Nach knapp einem Monat keinen Fingerschnipp tun, melde ich mich endlich mal zurück und hoffe, ihr bringt mich nicht um.
Kapitel 10
„Verdammt Rebecca, hast du vergessen, was er dir angetan hat? Er ist ein ZUHÄLTER! Und außerdem...“
Bevor Maria weitersprechen konnte erschien Aranka. Höhnisch forderte sie uns auf, ihr in den zweiten Stock zu folgen. „Hier, das ist dein Zimmer“ sagte sie harsch, schob mich durch die geöffnete Tür und verschloss sie schnell von außen bevor ich reagieren konnte. Als ich mich umschaute, verschlug es mir den Atem: Das Zimmer war sehr prunkvoll und mit viel Geschmack eingerichtet worden. Das prachtvollste war ein luxuriöses Himmelbett, das zum Entspannen einlud. Jetzt merkte ich erst, wie erschöpft ich war. Ich legte mich auf das Bett um nachzudenken. „Nur die Ruhe bewahren“ dachte ich. Dabei schweifte mein Blick durch den Raum. Aquarelle, Zeichnungen, sämtliche Wände waren voll davon. Sogar über der Kommode neben dem Fenster hing ein Portrait. Und immer zeigten sie das gleiche Motiv: Einen lachenden, etwa vierjährigen kleinen Knaben auf einer Wippe mit einem dunkelhaarigen Mann, die beiden gemeinsam auf einer Schaukel, der Kleine auf dem Arm des Mannes, der Junge in einem Karussell, mit dem Mann beim Picknick...trotz meiner Müdigkeit und Angst zogen mich die Bilder magisch an...ich näherte mich ihnen...und es entfuhr mir ein schriller Schrei...danach empfing mich gnädige Dunkelheit.
Träume...Erinnerungen? Krankenhaus, Schmerzen, Schreie, Panik, mein Dad, meine geliebte Mutter, ein Mann mit schwarzen Haaren vor meinem Fenster, sein stechender Blick...
Allmählich kam ich wieder zu mir. Noch bevor ich die Augen öffnen konnte, spürte ich, dass ich nicht alleine war. Furcht, so kalt wie Eis durchströmte meinen Körper. Ich erstarrte – und blickte in das Gesicht des Mannes, der auf vielen der Gemälde zu sehen war - und - es war die mysteriöse Gestalt, die vor meinem Fenster stand! Damals war es dunkel und ich konnte ihn nicht richtig erkennen, aber diese Augen werde ich niemals vergessen! Also war es doch kein Trugbild wie ich nach dem Vorfall glaubte. Seine eisblauen Augen starrten mich unentwegt an.
Plötzlich überkam mich eine tiefe Gleichgültigkeit. „Wer bist du? Was willst du?“ fragte ich. Meine Stimme klang kalt, emotionslos. Er lächelte. Es war das traurigste Lächeln, das ich je gesehen habe. „Nun...“ antwortete er zögernd „..mein Name ist Mirco und ich bin das sogenannte „schwarze Schaf“ dieser werten Familie. Fabian ist mein jüngerer Halbbruder. Ich war einige Jahre in Cosmic und habe dort Medizin studiert. Ich bin erst seit kurzem wieder in Vamill und hier in unser Haus „Anime“ gezogen.“ „Wer ist der Junge?“ flüsterte ich. Da war sie wieder, diese Angst, Trauer.
Er stand auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. Lange Zeit sagte er nichts. „Er ist mein Sohn Jucar und er lebte mit mir im Ausland.“
Plötzlich drehte sich Mirco um und blickte mir mit steinernem Ausdruck direkt in die Augen. „Ich weiß was Fabian dir angetan hat, aber glaube mir, er war nicht immer so.“ Seine Stimme wurde weich und er schaute ins Leere. „Als wir klein waren und unsere Mutter noch lebte, verbrachten wir viel Zeit miteinander. In den Ferien fuhren wir oft nach Frankreich, Mutter, Fabian und ich.“ Traurig lächelte Mirco. „Im Dorf damals gab es zwei Hunde, Eaver und Benny, sie wurden von ihrem Besitzer misshandelt, keiner durfte sie anfassen, sie waren aggressiv und bissig. Fabian kümmerte sich um die armen Kreaturen, bei ihm waren sie lammfromm. Er nahm sie dann aus Mitleid mit nach Hause und viele Jahre waren sie seine treuesten Begleiter, ließen ihn nicht aus den Augen. In unserem Ferienhaus wurde extra für Fabian ein Atelier eingerichtet. Er konnte stundenlang an der Staffelei sitzen und Aquarelle malen. Eaver und Benny saßen dann geduldig und völlig lieb neben ihm. Wir waren so glücklich und er wollte immer Maler werden, er war sehr talentiert...“ - ein wehmütiges Lächeln umspielte seine Lippen - „..aber dann...“ seine Stimme erstarb.
„Mutter kam bei einem Unfall ums Leben und ich ließ ihn allein. Ich ging nach Cosmic.“ Mirco wandte sich um, ging zur Tür und öffnete sie. „So bösartig und egoistisch er jetzt auch sein mag, er ist ein sehr liebevoller...Onkel.“
und hoffe, wir finden jemanden, der weiterschreibt.