„Es fällt mir schwer, all diese Sachen zu vergessen.“,
sagte Nika und setzte sich auf.
Sam stützte sich mit dem Ellenbogen auf das weiche Bett
und schaute ihr tief in die leeren Augen:
„Du musst dich dafür doch nicht rechtfertigen.
Das ist nicht einfach und wird es auch nie sein.
Was passiert ist, ist passiert und du weißt,
dass ich dir immer zur Seite stehe!“
„Es ist einfach diese Tatsache, dass ich nicht weiß,
was geschehen ist. Sam, ich bin blind. Und trotzdem,
habe ich noch all die schrecklichen Dinge in meiner Erinnerung.
Doch ich weiß nicht, was diese abscheuliche Kreatur mit mir vorhatte.
Ich wurde bis zum Rand meines Verstandes mit Drogen vollgepumpt.
Er spritzte mir dieses widerliche Zeug, wovon ich nicht weiß,
was es überhaupt war.
Wer weiß, was er überhaupt tat. Ich wurde misshandelt und gebissen.
Woher sollten sonst die ganzen Wunden kommen.
Sam, sag es mir.“
„Ich weiß es nicht Nika. Ich weiß es nicht.“
Nika tastete sich zum Bettrand und stand auf.
Ihre Finger zitterten beim Gedanken an die schreckliche Vergangenheit.
Sie verschränkte die Arme um den eigenen Körper und begann zu zittern.
„Ich werde immer für dich da sein.
Ich werde immer an deiner Seite sein.
Ich werde dir helfen, all diese Sachen aufzuklären
und zu verarbeiten.
Ich liebe dich Nika.“
Sie spürte seine starke Hand in ihren Haaren
und seinen warmen Atem ganz nah an ihrem Gesicht.
Eine wohltuende Wärme verbreitete sich in ihrem ganzen Körper
und schaltete ihren Verstand aus.
Sams Lippen trafen ihre.
Der Kuss ließ sie für einen Moment vergessen.
Sie fühlte wieder wie ein normaler Mensch.
Es war ihr fast, als könnte sie wieder sehen.
Denn sie spürte und schmeckte Sam.
Sie wandte sich von ihm ab und kniete sich auf den Boden.
„Ich meine, dass es ein Buch gibt in dem eine Prophezeiung geschrieben steht.
Zwischen all diesen Büchern, die ich in meiner Gegenwart spüre,
muss es dieses doch geben. Du hast diese unglaubliche Sammlung
von Büchern. Von Kreaturen von A-Z und von Dracula hinüber zu Luzifer
und Azael. Irgendwo.. irgendwo.“
Nika zog einen Stapel Bücher zu sich heran
und tastete mit den Fingern auf den Seiten herum.
Sam hockte sich neben sie und nahm noch ein Buch dazu:
„Es kann tatsächlich sein. Aber was für eine Prophezeiung?
Eine über die Apokalypse?“
„So etwas in der Art. Es steht geschrieben über einen Vampir,
der versucht die Herrschaft an sich zu reißen.
Er versucht Unheil zu stiften und neue Kreaturen zu züchten.
Vielleicht war es ja genau das, was er mit mir vorhatte.
Ich kann mich nicht mehr an seine Worte erinnern.
Ich war ja schließlich nicht bei Verstand.
Aber es heißt, dass er nicht versuchte durch Geschlechtsverkehr
neue Wesen zu züchten, sondern durch das
Vampir verwandelt Menschen
Verfahren. Das heißt, das eigene Blut dem Menschen einzuflößen.
Vielleicht hat er genau das bei mir versucht nur mit noch weiteren Kreaturen.
Wer weiß.
Wenn ich doch nur wüsste, was er sonst mit mir gemacht hat.“
„Deine Wunden weisen aber kaum auf solche Verfahren hin, Nika.
Außer die Einspritzstellen, erkennt man nichts. Rein gar nichts.
Ich werde daraus nicht schlau.“, er seufzte.
Die Angst vor dem Ergebnis dieses Vorhabens überspülte seine Sinne.
Er hatte Nika lieben gelernt und mochte sich nicht ausmalen
was wirklich geschehen war.
Ein lautes Scheppern und folgendes Klopfen an der zerfallenen Haustür,
ließ ihn aufhorchen.
Auch Nika stand sofort auf und suchte seine Nähe.
Laute Geräusche drangen zu den beiden herauf.
„Bleib du hier, ich gehe.“
Sam nahm seinen Revolver vom Nachttisch
und ging mit langsamen Schritten die alte Treppe hinab.