Gruppen sind kein gedankliches Konstrukt. Gruppenbildung ist seit langen Jahren Teil der Forschung, siehe zum Beispiel die Gruppendynamik. Auch denke ich, dass die Verwirklichung Deiner Wunschvorstellung von der individuellen Behandlung aller Menschen mit der aktuellen Bevölkerungsentwicklung von Jahr zu Jahr weiter in die Ferne rückt. Nichtsdestotrotz bleibt es Dir selbstverständlich unbenommen, daran festzuhalten.
Das ist deine Meinung; ich halte Gruppen jedoch für ein gedankliches Konstrukt. Das muss nicht bewusst erschaffen werden, das meine ich damit nicht, aber Gruppen entstehen im menschlichen Verstand. Vielleicht hätte ich es eher ein Konstrukt des menschlichen Verstandes nennen sollen, um zu unterstreichen, dass es nicht unbedingt eine bewusste Entscheidung von Menschen ist, Gruppen zu bilden. ^^
Ansonsten, ja, der Bevölkerungszuwachs ist möglicherweise rasanter als die psychische Entwicklung des Menschen. Aber um darüber gerade weiter nachzudenken, fehlt mir momentan die Ruhe, fürchte ich. Vielleicht kann man da ein anderes Mal nochmal weiter drüber nachdenken ...
Was Deinen zweiten Teil angeht:
Ich habe vor allem das Gefühl, das es Dir darum geht, Dich von mir abzugrenzen und mir bestimmte Dinge anzudichten, obwohl Du mich gar nicht kennst.
Es tut mir leid, falls ich da irgendwie anmaßend herübergekommen bin; das versuche ich bestmöglich zu vermeiden, weil ich es selbst für ziemlich nervig halte. ^^ Ich hatte nicht vor, dir irgendetwas zu- oder abzusprechen oder mich von dir abzugrenzen - ich bin lediglich der Ansicht, dass auch wir beide wahrscheinlich sehr unterschiedliche Persönlichkeiten besitzen.
Was unsere "gemeinsamen Werte" angeht, die sollten Dir eigentlich die Schule und die Erziehung im Elternhaus beigebracht haben, und mich wundert es sehr, dass auch in diesem Forum sehr viele Leute herumgeistern, die das nicht mehr wissen bzw. irgendwie Schwierigkeiten mit dem "Deutschsein" oder Mitteleuropäertum im Allgemeinen haben.
Meine Werte und Einstellungen wurden mir nicht von außen herangetragen, die habe ich für mich selbst entwickelt. Da ich schulische Bildung und Erziehung in dieser Angelegenheit für die Vermittlung von Meinungen und Einstellungen anderer Personen halte, ist es für mich auch nur logisch, dass ich diese Einflüsse zwar gerne aufgenommen und reflektiert, mir meine eigenen Einstellungen jedoch selbst für mich und unverbindlich gebildet habe.
Ich nenne mal einige gemeinsame Werte, die selbstverständlich sein sollten:
Das ist deine Meinung. Ich sehe vielleicht andere Dinge an, die selbstverständlich sein "sollten", oder sagen wir solche, von denen ich es schön fände, wenn sie es wären. Normen und Werte sind meiner Meinung nach sehr individuell, deshalb mag ich es nicht sonderlich, da von allgemeingültigen Dingen zu reden. Aber setze ich mich doch mal im Detail mit deinen mitgeteilten Werten auseinander. ^^
-der gemeinsame Schulunterricht von Mädchen und Jungen;
Halte ich für richtig und wichtig. Ich finde auch, dass die Existenz von Jungen- und Mädchenschulen ziemlich unschön ist und bestenfalls überwunden gehört.
-der gleichwertige Schulunterricht für alle, auch für Mädchen;
-die gleichen Bildungschancen für alle, auch für Mädchen;
-die gleichen Berufschancen und Verdienstchancen für alle, auch für Mädchen;
Gleiches gilt hier. Ich finde, dass die Kategorisierung von Menschen in "Mann" und "Frau" schon nicht einwandfrei realisierbar ist; daran irgendwelche Privilegien oder Rechte fest zu machen, halte ich für ziemlich unsinnig.
-der gemeinsame Sport und der gemeinsame Schwimmunterricht als teamförderndes Element;
-die gemeinsame Teilnahme an Schulreisen zu Bildungs- und Teamförderungs- Zwecken;
-die zwingende Teilnahme am staatlichen Schulunterricht;
Da bin ich etwas anders eingestellt. Ich finde, Bildung sollte kein Zwang sein, die Teilhabe an bestimmten Veranstaltungen ebenso wenig. Das ist natürlich ein schwieriges Thema, aber simpel gesagt finde ich, dass, sobald eine Person kognitiv in der Lage ist, für sich selbst zu entscheiden, ihr auch diese Freiheiten zustehen sollten. Darüber, wann dieser Punkt erreicht ist und wie er festzustellen sein könnte, ließe sich jetzt lang und ausgiebig diskutieren, aber ich glaube, dafür fehlt mir im Moment die Zeit und die Energie. ^^
-die zwingende ausreichende Mindest - Kenntnis der deutschen Sprache;
Das ist etwas, was zum langfristigen angenehmen Zusammenleben mit anderen Menschen hierzulande wohl sehr praktisch ist. Aber auch hier finde ich, dass man Menschen nicht zwingen sollte, eine Sprache zu lernen. Ich finde, es sei ihnen in erster Linie geraten, das zu tun, allein schon, weil sie sonst ziemliche Probleme bekommen, erfolgreich zu kommunizieren. Doch selbst wenn diese Kenntnisse nicht vorhanden und ein Erwerb aus welchen Gründen auch immer nicht möglich sein mag, so könnte man wohl irgendwie noch kommunizieren, denke ich.
-das Verhüllungs- und Vermummungsverbot für jeden Mann und jede Frau, da hierzulande mit dem Gesicht kommuniziert wird und um Gefährdungspotentiale abzubauen
Ich kommuniziere nicht allzu viel mit dem Gesicht, was auch daran liegt, dass ich Menschen kaum direkt ins Gesicht schauen kann. Ich persönlich habe überhaupt keine Probleme damit, wenn Leute mir ihr Gesicht nicht zeigen; ich gucke selbst oft zu Boden oder in die Ferne, wenn ich Gespräche führe. Von daher finde ich, dass es jedem selbst überlassen sein sollte, ob er sein Gesicht nun zeigen mag oder nicht.
-die zwingende Akzeptanz der deutschen Gesetzgebung und Justiz als alleinigem Rechtssystem (Schariaverbot)
Ich akzeptiere einige Gesetze, die dieses Land mir auferlegt, auch weit weniger, als das der Gesetzgeber gern hätte. Ich folge in erster Linie meinen Werten und Einstellungen. Wenn diese einmal mit einem Gesetz kollidieren, dann wäge ich diverse Faktoren ab und entscheide darauf basierend, wie ich mich verhalte.
-die allgemeine Gleichstellung der Frau im öffentlichen Raum, etc.
Gut, das hatten wir ja mehr oder weniger schon.
Es gibt also einen großen Wertekanon, der in seiner Gesamtheit definiert, was "uns" ausmacht, uns alle....
Wie du gerade gesehen haben dürftest, teile ich einige dieser von dir aufgezählten Werte mal mehr, einige mal weniger. Von daher darfst du für dich selbst nun überlegen, wie sehr du mich zu der Gruppe "wir" dazuzählen magst. ^^
Das wir darüber hinaus Individuen sind, versteht sich von selbst, oder? Ich bin Atheist, fotografierender, musikhörender, lateinamerikaaffiner fahrradfahrender Bondagefan mit Bart. Ich verstehe deswegen nicht so ganz, warum Du Deine Individualität so extra betont hast - nur schließt sich Freiheit und Individualismus und ein "Wertekanon" (blödes Wort) nicht aus. Das wir das alles locker angehen können, das ist doch gerade der große Verdienst unserer Gesellschaften. Ich bin froh, nicht mehr in einem religiösen Korsett zu stecken. Jeder sollte so frei sein können.
Natürlich schließen sich Individualität und ein "Wertekanon" nicht aus, nur finde ich, dass dieser "Wertekanon" eher eine individuelle denn eine Angelegenheit von Gruppen darstellt. Was die Religion betrifft, bin ich übrigens auch sehr individualistisch eingestellt ...
Ich bin kein Fan von straff organisierten Glaubensgemeinschaften und befinde den Glauben als Teil des menschlichen Verstandes für ebenso individuell wie seine Werte, grob gesagt.
So, nun aber genug hier. Ich bitte um Entschuldigung für so viel Text; Spieler von Simocracy kennen das ja.