Fotostory Ally - Das Leben Und Andere Katastrophen

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Hamburg
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Hallo zusammen! Die vielen tollen Stories, die ich hier schon gelesen hab, haben mich wohl nicht davon abgehalten, selbst mal eine Fotostory zu veröffentlichen, wie ihr seht . . . Das ist nicht meine erste Fotostory, aber die erste, die ich in DIESEM Forum veröffentliche, also seid trotzdem lieb zu mir . . . =) Okay, genug geredet, tada:

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Ja, es handelt sich um eine College- Story. Alle, die College- Stories nicht besoders mögen, können jetzt also den Thread verlassen - oder weiterlesen und ihre Meinung über College- Stories doch noch ändern.

Zum Inhalt:
Die zu Beginn der Story 17-jährige Ally Lynne Prescott, genannt Ally, die nicht gerade eine einfache Vergangenheit hinter sich hat, an die sie dauernd erinnert wird, träumt davon, Gamedesignerin zu werden und studiert Mathe am Mount Isle College. Als wäre das alleine nicht schon genug Stress, teilt sie sich auch noch mit ihrer oftmals tussihaft anmutenden Zwillingsschwester Charly, die von einer Karriere als Schauspielerin träumt, ein Zimmer in einem Wohnheim, das noch von sechs anderen inklusive ihres besten Freundes Chris bewohnt wird. Während Charly sich lautstark über Joes "Sch*** Hip Hop Musik" aufregt, ohne die sich der angehende Künstler nicht ausreichend inspiriert fühlt, fühlt sich Gothic-Diva Sandy vom MTV-Konsum ihres Zimmernachbarn Steve belästigt. Ganz schön viel Trouble, wie soll sie da noch für die Abschlussprüfungen lernen?

Benachtichtigungsliste:

SimsIloveit, simsleser

Kapitel:

Kapitel 1 - Blondie Und Hip Hop
Kapitel 2 - Das Geheimnis
Kapitel 3 - Desaster²
Kapitel 4 - Ich Weiß, Was Du Letzten Sommer Getan Hast
Kapitel 5 - Abschlussprüfungsdepressionen
Kapitel 6 - Schicksalsschläge
Kapitel 7 - Das Erbe
Kapitel 8 - Familientreffen
Kapitel 9 - Gwen
Kapitel 10 - Paare
 
Zuletzt bearbeitet:
Kapitel 1 - Blondie und Hip Hop

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Oah, so'n Mist! Schon wieder vertippt! Genervt und den Tränen nahe löschte ich die selbe Zeile zum dritten Mal. Aber wie sollte ich mich auch noch konzentrieren, wenn Sandy mal wieder ihre heißgeliebte Gothic- Musik laut aufgedreht hatte und Edward Cullen- Kopie Beau mit seiner Freundin Joss ein ZIEMLICH lautes Gespräch führte?
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Sandy bewohnte das Zimmer neben mir. Sie war ziemlich selbstbewusst und eigenwillig und manchmal hatte ich den Verdacht, dass sie ihren Style nich ausgesucht hatte, weil er ihr gefiel, sondern weil es ihr gefiel, zu trotzen, gegen das System, gegen Mami, die brave Hausfrau, Papi, der die Brötchen verdient, und das nette, beschauliche Reihenhaus . . . Oder so ähnlich. Ich mochte ihre ziemlich mürrische Art irgendwie, auch wenn ich ihre Vorliebe für den düsteren Style und die Musik nich so wirklich teilen konnte.
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Beau, der sich ein Zimmer mit seiner Freundin Joss teilte, war ein elender Langweiler. Er kam nur zum Essen aus seinem Zimmer und lernte den ganzen Tag. Sein Aussehen half ihm da gar nix, zumindest bei mir nich, da er so einem komischen Schauspieler, Robert Pattinson oder so, ähnelte, den ich jetzt nich so attraktiv fand. Die Mädels, die die Twilight Filme liebten, mochten das anders sehen . . . Also, für mich wär das ja nix. Irgendwie wurde ich schon leicht aggressiv, wenn nur jemand seinen Namen sagte. Wenigstens studierte er, genau wie seine supernervige Streberfreundin, schon im zweiten Jahr. Ich würde eine riesige Party feiern, wenn er seinen Abschluss hatte . . . Aber nich wegen seinem Abschluss, versteht sich.
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Wie schon erwähnt war seine Freundin keinen Deut besser. Sie passte gut zu ihm, denn sie war die totale Streberin und Langweilerin, arrogant und rechthaberisch und konnte mich nich ausstehen, weil ich nich so war, wie eine Frau ihrer Meinung nach zu sein hatte. Meine kurzen Haare, mein burschikoser Style und dass ich mit Jungs nur befreundet war, statt mit ihnen zusammen und komplett von ihnen abhängig zu sein, das entsprach alles nich ihren Vorstellungen. Dann fragte ich mich allerdings, warum sie überhaupt studierte, wenn sie doch vorhatte, ein dutzend Kinder zu bekommen und großzuziehen, während ihr Grufti arbeiten ging . . . Schade, bisher hatte ich noch nicht die Chance gehabt, ihr genau DAS ins Gesicht zu sagen. Unnötig zu erwähnen, dass auch Sandy nich so besonders gut mit ihr klarkam . . .
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Ich hatte mein Studium gerade erst begonnen und die Aufgaben, die ich bekommen hatte, waren jetzt schon verdammt schwer. Eigentlich war ich in Mathe immer super gewesen, aber jetzt kam es mir so vor, als hätte mir jemand chinesische Zeichen vorgesetzt. Vielleicht hätte ich doch mal lieber Darstellende Kunst studieren sollen- so wie meine Zwillingsschwester Charlene. Achja, Charlene . . .
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Die hatte ja mal anscheinend wieder nix besseres zu tun, als sich die Pfannkuchen in der Cafeteria schmecken zu lassen. Wie gerne würde ich jetzt auch . . . Mein Magen erinnerte mich ziemlich geräuschvoll daran, dass das letzte Mal, dass ich gegessen hatte, schon eine halbe Ewigkeit her war. Nein, Ally, reiß dich zusammen! Für eine wichtige Hausaufgabe musste man auch mal die ein oder andere Mahlzeit opfern.
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Charly sah das offenbar ganz anders. Ich konnte ihr Schmatzen bis in mein Zimmer hören und wusste, dass sie mal wieder wie ein - sorry, Charly- Schwein aß. Keine Ahnung, wie Mum und Dad es versäumt hatten, ihr Tischmanieren beizubringen. Sie wirkte immer so zart, zerbrechlich und mädchenhaft, beinahe wie eine Puppe, aber Manieren hatte sie nich wirklich. Es machte mich immer wieder wütend, dass sie so schlampig und vergesslich war und sich einfach nich benehmen konnte. Naja, jedenfalls . . .
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Huschte ein Lächeln über mein Gesicht, als in meinem Messenger-Programm eine Nachricht auftauchte, die mir mitteilte, dass Chris on war. Sollte ich ihn anschreiben? Wahrscheinlich hatte er noch genauso viel zu tun wie ich, da wir die selben Vorlesungen besuchten, aber . . . Aufgabenbesprechung als Vorwand, hey!
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Chris und ich waren schon als Kinder ALLERBESTE Freunde gewesen und hatten mehr als einmal für Trouble gesorgt. Wie hätten wir uns da auch anders als beim gemeinsamen Nachsitzen kennen lernen sollen? Ja, ich war nie ein "braves Mädchen" gewesen, aber Auswirkungen auf meine schulischen Leistungen hatte das komischerweise nie gehabt.
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Für die Mädchen meines Alters hatte ich, im Gegensatz zu Charly, einfach nix übrig gehabt. Meistens hatte sie am Wochenende zwei oder mehr ihrer hochnäsigen Girly-Freundinnen eingeladen, mit denen sie stundenlang den Fernseher belagert und sich Sendungen wie America's Next Model reingezogen hatte. Ich dagegen hatte es schon immer sinnlos gefunden, mich nur mit dem Äußeren der Menschen zu beschäftigen und hatte mich furchtbar darüber aufgeregt, dass ich so gut wie nie meine Lieblingsserie gucken konnte.
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Stattdessen war ich zu Chris gegangen, der lieber Boxen gespielt hatte und nie daran interessiert gewesen war, sich über Frisuren und Klamotten zu unterhalten. Definitiv ein Vorteil bei männlichen besten Freunden, wenn man selbst nich darüber reden wollte. Natürlich hatte es schon immer ein paar blöde Jungs und Mädchen gegeben, die behauptet hatten, wir wären ein Liebespaar. So ein Quatsch!
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Im Winter hatten wir uns auch schon mal die eine oder andere ordentliche Schneeballschlacht geliefert, etwas, das meine Schwester nie getan hätte.
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Auch wenn wir den gleichen, hellen Teint gehabt hatten und immer noch hatten, genau wie die schokobraunen Augen, hatte Charly immer viel zerbrechlicher als ich gewirkt, vielleicht auch durch die langen, lockigen Haare. Sie war immer "die Schöne" gewesen, die von allen geliebt und bewundert wurde - oder auch einfach nur beneidet.
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Sie war ganz klar der Liebling meiner Eltern gewesen, vielleicht, weil sie einfach genau dieses süße, kleine Mädchen gewesen war, das meine Mutter gewollt hatte. Zuerst waren mir die Tränen gekommen, als ich gemerkt hatte, dass sie der Liebling war, aber irgendwann hatte ich es geschafft, die Trauer und Wut zu unterdrücken.
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Ich war halt gewesen wie ich war, viel zu jungenhaft, mit meinen kurzen Haaren und meiner Aversion zu Rosa, Rüschen, Röcken, Kleidern und Lackschuhen. Ich hatte nie Lust gehabt, stundelang meine Haare föhnen oder trocknen lassen zu müssen und jedem Zentimeter, der irgendwann mal abgeschnitten werden musste, nachzuheulen. Auch wenn ich es irgendwann geschafft hatte, mir nix mehr anmerken zu lassen, hatte es immer noch weh getan zu wissen, dass meine Eltern meine Schwester bevorzugt hatten.
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Bei Chris' Familie war ich jedoch immer willkommen gewesen. Seine Mum Gracy, eine lebenslustige, zierliche Frau mit einem gewissen Strahlen in den dunklen, freundlichen Augen, hatte mir immer mein Lieblingsessen gekocht und wir hatten am Tisch gesessen wie eine richtige Familie.
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Vielleicht hatte es daran gelegen, dass Chris' Eltern zwar beide einer Arbeit nachgegangen waren, sich aber trotzdem viel Zeit für ihre Familie genommen hatten. Chris war fünfzehn Jahre lang ein Einzelkind gewesen, aber keinesfalls verwöhnt oder eingebildet. Seine Eltern hatten mich wie die Tochter behandelt, die sie gern gehabt hätten. Manchmal hatte Chris' Dad behauptet, ich sei Chris' geheimer Zwilling, weil wir uns in sehr vielen Dingen - außer dem Aussehen- sehr ähnlich waren.
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Von der Wärme und Freundlichkeit Gracys hatte meine Mutter überhaupt nix ausgestrahlt. Sie hatte irgendwie schon immer gestresst, irgendwie auch verbraucht und ein bisschen alt gewirkt. Zuerst hatte ich ja vermutet, Gracy sei jünger als sie, was aber nich stimmte, wie ich kurze Zeit später herausgefunden hatte. Meine Mutter hatte den ganzen Tag gearbeitet und sich auch noch Arbeit nach Hause mitgeommen. Zeit zum Kochen hatte sie nie gehabt.
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Aber war mein Vater besser gewesen? Nich so wirklich. Manchmal hatte ich mich gefragt, ob ich überhaupt Eltern hatte. Furchtbar, ja. Sie waren zwar am Wochenende zu Hause gewesen, aber auch nur, um noch mehr zu arbeiten. Um mich gekümmert hatte sich keiner, ich hätte genauso gut ein Waisenkind sein können. Noch heute wurde ich gleichzeitig wütend und traurig, wenn ich daran dachte. Wie hatten sie mir das nur antun können? Die Leere, die sie verursacht hatten, würde niemals jemand füllen können.
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Außer Chris vielleicht. Ich liebte ihn wie den großen Bruder, den ich nie gehabt hatte. Wenn wir zusammen waren, konnte ich ganz ich selbst sein, fühlte mich geliebt und akzeptiert. Zwischen uns war nie irgendwas gewesen. Möglicherweise auch, weil ich dazu gar nich fähig war. Wie sollte ich auch wissen, wie eine Beziehung funktionierte, wenn meine Mutter und mein Vater mir kein gutes Beispiel gegeben hatten? Ich hatte noch nie eine Beziehung gehabt. Ich konnte mich einfach nich verlieben.
ChrisTheBFF: Hey, was geht? Auch an Mathe dran?
Huch! Ich war so in Gedaken versunken, dass ich nich mal merkte, dass er mich angeschrieben hatte . . . Peinlich.
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Besser schnell zurückschreiben . . . Irgendwas kreatives, aber trotzdem einfaches, dass ihn zum Lachen brachte, weil ich sein Lachen so gern aus dem Nebenzimmer hörte . . .
AllyNightmare17: Ganz zufällig ja.
ChrisTheBFF: Hab ich dich gestört???
AllyNightmare17: Quatsch. Eher die Schmatzgeräusche meiner hochgradig intelligenten Schwester.
ChrisTheBFF: ;-) . . . Die is aber schon lange weg.
Da war es, dieses Lachen, das auch mich zum Lachen brachte, egal wie besch***en es mir ging.
AllyNightmare17: ???
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ChrisTheBFF: Du Träumerin. ;) Was los? Fett was fraizen in der Cafta?
AllyNightmare17: *lol* Yo, man! Was gibt's?
ChrisTheBFF: Mac & Cheese - what else?
AllyNightmare17: Alles klar. Bis gleich! :hallo:
ChrisTheBFF: cu l8er.
Einige mochten uns vielleicht für verrückt halten, weil wir miteinander chatteten, obwohl wir doch Tür an Tür wohnten, aber das hatte seine Gründe. Bei dem Krach, den einige auch als Musik bezeichnete, konnte man sich ja gar nich unterhalten, ohne zu schreien.
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"Hey, da biste ja! Haste Mathe schon fertig?", grüßte er mich. "Keine Chance! Der Typ will uns echt umbringen, glaub ich!", stöhnte ich. Zeitgleich fiel mir auf, dass wir mal wieder voll im Partnerlook rumliefen, aber das war ja keine Seltenheit. Leute, die uns nich kannten, dachten bestimmt, wir wären zusammen, aber so war's nich. Und das sollte auch so bleiben. Wir verstanden uns viel zu gut, um das alles kaputt zu machen. Und wir kannten uns viel zu gut.
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Allein schon der Geruch der Nudeln ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Langsam, um das Essen so richtig zu genießen, spießte ich jede einzelne Nudel auf. Ich hatte richtig Hunger, ich glaube, ich hätte echt alles gegessen, so sehr hatte mein Magen vorhin geknurrt. Aber Chris schien es genauso zu gehen, auch er hatte seit dem Frühstück nix mehr gegessen.
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"Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir!", äffte er ziemlich gekonnt unseren Prof nach, ein widerlicher, aalglatter Typ, der zwar auf seine Art ganz gut aussah, aber einfach nur verstaubt und altmodisch war und keinerlei Verständnis für unsere teils fehlende Motivation hatte. Anscheinend hatte er selbst keine Hobbies gehabt, als er studiert hatte. Ich verschluckte mich vor Lachen fast an meinen Nudeln. "Oh, da muss wohl jemand das Essen noch lernen!"
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"Ich weiß sehr wohl, wie man isst!", protestierte ich und versuchte, nich wieder loszulachen - was in Chris' Gegenwart sehr schwer war. "Aber sag mal", fragte ich mit einem frechen Grinsen, "Wie weit bist DU eigentlich mit Mathe?"
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Er sah kurz an, dann flüsterte er verschwörerisch: "Noch lange nich fertig, aber sag's ja nich weiter, nachher stehen wir beide noch dumm da!" "Meinst du, wir hätten lieber was anderes machen sollen?" "Soll das n Witz sein? Was hatten wir für ne Wahl?" "Naja, wir hätten auch andere nützliche Sachen wie Philosophie oder Kunst oder so studieren können!" "Oder Darstellende Kunst." Da mussten wir beide lachen.
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"Wo is eigentlich unsere Lieblingsschwester?", wollte ich mit ziemlich viel Ironie im letzten Wort wissen. Chris grinste. "Ich wette bei Steve. Ich mein, hallo, er hat nen Fernseher, sie is n Fernsehjunkie . . . hat aber selber keinen." "Oder sie 'lernen' zusammen.", vermutete ich. Bei meiner Schwester konnte man ja nie wissen . . . "Glaub ich nich. Steve hat doch schon ne andere am Start . . . Glaub ich jedenfalls.", meinte Chris. "Bei dem wundert mich gar nix mehr."
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Okay, vielleicht war das n bisschen unfair, Steve sowas anzuhängen, aber . . . er wusste es ja nich . . . Außerdem hing meine Schwester öfter bei ihm rum. Was sie an seinen todsicher BLONDIERTEN Haaren und den hellen Klamotten fand, checkte ich jetzt irgendwie nich so ganz. Naja, obwohl . . .
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Sie hatten ja dadurch total viel gemeinsam - zwei doofe Blondinen, die sich nur mit dem Aussehen beschäftigten . . . Ehrlich, normalerweise hatte ich nix gegen Blondinen, aber gegen die, die keine echte Blondinen und einfach nur doof waren, hatte ich schon was. Wenn wir uns mal begegneten, was, obwohl wir Schwestern waren und uns ein Zimmer teilten, nich so oft vorkam, war sie immer so sch*** freundlich zu mir, so richtig künstlich. Das ging mir echt auf die Nerven. Sie war öfter bei Steve als bei uns im Zimmer. Dann lachte sie immer so übertrieben laut und bescheuert, sobald er was sagte, das auch nur ansatzweise witzig war. Ich hielt von dem Typen nich viel, aber musste sie ja selber wissen.
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Danach gammelten wir noch in Chris' Zimmer rum. "Ich werd noch wahnsinnig in dem kack Wohnheim hier!", vertraute ich ihm an. Chris sah mich fragend an. "Wieso? Okay, sich mit Blondie n Zimmer zu teilen kann nich besonders toll sein- hast du überhaupt Platz im Schrank für DEINE Klamotten?- Sandy hört gerne Gothic und Joe braucht sein Hip Hop, is das jetzt so schlimm?" Da musste ich dann doch grinsen. "Boah, ich erwarte ja nich, dass die gar nix mehr sagen oder so, aber Joss und Beau, wie die sich immer streiten, so dumm ey!", beschwerte ich mich.
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"Ganz ehrlich? Wieso sind die beiden überhaupt zusammen? Das passt doch voll nich!", nölte ich weiter, einfach, weil mich dieses sinnlose Gestreite, nach dem sie wieder für ein paar Tage ein Herz und eine Seele waren, aufregte. "Hat da etwa jemand schlechte Laune?" "Naja, okay, vielleicht . . ." "Aber nur so'n bisschen, nä?"
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"Aber weißte, mich nervt das langsam auch. Ich hab echt kein' Bock, mir immer anhören zu müssen, wie die sich wegen jedem Sch***, der mich voll nich interessiert, streiten müssen. Aber ich hab's denen schon mal gesagt. Bringt nur leider nix." "Die beiden regen mich echt am Meisten auf. Gegen Sady und Joe hab ich ja nix! Steve mit seinem MTV-Konsum geht ja auch noch, und meine doofe Schwester ertrag ich auch noch irgendwie, aber Joss und ihr dummer Freund müssen sich echt immer streiten!"
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Stille. Dann hörte ich eine wohlbekannte Stimme, die wohl noch eine Oktave höher als sonst - war das überhaupt möglich?- unseren Mitbewohner Joe anzickte. Was hatte sie denn jetzt schon wieder? "Ey, hörste das auch?" Es wurde spannend! Unterhaltungscomedy gratis! "Was? Dass deine Schwester Joe zur Schnecke macht?" "Ja, mann! Oah, dass die sich immer gleich so aufregen muss!"
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"Joe! Du machst SOFORT diesen Lärm aus, oder das wird noch ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen!", keifte meine Schwester den armen Joe an. Was konnte er denn dafür, dass sie kein Hip Hop mochte? Ganz ehrlich mal. Joe war schwer in Ordnung. Und meine Schwester war einfach mal die letzte Tussi, die von den Typen nur so lange belagert wurde, bis sie den Mund aufmachte . . . Wenn ich ihre Stimme hörte, bekam ich einfach Aggressionen. Und meistens auch noch Kopfschmerzen. Als Kind war ich noch neidisch auf sie gewesen, weil sie von sich aus so mädchenhaft und zerbrechlich war und die volle Aufmerksamkeit bekam. Heute war ich lieber ich selbst . . .
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"Ich werde es nicht weiter zulassen, dass das, was DU Musik nennst, meine Ohren beleidigt! Du machst das sofort aus!" Noch immer erwiderte Joe nix und Chris und ich konnten uns kaum noch zurückhalten. Wie sie sich so künstlich aufregte, war einfach zu lustig. Ich würde meine Schwester nie ernst nehmen können, so lächerlich, wie sie war. Sie führte sich - wie immer - so auf, als hätten wir alle ihr zu gehorchen und sie auf Händen zu tragen.
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"Was ist denn das für ein Benehmen?! Antworte mir gefälligst, wenn ich mit dir rede!" "Wenn du vernünftig mit mir reden würdest, natürlich würde ich dir dann auch antworten, liebste Charlene.", erwiderte Joe völlig cool. "Und außerdem . . . Beschwer ich mich ja auch nich über dein lautes Geschnarche, bei dem kein Mensch schlafen kann und den Mist, den DU als Musik bezeichnest, find ich einfach nur zum Kotzen! Was denkst du eigentlich, wer du bist, PRINZESSCHEN?" Ha! Gegeben! Ich konnte das zufriedene, fette Grinsen, das sich auf meinem Gesicht ausbreitete, nicht länger verstecken.
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Wir hörten, wie Charlene noch versuchte, irgendwas zu antworten, aber Joe würde ihr ja eh nich zuhören. Chris und ich lachten uns einen ab. Im Gegensatz zu Steve brauchten wir keinen Fernseher. Comedy Central gab es hier gratis.
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So gegen Mitternacht verzog ich mich dann mal in mein Bett. Dass meine herzallerliebste Schwester sich noch irgendwoanders rumtrieb, überraschte mich nicht.
 
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Lustige Geschichte, bei den Gesprächen kam ich manchmal nicht mit, vielleicht ein bisschen deutlicher kennzeichnen wie bei den Chats. Ansonsten tadellos, gute Geschichte ich freue mich auf neue Geschichten. Mal gucken ob das Prinzessichen sich durchsetzten kann (wahrscheinlich denke ich das mal nicht) Was wird aus Chris und Ally (bleiben sie wirklich NUR gute Freunde???) Und ob der Fernsehjunki Steve was mit Charly anfängt (oder sie braucht noch so lange bis sie die Hip Hop Geschichte abgeschlossen hat). Mach weiter ich bin wie gesagt gespannt.
 
Die Geschichte an sich klingt schon mal nicht schlecht, ich denke, man kann es ganz gut nachvollziehen.
Aber ein Tipp:
Die Bilder sind nicht schlecht, aber es nervt ein bisschen, dass es immer 4mal diesselben sind.
1. Als Ally und Chris essen sind die 6 Bilder, die fast vollkommen gleich aussehen.
2. Als Charly bei Steve ist, sind es auch 2 sehr ähnliche Bilder.
3. Ally und Chris sitzen auf dem Sofa und unterhalten sich. 4 ähnliche Bilder.
4. Charly und Joe streiten sich. 4 Bilder.

Da könntest du dann einfach mal mehr Text unter nur ein, oder zwei solcher Bilder schreiben und die Bilder sollten sich mehr unterscheiden, z.B. eines von weiter weg, auf dem man sieht wie die beiden essen und eine Nahaufnahme von Ally, auf der sie noch den Löffel in der einen Hand hat und mit der anderen stark gestikuliert oder so.

Ist nicht böse gemeint, aber es fällt einfach auf. Ansonsten gefällt mir die Story schon. ;)

LG, Nizza :hallo:
 
Hallo!
Die Story an sich mag ich sehr, nur leider musst du noch an den Gefühlen arbeiten... Paar mehr Adjektive könnten nicht schaden, und wenn du schon in der ich-form schreibst, musst du versuchen, dich in die Person hineinzuversetzen! Alles drum und dran muss sein. Mehr Text und weniger Bilder wäre empfehlenswert,aber mein Anfang bestand auch nur aus Kritik, darum: Don´t worry! Außerdem ist Kritik ja ziemlich das wichtigste, damit ne Story richtig gut wird!
Freu mich aufs nächste Kapitel!

LG
 
Freut mich, dass meine Story gelesen wird . . . und dass ich auch noch konstruktive Kritik bekomme, mit der ich auch was anfangen kann! Vielen Dank euch allen!
So, hab den Text vom 1. Teil gerade überarbeitet, Bilder mach ich vielleicht neu, wenn ich dazu komm.
Hab grade die Bilder vom 2. Teil fertig und versuche, den heute oder morgen fertig zu kriegen!

GLG Becky
 
Kapitel 2 - Das Geheimnis

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"Weißt du, Ally, wir könnten doch mal feiern gehen, nur du und ich . . . Und, naja, Blondie auch. Sonst is sie ja wieder beleidigt, wenn wir sie nich fragen. Und dann is sie ja noch schlimmer als sonst . . .", schlug Chris vor. Wir saßen in der Cafeteria und futterten die leckeren Pfannkuchen, die es zum Mittagessen gab. Gleich durften wir uns wieder die interessanteste Mathe-Vorlesung aller Zeiten anhören . . . Inzwischen hatten wir zwei Monate Studium hinter uns und für Anfang November war es noch ungewöhnlich warm, selbst für unsere Region.
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"Mh, gar keine so schlechte Idee, wir haben ja auch was zu feiern - wir haben schon fast den ganzen Herbst in diesem Wohnheim überlebt!", stimmte ich ihm zu, gleichzeitig verging mir jetzt schon die Lust darauf, etwas zu unternehmen. Chris hatte Recht, natürlich mussten wir Prinzesschen mitschleppen, sonst würde sie unausstehlich werden. Andererseits wollte ich mir davon meine Laune nicht verderben lassen. Die zarten Sonnenstrahlen fielen durch die Fenster der Cafeteria und wärmten meine Arme und mein Gesicht.
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"Ich find ja, wir gehen in diesen neuen Club, das 'Green Diamond'. Die haben auch Karaoke, da kannst du deine Kreativität ausleben!", zog er mich auf. Ha, ha, ha. Nich, dass ich nich singen konnte oder so, aber ich blamierte mich eben nur ungern. Es war ja nich so, dass es mir irgendwas ausmachen würde, was so'n Haufen Idioten, die ich nie wieder sehen müsste, von mir dachten . . . aber irgendwie schon.
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"Ja, na klar, genau das werde ich tun, aber nur mit Assistenz von DIR!", konterte ich. "Boah, bist du wieder schlagfertig heute! Du kannst ja echt jeden fertig machen!", scherzte Chris. "Aber immer doch! Dazu bin ich ja da! Ich mach die Leute fertig, bis sie weinend am Boden liegen!", steigerte ich mich weiter rein. "Auf jeden! Ally, die Mega- Bitch! Passt auf, Leute!" Wir lachten eine Weile, bis ich entgegnete: "Naja, bei unserm Prof klappt das aber nich. Der macht eher MICH fertig . . ."
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"Ach, der macht doch jeden von uns fertig mit seinem dümmlichen Gequatsche. Vorgestern doch auch wieder. Er hält sich ja auch für den Größten . . .", zog Chris über unseren Prof her. Es tat gut, wenn er über diesen Typen herzog. Niemand wusste, was er mir getan hatte, noch nich mal Chris wusste das. Naja, mir hatte er nichts getan, eher meiner Familie. Prof. Sayne hatte meine Familie, die schon von Anfang an keine richtige gewesen war, komplett zerstört.
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Manchmal glaubte ich, Chris ahnte was, wann immer wir über unseren Prof redeten und ich eher schweigsam war. Vielleicht würde ich es ihm irgendwann erzählen können . . . Als ich an den Sommer zurückdachte, verpasste ich meiner guten Laune damit einen gewaltigen Dämpfer. Mein Magen krampfte sich schlagartig zusammen. Ich war froh, schon aufgegessen zu haben, so konnte ich einfach, ohne irgendwelche dummen Ausreden, gehen. Zur Vorlesung dieses Mannes, den ich so sehr verabscheute und hasste. Auch nich wirklich erstrebenswert, aber einfach raus hier.
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"Ally, du legst aber ein Tempo an den Tag heute!", bemerkte Chris, als er hinter mir her lief. "Hast du es so eilig, Prof. Sayne zu sehen? So gut sieht er jetzt auch wieder nich aus, oder?!", scherzte er, ein wenig außer Atem. Ha! Als ob . . .
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Wenn er wüsste . . . Irgendwann musste ich es ihm sagen. Aber nich jetzt. "Haha, sehr lustig. Na klar, ich geh jetzt noch am Blumenladen vorbei und leg ihm, wenn er nich hinguckt, 'nen riesen Strauß Rosen aufs Pult mit 'nem Zettel 'Von deiner heimlichen Verehrerin!' . . .", versuchte ich, mir die aufkommende schlechte Laune nich anmerken zu lassen und ging noch schneller.
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Na ja, ich hatte es wohl wirklich ziemlich eilig, denn Chris war immer noch ein gutes Stück hinter mir. "Ally! Jetzt warte doch mal! Man könnte glatt meinen, du wärst auf der Flucht!" Mist, er hatte es gemerkt. War wohl nix mit dem sich nix anmerken lassen. "Naja, also, vor dir kann man auch nur die Flucht ergreifen. Wusstest du schon, dass du furchtbaren Mundgeruch hast?", neckte ich ihn, in der Hoffnung, er würde nich weiter nachfragen.
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"Ally, du bist heute wieder so unglaublich liebenswürdig, womit habe ich das denn verdient?" Er schien mir die Nummer doch einigermaßen abzukaufen. Oder er tat zumindest so. Ich wollte keine Geheimisse vor ihm haben. Wir hatten uns immer versprochen, ehrlich miteinander zu sein und uns alles zu erzählen, und es tat mir leid, dass ich das gerade nich konnte. Ich würde es ihm noch erzählen.
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Am Abend gingen wir dann in diesen tollen Club. Naja, also von außen machte das Teil ja nich wirklich viel her, aber davon ließen wir uns nich abschrecken. Es war doch das Innnere, was zählte . . . "Genau wie bei den Menschen.", dachte ich. Aber Charly war bestimmt noch nich mal fähig, zu so einer Assoziation zu kommen.Wir hatten sie mitschleppen müssen, ganz wie Chris mir prophezeit hatte. Jetzt mussten wir sie einen gazen Abend lang ertragen. Eine entsetzliche Vorstellung . . .
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Zuerst musste natürlich die Karaokemaschine ausprobiert werden. Wozu waren wir auch sonst da? Zum Saufen sicher nich. Hätten wir auch gar nich gekonnt, wir so mit 17 und 18 und Alkohol erst ab 21 erlaubt und so . . . Naja, jedenfalls, Charly war beistert von unserer Performance, echt jetzt.
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Take a moment
Catch the spirit
Feel the smile from deep inside
Get the magic
Meet the people
Who will join your laugh and cry

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Full of passion
We're bellevers
From the day that we are born
You've got to feel it
Feel and belive it
Believe in this feeling

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WE LOVE TO ETERTAIN YOU
We love to play the game
WE LOVE TO ETERTAIN YOU

We let you feel the same
Entertain you . . .

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Später wagten wir uns dann auf die Tanzfläche. Zugegeben, etwas merkwürdig sah es vielleicht schon aus, weil wir nich grade Vollprofis waren, aber, wen interessiert's? Als ob alle tanzen könnten, die die Clubs unsicher machten . . . Aber dass wir Spaß hatten, war ja wohl das einzige, was zählte. Und den hatten wir . . .
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Charly dagegen war ein echter Profi. Naja, in ihrem komischen Studiengag lernte man sowas bestimmt auch . . . Oder was machten die sonst die ganze Zeit? Wenn man schon so ein sinnloses Fach studierte, musste man ja irgendwie die Zeit rum kriegen. Später trafen wir dann noch Sandy und tobten uns weiter an der Karaokemaschine aus.
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Don't need to justify,
Who I am, what I am.
I just wanna be me.

Don't wanna live a lie
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Who I am, what I am,
I can not make you see.

I'm just myself like no-one else
I've got to walk my own way.
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I'm not your EVERYDAY GIRL,
Let me show you my world.
I am ready and nothing can stop me, now.
I'm not your EVERYDAY GIRL,
Be a part of my world.
Are you ready? Come on, let me show you, how.

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Es war schon ziemlich spät, als wir zurück ins Wohnheim gingen. Charlie war sogar einigermaßen erträglich gewesen, da kein peinlicher Typ dagewesen war, den sie mit ihrer superkünstlichen Art hätte anbaggern können. Alles in Allem also ein gelungerner Abend, oder? Charlie ging als Erste von uns schon zurück ins Wohnheim, während Chris und ich noch draußen standen.
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"Ally, das war n toller Abend! Ähm . . . schlaf schön, ja?", sagte Chris noch und drückte mir einen Kuss auf die Stirn, bevor er in sein Zimmer verschwand. "Du auch!", rief ich ihm noch hinterher. Hatte ich den allerbesten Kumpel oder hatte ich den allerbesten Kumpel? So viel Spaß hatte ich schon lange nich mehr gehabt.
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Im Zimmer brannte noch Licht als ich reinkam und Charlie war überraschenderweise noch wach. "Hey Ally, das war echt 'n cooler Abend, das machen wir noch mal, ja?", blubberte sie wie üblich drauf los. "Äh, öhm, ja klar!", sagte ich und versuchte, dabei so zu gucken, als würde ich das wirklich so meinen, machte das Licht aus und legte mich ins Bett.
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Nur ein paar Minuten später war Charly schon eingeschlafen und schnarchte leise vor sich hin. Manchmal fragte ich mich, wie es war, sie zu sein. Für sie musste alles so einfach sein . . . Sie schien sich über nichts mehr Gedanken zu machen als über ihre Haare und ihr Outfit. Dachte sie jemals über das Leben an sich nach? Kümmerte sie überhaupt, was um sie herum passierte?
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Plötzlich kam wieder diese unendliche Traurigkeit und Leere wieder in mir hoch. Würde mich je jemand wirklich verstehen? Chris würde irgendwann sicher ne Freundin haben, und dann würde er nich mehr so viel Zeit für mich haben. Oder spätestens nach der Uni würden sich unsere Wege trennen. Der Gedanke daran schien mir unerträglich. Ich lag noch sehr lange wach. Ich konnte einfach nich vergessen, was im Sommer passiert war. Heute war es vier Monate her.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schön wieder etwas von dir zu hören, ich finde das du auch diesesmal viel mehr Gefühl und Spannung hineingebracht hast, die Bilder waren gut und abwechselungsreich. Charly scheint ja doch nicht so die Mega Zicke zu sein und eigentlich mag Chris, Ally wirklich sehr. Was hat es nur mit dem Prof auf sich ich bin mega gespannt und freue mich auf ein neues Kapitel.

LG
 
Hallo!

Wow, du hast dich echt verbessert, Respekt :D
Es ist gut, dass du die Kritik zu Herzen genommen hast.
Freu mich schon aufs nächste Kapitel! :)

LG RoeCat
 
Kapitel 3 - Desaster²

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Es fing alles damit an, dass ich kurz vor Weihnachten zur falschen Zeit am falschen Ort war. Ich hatte grade wieder eine todlangweilige Vorlesung in Mathe hinter mir und war so schnell wie möglich auf dem Rückweg ins Wohnheim, da es nur im Kapuzensweatshirt nun doch etwas kalt wurde, da lief mir diese Frau über den Weg. Irgendwie kannte ich sie, da war ich mir sicher, und nach Sekundenbruchteilen dämmerte es mir dann. Sie war zwar noch hässlicher als vorher, so verbraucht und fertig mit der Welt, wie sie aussah, und hatte jetzt auch ne andere Frisur, aber . . .
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. . . diese Frau war meine Mutter. Und sie war offensichtlich schwanger, dem Bauch nach zu urteilen. Ein starkes Ekelgefühl stieg in mir auf. Was wollte sie hier? Wollte sie mich fertig machen und mir das Leben wieder zur Hölle machen, oder was? Nach all dem, was sie mir schon angetan hatte, hatte ich jetzt echt keinen Bock, wieder mit ihr konfrontiert zu werden. Chris stand auch noch da. Der sollte mir gefälligst helfen und diese missratene Frau verjagen!
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"Okay, raus mit der Sprache: Was willst du hier? Und egal, vollkommen egal, was du von mir willst, außer, dass wir uns nie wieder sehen, von mir kriegst du gar nix. Halt dich einfach raus aus meinem Leben, okay?!", legte ich gleich los. Was sprach auch dagegen, direkt zu sein? Kommt doch immer gut! Joss, auf dem Weg zu einer bestimmt ebenfalls superinteressanten Vorlesung, glotzte pikiert zu mir rüber. Na und? Was DIE von mir dachte, war mir schon lange egal.
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Und was machte diese Frau, die leider direkt mit mir verwandt war? Verschränkte einfach die Arme und guckte mich komisch an. Hallo? Normalerweise hatten die Leute nach so einem Ausbruch wie eben großen Respekt vor mir und machten mal besser, was ich sagte . . . Meine Mutter wohl nich. Die ganze Situation nervte mich. Warum konnte sie nich einfach abhauen und mich mein dank ihr kleines, beschissenes Leben leben lassen?
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Und dann fing sie auch noch an zu reden. Abtörner! "Ally, Liebes!" - Ähm, Clown gefrühstückt, oder wie? So hatte sie mich NIE genannt, und jetzt kam sie hier an, um zu schleimen, oder was? Nich mit mir! "Du wirst dich doch nicht deiner eigenen Mutter widersetzen!" Da war er wieder, dieser Ton in ihrer Stimme, der mich erbrechen lassen wollte. So ekelhaft nett und gleichzeitig widerlich. Das kannte ich nur zu gut. Sie wollte also wieder irgendwas. "Du weißt, du bist noch lange nicht volljährig, und du bist dazu verpflichtet, das zu tun, was ich dir sage . . ."
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"Wie kannst du es wagen? Wie kannst du es wagen, nach all dem, was du uns angetan hast, hierher zu kommen und auch noch Forderungen zu stellen? Du . . . du egoistisches Miststück, zu GAR NICHTS bin ich verpflichtet, außer dafür zu sorgen, dass du dich von mir und Charly fern hältst!" Ich fand, ich klang mittlerweile ZIEMLICH bedrohlich und jede andere hätte wohl spätestens jetzt die Flucht ergriffen.
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Und die? Fing auch noch an zu heulen. Als ob ich mich davon beeindrucken lassen würde . . . "Ally, du musst mich doch verstehen!" - Ähm, nein? Jetzt reichte es aber wirklich! Glaubte sie, ich hätte jetzt Mitleid mit ihr, oder was? Ich wurde von Sekunde zu Sekunde gereizter. "Es ist alles sooo schwer, seit ich niemanden mehr habe, und vielleicht sollten wir uns alle noch mal zusammen setzen und uns wieder vertragen!" Niemals! Sie war doch selber an allem Schuld! Außerdem hatte sie doch ihren supertollen Lover, von dem garantiert das Kind war, wegen dem sie die Familie, die es eh schon nich gab, endgültig zerstört hatte.
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"Sag mal, hast du sie noch alle? Glaubst du im Ernst, Charly, Dad oder ich wollen mit so einer miesen Schl*** wie dir noch was zu tun haben?! Ja? Glaubst du das?" Ich war mittlerweise so richtig in Fahrt und nix konnte mich mehr zurückhalten. Sollte sie doch heulen! Hoffentlich bekam sie irgendwann mal das, was sie verdiente. Im biologischen Sinn war sie meine Mutter, ja, aber als Person hatte sie für mich keine Bedeutung mehr.
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"Du verstehst das alles nicht, Ally! Und dein . . . dein Vater, er ist so kalt und abweisend zu mir!" Ja, warum wohl? Dachte sie im Ernst, er würde ihr einfach alles verzeihen? Ich hätte das an seiner Stelle nich gekonnt. Langsam hatte ich echt genug. Ich hatte absolut kein Bock mehr, mich mit dieser Frau abzugeben. "Dabei . . . ist es doch auch sein Kind, das ich bekomme!" Ich glaubte, nich richtig zu hören! Was bildete die sich ein?!
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"Das glaubst du doch nich wirklich? Mal ganz ehrlich, zwischen euch is doch nix mehr gelaufen, seit Charly und ich auf der Welt sind! Geh doch zu deinem supertollen Lover, der wird dir bestimmt helfen! Du bist doch krank! Lass dich doch bitte endlich freiwillig in die Klapse sperren!" Natürlich war das alles ganz schön hart, aber meine Mutter war für mich gestorben. Diese Frau war nich meine Mutter. Sie war ein verlogenes und naives Miststück. Was glaubte sie eigentlich, wer sie war? "Ally, sag doch sowas nicht! Wir können doch alle wieder eine richtige Familie werden!"
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"Sag mal, kannst oder willst du uns nich verstehn? Bist du echt so kack-naiv und denkst, dass alles wieder gut wird?! Ich hab echt genug von dir! Geh und f*** deinen Neuen! Ich hasse dich einfach!" So, das sollte jetzt aber reichen. Mir reichte es jedenfalls. Ich fühlte, wie meine Augen sich langsam mit Tränen füllten. Tränen der Wut. "Ally, bitte . . .", schluchzte sie. "WAS?!", fuhr ich sie an. In der Lage, Feingefühl oder sogar noch Mitleid zu zeigen, war ich jedenfalls gar nich! Warum haute sie nich endlich ab?
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"Du ekelst mich einfach nur an mit deiner widerlichen Art! Du denkst, du kannst alles haben, wenn du jetzt nur schön das Opfer spielst, aber mit DER Nummer wickelst du noch nich mal Charly ein!", polterte ich weiter. "Wie kannst du so über sie reden? Sie ist doch deine Schwester?!" Was für eine dumme Frage. "Und wie konntest du Dad betrügen? Du liebst ihn doch?!", konterte ich. "Du . . . verstehst mich einfach nicht!", flennte sie weiter. Ja, na und?
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"Nein, ich versteh dich wirklich nich, und das will ich auch gar nich! Leb doch weiter in deiner eigenen, kleinen, kranken Welt und leb dein kleines, besch***enes Schl***nleben! Für mich bist du gestorben!", schrie ich, schon ein bisschen heiser. Ich war eh schon total erkältet und wollte einfach wieder ins Wohnheim, aber das ging ja nich, weil sie immer noch hier war und mir den letzten Nerv raubte. Irgendwann würde diese Frau mich nochmal ins Grab bringen. Ich hatte so eine riesige Wut im Bauch, am liebsten hätte ich sie mitten ins Gesicht geschlagen. Aber das war nun doch unter meiner Würde, eine ältere, schwangere Frau zu schlagen, die leider auch noch meine Mutter war.
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"Du wirst schon sehen, was du davon hast!", keifte sie mich an. "Dein Leben ist auch nicht besonders erstrebenswert! Hast du überhaupt Freunde? Will dich überhaupt irgendein Typ? Oder bist du aus Verzweiflung, weil dich keiner will, schon zum anderen Ufer gewechselt?!" Wie konnte sie es nur wagen, über mich und mein Leben herzuziehen? Und es ging auch noch weiter. "Oh, ist dein toller, bester Freund gar nicht hier, um dich zu retten? Oder traut er sich nicht? Wie schade. Dabei hältst du doch so viel von ihm! Aber selbst der würde dich nicht mal f***en, wenn er ne ganze Minibar intus hat!", höhnte sie. Jetzt reichte es aber wirklich! Das musste ich mir nich bieten lassen! "Hau einfach ab! Halt dich aus meinem Leben raus, geh mir einfach aus den Augen und wag es ja nich, mich auch nur einmal wieder zu belästigen!", brüllte ich.
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Das schien endlich gewirkt zu haben. Schnellen und aufgrund der Kombination von Schwangerschaft und High Heels ziemlich bescheuert aussehenden Schrittes haute sie - hoffentlich für immer - ab. Wahrscheinlich hatte sie dem einfach nichts mehr entgegen zu setzen. Und ich fühlte mich furchtbar. Sie hatte mich mal wieder an den Teil meines Lebens erinnert, den ich für immer verdrängen wollte. Warum tat sie mir das nur an? Wollte sie mein Leben zerstören, nur weil sie ihr eigenes auch schon zerstört hatte?
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Ich versuchte, die schon wieder aufsteigende Wut und die Tränen zurückzuhalten, immerhin stand ich hier noch mitten in der inzwischen ziemlich kahl aussehenden Gegend rum . . . Aber was kümmerte es mich eigentlich, was die Leute von mir dachten? War das wirklich so wichtig? Meine Mutter hatte mich übel getroffen. Ich fühlte mich wie der letzte Dreck. Hatte sie am Ende recht? Wo waren meine Freunde, wenn ich sie brauchte? War ich wirklich so unattraktiv und absolut nich begehrenswert?
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Ich konnte mich einfach nich länger zurückhalten. Ich hatte die ganze Zeit über versucht, eine starke Frau zu sein, aber ich konnte einfach nich mehr. Zu allem Überfluss hatte ich heute auch noch Geburtstag, was ich vollkommen verdrängt hatte, da auch bisher noch nix besonderes passiert war. Niemand hatte mir bisher gratuliert oder irgendwas geschenkt. Noch nich mal Chris. Aber ich hatte auch angenommen, er würde sich noch was einfallen lassen. Wozu war ich überhaupt auf der Welt?
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"Ach du sch***e! Ally!" Das war Chris. Durch den Tränenschleier sah ich sein Gesicht nur sehr verschwommen, aber ich erkannte ihn an seiner Stimme. "Was willst du? Mit mir will doch eh niemand auch nur befreundet sein! Sie hat doch recht! Und nen besseren Zeitpunkt als meinen 18. hätte sie sich dafür auch nich aussuchen können!", heulte ich, total am Ende. "Ally, das stimmt doch gar nich, und das weißt du auch! Als ob du glauben müsstest, was diese dumme Schl***, die sich immer noch unrechtmäßig als deine Mutter bezeichnet, dir erzählt! Nur weil die ihr Leben selber nich im Griff hat!"
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Dazu sagte ich nix mehr. Ich fühlte mich so machtlos . . . Chris legte sanft seinen Arm um mich. "Ally, du bist meine beste Freundin, mit dir versteh ich mich besser als mit jedem meiner Kumpels. Du bist so unkompliziert und direkt wie keine andere - und das lieben wir Jungs! Jeder meiner Kumpels hätte lieber dich als deine eingebildete, dumme Schwester als Freundin. Deine Mutter is einfach nur durchgeknallt! Die weiß doch gar nich, wovon sie redet. Die gehört in die Klapse!" Wie konnte er nur immer genau das Richtige sagen? Das war echte Liebe. Genau das, wovon meine Mutter keine Ahnung hatte. Ich heulte mich noch n bisschen aus.
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Irgendwann hatte ich dann auch keine Tränen mehr und fühlte mich schon irgendwie besser. Wie hatte ich glauben können, dass Chris diesmal nich für mich da sein würde? Das war das Problem an dieser Frau. Sie hatte noch mehr Einfluss auf mich, als ich zugeben wollte. Vorsichtig wischte ich meine Tränen weg. Was hatte ich doch für ein Glück, dass ich keine Make Up trug, das jetzt total zerstört sein würde . . . Bei dem Gedanken daran musste ich unwillkürlich, aber auch nur kurz, grinsen.
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Eine Weile sahen Chris und ich uns schweigend an. Wieder einmal schwor ich mir, dass ich auch für ihn da sein würde, wenn er mich mal brauchte. Nur, wann würde DAS mal sein? Im Gegensatz zu mir hatte er keine psychisch gestörte Mutter und keinen total überarbeiteten und gestressten Vater. "Chris, du hast schon so viel für mich getan, wie soll ich das jemals wieder gut machen?", sprach ich aus, was ich dachte.
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"Du tust schon genug damit, dass es dich gibt und dass wir Freunde sind!", entgegnete er nur und umarmte mich. War er nich perfekt? Gab es irgendwo einen besseren besten Freund? Bestimmt nich. Er war mein Fels in der Brandung und ich ließ mich einfach gegen ihn sinken. Von ihm gehalten zu werden hatte was. Ich fühlte mich vor allem Bösen in dieser Welt beschützt. "So, und jetzt gehn wir mal schön zurück ins Wohnheim, du bist schon erkältet genug, Geburtstagskind!", meinte er schließlich. "Und wenn ich dich tragen muss!", fügte er hinzu.
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Dass er aus seiner Drohung auch Ernst machen würde, hätte mir klar sein müssen. Protest hätte eh nix genützt. Aber, mal ehrlich, welche Frau konnte schon von sich behaupten, einen besten Freund zu haben, der sie auf Händen trug? Bestimmt nich viele. Ich war auch zugebenermaßen ziemlich erschöpft. In Partystimmung war ich bestimmt nich.
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Er trug mich sogar bis in mein Zimmer und legte mich auf meinem Bett ab. Was für ein Service! Er sollte jetzt bloß nich gehen! Ich brauchte ihn. Ich würde ihm alles erzählen. "Chris . . ." Es war schon fast ein Flüstern, so heiser war ich durch diese Erkältung. "Bleib doch noch hier!", bat ich ihn. "Klar doch! Alles, was du willst!"
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Sagte er und setzte sich zu mir. "Du hast Fieber!", stellte er fest, nachdem er meine Stirn befühlt hatte und sah mich besorgt an. "Mach dir keine Sorgen . . .", flüsterte ich und lächelte ihn an. "Ich muss dir übrigens noch was erzählen . . ." Er sah mich erstaunt an. "Es hat was mit Prof. Sayne zu tun . . ."
 
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Kapitel 4 - Ich Weiß, Was Du Letzte Sommer Getan Hast

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Charly und ich hatten gerade (mehr oder weniger) erfolgreich die High School abgeschlossen und genossen die letzten Wochen, die wir noch bei unseren Eltern wohnten, bis wir aufs College gingen. Wir hatten uns beide für das Mount Isle College entschieden, da es im Vergleich zu anderen Colleges relativ günstig war. Unsere Eltern hatten doch nen Haufen Geld? Das schon, aber sie wollten uns keinen einzigen Cent fürs College dazugeben. Wir sollten doch lernen, mit Geld umzugehen! Wir saßen beim Frühstück und unterhielten uns über unser zukünftiges Leben.
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"Also, ich denke, unsere Zeit auf dem College wird supertoll! Wenn du mal die Jungs gesehen hast, die auf dem Campus rumlaufen!", fing Charly schon zu träumen an, die mal wieder eines ihrer superkurzen Satinnachthemden mit tiefem Ausschnitt und Spitzenbesatz trug. Sie hielt es nich für nötig, sich zum Frühstück ordentlich anzuziehen und wechselte außerdem ihre Freunde wie ihre Klamotten. Sie war nich direkt ne Schl***e, aber . . . Naja. Sagen wir mal so: Ich hielt davon nich so viel.
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"Oh, wenn wir denn noch Freizeit haben! Ich hoffe, mein Erspartes aus meinen ganzen Nebenjobs reicht, sonst muss ich noch in irgendso'ner Cafeteria jobben!", versuchte ich, sie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Ich war nie faul gewesen und hatte noch diverse Jobs neben der Schule gehabt. Ich wollte ja nich für immer finanziell von meinen Eltern abhängig sein . . . Nich so wie meine Zwillingsschwester. Ich fand, dass wir gar nich unterschiedlicher hätten sein können.
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"Typisch Ally, denkt immer nur wunderbar realistisch. Was würden wir alle nur ohne dich tun?", neckte sie mich. Aber ich wusste, dass sie mit meiner Art von Planung nich wirklich was anfangen konnte. Das war ihr irgendwie zu kompliziert. Sie war eher so spontan und ließ alles auf sich zukommen. "Tja, da siehst du mal, was für ne tolle große Schwester du doch hast!", erinnerte ich sie daran, dass ich ja immerhin ein paar Minuten älter war als sie und dem Klischee entsprechend auch vernünftiger zu sein hatte. Wir räumten den Tisch ab und gingen in unsere Zimmer.
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Als ich Mittags in die Küche gehen wollte, um mir was zu essen zu machen, ging ich auch am Arbeitszimmer meiner Mutter vorbei. Die Tür war halb geöffnet und ich konnte sehen, dass sie nur im Nachthemd war und ihre Haare offen trug. Im Prinzip nix ungewöhnliches für einen Sonntagmorgen, aber . . . Der Kerl, mit dem sie rummachte, war nich mein Dad. Wie konnte sie nur? Wie gelähmt blieb ich stehen, bemüht, keinen Ton von mir zu geben. Und beim rummachen blieb es nich.
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Mein Magen krampfte sich zusammen und mein Herz raste. Warum ich stehen blieb und mir das mit ansah, wusste ich auch nich so genau. Neugier? Sensationslust? Schock? Oder alles zusammen? Wie konnte sie das nur tun? Mit diesem Typen, auf dem Fußboden ihres Arbeitszimmers und ich . . . ich wollte wegrennen, aber ich konnte nich. Mir wurde richtig übel.
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Würde ich das alles jemals vergessen können? Das Gesicht des Typen bestimmt nich. Dieser Blick, der mich den Rest meines Lebes verfolgen und anekeln würde . . . Langsam löste ich mich aus meiner Schockstarre und rannte um mein Leben. Meine Mutter, die nie genug Zeit für uns hatte, weil sie so viel arbeitete, hatte sehr wohl trotzdem Zeit für eine Affäre. Ich konnte es nich fassen. Sie hatte soeben meine gesamten Vorstellungen von Familie und Ehe zerstört. Ich musste es Charly sagen!
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Aber die knutschte mit ihrem neuen Freund rum. Wie der hieß? Keine Ahnung, und das zu wissen war auch nich wichtig, denn spätestens nächste Woche würde es eh wieder n anderer sein. Ob die Typen das schon vorher wussten? Aber wenigstens hatte sie nich mehrere Typen gleichzeitig. Sie hatte noch den Anstand, den anderen noch abzuservieren, bevor sie sich den nächsten angelte. Mit ihr konnte ich jetzt auch nich reden, also ging ich in mein Zimmer.
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Ich konnte es immer noch nich fassen, was ich vorher gesehen hatte. Ich hatte meine Mutter nie besonders gemocht, aber jetzt war es endgültig vorbei. Sie hätte mir alles schenken können, ich hätte es nich angeommen. Sie hätte sagen können, dass sie mich lieb hatte, aber das hätte ich ihr niemals geglaubt. Sie musste uns alle hassen, wenn sie uns sowas antat. Was würde jetzt mit uns passieren? Wusste Dad schon von ihrer Affäre, oder musste er es noch herausfinden? Was hatte er getan, um das zu verdienen?
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Charlys neuer Freund betrat mein Zimmer. Was wollte der denn hier? "Hi! Wer bist du denn? Charly hat mir erzählt, dass sie ne Schwester hat, aber dass sie auch noch nen Bruder hat, hat sie mir nich gesagt!" Er grinste. Äh, hallo? Was sollte das denn? Wollte der behaupten, ich wäre n Junge, oder was? Und wie kam er überhaupt dazu, einfach in mein Zimmer zu gehen? Manieren hatte der wohl auch nich! Da passte er ja perfekt zu meiner Schwester!
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"Sag mal, spinnst du eigentlich? Du platzt hier einfach ungefragt in mein Zimmer, was glaubst du eigentlich, wer du bist? Und habt ihr kein Klo zu Hause, oder warum lässt du die ganze Sch***e hier ab? Nur zu deiner Information: Ich heiße Ally Lynne und bin Charlys Zwillingsschwester, du Vollhonk!", blaffte ich ihn an. Besser, er wusste gleich, woran er war! Es war ja auch nich mein Job, nett zu sein . . . Er wich gleich ein Stück zurück. Ha!
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"Ach, glotz nich so dumm. Wie wär's, wenn du dich jetzt einfach verpisst und mich in Ruhe lässt? Ich hab nämlich kein Bock, mich mit so 'nem Loser wie dir abzugeben! Was meine Schwester an dir findet, weiß ich übrigens auch nich!" Oah! Der ging ja immer noch nich! Was für ein Opfer . . . Fand er das hier jetzt auch noch lustig, oder was? Nich mit mir! Was bildete der sich ein?
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"Whoa, chill ma! Wenn du so komisch rumläufst, woher soll ich denn bitte wissen, dass du n Mädel bist? Nimm dir mal n Beispiel an deiner Schwester. So sieht n richtiges Mädchen aus!", feixte er. Das war ja wohl die Höhe! Dieser blöde kleine Spast hielt sich wohl für den obercoolen Checker?! Der in seinem hässlichen Nadelstreifenanzug! Darauf würde ich ihn doch auch gleich mal ansprechen . . .
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"Ach, und du? Dein 'schicker' Anzug, hat Mami dir den gekauft? Und hat sie dir gesagt, wie 'nett' du damit aussiehst? Ja, hat sie das? Oooooh, wie süüüüüß! Was hat deine Mami doch für nen tollen Modegeschmack! Richte ihr das doch aus, ja?", höhnte ich. Also, ich fand ja, das war gelungen. Und was entgegnete er? "Ach, halt's Maul, Schl***e!" Äh, hallo? Das musste ich mir nu wirklich nich bieten lassen!
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Ich fand, die Ohrfeige hatte er sich irgendwie verdient. Ich und gewalttätig? Quatsch. Ich ließ mir es einfach nich gefallen, wenn mich jemand als Schl***e bezeichnete! Danach verzog sich der seltsame Typ komischerweise ziemlich schnell. Warum das denn? Es hatte ihm doch so gut bei uns gefallen? Er hatte doch nur das bekommen, was er verdient hatte? Naja, Jungs eben.
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"Ally, musste das mit der Ohrfeige wirklich sein? Der arme Chandler hatte ne knallrote Wange!", warf Charly mir später vor. "Ja, das musste sein! Er hat mich Schl***e genannt!", entgegnete ich, immer noch leicht aggressiv. "Was? Das hat er mir gar nich gesagt! Er meint, du hättest ihn grundlos geschlagen! Na, dann is es ja besser, dass er schon von sich aus Schluss gemacht hat . . . sonst hätte ich das wohl gemacht.", meinte sie nur ein bisschen bedrückt.
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"Ach, du und die Jungs!", lachte ich. "Ja . . . irgendwie is nie der richtige dabei . . ." Sie wirkte leicht geknickt. Konnte es wirklich sein, dass sie sowas wie Gefühle hatte? Aber dann hätte sie sicher auch gemerkt, was die Typen alle wirklich nur von ihr wollten. "Ach . . . Ich muss dir was sagen.", fing ich dann an. "Was is denn? Du siehst jetzt nich so mega glücklich aus. Unglücklich verliebt?", fragte sie mit einem leichten Grinsen. "Nee. Viel schlimmer."
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"Hör zu . . . Heute morgen hab ich Mum gesehen, mit nem anderen Typen. Sie war'n in ihrem Arbeitszimmer und sie haben rumgemacht und ähm . . . naja . . . du weißt schon.", stotterte ich rum. Ähm, naja, du weißt schon? Wie verklemmt war ich eigentlich? Ich war 17, verdammt noch mal! Vielleicht lag es daran, dass ich selbst noch nie mit einem Jungen auch nur Händchen gehalten hatte. Aber Charly ignorierte gnädigerweise meine Wortwahl. "Wie? Jetzt wirklich? So richtig echt?" Ihre Kinnlade war in einer sehr gefährlichen Position, die auf längere Dauer unmöglich gesund sein konnte. "Ja! Wenn ich es doch sage! . . . Hör zu, ich bin hier erst mal weg, ich geh zu Chris. Hier halt ich's nich länger aus. Ruf mich aufm Handy an, wenn irgendwas is!" Charly nickte nur betreten.
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Wenig später war ich dann bei Chris. Ich hatte absolut nix mitgenommen und fand jetzt schon, dass es ne bescheuerte Idee war. Aber er hatte mich schon gesehen und ich konnte nich mehr einfach abhauen. Zumindest nich so, ohne dass er mich für bekloppt hielt. "Hey, Ally! Was los? Kleiner Spontanbesuch, oder wie?", fragte Chris mich mit nem leichten Grinsen.
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"Nee. Wenn du nur wüsstest, was bei uns los is . . .", ich schluckte. "Wieder Stress mit deiner herzallerliebsten Schwester, oder wie?" Ach, wenn's doch nur das wäre . . . "Nee. Ich . . . ich kann nich mehr zu Hause bleiben, weil . . . weil . . . Mum . . .", zu sprechen wurde schon deutlich schwerer und ich konnte die Tränen kaum noch zurückhalten. "Ally, was is mit deiner Mutter?" Mittlwerweile sah er ziemlich besorgt aus. "Sie . . . sie hat Dad betrogen und ich musste alles mit . . . mit ansehen!", brach es aus mir heraus.
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Und dann fing ich einfach an zu heulen. Ich konnte nich anders. Das alles hatte mich mehr mitgenommen, als ich jemals hätte ahnen können. "Wie . . . wie kann sie uns das . . . nur antun?", schluchzte ich. Chris sah ziemlich ratlos und auch n bisschen überfordert aus. Ich hatte noch nie vor ihm geheult, weil ich noch nie nen Grund dazu gehabt hätte. "Ally . . .", fing er an, brach seinen Satz dann aber doch wieder ab. Offensichtlich wusste er auch nich, was er dazu sagen sollte.
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Dann entschied er sich schließlich dazu, seinen Arm um mich zu legen. "Ally, warum sollte sie denn sowas machen? Du sagst doch, sie hätte durch ihre ganze Arbeit schon kaum Zeit für euch?" "Ja! Ich verstehs doch auch nich! Ich . . . ich hasse sie! Sie hat alles kaputt gemacht! Und ich hab ihr auch noch dabei zugeguckt. Ich . . . Es war sooooo widerlich!", heulte ich. "Ally, das . . . tut mir echt leid, ich weiß gar nich, was ich sagen soll, ich . . ." Sofort fühlte ich mich schuldig. Natürlich wusste er mit der Situation nix anzufangen. Ich sollte mich echt schämen. "Warum können meine Eltern nich wie deine sein?", beklagte ich mich.
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Für sowas konnte man keine Worte mehr finden. Er nahm mich einfach in den Arm und ich weinte mich an seiner Schulter aus. Mir war es etwas peinlich, wie sehr ich mich an ihn klammerte, weil ich Angst hatte, er würde sich einfach in Luft auflösen . . . Aber ich brauchte das jetzt einfach. Und das stärkte unsere Freundschaft ungemein. Wir hatte uns schon immer alles erzählt, aber ich hatte mich noch nie so richtig bei ihm ausgeheult. Vorher waren wir eher kumpelmäßig befreundet gewesen, aber jetzt war daraus eine richtige, tiefe und emotionale Freundschaft geworden.
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Ich wischte mir schließlich die Tränen weg und sah ihn an. "Was mach ich denn jetzt? Ich will nich nach Hause . . ." "Du könntest doch einfach hier bleiben über Nacht!", meinte er. "Ich frag kurz meine Eltern, ob das okay is, ja? Warte hier." "Wer wäre ich denn, einfach wegzulaufen?", etgegnete ich scherzhaft, bevor er ins Haus ging. Nach ziemlich kurzer Zeit war er auch schon wieder da.
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"Meine Eltern haben nix dagegen. Die meinten, sie wüssten ja, dass zwischen uns nix is, und selbst wenn doch, wären wir ja alt genug!" Darüber musste ich dann doch grinsen. Typisch Eltern! Die dachten doch immer gleich . . . Dabei konnte man doch einfach nur befreundet sein, oder nich? Chris und ich waren jedenfalls seit 10 Jahren befreundet und keiner von uns hatte jemals irgendwelche Annäherungsversuche gewagt.
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"Ally, liegst du auch bequem?", wollte Chris grinsend wissen. Er hatte mir - ganz gentleman-like - sein Bett überlassen und nächtigte auf ner Luftmatratze, die er noch schnell irgendwo hervorgekramt hatte. "Ja, es is ganz erträglich, und du?", witzelte ich."Och, es geht, aber für eine echte Lady tu ich doch alles!" "Gentleman-Syndrom?", fragte ich nach und lachte.
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Irgendwann schlief ich auch ein, wurde aber von Albträumen geplagt. Was passiert war, wollte mir einfach ich aus dem Kopf gehen. Ausgerechnet meine Mutter . . . Wie hatte sie das nur tun können? Sie hatte unsere Familie zerstört. Das Gesicht dieses Typen würde ich niemals vergessen . . .


Wie auch, wenn ich es in jeder Mathevorlesung ertragen musste? Wenn er die Formeln an die Tafel schrieb, kam er sich ganz toll vor, und wenn unsere Blicke sich trafen, dann hatte er jedes Mal dieses dreckige "Ally, ich habe Ihre Mutter gef***t"-Grinsen im Gesicht, von dem ich jedes Mal fast kotzen musste. So viel zu Prof. Sayne.
 
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Die Bilder sind halt ein bissl klein^^ Und ich finde du hättest das mehr aufteilen können - also daraus nicht eine große story machen, sondern unterteilen in einzelne - gut das hast du ja...irgendwie^^ Aber halt ein paar Tage warten bevor du das nächste reinstellst - da hat man dann auch mehr lust weiterzulesen und es kommen mehr Kommis ;)
LG; Vicky
 
Oh ok sry - hab grad gesehen das du ja jedesmal ein paar tage gewartet hast^^ dachte halt du hättest das alles in einem gemacht, weil so wenig kommis da waren
 
Hallo,
Ich melde mich auch mal. Ich bin nicht die grosse Kommischreiberin und lese eher still mit. Möchte nur erwähnen, dass es bestimmt einige gibt wie mich, und deine Story besser ankommt als du denkst. Also nicht den Kopf hängen lassen und weitermachen :)
 
Hey Becky,

ich wollte auch mal wieder einen Kommi zu deiner Geschichte abgeben. Die letzten beiden Kapitel haben mir echt gut gefallen, Ally scheint das was im vorherigen Sommer geschehen ist nicht so gut wegstecken zu könnne wie ihre Schwester. Was mich bei Charly auch nicht wundert, wenn sie so viele Jungs schon hatte. Aber vielleicht ist es auch ganz anders und Charly hat noch viel mehr an der ganzen Sache zu nagen als Ally und sie will es mit sich ausmachen und als die selbstbewusste und unerschütterliche dastehen. Ich denke auf jeden Fall das Ally und Chris ein noch viel engeres Verhältnis duch den Vorfall nach dem Auftauchen ihrer Muttern kriegen und auch Ally und Charly sich besser verstehen werden. Wo jetzt die alten Wunden wieder aufreißen wird enorm starker Redebedarf bestehen denke ich.

Würde mich freuen wenn du mich benachrichtigen könntest

LG
 
Kapitel 5 - Abschlussprüfungsdepressionen

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Ende Januar erlebte ich einen richtigen, für Mount Isle aber nich so ungewöhnlichen, plötzlichen Wintereinbruch. Es schneite seit Stunden und wollte einfach nich mehr aufhören. Die Weihnachsfeiertage, den Jahreswechsel und die Zeit bis zu den morgigen Prüfungen hatte ich wohl irgendwie überlebt. Meine Mutter hatte alte Wunden wieder aufgerissen und das tat ihr noch nich mal leid. Ich hatte seit diesem Vorfall nix mehr von ihr gehört. Hatte sie jetzt endgültig aufgegeben? Oder lauerte sie irgendwo, auf den passenden Moment wartend, mir mein Leben noch mehr zu versauen? Zuzutrauen wäre es ihr ja. Ich wollte sie nie wieder sehen. Egal, was noch passieren würde.
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Seit Wochen hatte ich außer diesem seltsamen Vorfall nur noch die Prüfungen im Kopf und war schwer am Lernen. Prof. Sayne, diesem Vollpfosten, würde ich's so richtig zeigen! Ich würde ihm Formeln um die Ohren schlagen, bis er dachte, er hätte keine Ahnung von Mathe! Zugegeben, mein äußeres Erscheinungsbild hatte unter der Vernachlässigung aller anderen Dinge irgendwie gelitten. Aber das war mir auch ehrlich gesagt jetzt nich so wichtig. So saß ich also mit total verstrubbelten Haaren, die mal wieder gewaschen werden könnten, einem alten Hemd, einer total abgewetzten Hose (was wohl daran lag, dass ich nix anderes mehr hatte, seit ich nich mehr so oft zum Waschen kam . . .) und mieser Laune barfuß in meinem Zimmer und paukte Matheformeln. Seit Woche machte ich irgendwie nix anderes, aber ich wollte diese verdammte Prüfung und das erste Semester ja auch unbedingt bestehen.
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Andere hatten beim Lernen wohl mehr Spaß. Die hatten ja auch nich so'n sauschweres Fach und nich so'n dummen sch*** Lehrer der was mit deren Mutter gehabt hatte und plagten sich nich alleine mit allem, was sie in dem Semester mitgeschrieben hatten, ab, sondern zusammen . . . So wie Sandy und Joe. Was genau die beiden studierten, hatte ich immer noch nich wirklich rausgefunden, aber es schien ja ganz interessant zu sein. Kunst vielleicht? Oder doch eher Musik? Ehrlich gesagt wusste ich's nich . . . Überhaupt wusste ich über keinen meiner Mitbewohner richtig viel. Nee, das konnte doch einfach nich daran liegen, dass ich denen gar nich mehr über den Weg lief . . .
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Naja, obwohl, über Sandy und Joe wusste ich wohl noch am meisten. Die beiden waren sich auf unserer Sylvesterparty im Wohnheim näher gekommen und hockten seitdem dauernd zusammen. Ob aus den beiden noch was werden würde? Irgendwie hoffte ich es ja, denn auf irgendeine Art und Weise passten sie einfach perfekt zusammen. Der coole Joe und die rebellische, mürrische Sandy. Auch mal was neues . . . Ein positiver Nebeneffekt der beginnenden Romanze der beiden war auch, dass sie sich nich mehr so oft in ihren Zimmern verschanzten und ihre Musik laut aufdrehten.
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Also, was war denn das jetzt wieder für ne bescheuerte Formel? Hä? Kapierte ich jetzt nich. Warum hatte ich bloß dieses dumme sch*** Fach mit diesem sch*** Lehrer belegt, von dem ich eh nix lernte, außer, wie man eine Familie zerstörte und eine Studentin quälte, indem man was mit ihrer Mutter anfing und ihr dann dreckige, anzügliche und gleichzeitig auch verachtende Blicke zuwarf . . . Es war, als könnte ich seine Gedanken lesen. Dieses dümmliche, dreckige Grinsen verfolgte mich bis in meine Träume. Das er mein Leben so sehr beeinflusste, hatte der doch gar nich verdient . . . Aber jetzt gab es wichtigere Probleme. So wie diese doofe Formel . . . Sollte ich Chris fragen? Der konnte das bestimmt. Hoffte ich zumindest . . . Aber was, wenn er sagte: "Doch jetzt nich, Ally! Ich hab wichtigeres zu tun, als dir so'ne dumme Formel zu erklären! Schon mal was von Google gehört?", oder sowas in der Art? Würde er sowas wirklich sagen? Würde er . . .? Egal.
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Als ich sein Zimmer mit meinem Mathebuch bewaffnet betrat, wusste ich schon, dass es ein riesen Fehler war, ihn zu fragen. Ich hätte es wissen müssen . . . Im Gegensatz zu mir war er wohl ganz entspannt und ließ einfach alles auf sich zukommen. Deshalb malte er auch am Abend vor den Prüfungen ein Bild, statt Matheformeln zu pauken und sich verrückt zu machen. Tolle Strategie, echt, aber ich konnte sowas einfach nich. Woher nahm er nur diese unglaubliche Ruhe und Zuversicht, dass das alles schon irgendwie klappen würde? Eine Weile stand ich nur da und beobachtete ihn. Er schien mich gar nich zu bemerken, so konzentriert auf dieses Bild war er. Na toll . . . Ich war für so gut wie jeden unsichtbar. Aber ich wollte ihn auch wirklich nich stören . . .
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Bei DEM Gesichtsausdruck doch nich! Es wirkte fast so, als hätte er diese Welt verlassen und wäre nur für sich. Jeder Pinselstrich wirkte gleichzeitig genau durchdacht aber doch spontan. Er hatte es einfach nich verdient, dass ich ihn dauernd mit meinen Problemen belastete, als hätte er kein eigenes Leben. Das musste sich ändern. Ich musste ihm einfach die Chance geben, mal Zeit für sich zu habe und sich nich dauernd um mich kümmern zu müssen. Wie ich mich an ihn klammerte, war doch einfach nur krank. Als hätte ich ein Recht darauf, dass er immer für mich da war und dafür alles andere vernachlässigte! Vielleicht wäre es besser für ihn, wenn wir uns nich mehr sehen würden . . . Mit einem merkwürdigen Gefühl in der Magengegend verließ ich sein Zimmer wieder, bemüht, ihn nich merken zu lassen, dass ich jemals da gewesen war.
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Richtige Kotzkrämpfe bekam ich aber erst, als ich Charly dabei beobachtete, wie sie sich an Beau ranschmiss. Igitt! Was wollte sie denn von DEM? Der war doch jetzt überhaupt nich ihr Typ! Und außerdem vergeben! Das hätte ich ihr niemals zugetraut . . . So niveaulos konnte doch einfach niemand sein! Andererseits schien er ihr auch nich komplett abgeneigt. Dieses Schwein! Die beiden waren keinen Deut besser als meine Mutter! War denn die Welt voll von Lügnern, Betrügern und Fremdgängern? Ich würde mich todsicher niemals mit irgedjemandem auf eine Beziehung einlassen, damit mir das nich passierte! So schnell wie ich konnte rannte ich in mein Zimmer.
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Ich verstand es einfach nich. Waren denn hier alle bekloppt geworden? Meine Mutter ja sowieso, aber irgendwie war einfach alles anders. Chris? Es war besser für ihn, wenn er sich von mir fern hielt. Es musste einfach besser sein. Mein Leben würde ohne ihn leer sein, aber ich würde es entweder schaffen, darüber hinwegzukommen, oder auch nich. Es ging nich immer nur um mich! Ich war eine miserable Freundin. Er hatte nie Zeit für sich selbst gehabt. Weil ich es war, die total lebensunfähig und anhänglich war. Ich musste auch ohne ihn leben können. Irgendwie.

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"Hm, das riecht aber gut, Ally!", begrüßte mich Chris. Ich hatte miserabel geschlafen und beschlossen, weigstens Frühstück zu machen, wenn ich schon eh nich schlafen konnte. "Naja, in irgendwas muss ich ja gut sein!", entgegnete ich noch leicht schläfrig und begann, den Tisch zu decken. Ich wurde die Bilder von gestern einfach nich los. Das hatte meine Mutter ja toll hingekriegt . . . Seufzend setzte ich mich neben Chris an den Esstisch und begann, mein Spiegelei mit meiner Gabel zu quälen.
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"Nich so gut geschlafen, oder?", hakte Chris nach. "Nee, wie haste das jetzt wieder gemerkt! Chris Allmächtig!", murmelte ich. "Entschuldigung. Sag doch, wenn du nich drüber reden willst . . .", meinte Chris leicht beleidigt. "Was ich geträumt hab, willste lieber nich wissen!", entgegnete ich mit einem leichten Grinsen, um die Situation etwas aufzulockern. "So schlimm?!" Ich nickte nur und das reichte ihm als Antwort.
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Für den Rest des Frühstücks saßen wir schweigend nebeneinander und man hörte nur das Klappern des Geschirrs. Es war keine schöne Stille. Sie irritierte mich. Gleichzeitig traute ich mich aber nich, das Schweigen zu brechen. Die Entscheidung wurde mir abgenommen, als ein plötzliches Klingel an der Tür mich ziemlich erschreckte. "Ich geh schon!", rief Chris und rannte zur Tür. Ich wartete. Und wartete. Komisch. Nichts passierte. Klingelstreich vielleicht? Nein, dann wäre Chris gleich wieder hier gewesen. "Ally, komm mal bitte her!" Okay? Was war das jetzt? Schnellstens bewegte ich mich in Richtung Flur.
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"Ally, ich ähm . . . Ich hab noch nich aufgemacht, ich schwör, ich . . .", stotterte Chris rum. "Was?", entfuhr es mir. "Tut mir leid, war nich so gemeint!", schob ich noch schnell hinterher, aber er fühlte sich eh nich angegriffen. "Ally, deine Mutter ist hier.", sagte er schließlich. "Chris, ich . . .", fing ich an, wurde aber von ihm unterbrochen. "Ally, ich geh mal kurz. Das müsst ihr wirklich unter euch ausmachen, okay?" So ein Feigling! er ließ mich einfach im Stich! "Das kannst du doch nich machen! Bleib hier!", rief ich ihm noch hinterher, aber er war schon die Treppe hinaufgegangen und wahrscheinlich in sein Zimmer verschwunden.

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Hätte ich doch bloß nich die Tür aufgemacht! Es hätte mir auf alle Fälle ne Menge Ärger erspart. Wusste ich zu der Zeit bloß nich. Meine eigene Dummheit regte mich wirklich auf. Nie konnte ich irgendwas richtig machen! Und meine Eltern hatten auch nich grade dazu beigetragen, dass ich mich besser fühlen konnte als der letzte Dreck! Durch die Abschlussprüfung würde ich wahrscheinlich auch noch durchfallen und dann würden mich alle inklusive meiner blöden Schwester auslachen! Denn selbst die würde es irgendwie schaffen. Aber ich war ein hoffnungsloser Fall. Warum war Chris überhaupt mit mir befreundet? Ich schadete ihm doch eher, als ihm zu nützen . . .


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Kaum war ich aus der Tür, wurde ich auch schon gedrückt, dass mir richtig schlecht wurde. Hallo?! Was sollte das denn jetzt? Was wollte sie bitte? Einschleimen brauchte sie sich bei MIR jedenfalls nich. Ich kaufte ihr diese ganz miese Nummer nich ab und ich würde ihr ganz sicher niemals verzeihen. Sie war doch einfach nur selbstsüchtig und komplett durchgeknallt! Und jetzt kam sie hierher und spielte heile Welt. Ganz ehrlich: Die konnte mich mal kreuzweise. Ich wollte nix mehr mit ihr zu tun haben. Sie war schließlich der Grund, warum ich abgehauen war . . . Es wunderte mich, dass sie das überhaupt gemerkt hatte.
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Und dann legte sie auch gleich los mit ihrem dämlichen, aufgesetzten Lächeln und übertriebener Freundlichkeit. Das machte sie bei jedem, von dem sie irgendwas wollte. "Ally! Da bist du ja! Ich hab mir schon Sorgen gemacht, weißt du? Grade heute sorgt man sich ja schnell, wenn ein Mädchen in deinem Alter einfach verschwindet, aber ein Glück geht es dir ja gut, ich . . ." Blah, blah blah. Sie redete noch weiter, aber ich weigerte mich, ihrem dümmlichen, aufgesetzten Gequatsche noch weiter zuzuhören. Eigentlich ging es ihr ja doch nur um sich selbst. Dann fragte sie schließlich: "Aber, warum hast du das überhaupt gemacht? Du kannst doch nicht einfach weglaufen! Wir hatten Angst um dich!" Äh, das fragte sie noch? Langsam wurde ich sauer.
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"Weißt du, warum ich abgehauen bin? Nein? Okay, dann erklär ich's dir: Es ist alles deine Schuld!", legte ich los. Sie glotzte mich nur irritiert an. Klar, von jemandem wie ihr war Intelligenz nich zu erwarten. "Weißt du, was mich ankotzt?", legte ich nach, "Du bist eine ganz miese, selbstsüchtige Schlampe, die sich mit irgendwelchen Typen auf dem Fußboden ihres Büros rumwälzt, während sie ihren Kindern und ihrem Mann Glauben macht, sie hätte nich viel Zeit für sie! Und du? Du tust so als wäre alles in bester Ordnung, machst hier einen auf heile Welt und spielst auch noch die Dumme, so als wüsstest du von nix! Ich hasse dich!" Ich war inzwischen ziemlich laut geworden.
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"Ally! So redet man doch nicht mit seinen Eltern! Wir lieben dich doch! Und ich würde deinen Vater niemals betrügen, weil wir uns lieben, und das weißt du auch! Ally, deine pubertäre Phantasie geht vielleicht mit dir durch, ich weiß doch, dass das eine sehr schwere Zeit für dich ist . . .", sülzte sie. Offenbar hatte sie mir nich richtig zugehört. Oder sie war einfach zu blöd um zu kapieren, was ich gesagt hatte. Sie spielte also weiter heile Welt. Dass sie sich selber nich lächerlich vorkam! Sowas von peinlich! Und sowas war meine Mutter. Ich wurde immer gereizter. Die sollte gefälligst wieder abhauen und mich in Ruhe lassen! Ich wollte nich mit ihr reden! Sie hatte alles kaputt gemacht!
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"Sag mal, hast du Sch***e in den Ohren, oder was? Bist du zu blöd um zu kapieren, was ich eben gesagt hab? Es kann echt nich angehen, wie strohdumm du bist! Du würdest auch ne Luftgitarre kaufen und dich im kabellosen Telefon verheddern! Mich würde es nich wundern, wenn du die Quadrate bei Tetris drehst! Du brauchst gar nich so zu tun, als wüsstest du nich, wovon ich rede! Ich hab dich doch gesehen mit diesem ekligen Typen! Dass du dich nich schämst, wie du hier versuchst, einen auf heile Welt zu machen!" Ja, ich wusste durchaus, dass ich hier mit meiner Mutter redete, aber sie hatte es einfach verdient. "Ally . . . Das . . . Das reicht!", legte sie plötzlich los. Ich hatte es geahnt.
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"Ich bin erwachsen und es ist ganz allein meine Sache, was ich wann und wo mit wem tue! Es gibt wenigstens Typen, die mich wollen! Du bist doch bloß frustriert, weil keiner jemals was mit dir anfangen würde, aber das ist auch ganz allein deine Schuld! Du hast kein Recht, dich in meine Angelegenheiten einzumischen! Und wenn du deinem Vater irgendwas erzählst, der wird dir das sowieso nicht glauben!", keifte sie mit ihrer affig hohen Stimme. Mittlerweile biss ich mir so heftig in die Innenseite meiner Wangen, um mich irgendwie zu beherrschen, dass es anfing zu bluten. Ich durfte nich ausrasten. Ich durfte nich gewalttätig werden. "Und glaub ja nicht, dass du auch nur einen Cent fürs College von uns bekommst! Du kannst jetzt sehen, wie du dich selber über Wasser hältst!" Ja klar. Sie hatte schon von Anfang an gesagt, dass sie nix bezahlen würde. Sie war ja sowas von konsequent und kreativ im Ausdenken neuer Strafen!
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Das reichte jetzt aber endgültig! Ich konnte meine aufsteigende Wut nich mehr länger zurückhalten. "Weißt du eigentlich, wie sch*** egal mir das is? Weißt du, wie sehr ich mir jetzt wünsche, dass du einfach verschwindest und mich nie wieder belästigst? Ich hab genug von dir und deinen Lügen! Ich komm ganz garantiert nich zurück nach Hause! Ich will dich nie wieder sehen! Verpiss dich!", schrie ich mit letzter Kraft, bevor ich wieder ins Haus rannte, die Tür hinter mir zuknallte und meine Gefühlen freien Lauf ließ.

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Ich musste mich erstmal hinsetzen. Das war alles noch gar nich so lange her und es zu verdrängen hatte mich unendlich viel Kraft gekostet. Jetzt war es zu spät, um noch irgendwas zu verdrängen. Ich fühlte mich wieder so hilflos und komplett ausgeliefert . . . Niemand war da, um mir zu helfen. Alle hatten ja was besseres zu tun . . . Irgendwann würden sie das noch bereuen, das hoffte ich zumindest. Sie hatten mich alle im Stich gelassen.
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Ich konnte einfach nich mehr. Mein Leben war zerstört und ich war am Boden. Ich würde niemals wieder glücklich werden können. Wieder? Ich war noch niemals wirklich glücklich gewesen! Mein Leben war die reinste Verschwendung. Und an all dem war nur meine Mutter schuld. Sie machte mir mein Leben zur Hölle und sorgte dafür, dass ich auf keinen Fall glücklich sein konnte. Mit ihrer ekelhaften Art hatte sie einfach alles kaputt gemacht! Ich heulte und schluchzte hemmungslos. Wem sollte das auch was ausmachen? Meine Mutter war ja zum Glück weg.
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Aber Chris nich. Tröstend legte er seinen Arm um mich und ließ mich einfach weiter heulen. Genau das brauchte ich jetzt. Wenigstens einer war immer für mich da, wenn ich ihn brauchte. Er würde mich niemals enttäuschen. Er war jedenfalls nich so blöd wie meine bescheuerte Mutter. So viel Dummheit war eigentlich niemandem zuzutrauen. Und sie wagte es noch, sich über mich und mein Leben auszulassen! Ich fand ja, Leute, die selber zu dumm waren, sollten einfach mal die Fresse halten.
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Schließlich fühlte ich mich irgendwann wieder besser und wischte meine Tränen weg. Ja, diese Frau war eigentlich keine einzige Träne wert gewesen, das wusste ich. Aber so tough, wie ich mich immer gab, war ich dann eben doch nich. Und das wusste Chris auch. Nur deshalb waren wir wahrscheinlich überhaupt befreundet. Allen anderen war ich einfach zu krass und das ließe sie mich auch regelmäßig spüren. Ich war nich mal ansatzweise so beliebt wie meine Zwilligsschwester, aber die war ja auch lieb, nett und angepasst. Ich machte ihr keine Vorwürfe. Wenn man dazugehören wollte, musste man halt so sein und ihr war es eben wichtig, einen Haufen oberflächlicher, unechter Püppchen als Freundinnen zu haben . . . .
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"Ally, geht's wieder?", fragte Chris nach. "Ja . . . Ich komm schon klar.", meinte ich nur. "Weißt du, was ich nich versteh?" "Nee?" Damit konnte er ja vieles meinen . . . "Deine Mutter is blöd, alt, verbraucht, künstlich und kann alles . . . nur nich richtig. Und von der lässt du dich so nieder machen? Ehrlich: Das is sie doch überhaupt nich wert!" Natürlich hatte er Recht. Wie immer. "Ich verstehs doch auch nich . . .", entgegete ich deshalb nur. Ich würde wohl nie verstehen, warum ich mich so sehr von ihr beeinflussen ließ. Es war einfach nur verrückt. "Ally, du hast es doch überhaupt nich nötig, dich von DER einschüchtern zu lassen!"
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"Im Gegensatz zu deiner Mutter bist du intelligent, witzig, liebenswert . . . und hübsch. Die is doch bloß neidisch, weil sie ihr Leben selber nich im Griff hat!" Wow, also . . . Ne Weile sagte ich erst mal gar nix und lächelte nur blöde. Komplimente war ich halt nich wirklich gewohnt. Ein Kerl hatte zu mir gesagt, dass ich hübsch war! Okay, er war mein Kumpel, aber besser als nix! Das Kligeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. Genervt kramte ich mein Handy aus der Hosentasche um zu sehen, wer mich jetzt wieder belästigte.


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Chris. Was der wohl inzwischen von mir dachte? Seit dem erneuten Auftauchen meiner Mutter hatten wir nich mehr so viel miteinander zu tun gehabt. Fand er mich jetzt auf einmal doch sch***e? Aber Zeit genug, n blödes Bild zu malen, die hatte er! Hätte er lernen müssen, hätte ich das ja noch verstanden, aber n Bild . . . Nee. Toller bester Freund! Und ich war so naiv gewesen und hatte gedacht, unsere Freundschaft würde für immer halten. Mal wieder hatte ich mich getäuscht. Konnte ich überhaupt irgendwas richtig, außer mich dauernd über alles zu beschweren? Wahrscheinlich nich . . .

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"Ja, hallo?", meldete ich mich mit etwas genervtem Unterton in der Stimme. "Ally?" Das war Charly. Naja, wenigstens wars nich meine Mutter, die mir hinterhertelefoierte, um mich weiter beleidigen zu können . . . Erleichtert atmete ich auf. "Hallo, Ally, bist du noch dran?", riss sie mich wieder aus meinen Gedanken. "Was ich . . . also . . . ähm . . . ja klar! Was gibts?", antwortete ich etwas zögerlich. "Das fragst du noch!", lachte sie. "Du hast es Mum so richtig gezeigt! Du hast ihr so richtig die Meinung gesagt!", schob sie jubelnd hinterher. "O . . . kay . . ." "Nee, im Ernst, das war richtig klasse! Sie war echt wütend, als sie wieder nach Hause kam!"
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"Na, das freut mich doch zu hören . . .", meinte ich schließlich. "Hat sie sonst noch was gesagt?", fragte ich nach. "Hm, nich direkt, das College wollte sie uns ja eh nich bezahlen. Dad weiß noch von nix, aber ich weiß wirklich nich, ob wir's ihm sagen sollen . . . Würde er uns das überhaupt glauben? Vielleicht muss er's selber sehn . . .", überlegte sie. "Aber es is so still hier ohne dich . . .", fügte sie noch ganz leise hinzu. Wie süß! "Weißt du was, komm doch gleich einfach vorbei, ich bi ja nich am andere Ende der Welt!", schlug ich vor. "Okay . . . dann bis gleich!" "Bis gleich!"
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Wenig später war sie auch schon da und im Gegensatz zu meiner Mutter ekelte sie mich nich so an. Es war einfach ihre Art, jeden zu umarmen und war ganz und gar nich dazu gedacht, sich irgendwie einzuschleimen. Sie schien mich echt vermisst zu haben. Naja, vielleicht hatte sie ausnahmsweise noch keinen Neuen, mit dem sie sich die Zeit vertreiben konnte . . . Oder so ähnlich. "Ally, es is voll blöd ohne dich! Und so ätzend langweilig! Keiner beleidigt oder schlägt mehr meine Freunde, die's verdient haben!", beklagte sie sich.
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"Charly, das tut mir auch alles echt leid für dich aber . . . ich kann einfach nich zurück. Und das weißt du auch. Ich halt's keinen Tag länger mit dieser miesen Schlampe unter einem Dach aus!", erwiderte ich. "Und jetzt guck nich so enttäuscht!", lachte ich kurz. "Es is auch echt der Horror. Sei froh, dass du weg bist! Die war auch im Ernst so dreist und hatte ihren Typen schon wieder da heute! Echt eklig, sowas!", regte sie sich auf. "Ich will einfach nur weg . . . Du hast so ein Glück, dass du Chris hast." Ja, irgendwie schon . . . Vielleicht sollte sie sich auch mal echte Freunde suchen. Aber das sagte ich ihr nich. Irgendwann würde sie vielleicht selber drauf kommen.
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"Und, was machen wir mit Dad? Wir können ihn doch nich im Dunkeln tappen lassen!", meinte Charly. Da hatte sie Recht . . . "Ja, schon, aber haben wir wirklich das Recht, uns da einzumischen? Er is ja schließlich erwachsen und hat sie irgendwann mal höchstwahrscheinlich freiwillig geheiratet . . .", überlegte ich. "Das schon, aber offensichtlich liebt er sie ja sogar tatsächlich, sonst wäre er nich so blind und würde doch sehen, was für ein mieses Spiel sie da treibt!", behauptete sie. "Und was is, wenn er alles weiß, aber sich einfach nich traut, ihr so richtig die Meinung zu sagen?" "Dann hat sie zumindest von dir gekriegt, was sie verdient!" Allerdings . . . DIE Predigt hatte gesessen!
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"Weißt du was, uns wird schon noch was einfallen, da bin ich mir absolut sicher! Und dann kann sie sehen, wo sie abbleibt!" "Das hoffe ich doch!" Wir halten fest: Wir waren zwei rachelustige Schwestern, die es ihrer Mutter so richtig heimzahlen wollten. Verschwörerisch grinsten wir uns an. Ausahmsweise waren wir uns mal einig . . . Wenn wir schon sonst rein gar nix geminsam hatten. In nem Kleid wie dem, das sie anhatte, hätte ich mich allein schon deshalb niemals auf die Straße getraut aus Angst davor, jemand würde mich dann fragen, was ne Nacht mit mir kosten würde. Und meine Haare würde ich bestimmt niemals aufhellen. Aber das war ja ihre Sache . . .
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Es war schon spät geworden, als wir uns verabschiedeten und irgendwie hatte ich schon Angst, dass man sie tatsächlich ansprechen würde, wenn sie um diese Zeit noch alleine so knapp bekleidet unterwegs war. Auf der anderen Seite sahen die Absätze ihrer High Heels ziemlich bedrohlich aus und auch ordentlich schmerzhaft, wenn man damit zuzutreten wusste. Naja, jedenfalls überließ ich sie wieder dem Elend, das zu Hause auf sie wartete. War nich so toll von mir, ja. Aber was sollte ich machen? Sie konnte ja schlecht auch noch mit bei Chris einziehen . . . Seine Eltern waren ja sehr tolerant, aber das würden sie wohl eher nich so witzig finden.

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Unglaublich, wie gut wir uns in dieser Zeit verstanden hatten. Jetzt teilten wir uns im Wohnheim ein Zimmer und sahen uns noch weniger. Irgendwie war ihr Bett in den letzten Wochen immer leer geblieben - ich vermutete, dass sie mit irgendeinem Typen angebandelt hatte und die Nacht bei ihm verbrachte. Und ich? Ich würde nie irgendeinen Typen abkriegen. Und ich würde tofdsicher durch die Abschlussprüfung fallen, einfach nur schon, weil Prof. Ar***gesischt Sayne mich hasste und ich ihn. Die ganze Lernerei war doch eh nutzlos! Ich würde es nie zu irgendwas bringen. Ich war komplett lebensunfähig.
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Und ich war allein. Ich würde immer allein bleiben, mein Leben lang. Das würde mir vielleicht auch ne Menge Kummer ersparen . . . Niemand würde mich jemals wieder enttäuschen können. Das war doch der perfekte Plan . . . oder etwa nich?
 
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Ohh bitte schreib weiter ;)
ICh liebe deinen Schreibstil und die Figuren hab ich so richtig ins Herz geschlossen;)
Bitte mach schnell weiter ;)
Kannst du mich auf die benarchtigen , wenn das nächste Kapitel online ist?
lg Benji
 
Ja, wie ihr seht, habe ich noch kein neues Kapitel veröffentlicht. :ohoh: Das tut mir sehr, sehr leid, da das letzte auch schon ziemlich lange her ist. :( Ich habe auch schon genügend Bilder für die nächsten 2 Kapitel und müsste die nur noch vertexten . . . allerdings bin ich wohl gerade in einer Schreibblockade, denn diese verdammten Sätze wollen sich einfach nicht schreiben lassen! :schnief: Ich schmeiße jetzt aber definitiv nicht hin, sondern hoffe darauf, dass meine Kreativität zu mir zurückfindet - was wohl seine Zeit brauchen wird. :nonono: Ich kann nichts versprechen, aber bis Ende des Monats hab ich mich vielleicht wieder zusammen gerissen.
Nochmal ein großes Sorry an alle, besonders an dich, simsleser. :ciao:
 
MAcht nix..hoffe deine Schreiblockade löst sich ..bald :)
Ich hör immer meine Lieblingsmusik oda seh mir ne traurige Doku an ..dann weiß ich:ich hab besser als sie und die Schreibblockade hört auf ;) Naja egal
Viel Viel Glück lg BEnji
 
Hallo ihr beiden! Ich versuche, in den nächsten Tagen das Kapitel hochzuladen, aber versprechen kann ich nichts. Da ich aber die Bilder schon lange habe, nur den Text immer noch nicht - werde ich einfach mal die Bilder posten. Ein Bild sagt schließlich mehr als tausend Worte und ihr habt schon mal Idee, wie's weiter geht. Ich kann euch ja nicht ewig warten lassen.
 
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Kapitel 6 - Schicksalsschläge

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Kennt ihr nich auch irgendwie das Gefühl, an einem sonnigen Morgen im April aufzuwachen, und alles sollte perfekt sein, aber . . . irgendwas stimmt nich. Irgendwas is anders. Die ganze Zeit überlegt ihr, aber euch fällt nix auf. Und ihr braucht fast den ganzen Tag, um festzustellen, was es is. Naja, jedenfalls hatte ich irgendwie gleich das Gefühl, dass der blonde Typ in Polizeiuniform und die komische Tante mit der dicken Brille und den langen, dunklen Haaren im altbackenen Kostüm irgendwas mit mir zu tun hatten, als sie am Nachmittag in unserem Wohnheim rumstanden. Die passten so gar nich in diese Umgebung, und irgendwie hatte ich ein ganz merkwürdiges Gefühl im Bauch. Auf jeden Fall kein gutes. Naja, mutig wie ich war, ergriff ich die Initiative und ging auf die beiden zu.
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Ich schluckte, um die Enge in meinem Hals, die plötzlich da war, zu vertreiben. "Ähm . . . Guten Tag . . . Kann ich Ihnen . . . irgendwie helfen?", brachte ich nur heraus. Meine Stimme hörte sich ganz merkwürdig an, fast gar nich mehr wie meine eigene. So dumpf und so verunsichert . . . Ich merkte, dass ich am ganzen Körper zitterte, und das lag bestimmt nich an der Temperatur draußen. Es war ein warmer, sonniger Nachmittag im April und dafür war ich passend angezogen, wie ich fand. Ich wusste einfach, dass irgendwas nich stimmte. Irgendwas musste passiert sein - die Polizei kam doch nich einfach so vorbei . . .
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Der blonde Typ stellte sich als Officer Jameson vor und fragte nach Ally Lynne und Charlene Annabelle Prescott. Das waren wir, ich und mein unnötig blonder Zwilling Charly! "Oh, das . . . das bin ich . . . und . . . meine Schwester hat grade noch ne Vorlesung, müsste aber gleich zurück sein.", ließ ich ihn wissen. Meine Stimme hörte sich immer noch so komisch an und jetzt wo ich definitiv wusste, dass der Officer und diese komische Tante wegen mir und Charly da waren, wusste ich einfach, dass irgendwas nich stimmte. Lange Zeit war es still, und das war mir unangenehm. "Ist . . . ist was passiert?", fragte ich schließlich tonlos, um meine enorme Intelligenz zu beweisen. Ich klang inzwischen wie ein altes Türschanier. Ich fühlte mich von Sekunde zu Sekunde beschissener. Wenigstens kam Charly gerade von ihrer Vorlesung zurück. Sie sah mich und die beiden anderen fragend an.
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Dann begann der Officer mit mir zu reden, während sich die komische Tante, die sich als Christine Wales vorstellte, sich meiner Schwester zuwandte. "Miss Prescott, es ist in der Tat etwas passiert, ein Vorfall in der Familie. Natürlich wird es ein Schock für Sie sein, aber wir werden versuchen, es Ihnen so schonend wie möglich zu erklären." So wie es sich anhörte, war jemand zumindest schwer verletzt wenn nich sogar tot. Oh nein, bitte nich Dad! Er hatte sich doch nichts angetan, wegen dieser Schlampe, die behauptete, meine Mutter zu sein? Hatte er einen Unfall gehabt? Sonst hatte ich doch keine Familie mehr! Charly und ich ware alleine und selbst wir beiden waren so weit voneinander entfernt! Nich räumlich gesehen natürlich . . . Ich atmete tief durch. Was wollte er mir sagen?
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Ich sah zu meiner Schwester herüber. Die sah ebenfalls wenig begeistert aus, als die Wales sie ansprach. Wahrscheinlich versuchte die genauso, ihr es, was immer das war, schonend beizubringen, was natürlich nichts daran änderte, dass Charly total geschockt reagierte. Sie wusste genau wie ich, dass es wirklich ernst sein musste, wenn ein Officer und so 'ne komische Sozialtante bei uns aufkreuzten. Sie versuchte, ihr Gesicht ausdruckslos zu halten, aber genau wie ich zitterte sie am ganzen Körper. Wir hatten beide furchtbare Angst vor dem, was uns erzählt werden würde. Vielleicht waren wir doch gar nich so verschieden? Aber jetzt war keine Zeit für sowas. Ich wollte wissen, was los war, verdammt noch mal!
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"Miss Prescott, Sie wussten von der Schwangerschaft Ihrer Mutter?" Hä? Was sollte das jetzt? "Ja. Wieso? Ich will weder was mit ihr, noch mit dem Kind zu tun haben! Die kann doch verrecken, is mir doch egal!", wollte ich erst sagen, nickte aber nur. Irgendwie, und es lag nich nur daran, dass ich hier mit nem Polizisten redete, konnte ich es nich sagen. Irgendwas war anders. Wieder betretenes Schweigen. Der Typ sah noch ziemlich jung aus und hatte wohl keinen Plan, wie er mit der Situation umgehen sollte. Na super. Das hatte mir grade noch gefehlt. Dann, nach beinahe endloser Stille, redete er weiter. "Gestern haben bei ihr die Wehen eingesetzt. Sie wurde total unterernährt und misshandelt ins Krankenhaus eingeliefert. Zu dem Vater des Kindes haben wir nach wie vor keinen Kontakt . . ." Äh, ja, na und? Was sollte das jetzt? Ich wollte meinen Halbbruder oder meine Halbschwester nich sehen! Er oder sie würde Arschgesicht Sayne zu 100 Prozent ähneln und mir damit das Leben zur Hölle machen.
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Unwillkürlich und plötzlich schoss mir ein Bild durch den Kopf. Meine Mutter. Mit hoffnungslos zerstrubbelten Haaren und einem misshandelten Gesicht lag sie auf dieser Liege in einem dieser furchtbaren Krankenhaussäle, die mir Angst einjagten. Ein seltsames Gefühl machte sich in mir breit. Hatte ich am Ende doch Mitleid mit ihr? Und wenn ja: warum gerade jetzt? Wer hatte sie so entstellt? Sie schrie und krümmte sich vor Schmerzen, während sie verzweifelt versuchte, ihr Kind herauszupressen. Das Bastardkind, das zur Hälfte mein Bruder oder meine Schwester war. Ich schluckte. Was war passiert? Der Officer und die Sozialtante waren bestimmt nich nur hier, um uns von einer Geburt zu erzählen . . . Ich hatte irgendwie ein ganz mieses Gefühl.
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Charly war inzwischen total hysterisch und konnte ihre Ungeduld scheinbar viel schlechter kontrollieren als ich. "Verdammt, ich will endlich wissen, was los ist!", keifte sie die Wales an. Ihrem Tonfall nach zu urteilen war sie den Tränen nahe und loszuheulen würde ihr kein Stück peinlich sein. Ich konnte sie verstehen . . . aber sie sollte sich doch bitte n bisschen zusammenreißen! Wir waren immerhin beide 18 und sollten uns auch dementsprechend benehmen . . . Die Sozialtante hatte im Gegensatz zu Jameson wohl eine ordentliche Ausbildung genossen und jahrelange Erfahrung, weshalb sie ganz ruhig und professionell blieb und sich nich durch die Wutausbrüche meiner Schwester beirren ließ.
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"Miss Prescott, es tut mir leid, Ihnen das mitteilen zu müssen . . . Es war alles zu viel für Ihre Mutter und sie ist direkt nach der Geburt verstorben." Ähm, was? "WAS?!" Ich hätte es wissen müssen. W.A.S.?! Nein, das konnte unmöglich sein Ernst sein, das hatte der sich doch grade ausgedacht oder so, meine Mutter war doch die letzte, die wegen sowas Lächerlichem sterben würde, sie war . . . Sie war. Sie war tot. Meine Mutter, die arrogante, perfektionistische, geisteskranke und gefühlskalte Schlampe war nach der Geburt des Kindes von diesem Mann, den ich so sehr hasste, einfach so gestorben. Sie würde mich nie wieder belästigen. Sie würde nie wieder zurückkkommmen. Der Schock saß tief, aber ich fühlte keine Trauer. Nich für diese Frau. Sie hatte mein Leben ruiniert und jetzt würde sie mir nie wieder wehtun können. Nie wieder. Aber ich würde mich auch niemal wieder mit ihr vertragen können. Huch? Wo kam der Gedanke jetzt her? Tat mir am Ende doch alles Leid? Daran wollte ich jetzt echt nich denken. Jetzt war nich der passende Momet für Reue und späte Einsichten.
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Charly nahm die Nachricht, wie ja zu erwarten war, nich ganz so gut auf. Klar hatte sie auch so ihre Probleme mit unserer Mutter gehabt, aber sie reagierte auf vieles einfach viel emotionaler und immerhin war sie nicht 17 Jahre lang wie Dreck behandelt worden. Irgendwie tat sie mir furchtbar leid, wie sie da stand, total aufgelöst, und sich von der dämlichen Sozialtante trösten lassen musste. Irgendwie war ich froh, dass ich nich so reagierte. Den armen Officer Jameson hätte ich damit total aus dem Konzept gebracht . . . Wales redete beruhigend auf meine Schwester ein und hoffte wohl inständig, dass das auch was bringen würde. Ehrlich, ihren Job hätte ich nich gerne gehabt. Ich konnte das nich so gut verkraften, dauernd irgendwelche Gefühlsausbrüche mitzuerleben. Am wenigsten meine eigenen. Was wohl auch der Grund war, warum ich mich monatelang zurückgezogen und ungefähr alles und jeden gemieden hatte. Ich hatte Angst, die Kontrolle über mich selbst zu verlieren. Ich wollte keine Schwäche zeigen und erst recht nich andere mit meinen Problemen belasten. Chris hatte jahrelang genug von der Schei.ße gehabt. Ich hatte ihm nie irgendwas von dem, was er mir gegeben hatte, zurückgeben können, weil er ein schönes Leben hatte. Ich hätte ihn nur unnötig runtergezogen.
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Inzwischen sprach mich der Officer wieder an. "Miss Prescott, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber . . . gibt es einen Grund, warum Sie nicht wie Ihre Schwester auf diese Nachricht reagieren?", fragte er vorsichtig. "Ach, es is doch kein Geheimnis. Ich habe meine Mutter gehasst und sie mich. Ich weiß, dass das furchtbar is, aber so war's eben. Egal was noch passiert wäre, ich wollte sie nie wieder sehen.", grummelte ich nur, war mir da aber nich mehr ganz so sicher. Warum? Hatte sie das verdient, dass ich sie nich mehr hassen konnte? Da er wohl offensichtlich nix dazu sagen konnte, meinte er nur: "Sie brauchen sich jedenfalls keine Sorgen zu machen, Ihr Halbbruder ist derzeit in einem Heim untergebracht und wartet auf neue Eltern, die ihn so lieben können, wie er es verdient hat, da wir zu seinem Vater noch immer keinen Kontakt haben. Sie . . . müssen ihn also niemals sehen." Ich hatte also einen kleinen Bruder. Wow. Das jetzt noch. Ich könnte eigentlich selbst schon Mutter werden, auch wenn das meiner Ansicht nach noch viel zu früh war, und dann bekam ich ungefragt noch einen Halbbruder vorgesetzt. "Miss . . . Wenn Sie mit irgendjemandem sprechen wollen . . . Wir können Ihnen einen guten Psychologen vermitteln." Ich lehnte dankend ab und verabschiedete mich von ihm. Ein Fall für nen Seelenklempner war ich doch jetzt echt nich, oder?
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Wales und Jameson verabschiedeten sich kurz und gingen dann wieder, um uns unserem Schicksal zu überlassen. Joss, die wie immer zur rechten Zeit am rechten Ort war, glotzte wie immer nur dumm. Sollte sie doch! Hoffentlich würden ihr eines Tages ihre riesigen Kuhaugen einfach rausfallen. Charly hatte sich einigermaßen wieder gefangen und sah dem Officer und der Sozialarbeiterin nachträglich hinterher. Die Nachricht hatte sie schwer getroffen und meiner Einschätzung nach würde sie sehr lange brauchen, um das ganze zu verarbeiten. Auch ich würde wohl meine Zeit brauchen. Aber vielleicht war es einfacher, den Tod einer Person zu verarbeiten, wenn man sich bewusst war, wie viel Unrecht sie einem getan hatte und nie von ihr geliebt wurde. Und wenn ich sie doch nich mehr hassen konnte und jetzt bereute, dass wir uns im Streit getrennt hatten? Es war eh zu spät. Es war alles zu spät.
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Charly versuchte, keine Miene zu verziehen, aber auch ihr Schauspieltraining brachte ihr nich viel. Ich konnte trotzdem sehen, wie schwer sie getroffen war. Ihre Schminke war leicht verlaufen und sie hatte immer noch Tränen in den Augen. Sie blickte einfach nur starr vor sich hin und schwieg. Und das war das Schlimmste. Es passte überhaupt nich zu ihr, so zu sein. Mich überkam der seltsame Wunsch, sie trösten zu müsse. Okay, vielleicht nich mehr so merkwürdig, im Anbetracht der Tatsache, dass sie meine "kleine" Schwester war und wir trotz unserer Differenzen mal wieder eine Gemeinsamkeit hatten. Wir hatten beide unsere Mutter verloren - sie aber viel später als ich. Ich hatte sie in dem Moment verloren, als sie feststellte, dass sie mich nich lieben konnte, weil ich so anders und nich ihr kleiner Liebling war. Weil ich nich so sein konnte, wie sie es wollte.
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Ein bisschen zögerlich nahm ich meinen verlorenen Zwilling in den Arm. Ich hoffte, dass sie sich auch nur ein bisschen so fühlte wie ich, wenn Chris für mich da war. Chris . . . Die Erinnerungen kamen wieder hoch. Seit Monaten war Funkstille und ich fühlte mich mies. Ich hatte die Zwischenprüfungen ziemlich erfolgreich bestanden, aber das brachte ihn mir nich zurück. Wir hatten seit Monaten kein Wort mehr gewechselt, da ich ihn aus meiner Misere heraushalten wollte. Wie viel hätte ich dafür gegeben, dass er mich jetzt so festhalten würde, so für mich da sein würde, wie ich es gerade für Charly tat? Ich wischte mir die einzelne Träne, die mir die Wange herunterlief weg, bevor irgendjemand sie sehen konnte. "Ally?", fragte sie so leise, dass es kaum hörbar war. "Bist du okay?" Nein! War ich nich! "Passt schon.", erwiderte ich tonlos. Falsche Antwort. Die fetteste Lüge, die ich je jemandem aufgetischt hatte. Das hatte sie jetzt echt nich verdient.
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"Nein, eigentlich nich.", meinte ich schließlich. Mein Hals fühlte sich so trocken an und das Atmen fiel mir schwer . . . Nein, ich würde jetzt nich die Kontrolle verlieren! "Dachte ich mir!", flüsterte sie, "Du hälst ganz schön viel aus, weißt du das? Aber irgendwann is einfach mal Schluss! Das kann ich einfach nich mehr mit ansehen, wie du alle wegstößt und im Selbstmitleid versinkst! Du bist einfach nur zu stolz, um zuzugeben, dass du auch mal irgendjemanden brauchst - dass du Chris brauchst!" Sie hatte Recht. Seit wann war sie so reif, so erwachsen? Seit wann war ich so leicht zu durchschauen? Und seit wann interessierte sie sich für mich? Mir liefen diesmal mehrere Tränen die Wangen herunter und dieses Mal wischte ich sie weder weg, noch waren sie nur wegen Chris. Charlene hatte Recht. Es war einfach alles zu viel. "Ally . . . Es wird Zeit, dass wir mal reden!", sagte sie mit fester Stimme, bevor sie sich aus der Umarmung löste und mich in unser Zimmer schleifte.
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Irgendwie musste ich grinsen, als wir uns zusammen auf de Fußboden unseres Zimmers setzten. Ich weiß, ihr könntet mich schlagen dafür, weil gute Laune oder auch nur Hinweise darauf völlig unangebracht waren. "Okay, wieso grinst du jetzt?", fragte Charly schließlich. "Ach . . . es is nur so . . . Wie lange haben wir jetzt schon das Zimmer und haben irgendwie immer versucht, uns gegenseitig aus dem Weg zu gehen? Und jetzt sitzen wir hier beide mehr oder weniger freiwillig . . ." Ich erwartete nich von ihr, dass sie es verstand. Ich hielt sie nich für dumm. Aber sie dachte eben anders als ich. Anders als ich mit meinem beinahe schon krankhaften Gebrauch von Ironie und Sarkasmus, der auf enorme Verbitterung schließen ließ. Ich wirkte wahrscheinlich um Jahre älter als die 18 Jahre, die ich wirklich hinter mir hatte.
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Zu meinem Erstaunen lächelte sie mich an. "Ich weiß, dass ich manchmal echt furchtbar bin. Aber ich bin nich Sie." Wir wussten beide, wen sie damit meinte. Sie hatte also genauso wenig Bock, über unsere Mutter zu reden. Schön zu wissen! "Nee, bist du nich. Und das is gut so.", erwiderte ich nur. Und meinte es auch so. Sicher hatte sie schon viele Jungs gehabt, aber nie mehrere gleichzeitig. Das war unter ihrer Würde. Und, na klar war sie ziemlich auf ihr eigenes Aussehen fixiert, das vielleicht auch, weil sie in Wirklichkeit total verunsichert war, aber sie verurteilte niemanden, der sich nich so sehr mit dem eigenen Aussehen beschäftigte. Sie war auch nich mit voller Absicht so, sie wirkte, im Gegensatz zu unserer Mutter, nich wie das abgrundtief Böse, sondern wie eine junge Frau, die sich sicher war, außer ihrem Aussehen nix Positives an sich zu haben, was ihr zweifellos von einer total oberflächlichen und erfolgsbesessenen Mutter eingetrichtert worde war. Eigentlich war sie ganz nett. Sie war nur mehr von unserer Mutter beeinflusst worden als ich.
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"Weißt du, Ally, manchmal hab ich mir gewünscht, ich könnte wie du sein, dann wäre alles einfacher, hab ich gedacht. Du bist so beliebt bei den Jungs, die nich alle nur das Eine von dir wollen, du hast mal ungefähr den besten Kumpel überhaupt, mit dem du einfach über alles reden kannst, und du bist total schlau. Manchmal läufst du echt asozial rum, wenn dir danach is, und deine Flachwitze, die du so raushaust, wenn du total schlecht gelaunt bist, sind total mies - und? Es stört keinen! Von dir erwartet keiner, dass du immer perfekt und hübsch bist!" Irgendwie hatte ich mir sowas schon gedacht. Aber so toll, wie mein Leben ihrer Meinung nach sein musste, war's nich. "Ja, aber jetzt is mir schon klar, dass du auch deine Probleme hast. Ich hasse Sie für das, was sie dir angetan hat, okay? Nur weil sie mich verhätschelt hat, heißt das nich, dass ich Sie auch mochte! Dass du mit niemandem drüber geredet hast, war echt ne schei.ß Idee! Verdammt noch mal, Chris liebt dich und würde alles für dich tun, und du lässt ihn links liegen! Er kennt dich doch echt schon lange genug und würde dich nie für irgendwas auslachen! Und das weißt du doch auch, oder?!"
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"Hey, reg dich mal ab . . .", grinste ich. "Ich hab heute schon genug Schocks erlitten!", fügte ich noch scherzhaft hinzu. "Ja . . . Was das angeht: Die Sozialtante meinte, dass Sie auch n Testament hinterlassen hat. Ich wüsste zwar nich, was Sie noch zu vererben hätte, aber sie meinte, wir sollten zur Eröffnung gehen. Naja . . . Liegt nahe. Wenn Sie schon was zu vererben hat, dann doch an ihre Kinder . . ." "Wäre Sie normal gewesen.", beendete ich ihre Satz, worüber sie sich amüsierte. Ja, eigentlich sollten wir dasitzen und rumheulen. Aber das würde uns unsere Mutter auch nich zurückbringen. Wir hatten noch unser ganzes Leben vor uns, und das sollte bestimmt nich verschwendet werden!
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"Ja, da hast du wohl recht . . . Aber Ally, jetzt mal wirklich: Rede mit Chris, bevor es zu spät is und irgendsoeine Tussi sich ihn schnappt und er dann keine Zeit mehr für seine Kumpels hat. Wobei . . . Ich glaub ja nich, dass Tussis sein Geschmack sind." Dann zwinkerte sie mir verschwörerisch zu. What the hell? "Ähm, Charly? Was wolltest du mir jetzt damit sagen?!", wollte ich von ihr wissen. "Also ehrlich, Ally. Ich hab dich immer für total intelligent gehalten, aber manchmal kannst du echt ganz schön blöd sein. Wenn man euch zusammen sieht, denken eh schon immer alle, ihr wärt zusammen, also, warum versucht ihr's nich mal?" Ähm, was? Hatte sie jetzt doch nen Vollschaden, oder wie? "Nett, dass du versuchst, mich unter die Haube zu bringen, jetzt, wo ich langsam alt und klapprig werde, aber das heißt nich, dass ich so verzweifelt bin und mich dem nächstbesten an den Hals werfe, den ich zufällig seit Jahren als NICHTS anderes als einen großen Bruder liebe und damit ungefähr alles kaputt machen würde!", blaffte ich sie an.
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"Jaja, Ally, glaub mir, das haben schon viele gesagt . . . Dir wird schon noch auffallen, dass Chris nich nur dein bester Kumpel is, sondern auch noch unverschämt gut aussieht . . .", meinte sie nur noch total unverschämt grinsend zu mir, bevor sie sich auf ihr Bett legte, um sich ein bisschen auszuruhen. Ich ging lieber zum Abendessen. "Pff, als ob! Natürlich sieht er gut aus, und das weiß ja nun echt jeder! Das heißt noch lange nich, dass ich was von ihm will!", sagte ich noch wild entschlossen - worauf sie noch unverschämter als vorher grinste - , bevor ich ihr die Zunge rausstreckte und die Tür hinter mir zuknallte. Also, manchmal war meine kleine Schwester echt unmöglich. Aber damit konnte ich leben . . .
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Chris saß bereits alleine auf einem der Barhocker an der Theke und löffelte schweigend die Suppe in sich rein. Oh shit. Was sollte ich jetzt machen?! Das war zu früh! Ich wollte nich mit ihm konfrontiert werden - noch nich! Bisher hatte ich immer zu den unmöglichsten Zeiten - wenn überhaupt - gegeseen, um allen aus dem Weg zu gehen. Ich hätte wissen müssen, dass zu normlaen Zeiten auch andere esse wollten . . . Mein schöner Plan war auf jeden Fall ruiniert. Ich hatte mir noch wochenlang überlegen wollen, was ich ihm sage wollte und wie. Mist! Ich war einfach keine, der spontan was tolles einfiel. Auf jeden Fall wurde mir klar, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Da mir wohl keine andere Wahl blieb, seufzte ich nur leise, nahm mir 'ne Schüssel von der Suppe und setzte mich neben ihn. Das würde die reinste Folter werden . . . Ich verdrehte innerlich die Augen. Ich musste für den Scheiß, den ich gemacht hatte, jetzt eben grade stehen. Ich war nich feige. Ich musste das jetzt hinkriegen. Immerhin war das alles ja meine Schuld.
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"Ally! Sieht man dich hier auch mal wieder!? Ich hätte fast denken können, du wärst von seltsamen Wesen entführt worden, oder so!" Jedem anderen hätte ich für diese unverschämte Aussage und das unverschämte Grinsen ordentlich die Meinung gesagt. Aber das war Chris, mit dem ich seit Monaten nich mehr geredet hatte. Naja, immerhin machte er keine Szene und zickte mich an, warum wir uns so lange nich gesehen hatten oder ignorierte mich. Immerhin. Wow. Okay, vielleicht lag das auch daran, dass er einfach mitten in der Wohnheimküche keine Szene machen wollte, da er einen guten Ruf zu verlieren hatte, aber . . . Vielleicht freute er sich wirklich, mich wieder zu sehn. Aber das war doch fast unmöglich, oder? Nach all dem, was ich in den letzten Monaten so abgezogen hatte . . . Oder ich bildete mir alles nur ein und Chris war nich mehr als 'ne Halluzination. Wenn auch 'ne ziemlich nette . . . denn wir waren völlig unbewusst mal wieder im Partner-Look angezogen. Verdammt.
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Ich sagte einfach nichts, sondern fing stattdessen an, meine Suppe zu essen. Natürlich war mir schon klar, dass das einfach nur grob unhöflich war, aber ich wusste einfach nich, was ich sagen sollte, verdammt noch mal! Vielleicht stand irgendwo ein Kamera-Team rum und lachte sich ins Fäustchen? Versteckte Kamera, oder so? Oder noch besser, war mein Leben so 'ne Art Truman-Show, und alle außer mir wussten das und lachten mich aus? Hahaha, so paranoid wie ich war selten jemand. Ich hatte gelernt, niemandem zu trauen und alles in Frage zu stellen. Dass Chris sich überhaupt die Mühe machte, mit mir zu reden, grenzte schon an ein Wunder. Und jetzt saß ich da wie ein Volltrottel und wusste keine Antwort. Wie immer also. Schön zu wissen, wie wenig sich doch geändert hatte . . .
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"Sag mal, haben die Aliens dir die Stimmbänder rausoperiert, oder was?", setzte Chris zu seinem nächsten Versuch an. Ich musste mich echt zusammenreißen, um nich laut loszulachen. Er wieder mit seinen absurden Theorien . . . Es hatte sich offensichtlich wirklich nich viel geändert. Fast so, als wäre ich nie weg gewesen. Chris redete so mit mir, als wäre ich nie weg gewesen. Als hätten wir uns nur ein paar Stunden nich gesehen und nich 'n paar Monate. Würde er mich einfach so akzeptieren? War es echt so einfach? Und wenn ja: hatte ich das überhaupt verdient? Wahrscheinlich nich. Aber sollte man nich alles nehmen, was man kriegen konnte, und nix davon wieder zurückgeben? Verdammt noch mal, warum konnte es nich einfach sein und mir würde jetzt einfach was Gutes einfallen, das ich sagen könnte . . . Verlegen räusperte ich mich.
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"Na, das war doch ein Lebenszeichen!", witzelte er und grinste mich an. "Ich . . . äh . . . ja . . . Schei.ße, ich weiß nich, was ich sagen soll! Maaaaann!" Das war scheinbar der Punkt, an dem das Eis gebrochen war und wir beide lachen mussten. Es dauerte 'n bisschen, bis wir uns wieder im Griff hatten. "Nee, Ally, jetzt aber echt mal ohne Schei.ß. Wird Zeit, dass wir uns mal unterhalten, findest du nich?" War ja klar. Die gute Stimmung war sofort im Eimer. Aber ich wusste auch, dass er recht hatte. Wie immer. Er kannte mich einfach zu gut. Und das war einer der Gründe, warum ich unsere Freundschaft nie aufgeben hatte wollen, aber es für notwendig befunden hatte. Ich war ganz schön blöd gewesen. Ohne ihn war mein Leben einfach nich das gleiche, das hatte ich in der kurzen Zeit gemerkt, in der wir jetzt hier saßen. Ich hatte ihn ohne Ende vermisst und alles in mich reingefressen. Aber wie sollte ich ihm das sagen, ohne mich zur Idiotin zu machen? Hm, schwierig. Wir stellten unsere Schüsseln weg, nachdem wir fertig gegessen hatten und gingen in sein Zimmer.
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Ich fühlte mich total mies, und übelst verlegen war ich auch noch. Wie so'n kleines, dummes Mädchen. Ich wollte doch erwachsen sein?! Tja, war wohl nix. "Chris . . . Ich . . . Du . . . Oah, schei.ße, mann! Wieso kann ich keinen vernünftigen Satz sagen?! Es . . . es tut mir leid.", platzte ich heraus. Jep. Ich hatte mich grade zur übelsten Idiotin gemacht. Na, herzlichen Glückwunsch! Wenigstens lachte Chris mich nich aus. Stattdessen sah er mich erwartungsvoll an. Na super. Auch nich besser. Ich war einfach nich gut in sowas. Wie sollte ich ihm klar machen, wie sehr er mir gefehlt hatte und wie froh ich war, ihn wieder zu sehen, wenn ich noch nich mal 'nen vernünftigen Satz bilden konnte? Das war echt mal wieder typisch. Ich war total frustriert. Da konnte ich endlich wieder mit ihm reden, und dann konnte ich's doch nich! Ich war einfach ein hoffnungsloser Fall.
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"Ich . . . Ich hab mich . . . total schei.ße benommen. Ich hab gedacht . . . Ich hab gedacht, wenn wir uns nich mehr sehen, is das besser für dich, weil ich dich schon genug mit meinem Müll belastet hab. Weißt du, du brauchst nie Hilfe, dir geht's auch so gut, und dann brauchst du mich doch nich, um dich unnötig runterzuziehen, hab ich mir so gedacht . . .", laberte ich aml wieder dumm rum. Er sah mich an, als sei ich jetzt total bekloppt geworden. Normal?! Hahaha. Ich hatte ihn jetzt schon wieder voll und ganz davon überzeugt, wie gestört ich war! Naja, wenigstens versuchte ich nich, so zu tun, als wäre ich normal. "Ally, erzähl keinen Mist. Freunde sind immer füreinander da - und wir sind doch noch Freunde, oder?!" Kurz und knapp zusammengefasst. Ohne dummes Rumgestotter. Wie machte er das bloß?
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"Chris . . . ich hab dich total vermisst. Ich dachte, ich schaff es auch ohne dich, aber . . . es geht einfach nich. Ohne dich bin ich nich ich . . . Chris, ich liebe dich.", flüsterte ich schon fast, aber wenigstens einigermaßen stotterfrei. Eine Weile standen wir nur da und sahen uns schweigend an. Hatte ich das Falsche gesagt? Oder hatte er das Ganze falsch aufgefasst? Dachte er etwa . . .? Nein! Bloß nich! Und wenn doch? Das musste ich umgehend richtig stellen, das ging doch gar nich, dass er dachte . . . Ich musste ihm sagen, dass es nich so war, wie er dachte, ich . . . "Ich hab dich auch vermisst, Ally.", sagte er nur mindestens genauso leise.
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Dann umarmte er mich. Und ich hätte ihn am liebsten nie wieder losgelassen. Wie hatte ich es nur die ganzen Monate ohne ihn ausgehalten? Das war mir jetzt echt ein Rätsel. "Ally . . . Ich hab mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Bitte, bitte, tu mir das nie wieder an. Du bist meine beste Freundin und ich liebe dich. Und egal, was dir noch für'n Scheiß passiert, ich bin für dich da! Versuch nie wieder, mich loszuwerden, okay?" Das haute mich jetzt echt um. Sollte ich niemals in meinem Leben eine andere Liebeserklärung bekommen, würde ich diese einfach so lange es ging im Gedächtnis behalten.
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In der Nacht plagten mich schlimme Albträume, die von keiner geringeren Person als meiner Mutter handelten. Immer wieder musste ich dabei zusehen, wie sie sich vor Schmerzen krümmte und unendlich litt und fühlte mich total hilflos. Ich wachte mehrmals schweißgebadet und unter Tränen wieder auf. Ein Glück war Chris für mich da. Nachdem ich das erste Mal aufgewacht war, hatte Charly ihn geweckt und die beiden hatten beschlossen, für diese Nacht die Betten zu tauschen, da meine Schwester nich viel für mich tun konnte, Chris' Nähe mich aber wenigstens 'n bisschen beruhigte. Mir wurde mal wieder klar, dass ich den besten Freund überhaupt hatte. Womit hatte ich das nur verdient?

You just call out my name and you know, wherever I am, I'll come running to see you again. Oh babe, don't you know that, winter spring summer or fall, hey now, all you've got to do is call? Lord, I'll be there, yes I will. YOU'VE GOT A FRIEND, YOU'VE GOT A FRIEND. Ain't it good to know YOU'VE GOT A FRIEND, ain't it good to know YOU'VE GOT A FRIEND? YOU'VE GOT A FRIEND . . .
 
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Hey :)
Tolle Fortsetzung, besonders das Bild von der Mutter gefällt mir.
Ich finde Ally's Reaktion echt ziemlich krass...sie ist immerhin ihre Mutter. Allerdings kann man sie verstehen. Einerseits. Andererseits finde ich sie (für meine Verhältnisse) super kalt. Zum Glück konnte sie sich noch überwinden, Charly in den Arm zu nehmen.
Hoffentlich kommt Chris (wie der Zufall es so will) vorbei und nimmt auch Ally in den Arm, sodass sie vielleicht doch weint. ;)
Ist nicht böse gemeint, es gibt genug Menschen auf dieser Welt, die so denken und handeln wie Ally, weil sie es quasi durch diese traumatische Erfahrung auch nicht anders gelernt haben.
Liebe Grüße, freu mich auf die nächsten Bearbeitungen :)

*ich habe bis zum 15. Bild gelesen.
 
Hallo,

ich habe mit gerade deine Story durch gelesen und muss dir ein dickes Lob hier lassen. Sie ist einfach wunderbar. Du schreibst sehr detailgetreu und die Gefühle bringst du sehr schön zum Ausdruck. Deine Fotos wurden auch immer besser, nachdem die Wände oben waren und die Sprechblasen nicht zu sehen waren :D. Eventuell könntest du die Umgebung noch etwas ausschmücken, so dass die Nachbarschaft noch besser zu sehen ist (das kannst du in den Grafikeinstellungen anpassen) oder die Zimmer noch lebhafter werden lassen. Für Sims 2 gibt es ja unendlich viele schöne Downloads :)

Nun zur Story ...

Es ist mal etwas ganz anderes und sehr schön finde ich auch, dass du nur aus der Sicht von Ally schreibst und man sich somit sehr schön in sie hinein finden kann. Zwar sind die Kraftausdrücke ziemlich heftig :D aber so denken wahrscheinlich viele Jugendliche.
Sehr toll finde ich auch wie du die Beziehungen zu Chris und Charly dar stellst. Teilweise sehr witzig und dann wieder dramatisch. Ich denke, dass Ally ihre Schwester doch irgendwie mag ... sie erinert sie wohl nur zu sehr an den Lebenstil der Mutter und ist deswegen eventuell etwas aggressiv ihr gegenüber. Aber ich denke auch, dass sie ihre Mutter nicht wirklich hasst. Vielleicht in dem Moment, wo sie sie sieht aber es ist schließlich ihre Mutter egal was geschehen ist. Eine Mutter ist Gott in den Augen eines Kindes :D (Filmzitat ^^) und das trifft auch oft im wahren Leben zu. Ich denke bei Ally ist es genauso und deshalb beschäftigt sie der Tod auch so sehr.
Hmm und Chris ... ja sie sind Freunde und ich verstehe nicht so ganz warum sie so auf abstand geht. Sie haben doch schon so viel durch gemacht ... all die Jahre hat er sich ihre Plobleme angehört und kennt sie und nun hat sie plötzlich angst, dass es ihm zu viel wird? Und warum hat er sich zwischendurch nicht gemeldet? Aber insgeheim denkt wohl fast jeder Leser, dass sie ein schönes Paar abgeben würden :D

Schade, dass du zur Zeit eine Blockade hast, aber ich kenne das sehr sehr gut. Ich hoffe nur es dauert nicht so lange wie bei mir (1 Jahr :(), denn ich würde sehr gerne wieder etwas von dir lesen.

So, bis danni ... hoffentlich :)

Liebe Grüße
Manja
 
Hallo, erstmal danke für die vielen Kommis! Wie ihr sicher bemerkt habt, ist das Kapitel inzwischen schon fast fertig. Insgeheim hege ich ja den Verdacht, dass ich umso motivierter und auch inspirierter bin, weiterzuschreiben, je mehr Kommis ich bekomme . . . :D
Ich versuche natürlich, noch weiter an meiner Erzähltechnik zu feilen, aber man muss ja bedenken, dass die Story von einer 18jährigen handelt und von einer fast 18jährigen geschrieben wurde, da nimmt man es mit feinen Ausdrücken dann nich so genau . . . Besonders, wenn die Hauptfigur Chrakterzüge der Autorin entwickelt . . . Gruselig. Wollte ich nie . . . Die Kraftausdrücke sind derbe, das stimmt schon, aber in meinem Umfeld (um mit Vorurteilen aufzuräumen: Ich besuche die 12. Klasse eines Gymnasiums, und das bisher ziemlich erfolgreich, und keine andere, eher als asozial betrachtete Bildungsanstalt inklusive Umgebung . . .) völlig normal. :D

Gute Nacht

Becky
 
Huhu Becky,

ich mache mal schön der Reihe nach und beginne wenigstens schon mal mit dem ersten Kapitel. Vorab muss ich erst mal sagen, dass mir dein Titelbild gut gefällt. Erinnert mich ein bisschen an das von Naike hier.
Wieso muss Ally eigentlich die ganze Zeile löschen, bloß weil sie sich einmal vertippt hat? Scheint sie ja sehr zu verwirren, der Krach im Nebenzimmer, die Arme.
Mit Sandys Stil hat Ally wahrscheinlich recht. Beau sieht ja tatsächlich aus wie Edward Cullen. Da laufen ihm die jungen Mädels sicher scharenweise hinterher. Na gut, wenn er so ein Langweiler ist, wohl eher nicht. Mir gefällt ja Robert Pattinson gar nicht mal so schlecht, aber das ist natürlich Geschmackssache.
Mmh, seine Freundin sieht wirklich ziemlich nach Streberin aus, mir gefällt sie aber eigentlich trotzdem ganz gut. Wobei ich von der Sorte der Studentinnen, die eigentlich nur am Herd landen wollen, einige kennengelernt hab. Allerdings waren das in den seltensten Fällen Streberinnen. Die aber im Studium ohnehin nicht mehr ausgeschlossen werden, das ist anders als in der Schule. Im Studium wird es respektiert, wenn sich jemand anstrengt. Etwas schade fand ich, dass die Charaktere so schnell mit einer Charakterbeschreibung und dann auch noch mit diesen Bildchen, die mehr aufgrund von Mimik und Pose mehr an Akten von Strafgefangenen erinnern, eingeführt wurden. Ich mag es persönlich lieber, wenn sich der Charakter erst im Verlauf der Story zeigt.
Mit Mathematik hat sich Ally natürlich ein wirklich schweres Studium ausgesucht. Hoffentlich scheitert sie nicht.
Auf Charlene bin ich schon gespannt. Ob sie Ally wohl ähnlich ist? Ah, da ist sie ja schon. Sie sieht schon sehr anders aus als Ally. Und komisch, dass sie gerade von ihr keine Charakterbeschreibung parat hat. Vielleicht, weil sie ihr näher steht und sie sie daher nicht in eine Schublade packt?
Jedenfalls lernt es sich ja mit leerem Magen nicht so effektiv, das sollte Ally mal einer sagen.
Was war eigentlich Allys Lieblingsserie. Und sie lebt in Amerika?
Das mit Chris behalte ich mal im Auge. Bester Freund aus Kindertagen… na wenn da mal nicht noch mehr geht… ;)
Ally ist erstaunlich abgeklärt, dass sie ihre lieblose Kindheit so darstellen kann, als würde sie sie einfach nur analysieren. Für Charlene haben ihre Eltern sich aber doch sicher Zeit genommen, oder? Ebenso ihre Beziehungsunfähigkeit, sie analysiert das so trocken, das ist sehr ungewöhnlich.
Ihre Beziehung zu Chris gefällt mir aber. Weniger, wie sie über ihre Schwester herzieht. Da sprechen eindeutig Neid und Verbitterung aus ihr.
Irgendwie finde ich ja Joe und Charlene auch gut zusammen, wie sie sich anzicken. Vielleicht könnte Joe mal an Charlenes Charakter arbeiten und du beiden ihre Abneigung überwinden… wäre jedenfalls besser als Blondie. Aber gut, sie ist nun nicht die Hauptperson, also sollte ich mich wohl eher auf Allys Liebesleben konzentrieren.
Bin mal gespannt, wie die Story sich im zweiten Kapitel entwickelt, bisher wurden ja nur die Figuren vorgestellt und ein bisschen Alltag gezeigt.

lg, bienchen

EDIT: Ich hab nun auch die anderen fünf Kapitel gelesen und auch wenn ich die Sprache manchmal echt ganz schön krass finde für Studenten (auch wenn sie erst im ersten Semester sind) gefällt mir doch der bisherige Handlungsverlauf. Was ich nicht verstanden habe, war, wieso Ally sich zu dem Zeitpunkt von Chris zurückzieht. Auch nicht ihn, wieso er da auf der Veranda rumlungerte, während die beiden sich beschimpften (spätestens als die Mutter von ihm anfing, hätte er doch eigentlich eingreifen müssen). Und sehr suspekt auch, dass sie monatelang im gleichen Wohnheim wohnen und er dann so gar keinen Kontakt zu ihr sucht. Dass er sie so einfach machen lässt, als sie sich abschotten will.
Allys Zwillingsschwester mag ich eigentlich ganz gern, ich finde sie nicht so schlimm und es ist schade, dass Ally insgeheim so abfällig über sie denkt, aber niemals einen Ton darüber verliert.
Was ich auch heftig finde, ist, dass sie ihrer Mutter den Seitensprung so dermaßen übel nimmt. Sie macht sich überhaupt keine Gedanken, welche Gründe sie gehabt haben könnte. Und ich bin ja gespannt, wer sie misshandelt und in den Tod getrieben hat.
Insgesamt muss ich aber sagen, dass deine Story auf jeden Fall spannend ist und ich mich auf eine Fortsetzung freue. Außerdem fände ich es toll, wenn du für mich mal eine Großaufnahme von Allys Vater machst. Den würde ich gerne mal von vorne sehen, weil er einem Protagonisten aus einer anderen Story, die ich lese, verblüffend ähnlich sieht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo bienchen,
vielen Dank für deinen Kommi! Freut mich sehr, dass dir meine Story bisher gefällt!

Ja, dass Ally sehr verbittert wirkt und vieles trocken analysiert, stimmt schon. Ich wollte aber auch eine ungewöhnliche Figur erschaffen, die so einiges erleiden muss . . . Ally ist nun mal keine Heilige und ihre Mitmenschen auch nicht. ;) Sie ist eine ziemlich verwirrte und unsichere junge Frau, die sich irgendwie in der Welt zurechtfinden muss, ohne, dass sie jemals gelernt hat, wie, und da gehören große Fehltritte, die keiner versteht, schon dazu - ich spreche leider aus Erfahrung. :ohoh: Sie versteht vieles nicht und weiß oft gar nicht, wie sie reagieren soll, was oft dazu führt, dass sie völlig übertrieben reagiert und ohne nachzudenken handelt.

Was Charly angeht, hatte ich vor, dass das Verhältnis sich nach und nach bessert, und Ally auch Charlys positive Seiten sieht, indem sie ein paar Gemeinsamkeiten entdecken - gerade nach dem letzten Kapitel -, sich mal aussprechen und sich öfter sehen - ich hoffe, ich bringe das auch so rüber . . . :rolleyes:

Was Chris angeht . . . Ich werde hoffentlich kein Drama à la Anva & Jonas draus machen, da ich eigentlich nicht vorhatte, dass da noch mehr geht . . . Ich hab mich noch nicht ganz entschieden. =) Ich will erstmal nur erreichen, dass sie als Freunde wieder zusammen sind.

Und, ach ja, ein Bild von Ally Vater hab ich auch noch. ;)

GLG Becky :hallo:
 

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was oft dazu führt, dass sie völlig übertrieben reagiert und ohne nachzudenken handelt.
Uh, klingt fast nach einer Persönlichkeitsspaltung, einerseits diese übertriebenen Reaktionen und dann auf der anderen Seite wieder diese kühl distanzierte Selbstanalyse.
Was Charly angeht, hatte ich vor, dass das Verhältnis sich nach und nach bessert, und Ally auch Charlys positive Seiten sieht, indem sie ein paar Gemeinsamkeiten entdecken - gerade nach dem letzten Kapitel -, sich mal aussprechen und sich öfter sehen - ich hoffe, ich bringe das auch so rüber . . .
Doch, das kam an.
Was Chris angeht . . . Ich werde hoffentlich kein Drama à la Anva & Jonas draus machen, da ich eigentlich nicht vorhatte, dass da noch mehr geht . . .
Na dann musst du wohl schnell einen anderen Traumprinzen aus dem Hut zaubern, bevor sich alle auf Chris versteifen. ;)
Danke für das Bild. So von vorne und in Farbe sieht er doch GANZ anders aus.

lg, bienchen
 
Kapitel 7 - Das Erbe

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Gleich als wir an dem kleinen, heruntergekommenen Backsteinhaus ankamen, wurde mir klar, dass es eine absolute Herausforderung werden würde - mal ganz zu schweigen von dem beißenden Gestank der Müllhaufen, deren Inhalt ich lieber nich genauer analysieren wollte. Worauf hatte ich mich da bloß eingelassen? Und Chris wieder da mit reinzuziehen war ungefähr meine beschissenste Idee EVER gewesen. Wie war das noch gleich mit "Einem geschenkten Gaul schaut man lieber nicht ins Maul"? Zur Hölle mit den ach so philosophischen Sprücheklopfern! Die garantiert nich so 'ne Drecksbude an den Hacken hatten. Aber, was sollte ich machen?

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Chris, Charlie und ich saßen bereits am Abend des nächsten Tages nach der schockierenden Botschaft im äußerst geschmackvoll und komfortabel eingerichteten Büro der Notarin Ellen Smith. Obwohl Chris als moralische Unterstützung dabei war, fühlte ich mich äußerst unwohl - was wohl nicht zuletzt daran lag, dass ich mir für den heutigen Anlass eine Blue von meiner Schwester hatte leihen müssen. An sich kein Problem, wäre die Bluse nich so furchtbar eng und ROSA gewesen. Abartig, girliemäßig, prinzessinnenhaft, bonbonartig ROSA. Typisch Charlie eben. Sie war zwar total lieb, aber mit ihrem Modegeschmack konnte ich mich einfach nicht anfreunden. Beinahe unnötig zu erwähnen, dass sie natürlich ein Kleid in ihrer absoluten Lieblingsfarbe trug und ich befürchtete, äußerst aggressiven Augenkrebs zu erleiden, wenn ich sie länger als eine Sekunde ansah.
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Und Mrs Smith begann, den letzten Wusch von Helen Julia Prescott zu verlesen. Ich hörte zu, aber irgendwie auch nich. Ich konnte nich so ganz begreifen, was sie uns sagen wollte. Sicher war eine Menge unnötiges Geschwafel dazwischen, wie für unsere Mutter so üblich. Ich wollte nich wissen, was sie so über mich zu sagen hatte. Sie hatte mich und mein Leben schon genug in den Dreck gezogen, als sie noch gelebt hatte. Ich musste mich garantiert nich noch weiter von ihr beleidigen lassen! Warum war ich eigentlich hier? Mir hatte sie doch eh nix zu vererben. Wenn überhaupt, würde doch ihr Liebling Charlie alles kriegen. Nich, dass ich Wert darauf legte, irgendwas zu besitzen, das mal meiner Mutter gehört hatte. Ich war es gewohnt, als Verliererin dazustehen, außer vielleicht bei der Aushändigung unserer Abschlusszeugnisse in der High School. Und das war schon eine gefühlte Ewigkeit her.
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Plötzlich fiel ein Satz, der meine Schwester erstarren ließ und ihr das höfliche Lächeln aus dem Gesicht wischte. "Meiner Tochter Charlene Annabelle Prescott hinterlasse ich nichts, außer der Feststellung, wie eingebildet, verwöhnt und wertlos sie ist. Ich habe dich nie geliebt." Selbst die erfahrene Notarin, die sicher schon so einige Testamente verlesen hatte, die nich so freundlich verfasst waren, stockte hier. Wie konnte meine Mutter es nur wagen?! Wie konnte sie es nur wagen, uns all die Jahre so zu belügen und meine Schwester so zu hintergehen? Eine Zeit lang hatte meine Mutter mir leidgetan, es hatte mir leidgetan, dass es keine Chance mehr gab, sich auszusprechen. Aber jetzt reichte es endgültig. Ich wurde richtig wütend und traurig zugleich. Ich wusste, wie sensibel Charlie war und was für ein geringes Selbstwertgefühl sie hatte. Sie würde sich diesen Satz hundertprozentig zu Herzen nehmen, da sie nie gelernt hatte, dass man manchmal auf die Meinung anderer sch***en musste. Nich, dass ich in diesem speziellen Gebiet viel besser war. Aber ich hatte diesen Satz schon oft genug gehört, um nicht gleich darauf zu reagieren. Und es sollte noch schlimmer kommen. "Meiner Tochter Ally Lynne Prescott vermache ich das Haus in der Nähe des Campus des Mount Isle Colleges, das ich bis zum Tag meines Todes bewohnt haben werde. Ich habe dich nie verstanden und wusste deshalb nicht, wie ich dich behandeln soll. Ich weiß, dass dies keine Entschuldigung ist, aber ich hoffe, du kannst mir dennoch verzeihen." Ähm, nein?! Was sollte der Schwachsinn?! Wieso ich? Da musste doch ein Irrtum vorliegen . . . Und ihre Vergebung konnte sie sich sonstwo hinstecken!
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"Entschuldigen Sie, Mrs Smith", unterbrach ich die Verlesung des Testaments, "aber sind Sie scher, dass das alles hier seine Richtigkeit hat? Ich meine, da muss doch ein Irrtum vorliegen, meine Mutter würde mir niemals etwas vererben und würde niemals meine Schwester beleidigen und . . ." Mir gingen die Worte aus. Die ganze Situation war schon irgendwie verdammt beschissen. Ich wollte nix von meiner Mutter haben, erst recht kein Haus! Und warum bekam ausgerechnet Charlie nix, außer total absurden Beleidigungen, die ich nur kannte, weil sie sonst immer gegen mich gerichtet waren? Hatte meine Mutter komplett den Verstand verloren? Natürlich. Was auch sonst. "Ja, Miss Prescott, das ist einhundertprozentig das Orginal des Testaments, wie es vor mehreren Jahren hier abgelegt wurde. Alle Angaben sind sorgfältig überprüft worden." Aber, das konnte doch nich sein! Meine Mutter hätte mir niemals was vererbt, und sie hätte sich todsicher nie bei mir für irgendwas entschuldigt. Natürlich war es eine armselige Entschuldigung, die ich niemals annehmen würde, davon mal ganz abgesehen.
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Wie ja zu erwarten war, fing meine "kleine" Schwester an, zu weinen. Ich konnte es ihr nich verübeln. Meine Mutter, oder vielmehr gesagt die Person, die es wagte, sich als solche zu bezeichnen, war echt das Allerletzte. Was sie hier abgezogen hatte, war um nix in der Welt zu entschuldigen. Wäre sie nich schon tot gewesen, hätte ich sie spätestens jetzt eigenhändig umgebracht. Das schlimmste war, dass ich wusste, dass jetzt jeder Versuch, Charlie zu trösten, zwecklos sein würde. Sie war schon gestern total fertig gewesen, aber das war noch gar kein Vergleich zu heute. Ich konnte einfach nich begreifen, wie man ihr das nur antun konnte. Sicher, ich hatte sie auch nich immer gemocht, aber DAS hatte absolut niemand verdient. Sowas wüschte ich noch nich mal meiner Lieblingsfeindin Joss. Naja, okay, meiner Mutter wünschte ich, man könnte genau das Gleiche mit ihr machen, damit sie sah, was sie angerichtet hatte. Ich konnte es einfach nich fassen. Und dann kam auch noch die schlimmste Frage von allen: "Möchten Sie das Erbe antreten?"
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Hilflos sah ich zu Chris hinüber, aber der schüttelte nur den Kopf und gab mir zu verstehen, dass ich das alleine entscheiden musste. Was sollte ich nur tun? Würde ich das Erbe nich antreten, würde ich mich weigern, etwas anzunehmen, das mir nich zustand und vielleicht würde es Charlie helfen, wenn keine von uns irgendwas bekam. Würde ich das Erbe aber annehmen, wie würde sie dann reagieren? Hätte sie es haben wollen, oder ging es nur ums Prinzip? Was zur Hölle sollte ich machen? Ich stand vor der wahrscheinlich schwersten Entscheidung meines Lebens. Ein eigenes, kleines Haus zu haben, war verlockend. Keine nervigen Wohnheimnachbarn, kein Streit über HipHop oder Gothic-Musik. Aber würde ich nich auch furchtbar alleine sein? Vielleicht konnte ich mir ja nen Mitbewohner suchen und . . . Plötzlich wusste ich, wie ich mich entscheiden musste. Ich musste damit leben können, mehr als alle anderen.
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"Ja. Ich nehme das Erbe an." Warum ich das jetzt gesagt hatte, war mir auch nich so ganz klar. Aber ich hatte mal mein Bauchgefühl entscheiden lassen.


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Da standen Chris und ich jetzt also im Flur dieser Abrissbude und ich fragte mich, ob meine Entscheidung wirklich klug gewesen war. Aber Chris hatte sich bereit erklärt, mit mir hier einzuziehen, da ich ja seiner Meinung nach nich fähig war, mir Hilfe zu suchen, wenn ich alleine wohnte. Außerdem fand ich die Gegend, in der das Haus stand, schon irgendwie unheimlich. Alleine würde ich hier nachts bestimmt nich rausgehen . . . Nich zuletzt gefiel mir die Idee, mit Chris zusammen zu wohnen, egal in was für einer Drecksbude. Und das hier war 'ne Drecksbude, die wohl 'ne Menge Arbeit bedeutete. Wir würden putzen und schrubben müssen ohne Ende, bevor das Haus einigermaßen bewohnbar sein würde. Zugegeben, außer dem verdreckten Zustand gab's nich viel zu meckern. Ich hatte ein eigenes Haus, verdammt! Charlie hatte mein Angebot, mit mir hier einzuziehen, dankend abgelehnt, da sie lieber im Wohnheim bleiben wollte. Naja, immerhin hatte sie jetzt ihr Zimmer für sich. Und ich wurde den Verdacht nich los, dass zwischen ihr und Steve irgendwas lief.
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Abgesehen von dem völlig verdreckten Zustand war die Küche eigentlich ganz gut ausgestattet. "Alter! Kennen die hier kein Putzmittel, oder was? Man könnte ja meinen, dass hier jahrelang keiner drin gewohnt hat!", meinte Chris. "Hm, naja, aber wir können hier ja gleich so richtig sauber machen. Gib's zu, da hast du dich schon dein ganzes Leben lang drauf gefreut: In eine Drecksbude ziehen mit mir und putzen und schrubben, bis der Arzt kommt!", scherzte ich. "Ja klar, mein Lebenstraum ist soeben wahr geworden. Wenn du mich fragst, is das ganze 'ne Lose-Lose Situation. Du hättest nur verlieren können. Das Erbe anzunehmen war genauso bescheuert, wie es gewesen wäre, es abzulehen!", entgegnete er nur trocken. Warum wurde ich nur das Gefühl nich los, dass er irgendwie recht hatte? "Lass uns weiter gehen.", schnaubte ich.
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Irgendwie lösten der Anblick des alten Plattenspielers auf dem vollkommen verdreckten Tisch und des Fernsehers mit dem kaputten Anschaltknopf einen unerklärlichen Lachkrampf in mir aus. "In der Drecksbude hier gibt's auch echt nix, was nich dreckig, alt oder einfach nur total schrott is, oder?", feixte ich. Eigentlich war das voll nich lustig und eigentlich lachte man mit 18 nich mehr über jeden Scheiß . . . Zudem hatte das Haus offenbar jetzt schon seinen Namen weg. Drecksbude. Moment, hab ich eben tatsächlich "Haus" anstelle von "Drecksbude" gesagt? Bildet euch darauf ja nix ein! Vielleicht . . . ließ sich ja aus der Drecksbude ein richtiges Haus machen. Okay. Woher kam jetzt der verdammte Optimismus? Vollkommen untypisch für mich. Vielleicht litt ich tasächlich unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung, oder so.
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"Ich weiß ja gar nich, was du hast! Is doch voll chillig hier, das Sofa is derbe gemütlich!", entgegnete Chris, der sich auf der alten, abgewetzten Ledercouch breitgemacht hatte. "Jaja, du wieder! Immer nur ans Faulenzen denken und auf Kosten anderer leben! Nur schade, dass ich dich durchschaut habe!", giftete ich gespielt beleidigt zurück. "Aber das gibt's bei mir nich, Freundchen! Los, weiter! Lass uns die wahrscheinlich unglaublich zugemüllte Terrasse begutachten!", fügte ich voller Tatendrang hinzu. Irgendwie war das hier alles wie ein großes Abenteuer. Nur war es leider auch die bittere Realität. Chris richtete sich extra langsam auf. "Nich so schnell! Ich kann das doch nich mehr so gut, wo ich doch schon so alt bin . . .", scherzte er. "Ja, du alter Sack! Mit fast 19 bist du extrem alt!", spielte ich sein Spielchen mit.
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Irgendwann standen wir dann schließlich auf der Terrasse, die durch eine Außentür vom Wohnzimmer und durch eine Treppe vom Grundstück aus zu erreichen war. Meine weise Vorausdeutung hatte nich zu viel versprochen: Die Terrasse war zugemüllt von diversem Krempel, den garantiert niemals irgendjemand gebrauchen können würde. Eine Schubkarre und diverse alte Fässer. Was sollte man auch damit? Das Schlimmste war, dass man von der Terrase aus direkt in ein anderes Zimmer sehen konnte, das wahrscheinlich mal das Schlafzimmer gewesen war. Es war voll mit alten Kartons in verschieden Breiten, Höhen und Längen. Naja, immerhin hatten wir noch keine Leiche gefunden. Ich hatte im Internet mal einen Erfahrungsbericht zum Thema Erbe von einem Mann namens Alan George Baker gelesen. Während seiner Collegejahre war eine Großtante mütterlicherseits verstorben und hatte ihm ein Anwesen hinterlassen - oder eher die Ruinen davon, inklusive einer halb verwesten, unidentifizierten Leiche, wie er feststellte, nachdem er mit seiner Freundin und Mitbewohnerin dort angekommen war.
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Chris und ich entschieden uns, erstmal den gröbsten Dreck im Garten wegzumachen, damit der äußere Eindruck schon mal nich mehr ganz so schlimm war (was sollten sonst die Nachbarn und vorbeigehenden Mitstudenten denken?) und dann im Haus ein bischen zu putzen und aufzuräumen. Wieder einmal fragte ich mich, warum ich bereits entschieden hatte, in dieses Haus einzuziehen, bevor ich es überhaupt betreten hatte. Aber es war zu spät. Die wenigen Möbel, die wir mitgenommen hatten, standen in einem Container zur Abholung bereit, sobald wir den Platz dafür hatten und unsere Wohnheimzimmer waren bereits anderweitig vergeben. Ich versuchte, den Gestank des Mülls weitestgehend zu ignorieren. Was natürlich nich so ganz klappte . . .
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Wieder einmal stellte ich mir die unnötige Frage, was ich hier eigentlich machte. Zugegeben, ich hatte nich genau gewusst, was auf mich zukam und hatte mich Hals über Kopf in die ganze Aktion gestürzt, so wie ich das immer machte. Eine ziemlich dumme Angewohnheit, um es mal noch nett auszudrücken. Ich konnte es immer noch nich fassen. Das hier war MEIN Haus! Und meine . . . meine MUTTER hatte es mir vererbt, obwohl sie mich immer gehasst und benachteiligt hatte. Ich meine, warum machte sie sowas? Und warum beleidigte sie plötzlich ihren Sonnenschein Charlie und hinterließ ihr genau nix? Sie musste wirklich verrückt geworden sein. Anders konnte ich mir das alles nich erklären. Dass es sie nich kümmerte, wie sie andere mit ihrem Verhalten verletzte, war ja nix Neues. Aber jetzt war Charlie ihr Opfer. Und das machte mich wütend. Sie hatte schon genug Probleme und ich, die diese Demütigungen ja gewohnt war, hätte es wahrscheinlich besser vertragen.
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Mit vereinter Kraft hatten wir das meiste Gerümpel von der Terrasse nach erstaunlich kurzer Zeit entsorgt. Naja, gegen den kaputten Fußboden konnte man nich viel machen. Aber, hey, wir hatten eine Terrasse! Das konnte nich jeder von sich behaupten! Und ein Vogelhäuschen! Yay. Fehlten doch nur noch der quietschpinke, uralte Plüschbademantel, eine Tasse heißer Kakao, nervige, kleine Kinder, die versuchten, sich mit ihrem Essen abzuwerfen und der zeitunglesende Traumprinz. Davon hatte ich schon immer geträumt . . . NOT.
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Zuerst nahmen wir die Küche in Angriff. Während Chris den herumliegenden Müll beseitigte, fing ich schon mal an, den Herd zu putzen. Mal ehrlich, welche Dreckschweine hatten hier gehaust? Mir konnte doch keiner erzählen, dass meine piekfeine Mutter mit Bakterienphobie hier bis vor Kurzem gelebt hatte! Dieses Haus sah aus, als sei es jahrelang vernachlässigt worden. Naja, vielleicht hatte sie es schon so gekauft und keine Kraft mehr gehabt, noch irgendwas zu ändern. Als Dad sie beim Betrügen erwischt, rausgeworfen und die Scheidung eingereicht hatte, war sie schon länger schwanger gewesen. Nich von ihm, wohlbemerkt. Das mit Prof. Arschgesicht Sayne war keine einmalige Sache gewesen. Sie hatten sich schon länger getroffen und meine Mutter hatte es nie für nötig befunden, ehrlich zu Dad zu sein und mal von selber drauf zu kommen, dass man sich ja auch mal trennen konnte, wenn schon jahrelang nix mehr lief, bevor man sich in die nächste Beziehung stürzte. Sowas gab es halt, dass man heiratete, Kinder bekam, aber dann feststellte, dass man doch nich zusammen passte. Aber sie hatte uns jahrelang belogen und das konnte ich nich akzeptieren. Wäre sie von Anfang an ehrlich gewesen, dann würde jetzt vielleicht alles anders sein.
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Als der Müll beseitigt und der Herd nahezu strahlend sauber war, fingen wir an, die Theken zu schrubben. Unnötig zu erwähnen, dass Putzwasser sowie Schwämme nach der Aktion tiefschwarz und nich mehr zu gebrauchen waren . . . Ich wollte lieber gar nich wissen, was das alles für Ablagerungen waren, die wir da mit vollem Körpereinsatz wegschrubben mussten. Ich konnte nich verstehen, wie man ein Haus so verkommen lassen konnte. Aber jetzt gehörte es ja mir und ich konnte etwas daran ändern.
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Wir waren schon sehr zufrieden mit uns selbst, als die Theken wieder so sauber und desinfiziert waren, dass man ernsthaft überlegen könnte, wirklich Essen darauf zuzubereiten. Aber die Wände und der Fußbode sahen immer noch furchtbar aus . . . "Yo, Ally, was los? Schon kaputt, oder was? Gibt's ja nich. Dabei bin ich doch der alte Sack. Komm, die Wände und den Boden und den Kühlschrank schaffen wir auch noch!", versuchte Chris, mich zu motivieren. Naja, wo er Recht hatte . . . Fast so enthusiastisch wie zuvor schrubbten wir wie die Verrückten. Und es lohnte sich . . .
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Die Fliesen waren unter dem ganzen Dreck sogar gar nich mal hässlich! Und WIR hatten das geschafft! "Yippieh! Wir haben 'ne Küche! 'Ne SAUBERE Küche!" Voll out-of-character-mäßig quiekend fiel ich Chris um den Hals. Noch ein Beweis mehr für meine Theorie mit der gespaltenen Persönlichkeit . . . Vielleicht sollte ich mir Sorgen machen. "Whoa, Ally, erdrück mich nich! Außerdem müssen wir wohl vorerst im Stehen essen, und . . . der Kühlschrank is leer. Wir müssten uns wohl oder übel was bestellen oder einkaufen gehen . . .", wagte er es doch ernsthaft, sich zu beschweren. Pah! "Na, danke, du kannst einem auch echt alles verderben! Und immer nur an Essen denken! Nix da! Jetzt kommt das Badezimmer erst mal dran!", entgegnete ich ziemlich patzig.
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In der Tat war erstmal das Badezimmer dran. Hier sah es nich wirklich besser als in der Küche aus. Na, da hatten wir wohl 'ne Menge zu tun. Beinahe schon fröhlich pfeifend und beschwingten Schrittes packte ich den rumliegenden Müll in einen großen, schwarzen Plastiksack, um alles in der Mülltonne draußen zu entsorgen. "Du kannst ja schon mal anfangen, das Klo oder das Waschbecken zu schrubben!", rief ich Chris noch zu, nur um ihn ein kleines bischen zu ärgern.
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Wie auch eigentlich von ihm zu erwarten war, bewies er seinen extraordinären Sinn für Humor und seine überragende Intelligenz damit, dass er genau das tat, was ich ihm gesagt hatte. Mit einem total unverschämten Grinsen im Gesicht, das mich so wunderbar aggressiv und mürrisch machte. Grr. Wir beiden hatten total den Schaden, aber gut, dass wir wenigstens damit klarkamen.
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"Hoffentlich findest du niemals 'ne Tussi, die Kinder mit dir will", grummelte ich, als ich anfing, das Klo zu putzen, "Dein unverschämtes Grinsen würde hundertpro weitervererbt werden, und einer, der so blöde grinst, reicht schon!" Darauf lachte er sich nur einen ab. Na schön. Er wollte es ja so! Also würde ich ihn jetzt ein bischen weiter ärgern . . . "Ha, jetzt fällt dir wohl kein krasser Gegenspruch mehr ein, oder?! Haha, gedisst!", feixte ich.
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"Äh, nee?", er grinste noch unverschämter, "Ich war nur abgelenkt von der Vorstellung, wie unsere Kinder wohl aussehen würden, Schatzi!", flötete er. Boah, DAS reichte jetzt wirklich! "Also, das . . . das is NICHT witzig! Das fand ich total unter der Gürtellinie. Ich bin psychisch gestört und kann mich NICHT wehren! Wenn du meine Gefühle verletzen wolltest . . . dann hast du das jetzt geschafft, okay?", jammerte ich, bevor wir beide in schallendes Gelächter ausbrachen und uns in enen übelste Lachanfall hereinsteigerten. Genau das hatte ich heute gebraucht! Der Tag war gerettet. Okay, zugegegebenermaßen war noch nich mal ich dumm oder naiv genug, um das zu glauben. Aber, es war ein Anfang.
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Als nächstes nahm ich die Dusche in Angriff, während Chris schon mal Wände und Böden schrubbte. Ich konnte mir nich vorstellen, dass irgendjemand in den letzten Jahren dieses Badezimmer benutzt haben sollte. Überhaupt wirkte alles in diesm Haus so, als wäre es schon seit Jahren unbewohnt gewesen. Der Gedanke war beunruhigend. Aber es war auch offenbar schon länger her, dass meine Mutter das Testament verfasst hatte. Möglicherweise war sie nach dem Rauswurf und der Scheidung mal wieder hier gewesen, hatte den verschmutzten Zustand gesehen und das Weite gesucht. Vielleicht hatte sie auch 'ne Zeit lang bei ihrem Vollidioten gewohnt? Möglicherweise hatte er sie so misshandelt. Sollte ich rausbekommen, dass er es gewesen war, dann würde ich . . . Okay, Ally, beruhig dich! Ich hatte auf jeden Fall ganz schön schlimme Gewaltfantasien - für eine unauffällige Achtzehnjährige. Kranker als SAW konnte es ohnehin nich werden.
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Nich nur ich jubelte, als auch das Bad in neuem Glanz erstrahlte. Zugegeben, das viele Rot und die Herzchen waren erwas kitschig, aber ich hatte schon Schlimmeres gesehen. Chris wohl auch. Im Gegensatz zum Rosafimmel unserer kleinen Schwestern überanstrengte es wenigstens nich die Augen. Chris' kleine Schwester Gwen war die süßeste Dreijährige, die ich jemals gesehen hatte. Sie zog alle in ihren Bann und ihr großer Bruder vergötterte sie nahezu. Chris konnte gut mit kleinen Kindern umgehen. Ich stellte ihn mir später mit einer riesigen Familie vor, die er als jahrelanges Einzelkind nie gehabt hatte. Gwen war laut ihrer Eltern eine "freudige Überraschung" - und bestimmt auch ein Stück Trost, seit ihr Sohn "das Nest verlassen" hatte.
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Chris kam auf die glorreiche Idee, uns eine Pizza zu bestellen, da wir genau nix im Kühlschrank hatten und uns der Weg zum Supermarkt grade irgendwie zu lang war. Nach der ganze Putz- und Aufräumaktion, die immer noch nich ganz beendet war, hatte ich ganz schön Hunger. Naja, bis die Pizza dann endlich da war, dauerte es auch ziemlich lange, aber wenigstens war sie noch warm . . .
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Und schmeckte auch ganz passabel. Chris übertrieb natürlich mal wieder . . . "Oah, die Pizza is so hammer-lecker! Boah, ich könnte echt die ganze Pizza aufessen!", schmatze er mit vollem Mund. "Ja, das sagst du auch über den Dreck vom Fußboden, wenn du zwei Tage lang nix gegessen hast!", neckte ich ihn, "Und außerdem redet man nich, wenn man den Mund voll hat!" Er grinste mich nur wieder total frech an. "Ja, Mama!" Das schrie nach Rache . . .
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Nachdem wir die ganze Pizza im Rekordtempo verputzt hatten, setzten wir unsere Aufräum-Aktion fort. Da wir keine Lust hatten, auf dem Fußboden zu pennen, mussten wir wohl oder übel das zugemüllte Zimmer räumen und saubermachen, um unsere Möbel reinstellen zu können. Ich fand den Zustand, in dem uns das Haus übergeben wurde, ja immer noch eine riesige Frechheit, aber jetzt war es auch schon wieder zu spät, sich noch zu beschweren. Wir hatten ja immerhin schon fast jedes Zimmer aufgeräumt und saubergemacht . . .
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Im Gegensatz zu mir hatte Chris seinen Schreibtisch aus seinem Wohnheimzimmer mitnehmen können, da er keine Schwester hatte, die den auch brauchte. Naja, noch 'n Schreibtisch hätte ja ohnehin nirgendwo mehr hingepasst . . . Also wollte ich mich auch gar nich beklagen. Wir würden uns halt nur immer um das Laptop kloppen müssen, wenn es wieder in die Semesterarbeitsphase ging - Charlie hatte auch den Computer behalten.
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Wenigstens gehörte mein Bett nur mir! Um es mit irgendjemandem zu teilen, war es auch zugegebenermaßen ein bisschen zu schmal . . . Die ganze Möbel zu schleppen war total anstrengend gewesen und ich war froh, als wr am späten Nachmittag endlich damit fertig waren. Fehlte nur noch das Wohnzimmer . . .
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Abgesehen von dem bischen Müll, der noch so rumlag, war es eigentlich ganz okay, und somit hatten wir nich mehr wirklich viel zu machen. Froh darüber, dass wir so ziemlich alles geschafft hatten, stopfte ich den Restmüll in einen Müllsack und zog fröhlich pfeifend damit ab. Ja, doch. Ich war noch ganz bei Verstand, mir ging es prima . . .
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Chris versuchte sich sogar noch an dem kaputten Anschaltknopf am Fernseher. Der Fernseher, schon ein älteres Modell, an sich funktionierte - zu unserem Erstaunen, genau wie der alte Plattenspieler - aber mit 'nem kaputten Knopf konnte man ja nich viel anfangen.
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Nach getaner Arbeit setzten wir uns erstmal ganz gemütlich aufs Sofa vor den Fernseher und sahen uns schlecht gemachte, peinliche Nachmittags-Talkshows an, in denen schlechte Schauspieler versuchten, vollkommen absurde Situationen darzustellen. Wir lästerten über alles und jeden ab und hatten unseren Spaß, besonders wenn sich Parallelen zu Leuten finden ließen, die es wirklich gab. "Aber, Ally, du hast nich vergessen, dass wir heute Abend noch unsere Freunde und meine Eltern einladen wollten, oder?", sagte Chris mal ganz unvermittelt. Shit! Das hatte ich doch glatt vergessen - oder einfach nur erfolgreich verdrängt? Ich mochte meine Freunde und Chris' Eltern waren echt cool, aber . . . mussten wir das jetzt echt durchziehen? Ich hatte voll keinen Bock drauf, das Haus voll zu haben, wo wir grade erst eingezogen waren.
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Naja, schließlich konnte ich mich dann doch dazu durchringen, ein paar Freunde anzurufen und sie einzuladen, um unsere "Drecksbude" (fragt mich nich, warum ich es immer noch so nenne . . . Gewohnheit?!) zu besichtigen. Leider hatten sowohl Chris' Eltern als auch Charlie, Joe und Sandy zugesagt. So'n Mist aber auch. Man hätte ja annehmen können, dass die auf 'nen Freitagabend was besseres zu tun gehabt hätten . . . Hatten sie aber nich. Was für Langweiler . . . Hahaha. Charlie zeigte sich sichtlich schockiert, als ich ihr genau das sagte.
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Irgendwann endeten wir dann alle vor dem Fernseher, nachdem die "Drecksbude" bewundert worden war und schafften es irgendwie, immer auf das Schlechteste zu zappen, was das Abendprogramm gerade zu bieten hatte. Da unterhielt ich mich lieber mit Chris' Mum, die neben Sandy saß und es schaffte, sie den ganzen Abend lang nich schief anzugucken, obwohl sie doch wieder sehr auffällig gestylt war, obwohl sie schon keinen schwarze Lippenstift mehr trug, seit sie und Joe sich bei jeder Gelegenheit abschlabberten. Das lag wohl auch daran, dass Gracy, anders als meine Mutter, eine sehr tolerante Frau war, die so ziemlich alles duldete, solange es nich gegen das Gesetz verstieß und man selber damit glücklich war. Sandy erwähnte mal "so nebenbei", ganz, wie es ihre Art war, dass sie und Joe jetzt verlobt wären und im Herbst heiraten würden. Natürlich seien wir alle eingeladen, und ob Charlie und ich vielleicht auch noch Bock hätten, ihre Brautjungfern zu sein? Erst zögerte ich, zuzusagen, da ich wusste, dass ich dann todsicher ein total hässliches Kleid tragen müsste, aber, da es sich hier um Sandy handelte, ging ich mal davon aus, dass es zumindest weder billig geschnitten noch knallrosa sein würde, und das war doch schon mal was. Also sagte ich zu. Chris' Mum wollte alles über unser "wildes Studentenleben" (hahaha, Witz, komm raus, du bist umzingelt!) wissen und sagte mir noch, dass sie hoffte, ich würde mich gut um ihren Sohn kümmern und zwinkerte mir dabei verschwörerisch zu. WTF? Was wollten die mir immer alle damit sagen?
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Chris unterhielt sich die meiste Zeit mit seinem Dad oder mit Joe, der ihn gefragt hatte, ob er nich gerne den Trauzeugen spielen würde, aber meine Schwester starrte nur gedankenverloren und trübselig aus dem Fenster. Ich hätte auch unmöglich erwarten können, dass alles wieder in bester Ordnung sein würde. Es war niemals alles in bester Ordnung. Erst recht nich, wenn es um mich und meine scheiß-komplizierte Familie ging - oder das, was noch davon übrig war. Weder die Eltern meiner Mutter, noch ihre Schwester Carrie und deren Mann und Tochter waren dazu bereit, extra für die Beerdigung am Sonntag aus Irland anzureisen, was irgendwie kein Wunder war, da sie keinen Kontakt mehr gehabt hatten, seit meine Mutter zum Studium nach Amerika ausgewandert war. Sie war weder bei der Hochzeit ihrer Schwester dabeigewesen, noch hatte sie jemals ihre Nichte getroffen. Irgendwie traurig. Auch Charlie und ich würden nich zu der Beerdigung gehen und Dad erst recht nich. Wahrscheinlich würde überhaupt niemand hingehen, außer meinem Arsch von Prof vielleicht. Es war mir auch eigentlich egal. Ich wollte mit dem ganzen Scheiß nix mehr zu tun haben.
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Zuerst verabschiedeten sich Chris' Eltern, da sie am nächsten Tag noch arbeiten mussten. Gracy wollte den armen Chris gar nich mehr loslassen . . . So musste es sein, wenn man von seinen Eltern geliebt wurde. Dass sie so sehr an einem hingen, dass es schon fast peinlich war, aber dass man es gerne ertrug, weil man froh war, seine Eltern zu haben und dass sie einen liebten. Irgendwie bedrückte mich das. Klar hatten Chris' Eltern schon immer gesagt, dass ich vorbeikommen konnte, wann ich wollte, weil ich ja schon fast zur Familie gehörte. Aber das war einfach nich das Gleiche, wie richtige Eltern zu haben . . .
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Als nächstes gingen Sandy und Joe, weil sie ja noch "was gaaaaanz Wichtiges für die Uni" zu tun hatten. Ja nee, is klar. So wie die beiden sich die ganze Zeit angeguckt hatte, kaufte ihnen das keiner so wirklich ab, sagte aber nix dazu. Der Enthusiasmus von frisch Verlobten eben. Und natürlich konnte Joe seine doofen Witze auch nich lassen. "Ally, pass gut auf dich auf, jetzt wo du ganz alleine mit Chris wohnst . . ." Er glaubte ja sowieso immer noch, dass Chris und ich "Freunde mit gewissen Vorzügen" waren, uns das aber bloß zu peinlich war, um es zuzugeben. Warum dachte das eigentlich so ziemlich jeder von uns? Konnte man nich einmal normal befreundet sein? Nee, wohl nich. "Viel Spaß noch beim 'Was gaaaaanz Wichtiges für die Uni machen'!", erwiderte ich deswegen nur trocken mit einer extradicken Portion Sarkasmus oben drauf und grinste extra dämlich.
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"Ally, du kannst echt ma chillen! Die 'Drecksbude' is doch voll geil, du hast keine nervigen Nachbarn . . . aber einen extrem sexy Mitbewohner, der Single is!" Sandy fing jetzt also auch noch damit an. "Ich weiß ja nich, was du damit meinst!", erwiderte ich EXTREM scheinheilig und unschuldig. "Ach Ally, dir is echt nich mehr zu helfen. Muss ich noch deutlicher werden?!", rief sie, bevor sie mir zuflüsterte: "Schnapp ihn dir, bevor er weg is! So'n guten Fang machst du nie wieder . . . Er starrt dir übrigens die ganze Zeit auf den Hintern, wenn er denkt, dass keiner es merkt." Dann grinste sie nur total frech und äußerst unverschämt. Pah! Als ob! Ich mochte meine Freunde wirklich sehr, aber was die Beziehung zwischen Chris und mir anging, waren sie alle vollkommen blind. Vielleicht guckten sie alle zu viele von den falschen Filmen. Ich sollte ihnen mal dringend den Fernseher wegnehmen und die Karte für den DVD-Verleih sperren lassen . . . "Also, ich ruf dich dann demnächst an, wegen den Kleidern und so, nä?", verabschiedete sie sich.
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Charlie ging als Letzte und sagte genau nix. Irgendwie machte ich mir Sorgen, aber vielleicht war das auch was, was sie mit sich selber ausmachen musste und da wollte ich nich stören. Ich würde sie erstmal 'ne Zeit lang in Ruhe lassen, und wenn es ihr dann nich besser ging, würde ich auf jeden Fall einschreiten. Ich würde sie bestimmt nich monatelang im Selbstmitleid versinken lassen! Ich wusste schließlich, was für'n scheiß Gefühl das war und wünschte es echt niemandem. Ich hoffte bloß, dass sie auch wusste, dass ich ihr helfen würde, egal, was passierte. Ich bildete mir mal ein, dass eine Familie dafür da war - ich wusste es ja nich, da ich nix darüber gelernt hatte. Nie.
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Nachdem ENDLICH alle weg waren, ließen wir uns nur noch erschöpft in unsere Betten fallen. So schnell würden wir nich wieder 'ne Party schmeißen . . . Und Chris hatte wohl auch endlich eingesehen, warum ich es von Anfang an für eine schlechte Idee gehalten hatte, noch Leute einzuladen, obwohl wir eh schon total kaputt gewesen waren. Wie gut, dass das Semesterende noch weit, weit weg war . . .
 
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Tolles Kapitel :)
Hast deinen Schreibstil meiner Meinung nach ein wenig geändert, mh? Aber zum positiven!
Gefällt mir sehr, dass die beiden zusammengezogen sind. Das war wirklich ein Drecksloch! Aber sowas gibt es ja auch leider Gottes im wahren Leben.
Bin gespannt auf dein neues Kapitel.
Und mach dir keine Gedanken über die Kommentare. Es gibt sooo viele stille Leser die jeden Tag hier reingucken um zu sehen, ob du ein neues Kapitel online stellst. Glaub mir. Ich gehörte Jahre (!) dazu.
Liebe Grüße und ich freu mich, wieder von dir zu hören :)
:hallo:
 
Kapitel 8 - Familientreffen

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Chris und ich saßen ganz entspannt beim Mittagessen am Küchentisch, den wir inzwischen doch immerhin kaufen konnten. Immer auf'm Sofa zu sitzen war irgendwann nich mehr sooo toll gewesen, wie ihr euch ja sicher denken könnt. Aber heute war nicht irgendein Tag. Heute hatten wir erfahren, dass wir unsere Prüfungen erfolgreich bestanden hatten und somit bereit für unser zweites Jahr an der Uni waren, das wir wohl leider wieder im Hörsaal mit Prof. Arschgesicht Sayne verbringen mussten. Ich würde den Typen wohl nie loswerden . . . Sein dreckiges Grinsen konnte der sich sonstwohin stecken!
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"Also, was machen wir heute Abend nettes?", fragte Chris mich. "Öh . . . Kein Plan. Wie wär's mit 'ner Party?", schlug ich vor. "Wie? Bei uns? 'ne Grillparty vielleicht? Jetzt, wo unsere Terrasse so nett aussieht . . ." Unsere Terrasse sah in der Tat "nett" aus. Ein Grill und eine Holzbank konnten viel für das Aussehen einer Terrasse tun. . . . "Ja . . . okay . . . Und mit wem? Ich lade auf KEINEN Fall Joss oder Beau oder auch Steve ein, falls du fragen solltest!", bestimmte ich einfach mal so. War ja auch schließlich MEIN Haus, da konnte ich ja auch einladen, wen ich wollte, oder?
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Am Ende entschlossen wir uns dazu, sowohl Chris Eltern als auch meinen Dad und meine Schwester einzuladen. So'ne Art Familienfeier oder sowas. Merkwürdigerweise sagten sie sogar alle zu - Charlie hatte eh nix besseres zu tun, Dad war froh, mal von seinen neuen Mitbewohnern (er hatte einen Teil des Hauses an eine Famile untervermietet, da er sonst alleine in dem riesigen Haus leben müsste, von dem er sich irgendwie nich trennen konnte) wegzukommen und Chris' Eltern hatten keine Mühe, einen Babysitter für Gwen zu finden. Sandy und Joe feierten schon mit anderen Leuten, aber die waren sowieso ansonsten viel zu beschäftigt mit Hochzeitsvorbereitungen. Gruselig - wie konnte man jetzt schon ans Heiraten denken? Aber vielleicht war ich ja auch diejenige, die einfach nich normal war.
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Ausnahmsweise war meine Schwester mal als Erste da, aber sonst hatte sie sich - oder zumindest ihren Kleidungsstil - wohl nicht so sehr verändert. Naja, immerhin war sie nich mehr so verbittert. Und irgendwie hatte ich ja das Gefühl, dass auch 'n Kerl was damit zu tun hatte. . . Bei Charly konnte man ja nie so genau wissen. Ich konnte immer noch nich fassen, wie sie das mit dem ungerecht verteilten Erbe einfach hingenommen hatte, so als könne sie ja eh nix daran ändern, sah es vielleicht auch als zwecklos an, gegen den Willen unserer Mutter anzukämpfen. So als würde sie auch im Tod noch über ihr Leben bestimmen. Bei mir war das wohl leider auch der Fall - ich hatte ihr wohl einen großen Teil meiner Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu verdanken - und eine Chance, mein eigenes Leben zu leben. Ich hätte das Erbe auch ablehnen können. Aber ich hatte es nicht getan.
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Während Chris seine Eltern begrüßte, trudelte auch Dad ein. Seit er unsere Mutter beim Betrügen erwischt, sie rausgeworfen und sich von ihr scheiden lassen hatte, war er ein anderer Mensch geworden. Er arbeitete nich mehr ganz so viel wie früher und interessierte sich immerhin ein bisschen für seine Töchter - nach meinem Einzug in das geerbte Haus hatten wir ein paar Mal miteinander telefoniert, nachdem Charlie, die nach der Trennung noch ein paar Wochen alleine bei ihm gewohnt hatte, bevor wir auf die Uni gegangen waren, ihm von meinem Umzug erzählt hatte. Bei der Testamentseröffnung war er, genau wie bei der Beerdigung, nich da gewesen, weil er nix mehr mit den Angelegenheiten seiner Ex-Frau zu tun haben wollte - was ich auch irgendwie verstehen konnte. Vererbt hatte sie ihm natürlich eh nix - aber ihrem Lover komischerweise auch nich.
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Und weil ihn so wenig mit meiner Mutter verband, war ich bei seinem Anblick auch nich länger total down. "Hey Dad! Schön, dass du herkommen konntest! Was macht die Arbeit?", begrüßte ich ihn. Und unglaublicherweise interessierte es mich sogar wirklich. Denn eigentlich kannten wir uns kaum, weil er so viel Zeit mit seiner Arbeit verbracht hatte, dass ich nie wirklich Zeit gehabt hatte, ihm solche simplen Fragen zu stellen. Schon traurig, ja. Aber jetzt hatten wir ja genug Zeit, uns wirklich richtig kennenzulernen, so wie sich das gehörte. Früher hätte ich nie einen Wert darauf gelegt. Aber ich hatte beschlossen, mal erwachsen zu werden und anderen eine zweite Chance zu geben - schließlich konnte sich das wirklich lohnen, wie ich bei Charly festgestellt hatte. Hätte ich ihr keine zweite Chance gegeben, hätte ich wahrscheinlich nie ihre positiven Seiten entdeckt.
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"Also, im Moment macht es sogar Spaß . . . Die Firma ist gerade am umstrukturieren - deswegen arbeite ich ja auch weniger, und wir kriegen auch mal ganz interessante Aufträge. Meine Kollegen sind auch ganz in Ordnung, wir sind ja auch alle nicht mehr so gestresst, seit die Geschäftsleitung eingesehen hat, dass die Arbeitszeiten nicht so optimal sind . . ." Früher hätte er, wenn überhaupt, bloß mit einem knappen Satz auf die Frage geantwortet, und auch bestmmt nich so begeistert . . . Es hatte sich doch vieles zum Positiven verändert. "Wenn ich dich so sehe, war die Umstrukturierung auch der beste Plan der Geschäftsleitung ever!", sagte ich ihm dann auch. Klar war es bestimmt nich nur weniger Stress durch die Arbeit gewesen, dass er jetzt viel besser drauf war . . . Aber über meine Mutter wollte ich genauso wenig wie er reden. Das Thema war durch.
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"Und wie sind eigentlich deine neuen Mitbewohner so? Was sind das eigentlich für Leute?" Ich war schon ein bisschen neugierig, wer jetzt vielleicht in meinem alten Zimmer wohnte . . . Hoffentlich nich so'n Vollassi. "Also, manchmal sind die schon ziemlich . . . nervig, aber es geht. So'n älteres Ehepaar halt, die streiten sich eben schon mal, weil sie den ganzen Tag zusammen verbringen. Und ihre Tochter ist alleinerziehende Mutter von 'nem zehnjährigen Jungen - unglaublich, der Vater hat sich damals einfach aus dem Staub gemacht! - und hat da natürlich auch so ihre Probleme . . . Aber sonst sind die auch wirklich nett und harmlos." Nett und harmlos - das hörte sich fast so an, als müsste er mich davon überzeugen, dass er das Haus nich an gemeingefährliche Terroristen untervermietet hatte! Hm, 'ne alleinerziehende Mutter samt ihrer Eltern also - hätte ja echt schlimmer kommen können . . . Und es war mal wieder 'ne Frau im Haus - und die wurde auch dringend gebraucht, da Dad alleine gar nix hinbekam, was den Haushalt anging. DAS sagte ich ihm aber dann lieber doch nich.
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Chris unterhielt sich mit seiner Mum. Wie die es schaffte, immer noch so jung auszusehen, würde ich wohl nie begreifen können. Wahrscheinlich hatte ihr harmonisches Verhältnis zu ihrer Familie viel dazu beigetragen. Und sie war kein Workaholic - sie arbeitete zwar, ließ ihre Arbeit aber immer am Arbeitsplatz zurück. Um glücklich zu sein, musste man anscheinend Privates und Berufliches trennen können - das hatte meine Mutter nie geschafft. Die Konsequenzen hatte ich ja gesehen. Es freute mich auch total, dass Chris ziemlich zufrieden aussah und unser Zusammenleben bisher unbeschadet überstanden hatte. Bei mir konnte man ja nie wissen . . . Ab und zu, wenn sie dachte, Chris und ich würden nicht hinsehen, musterte Gracy mich mit einem ziemlich nachdenklichen Blick. Sie dachte doch nich wirklich . . . ? Naja, alle anderen dachten es ja auch. Obwohl natürlich rein gar nix an dem Gerücht dran war. Wir waren beste Freunde, verdammt! Nich mehr und nich weniger! Aber offensichtlich hatten die alle zu viele Filme gesehen. Was für Idioten.
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Meinem Dad waren die merkwürdigen Blicke auch nich entgangen und er sah mich fragend an. "Ach, das. Gracy glaubt tatsächlich wie fast jeder hier, dass Chris und ich total ineinander verknallt und in 'ner glücklichen Beziehung wären oder so'n Schrott.", meinte ich daraufhin. "Keine Ahnung, wie die da alle drauf kommen. Pah, als ob ich mich in DEN verlieben würde! Er is zwar 'n prima Kumpel, aber da is echt nix. Das glaubt mir bloß wieder keiner!", beschwerte ich mich. Hachja, ich hatte es ja sooooo schwer . . . Fast, aber nur fast. Zu allem Überfluss sah Dad mich jetzt auch noch so an, als würde er mir das nich abkaufen. Hallo?! Da musste ich schnellstens vom Thema ablenken! "Aber, sag mal, Dad, wie steht es eigentlich um DEIN Liebesleben?", fragte ich ihn, leicht boshaft grinsend. Ich fand, das hatte er verdient.
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Meine Antwort hatte ich dann auch sofort. "Darüber will ich nicht reden! Ich wüsste nicht, was dich das angeht!", wies er mich ziemlich schroff ab und lief dabei etwas rot an. Aber ich wäre ja nich ich, hätte ich's dabei belassen. Ich wusste, dass er mir sowieso ALLES sagen würde, wenn ich noch ein bisschen nachhakte. Und diese ziemlich aufbrausende Antwort deutete ja ganz darauf hin, dass da irgendwas war. "Aha, aha!", triumphierte ich, "Wie heißt SIE denn? Los, erzähl!" Das würde noch richtig interessant werden . . . "Ich . . . ähm . . . Ja . . .", stotterte er bloß. "Ja?", fragte ich gedehnt. "Also, ja, du weißt ja, die neue Familie, die jetzt bei uns wohnt . . . Cynthia ist irgendwie schon eine sehr nette Frau . . ." Ha! Da hatte ich ihn! Die alleinerziehende Mum also. Das war alles, was ich wissen wollte.
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"Und? Hast du's ihr schon gesagt? Wie findet sie dich so?!" Jetzt gab es für ihn kein Entrinnen mehr. Ich würde ihn ausfragen bis zum Gehtnichtmehr und zur Not alles in die richtigen Bahnen lenken, wenn er sich nich traute. In der High School hatte ich durch dezente Hintergrundhandlungen schon so einige Pärchen zusammengebracht. Auf dem College hatte ich meine speziellen Fähigkeiten noch nich unter Beweis stellen können. Wie auch, wenn ich pausenlos für Mathe paukte? Hatte ich schon erwähnt, dass mein Prof ein Arsch war? Ich schwör, guckt im Bildlexikon unter "Arsch" nach, da ist sein Gesicht abgebildet . . . Okay, okay, zurück zum Thema, bevor das hier in Hasstiraden auf meinen Prof ausartet. Jedenfalls, wie ja zu erwarten war, ließ Dad sich jedes Detail aus der Nase ziehen. Aber mit sowas kam ich klar. "Äh . . . ich weiß nicht . . . Nein . . .", druckste er weiter rum. Übelst eloquent. Auf jeden!
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"Mensch Dad, jetzt lass dir doch nich alles aus der Nase ziehen! Wie alt warst du noch gleich, hm?!", beschwerte ich mich. Da hatte ich wohl ein ganzes Stück Arbeit vor mir . . . Aber das nahm ich gerne in Kauf, wenn Dad dafür glücklich war. "Ally!", er sah mich gequält an. "Müssen wir jetzt echt darüber reden? Das bringt doch nichts, wahrscheinlich hat sie sowieso von allen Männern die Nase voll und ich sollte mir gar keine Hoffnungen machen!", beklagte er sich. "Tja, genau wegen dieser Einstellung brauchst du dringend meine Hilfe . . . Ich überleg mir was, okay?", versprach ich ihm. Und das würde ich auch tatsächlich tun. Irgendwie musste man die beiden doch zusammen bringen können . . . Und für Chris musste ich mir auch noch was überlegen. Der war auch schon wieder länger Single, als gut für ihn war. Irgendein nettes Mädel ließ sich da bestimmt finden.
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Dann zog es mich mal wieder vor den Fernseher. Was auch sonst? Charly saß neben mir auf dem Sofa und wirkte eigentlich ganz zufrieden. War zwar nicht ganz mein Geschmack, aber ich fand, dass die pinken Strähnen, die sie sich vor Kurzem färben lassen hatte, gut zu ihr passten. "Hey, Charly. Sag mal, was is jetzt eigentlich mit dir und Steve?", musste ich unbedingt wissen. "Naja . . . Wir sind fast sowas wie zusammen oder so, würde ich mal sagen.", meinte sie leicht grinsend. Aha! Mit anderen Worten: Sie hatten schon miteinander geschlafen, hatten aber nie über sowas wie 'ne Beziehung geredet. Komisch. Sowas war sonst so gar nich ihr Ding. Aber vielleicht kannte ich sie auch gar nich richtig. "Und, soll das so bleiben?", fragte ich nach. "Also, im Moment is das doch voll okay. Ich meine, ich will ihn ja nich in so 'ne Beziehung drängen oder so . . ." Ohje. Jetzt wurde es gefährlich. Offensichtlich waren da von Charly aus wirklich Gefühle im Spiel, aber Steve wollte eher seine Freiheiten als sich von 'ner Beziehung einengen zu lassen. Sollte er meiner Schwester das Herz brechen, würde ich ihm das Genick brechen. Soviel war klar.
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"Sag mal, Ally, ist zwischen dir und Chris alles okay?", sprach Gracy mich prompt an. Ähm, was? Hatte ich wieder irgendwas verpasst? Ich musste ziemlich verwirrt aussehen, denn sie meinte bloß: "Ach, weißt du, wenn dir das aus irgendeinem Grund peinlich ist, mit mir darüber zu reden, dann brauchst du das auch nicht tun, aber, weißt du, es gibt speziell ausgebildete Paar-Therapeuten, oder du könntest einfach mal mit Chris drüber reden . . ." Langsam war es aber echt genug! "Wir sind nicht zusammen, verdammt noch mal!", zischte ich verärgert. "Wie, ist es schon wieder vorbei? Ach, das war bestimmt nur ein dummes Missverständins, redet einfach nochmal drüber, das wird schon wie -" "Mit 'wir sind nicht zusammen' meinte ich 'wir sind nie zusammen gewesen und das wird auch nie passieren!'!", unterbrach ich sie leicht angesäuert. Warum glaubte hier echt jeder, Chris und ich hätten was miteinander (gehabt)? Damn it.
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Ich war ziemlich froh, als Dad mich erlöste und unbedingt "was Wichtiges" mit mir besprechen wollte. Rettung in letzter Sekunde, ehrlich. "Mann, ey, was haben bloß immer alle mit mir und Chris? Das geht mir sowas von auf die Nerven, das glaubst du nich!", lachte ich. "Tja . . . Die gucken alle zu viele Filme oder haben 'ne blühende Fantasie. Naja, obwohl . . .", meinte er. "Oh nein, du nich auch noch!", stöhnte ich, "Ich kann einfach nich fassen, wie viel Energie einige auf ihre wilden Vermutungen verschwenden! Darf man heute nich mehr einfach nur befreundet sein, oder was? Mann, das is ja furchtbar!" Darauf lachte Dad sich bloß einen ab. Das war mal wieder typisch. Nirgendwo hatte ich meine Ruhe . . .
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Naja, zumindest amüsierten sich alle bestens (leider auch auf meine Kosten). Das war ja schon mal was und nich jeder Gastgeber konnte das von sich behaupten. Zudem hatte auch nich jeder Grund zum Feiern. Man sollte es nich glauben, aber es gab ganz schön viele Leute, die das erste Jahr an der Uni schon nich geschafft hatten. Glücklicherweise gehörten Chris, Charly und ich nich dazu. Das nächste Jahr würde noch schlimmer werden - aber darüber wollte ich jetzt echt nich nachdenken. Das würde ja die ganze gute Stimmung vermiesen und wäre daher für die Party nich gerade förderlich. Naja, so nervig, wie sie auch alle waren - zumindest hatte noch keiner sich hemmungslos betrunken oder irgendwelche Einrichtungsgegenstände zerstört. Wie beruhigend . . .
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Nachdem alle in den frühen Morgenstunden ENDLICH weg waren, kamen Chris und ich dann auch mal dazu, was zu essen. Na, immerhin. Besser spät als nie . . . Diese Cheeseburger hätte ich mir auch niemals entgehen lassen. Dafür, dass ich die gemacht hatte, waren die ziemlich gut, wie ich fand. Müde, aber ziemlich zufrieden, mampfte ich mehr Cheeseburger, als vielleicht gut für mich war. Aber im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten war ich nicht auf so'nem dummen Diät-Trip und da war mir das irgendwie egal. "Hey, die kann man ja sogar essen, obwohl du die gemacht hast!", witzelte Chris. Na warte! Dafür würde ich mich noch rächen!
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"Naja, angesichts der Tatsache, dass für dich immer deine Mami gekocht hat, war das wohl ganz gut, dass ich mich um die Cheeseburger gekümmert hab - ich will gar nich wassen, was bei dir dabei rausgekommen wär, nä?", neckte ich ihn. "Tut mir ja wahnsinnig leid, dass ich leider keine Ausbildung zur 5 Sterne-Köchin hab. Du kannst ja froh sein, dass es mich und den Pizza-Service gibt, sonst würdest du vor vollem Kühlschrank verhungern!", setzte ich nach. Er hatte ja angefangen, oder?
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Chris ließ das natürlich auch nich auf sich sitzen. "Ja! Meine Mami ist die beste Köchin überhaupt, du wirst niemals gegen sie ankommen, und die Cheeseburger schmecken voll nich wie die von meiner Mami!", beschwerte er sich mit kindlich hoher Stimme. Pah! Was glaubte der eigentlich, wer er war? Dem würde ich's zeigen! "Und du bist auch noch voll gemein zu mir! Das sag ich alles meiner Mami!", motzte er weiter.
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"Ach ja?! Deine Mami is ganz weit weg und kann dir jetzt auch nich helfen! Davon mal abgesehen . . . Sie denkt, wir hätten Beziehungsprobleme!", lachte ich. "Nee, oder?! Fuck, wieso denken das immer alle?", beschwerte er sich. "Weiß ich doch auch nich. Wir müssen denen das Gegenteil beweisen. Und ich hab da ja 'ne Idee . . . Wir besorgen dir 'ne Freundin, was hältst du davon, hm?! Du bist ja schon länger wieder Single, genaugenommen seit Ende der High School, wird mal wieder Zeit, nä?!", unterbreitete ich ihm meinen voll genialen Plan. Irgendwie war er aber nich ganz so begeistert davon. Keine Ahnung, warum . . .
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Eigentlich lohnte es sich dann auch fast gar nich mehr, sich noch hinzulegen. Aber, das war mir egal. es waren Ferien! Schlafen, so lange ich wollte, und nich die dumme Visage von Prof. Sayne ertragen müssen. Kurzum: Das Paradies! Ich war allerdings jetzt schon gespannt, was mein zweites Jahr an der Uni mit sich bringen würde.
 
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Es dauert immer gefühlte 27 Stunden, bis ich runtergescrollt habe :lol:
Tolle Fortsetzung! Bring doch Chris' kleine Schwester mal mit rein, die vielleicht mit ihrer Neugier und vorlauten Art die beiden zusammenbringt?! ;)
Bring schnell Leben in die restlichen Bilder :)
Liebe Grüße!
 
Schön geschrieben, dein letztes Kapitel (also das ausformulierte, das halbfertige hab ich nicht gelesen).
Ich bin ja gespannt, ob Charlie noch was gegen das Testament machen wird bzw. zumindest den Pflichtteil noch einfordert. Und wieso Allys Vater bei der Testamentseröffnung nicht anwesend war, so als Ehemann. Hat sie ihn auch enterbt?
Und ich würde ja zu gern wissen, ob Chris tatsächlich auf Allys Hintern starrt, wenn sie nicht hinguckt. =) Ich trau dir ja nicht so ganz, dass du die beiden wirklich die ganze Story über nur Freunde bleiben lässt. Lass das aber bloß Ally nicht hören, die würde sich sonst wieder aufregen und mir wahrscheinlich den Anva-Account hacken. ;)

lg, bienchen
 

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