Kapitel 13: Nick
Hallo
Nach einer längeren Pause geht es weiter. Bitte lest euch den folgenden Absatz durch, bevor ihr das Kapitel lest.
Es handelt sich bei dem Kapitel um ein Spezialkapitel, das bedeutet es ist nicht aus der Sicht von Anna sondern aus der Sicht von Nick geschrieben! Die Handlung spielt am Tag des Kinoabends. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem. Nächste Woche geht es regulär mit Anna weiter.
Kapitel 13: Nick
Ich saß auf einer Decke auf einer Wiese und blickte auf den wunderschönen Bergsee vor mir .
Das Wetter war schön und die Sonne strahlte mir warm ins Gesicht. Auf einmal hörte ich ein Geräusch hinter mir und aus dem Augenwinkel konnte ich sie sehen. Sie ging langsam auf mich zu und setzte sich neben mich. Und plötzlich fühlte ich mich geborgen und sicher.
Doch diese Ruhe hielt nicht lange an, denn auf einmal zitterte der Boden und ein Krachen war zu hören. Die Bäume wackelten gefährlich hin und her. Ich erschrak und blickte mich um. Als ich sie nicht fand, schrie ich verzweifelt: “Mama, wo bist du?“
Schweißgebadet wachte ich in meinem Bett auf und merkte sofort, was los war. Meine Stiefmutter machte regelmäßig in der Früh ihre Aerobic-Übungen im Fitnessraum, der genau über meinem Zimmer lag, und so wachte ich regelmäßig jedes Mal von dem Lärm auf. Sie stampfte so fest auf, dass mein ganzes Zimmer bebte. Ich hatte meinem Vater schon sehr oft gesagt, sie solle das nicht in der Früh machen, doch der hatte nur gemeint, dass ich mich mit der Zeit daran gewöhnen würde.
Langsam stand ich auf und streckte mich, bevor ich mich auf den Weg zum Bade-zimmer machte. Noch immer beschäftigte mich der Traum.
Den Traum hatte ich schon früher gehabt und darin fühlte sich es sich immer so an, als ob ich meine Mutter jedes Mal aufs Neue verlieren würde. Wenn ich dann aufwachte, war ich immer mies gelaunt und traurig. Während meiner Morgenroutine versuchte ich mich von dem Schmerz abzulenken und dachte dabei an Anna und den heutigen Kinoabend. Ich wusste in dem Moment, als ich sie sah, dass sie etwas Besonderes war. Jeden Tag, den ich mit ihr verbrachte, war seitdem ein guter Tag. Als ich so darüber nachdachte, verbesserte sich meine Stimmung tatsächlich.
Nachdem ich mich angezogen hatte, ging ich noch in die Küche um mir etwas zu essen zu machen. Mein Vater saß auf seinem gewohnten Platz und aß wie jeden Morgen sein Müsli.
Er begrüßte mich freundlich und erkundigte sich, wie es mir gehe und ob ich gut geschlafen hatte. Ich sagte nur »gut!«, denn ich wollte ihn nicht mit dem Traum belasten. Er wurde immer traurig, wenn ich meine Mutter erwähnte.
Ich machte mir ein Marmeladenbrot, als er mich nach meinen heutigen Plänen fragte. „Ich gehe mit Anna ins Kino“, erzählte ich ihm so gelassen wie möglich, obwohl bei der Erwähnung ihres Namens mein Herz aufgeregt in der Brust schlug. Doch das sollte mein Vater nicht bemerken, denn ich wollte nicht, dass er mich ausfragte, was er sicher tun würde, wenn er wüsste, wie viel mir an ihr lag. Dafür war ich nicht in der Stimmung. Als ich mich neben ihn setzte, fragte er mich dennoch weiter aus: „Eine Anna hast du nicht erwähnt, woher kennst du sie denn?“
Ich hab sie auf dem Schulweg kennengelernt, sie lebt nur eine Straße von uns entfernt,“ antwortete ich.
Mein Vater legte seine Stirn in Falten und überlegte eine Weile „Ist Anna nicht die Tochter der Familie Nebel? Was für eine schreckliche Geschichte!“
Ich hatte gerade mein Brot fertig gegessen, als ich ihm antwortete: “Keine Ahnung“. Ich stand auf und nahm meinen Rucksack „Ich muss jetzt los, wir sehen uns zu Mit-tag.“ Ich wartete seine Antwort gar nicht ab. sondern ging zur Tür hinaus. Natürlich wusste ich, dass Anna mit dem Nachnamen »Nebel« hieß, doch ich war nicht interessiert an irgendwelchen Gerüchten. Ich wusste, dass man sich eine Geschichte über ihre Familie erzählte, soviel hatte ich in der Schule schon mitbekommen, aber ich kannte sie nicht. Ich wollte nicht irgendetwas durch Fremde irgendetwas von Anna erfahren und schon gar nicht solche Gerüchte, die man sich auf dem Schulhof erzählte.
Als meine Mutter gestorben war, wusste es die ganze Schule und man kannte auch die Geschichte, die damit zusammenhing. Ich bekam mit, dass sie hinter meinen Rücken darüber sprachen und sie jedem erzählten. Mit mir sprachen sie weniger darüber und vermieden es eher - aus Angst, es würde mich traurig machen. Seit damals waren mir solche Gerüchte zuwider. Ich wusste nicht, was mit Annas Familie los war, und solange Anna nichts davon erzählte, wollte ich es auch nicht wissen.
Auf dem Weg zur Schule dachte ich nochmals über den Traum nach. Die Geborgenheit, die ich fühlte, wenn sich meine Mutter im Traum neben mich setzte, und dann die Verzweiflung, wenn ich merkte, dass sie weg war, überwältigten mich immer.
Heute wollte ich nicht in die Schule gehen, ich konnte mich nicht auf dem Schulstoff konzentrieren. Stattdessen ging ich zu einem Platz, der meiner Mutter und mir sehr viel bedeutete. Als wir noch in unserem alten Ort gewohnt hatten, ging ich immer ihr Grab besuchen, doch das war wegen Vaters Karriere nicht mehr möglich. Seitdem ging ich immer ins Kino, um meiner Mutter nahe zu sein.
Normalerweise hat das Kino nicht geöffnet, da es ein etwas kleineres Kino ist. Mir persönlich sind solche aber viel lieber als die großen. Auch wenn diese über bessere Technik verfügen, fehlt ihnen doch das Persönliche.
Ich klopfte dreimal an die Tür. Das war das Zeichen für Sofia, dass sie mich hinein-lassen sollte. Sie machte sofort die Tür auf: „Ich wusste dass du kommen würdest, wieder ein schlechter Traum?“ Ich nickte nur und betrat den Kinosaal.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen ließ sie mich in einen der Kinosäle, wo ich mich auf einen der hinteren Plätze setzte. Der Saal erinnerte mich immer an meine Mutter, die mit mir regelmäßig ins Kino ging. Dieser Ort brachte schöne Erinnerungen zurück, und ich wurde traurig und glücklich zugleich. Glücklich über die guten Zeiten, die ich mit meiner Mutter hatte, und traurig, weil diese Zeiten vorbei waren.
Ich hörte wie Sofia draußen putzte und alles für die Nachmittagsvorstellungen herrichtete.
Als ich den ersten Tag in der Stadt war, hatte ich die Gegend erkundet und dieses Kino gefunden. Es war noch zu und daher hatte ich durch die Fenster geschaut, um einen Blick ins Innere zu erhaschen. Sofia hatte mich gesehen und gleich angesprochen. Wir verstanden uns sofort und so erfuhr ich, dass ihr Vater der Besitzer dieses Kinos war. Sie arbeitet regelmäßig dort und richtet nicht nur alles für die Vorstellungen vor, sondern verkauft auch die Karten, wenn es die Zeit zulässt. Ihre wahre Berufung bleibt aber immer die Bildhauerei.
So kam es dazu, dass ich zum Kino ging, wenn ich an meine Mutter denken wollte. Sofia verstand es, und auch wenn es nicht erlaubt war, ließ sie mich immer rein.
Nachdem ich eine Weile dagesessen hatte, kam Sofia herein und setzte sich neben mich hin.
„Wie fühlst du dich?“ fragte sie mich.
Ich zuckte mit den Schultern, denn ich wusste nicht, wie ich meine Gefühle in Worte fassen konnte.
„Heute ist der Tag, an dem du mit Anna ins Kino gehst?“ wechselte sie das Thema.
„Ja, heute um 17 Uhr. “
„Ich finde es toll, dass du sie gefragt hast. Freust du dich?“
Ich lächelte und sagte: „ Ja, ich freue mich sehr!“