritt bestand darin, Klaudia über die neue Situation aufzuklären.

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Klaudia war immer noch bei ihren Großeltern. Ob Anan und Glinda schon alles wussten? Mein Schwiegervater hatte schon gestern durchblicken lassen, dass er wusste, dass etwas zwischen Dominik und mir nicht in Ordnung war. Aber hatte er da schon wirklich gewusst, dass Kinga nicht sein leibliches Enkelkind war? Ich fürchte, in dem Fall wäre er nicht so nett zu mir gewesen. Ich fürchtete mich davor, jetzt mit meinen Schwiegereltern zusammen zu treffen, trotzdem verließ ich die Simlane und ging mit flauem Magen das kurze Stück zu ihrem Haus. Bereits aus der Ferne erkannte ich meinen Anan, der die Morgenzeitung ins Haus holte, so, als ob es ein Tag wie jeder andere wäre.

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Ich verlangsamte meinen Schritt. Ich wusste, dass es dumm war, aber irgendwie wollte ich die Begegnung hinauszögern und sei es nur um ein paar Sekunden. Doch Anan entdeckte mich sofort und begrüßte mich mit eben jenem traurigen und enttäuschten Blick, vor dem ich mich gefürchtet hatte. "War Dominik gestern noch hier? Hat er euch alles erzählt?", fragte ich beschämt. Anan nickte. "Er war kurz hier gewesen und hat mit mir gesprochen. Danach hat er sich ein Taxi gerufen und ist einfach davon gefahren. Du verstehst sicher, dass er nicht will, dass du weißt wo er jetzt ist." Ich nickte stumm.

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"Wenn er wieder anrufen sollte, kannst du ihm dann bitte sagen, dass es mir leid tut?", bat ich meinen Schwiegervater. "Ich wollte ihn nie verletzen. Ich wollte euch alle nicht verletzen, aber irgendwie hatte sich alles verselbstständigt und ich sah keinen Weg mehr zurück." Anan lächelte bekümmert. "Ich werde es ihm ausrichten. Aber Dominik ist Verletzt und Enttäuscht und das sehr. Ich bin mir nicht sicher, ob er dir wird verzeihen können, Kind." Ich biss mir auf die Unterlippe und kämpfte mit den Tränen. Eigentlich hatte ich das schon selber gewusst, es aber aus dem Mund eines anderen zu hören, machte es auf einmal viel realer.

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Anan sah, wie ich um meine Fassung rang. "Ach, komm her, Kind", sagte er deshalb einfach, zog mich zu sich heran und schloss mich in den Arm. Es tat so gut, einfach nur von jemandem gehalten zu werden. "Oxana, wir machen alle Fehler", flüsterte er in mein Ohr. "Wir sind Menschen und manchmal treffen wir falsche Entscheidungen. Dich dafür zu verurteilen, würde es auch nicht besser machen. Dominik ist mein Sohn und ich wünsche ihm nur das Beste, aber du bist auch meine Tochter, Oxana. Seit 15 Jahren liebe ich dich nun wie mein eigenes Kind und du hast mehr als einmal bewiesen, was für ein guter Mensch du bist. Und auch wenn das, was du getan hast falsch war, gehörst du immer noch zur Familie. Und gib die Hoffnung nicht auf, dass alles gut werden kann."

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Mein Schwiegervater hatte Recht. Vielleicht würde ja doch noch alles gut werden? Vielleicht konnte Dominik mir ja verzeihen? Ich musste ihm einfach Zeit geben. "Was macht die denn hier?", hörte ich Glindas schrille Stimme. Ich seufzte schwer und löste mich von Anan. Meine Schwiegermutter kam aus dem kleinen Gemüsegarten wütend auf mich zugelaufen. "Hast du falsches Biest meinem Nicky nicht schon genug angetan? Ich hatte ihn doch gleich gewarnt, was für ein durchtriebenes Luder du bist! Und jetzt versuchst du dich auch noch bei meinem Mann einzuschmeicheln. Aber so eine wie dich wollen wir hier nicht haben! Nimm dieses Kind und verschwinde von unserem Grund und Boden. Ihr seid hier nicht mehr willkommen."

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"Dieses Kind? Dieses Kind!?" Mir platze der Kragen. So viel Jahre hatte ich mich von Glinda schikanieren lassen. Aber jetzt ging sie zu weit. Es war eine Sache, wenn sie mich beleidigte, aber sie hatte kein Recht dazu, auch meine Kinder schlecht zu machen. "Dieses Kind heißt Klaudia und sie ist deine Enkeltochter. Du hast sie gehalten als sie ein Baby war, du hast ihre Windel gewechselt und sie ist bei dir ein und aus gegangen, als ob hier ihr zweites Zuhause wäre. Und das soll jetzt alles vorbei sein? Du hast sie ja wohl nicht mehr alle, Glinda. Auch wenn Dominik nicht ihr leiblicher Vater sein sollte, so bleibt Klaudia doch deine Enkelin. Und genauso ist es mit Kinga! Hass mich, wenn du willst. Gib mir an allem die Schuld, ich habe es verdient. Aber lass deine Wut nicht an deinen Enkeltöchtern aus. Hast du mich verstanden, Glinda!?"

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Glindas Gesicht lief purpurrot an. Dann schnaufte sie und ging ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen ins Haus. "Es tut mir leid, Kind", entschuldigte Anan sich bei mir für seine Ehefrau. "Glinda wird sich wieder beruhigen. Du kennst sie doch. Ich gehe dann und hole Klaudia. Und zögere nicht, mich anzurufen, wenn ich auf die Kleine aufpassen soll. Denn du hattest Recht mit jedem deiner Worte. Die zwei bleiben unser Enkel, egal was passiert."

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Ich war dankbar dafür, dass mein Schwiegervater immer noch zu mir hielt. Das war nicht selbstverständlich. Er war schon lange mehr für mich, als bloß Dominiks Vater. Meine beiden Väter waren tot und da ist Anan im Laufe der Zeit ganz von selbst zu einem Ersatzvater für mich geworden, den ich nicht mehr missen wollte. "Mami, warum war Oma so böse?" Klaudias Frage riss mich aus meinen Gedanken. Für einen Moment überlegte ich, ob ich ihr die Wahrheit oder eine Notlüge erzählen sollte. Aber vom Lügen hatte ich genug und früher oder später kamen Lügen immer ans Tageslicht, dass hatte ich in den letzten Tagen gelernt.

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Ich beugte mich zu ihr hinunter. "Oma ist böse, weil Mami etwas sehr schlimmes gemacht hat, Pummelchen. Du weißt doch, dass man nicht lügen darf? Mami hat sich daran nicht gehalten und sehr vielen Menschen damit wehgetan." "Was hast du denn angestellt", fragte Klaudia mit so besorgter Stimme, dass es mich zweifeln ließ, ob ich wirklich erst eine Siebenjährige vor mir stehen hatte. "Ich habe deinen Papi angelogen. Und er ist jetzt sehr böse auf mich. Er wird erst einmal nicht nach Hause kommen, Kleines. Aber das ist ganz bestimmt nicht die Schuld von dir oder deiner Schwester. So etwas darfst du nicht glauben, Pummelchen. Daran ist Mami ganz alleine Schuld. Und auch wenn dein Papi erst einmal nicht da ist, darfst du nicht vergessen, dass er dich trotzdem ganz doll lieb hat."

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"Aber er kommt doch wieder, oder Mami?" Ich strich Klaudia über den Kopf und drückte sie an mich. "Ich...ich bin mir nicht sicher." Es kostete mich viel Überwindung, Klaudia so offen zu antworten. Noch mehr Überwindung kostete es mich, ihr den wahren Grund dafür zu nennen, warum Dominik verschwunden war. "Du weißt doch, dass die Papas den Mamas die Babys in den Bauch legen." Klaudia nickte. "Und ich habe deinen Papa erzählt, dass er mir Kinga in den Bauch gelegt hätte. Aber das war ein Lüge. Ein anderer Mann hat das gemacht, Onkel Albert, der von den Fotos. Und deinen Papa so anzulügen, war das Schlimmste, was ich machen konnte. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob dein Papa dich in meinen Bauch gelegt hat. Vielleicht, aber nur vielleicht, war es Onkel Albert. Und darüber ist dein Papa auch sehr traurig."

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"Heißt das, dass Papi vielleicht gar nicht mein Papa ist?" "Ja", hauchte ich kraftlos. "Aber auch wenn er dich nicht in meinen Bauch gelegt hat, wird er dein Papi bleiben." Ich drückte Klaudia fest an mich und sie schlang ihre Arme um meinen Hals. Obwohl eigentlich ich sie trösten wollte, war es doch so, dass sie mir Trost spendete. "Aber du bist meine Mami, ja?", fragte sie ganz ernst. "Ja, das bin ich", antwortete ich und eine dicke Träne kullerte dabei über meine Wange. "Und das wird auch nie jemand ändern können."​

 
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Die witzige "Baggerfolge" war gut als kleine Aufmunterung zwischendurch, denn die letzte Folge ging wieder sehr ans Herz.
Schön gefühlvoll geschrieben.
Also ich hoffe wirklich, Dominik verzeiht Oxana. Und Klaudia ist bestimmt doch seine Tochter, sie sieht ihm doch so ähnlich.
Gerdas Reaktion...hm. Sie braucht wohl etwas, um das richtig zu begreifen...
 
Kapitel 110: Der niedliche Braunschopf

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Als Stev an diesem Morgen sein Hotelzimmer verließ, stieg ihm der Duft von gegrillten Würstchen sogleich in die Nase. Und wie er schnell erkannte, war Tristan die Ursache dafür. "Wo hast du denn Hans gelassen?", fragte er Tristan, der schwer damit beschäftigt war, die Bratwürste zu wenden und ihnen eine gleichmäßige Bräune zu verleihen. Beim Sonnenbaden hatte er die Technik ja bereits erfolgreich angewendet. "Ach der, der hat gestern wohl noch irgendwen aufgegabelt. Er meinte nur, ich soll mir keine Sorgen machen und dann ist er mit dem Typen verschwunden. Bestimmt genießen die beiden gerade ein Frühstück nackt im Bett." Schmunzeln musste Tristan feststellen, wie Stev leicht rot wurde.

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Bratwürstchen zum Frühstück waren schon etwas seltsam und mit vollem Magen ins Wasser sollte man eigentlich auch nicht steigen. Aber was soll’s, schließlich war Tristan hier um Urlaub zu machen und da durfte alles auch mal anders vonstatten gehen. Die beiden warfen ihre Klamotten in den Sand und sprangen direkt in die Fluten. Schade, dass keiner der beiden einen Ball dabei hatte, aber sie planschten einfach so im Wasser herum, bis der Salzgeschmack im Mund einfach nicht mehr auszuhalten war.

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Die Stranddusche löste das Salzproblem im Handumdrehen und ein Slush-Eis aus der Strandbar vertrieb auch den letzten Salzgeschmack. Da am Vormittag am Strand noch nicht sehr viel los war, entschieden die beiden, einfach nur am Strand zu liegen und sich von der Sonne bräunen zu lassen. Und endlich hatte Tristan die Gelegenheit, bei Stev ein wenig auf Tuchfühlung zu gehen. Gestern in der Disco hatte er genau bemerkt, wie Stev immer wieder den Körperkontakt zu ihm gesucht hatte. Zumindest glaubte er, es bemerkt zu haben. Und als er Stev anbot, ihm den Rücken einzucremen, hatte dieser rein gar nichts dagegen einzuwenden, selbst als Tristan den Bund seiner Badehose anhob, um auch das letzte Stückchen seiner Haut gründlich vor den gefährlichen UV-Strahlen zu schützen.

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"Du hast eine wirklich schöne Haut", schmeichelte er Stev und strich ihm über dessen Oberarm, um seiner Aussage mehr Nachdruck zu verleihen. Augenblicklich wurde Stev wieder rot und schaute verlegen auf den Boden. Tristan erkannte schmunzelnd, dass sein Gegenüber sich in einem inneren Konflikt befand. Einerseits hatte ihm Tristans Kompliment geschmeichelt und es schien ihm zu gefallen, von diesem Mann begehrt zu werden. Andererseits zeigte seine ablehnende Körperhaltung, dass er auf Tristans Flirtversuch nicht weiter eingehen wollte. Warum das so war, verstand Tristan noch nicht so ganz. Aber er würde der Sache noch auf den Grund gehen.

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Beim Sonnenbad ließ er Stev noch in Ruhe. Dieser las vergnügt in einem Buch, während Tristan die Wellen und die anderen Männer am Strand beobachtete. Zwischendurch aßen sie wieder einen Happen in der Strandbar und entdeckten dann einen Whirlpool. Zu ihrer beider Freude war dieser mit Süßwasser gefüllt, sodass sie nicht lange zögerten und hinein stiegen. Tristan begann erst herumzualbern und Stev nass zu spritzen, doch dann entschloss er sich, einen erneuten Flirtversuch zu wagen. Er ließ seinen Arm am Beckenrand entlang wandern, bis seine Hand Stevs Hals erreichte und ihn sanft im Nacken streichelte. Stev genoss es sichtlich, allerdings nur so lange, bis ihm bewusst wurde, welchen Eindruck sein zufriedenes Seufzen bei Tristan hinterlassen könnte. Augenblicklich zog er sich zurück.

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"Tristan, es...es tut mir leid“, stammelte er und wurde erneut rot. "Was ist denn los mit dir", fragte Tristan "Gefalle ich dir überhaupt nicht? Wenn ja, dann sag es, dann lasse ich jeden weiteren Versuch sein. Aber um ehrlich zu sein, habe ich nicht das Gefühl, dass es so ist." Langsam schob er sich zu Stev, bis ihre Gesichter sich fast berührten und sah ihm dabei tief in die Augen. "Also, was ist es dann?", bohrte er weiter. Stev verzog sein Gesicht. Tristan merkte, wie unangenehm es ihm war, aber er wollte einfach wissen, was Sache ist. "Du...du gefällst mir Tristan", antwortete er schließlich. "Du hast mir schon am ersten Tag in der Bar gefallen. Aber dann habe ich Panik gekriegt. Das passiert mir ständig, wenn auch nur die Chance besteht, dass ein Typ mich gut findet. Ich habe Angst verarscht zu werden und dann laufe ich einfach lieber weg. Und obwohl wir uns jetzt schon so viel besser kennen, habe ich immer noch Angst, dass du dir nur einen Scherz mit mir erlaubst."

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"Keine Angst, Stev, ich habe nicht vor, dich zu verarschen. Vertrau mir einfach." Tristan schob sich noch ein wenig enger an Stev heran und küsste ihn zärtlich auf die Lippen. Dabei hielt er ununterbrochen Augenkontakt mit dem jungen Mann, um seine Reaktion direkt ablesen zu können. Er sah eine leichte Furcht in Stevs Augen, aber er erkannt kein deutliches Zeichen von Abneigung. Also küsste er ihn noch ein Mal, diesmal länger und intensiver. Er fühlte, wie Stev sich in seinen Armen entspannte und begann, seine Küsse zu erwidern. Und als er fühlte, wie Stevs Zunge Einlass in seinen Mund forderte, wusste er, dass er sein Ziel erreicht hatte.

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Die beiden setzten ihre Küsserei noch eine ganze Weile fort. Es ging dabei durchaus etwas heftiger zu, aber zu Tristans Bedauern, blieb es beim Küssen. Allerdings hatte Tristan auch nicht damit gerechnet, dass er es schaffen würde mit Stev zu schlafen. Vor allem, weil er noch heute Abend wieder abreisen musste. Sein Chef hatte ihn angerufen und ihn gebeten, morgen wieder bei der Arbeit zu erscheinen. Stev hingegen war sehr glücklich, über den Verlauf des Tages. Beim abendlichen Lagerfeuer starrte er Tristan unentwegt an und grinste dabei über das ganze Gesicht. "Was hältst du davon, wenn du einfach mit zu mir kommst?", schlug Tristan ganz unerwartet vor und starrte dabei ins Feuer. "Du meintest doch ohnehin, du wüsstest nicht, wohin du gehen wolltest. Und um ehrlich zu sein, würde ich es schön finden, wenn wir uns nicht schon trennen müssten."

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"Ist das dein Ernst?", fragte Stev ungläubig. "Ich meine, geht das denn überhaupt so? Hast du genug Platz? Was werden deine Mitbewohner sagen?" "Lass das mal mein Problem sein", entgegnete Tristan. "Also was ist jetzt, kommst du mit mir mit?" "Ja?", antwortete Stev zunächst unsicher, doch dann stand er auf und klopfte sich den Sand von der Badehose. "Ja, ich komme mit. Klar komme ich mit." Sein unsicherer Gesichtsausdruck wurde von einem Lachen abgelöst und auch Tristan musste lächeln. Einen One-Night-Stand hatte ihm dieser Kurzurlaub nicht beschert, aber wenn er nur etwas mehr Arbeit investierte, konnte er mit Stev sicher auf seine Kosten kommen.



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"Hier wohnst du also?", fragte Stev beeindruckt, als er mit Tristan aus dem Taxi stieg. "Unter einem grünen Holzhaus habe ich mir irgendwie etwas anderes vorgestellt. Das hier ist ja ein halbe Villa." "Tja, Oxana weiß halt, wie man standesgemäß wohnt", entgegnete Tristan. "Aber jetzt schnapp dir deinen Koffer und lass uns rein gehen." Stev griff sich seine Koffer und schritt auf die Eingangstür zu. Er freute sich zwar, bei Tristan unterzukommen, aber irgendwie war er auch nervös. Schließlich kannte er diesen Mann erst seit ein paar Tagen. Und dann gleich bei ihm einzuziehen war ganz und gar nicht seine Art. Was, wenn er gerade die größte Dummheit seines Lebens beging?

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Tristan führte Stev durch das Wohn- und Esszimmer bis in sein eignes Schlafgemach. Der junge Mann stellte seinen Koffer in der Ecke ab und betrachtete den nicht gerade großen, aber doch wohnlich eingerichteten Raum. "Wenn du unter die Dusche willst, dann findest du das Bad entweder hinter der Tür im Wohnzimmer oder die mittlere Tür, wenn du aus dem Zimmer nach links gehst." Stev nickte gedankenversunken und strich die leicht zerknüllte Decke auf dem Bett glatt. "Und wo schläfst du?", fragte er Tristan, als er mit dieser Tätigkeit fertig war.

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"Na hier bei dir. Was dachtest du denn?" Tristan ging auf Stev zu und strich ihm über die Wange. "Etwa in einem Bett?", fragte dieser sichtlich verunsichert. "Klar, ich habe nicht vor, auf mein Kissen zu verzichten. Aber wenn du unbedingt willst, kannst du dich auch auf der Couch im Wohnzimmer ausbreiten. Allerdings fände ich es viel schöner, wenn du hier bei mir bleiben würdest." Stev schaute immer noch verunsichert, aber ein Blick in Tristans grüne Augen ließ ihn doch weich werden. "Gut", sagte er schließlich. "Ich warne dich aber schon mal vor, ich klaue nachts gerne die Decke."

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Tristan durfte in dieser Nacht seine Decke behalten. Da es schon recht spät war, gingen beide auch gleich ins Bett. Obwohl Tristan ihn schon etliche Male nur mit Badehose am Strand gesehen hatte, war es Stev doch unangenehm, sich nur in Pyjamahose vor Tristan zu zeigen. Also schlüpfte er schnell unter die Bettdecke und verkroch sich ganz an den Rand des Bettes. Tristan hatte es zwar geschafft, Stev ins Bett zu bekommen, aber das hatte er sich darunter nicht vorgestellt. Ein flüchtiger Gutenachtkuss war auch schon das einzige, was er von Stev erhielt. Aber er wollte geduldig sein. Schließlich würde sein niedlicher Braunschopf vom Strand noch einige Tage hier bleiben. Und so schlief er zu zweit in einem Bett und doch alleine ein.​
 
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Schöne Flirt-Folge. Bin richtig in Urlaubsstimmung gekommen.
Tristan lässt ja auch wirklich nicht locker =) Auch wenn er eigentlich auf einen One-Night-Stand aus war habe ich so eine Ahnung, dass da jetzt doch mehr draus werden könnte...
Kann es übrigens sein, dass der schüchterne Stev dein "Ich-Sim" ist?
 
@Second Jumper
Es war genau meien Absicht, die eher traurigen une emotionallen Kapitel durch einige lustige Szenen aufzulockern. Es freut mich, dass dies auch bei den Lesern gut ankommt.
Du findest also, dass Klaudia Dominik ähnlich sieht? Hoffen wir mal, dass Dominik das auch so sieht. Vielleicht kann er Oxana verzeihen wenn er weiß, dass wenigstens Klaudia von ihm ist.
Gerda war von der Nachricht überrumpelt. In ihrem Kopf ging es drunter und drüber. Es ist etwas anderes, ob der eignen Mann „nur“ fremd geht, oder ob er dabei auch noch ein Kind zeugt. Auf der anderen Seite hat er nie etwas davon gewusst und Gerda hat ihm und Oxana die gemeinsame Affäre schon lange verziehen…
Nun, jetzt wo Stev bei Tristan eingezogen ist, wir zumindest mehr aus der Geschichte, als nur ein One-Night-Stand. Wie viel mehr, das steht noch in den Sternen. Immerhin ist Tristan ja fest mit Frank zusammen. Und ja, eskönnte sein, dass Sim-Stev entfernte Ähnlichkeit mit mir aufweist …:p ;)
 
Kapitel 111: Kleine Ablenkung

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Als ich am Morgen in die Küche tapste, entdeckte ich zu meiner Freude, dass Tristan wieder da war. Überglücklich fiel ich ihm um den Hals. "Ich war doch nur drei Tage weg", beklagte er sich scherzhaft. Das war mir klar, aber es kam mir trotzdem wie eine Ewigkeit vor. "Was hat Dominik denn jetzt angestellt?", fragte er neugierig. "Soll ich ein Hünchen mit im rupfen, dass er einfach so abgehauen ist? Ich mach das, wenn du willst". Ach, es tat so gut, dass Tristan wieder da war. Jetzt hatte ich endlich jemanden, mit dem ich über alles reden konnte.

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Ich erzählte ihm gleich alles. Einen Teil kannte er schon, dass machte es leichter. Meine Affäre mit Albert war kein Geheimnis für ihn, ebenso Klaudias ungeklärte Vaterschaft und meine fehlende Liebe zu Dominik am Anfang, in den Jahren vor unserer Heirat und selbst lange Zeit danach. Eigentlich war nur neu, dass auch Kinga Alberts Tochter war und das Dominik alles herausgefunden hatte. Obwohl er mein Freund war, konnte er es nicht lassen, sich während meiner Erzählung immer wieder fassungslos die Haare zu raufen. "Du machst vielleicht Sachen, Oxana." Er schüttelte den Kopf, aber sein Blick zeigte deutlich, dass er mir keine Vorwürfe machte. "Und du bist dir sicher, dass Dominik nicht doch noch zurück kommt?"

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"Ach, Tristan, ich würde mir nichts mehr wünschen als das. Aber glaubst du ernsthaft, dass er mir noch eine Chance gibt, nach dem, was ich ihm angetan habe? Ganz ehrlich, würdest du mir verzeihen, wenn ich 14 Jahre lang behauptet hätte, Kinga wäre deine Tochter?" Tristans Gesichtsausdruck war antwort genug. "Na siehst du." Trotzdem war Tristans Wirkung auf mich erstaunlich. Zum ersten Mal seit Tagen konnte ich wieder lächeln, auch wenn es ein eher trauriges Lächeln war.

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"Weißt du, was du jetzt brauchst, Oxana? Eine riesige Portion Eis mit ordentlich Schlagsahne!" Tristan ging zum Kühlschrank und holte eine Packung Schokoladeneis aus dem Tiefkühlfach. Er packte den Inhalt auf einen Teller und dekorieret ihn hier und da mit einem kleinen Sahnehäubchen. "Wir zwei setzen uns jetzt an den Tisch und verputzen diese Kalorienbombe. In einer solchen Situation wirkt Schokolade wahre Wunder. Ihr Frauen habt da so Rezeptoren im Hirn, die Schokolade als Glückshormon erkennen. Tja, und wir schwulen Männer scheinen diese Dinger auch abbekommen zu haben. Du kannst gar nicht glauben, wie oft mich Schokolade schon aus tiefstem Liebeskummer geholt hat." Ich zweifelte, ob Schokolade wirklich helfen würde, aber Tristan ließ einfach nicht locker.

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"Hey, was passiert ist, ist passiert. Du kannst nicht ungeschehen machen, was du Dominik angetan hast. Und wenn du das Eis nicht isst, dann schmilzt es bei den Temperaturen hier gleich davon. Und die Schokoflecken kriegst du nie wieder aus dem Teppich raus, das sag ich dir." Ich holte also zwei kleine Teller und Löffelchen aus dem Küchenschrank und setzte mich an den Tisch zu Tristan, der mir sofort eine ordentliche Portion auflud und sogleich begann, sein eigenes Eis zu verschlingen. Und ich weiß nicht, ob es wirklich am Eis lag, aber plötzlich hatte ich das Bedürfnis, in Mitleid zu versinken und allen anderen die Schuld an meinem verpfuschten Leben zu geben, nur nicht mir. Tristan hörte einfach nur zu und bestärkte mich in meiner Meinung, dass ohnehin meine Schwiegermutter an allem die Schuld hatte. Man, tat das gut. Zu Schade, dass ich nur zu gut wusste, dass es nicht so war.

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Aber für den Moment war ich glücklich. Und bevor ich in meinen alten Kummer zurück fallen konnte, öffnete sich Tristans Zimmertür und ein halb bekleideter Mann trat ins Esszimmer. "Ich...ich will nur schnell ins Bad und mich fertig machen", stammelte er verlegen als er mich entdeckte und verschwand hastig im Badezimmer. Überrascht sah ich Tristan an. "Wer war das?", fragte ich. "Der?", fragte Tristan grinsend zurück. "Das war Stev. Ich hab ihn am Strand kennen gelernt. Er wohnt vorübergehend bei uns. Ich hoffe, dass ist in Ordnung für dich? Ist der nicht niedlich?"

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"Niedlich? Ja, niedlich trifft es ganz gut", antwortete ich verunsichert. "Meinst du nicht, dass er ein wenig jung ist? Der könnte doch fast mein Sohn sein." Tristan zog eine Grimasse. „Aber nur, wenn du schon mit 12 ein Kind bekommen hättest. So jung ist Stev gar nicht. Und hey, ich bin nicht so alt, wie du mich gerade machst", Tristan sah mich beleidigt an. Ich hob beschwichtigend die Hände. "Schon gut, schon gut. Und ich denke, es geht schon in Ordnung, wenn er hier bleibt. Ein wenig Ablenkung wird uns vielleicht allen gut tun."

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"Ich will ja nicht neugierig sei, aber bist du jetzt mit ihm 'zusammen'?" Ich stocherte verlegen in meinem Eis herum. Tristan grinste. "Du meinst, ob ich in ficke?" Ja, genau das meine ich, trotzdem wurde ich knallrot bei Erwähnung dieses Wortes. Es war eine Sache es zu tun, darüber zu sprechen eine ganz andere. "Noch nicht", antworte Tristan. "Aber ich habe vor, das demnächst zu ändern." "Und was ist mit Frank? Seid ihr etwas nicht mehr zusammen?" Ich war ehrlich gesagt verwirrt. Erst letzte Woche hatte ich nämlich mit Frank an diesem Tisch gefrühstückt. Tristan schien meine Verwirrung aber nicht zu teilen. "Ja, Frank und ich sind immer noch zusammen. Warum fragst du?"

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Warum ich fragte? War das jetzt ernst gemeint? "Nun, ich hatte immer angenommen, wenn hier jemand bei dir einzieht, dann wäre das Frank. Und jetzt steht da ein Typ unter der Dusche, mit dem du offensichtlich schlafen willst und der jetzt hier wohnt und es ist eindeutig nicht Frank." Tristan kratzte sich verlegen an der Nase. "Weißt du, Frank und ich sind zwar zusammen, aber das heißt nicht, dass wir nicht mal auch mit anderen Männern ins Bett gehen. Normalerweise bemühe ich mich darum, dass du davon nichts mit bekommst. Immerhin weiß ich von deinem Vater und was du von seinen wechselnden Liebschaften hieltst. Und was Frank angeht, ich liebe ihn, aber ich will nicht mit ihm zusammen ziehen. Er wohnt doch nur zwei Straßen weiter. Wenn ich ihn also sehen will, dann bin ich gleich bei ihm und ansonsten habe ich einfach meine Ruhe. Daran will ich auch nichts ändern. Frank weiß das." Nun gut, ich wollte mich nicht in Tristans Liebesleben einmischen. Wenn es für Frank und Tristan in Ordnung war, dann war das gut so. Nur hatte ich das ungute Gefühl, dass Stev nichts von dieser Vereinbarung wusste.

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Aber auch das war nicht meine Angelegenheit, entschied ich. Immerhin war Stev erwachsen und konnte selbst auf sich aufpassen. Und was Liebesangelegenheiten anbetraf, war ich wohl kaum ein geeigneter Ratgeber. Ich nutze die Zeit, in der Stev unter der Dusche stand, um mich selber herzurichten. Man sah mir meinen Schlafmangel zwar immer noch deutlich an, aber das wollte ich wenigstens mit ordentlicher Kleidung, Frisur und Make-up überspielen. "Oxana", stellte ich mich also meinem neusten Mitbewohner vor, als dieser fertig hergerichtet und bekleidet aus dem Bad trat. "Stev. Stev Füller", erwiderte er meine Begrüßung. "Danke, dass ich hier wohnen kann. Ich war praktisch obdachlos, als Tristan mich aufsammelte." Stev machte einen netten Eindruck, aber bevor ich ihn weiter kennen lernen konnte, klingelte es an der Tür.

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Ich war doch mehr als erstaunt, Dominiks jüngeren Bruder Dennis auf der Veranda stehen zu sehen. "Hi, Oxana", begrüßte er mich zurückhaltend. "Ich bin nur hier, um ein paar Sachen für Dominik abzuholen." "Er wohnt jetzt also bei dir in La Siesta?" Erst wollte Dennis sich um eine Antwort drücken, doch schließlich nickte er. "Ja, tut er. Aber er will dich im Moment nicht sehen und auch nicht mit dir reden. Gib mir einfach seine Sachen und dann bin ich auch gleich wieder verschwunden."

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Ich holte einen alten Karton von Dachboden und ging mit Dennis ins Schlafzimmer. "Was braucht Dominik denn alles?", fragte ich meinen Schwager. Unterbewusst wollte ich dadurch erfahren, ob Dominik vorhatte, länger weg zu bleiben, oder ob er nur ein paar Tage zum nachdenken brauchte. "So dies und das, Unterwäsche, saubere T-Shirts und Hosen. Und seine Arbeitskleidung will er auch haben." Seine Arbeitskleidung also auch. Das hieß, er hatte nicht vor, bald wieder nach Hause zu kommen.

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Und als ich so in den Sachen meines Mannes wühlte und sie in den Karton packte, wurden meine Augen zunehmend feuchter. Und als ich dann auch noch die Fliege von seinem Hochzeitsanzug entdeckte, war es ganz vorbei. Ich fing laut an zu schluchzen. Alles war aus. Ich hatte meine Ehe kaputt gemacht und denn Mann vergrault, den ich doch so sehr liebte. Dennis stand hilflos neben mir und wusste nicht so recht, was er jetzt tun sollte. Und da er keinen Weg wusste, mir zu helfen, nahm er einfach den Karton mit Dominiks Sachen und verabschiedet sich hastig. Ich blieb allein in meinem Schlafzimmer voller Erinnerungen und heulte mir die Seele aus dem Leib.

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Als Klaudia in mein Zimmer kam, fand sie mich weinend vor dem Bett hockend. Meine kleine Tochter setze sich zu mir und nahm tröstend meine Hand. "Weinst du, weil Papi nicht mehr wieder kommt?", fragte sie besorgt. Ich schluckte schwer und nickte. "Kinga weint auch den ganzen Tag. Sie schimpft sogar nicht, wenn ich in ihr Zimmer komme und CDs anmache. Können Papi und du euch nicht einfach wieder vertragen." Ich schüttelte traurig den Kopf und strich meinem Pummelchen eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Nein, das geht leider nicht so einfach. Euer Papa wird mir nicht so leicht verzeihen. Wir drei müssen jetzt sehen, wie wir alleine zurecht kommen. Aber wir schaffen das schon, Kleines." Klaudia lächelte tapfer. Ich war erstaunt, wie gut sie die Situation verkraftete. Vielleicht lag es daran, dass sie die Tragweite noch nicht ganz begriff, aber im Moment war sie stärker als Kinga und ich zusammen.

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Kinga hatte nach wie vor noch kein Wort mit mir gewechselt. Sie verkroch sich in ihrem Zimmer und kam einfach nicht raus. Da half auch mein Klopfen und Flehen nichts. Die einzige, die sich zu sich ließ, war Klaudia, aber selbst ihre kleine Schwester war ihren Gefühlsschwankungen manchmal schutzlos ausgeliefert. "Du sollst abhauen, Klaudia", schrie sie ihre Schwester an als sie ihr Zimmer betrat. Kinga saß in einer Ecke verkrochen auf dem Boden und hielt ein altes Fotoalbum umklammert, mit Bildern von ihr als Baby und als kleines Mädchen. Und natürlich war auch Dominik auf den Bildern zu sehen. Ihre verquollenen Augen zeigten deutlich, dass sie erst vor kurzem wieder geweint haben musste.

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"Ist gut", erwiderte Klaudia geduldig. "Ich wollte dir nur etwas zu Essen bringen, Ki. Du musst nicht, aber ich lasse den Teller einfach mal hier. Guck, es gibt Hünchen und Rotkohl. Und sogar Kartoffelspalten. Den doofen Spinat kannst du ja weg lassen. Onkel Tristan hat gekocht. Es schmeckt bestimmt ganz toll." Klaudia stellte den Teller ab und schlich dann leise wieder zur Tür. "Danke Klaudi", hörte sie Kinga murmeln, kurz bevor sie das Zimmer verlassen hatte. Wieder einmal lächelte Klaudia tapfer und schloss behutsam die Zimmertür hinter sich.

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Anschließend schlurfte sie zurück zum Esstisch, wo auch schon Tristan und Stev saßen. Schweigend setzte sie sich zu den beiden und kaute eher lustlos auf dem Essen herum, das sie noch gerade eben bei Kinga so hoch angepriesen hatte. Tristan beobachtete Klaudia traurig. Irgendetwas musste er tun, um das Kind aufzuheitern, er wusste nur noch nicht genau was. Und auch Stev schaute betrübt drein. In den wenigen Stunden, die er in der Simlane war, hatte er bemerkt, dass der Haussegen deutlich schief hing. Und er als Fremder fühlte er sich besonders hilflos und unwohl in dieser Situation.

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Im Badezimmer, wo beide unter sich waren, sprach er Tristan darauf an. "Vielleicht ist es doch keine so gute Idee, wenn ich hier wohne. Deine Mitbewohnerin und ihr Mann scheinen ja in einer echten Ehekrise zu stecken und die beiden Mädchen sind doch auch völlig durch den Wind. Ich glaube, es ist besser, wenn nicht auch noch ein Fremder hier im Haus herumspukt. Es ist echt nett von dir, dass du mir eine Dach über dem Kopf angeboten hast, aber ich glaube ich sollte mich nach einer anderen Bleibe umsehen. Der Zeitpunkt hier einzuziehen ist echt ungünstig".

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"Hey, Stev, das ist doch Quatsch", widersprach Tristan ihm heftig. "Dieses Haus ist genauso meins, wie es das Zuhause von Oxana und den Mädchen ist. Und mich störst du kein bisschen. Ich bin sogar froh, dass ich jemanden um mich haben kann, der nicht bis zum Hals in Problemen steckt." Er legte seine Hände um Stevs Hüfte und zog ihn ein wenig zu sich heran. "Ich möchte, dass du hier bleibst, bei mir." Stev lächelte Tristan an und schlang seine Arme um Tristans Schultern. "OK, wenn du es möchtest, dann bleibe ich gerne hier."​
 
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Kapitel 112: Versprochen und niemals gebrochen

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Zwei Tage lang hatte Kinga ihr Zimmer nicht verlassen. Es war Wochenende gewesen, also ließ ich ihr allen Freiraum, den sie brauchte, um zu verarbeiten, dass Dominik nicht ihr leiblicher Vater war. Ich hatte schon befürchtet, dass sie auch am Montag nicht aus ihrem Zimmer kommen würde, doch Kinga stand morgens auf, zog ihre Schuluniform an und stieg gemeinsam mit Klaudia in den Schulbus. Als sie allerdings mittags wieder Heim kam, ging sie sofort in ihr Zimmer zurück und versuchte sich dort an ihren Hausaufgaben, ohne ein Wort mit jemandem zu wechseln. Doch so recht wollte es ihr nicht gelingen. Ihre Gedanken schweiften immer wieder zu ihrem Vater ab und ihr Schulheft füllte sich nur langsam.

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Am Abend klopfte es an ihrer Zimmertür. Entweder hatte sie keine Lust zu antworte, oder Kinga hatte das Klopfen tatsächlich nicht gehört. Aber da keiner antwortete öffnete Constance die Tür einen Spalt weit und lugte in das Zimmer ihrer Freundin. "Hallo, Ki! Deine kleine Schwester hat bei mir angerufen und mich gebeten, dich mal zu besuchen. Darf ich rein?" Kinga nickte müde.

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Constance setzte sich auf das Sofa neben Kinga. Ihre Freundin, die fast so etwas wie ihre Schwester war, immerhin waren die beiden Mädchen zusammen aufgewachsen, starrte immer noch teilnahmslos in den Raum. "Klaudia hat nicht viel erzählt, nur das es dir nicht gut gehen würde. Also Ki, was ist passiert?", hakte Constance besorgt nach. Kinga blickte sie traurig an. "Mein...mein Vater ist nicht mein leiblicher Vater", begann sie zögerlich und Constance klappte schon bei den ersten Worten der Kinnladen hinunter. Aber jetzt wo Kinga einmal zu erzählen begonnen hatte, war sie nicht mehr zu stoppen.

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Ich hatte mir meinen ganzen Schmerz und Kummer bereits bei Tristan von der Seele reden können, doch Kinga bot sich diese Gelegenheit erst jetzt. Als sie geendet hatte, schüttelte Constance nur fassungslos den Kopf. "Man oh man! Das ist doch echt nicht zu glauben. Heißt das etwa, du und Elvira Kappe seid Schwestern? Das wäre ja der totale Wahnsinn! Meinst du, Elvira weiß bereits davon?", überlegte sie laut. "Keine Ahnung", entgegnete Kinga, "und es ist mir auch ganz egal. Ich will überhaupt nicht, dass Elvira meine Schwester ist. Ich will das sie meine Freundin bleibt und nicht mehr. Und ich will, dass mein Papa wieder mein richtiger Papa ist. Ich hasse Mama dafür, dass sie mir das angetan hat. Sie hat mein ganzes Leben kaputt gemacht."

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Kinga liefen erneut die Tränen über die Wangen, also stand Constance auf und nahm ihre Freundin tröstend in den Arm. "Was deine Mutter gemacht hat, ist echt fies von ihr gewesen. Aber du darfst sie dafür doch nicht hassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Mutter absichtlich so etwas Hinterhältiges machen würde. Ich bin mir sicher, dass sie dich nie absichtlich verletzen würde. Hass ist echt ein böses Wort, Ki, und du solltest genau überlegen, ob du es so meinst. Meine Mutter hat mich als kleines Mädchen einfach zurückgelassen. Aber ich bin ihr deswegen nicht böse. Dadurch habe ich erst meinen Papa kennen gelernt und ich bin mir sicher, dass sie mich nie weg geben wollte. Und dein Papa ist ja immer noch da und...und du hast jetzt vier neue Geschwister. Darüber kannst du dich doch freuen."

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Constance Worte waren aufrichtig und lieb gemeint. Trotzdem stieß Kinga ihre Freundin wütend von sich. "Warum fällst du mir jetzt in den Rücken, Conny? Ich dachte du bist meine Freundin? An dieser ganzen Geschichte gibt es nichts Gutes. Gar nichts, hast du gehört!? Mein Papa ist weg und wird nicht mehr wieder kommen, weil meine Mutter eine miese Lügnerin ist. Und ich hab dir schon gesagt, Elvira und die drei anderen sind nicht meine Geschwister! Und ich will auch nichts von Albert wissen. Dominik ist mein Vater und sonst niemand und Mama ist schuld, dass er uns verlassen hat. Und dafür hasse ich sie. Und wenn du nicht zu mir hältst, dann kannst du auch gleich wieder verschwinden!"

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Doch Constance verschwand nicht. "Ich bin deine Freundin, Ki, und ich halte zu dir. Wir sind doch beste Freundinnen seitdem wir krabbeln können." Sie nahm Kingas Hände und hielt sie fest. "Ich verspreche dir, dass ich dir helfen werde. Und wenn du deine Mutter hassen willst, dann werde ich sie auch hassen. Freundinnen halten doch zusammen. Und vielleicht wird ja alles wieder gut? vielleicht kommt dein Papa wieder zu euch zurück? Und bis dahin bin ich für dich da." "Versprochen?", schniefte Kinga. "Versprochen und niemals gebrochen!"



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Ich hatte Tristan und Kinga hatte nun Constance um sich auszuweinen. Doch mein kleines Pummelchen hatte niemanden. Auch wenn es mir selbst nicht gut ging, wollte ich doch wenigstens für meinen kleinen Engel da sein. Doch als ich in ihr Zimmer kam, um ihr eine Gutenachtgeschichte vorzulesen, schlief sie schon tief und fest. „Schlaf gut mein kleiner Engel“, flüsterte ich, strich ihr über das Haar und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

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Tristan hatte sich ja bereits vorgenommen, sich ein wenig um meine Jüngste zu kümmern. Und er setzte dies auch um, indem er ihr beispielsweise vorlas, wenn sie aus der Schule kam. Auch wenn Klaudia nur ungern ihre Nase in ein Buch steckte, so hatte lauschte sie doch gerne, wenn jemand anderes ihr eine Geschichte vorlas. Dominik hatte das oft übernommen, aber mein Pummelchen nahm auch Tristan als Ersatz an.

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Aber Klaudias Mutter war nun einmal ich und es lag in meiner Verantwortung dafür zu sorgen, dass es meiner Tochter gut ging. Und auch wenn sie es gerne hatte, wenn Tristan ihr vorlas, so mochte sie es doch viel lieber, wenn sie meinen Worten lauschen konnte. Ihr Vater ließ sich nach wie vor nicht blicken. Ich konnte es ihm nicht verübeln, doch Klaudia vermisste ihn sicherlich schrecklich. Und so klammerte sie sich noch viel mehr an mich. Aber es tat mir gut, von ihr gebraucht zu werden. So konnte ich wenigstens für den Moment vergessen, dass mein Mann mich verlassen hatte und meine andere Tochter mich dafür hasste.

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Aber eben doch nur für den Moment. War ich mal alleine und unbeobachtet, konnte ich meine Trauer nicht mehr verbergen. Ich wusste, dass alleine ich an dieser Situation schuld war, aber es änderte doch nichts daran, dass ich mir nichts sehnlicher wünschte, als mich wieder an Dominiks starke Schulter schmiegen zu können.

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Die Kinder fanden Ablenkung bei ihren Freunden und in der Schule. Auch ich hatte meine Arbeit auf der Farm, aber wenn ich alleine im Haus war, dann übermannte mich doch eine tiefe Traurigkeit. Dann wurde mir bewusst, wie einsam mein Leben ohne Dominik war. Er war nun schon seit einer Woche fort und hatte immer noch nichts von sich hören lassen. Ich hoffte natürlich noch immer, dass er sich bald melden würde, wenn nicht mir zuliebe, dann aufgrund der Kinder. Doch das Telefon blieb stumm und Dominik stand auch nicht plötzlich wieder vor der Tür. Ich musste mich damit abfinden, dass er seine Worte ernst meinte und wirklich ’fertig’ mit mir war. In den kitschigen Liebesromanen gab es so etwas nicht, und selbst wenn, dann endeten sie doch immer mit einem Happyend. Vielleicht ließ ich mich aus diesem Grund so sehr gehen und verbrachte ganze Vormittage damit, in den romantischen Geschichten zu schmökern.

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Dabei vergaß ich immer wieder, dass nun ein weiterer Mitbewohner in der Simlane lebte. Erschrocken verdeckte ich mein altes Tagebuch, als ich Schritte hinter mir hörte und Stev sich eine Nudelsuppe in der Mikrowelle warm machte. In der nächsten Sekunde kam ich mir sofort ziemlich dämlich vor, den diesen jungen Mann würde es sicher nicht interessieren, was für einen Blödsinn ich vor vielen Jahren in dieses Buch gekritzelt habe. Ich musste manchmal selber darüber schmunzeln, wie naiv meine Vorstellungen von Liebe und Familie damals gewesen waren. Und trotzdem wünschte ich mir, dass sie war geworden wären.

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Stev war ein recht umgänglicher Mitbewohner. Ich hatte zwar bis jetzt kaum ein Wort mit ihm gewechselt, aber er und Kinga verstanden sich ganz gut. Das freute mich, insbesondere für meine Tochter, denn sie konnte jetzt jeden Freund gebrauchen. Meine Älteste wartete mindestens genau so ungeduldig, wie ich, dass ihr Vater sich bei ihr meldete.

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Ansonsten langweilte Stev sich etwas bei uns. Wie gesagt, vormittags war außer mir niemand im Haus und ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um auf meinen Mitbewohner einzugehen. Einen Job hatte Stev bis jetzt auch noch nicht gefunden. Das Jobangebot für angehende Biotechnologen war nicht gerade überwältigend in der Sierra Simlone. Also vertrieb er sich die Zeit vor dem Computer und kramte ein Spiel hervor, dass Kinga sich vor etliche Jahren so sehnlich gewünscht hatte.

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Oder aber, er saß vor dem Fernseher. Nur war das Fernsehprogramm am Vormittag nicht gerade unterhaltsam und die Sendung über Gartenarchitektur für ihn eher einschläfernd.

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Aber es gab ja auch noch Goya. Ich glaube, mein Hund hatte schon lange nicht mehr so viel Aufmerksamkeit genossen, wie seit dem Einzug von Stev. Es schien, als ob weder er, noch Goya es müde wurden, herumzutoben oder Stöckchenwerfen zu spielen.​
 
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Da hat Stev wohl wirklich einen schlechten Zeitpunkt erwischt, um bei Tristan einzuziehen...
Hm, ja, und was ist denn jetzt eigentlich mit Frank? Da muss ich mich Oxanas Erstaunen mal anschließen. Weiß der denn jetzt schon, dass Stev bei Tristan wohnt?
Aber schön, dass er sich gut mit Kinga versteht.
Und mit einer Freundin wie Constance hat Kinga auch Glück.
Klaudia fand ich so süß, als sie ihrer großen Schwester das Essen gebracht hat. Total lieb.
Was mir auch gefällt, dass Oxana trotz ihrer Trauer noch versucht, für ihre kleine Tochter da zu sein.
Sollte zwar selbstverständlich sein, ist es aber leider oft nicht.
Wieder zwei sehr schöne Folgen.
Und ich geb die Hoffnung noch nicht auf...;)
 
@Second
Nun, Frank weiß Bescheid. Und er hat damit auch kein Problem. Tristan und er nehmen sich ab und an mal so etwas wie eine Freizeit voneinander. Allerdings weiß Stev natürlich nicht, dass er nur ein kurzes Zwischenvergnügen für Tristan sein soll.
Constance und Kinga sind wie Schwestern aufgewachsen und verstehen einander daher fast blind. Aber Kinga zieht gerade um sich eine so hoche Mauer, dass selbst Constance Probleme hat, zu ihr durch zu dringen.
Oxana hat nur deshalb die Kraft, auch für ihre Töchter da zu sein, weil sie innerlich spürt, dass es zwischen ihr und Dominik nun vorbei ist. Aber vielleicht wird sie ja noch mal überrascht?
 
moin moin,

ich bin gestern abend beim linkhüpfen auf deine klaudia-fortsetzung gestoßen und hab die natürlich auch gleich gelesen.

da dachte ich mir ich lese nochmal oxanas geschichte nach und musste mir prompt wieder den ausschnitt trockentupfen.

hier bist du ja gerade wieder an einem fürchterlich dramatischem punkt der geschichte..muaaa obwohl ich schon weiß wie es weiter geht möchte ich mir die haare raufen.
ich find super klasse wie viel mühe und liebe du in deine geschichten steckst.
ich bin ja nicht so der oberposter aber sicherlich sind etlich hits von mir.

ich freue mich schön wenns weiter geht..an welchem punkt der geschichte auch immer.
 
@Boese Birthe

Vielen Dank für deinen Kommentar. Für mich ist es immer wider schön, wenn sich auch die stillen Mitleser mal zu Wort melden.
Ja, dieser Punkt der Geschichte ist einer, in der es für Oxana hoch her geht. Und es wird nur noch wenige ruhige Augeblicke geben.
Über einen Kommentar zu Klaudia würde ich mich natürlich auch freuen ;)
 
Kapitel 113: Wiedersehen

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Es dauerte fast zwei Wochen bis das eintrat, was Kinga und Klaudia sich so sehnsüchtig erträumt hatten und was ich gar nicht mehr zu hoffen wagte. Dominik stand eines Nachmittags einfach so vor der Veranda. Klaudia war die erste, die ihn durch das Fenster des Arbeitszimmers entdeckte "Papi ist da! Papi ist da!", rief sie aufgeregt, lief hinaus und fiel Dominik sofort um den Hals. Kinga konnte es kaum glauben, als sie ihre Schwester schreien hörte, aber sofort lief sie auf die Veranda und wurde nicht enttäuscht.

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Nur zu gerne wäre auch Kinga ihrem Vater um den Hals gefallen, doch sie konnte sich noch zu gut an seine verletzenden Worte erinnern, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten. So sehr dieser Gedanke auf wehtat, aber vielleicht wollte Dominik nichts mehr mit ihr zu tun haben? "Wir haben dich vermisst, Papi", plapperte Klaudia sofort drauf los. "Kinga, Mami und ich. Ganz doll sogar. Aber Mami ist gerade nicht zu Hause." Dominik löste sich aus Klaudias Umarmung. "Ich weiß, Pummelchen. Ich habe euch doch auch, vermisst, deine Schwester und dich." Mich ließ er unerwähnt, doch das entging Klaudia. "Und ich weiß auch, dass deine Mama nicht hier ist. Ich habe extra gewartet, bis sie fort ist."

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"Hat...hat eure Mutter mit euch über alles geredet?", fragte er vorsichtig, mehr an Kinga, als an Klaudia gewand. Doch es war Klaudia, die antwortete. "Ja, Mami hat mir erklärt, was los ist. Mir ist es egal, ob du mich in Mamis Bauch gelegt hast. Du bist mein Papa, Papi. Und du hast mich genauso lieb, wie ich dich habe." Klaudia wirkte vollkommen ernst und überzeugt, von dem was sie sagte. "Stimmt das, Papi?", fragte Kinga mit weinerlicher Stimme. "Ist es wirklich egal, wer mein wirklicher Vater ist? Liebst du mich trotzdem immer noch?"

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"Natürlich liebe ich dich immer noch, Prinzessin. Wie konntest du nur etwas anderes glauben?" Dominik legte seinen Arm um Kinga und drückte sie an seine Brust. "Du bist einfach abgehauen", schluchzte diese. "Und du hast die nicht mehr bei Klaudia und mir gemeldet. Ich dachte, du hättest uns vergessen." "Es tut mir leid, Prinzessin", tröstete Dominik seine Tochter. "Ich musste einfach eine Weile für mich sein und über alles nachdenken. Aber glaube mir, Prinzessin, mir ist sofort klar geworden, dass deine Schwester und du das Wichtigste in meinem Leben sind. Das ich so lange weg war, hatte nichts mit euch zu tun. Ich musste nur einen klaren Kopf bekommen und entscheiden, wie es mit eurer Mutter und mir weiter gehen soll."

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"Aber ihr zwei müsst euch darüber keinen Kopf machen. Kommt, lass uns rein gehen und gemeinsam etwas unternehmen." Kinga wischte sich sofort ihre Tränen aus dem Gesicht und ging mit Dominik und ihrer Schwester ins Haus. Dort machten die drei es sich auf dem Sofa bequem. Kinga schaltete die Konsole an und war froh, dass ihr Vater sie immer noch liebte, ganz egal, ob sie seine leibliche Tochter war, oder nicht. Und Klaudia schmiegte sich zufrieden ganz eng an ihren Papa und genoss es, wieder von ihm geknuddelt zu werden. Es war fast so, als ob sich nichts verändert hätte.

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Doch es hatte sich viel verändert. Das ahnte Klaudia mehr, als das sie es wusste, Kinga war sich dessen aber vollkommen bewusst. Und offensichtlich wurde es für alle, als Dominik sich am frühen Abend von seinen beiden Töchtern verabschiedete. Er verabschiedete sich von seinem Pummelchen bereits im Haus. Kinga begleitete ihn noch mit auf die Veranda. "Und du kannst wirklich nicht hier bleiben?", flehte sie ihn an. Dominik schüttelte traurig den Kopf. "Ich kann deiner Mutter noch nicht gegenüber treten. Was sie getan hat...wenn ich sie jetzt sehe kann ich für nichts garantieren und ich möchte nicht, dass deine Schwester und du das mitbekommen. Ich kann es mir ohnehin kaum verzeihen, dass du mit anhören musstest, wie ich deine Mutter angeschrien habe." "Sie hat es aber auch verdien!", warf Kinga ein und Dominik widersprach ihr nicht.

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"Ich rufe Klaudia und dich ganz sicher an", versprach er Kinga. "Jeden Tag, wenn ihr es wollt. Und ihr könnt mich auch anrufen. Ich wohne im Moment bei Onkel Dennis. Und Kopf hoch, Prinzessin", Dominik stupste mit seiner Nase die von Kinga an. "Ich bin vielleicht nicht mehr jeden Tag bei euch, aber ich trage euch immer in meinem Herzen." Dominik war schon die vier Stufen der Veranda hinunter gestiegen, als er sich noch einmal zu Kinga umdrehte. "Erzähl deiner Mutter ruhig, dass ich hier war. Und sag ihr, dass ich sie anrufen werde, wenn ich soweit bin. Ich weiß aber nicht, wie lange das noch dauern wird." Kinga nickte stumm und beobachtete anschließend, wie ihr Vater in das Auto ihres Onkels stieg und davon fuhr. Und in diesem Moment beschloss sie, dass sie sich wohl niemals daran gewöhnen würde, ihn davonfahren zu sehen.



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Kurz darauf kehrte ich von den Rinderweiden zurück. Kinga übermittelte mir kurz Dominiks Nachricht und ließ mich dann verdutzt stehen. Es waren die ersten Worte, die sie seit Tagen zu mir sprach und sie sollten die vorerst letzten bleiben. Ich stellte mich unter die Dusche und wusch den Dreck und Staub der Farmarbeit ab. Ich hätte glücklich sein müssen. Glücklich, dass meine Lüge die Beziehung zwischen Dominik und seinen Töchtern nicht zerstört hatte. Doch die Freude wollte nicht so recht in mir aufkeimen. Denn auch wenn Dominik seine Töchter unverändert liebte, so wurde doch immer deutlicher, dass das mich nicht mehr mit einschloss. Und diese Einsicht war schwer zu ertragen.

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Wie schwer es wirklich für mich war, bekam ausgerechnet Stev kurz darauf zu spüren. Er hatte eigentlich nichts weiter gemacht, als sich im selben Raum mit mir zu befinden, als ich meinen Liebesroman nicht wieder finden konnte. An sich wäre es nicht weiter schlimm gewesen, doch es frustriere mich, dass Dominik nicht einmal mit mir sprechen wollte. Und all diesen Frust ließ ich an Stev ab, der gar nicht so recht wusste, wie ihm geschah.

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"Nimm es nicht so tragisch", beruhigte Tristan unseren neuen Mitbewohner. "Oxana hat es sicher nicht böse gemeint. Sie steht zurzeit nur sehr unter Strom." Liebvoll streichelte er Stevs Wange und dieser hatte den Vorfall aus dem Wohnzimmer fast wieder vergessen. Fast zwei Wochen kannte Tristan diesen jungen Mann und noch immer hatte er es nicht geschafft, mit ihm zu schlafen. Eine paar Küsse, etwas Streicheln, doch dabei war es auch immer geblieben. Aber jetzt sah Tristan seine Chance gekommen. Vielleicht war es nicht nett, Stevs Verwirrung über meinen Wutausbruch auszunutzen, doch Tristan wollte nicht mehr länger warten. Tristan griff einfach nach Stevs T-Shirt und zog es hoch. Zwar zeigte sich ein verunsicherter Ausdruck aufs Stevs Gesicht, aber er hob seine Arme und ließ sich das Kleidungsstück komplett ausziehen. Tristan zog auch sein T-Shirt aus und setze diese Aktion bei seiner Hose fort. Als er sah, dass Stev zögerte, öffnete er einfach selbst dessen Knopfhose und zog die Jeans bis zu Stevs Knöcheln hinunter. Es ließ sich nicht vermeiden, dass er dabei Stevs wachsende Erregung mitverfolgen konnte.

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Tristan begann ihn zu küssen und die Leidenschaft, mit der Stev seine Küsse erwiderte, war ein deutliches Zeichen für ihn, dass er die Gelegenheit beim Schopfe packen musste. Also überlegte er nicht lange und zog Stev zu sich ins Bett. Dort angekommen schmusten beide heftig herum und Tristan schickte seine Hände auf Wanderschaft. Er streichelte Stevs nackte Brust, seinen Bauch und gelangte schließlich auf zu seinem Lendenbereich. Doch anstatt sich damit zufrieden zu geben, seine Finger über den Stoff von Stevs Trunks gleiten zu lassen und nur zu erahnen, was sich darunter befand, griff er diesmal beherzt zu.

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Augenblicklich erstarrte Stev und sah Tristan mit großen Augen an. Doch der sah darin keinen Anlass, seine Hand zurück zu ziehen. "Ich will mit dir schlafen, Stev", flüsterte er stattdessen. "Jetzt, hier und heute." Stev atmete schwer, unfähig etwas zu erwidern. "Du...du hast doch schon...?", fragte Tristan plötzlich sichtlich verunsichert, doch Stev beruhigte ihn sogleich. "Ja. Es ist nur schon eine Weile her und...und ich bin einfach unsicher, das ist alles."

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"Das brauchst du nicht", versicherte Tristan und drückte Stev mit seinem Körpergewicht auf das Bett hinunter. "Lass dich einfach fallen und genieß es." Das tat Stev dann auch. Er schaltete all die Gedanken ab, die ihn davon abhalten würde, jetzt mit diesem Mann zu schlafen. Er vergaß den Altersunterschied, die Tatsache, dass die beiden sich erste wenige Tage kannten. Er lebte nur einmal und wenn er jede Situation nur aus dem Blickwinkel der Vernunft betrachtete, dann entging ihm so manch schönes Erlebnis.

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Am Ende war er glücklich, sich einfach fallen gelassen zu haben. Seelenruhig döste er in Tristans Arm und genoss es, den warmen Köper dieses Mannes neben sich zu spüren. Auch Tristan hatte es genossen und er war begierig darauf, es auszukosten, dass dieser junge Mann noch eine Weile das Bett mit ihm teilen würde. Aber noch während er Stev in seinem Arm hielt, schweiften seine Gedanken zu Frank ab. Was er wohl gerade tat? Ob er auch gerade einen anderen Mann an seiner Seite hatte? Tristan hatte Lust, seinem Freund von Stev zu erzählen, ihm jede Einzelheit seines Körpers zu beschreiben und ihm von ihrem Liebesspiel zu erzählen. Vielleicht sollte er Frank hinzubitten, damit sein Freund auch einmal in den Genuss seines Strandfundes kam?



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Am nächsten Morgen kam Tristan ins Arbeitszimmer, als ich am PC saß und ich nutzt gleich die Gelegenheit mich, wenn schon nicht bei Stev direkt, wenigsten bei Tristan für meinen Wutausbruch zu entschuldigen. "Also, sag ihm, dass es mir wirklich Leid tut. Aber wenn ich die Geräusche aus deinem Schlafzimmer richtig deute, dann hast du schon deine eigene Art gefunden, ihn zu trösten." Tristan grinste schelmisch. "Ja, wir hatten unseren Spaß." "Ich will mich ja nicht einmischen, Tristan", erwiderte ich, "aber ist Stev bewusst, dass das ganze nur Spaß für dich ist?" Als ich Tristans entnervtes Stöhnen hört, schallte ich schnell den PC aus und stand auf, um möglichen Ärger zu entkommen. Doch Tristans Kommentar entkam ich nicht. "Was geht es dich an, was ich mit Stev oder anderen Männern treibe? Zu deiner Affäre mit Albert habe ich auch nichts gesagt und dasselbe erwarte ich jetzt von dir." Das war ein Argument, dem ich nichts entgegensetzen konnte. Und so behielt ich meine weiteren Vorbehalte für mich.
 
Kapitel 114: Verzeihen

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Wäre es nach mir gegangen, ich hätte mich noch wochenlang in der Simlane verkriechen können. Doch zum Glück hatte ich Freunde, die dies nicht zuließen. In einer Kleinstadt wie Sierra Simlone Stadt verbreiteten sich Trennungsgerüchte wie ein Lauffeuer und innerhalb kürzester Zeit, wusste der halbe Ort bescheid. Brandi war eine der Ersten, die versuchte mich aus meiner Höhle hervor zu locken. Und nach einiger Überzeugungsarbeit gelang es ihr, mich zu einem Frisörbesuch zu überreden. Das war zwar nicht ihr erster Vorschlag gewesen, aber nach Party oder Cocktailbar war mir im Moment nicht zumute.

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Zum Frisör hätte ich eh bald wieder gemusst und Begleitung tat mir eigentlich ganz gut. "Und Dominik hat nicht versucht, noch einmal mit dir zu sprechen", fragte Brandi, die in einer Zeitschrift blätterte, während die rothaarige Friseurin damit beschäftigt war, meine Frisur wieder in Form zu bringen. "Er hat nur mit den Kindern gesprochen", gestand ich traurig. "Aber wenigstens lässt er meinen Fehler nicht an den Mädchen aus." "Trotzdem hätte er noch einmal mit dir sprechen sollen. Ihr seid jetzt seit fast 8 Jahren verheiratet und noch viel länger zusammen. So etwas wirft man doch nicht einfach Weg, ohne zu versuchen, ob sich da noch etwas machen lässt. Ich hätte nicht gedacht, dass Dominik dich so leicht aufgibt. Insbesondere wenn man bedenkt, wie sehr er sich damals um dich bemüht hat."

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Natürlich wünschet ich mir, dass Dominik mir wenigstens noch eine Chance gab, mich bei ihm zu entschuldigen. Vielleicht würde er mich sogar verstehen. Und wenn es nur ein ganz kleines Bisschen wäre. "Tut mir leid, wenn ich mich einmische", unterbrach uns plötzlich die Friseurin. "Ich wollte nicht lauschen, aber es war unmöglich bei ihrem Gespräch nicht zuzuhören. Ich...ich kenne Dominik. Er hat gelegentlich auch mich und meine kleine Schwester aufgepasst, als wir noch Kinder waren. Damals habe ich mitbekommen, wie enttäuscht er war, als ihn seine damalige Freundin betrogen hatte. Und in ihrem Fall ist es ja noch um einiges schlimmer...zumindest erzählen die Leute so einiges." Ich sah die Friseurin entsetzt an. Man tratschte als wirklich im ganzen Ort über mich. Ich hatte es zwar geahnt, aber jetzt hatte ich auch die Bestätigung. "Was ich damit sagen wollte", fuhr sie fort, „ich würde mir nicht zu viel Hoffnungen machen, dass er ihnen noch einmal verzeiht." Brandi funkelte die Friseurin böse an. "Niemand hat sie nach ihrer Meinung gefragt. Also hopp, hopp machen sie sich ans Haare schneiden und behalten sie ihre altklugen Ratschlage für sich."

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Die Friseurin nickte höflich und machte sich dann wieder daran, meine Spitzen zu schneiden. Trotzdem machten mich ihre Worte nachdenklich. Ich betrachtete nur beiläufig das Ergebnis im Spiegel und stand gedankenverloren auf. Dabei wäre ich fast in Gerda gerannt. "Hallo Gerda", begrüßte ich sie zögerlich. Ich hatte meine Freundin nicht mehr gesprochen, seitdem sie bei mir war und die volle Wahrheit über mich und Albert erfahren hatte. "Hallo Oxana", grüßte sie kühl zurück. Wir standen uns gegenüber und keine wusste so recht, was sie als nächstes sagen sollte, bis Gerda schließlich einen Anfang machte: "Wollen wir vielleicht einen Kaffee zusammen trinken? Ich habe zwar einen Termin, aber den kann ich auch verschieben. Wir haben uns viel zu sagen, Oxana."

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Ich entschuldigte mich bei Brandi. Aber Rolands Frau verstand genau, wie wichtig mir eine Aussprache mit Gerda war. Aus diesem Grund schloss sie sich uns auch nicht an, wie ich es aus Höflichkeit vorgeschlagen hatte. Wir sollten unter uns sein, damit wir offen miteinander reden konnten. Im alten Café im Dorfzentrum suchten wir uns einen Tisch und bestellten zwei Kaffee. Immer noch herrschte dieses beklemmende Schweigen zwischen uns und ich traute mich kaum, Gerda direkt anzublicken. Und auch sie schlürfte zunächst nur gedankenverloren an ihrem Kaffee.

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Aber ich hatte sie hintergangen und deshalb lag es an mir, den ersten Schritt zu wagen. Immerhin war Gerda schon von sich aus auf mich zugekommen. Mehr konnte ich nicht erwarten. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch, bevor ich zu meiner Entschuldigung ansetzte: "Gerda, ich wünschte, ich hätte dir nach Alberts Tod die ganze Wahrheit erzählt. Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, hätte ich es getan. Aber ich kann nicht mehr rückgängig machen, was passiert ist. Ich hoffe, du wirst mir irgendwann verzeihen können."

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"Ich habe dir doch schon längst verziehen, Oxana", entgegnete Gerda. "Glaubst du ich säße hier mit dir an einem Tisch, wenn es nicht so wäre? Ich gebe es zu, dass ich geschockt war, als ich erfuhr, dass Kinga Alberts Tochter ist. Als sie gezeugt wurde, habe ich noch um meine Ehe gekämpft und es tat weh zu erfahren, dass sie Albert schon damals nicht mehr viel bedeutet haben musste. Aber ich gebe nicht dir die Schuld, Oxana. Albert war der verheiratete Mann und ist fremdgegangen. Und er hat dich in eine Situation gebracht, in der du dich in die Ecke gedrängt fühltest und keinen anderen Ausweg sahst, als zu Lügen um es zu überstehen. Und ich rechne dir sehr hoch an, dass du damals bereitwillig auf eine mögliche Zukunft mit meinem Mann verzichtet hast, mir und den Kindern zuliebe." Betrübt schaute ich auf den Tisch. Nein, es war nicht alles Alberts Schuld. Ich hatte es zugelassen, dass wir uns näher kamen und deshalb war ich mindestens genau so schuld an allem wie er.

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Scheinbar konnte Gerda meine Gedanken lesen. "Wir hatten alle Schuld, Oxana. Das wollte ich damit sagen. Albert hatte Schuld, ich hatte Schuld und du hattest Schuld. Also verurteile nicht ausschließlich dich selbst für das, was passiert ist. Du hast eine, nein zwei wunderbare Töchter. Und wenn Albert ihr Vater ist, dann solltest du dankbar sein, dass er sie dir geschenkt hat. Sie sind zwei wundervolle Kinder und wir sollten alle froh sein, dass sie auf der Welt sind. Albert ist nun schon seit 8 Jahren tot. Ich will nicht mehr böse auf ihn sein. Und auch auf dich und die Mädchen will ich nicht böse sein. Meine Kinder haben mindestens eine Schwester dazu gewonnen. Darüber sollten wir alle glücklich sein. Ich weiß, die Leute werden hinter meinem Rücken über mich lachen. Und über die werden sie gnadenlos herziehen. Und allein aus diesem Grund sollten wir beide zusammen halten, Oxana."

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"Meinst du das wirklich ernst, Gerda?", fragte ich sichtlich gerührt. "Nach allem was ich dir angetan habe, willst du mir noch einmal verzeihen? Ich möchte dich auf keinen Fall als Freundin verlieren." Gerda lächelte mich mitfühlend an. "Das möchte ich doch auch nicht, Oxana. Ich brauche deine Unterstützung, um die nächsten Wochen und Monate zu überstehen." "Ich werde dir helfen, wo immer ich kann, Gerda", erwiderte ich überschwänglich. "Und ich verspreche dir, dass ich dich nie wieder anlügen werde."



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Ich dankte Gott für eine solche Freundin. Ich hatte es schon kaum geglaubt, als Gerda mir vor vielen Jahren das Verhältnis mit Albert verziehen hatte. Sie hatte mir damals nicht nur verziehen, sondern war bereit gewesen, Albert für mich aufzugeben. Und jetzt verzieh sie mir auch, dass ich ein oder möglicherweise sogar zwei Kinder von ihm hatte. Und was das anging, brauchte ich endlich Gewissheit. Ich musste wissen, ob Klaudia die Tochter von Albert oder Dominik war. "Das Ergebnis wir in etwa drei Tagen vorliegen", teilte Landschwester Chlora Mpenikohl mir mit, als ich sie in ihrer Praxis aufsuchte. "Ich werde die Haarproben von Klaudia und ihrem Mann umgehend ins Labor nach SimVegas schicken, dann haben sie Sicherheit."

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Ich wollte das Ergebnis wissen, ich musste es einfach, und trotzdem hatte ich Angst davor. Mir wurde schlagartig klar, dass Klaudia das letzte Band war, das Dominik und mich noch verband. Wenn sie nun aber auch Alberts Tochter wäre, dann gebe es keinen Grund für ihn, sich noch weiter mit mir auseinander zu setzen. Ich sand ein Stoßgebet zum Himmel. Unser Vater im Himmel wusste schon, was er tat, trotzdem war es manchmal schwer, auf seinen großen Plan zu vertrauen.​
 
Kapitel 115: Neue Ziele

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Das Warten auf das Testergebnis erschien mir wie eine halbe Ewigkeit. Ich versuchte mich mit meinen Romanen abzulenken, doch das gelang mir nur teilweise. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich zwar die Worte auf den Seiten las, aber mit den Gedanken doch ganz wo anders war. Stev war mir leider auch keine große Ablenkung. Wir lebten zwar ganz gut zusammen, aber wir sprachen selten miteinander. Selbst, wenn wir, wie jetzt, im selben Raum waren, war ich in mein Buch und er in seine Malerei vertieft.

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Dabei war er mir keineswegs gleichgültig, ganz im Gegenteil. Ich machte mir Sorgen um ihn, denn ich sah, wie er Tristan von Tag zu Tag verliebter ansah. Er war wirklich glücklich, aber nur, weil er nicht wusste, dass er für Tristan nur ein Abenteuer war. Ein Abenteuer, das dieser durchaus genoss, das aber nichts mit wahren Gefühlen oder gar Liebe zu tun hatte.

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Und ich wollte nicht mit ansehen, wie Stev verletzt wurde. Wenn Liebe nur einseitig erfolgte, dann wurde am Ende immer jemand verletzt. Wegen mir hatte Dominik das am eigenen Leib zu spüren bekommen und ich wollte verhindern, dass es Stev wie meinem Ehemann erging. Daher nahm ich in an einem Vormittag zur Seite, um ihn über Tristan aufzuklären. "Tristan hat einen festen Freund, Stev. Und er hat nicht vor Frank zu verlassen. Die beiden sind schon seit einer Ewigkeit zusammen und wenn ich Tristan richtig verstanden habe, dann suchen sich die beiden öfter einmal kurzzeitig andere Partner. Wenn das für die beiden in Ordnung ist, dann will ich mich da gar nicht einmischen, aber ich finde, dass du das Recht hast zu erfahren, woran du bist."

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Genau diesen Ausdruck in Stevs Augen hatte ich vermeiden wollen. Doch scheinbar war es dafür bereits zu spät. Stev sah mich traurig an und wusste gar nicht, was er erwidern sollte. Er glaubt mir, dass konnte ich auf Anhieb erkennen. "Danke, dass du es mir gesagt hast", sagte er schließlich betroffen. "Das...das habe ich tatsächlich nicht gewusst. Aber na ja, so schlimm ist das gar nicht. Ich komme schon irgendwie klar." Natürlich würde er klar kommen, denn schließlich mussten wir das alle. Aber so gleichgültig, wie er vorzugeben versuchte war Stev Tristans Betrug doch nicht.

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Das erkannt ich alleine daran, dass er anschließend begann, das Haus gründlich zu putzen. "Es ist halt schmutzig und ich will auch meinen Anteil zur Hausarbeit beitragen", redete er sich heraus, als ich ihn darauf ansprach, aber ich erkannte, dass er nur über seinen Schmerz hinweg täuschen wollte. Und aus eigener Erfahrung wusste ich nur zu gut, dass man beim Putzen die Welt um sich herum vergessen konnte. Wenn doch die eigenen Probleme nur so leicht verschwinden würden, wie die Kalkflecken im Waschbecken.

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Stev sprach anschließend noch seltener mit mir. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er mir böse war, weil ich ihn die Wahrheit gesagt hatte, aber er vermied es einfach, mir zu begegnen. Vielleicht hatte er keine Lust darauf, noch einmal mit mir über seine Beziehung zu Tristan zu sprechen. Stattdessen verbrachte er viel Zeit mit Kinga. Meine Tochter sprach immer noch nicht mit mir, dafür aber um so mehr mit unserem neuen Mitbewohner. Wenn die beiden sich erst einmal an den Schachtisch setzten, waren sie kaum noch davon los zu bekommen.

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Wie gesagt, kaum davon los zu kommen. Denn Tristan wirkte auf Stev immer noch eine starke Anziehung aus. Wenn ich alleine mit Stev war, dann sah ich, dass er sich Gedanken machte und dass er nicht so zufrieden war, wie es manchmal schien. Aber wenn Tristan in der Nähe war, dann ließ er sich nicht anmerken, dass er etwas von Frank ahnte. Schmunzelnd beobachtete Kinga, wie Tristan ihren Schachgegner von seinem Stuhl riss und ihn dann wild abknutschte. So wild, dass selbst Kinga weg schaute, da sie das Gefühl hatte, dass die beiden lieber alleine wären.

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Die beiden verzogen sich auch anschließend in ihr Schlafzimmer. Und auch dort ließ Stev sich nichts anmerken. Er genoss es einfach, von Tristan liebkost zu werden und anschließend mit ihm zu schlafen. Vielleicht hatte ich mich ja auch geirrt? Vielleicht war Stev gar nicht in Tristan verliebt und wollte genau das gleich wie mein Mitbewohner: Ein Abenteuer ohne Verpflichtungen?

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Doch dem war nicht so. Auch wenn Stev sich die letzten Tage Tristan gegenüber so verhalten hatte, als ob nichts passiert wäre, hatte er sich Gedanken gemacht. Und er war zu dem Schluss gekommen, dass er mehr wollte, mehr brauchte, als bloß Sex. An diesem Abend regnete es in der Sierra Simlone und Tristan und Stev saßen auf der Bank vor dem Haus und genossen die Abkühlung, die die Regentropfen mit sich brachten, wenn sie auf die beiden niederprasselten. "Ich werde ausziehen, Tristan", verkündet Stev überraschend und es schien, als ob er eher mit der Nachtluft als mit Tristan reden würde.

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"Du willst was?", fragte Tristan überrumpelt. "Warum? ich habe dir doch angeboten, dass du so lange bleiben kannst, wie du willst." Und ich wäre gerne geblieben, dachte Stev, aber nur wenn du in mir mehr sehn würdest, als ein Abenteuer, als eine Abwechslung von der Routine. Doch Stev sprach diesen Gedanken nicht aus. Stattdessen lächelte er. "Wir wussten doch beide, dass es nur vorübergehend ist", erwiderte er. "Ich kann dir und Oxana nicht weiter zur Last fallen. Ich habe mich in den letzten Tagen nach einem Job umgesehen und auch was Brauchbares gefunden. Nächste Woche geht es los. Ich kann jetzt selber für mich sorgen und ich habe auch schon eine nette WG ausfindig gemacht. Also mach dir um mich keine Sorgen, Tristan."

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"Wie es aussieht, hast du dir das gründlich überlegt, Stev", entgegnete Tristan. "Dabei hätte ich dich gerne noch eine Weile bei mir gehabt." Er legte seinen Arm um Stev und zog ihn zu sich heran. Es fiel Stev schwer, Tristan so nah zu sein, seine Wärme zu spüren und seinen vertrauten Duft einzuatmen, ohne schwach zu werden und all seine Vorsätze über Bord zu werfen. Doch wenn er es nicht täte, würde er früher oder später enttäuscht werden. Also war es das Beste, die Sache hier und jetzt zu beenden. "Wir hatten unseren Spaß", sagte Stev und streichelte dabei Tristans Hand. "Du wolltest mich und ich wollte dich. Wir haben bekommen, was wir wollten und jetzt ist es Zeit, sich neuen Zielen zuzuwenden."

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„Ich bin froh, dass ich dich an der Playa de Seda Azul getroffen habe", flüsterte Tristan. "Und du weißt ja jetzt, wo ich wohne. Wenn du als mal Lust auf eine kleine Wiederholung hast, scheu dich nicht vorbei zu kommen. Und das biete ich nicht jedem an, als du darfst dich ruhig geschmeichelt fühlen." Tristan grinste breit. Anstatt zu antworten schmiegte Stev sich einfach an seinen rothaarigen Liebhaber und küsste ihn. "Ich bin ja nicht sofort weg", hauchte er leise, "und die letzten zwei, drei Tage wollte ich nicht ungenutzt verstreichen lassen."

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Tristan löste sich von Stev und verschwand grinsend im Haus. Der junge Braunschopf hatte vollkommen Recht, die letzten gemeinsamen Tage sollten die beiden noch auskosten und für heute Nacht hatte er sich schon etwas schönes überlegt. Schlagsahne und Zitronenscheiben sollten dabei eine zentrale Rolle spielen. Stev blieb auf der Bank sitzen und beobachtet, wie Tristan die Treppe zur Veranda hochstieg. So glücklich und ausgelassen, wie er gerade getan hatte, war er nicht im Geringsten. Um ehrlich zu sein, war ihm eher zum Heulen zumute. Aber er wollte Tristan gegenüber nicht eingestehen, dass dieser ihn bereits zutiefst verletzt hatte. Stattdessen gab er lieber vor, dass er selber nie mehr gewollte hatte, als sein Liebhaber. Indem er so tat, als ob es ihm gleichgültig wäre, gab er dem anderen keine Macht über sich. Doch dadurch nahm er sich auch jede Chance, um das zu Kämpfen, was er wollte. Wer weiß, wenn er Tristan seine Gefühle offen dargelegt hätte, vielleicht wäre aus diesem Abenteuer doch noch Liebe geworden? Doch seine Entscheidung war längst gefallen und sein Auszug beschlossene Sache.
 
Kapitel 116: Entscheidung

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Am Morgen nach dem Regenschauer, ging ich nervös zum Briefkasten. Drei Tage waren vergangen, seitdem ich bei der Landschwester gewesen war. Mit Herzklopfen öffnete ich den Briefkasten und holte die Post hervor. Und sofort sprang mir der Umschlag mit der Aufschrift "Medizinisch-gentechnisches Labor SimVegas" entgegen. Zitternd hielt ich das Kuvert in meiner Hand. So viel hing von diesem einen kleinen Brief ab. Doch ich brauchte Gewissheit. Für mich, für Klaudia....für Dominik. Also atmete ich tief durch und riss den Umschlag auf.

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Ich hatte kaum Zeit, das Testergebnis zu lesen, als ich auch schon das Telefon läuten hörte. Eilig lief ich ins Haus, legte die Briefe zur Seite und hob den Hörer ab. "Hier bei Blech, Linse und Füller. Oxana Blech am Apparat", meldete ich mich. "Oxana, hier ist Dominik", sprach eine raue, mir nur allzu gut bekannte Männerstimme auf der anderen Seite der Leitung. Mir stockte der Atem. Zum ersten Mal seit fast vier Wochen hörte ich Dominiks Stimme und es trieb mir fast die Tränen in die Augen. "Wir müssen und unterhalten", fuhr er fort. "Wir müssen besprechen, wie es weiter gehen soll. Ich habe für heute Abend einen Tisch im Restaurant bestellt. Ich warte dann um 18 Uhr dort auf dich, Brodlowska. Bis dann." Er legte auf, ohne eine Antwort von mir abzuwarten, aber es war ohnehin klar, dass ich zu diesem Treffen kommen würde.

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Er hatte kühl und zurückhaltend am Telefon geklungen, aber das war nur verständlich. Wichtig war nur, dass er mich angerufen hatte und mich sehen wollte. Und er hatte mich Brodlowska genannt. Und auch wenn mein Kosename über das Telefon wenig gefühlvoll geklungen hatte, so war dies immer noch besser als das bitter, kalte "Oxana" mit dem er mich bei unserem Streit vor einem Monat bezeichnet hatte. Ich erzählt niemanden davon, dass Dominik mich sehen wollte, weder Tristan, und schon gar nicht den Kindern. Ich wollte keine falschen Hoffnungen wecken, auch wenn ich selber furchtbar aufgeregt war. Stundenlang stand ich vor dem Spiegel und probieret ein Kleid nach dem anderen und änderte mehrmals mein Make-up. Ich wollte gut aussehen für meinen Mann. Das war das mindeste, was ich für ihn tun konnte.



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Auch als ich das Haus verließ, achtete ich darauf, von niemandem gesehen zu werden. Es war nicht weit bis zum Restaurant, als konnte ich getroste zu Fuß gehen. Doch schnell bereute ich diese Entscheidung, denn mit jedem Schritt, mit dem ich mich meinem Ziel nährte, wurde es schwerer weiter zu gehen. Ich bekam plötzlich unglaublich Angst, Dominik gegenüber zu treten. Doch ich ging weiter und schon aus der Ferne erkannte ich meinen Ehemann, der im Schatten des Sonnendaches des Restaurants auf mich wartete. Ich atmete tief durch und stieg die wenigen Stufen hoch. Dabei sah ich Dominik vorsichtig an. Doch sein Gesicht war regungslos und ich konnte daraus nicht ableiten, wie es um uns stand. Und dann überraschte er mich mit einem Kompliment: "Du siehst toll aus, Brodlowska". Es verschlug mir die Sprache und ich stammelte zunächst nur vor mich hin, bis ich ihm erwidern konnte: "Danke, Dominik. Du siehst auch gut aus".

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Dominik grinste leicht und auf einmal spürte ich die alte Nähe und Vertrautheit zwischen uns. Doch ich wagte es nicht, ihn jetzt zu berühren oder nach seiner Hand zu greifen. Auch wenn ich mir in diesem Moment nichts sehnlicher wünschte, ich hatte einfach nicht das Recht dazu. Dominik musste entscheiden, ob und wann er bereit dazu war, mir zu vergeben. Und mit einer unbedachten Berührung hätte ich alles kaputt machen können. "Lass uns hinein gehen", forderte Dominik mich auf. "Unser Tisch ist bereits frei."

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Die Empfangsdame führte uns zu unserem Tisch. Ich überließ Dominik die Entscheidung, was wir bestellen sollten. Wir waren nun schon seit fünfzehn Jahren zusammen. Inzwischen kannte er meine Angewohnheiten. Und trotzdem war es so ungewohnt mit ihm an einem Tisch zu sitzen. Wir waren uns so nah und doch so unendlich fern, als ob eine unüberwindliche Mauer aus Glas zwischen uns beiden errichtet worden wäre. Ich bemerkte, dass meine Kehle vollkommen ausgetrocknet war und entdeckte mit Erleichterung eine Karaffe mit frischem Wasser, aus der ich mich bediente.

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Die Bestellung des Essens gab mir noch einige Minuten Aufschub, doch dann waren wir nur noch zu zweit, Dominik und ich. Wir sahen uns an und wussten beide, dass es so viel zu klären gab, nur wusste keiner von uns, wie wir beginnen sollten. Schließlich war ich es, die tief durchatmete, ihre Lippen anfeuchtete und zu sprechen begann: "Dominik, es tut mir so leid. Ich...ich weiß, dass ich mich nicht bei dir entschuldigen kann, aber ich möchte, dass du weißt, wie sehr es mir leid tut, dass ich dich so sehr verletzt habe. Das habe ich nie gewollt."

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Dominik nahm einen großen Schluck aus seinem Wasserglas und stellte es dann ruhig ab. "Ich glaube dir, Brodlowska. Ich glaube dir, dass du mich nie absichtlich verletzen wolltest. Wäre es anders, dann säßen wir jetzt nicht hier gemeinsam an einem Tisch. Ich hatte in den letzten Wochen viel Zeit zum Nachzudenken. Es war ein Schock für mich zu erfahren, dass Kinga nicht meine Tochter ist. Doch ich musste immer daran denken, dass ich es war, der ihre das Fläschchen gegeben hat, der nachts für sie aufgestanden ist, der ihr beigebracht hat, das Töpfchen zu benutzen und zu laufen. Ich war das, nicht Albert. Und ich war es, der so viele Jahre mit dir zusammen gelebt hat. Du warst meine Frau, nicht seine. Es tut weh zu erfahren, dass du nicht mich, sondern ihn geliebt hast, denn ich habe dich vergöttert, Brodlowska, von dem Moment an, wo ich dich das erste Mal sah. Aber ich glaube dir nicht, dass ich dir egal war. Das hätte ich gespürt und in all unseren gemeinsamen Jahren war ich glücklich. Ich war wirklich glücklich."

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"Ich war auch glücklich, Dominik. Ich verstehe selber nicht, wieso ich so lange einem Mann nachgelaufen bin, der für mich unerreichbar war. Ich hatte doch schon alles, was ich wollte bei dir gefunden. Insbesondere nachdem Klaudia geboren war hatten sich für mich alle Träume erfüllt. Mit dir erfüllt. Dich zu belügen war ein Fehler gewesen. Ein unverzeihlicher Fehler, aber wir vier waren so glücklich miteinander, du, die Kinder und ich. Ich wollte das nicht mehr zerstören, gerade wegen dir und den Mädchen nicht." Dominik nahm schweigend einen weiteren Schluck aus seinem Glas. Anschließend rieb er sich die Schläfen. "Ich verstehe, warum du es anschließend verheimlich hast. Ich verstehe nur nicht, warum du mich von Anfang an belügen musstest. Ich liebe die Mädchen nach wie vor, daran hat sich nichts geändert, aber Kinga ist nun einmal nicht meine Tochter und Klaudia..."

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Genau in diesem Moment kam die Kellnerin und brachte das Essen. Nervös nahm ich die Gabel und begann damit in meinem Filet herum zu stochern. "Dominik ich...ich habe einen Vaterschaftstest machen lassen. Ich weiß jetzt ganz sicher, wer Klaudias Vater ist." "Sag es mir nicht, Brodlowska", unterbrach mein Ehemann mich. "Ich möchte es nicht wissen. Ich liebe mein kleines Pummelchen. Sie ist ein wundervolles Kind. Es spielt keine Rolle, ob nun Albert oder ich ihr Vater bin, aber solange ich nicht das Gegenteil weiß, ist sie meine Tochter, meine leibliche Tochter. Ich brauche den Glauben daran einfach. Also sag es mir nicht." Ich nickte zaghaft.

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Wir aßen und ich hatte Angst, dass dadurch ein Schweigen zwischen uns entstehen würde, dass wir nicht mehr überbrücken konnten. Doch das trat zum Glück nicht ein. Dominik fragte hauptsächlich nach unsern Kindern, wie es ihnen gehen würde. Ich erzählte ihm die Wahrheit, dass Kinga am Boden zerstört war und kein Wort mehr mit mir wechselte und dass Klaudia es bis jetzt ganz gut verkraftete, dass er nicht mehr bei uns lebte, wahrscheinlich, weil sie die Tragweite noch nicht ganz verstand. Und es überraschte mich, dass Dominik auch wissen wollte, wie es mir ging. Und auch ich antwortete ihm ganz ehrlich, dass es mir nicht gut ginge und dass ich ihn vermissen würde. Dominik reagierte auf die Offenbarung zurückhaltend. Er nahm sie hin, ging aber nicht weiter darauf ein. Aber was hatte ich denn erwartet? Ich hatte ihn betrogen, da war es verständlich, dass er wenig Mitleid mit mir zeigte.

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Doch dann tat er etwas, womit ich niemals gerechnet hätte. Er legte sein Besteck zur Seite und stand auf. Er trat vor mich und streckte mir seine Hand entgegen, die ich verunsichert fasste. "Lass uns zusammen tanzen, Brodlowska. Der Nachtisch wird noch eine Weile brauchen." Ich blickte ihn unschlüssig an, erhob mich dann aber von meinem Platz. Im Hintergrund lief eine langsamer Stück und Dominik legte seinen rechten Arm auf meine Rücken und griff meine linke Hand. Ich verstand immer noch nicht, was er damit erreichen wollte, aber ich entschloss mich dazu, mir keine weiteren Gedanken zu machen. Ich ließ mich einfach fallen und von ihm über die Tanzfläche führen.

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Schließlich tanzten wir eng umschlungen. Glücklich senkte ich meinen Kopf auf seine Schulter und genoss es, eng in den Armen meines Mannes zu liegen. "Sie ist deine Tochter", flüsterte ich behutsam in sein Ohr, selbst überrascht davon, dass ich es tatsächlich laut ausgesprochen hatte. "Du bist Klaudias leiblicher Vater, Dominik." Dominik antwortete nicht, aber ich fühlte, wie seine Arme sich noch enger um meinen Körper schlossen und er erleichtert ausatmete.

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Leider unterbrach uns die Kellnerin und teilte uns mit, dass der Nachtisch nun bereit stände. Nur ungern trennte ich mich von Dominik und wir gingen zurück zu unserm Tisch. Ich hatte kaum einen Happen probiert, als Dominik mir sein Hand entgegenstreckte und mich anlächelte. Zaghaft berührte ich sie und strich über die feinen Härchen auf seinen Fingern. "Danke, dass du gekommen bist, Brodlowska", hauchte er mir zu. "Dadurch ist mir noch einmal bewusst geworden, warum ich all die Jahre nichts gemerkt habe. Du bist einfach eine wundervolle Frau. Ich wäre dumm gewesen, wenn ich mich nicht in die verliebt hätte. Und auch jetzt liebe ich dich immer noch." Ich könnte nicht glauben was ich hörte und ich war unfähig zu sprechen. Aber mein Strahlen dürfte Antwort genug gewesen sein.

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Ein Strahlen, dass nicht lange bestand hatte und sich in einen Ausdruck des Entsetzens verwandelte, als er weiter sprach: "Ich werde dich immer lieben, Brodlowska, der heutige Abend hat es mir noch einmal vor Augen geführt. Aber Liebe allein reicht nicht. Ich muss meiner Frau bedingungslos vertrauen können. Und mein Vertrauen in dich ist verschwunden und ich sehe nicht, dass du es in absehbarer Zukunft wieder zurück gewinnen könntest. Wir brauchen einen Neuanfang, Brodlowska, du und ich, aber nicht gemeinsam, sondern jeder für sich. Und deshalb…deshalb will ich, dass wir uns Scheiden lassen".​

Gedanken:
Ich hätte es ahnen müssen. In meinem Leben lagen Glück und Unglück immer dicht beieinander. Gleich, als Dominik mir das erste Kompliment machte, hätte ich wissen müssen, dass ein großes Unglück auf mich zurollt. Aber ich wollte es nicht wahr haben. Ich wollte glauben, dass Dominik mir verzeiht, trotz all meiner Lügen, und wir wieder zusammen finden würden. Doch das wird nun endgültig nicht mehr geschehen.
Als ich noch in SimCity lebte, habe ich mir oft gewünscht, dass meine Eltern sich scheiden ließen. Ich dachte, dass sie dadurch Erlösung finden würden, dass mit der Scheidung all der Streit und die Verletzungen aufhören würden und dass es für beide befreiend wäre. Doch jetzt sehe ich in einer Scheidung nichts Befreiendes. Die Vorstellung ist einfach nur grausam und es bedeutet, dass meine Liebe zu Dominik nun unwiederbringlich zerbrochen ist.

Dabei lief es ansonsten so gut in meinem Leben. Die Farm machte die größten Gewinne, seit ihrer Gründung und ich dachte schon seit längerer Zeit an eine groß angelegte Expansion. Und Tristans Manager-Gehalt füllte unser Konto zusätzlich.
Einen beträchtlichen Teil dieses Geldes hatten wir auch einer gewagten Entscheidung von Tristan zu verdanken. Er stand vor der Entscheidung, weiter Mineralöl-Transporter zu kaufen, um das geförderte Öl zu den Raffinerien im Norden des Landes zu befördern, oder aber einen internationalen Frachthafen in der Sierra Simlone anzustreben. Er entschied sich für die Transporter und diese Entscheidung erwies sich für sein Unternehmen als goldrichtig.

Unser neuster Mitbewohner, Stev Füller, kam fast mittellos in der Simlane an. Und da er auf die schnelle keinen Job fand, unterstützte er den Haushalt, indem er bei der Hausarbeit half und sich um Kinga und Goya kümmerte. Ich fand es Schade, dass Stev nun schon so bald ausziehen wollte. Aufgrund meiner Eheprobleme hatte ich nie wirklich Zeit gefunden, ihn näher kennen zu lernen und bald würde er die Simlane wieder verlassen. Allerdings konnte ich gut verstehen, warum er sich zu diesem Schritt genötigt fühlte. Je länger er geblieben wäre, desto mehr hätte er sich in Tristan verliebet. Und dann wäre es noch viel schwerer für ihn geworden, sich von Tristan zu trennen.​
 
Hallo Stev, ich lese nach wie vor immer mit. Gemein von dir uns so hinters Licht zu führen, indem du uns hast glauben lassen, dass sich Dominik und Oxana wieder versöhnen würden. Ich kann Dominik aber schon verstehen, er denkt, sein ganzes Leben baut nur auf Lügen auf und so ist es ja auch fast. Wie soll er sich sicher sein, dass Oxana ihn wirklich liebt. Ich hoffe natürlich, dass sie noch fair miteinander umgehen können, vor allem wegen der Kinder. Auf der einen Seite erheiternd, aber auch irgendwie traurig finde ich die Episode mit Stev und Tristan. Schade, dass Tristan nur das Abenteuer sucht, Stev scheint ja doch mehr dran zu liegen. Ich finde es cool, dass du dir selber eine kleine Rolle in der Geschichte gegeben hast, das war mir schon sehr schnell klar. Ich finde es gut, dass wenigstens Klaudia Dominiks Tochter ist, vielleicht wird ihm das einiges an Halt geben. Nun bin ich gespannt wie es weitergeht und hoffe, dass Oxana um ihre Ehe kämpft und Dominik ihr doch noch irgendwann verzeiht.

Lg Simellie
 
@Simellie
Ja, ich bin bekannt dafür, meine Leser hinters Licht zu führen und sie regelmäßig zappeln zu lassen:D Aber diesemal dachte Oxana auch, dass alles gut werden würde und Dominik ihr verzeiht. Nur kann er das einfach nicht. Er kann nicht vergessen, dass sie ihn betrogen und jahrelang belogen hat. Sein Vertrauen zu ihr ist nicht mehr vorhanden. Die Kinder sind Dominik nach wie vor sehr wichtig, Kaludia sowieso, aber in seinem Herzen ist auch Kinga weiterhin seine Tochter. Er wird die Kinder also nicht im Stich lassen...was es aber um so schwieriger macht, mit Oxana endgültig abzuschließen.
Ja, ich hatte auch mal Lust in der Geschichte aufzutauchen :D Allerdings sollte das nur ein Gastauftritt werden, da hat sich eine nicht dauerhafte Romanze mit Tristan angeboten. Klar leidet Stev darunter, dass Tristan es nicht ernst mit ihm meint, aber auf der anderen Seite hat er die letzten Tage und Wochen auch genossen. Tristan hat ihm immerhin nie die große Liebe versprochen, auch wenn Stv sich das natürlich gewünscht hat.
Vielen Dank für deinen ausfürlichen Kommentar!
 
Kapitel 117: Neubeginn


Was bisher geschah:
(Zusammenfassung der bisherigen Kapitel)

Als ich vor vielen Jahren in die Sierra Simlone kam, hatte ich wenig Glück mit den Männern. Mein Mitbewohner Roland verliebte sich in mich, doch konnte ich sein Gefühle nicht erwidern. Erst Jahre später ließ ich mich auf einen Seitensprung mit ihm ein und das, obwohl er zu diesem Zeitpunkt verlobt war. Meine Beziehung zu Benny brach ich aus kindischen Gründen ab und mit Kasimir geriet ich an einen schmierigen Typen, der nur ein Mädchen für eine schnelle Nummer suchte.
Und dann lernte ich einen unglaublichen Mann kennen: Albert. Doch er war verheiratet, Vater von vier Kindern. Wir hatten keine Zukunft und trotzdem ließ ich mich für eine Nacht auf ihn ein. Eine Nacht, die nicht ohne Folgen blieb. Doch ich konnte ihm nichts von seinem Kind erzählen, ohne seine Familie und Ehe zu zerstören.
Also schob ich seine Tochter Kinga einem anderen Mann unter: Dominik. Lange Zeit erkannte ich nicht, dass ich Dominik wirklich liebte. Alberts Tod und eine weitere ungewisse Schwangerschaft zwangen mich dazu, Dominik zu heiraten. Dominik war ein wundervoller Vater für seine beiden Töchter Kinga und Klaudia und ein wundervoller Ehemann. Leider erkannte ich dies erst, als ich entführt wurde, weil ich von meiner Schwester Joanna in ihre dunklen Machenschaften hinein gezogen worden bin. Ich hasst sie dafür, aber ihr hatte ich zu verdanken, dass ich meine wahren Gefühle für Dominik erkannte.
Wir verbrachten einige wundervolle Jahre zusammen, doch dann kam durch einen tragischen Zufall ans Tageslicht, dass Kinga nicht Dominiks leibliche Tochter war. Ich musste ihm beichten, dass ich ihn jahrelang hintergangen hatte und dass auch seine zweite Tochter Klaudia möglicherweise Alberts Kind war. Dominik reagierte verständlicherweise furchtbar wütend und verließ mich und die Kinder. Kinga konnte es nicht ertragen, dass Dominik nicht ihr leiblicher Vater war und gab mir an allem die Schuld. Sie hasste mich. Zum Glück stellte sich bald darauf heraus, dass Klaudia wirklich Dominiks leibliche Tochter war und bei einem gemeinsamen Treffen in einem Restaurant in Sierra Simlone Stadt schienen wir uns doch wieder näher zu kommen. Dominik gestand mir, dass er mich noch immer liebte. Aber dennoch sah er keien gemeinsame Zukunft für uns beide. Er konnte mir nicht mehr vertrauen und bat mich um die Scheidung.

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"Was der Herr zusammengeführt hat, soll der Mensch nicht trennen. Ihr seid nun offiziell Mann und Frau, vor Gott und vor dem Gesetzt der Provinz Sierra Simlone. Frank, sie dürfen ihre Braut nun küssen." Pfarrer Erding brauchte diese Worte nicht zu wiederholen, denn Frank brannte schon begierig darauf, seine junge Braut endlich küssen zu können. Es war nicht so, dass er es noch nie zuvor getan hätte, aber nun küsste er zum ersten Mal seine Ehefrau und nicht nur seine Freundin und Verlobte.

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Die Orgel ertönte und die kleine Hochzeitsgesellschaft verließ die kühlen Mauern der Kirche. Das Brautpaar verließ das Gotteshaus als letztes und mir wurde ganz warm ums Herz, als Miranda in den Schein der Wüstensonne trat und zurückhaltend und doch überglücklich in die Runde lächelte. Sie war nun Frau Miranda Bonzen, eine reife, erwachsene Frau und nicht mehr das kleine, dreizehnjährige Mädchen, das mich aufs übelste beschimpft hat, als wir und zum ersten Mal begegneten. Ich wünschte ihr, dass sie für immer so glücklich bleiben konnte wie in diesem Moment, denn das Glück war flüchtig. Ich hatte das am eigenen Leib zu spüren bekommen.

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Die Hochzeitsfeier fand gleich im Anschluss an die Trauung bei Frank und Miranda im Garten statt. Miranda und ihr Ehemann hatten ein Haus gleich neben "Norman", der Farm von Gerda errichtet, die nun aber von Hans bewirtschaftet wurde. Auch wenn Frank und Miranda sich an der Universität kennengelernt hatten und beide im letzten Jahr ihren Abschluss machten, haben sie sich dazu entschieden, in der Sierra Simlone zu bleiben und ihr Glück als Farmer zu versuchen.

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"Schön, dass du kommen konntest, Oxana", begrüßte mich meine Freundin Gerda, als im Festpavillon eintraf. In der Kirche hatten wir keine Gelegenheit gehabt, uns zu unterhalten und nach der Trauung musste Gerda schnell zum Haus ihrer Tochter, um zu sehen, ob wirklich alles in Ordnung war und die Gäste wirklich anrücken konnten. Immerhin war es das erste Mal, dass eines ihrer Kinder heiratete und sie wollte alles richtig machen. "Wird Dominik auch noch kommen?", fragte Gerda, nachdem wir uns begrüßt hatten.

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"Nein, er wird nicht kommen." Missmutig verzog ich mein Gesicht. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, diesen Tag einfach zu genießen. Doch wie konnte ich zu einer Hochzeit gehen, ohne an meine eigene gescheiterte Ehe zu denken? "Dominik meidet mich", erklärte ich weiter. "Ich kann es ihm nicht einmal verübeln. Er hat sich eine Wohnung hier in der Stadt gemietet und die Mädchen besuchen ihn dort. Das letzte Mal habe ich ihn gesehen, als wir die Scheidungspapiere unterzeichnet haben. Das war vor fast vier Wochen." "Also lasst ihr Euch wirklich scheiden?", hakte Gerda nach. "Ich hatte ja immer gehofft, dass ihr beiden das wieder hin bekommt." Ja, das hatte ich auch, aber die Scheidungspapiere waren beim Anwalt und in fünf Monaten war ich ganz offiziell nicht mehr verheiratet.

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"Wir reden gleich weiter, ja?", entschuldigte sich Gerda und eilte zum Büffet, wo es scheinbar ein Problem gab. Ich wollte gerade zur Bar um mir einen Drink zu hohlen, als ein junger Mann auf mich zugelaufen kam und beide Arme in die Luft riss. "Überraschung, Schwesterherz! Guck mal, wer da ist!" "Orion!", rief ich überrascht und klatschte in die Hände. "Was machst du denn hier?" Seit dem Vorfall mit meiner Zwillingsschwester Joanna, bei dem ich gezwungen wurde, ihr bei ihren kriminellen Machenschaften zu helfen, war auch mein Kontakt zu meinem kleinen Bruder stark zurückgegangen. Klein konnte man ihn aber nicht länger nennen. Der Sohn meines Dads und seiner Geliebten Lucy war zu einem richtigen Mann heran gewachsen. Und jetzt, wo ich ihn vor mir sah, wurde mir klar, wie sehr ich ihn doch vermisst hatte. Und erstaunlicherweise vermisste ich sogar Joanna, auch wenn ich es mir selbst nicht so recht eingestehen wollte.

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"Desdemona hat mich eingeladen", klärte mein Bruder mich bezüglich seines Überraschungsbesuchs auf. "Mona und ich studieren an derselben Uni und wohnen sogar im selben Wohnheim. Aber ich hatte keine Ahnung, dass sie die Tochter von Albert ist, bis ich in der Kirche saß und dich und ihre Mutter entdeckt habe. Total verrückt, dass ich mit der Halbschwester meiner Nichte zusammen studiere."

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Das war wirklich ein Zufall, mit dem ich nie gerechnet hätte. Orion und ich hatten uns viel zu erzählen, also schnappten wir uns etwas vom Büffet und setzten uns zum Essen hin. Orion berichtete mir von seinem Leben an der Uni und auch von meiner Zwillingsschwester in SimCity. Joanna war vor etwa zwei Jahren Mutter geworden und ich hatte meine Nichte noch nie gesehen und nun war sie erneut schwanger. Unweigerlich kamen wir auch auf Dominik und meine Scheidung zu sprechen. "Wie nehmen es die Mädchen denn auf?", fragte er und sein Blick wanderte zu Kinga, die etwas abseits stand und bedrückt in die Wüste schaute. "Kinga fällt es immer noch schwer. Nicht so sehr die Scheidung, sondern die Tatsache, dass Dominik nicht ihr Vater ist. Auf der Hochzeit ihrer Halbschwester zu sein macht es auch nicht gerade einfacher."

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"Klaudia kommt ganz gut zurecht. Zumindest habe ich den Eindruck. Dominik wohnt ja jetzt nicht weit von uns entfernt. Sie kann jederzeit zu ihm rüber laufen, wenn sie das möchte. Dominik wohnt ja jetzt schon seit Wochen nicht mehr bei mir in der Simlane und ich glaube, sie hat sich inzwischen daran gewöhnt." Mein Blick schweifte hinüber zu Klaudia, die fröhlich lachend zwischen dem Bräutigam und Desdemona saß und das leckere Essen vom Büffet sichtlich genoss.

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Später am Abend war mein Pummelchen dann damit beschäftig, von Gast zu Gast zu gehen und mit jedem ein kleines Tänzchen zu wagen. Dabei war ich wohl ihr liebstes Opfer, aber auch ich hatte meinen Spaß daran. So hatte ich immerhin jemanden zum Tanzen, denn mein Bruder war zu sehr mit Desdemona beschäftigt, um mit seiner Schwester zu tanzen und das Brautpaar hatte ohnehin nur Augen für sich und war kaum voneinander zu lösen. Und Hans und seinen Freund Mika konnte ich schließlich auch nicht die ganze Zeit über in Beschlag nehmen. Aber es wurde eine schöne Feier, die ich gerne in Erinnerung behalten würde.

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Gerda muss es genauso gesehen haben. Denn gegen Abend setzte sie sich sichtlich entspannt an den Tisch und aß ein Stück von der Eisbombe. Dabei blickte sie zufrieden über die Tanzfläche und beobachtete die feiernde Hochzeitsgesellschaft und ihr älteste Tochter, die glücklich in den Armen ihres Mannes lag. Sehnsüchtig dachte sie in diesem Moment an ihre eigene Hochzeit zurück, wie sie mit Albert die Tanzfläche unsicher machte und heimlich Sekt trank. Heimlich, weil sie erst 17 war und sich damals ihr Bauch bereits deutlich wölbte und die baldige Geburt ihrer Tochter ankündigte. Auch ihre Hochzeit war auf eine eigene Art sehr schön gewesen. Sie hatte Albert geliebt und er liebte sie und beide waren gespannt auf ihre gemeinsame Zukunft. Und trotzdem war sie froh, dass Miranda einen anderen Weg gegangen war, dass sie sich Zeit gelassen hatte und erst jetzt, mit 26, den Bund fürs Leben einging.



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"Los Mädchen, Beeilung bitte", trieb ich meine beiden Töchter an. "Ihr habt mir versprochen, dass ihr heute pünktlich fertig seid, wenn der Schulbus kommt. Nur deshalb habe ich euch erlaubt, so lange bei der Hochzeitsfeier zu bleiben." Es war bereits kurz vor acht und sowohl Klaudia als auch Kinga liefen noch im Schalfanzug durch die Gegend und Klaudia wäre auf dem Bett ihrer Schwester fast wieder eingeschlafen. "Kein Angst, Mutter, wir sind rechtzeitig fertig", winkte Kinga ab. Ich war mir da nicht so sicher, vor allem, da Klaudias Schulbücher noch überall in Kingas Zimmer verstreut herum lagen. Bevor sie sie am Ende noch ganz vergaß, sammele ich sie lieber einmal ein.

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Zu meinem Erstaunen schafften es meine Töchter doch noch rechtzeitig am Schulbus zu erscheinen. Kinga grinste Tristan breit an. "Viel Spaß bei der Arbeit, Onkel Tristan. Ich habe schon extra ein Glas Rollmöpse für dich raus gesucht und eine Aspirin-Tablette daneben gelegt." Tristan verzog das Gesicht und schaute wehleid drein. Er hatte die Hochzeitsfeier erst nach mir verlassen und am liebsten hätte er sich zurück ins Bett verkrochen, denn in seinem Kopf hämmerte es ganz gewaltig bei jeder noch so kleinen Bewegung. Aber heute hatte er ein wichtiges Meeting mit ausländischen Investoren, die sich die hiesigen Ölförderanlagen ansehen wollten. Alleine der Gedanke an Essen ließ die Übelkeit in ihm aufsteigen und in seinem Kopf begann es wieder zu hämmern. Wie bloß sollte er den heutigen Tag überstehen? Das Thermometer zeigte jetzt schon fast 25 °C und es war früher Morgen.

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Tristan schaffte es gerade noch so, einen Rollmops runter zu würgen und ihn mit einem Glas Wasser und der Kopfschmerztablette herunter zu spülen, als schon das Hupen seiner Fahrgemeinschaft ertönte. Ich beseitigte das Chaos, das meine Töchter und mein Mitbewohner angerichtet hatten, doch bereits nach kurzer Zeit war ich fertig und sah mich in dem großen, leeren Haus um. Ganz unbewusst ging ich in mein Schlafzimmer, dass ich mir so viele Jahre mit Dominik geteilt hatte. In all den Jahren hatte ich nie etwas an diesem Raum verändert und alles hier erinnerte mich an meinen Ehemann. Gestern hatte ich Gerda und auch Orion versichert, dass Dominik und ich nicht mehr zusammen kommen würden. Und das würden wir auch nicht. Also war es an der Zeit, mein Leben neu einzurichten und mit dem Schlafzimmer konnte ich beginnen.

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Kurz entschlossen rief ich bei einem Umzugsunternehmen an. Da die Firma ihren Sitz in Seda Azul hatte, dauerte es eine Weile, bis der Trupp von Möbelpackern bei mir in der Simlane eintraf. Aber in der Zwischenzeit hatte ich die Gelegenheit, die wenigen Dinge, die ich behalten wollte, aus den Schränken zu nehmen. Die Chefin der Spedition war zwar erstaunt, dass ich all die Möbel einfach so weggeben wollte, aber sie Erfüllte den Auftrag ohne zu Murren. Immerhin erhielt sie ihr Geld und ich war mein Einrichtung und vielleicht auch die ständige Erinnerung an Dominik los.

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Ich bezweifelte es, aber jetzt hatte ich schon einmal angefangen, also musste ich es auch zu Ende bringen. Kaum hatten die Handwerker all die Möbel aus dem Schlafzimmer aufgeladen, machte ich mich daran, die Tapeten von den Wänden zu reißen. Und ich kam erstaunlich gut voran. Zuerst mussten die Tapeten dran glauben und als nächstes war der Teppichboden dran. Und innerhalb kürzester Zeit hatte ich einen kahlen Raum vor mir.

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Es war erstaunlich, was man alles bekommen konnte, wenn man nur bereit war, genügend dafür zu bezahlen. Noch am Vormittag hatte ich ein paar Handwerker angeheuert, die in Windeseile neue Tapeten und Teppichboden verlegten und gleich die Möbel abholten und aufstellten, die ich über das Internet in Seda Azul gekauft hatte. Und am frühen Nachmittag war ich damit beschäftig, meine Kleider in die neuen Schränke zu legen. "Oh Gott, Mutter, was ist den hier passiert", hörte ich Kinga aufkeuchen. Angelockt vom Geruch nach frischem Holz und Farbe ist sie mit Klaudia vom Schulbus gleich in mein Zimmer gekommen. "Guck mal Ki", rief Klaudia aufgeregt, als sie hinter ihrer Schwester das Zimmer betrat. "Eine neues Sofa und ein neuer Teppich und das Bett und alles ist neu!"

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"Du konntest es wohl gar nicht erwarten, alle Dinge von Papa aus dem Haus zu schaffen!", fuhr Kinga mich plötzlich an. "Hättest du nicht wenigstens warten können, bis ihr beide wirklich geschieden seid? Oder gibt es da schon einen neuen Mann? Hast du dir hier etwa ein neues gemütliches Liebesnest für dich und ihn geschaffen?"

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Zunächst war ich einfach nur geschockt. Ich hatte geglaubt, Kinga hätte es langsam überwunden, dass ich Dominik und sie belogen hatte. Ich erwartete nicht, dass sie mir einfach so verzieh, aber in den letzten Wochen schien es so, als ob sie ihren Zorn unter Kontrolle hätte. Und jetzt ging sie wieder auf mich los. Aber ich war ihre Mutter und ich musste mir so ein Verhalten von ihr nicht bieten lassen. "Ich wünsche nicht, dass du in diesem Ton mit mir sprichst, Kinga! Das hier ist mein Haus und ich muss mich nicht vor dir rechtfertigen." Kinga funkelte mich weiterhin wütend an, schrei dann frustriert auf und rannte aus dem Zimmer.

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Klaudia saß auf dem neuen Sofa und beobachtete verunsichert, wie Kinga aus dem Zimmer stürmte. Ich setzte mich zu meinem Pummelchen und legte meinen Arm um sie und sie schmiegte sich umgehend an meine Seite. "Mami, hat Kinga die Wahrheit gesagt? Hast du etwa einen neuen Papa für uns?", fragte sie leise. Ich drückte sie noch fester an mich. "Nein, Pummelchen. Ich bin noch lange nicht so weit, dass ich einen neuen Mann in meinem Leben zulassen könnte. Also mach dir darum keine Sorgen." Klaudia wirkte gleich viel entspannter. "Ich finde dein neues Zimmer voll hübsch, Mami", sagte sie schließlich, woraufhin ich ihr einen dicken Schmatzer auf den Kopf aufdrückte.

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Mein neues Zimmer gefiel mir. Und auch in meinem neuen Schlafleibchen fühlte ich mich wohl. Und trotzdem, wirklich glücklich konnte ich nicht sein. Dazu hätte die andere Seite meines Bettes nicht leer sein dürfen. Ich betrachtete die leere Betthälfte und vor meinem inneren Auge sah ich Dominik, der sich genüsslich in die Decken kuschelte und friedlich vor sich hin schlummerte. Aber solche Gedanken waren sinnlos. Ich musste endlich einsehen, dass ich nun alleine war und damit zurechtkommen musste.​
 
  • Danke
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Kapitel 118: Giftzwerg

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Ich schlief anschließend erstaunlich gut. Manchmal tat eine äußerliche Veränderung wirklich gut, um auch eine innere Veränderung zulassen zu können. Doch Klaudia lag die halbe Nacht wach. Der Streit zwischen Kinga und mir hatte sie mehr mitgenommen, als es den Anschein hatte. Die Situation zwischen meiner Ältesten und mir war schon seit Wochen angespannt und immer wieder kam es zu solchen Ausbrüchen wie am gestrigen Abend und jedes mal gingen dieses Streitereien meinem Pummelchen sehr zu Herzen. "Giftzwerg, da hinten ist die Tür", wies Kinga ihre kleine Schwester schroff ab, als dieses nach der Schule zu ihr ins Zimmer kam. Klaudia war zwar sichtlich eingeschüchtert, aber sie kannte inzwischen auf die Launen ihrer großen Schwester und ließ sich deshalb nicht ohne weiteres verjagen.

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"Ki, warum bist du ständig so oberfies? Mami versucht immer nett zu dir zu sine und du behandelst sie immer ganz furchtbar gemein. Das ist nicht nett von dir Ki!" Kinga sah ihre kleine Schwester verblüfft an, denn so hatte diese noch nie mit ihr gesprochen. "Wegen dir war Mami gestern voll traurig. Könnt ihr beiden euch nicht endlich wieder lieb haben? Mami hat sich doch bei dir entschuldigt und Papi wohnt doch gleich in der Nähe, wir können ihn also immer besuchen. Du kannst jetzt echt mal aufhören böse zu sein!"

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Doch Klaudias Worte verfehlten bei Kinga offensichtlich ihre Wirkung. "Mutter hat dich ja voll um ihren Finger gewickelt. Bist du eigentlich so doof oder tust du nur so? Es ist überhaupt nichts gut und ich werde dieser Frau nicht verzeihen und wenn sie sich noch hundertmal bei mir entschuldigt. Sie hat mich die ganze Zeit angelogen! Für dich ist ja vielleicht alles in Ordnung, immerhin hast du noch einen Vater. Aber Papa ist nun mal nicht mein richtiger Vater und das ist alles nur Mutters Schuld. Und jetzt hau ab. Lauf zu deiner Mami und klammere dich an ihren Rockzipfel. Du warst ja eh immer ihr kleiner Liebling. Ihr beiden kotzt mich echt an."

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"Du bist so gemein Ki" Klaudia wollte es nicht, aber ihre Stimme überschlug sich und die Tränen schossen ihr in die Augen. Kinga zeigte kein bisschen Reue und verwies ein weiteres Mal auf die Tür. "Da geht es raus, Giftzwerg." Laut schluchzend rannte Klaudia aus dem Zimmer ihrer Schwester. Doch bevor sie in ihrem Zimmer angekommen war, hörte sie, wie Kinga die Musik in ihrem Zimmer ohrenbetäubend laut aufdrehte. Klaudia war ganz verzweifelt. Noch nie hatte ihre Schwester so gemeine Sachen zu ihr gesagt. Natürlich hatten sie schon früher gestritten, aber noch nie so doll wie gerade. Klaudia hatte gehofft, dass sie einfach nur einmal mit Kinga reden müsste und dann wäre alles wieder gut. Doch jetzt war alles nur noch viel schlimmer und meine kleine Tochter weinte sich die Seele aus dem Leib.

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Das Erste, das ich hörte, als ich vom Einkaufen aus dem Stadtzentrum nach Hause kam, war der ohrenbetäubende Lärm aus Kingas Zimmer. Ohne zu klopfen drückte ich die Türklinke zu ihrem Zimmer herunter und prallte mit meiner Nase gegen das Holz. Die Tür war abgeschlossen. "Kinga!", schrie ich also durch die Tür hindurch. "Kinga, mach sofort die Musik leiser! Das ist ja nicht zum aushalten!" Doch statt einer Antwort hörte ich nur, wie meine Tochter den Lautstärkeregler weiter aufdrehte. Und all mein Gezeter und Klopfen half nicht im Geringsten, um meine Tochter wieder zur Besinnung zu bringen.

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Genervt gab ich auf. Ich war mir nicht einmal sicher, ob Kinga mich bei diesem Krach hören konnte. Die Tür zu Klaudias Zimmer war nicht verschlossen und ich fand meine kleine Tochter vertieft in ein Kinderbuch am Schreibtisch sitzend. "Klaudia, was ist bloß in Kinga gefahren?", fragte ich ein wenig gereizter, als ich es vor gehabt hatte. Die Bässe aus Kingas Zimmer hämmerten dermaßen in meinem Kopf, dass ich kaum klar denken konnte. Ich fragte mich, wie Klaudia es hier nur aushielt und auch noch lesen konnte? Doch mein Pummelchen zuckte nur mit den Schultern und blickte nicht einmal von ihrem Buch auf.

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Ich schlug meinem Pummelchen vor, dass wir lieber ins Freie gehen sollten. Auch hier war die Musik aus Kingas Zimmer immer noch zu hören, aber es war bei weitem angenehmer. Klaudia folgte mir schweigend spielet schließlich mit ihrem Zwirbelwirbel, während ich einfach die Sonne auf meiner Haut genoss. "Gott, was geht denn da im Haus ab?", fragte Tristan, als seine Fahrgemeinschaft ihn vor der Simlane absetzte und er auf uns zukam. "Kinga", antwortete ich knapp. "Ich hab versucht mit ihr zu reden, doch sie hört mir nicht einmal zu."

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"Aber auf mich wird sie hören!", schnaubte Tristan und stampfte ins Haus. Kräftig an die Tür hämmernd schreie er Kinga an. "Mach sofort diesen Lärm aus! Bis du etwa total übergeschnappt?! Außer dir wohnen noch drei weitere Personen in diesem Haus! Also mach jetzt die Musik leiser, Kinga! hast du mich verstanden?!" Das hatte sie wohl, denn augenblicklich wurde der Lärm leiser und ging so weit zurück, dass man ihm kaum mehr durch die Tür wahrnahm. Allerdings antwortete Kinga mit keinem Wort und auch die Tür zu ihrem Zimmer öffnete sich nicht.

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Erst am Abend verließ Kinga ihr Zimmer. Der Grund war wohl der, dass ich an diesem Abend nicht zu Hause war. "Na, hast du dich wieder beruhigt?", grummelte Tristan ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden, als Kinga das Wohnzimmer betrat. Doch Kinga antwortet immer noch nicht, sondern blickte meinen Mitbewohner nur finster an. Tristan registrierte dies, spielte aber trotzdem weiter. Eher beiläufig fügte er hinzu: "Du solltest echt mal über dein Verhalten nachdenken, Prinzessin. Sonst machst du uns allen das Leben hier zur Hölle. Auch dir selbst."

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Tristans Rat war gut gemeint, doch Kinga war zurzeit nicht gerade offen für irgendwelche Ratschläge und seinen sie auch noch so gut gemeint. "Jetzt hör auch dich hier so aufzuspielen", entgegnete sie patzig. Tristan sah sie verdutzt an und legte das Spielpad beiseite. Kinga funkelte ihn immer noch trotziger an. "Kinga, du kannst dich hier nicht aufführen, wie ein Kleinkind, das unbedingt seinen Lolli will. Du bist 14, verhalte dich auch so." "Und du bist nicht mein Vater, also verhalte dich auch nicht wie einer", warf sie ihn an den Kopf. Tristan war für einen Moment sprachlos. Was war bloß mit Kinga los? Langsam verstand er sie überhaupt nicht mehr.

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"Nein, ich bin nicht dein Vater", erwiderte er schließlich. "Und ich hab auch nie versucht mich als Vater aufzuspielen." Tristan blieb ganz ruhig und vielleicht machte gerade das Kinga noch wütender. "Ich hab mich dir gegenüber immer wie ein Freund verhalten, aber in letzter Zeit machst du es mir schwer weiterhin mit dir befreundet zu sein. Ich weiß, dass du sauer bist auf deine Mutter. Aber davon wird es auch nicht besser. Versuch wenigstens, wieder normal mit ihr umzugehen."

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Kinga kniff ihre Lippen fest zusammen. Tristan sah ihr deutlich an, dass sie nach einer schlagkräftigen Erwiderung suchte, doch ihr viel einfach nichts ein. "Ich hasse sie!", platzte sie schließlich heraus. "Und auf Freunde wie dich kann ich auch verzichten! Lasst mich doch einfach alle in Ruhe!" Damit drehte sie sich um, schnappte sich etwas aus dem Kühlschrank und verkroch sich wieder in ihre Höhle. Tristan seufzte und schüttelte den Kopf. Er konnte nur hoffen, dass es eine Phase war und Kinga sich bald wieder beruhigen würde. Ansonsten würde es schwer werden, für ihn und die restlichen Bewohner der Simlane.
 
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Kapitel 119: Wieder Oxana Brodlowska

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Ich konnte nur froh sein, dass ich all diesem Theater entkam. Es frustrierte mich, dass ich an Kinga nicht mehr heran kam, allerdings wusste ich auch keinen Ausweg. Abends auszugehen lenkte mich zumindest ab und zwar nicht nur von meinen Problemen mit Kinga, sondern auch von meiner bevorstehenden Scheidung, die mit jedem Tag näher rückte. Roland erwies sich als wahrer Freund. Seit seinem Auszug war unsere Freundschaft abgekühlt. Doch jetzt, wo ich einen Freund dringend notwendig hatte, war er wieder für mich da. Wir gingen aus und spielten Poker oder Billard. Und plötzlich hatte ich das Gefühl, als ob ich wieder 19 und gerade erst in der Sierra Simlone angekommen wäre.

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Wir konnten stundenlang miteinander reden, uns Witze erzählen oder einfach nur zusammen eine Eisbombe oder ein riesiges Stück Torte verdrücken. Mit Roland konnte ich über meine Sorgen mit Kinga sprechen, oder einfach nur bei ihm ausspannen. Und ich glaube, auch Roland war froh, endlich dem Alltag als Chefarzt, Ehemann und Vater zu entkommen. "Oxana, ich liebe meine Kinder wirklich. Ich liebe sie alle drei. Aber die beiden Zwillinge würde ich manchmal am liebsten auf der Schwelle des Klosters abgeben." Ich sah, dass Roland das nur als Scherz meinte, als konnte ich mitlachen. "Die beiden werden jetzt bald vier, oder?" Roland nickte. "Dann wird es auch bald einfacher. Kinga und Constance haben wir doch auch groß bekommen. Und spätestens mit fünf waren sie wahre Engel." Roland nahm einen großen Bissen der Torte. "Ja", sprach er mit vollem Mund, aber wir waren auch 10 Jahre jünger. Du kannst es mir glauben, die zwei werden sicherlich meine letzten beiden Kinder."

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Ja es stimmt, wir waren jetzt 10 Jahre älter. Ich war jetzt 35 und Roland zwei Jahre älter. In den Augen unserer Kinder waren wir sicher schon uralt, aber so fühlten wir uns nicht. Wir gingen nicht jeden Abend aus, aber wir unternahmen oft etwas. Manchmal kamen Tristan und Brandi mit, doch meist zogen Roland und ich allein los. Roland konnte immer noch so gut tanzen, wie früher. Auch Dominik war ein guter Tänzer, aber Roland war eine Klasse für sich. Und so machten wir ein ums andere Mal die Tanzfläche im Club Simszone oder im Pink Lips unsicher.

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Und manchmal machte es Spaß, einfach eine oder zwei Cocktails zu schlürfen und den anderen Bewohnern von Sierra Simlone Stadt und Umgebung beim Tanzen und Feiern zu zusehen. Und da gab es durchaus einiges zu entdecken. Bei manchen Tänzern fragte man sich, ob sie sich noch nie selbst tanzen gesehen haben, wobei man die Verrenkungen kaum Tanzen nennen konnte. Wieder andere hatten es echt drauf und ich erkannte, dass selbst Roland ab und zu einen neidischen Blick auf die Tänzer warf.

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"Zu Schade, dass Brandi nie mit mir hier hin will." Roland musste laut schreien, damit ich ihn trotz der lauten Musik verstehen konnte. Ich nippte ein weiteres Mal an meinem Long Island Icetea. Der Alkohol brennte auf meiner Zunge und ich genoss dieses Gefühl einen kurzen Moment lang. Ich hatte es nicht beabsichtigt, aber plötzlich kam eine sentimentale Stimmung in mir auf. Die Musik, die Cocktails....das alles erinnerte mich an meinen Ehemann. "Dominik und ich waren oft hier. Wir haben getanzt, ein paar Cocktails getrunken und im Hinterzimmer Billard gespielt. Ach Roland", ich seufzte tief , "ich vermisse ihn. Ich vermisse ihn wirklich."

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Roland starrte geradeaus auf die Tanzfläche. Leider fiel ihm nichts Passendes ein, um mich wieder aufzuheitern. "Ich möchte jetzt nach Hause Roland", erklärte ich bekümmert und stellte mein Glas auf die Theke. Beim vorbeigehen streifte ich Roland am Rücken und zog ihm am Hemd hinter mir her. "Na gut, dann lass uns aufbrechen. Es ist ohnehin schon spät und ich muss morgen Mittag in Seda Azul sein." Roland leerte sein Glas in einem Zug und folgte mir dann anschließend hinaus an die frische Luft.

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"Ist alles in Ordnung, Oxana?", fragte Roland besorgt, als wir vor dem Club standen. Die Musik drang immer noch gedämpft durch die verschlossene Tür an mein Ohr und der Gedanke an Dominik ließ mich einfach nicht los. Ich wünschte mir so sehr, dass er jetzt hinter mir stehen und mich in seine Arme schließen würde. Doch er würde nicht kommen und ich würde mich wieder einmal alleine in mein großes Bett legen müssen. Doch ich wollte nicht auch noch Roland den Abend verderben und redete mich mit einem "Ja, alles okay" heraus.

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Doch so okay war es nicht. Nicht nur, dass ich deprimiert war, an der frischen Luft merkte ich, dass der letzte Cocktail wohl doch einer zu viel gewesen war. Auf meinen hohen Absätzen kam ich ins wanken und stolperte auf Roland zu. "Da hat wohl jemand einen kleinen Schwips", lacht er und ich musste unweigerlich mit einstimmen. Doch dann traf mein Blick den von Roland. Es war, als ob mein Herz für einen Moment aussetzten würde. Diese wundervollen grauen Augen strahlten mich an und ich erkannte darin einen Glanz, den ich schon oft gesehen hatte, allerdings nicht in Rolands Augen, sondern in den Augen meines Mannes.

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Es war nicht das erste Mal, dass Roland mich auf diese Weise ansah, aber es war das erste Mal, dass ich es wahrnahm. Selbst als ich vor einigen Jahren mit meinem besten Freund geschlafen hatte, habe ich nicht bemerkt, mit welchem Blick er mich ansah. Und jetzt sah ich es und ich wollte, dass er mich weiterhin so ansah, dass er mich begehrte...mich liebte. Ich schloss meine Augen und kam mit meinen Lippen den seinen immer näher. Doch bevor unsere Münder sich treffen konnten, schob mich Roland sanft aber bestimmt zurück. "Du...du hast wohl doch mehr als einen kleinen Schwips, Oxana", stammelte Roland. "Ich...wir sollten jetzt lieber gehen. Du gehörst jetzt wirklich ins Bett."



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"Mami, Mami!" Klaudias Ruf riss mich aus dem Schlaf. Erschrocken öffnete ich meine Augen und starrte meine Tochter an. "Ist etwas passiert?", fragte ich besorgt. Meine Stimme hörte sich rau an und ich merkte, dass der Raum um mich herum sich immer noch drehte. "Nein, aber es ist schon Morgen", entgegnete Klaudia. "Ich muss gleich zur Schule und niemand ist da, der mir was zu Essen machen kann." "Was ist mit Kinga?", fragte ich sichtlich genervt und warf mich wieder auf das Kissen zurück. "Die ist schon los gegangen", erklärte Klaudia bekümmert. "Sie trifft sich mit irgendwelchen neuen Freunden und geht dann mit denen zur Schule." Meine Augenlider wurden wieder schwerer und ich merkte, dass ich jeden Moment wieder einschlafen würde. "Mami ist heute sehr müde, Pummelchen. Sei ein liebes Mädchen und nimm dir einfach einen Schokoriegel aus dem Kühlschrank."

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Ich hörte nur noch, wie sich die Tür zu meinem Schlafzimmer schloss und schon war ich wieder eingeschlafen. Sofort überkam mich ein unruhiger Traum. Ein Traum von Roland und mir, wie wir beide vor dem Club stehen und uns anschauen. Und diesmal schob er mich nicht beiseite. Nein, er zog mich zu sich heran und küsste mich. Es war ein Traum, der mich auf der einen Seite furchtbar erschreckte, auf der anderen Seite wollte ich nie wieder aufwachen.

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Traurig schlich Klaudia zurück in ihr Zimmer. Einen Schokoriegel sollte sie essen? Zum Frühstück? Normalerweise hätte sie sich gefreut, wenn ich ihr erlaubte, Süßes zu essen. Nicht, dass ich es ihr sonst verbieten würde, aber wie jedes Kind aß sie mehr Süßigkeiten, als gesund für sie waren. Aber heute wollte sie sich nicht darüber freuen. Es ging ihr doch gar nicht um das Essen. Was sie wollte war, dass ich als ihre Mutter aufstand und für sie das Essen machte, dass wir zusammen am Küchentisch sitzen konnten und sie mir von ihren Abenteuern in der Schule erzählen konnte. Stattdessen würde sie wieder einen Morgen allein verbringen. Es war nicht das erste Mal, dass ich keine Zeit für sie hatte und inzwischen hatte sie auch gelernt, sich in solch einer Situation selbst zu versorgen. Aber glücklich war sie darüber nicht.

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Als ich wach wurde, war es draußen längst hell. Ein Blick auf die Uhr sagte mir auch, dass ich eigentlich schon längst hätte auf den Feldern sein müssen. Eilig kroch ich unter der Decke hervor, schnappte mir meine Arbeitskleidung und machte mich auf den Weg ins Bad. Ich hatte gestern nicht viel getrunken, aber eindeutig zu schnell. Und die letzten Minuten im Club waren nur undeutlich in meinem Gedächtnis verblieben. Ich stand mit Roland oben auf der Galerie und beobachtete die Tänzer. Und dann ist alles verschwommen, fast wie in einem Traum. Wir stehen vor dem Club und kommen uns näher... War das wirklich passiert oder hatte ich das nur geträumt? Ich wusste es nicht. Und ich war mir nicht sicher, ob ich es wissen wollte. Roland war immerhin mein bester Freund ...und er war verheiratet.

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Schnell sprang ich unter die Dusche und machte mich fertig, um zu den Rindern raus zu fahren und auf der Plantage nach dem Rechten zu sehen. Goya begleitete mich dabei wie an jedem Morgen. "Vermisst du dein Herrchen auch?", fragte ich meine Hündin, als ich den wehmütigen Blick in ihren Augen bemerkte. Wahrscheinlich war es reine Einbildung, aber fast schien Goya zu nicken. Liebevoll kraulte ich sie hinterm Ohr. "Aber er wird nicht zurückkommen, oder?" Goya blickte mich immer noch mit ihren großen Augen an und legte die Ohren an. "Nein, das wird er nicht." Und ich sollte mich endlich damit abfinden, fügte ich im Stillen hinzu, und mich möglicherweise für etwas Neues öffnen.

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Als Klaudia am Nachmittag von der Schule kam, fand sie wieder einmal ein leeres Haus vor. Kinga war nicht da, wie so oft in letzter Zeit. Aber was hätte es für einen unterschied gemacht, wenn ihre große Schwester da gewesen wäre? Sie hätte sich eh nur in ihrem Zimmer eingeschlossen und die Musik laut aufgedreht. Bekümmert setzte Klaudia sich an ihr Puppenhaus, in dem ihre perfekte Familie lebte. Eine Familie mit einer Mutter, einem Vater und zwei Schwestern. Hier redeten alle miteinander. Sie aßen zusammen, spielten zusammen, lachten zusammen. Es war nicht so, wie bei ihr zu Hause, wo jeder für sich alleine war. Sonst machte es Klaudia immer Spaß, in diese Phantasiewelt zu versinken, aber heute wollte ihr nicht einmal das mehr richtige Freude bereiten.

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Die Tage und Wochen vergingen und dann war der Tag gekommen. Schon als ich den Briefträger von weitem sah, wusste ich, dass er mir die Nachricht bringen würde vor der ich mich so fürchtete, die ich aber auch herbei wünschte. Denn dann wäre es offiziell und ich könnte mein Leben weiter leben, auch ohne Dominik.

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Ich las den Brief sicher ein paar duzend Mal. Er war nicht lang, nur ein paar Zeilen meines Anwalts, dass die Scheidung nun offiziell war. Ich war nicht mehr länger verheiratete. Ich war nicht länger Oxana Blech. Ab dem heutigen Tag war ich wieder Oxana Brodlowska. Die Erleichterung, die ich mir erhofft hatte, trat nicht ein. Eher im Gegenteil. Ich fühlte mich nur leer; einsam und leer.​
 
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