Story Zirkel-Geschichten ♦ abgeschlossen ♦

Ich denke, es hat auch was mit (Selbst)Disziplin zu tun, die Hausbausachen sind auch nicht unbedingt weniger Zeitaufwand, aber da ist die Beteiligung meistens höher. Ist vermutlich auch eine Frage des Interessensfokus.

Ich denke, Häuser bauen ist aber auch was anderes als Schreiben, das kann man nicht vergleichen. Beim Schreiben ist es weniger der Zeitaufwand - es muss einfach flutschen, und wenn es das nicht tut, oder wenn man einfach keine Idee hat... Das ist beim Bauen anders, denke ich. Auch da ist vielleicht das Ergebnis nicht immer so, wie man es sich vorgestellt hat, aber die Hemmungen, eine Story zu veröffentlichen, mit der man selbst nicht so recht zufrieden ist, sind doch größer. Das sind meine Gedanken und nicht bloß ein paar Wände und Böden. ;) Das ist einfach persönlicher. Finde ich jedenfalls.

*hust* *HUST* ;-)
Du hast ja dazu geschrieben, dass du das so findest. Da kann ich das natürlich akzeptieren. Und das deutet ja auch schon darauf hin, dass du ahnst, dass es bei anderen anders sein könnte :-).

Meine Geschichte hättest du nicht lesen können, wenn ich mit ihr zufrieden sein müsste. Deinem Kommenar nach hast du ihr beim Lesen auch angemerkt, dass sie kein Herzstück ist. Schreiben liegt mir gar nicht. Es kommt nicht von Innen heraus. Mir schweben keine Geschichten im Kopf rum, die ich gerne erzählen möchte. Meine Geschichten sind konstruiert und erarbeitet, weniger erfühlt und erfunden. Ich weiß auch noch nicht, was ich aus dem Projekt mache. Es fordert etwas von mir, was ich mir nicht freiwillig aussuchen würde. Ich finde es aber eben gut, mich auch auf ungewohntem Terrain auszutesten.
Ich hatte ja von Anfang Sorge, dass mir das Inspirationsbild nicht liegen wird. Nur auf der Basis von Disziplin konnte ich daraus eine Geschichte erzeugen.

Im Gegensatz dazu, sind mir übrigens meine Bauten heilig. Sie schweben mir im Kopf rum, wie anderen wahrscheinlich eine Geschichte. Ich sehe irgendwo ein bauliches Detail und sofort konstruiere ich in Gedanken ein Simshaus daraus. Und da muss jede Wand und jedes Detail sitzen, sonst wird es nicht an die Öffentlichkeit gelassen. Ich hab schon einige sehr schöne Häuser gelöscht, weil es mir nicht gelungen ist, ein winziges Detail nach meinem Geschmack zu lösen.

Anders ist es beim Schreiben von Tutorials... da muss auch jede Info gut und deutlich rüber kommen und ich schraube auch noch Monate später immer mal an der ein oder anderen Textecke.
Aber Geschichte - hmm... ehrlich gesagt habe ich sogar arge Probleme, Geschichten mit Widerspiegelung des realen Lebens zu lesen :argh:. Das lebe und spiele (Sims) ich ja schon. Bis auf die Zirkelgeschichten habe ich in den letzten 15 Jahren nur 2 oder 3 Belletristik-Bücher gelesen. Dabei habe ich mit der Bille und Zottel-Serie, sowie der Dolly-Serie und Ronja Räubertochter einen ganz gewöhnlichen Mädcheneinstieg in die Welt der Bücher hinter mir ;-). Momo, Unendliche Geschichte und Gulivers Reisen hat allerdings schon damals angezeigt, dass es mal anders kommen wird.

Mich faszinieren Autoren, die alltägliches so geschickt in Fantasy- oder Sci-Fi-Geschichten verpacken, dass ich auf reale Dinge immer wieder neue Perspektiven erhalte. Terry Pratchett ist da ein Kandidat mit besonders ausgeprägtem Menschenverständnis und äußerst feinfühligem Sinn, Allträgliches in neuen Kleidern zu präsentieren.

Mal sehen, wie lange ihr mich und meine Konstruktionen noch ertragt ;-).

Mit fröhlichlichem Gruß
~simension|loh~
 
*hust* *HUST* ;-)
Du hast ja dazu geschrieben, dass du das so findest. Da kann ich das natürlich akzeptieren. Und das deutet ja auch schon darauf hin, dass du ahnst, dass es bei anderen anders sein könnte :-).
Irgendwie hab ich fast geahnt, dass sowas kommt... :lol:
Ja, ich kann mir durchaus vorstellen, dass es auch anders sein kann. Es gibt bei allem, was Menschen tun, einige, für die das Herzblut und Berufung und was nicht noch alles ist. Ich bin sicher, dass es z.B. Briefträger gibt, die ihren Beruf leben und darin ganz viel Sinn und Bedeutung sehen - und das ist ja auch so. Zumindest manchmal.

Meine Geschichte hättest du nicht lesen können, wenn ich mit ihr zufrieden sein müsste. Deinem Kommenar nach hast du ihr beim Lesen auch angemerkt, dass sie kein Herzstück ist.
Ähm, ich steh auf dem Schlauch. Meinst du "Nicht sein Sohn" oder bin ich jetzt total auf dem Holzweg? Wenn ja, bin ich jetzt total überrascht...
Zufrieden ist vielleicht auch nicht das richtige Wort, denn zufrieden bin ich ganz, ganz selten, und Lene hätte ich dann auch nicht posten dürfen. Mich hat total gewurmt, dass ich eigentlich nicht wusste, was ich damit wirklich sagen will. :lol: Und es war dann interessant, dass das scheinbar nicht gestört hat. :D Trotzdem gibt es da eine Grenze, und wenn ein Mindestmaß an Dahinterstehen nicht gegeben ist, kann ich meine Ergüsse dann nicht öffentlich machen. Ist mir zu peinlich. :schäm:

Meine Geschichten sind konstruiert und erarbeitet, weniger erfühlt und erfunden.
Tja, und das ist bei mir gaaaaanz anders. =) Sicher huschel ich die auch nicht bloß runter, ich arbeite da schon auch dran, aber wenn es nicht von innen kommt, geht gar nichts - und im Grunde fließen die als Ganzes, der Rest ist nur noch Feinarbeit. Und wenn der Herr der Ideen mir nicht hold ist, läuft auch nichts - dann gibt es nichts, woran ich arbeiten könnte.
Das Komische ist, dass ich in meinem Job auch kreativ sein und Ideen haben muss, aber da geht es auch mit Disziplin und harter Arbeit. Beim Schreiben nicht, das kann ich überhaupt nicht erzwingen. Das liegt aber sicher daran, wie ich schreibe. Wenn ich mich in etwas nicht einfühlen kann, funktioniert es nicht, und das kann ich eben nicht immer. Manche Themen, auch die, die ich mir selbst wähle, gehen manchmal nicht.

Ich hatte ja von Anfang Sorge, dass mir das Inspirationsbild nicht liegen wird. Nur auf der Basis von Disziplin konnte ich daraus eine Geschichte erzeugen.
Sowas bewundere ich ja. Auch Hemingway hat ganz viel an seinen Sachen gearbeitet - ich wüsste gar nicht, wie das geht. :lol: Ist wirklich zu sehr aus dem Bauch heraus bei mir. Wobei das weniger an den Bildern liegt - irgendwas fällt mir zu jedem Thema ein, und wenn nicht, wird das eben anders interpretiert. :D Aber manche Sachen wollen sich einfach nicht schreiben lassen, und dann kann ich mich kopfstellen - es klappt nicht.

Im Gegensatz dazu, sind mir übrigens meine Bauten heilig. Sie schweben mir im Kopf rum, wie anderen wahrscheinlich eine Geschichte.
Toll. Wie ich schon sagte, es gibt auf jedem Gebiet Menschen, für die das, was sie tun, Berufung ist, egal was es ist. Und das merkt man dann auch. Und dann ist der Effekt wohl derselbe - entweder kann man am Ende dazu stehen, oder man zeigt es nicht her.
Trotzdem glaube ich, dass bei selbsterfundenen Geschichten wohl mehr Leute Hemmungen haben, überhaupt was zu machen, wenn es nicht so will, als bei Bauten. Hinter Wänden kann man sich besser verstecken - aber das stimmt natürlich nicht für jeden so, da hast du schon recht. :D Mich kostet es immer Überwindung, mich so nackich zu machen... Aber vielleicht ist das vor allem deshalb so, weil ich mich sehr stark einfühlen muss, um etwas zu schreiben, und das ist immer sehr persönlich. Ich muss dort sein, ich muss genau wissen, und nicht nur intellektuell -, was die Leute empfinden, was sie denken, sonst kann ich es nicht schreiben. Ich kann zwar Kritik ganz gut verkraften, es ist immer spannend zu lesen, wie es bei anderen ankommt, das ist oft überraschend. Aber eben nur, wenn ich selbst dazu stehen kann und mir sicher bin, dass ich es auch vertreten kann, was ich geschrieben hab. Und wie. Manchmal ist es ein einziger Satz, den ich nicht preisgeben kann, wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob alles "richtig" ist.
Das ist aber nur bei Geschichten so, bei anderem Geschreibsel tu ich mich nicht so schwer.

Mich faszinieren Autoren, die alltägliches so geschickt in Fantasy- oder Sci-Fi-Geschichten verpacken, dass ich auf reale Dinge immer wieder neue Perspektiven erhalte. Terry Pratchett ist da ein Kandidat mit besonders ausgeprägtem Menschenverständnis und äußerst feinfühligem Sinn, Allträgliches in neuen Kleidern zu präsentieren.
Ha, genau sowas liebe ich auch. =) Manche schaffen es, die Dimensionen so zu vermischen, dass man Irreales ohne zu zucken akzptiert und das alles zu einer neuen, überzeugenden Wirklichkeit verschmilzt. Sowas fasziniert mich immer, und ich bin oft überrascht, wo meine eigenen Grenzen sind, was ich noch als real empfinden kann und wo es mir über die Hutschnur geht. Und wie bunt und schräg und überraschend die Realität und Vorstellungskraft mancher Leute ist...
William Gibson ist auch so einer, der kann eine Geschichte, die vollkommen realistisch ist oder zumindest sein könnte, so erzählen, dass man das Gefühl hat, man liest einen seiner Science Fiction. Toll sowas.

LG
Aminte
 
So, dann will ich auch mal eure Geschichten Kommentieren.

Vorne weg finde ich es wirklich schade, dass nur drei Geschichten abgegeben wurden. Was mir dabei noch besonders auffällt ist, zwei von den drei Autoren hatten eigentlich für Ninous ertstes Bild gestimmt und der dritte Autor hatte sich bei der Wahl enthalten :eek:.
Wo sind denn die Geschichten von denen, die für dieses Bild gestimmt haben?
Das soll jetzt keine Kritik sein, oder so. Aber mir ist es echt schwer gefallen, mir etwas für das Schienenbild zu überlegen. Für das andere hätte ich gleich eine Geschichte parat gehabt ;).

Jetzt aber zu den Kommis:

Nicht sein Sohn

Wirklich schlimm, was Barne zuhause durch machen musste. Leider ist das im richtigen Leben auch oft so.
Wahrscheinlich hat es dem Vater nicht gepasst, dass Barne nicht die "richtigen" Interessen hat. Warum die Mutter aber aufgehört hat zu ihrem Sohn zu halten, ist mir ein Rätsel.
Die Geschichte an sich ist gut geschrieben. Mir gefällt der Wechsel von Gegenwart und Vergangenheit. Allerdings finde ich Barne für einen fast volljährigen Jungen doch sehr dumm. Wie kann er nur denken, dass er allein seine Schwester aufziehen kann? Warum geht er nicht aufs Jugendamt? Die Lehrer erinnern sich mit Sicherheit noch an die vielen Verletzungen, die er immer hatte. Und das die Eltern wirklich keine Polizei einschalten, kann ich mir auch nicht vorstellen.
Alles in einem finde ich die Geschichte passend zum Inspirationsbild :)


Reise nach Indien

OhMann. Das ist wieder so eine Geschichte gewesen, die bei mir ein Gefühlschaos hervorrief.
Am Anfang wusste ich nicht gleich das Anna mit ihrem Teddy redet. Irgenwie dachte ich an einen Spielkamerad.
Der Dialog mit dem Teddy ist witzig. Dabei musste ich an Winnie Puh denken :lol:. Ich dachte noch, warum setzt sie sich ausgerechnet auf die Schienen, wenn sie doch mit fahren will. Und dann der plötzliche Wechsel. Alles wird düster. Die Angst und die Panik von Anna kommen sehr gut rüber. Die arme Kleine wurde wahrscheinlich vom Zug erfasst und sie weiß gar nicht was los ist.
Dann wieder ein Szenenwechsel. Ich denke mal Anna ist gestorben, deshalb ist alles wieder hell. Aber der Schluss ist wieder rätselhaft, wurde sie wiederbelebt, weil Teddys Pfote nass ist? Oder geht sie mit ihm zusammen "ins Licht"?
Mir gefällt die Geschichte richtig gut.


So, weil ja sowieso schon jeder weiß welche Geschichte von wem ist ;), werde ich gleich mal eure Kommis beantworten.

@ Aminte:
Einziger "Kritikpunkt": leuchtend blaue Augen, Erik von Mühlheim, Galerieinhaber... Das ist mir zuviel Groschenroman. :lol:
Ja, sowas ähnliches dachte ich mir auch beim schreiben :lol:

Blaue Augen haben es mir angetan, obwohl so wie du das beschreibst mit zwei verschiedenen Farben, das hat was ;)
Nur weil Erik ein "von" im Namen hat, heißt es aber nicht, dass er reich ist. Vielleicht ist er ja ein armer Künstler.
Naja, wohl eher nicht, schließlich gehört ihm die Gallerie :ohoh:

Ich fand das ganze Ende sehr kitschig. Da ging es mir beim schreiben genauso wie dir beim lesen. Aber da die Geschichte schon sehr depressiv anfängt, wollte ich am Ende eine andere Stimmung (zumal ich mich beim schreiben der traurigen Stellen selbst in diese Stimmung versetzt hatte :ohoh:).
Schön das dir gefällt wie Katja durch das Bild aus ihrem Tief kommt.


@ animefan:
Ja, leider gibt es immer wieder solche schrecklichen Tragödien und oftmals finden die Betroffenen nicht wieder zurück in den Alltag.
Das Ende kam dann so plötzlich, weil ich nicht wieder so eine lange Geschichte schreiben wollte. Ich hätte noch mehr schreiben können, aber dann wärs vermutlich wieder ein halber Roman geworden.
Das finde ich übrigens besonders schwer an diesen Kurzgeschichten. Nicht zu sehr ausschweifen und doch ein passables Ende finden.


Noch mal einen lieben Dank an alle Autoren für eure tollen Geschichten und alle die die dieses Projekt verfolgen. Ich hoffe ja, das das Projekt nicht ausstirbt und wir bald eine dritte Runde eröffnen können.

PS: Soweit ich weiß, kann jeder mitmachen! Also, wie wäre es bei der dritten Runde einzusteigen ;)

LG
kristallika
 
Das finde ich übrigens besonders schwer an diesen Kurzgeschichten. Nicht zu sehr ausschweifen und doch ein passables Ende finden.

Wir nennen es zwar Kurzgeschichte, nach Verlagsregeln wären sie jedoch zu kurz. Da hat eine Geschichte ~ 10 Seiten, also eher so wie deine erste. Andererseits paßt die Form, die wir fürs Projekt wählen besser und stellt in gewisser Weise auch eine besondere Art der Herausforderung dar. Auf Twitter gabs mal einen 160 Zeichen Kurzgeschichten WB :lol:

Wobei ich da vermutlich passen müßte.
 
Ich fand das ganze Ende sehr kitschig.
Jein. :D So kitschig fand ich es eigentlich gar nicht, das sind nur Nuancen. Ich finde es nicht mal so unwahrscheinlich, dass der Fotograf des Bildes auf sie aufmerksam wird - ich würde auch neugierig werden, wenn jemand jeden Tag kommt, um immer wieder dieses Bild zu betrachten. Und ich denke auch, dass, wenn man diesen Jemand dabei beobachtet, man dann auch merkt, dass da irgendeine Veränderung vor sich geht.
Und das Problem mit dem Ende kenne ich nur zu gut, das ist so schwer, besonders bei so kurzen Kurzgeschichten. :lol: Und dass du bei der Vorgeschichte das ganze gut ausgehen lässt, finde ich auch völlig okay, noch mehr Tragik und Drama wäre auch wieder zuviel, und das würde auch ausufern, da müsste man eben wirklich mehr erzählen.
Aber alles andere ist wirklich sehr schön und überhaupt nicht kitschig, das ist sehr anrührend. Und es sind ja wirklich oft so kleine Dinge, die einem in so einer Krise helfen. Und das hast du wunderbar rübergebracht, dieses langsame ins Leben zurückfinden. Auch die Rückblicke fand ich sehr gut, kurz, aber sehr prägnant. Nicht übertrieben, aber ihr Schmerz und ihre Verzweiflung sind gut nachzuempfinden.

OhMann. Das ist wieder so eine Geschichte gewesen, die bei mir ein Gefühlschaos hervorrief.
Ziel erreicht. =)
Alles wird düster. Die Angst und die Panik von Anna kommen sehr gut rüber. Die arme Kleine wurde wahrscheinlich vom Zug erfasst und sie weiß gar nicht was los ist.
Nein, der Zug hat nichts mit der Realität zu tun, das war ein stinknormaler - aber natürlich schwerer - Unfall auf der Straße. Die Schienen "phantasiert" sie. Aber im Grunde ist das auch egal, darauf kommt es nicht an.
Dann wieder ein Szenenwechsel. Ich denke mal Anna ist gestorben, deshalb ist alles wieder hell. Aber der Schluss ist wieder rätselhaft, wurde sie wiederbelebt, weil Teddys Pfote nass ist? Oder geht sie mit ihm zusammen "ins Licht"?
Ich weiß nicht, wann man wirklich gestorben ist. Klinisch dürfte sie, zumindest in dem Moment ihres zweiten Besuchs an diesem Ort, tot sein. Aber das ist ja nicht unbedingt endgültig.
Und wie es weitergeht... Ich hab es mehr oder weniger offen gelassen, das kann sich jeder so zusammenreimen, wie es ihm tröstlicher erscheint. Aber ich weiß es natürlich. ;)
Ich war mir auch nicht sicher, ob es nicht zu rätselhaft ist, aber hab mich dann doch entschlossen, es so offen zu beenden. Ein Mysterium ist das alles sowieso, und da hat eh jeder seine eigenen Vorstellungen.

Mir gefällt die Geschichte richtig gut.
Dankeschön. :schäm:

Wir nennen es zwar Kurzgeschichte, nach Verlagsregeln wären sie jedoch zu kurz.
Wen kümmern schon Verlagsregeln? Wir erfinden eine neue und nennen es Ultrakurzgeschichte. :lol:
 
Ich finde es nicht mal so unwahrscheinlich, dass der Fotograf des Bildes auf sie aufmerksam wird - ich würde auch neugierig werden, wenn jemand jeden Tag kommt, um immer wieder dieses Bild zu betrachten.

Da muss man nicht mal jeden Tag hingehen. Ich war auch mal auf 2 Ausstellungen, wo der Schöpfer anwesend war und da wurde ich auch drauf angesprochen, weil ich da vor einem bestimmten Bild so lange stand. War sehr interessant, sich dann mit dem Künstler/in zu unterhalten und die Entstehungsgeschichte zu erfahren.

Wen kümmern schon Verlagsregeln? Wir erfinden eine neue und nennen es Ultrakurzgeschichte. :lol:

Genau =)
 
Ich finde es nicht mal so unwahrscheinlich, dass der Fotograf des Bildes auf sie aufmerksam wird - ich würde auch neugierig werden, wenn jemand jeden Tag kommt, um immer wieder dieses Bild zu betrachten. Und ich denke auch, dass, wenn man diesen Jemand dabei beobachtet, man dann auch merkt, dass da irgendeine Veränderung vor sich geht.

Genau so ist es auch gewesen. Katja ist ihm zwar gleich aufgefallen als sie das erste mal da war. (Ist ja auch kein Wunder, man fällt schon auf, wenn man triefend nass in einer Gallerie voller schick gekleideter Leute steht) Aber angefangen sich für sie zu interessieren, hat er erst als sie zurück ins Leben fand und das auch nach außen ausstrahlte.


Aber alles andere ist wirklich sehr schön und überhaupt nicht kitschig, das ist sehr anrührend. Und es sind ja wirklich oft so kleine Dinge, die einem in so einer Krise helfen. Und das hast du wunderbar rübergebracht, dieses langsame ins Leben zurückfinden. Auch die Rückblicke fand ich sehr gut, kurz, aber sehr prägnant. Nicht übertrieben, aber ihr Schmerz und ihre Verzweiflung sind gut nachzuempfinden.
Dankeschön :)


Nein, der Zug hat nichts mit der Realität zu tun, das war ein stinknormaler - aber natürlich schwerer - Unfall auf der Straße. Die Schienen "phantasiert" sie. Aber im Grunde ist das auch egal, darauf kommt es nicht an.
Achso, ein Autounfall :eek:. Da wäre ich jetzt nicht drauf gekommen. Ich habe wirklich gedacht, sie ist vom Zug überfahren worden


Ich weiß nicht, wann man wirklich gestorben ist. Klinisch dürfte sie, zumindest in dem Moment ihres zweiten Besuchs an diesem Ort, tot sein. Aber das ist ja nicht unbedingt endgültig.
Und wie es weitergeht... Ich hab es mehr oder weniger offen gelassen, das kann sich jeder so zusammenreimen, wie es ihm tröstlicher erscheint. Aber ich weiß es natürlich. ;)
Ich war mir auch nicht sicher, ob es nicht zu rätselhaft ist, aber hab mich dann doch entschlossen, es so offen zu beenden. Ein Mysterium ist das alles sowieso, und da hat eh jeder seine eigenen Vorstellungen.
Ich denk schon, sie war klinisch tot. _Und kommt dann zurück ;)
Ich finde es gut, dass du das Ende mehr oder weniger offen gelassen hast. So kann sich jeder seinen Schluss ausdenken. Es rundet die Geschichte einfach ab


Bitteschön :)
 
Da muss man nicht mal jeden Tag hingehen. Ich war auch mal auf 2 Ausstellungen, wo der Schöpfer anwesend war und da wurde ich auch drauf angesprochen, weil ich da vor einem bestimmten Bild so lange stand. War sehr interessant, sich dann mit dem Künstler/in zu unterhalten und die Entstehungsgeschichte zu erfahren.
Das würde ich aber als normale Publicity-Arbeit einstufen. Bei einer Vernissage, wo der Künstler anwesend ist, ist es nun mal seine Aufgabe, die Besucher ein bisschen zu hätscheln. :D Und das ist auf jeden Fall einfacher und interessanter für den Künstler, wenn er merkt, dass sich jemand wirklich interessiert. Ein bisschen Narzissmus steckt in uns allen... :lol:

Aber angefangen sich für sie zu interessieren, hat er erst als sie zurück ins Leben fand und das auch nach außen ausstrahlte.
Genauso hab ich mir das auch vorgestellt. Und irgendwie kann ich mir auch vorstellen, dass sich daraus wirklich was entwickelt. Sie "interessiert" sich für seine Tochter - und offensichtlich liebt er seine Tochter, das hört man deutlich raus. Ich glaube, dass so etwas eine emotionale Verbindung schafft. Und irgendwie denke ich, dass er auch Witwer ist - das passt zu dem Kitschfaktor =), und überhaupt würde es gut passen -, und auch das wäre eine starke Verbindung.

Auch bitteschön. :D

Achso, ein Autounfall :eek:. Da wäre ich jetzt nicht drauf gekommen. Ich habe wirklich gedacht, sie ist vom Zug überfahren worden
Darauf kann man auch nicht kommen, stelle ich fest. :rolleyes: Das sind so die Patzer, ich hab nicht mal erwähnt, dass sie auf einer Straße liegt. Mir war das ja sonnenklar... :lol: Aber das ist zum Glück wirklich nicht wichtig, wichtig ist nur, dass klar ist, dass es ein schwerer Unfall war. Im Kopf war die Geschichte auch länger und mehr ausgeschmückt, besonders die Realitätsszene, aber ich konnte das gar nicht aufschreiben... Das kommt davon, wenn man auf solche Ideen kommt.

Ich denk schon, sie war klinisch tot. _Und kommt dann zurück ;)
Für mich ist der Griff nach der - nassen - Pfote ein Griff in die Realität. Nur ist mir leider beim Schreiben dauernd durch den Kopf gegangen, was sie dort erwartet... Auch ein Grund, warum ich an der Stelle aufhören musste. Ich weiß nicht, ob der Gedanke, dass sie zurückkehrt, wirklich so tröstlich ist.
 
Autoren-Zirkel: Runde 3


Vielen Dank an Ninou für das Erstellen des 3ten Inspirationsbildes:



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Die Teilnehmer der dritten Runde waren folgende Autoren:

Esperanza
kristallika

Die Reihenfolge der Geschichten entspricht nicht der Reihenfolge der Autorenliste und ist zufällig gewählt.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

Hinweis:

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Alle Rechte liegen beim jeweiligen Autor der Geschichte. Es ist Dritten untersagt, die hier vorgestellten Geschichten auszugsweise, vollständig oder in abgewandelter Form an anderer Stelle (Internet und/oder Print) zu veröffentlichen. Für die Verwendung der hier vorgestellten Geschichtenbenötigen Dritte die schriftliche Genehmigung des Autors der entsprechenden Geschichte.


 
Zuletzt bearbeitet:
Memories

Memories

Man sagt, ein Mensch kann sich erst ab dem dritten Lebensjahr an seine frühkindlichen Erlebnisse erinnern. Alles andere sollen nur Bruchstücke aus Träumen und Erzählungen sein.
Ich sage, meine erste Erinnerung ist, als ich zweieinhalb war.
Mein kleiner Bruder war gerade erst geboren und alle Verwandten fanden das neue Baby „so süß“ und „so niedlich“. Alle kamen von weit her, um den neuen Erdenbürger zu besuchen. Bisher war ich immer die kleine Süße und Niedliche in der Familie, aber seit ein paar Tagen war es damit vorbei und kaum jemand, außer meinen Eltern, beachtete mich noch. Als wir meine Mutter und das Baby aus dem Krankenhaus abholten, fuhren wir zu meiner Oma aufs Land. Oma Gertie konnte nicht mehr so gut laufen und hatte deshalb Mama und Baby Paul nicht besuchen können. Ich weiß noch wie sehr ich mich auf Oma freute, sie backte immer so tolle Plätzchen wenn wir zu Besuch kamen und ihr Haus roch dann herrlich nach Zimt und Vanille. Natürlich wusste ich damals noch nicht, daß es die Backaromen waren, die so gut rochen und dachte immer, dass meine Oma so duftete.
Als wir an dem alten Bauernhaus ankamen, wartete Oma bereits an der Tür auf uns. Mein Vater schnallte mich aus dem Kindersitz ab und ich rannte so schnell ich konnte zu meiner Oma. Sie nahm mich freudig strahlend auf den Arm und gab mir einen dicken Kuss auf die Backe. Ich blickte schon gierig auf die Tasche an ihrer Schürze und Oma wusste gleich, was ich wollte. Sie steckte die Hand in ihre Tasche und zog eines dieser köstlichen Plätzchen heraus. Ich war glücklich.
Am nächsten Tag kümmerten sich wieder mal alle um das Baby. Oma Gertie hatte ein paar Nachbarn eingeladen, um ihren neuen Enkel vorzustellen, und alle saßen am Kaffeetisch. Ich kann mich gut daran erinnern, wie sehr ich mich langweilte. Ein paar Mal ging ich zu meinen Eltern und wollte mit ihnen spielen, aber ich wurde immer wieder weg geschickt. Mama gab mir ein Puzzle zur Beschäftigung, aber auch das war mir zu langweilig. Als alle im Gespräch vertieft waren, schlich ich mich aus dem Esszimmer und ging nach nebenan in die Wohnstube. Ich wusste ganz genau, daß ich dieses Zimmer allein nicht betreten sollte, aber das war mir jetzt egal. Mein Ziel war die tolle Porzellanpuppe, die Oma Gertie auf ihrer Kommode aufbewahrte. Ich durfte eigentlich nicht mit dieser Puppe spielen, weil sie ein Erbstück von Oma Gerties Oma und sehr zerbrechlich war. Aber immer wenn ich zu Besuch war, bettelte ich darum, doch mal mit ihr spielen zu dürfen.
Jetzt war meine Gelegenheit gekommen. Schon als ich das Zimmer betrat, sah ich das rote Kleid der Puppe leuchten und ich ging leise zur Kommode. Leider musste ich feststellen, daß der Schrank zu hoch für mich war und ich überlegte, wie ich trotzdem an die Puppe ran kommen konnte. Mein Blick fiel auf einen kleinen Hocker und ich zog ihn bis an den Schrank heran. Es war eine ziemliche Kraftanstrengung für mich und der Hocker machte quietschende Geräusche auf dem Holzfußboden. Ständig machte ich Pausen und lauschte, ob einer der Erwachsenen mich gehört hatte und auf dem Weg zu mir war, um mich auszuschimpfen. Aber niemand kam. Also stieg ich auf den Hocker und streckte die Arme aus. Mein Herz klopfte vor Aufregung, als meine Hände die Puppe fast erreichten. Ein Stückchen fehlte noch und ich beugte mich etwas nach vorne. Da passierte es. Die Sitzfläche des Hockers drehte sich weg und ich verlor das Gleichgewicht. Ich versuchte, mich noch am Griff der Schranktür festzuhalten und fiel mit einem lauten Poltern auf den Boden. Noch bevor ich anfangen konnte zu schreien, kamen alle angerannt, um mir zu helfen. Völlig erschrocken fing ich an zu weinen und meine Mutter nahm mich auf den Arm. Erst dann bemerkte ich das Blut an meinem Knie und weinte dann noch lauter.
Von diesem Tag an fühlte ich mich nicht mehr vernachlässigt. Alle kümmerten sich gleichermaßen um mich und das Baby und ließen mich auch nicht mehr aus den Augen. Die Porzellanpuppe durfte ich bis heute, fünfundzwanzig Jahre später, noch nicht anfassen und immer, wenn ich Oma Gertie besuchte, stand ich vor der Puppe und betrachtete sie lange. An meinem Knie habe ich immer noch eine Narbe von dem Sturz und mit meinem Bruder Paul verstehe ich mich mittlerweile prächtig.
Warum ich euch diese Geschichte erzähle? Oma Gertie ist vor einem Monat gestorben, ich habe sehr getrauert und mich an alle schönen Momente mit ihr erinnert. Heute war ihre Testamentsvollstreckung. Ich habe ihre Porzellanpuppe geerbt und werde sie auf immer behüten.
 
Wege der Liebe

Wege der Liebe



-SOPHIE-

„Bis nachher, mein Engel!“
Sophie gab ihrer Tochter Jenny einen Kuss, den Jenny schnell erwiderte und schon verschwand sie bei ihren neuen Freundinnen und begann zu spielen. Sophie musste lächeln. Noch vor wenigen Wochen war es jeden Tag aufs Neue ein Krampf gewesen, Jenny das Kindergartenleben schmackhaft zu machen und das weinende und schreiende Mädchen zu ignorieren, wenn es sich, den Knöchel umkrallend, Richtung Ausgang ziehen ließ. Doch diese Tage waren vorbei, Jenny hatte den neuen Kindergarten akzeptiert und dort ein paar Freunde gefunden, sodass sie die Abwesenheit von Mutter Sophie gar nicht mehr zu bemerken schien.

Sophie fuhr nach Hause an diesem Freitagmorgen und öffnete die Haustür. Der Geruch neuer Möbel und Farbe drang in ihre Nase und sie legte die Schlüssel auf einen Stapel Umzugskartons, den sie noch immer nicht ausgeräumt hatte. Seufzend zog sie ihre Jacke aus, hängte sie an die neue Garderobe und machte sich in der Küche einen Kaffee ohne Milch oder Zucker.
„Schwarz wie meine Stimmung.“, murmelte sie und ließ sich auf die Couch fallen.
Wie hatte es nur so weit kommen können?
Gerade noch hatte sie ihre Hochzeit mit Michael gefeiert und sich ein Jahr später auf die Geburt von Jenny vorbereitet – und nun war ihr Leben ein Scherbenhaufen, ihre Scheidung stand an und Michael war das Sorgerecht entzogen worden. Der Prozess steckte Sophie noch immer in den Knochen. Wie zermürbt Michael ausgesehen hatte mit seinen Augenringen und der geduckten Haltung. Irgendwie tat er ihr ja leid, aber den Prozess hatte er sich selbst zuzuschreiben.
„Wer eine Gefahr für das Wohl seines Kindes darstellt, darf das Sorgerecht nicht ausüben.“, wiederholte Sophie ihre Anwältin. Sie blickte auf die Uhr. In einer Stunde hatte sie ihren Termin bei Dr. Farmer-Hohlbach, dem Psychologen ihres Vertrauens. In drei Zügen leerte Sophie ihre Kaffeetasse und stand auf. Sie nahm eine Dusche, fönte sich die Haare und fuhr pünktlich um viertel vor neun los.

Eine Stunde lang sprach sie mit Dr. Farmer-Hohlbach über das Vergangene, wie Michael die ganze Familie belogen hatte, über seine Spielsucht, seine Aggressionen, sein Trinkverhalten. Als die Sitzung beendet war, fühlte sich Sophie leer und müde, also begab sie sich zurück in die Wohnung und schlief zwei Stunden. Anschließend erledigte sie das Wichtigste im Haushalt und fuhr wieder zum Kindergarten, um Jenny abzuholen.

Als sie in den Gemeinschaftsraum kam, in dem sich auch die Erzieherinnen befanden, wurde sie mit Staunen begrüßt.
„Frau Meier, was machen Sie denn hier?“ fragte eine der Erzieherinnen, deren Namen sich Sophie nie merken konnte.
„Jenny wurde schon abgeholt.“


-MICHAEL-

Es war alles viel leichter gegangen, als Michael es sich vorgestellt hatte. Jenny hielt seine Hand ganz fest umklammert und schaute ihn unentwegt an, stets mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. Es waren bestimmt schon drei oder vier Monate, die sie sich nicht gesehen hatten, seit Sophie mit ihr weggezogen war, für so ein Kind war das sicherlich eine Ewigkeit.
Er klingelte und es dauerte ein wenig, bis er Bewegungen hinter der Tür wahrnahm. Unruhig sah Michael sich um, ob man ihn beobachtete. Doch dies schien nicht der Fall zu sein. Dennoch war Michael erleichtert, als endlich die Tür geöffnet wurde und Michael mit Jenny schnell eintrat.
„Omaaaa!“ kreischte Jenny im Freudentaumel und umarmte Michaels Mutter so fest es ihre kleinen Arme konnten. Gisela kamen die Tränen, als sie ihre Enkelin umarmte, aber sie starrte die ganze Zeit in Michaels Gesicht, unfähig, ihre Verwunderung und Angst zu verbergen.
„Wir wollten uns nur kurz verabschieden.“, erklärte Michael und tauschte wissende Blicke mit seiner Mutter aus. Sie schüttelte den Kopf, sah zu Jenny und strich ihr über den Kopf.
„Jenny, mein Schatz, hör mal zu. Du weißt doch noch, dass Oma immer Spielzeug für dich hat, oder? Lauf mal in das Kinderzimmer und hol der Oma mal den kleinen braunen Teddy.“ Jenny grinste, wie eigentlich immer, und rannte los. Gisela nutzte die Gelegenheit, und redet auf Michael ein.
„Du weißt, dass du das nicht darfst.“
„Ich weiß.“
„Michael, es ist verboten! So etwas nennt man Kindesentführung. Wo wollt ihr überhaupt hin?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Bei dir werden sie zuerst nachfragen und es ist besser, wenn du nichts weißt.“
Gisela schüttelte erneut den Kopf und lief unruhig im Flur auf und ab.
„Du weißt, dass Sophie und ich uns nie leiden konnten, aber einer Mutter ihr Kind zu entziehen…“ – „Und einem Vater das Kind zu entziehen ist in Ordnung?!“ Michael hatte Mühe, gefasst zu bleiben.
„Mama, ich vermisse Jenny in jeder Sekunde des Tages. Ich vermisse ihr Lachen, ihre blonden Locken, ihre Fragen, ja sogar ihre Wutanfälle. Sophie hat mir alles genommen, was meinem Leben noch einen Wert gegeben hat. Von wegen Gefahr für das Wohlergehen! Ich könnte niemals Jenny etwas antun, und das weißt du. Sophie sollte das auch wissen.“
Michaels Mutter fasste ihn an der Hand.
„Ich weiß, mein Schatz. Aber wenn du die Therapie erfolgreich abschließt, darfst du sie sicherlich wiedersehen.“
Michael schnaubte verächtlich.
„Pah, Therapie! Ich bin doch nicht krank. Ich brauche nur einfach nicht mehr spielen gehen und den Alk nicht anrühren, dafür brauche ich keine scheiß Therapie!“

Jenny kam in diesem Moment mit dem Teddy wieder und drückte ihn ihrer Oma in die Hand, die erneut liebevoll über das Haar der Vierjährigen strich, das mit einem eleganten Zopfband festgehalten wurde. Die angespannte Stimmung war spürbar.
„Jenny, wir fahren jetzt los. Sag der Oma mal tschüss.“
Jenny sah ihren Vater traurig an.
„Will nicht gehen.“
„Bitte Jenny, wir haben noch was ganz tolles vor heute und später siehst du Oma dann wieder, in Ordnung?“ Gisela fing fast an zu weinen, denn ihr war klar, dass ihr Sohn seine Tochter belog. Jenny schien sich aber mit dieser Erklärung abzufinden.
„Ich muss aber noch Hasi holen.“, erklärte sie ihrem Vater dann und sah zu ihrer Oma. Hasi war ein altes Kuscheltier, das immer auf der Kommode im Esszimmer saß, seit Jenny nicht mehr ihren Vater sehen durfte und somit auch keinen Kontakt zu ihrer Großmutter hatte.
„Gut, hol Hasi, und dann gehen wir los.“
So schnell sie konnte rannte Jenny in das Wohnzimmer und zog das alte Kuscheltier von der Kommode. Überglücklich das Kuscheltier an sich drückend rannte sie zurück.
„Fertig!“ lachte sie und Michael musste sich beherrschen, sie nicht in den Arm zu nehmen und nie wieder loszulassen. Er wand sich zum Gehen.
„Ich melde mich irgendwann.“, sagte er zum Abschied und drückte seiner Mutter einen Kuss auf die Wange.
„Pass auf euch.“
„Du wirst uns doch nicht verraten?“
Gisela seufzte.
„Ich heiße es nicht gut, was du tust, aber ich kann dich nicht hindern.“
Michael nickte, nahm Jenny auf den Arm und verließ das Haus. Die beiden stiegen in sein Auto und Gisela sah ihnen traurig nach.


-SOPHIE-

Sophie wäre beinahe in Ohnmacht gefallen, als die Erzieherin ihr berichtete, dass Jennys Vater sie heute abgeholt habe, vor einer halben Stunde etwa. Sie machte sich Vorwürfe, die Erzieherinnen im Vorfeld nicht gewarnt zu haben, dass Jenny ausschließlich von ihr und niemals von ihrem Vater abgeholt werden dürfe, aber gleichzeitig ärgerte sie sich über die ganze Belegschaft. Seit Monaten wurde Jenny immer von ihr abgeholt, warum solle plötzlich ein angeblicher Vater auftauchen? Aber Sophie hatte keine Zeit oder Nerven, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Sie ließ sich eine Beschreibung des Mannes geben, die auf Michael passte und überlegte, was sie nun tun sollte. Die Polizei informieren? Würden die überhaupt etwas unternehmen? Wie sollte sie Michael nun finden und was hatte er mit Jenny vor?
Von Panik ergriffen und krank vor Sorge rief sie zuerst bei der Polizei an und schilderte dort den Vorfall. Die zuständige Beamtin versicherte ihr, dass Hilfe bereits unterwegs war und stellte einige Fragen, die sich auch Sophie schon gestellt hatte: Ob sie eine Idee habe, wo Michael mit Jenny hingefahren sein könne, ob sie denke, Jenny sei in Gefahr, ob es Menschen gab, die Michael sehr nah standen und an die man sich wenden könne.
Sophie fiel Michaels Mutter ein, die immer bemüht war, ein inniges Verhältnis zu Michael zu halten, während sie Sophie immer ablehnend gegenüberstand. Ihre Hochzeit war ihr ein Dorn im Auge gewesen und Gisela hatte nie auch nur den Versuch gestartet, die Differenzen beiseite zu legen. Dennoch setzte Sophie ihre Hoffnungen auf sie und fuhr zu Giselas Haus, wohin sie auch die Polizei bat.

Der Besuch brachte wenig neue Erkenntnisse. Gisela war die ganze Zeit über den Tränen nahe und gestand auch, dass Michael sie gerade besucht habe mit der Kleinen, aber ihr nicht gesagt hatte, wo er mit ihr hin wolle.
„Bitte tun Sie ihm nichts, wenn Sie ihn finden.“, bat Gisela einen der Polizisten und weinte erneut. „Er ist nicht er selbst, er macht eine Therapie und dann wird alles gut, wissen Sie. Er will Jenny doch nichts tun, er will sie nur sehen…“ Ihre Stimme erstickte unter weiteren Tränen, die Sophie allerdings kalt ließen. Sie kannte Giselas Spielchen und wusste, dass sie ihr, Sophie, alles in die Schuhe schieben würde und ihr nie verzeihen würde, eine einstweilige Verfügung durchgesetzt zu haben.

Plötzlich ging ihr ein Licht auf.

„Er ist beim Flughafen!“

Wieso war sie nicht schon früher auf die offensichtlichste Lösung gekommen? Schließlich hatte seine Schwester eine Ferienwohnung in Marseille und er hatte einen Zweitschlüssel. Vermutlich würde er dort erst unterkommen und sich dann in der Nähe etwas Neues suchen. Das war der Vorteil, wenn der eigene Mann das gemeinsame Kind entführte: Man konnte sich in den Täter überaus gut hineinversetzen.

Mit lauten Sirenen fuhr Sophie im Polizeiwagen mit, um möglichst schnell zum Flughafen zu gelangen, der etwa eine halbe Autostunde entfernt lag. Unterwegs überprüfte sie mit ihrem Handy die Abflugszeiten nach Marseille und entdeckte, dass tatsächlich am heutigen Tag ein Flug nach Marseille ging und der Abflug in zwei Stunden sein sollte. Sophie steckte ihr Handy wieder in ihre Tasche und schloss die Augen. Sie versuchte, das beklemmende Gefühl in ihrer Brust zu ertragen und zu verhindern, dass sie in Panik ausbrach. Die Polizei war auf ihrer Seite und sie hatten gute Chancen, dass Michael tatsächlich mit Jenny am Flughafen war und sie hatten genug Zeit, um sie zurückzuholen. Die Zeit verging viel zu langsam und Sophies Ungeduld steigerte sich mit jeder Minute, aber dann kamen sie endlich an, parkten direkt vor dem Eingang und Sophie sprang mit drei Polizisten im Schlepptau aus dem Wagen und rannte in die Eingangshalle.

-Michael-

Nervös legte Michael seinen Personalausweis und den Kinderreisepass von Jenny auf die Vorrichtung und dankte Gott in Gedanken, dass er den Reisepass seines Kindes behalten hatte, weil Sophie vergessen hatte, ihn ihm abzunehmen. Jenny schaute sich neugierig um. Sie hatte einmal nach ihrer Mutter gefragt, aber nachdem Michael ihr versichert hatte, dass sie sie heute Abend wiedersehen würden und die beiden nun einen kleinen Vater-Tochter-Ausflug machen würden, hatte sie Ruhe gegeben und war friedlich mitgegangen.
„Bitte legen Sie Ihre Jacke und alle Metallgegenstände in diesen Kasten, auch Ihren Gürtel. Ist in diesem Rucksack ein Laptop?“ sprach ihn einer der Flughafenmitarbeiter an. Michael schüttelte den Kopf. Er legte wie aufgefordert seine Habseligkeiten in den Kasten.
„Oh, Moment bitte, da ist noch eine Flasche drin.“ Fiel ihm ein und er nahm die Flasche mit irgendeinem süßen Milchmix den sich Jenny vorhin gewünscht hatte aus dem Rucksack und stellte die Flasche auf den Mülleimer.


-Sophie-

Nach Luft ringend kam Sophie zum Halt. Der Flug nach Marseille ging von Gate 8 und Sophie sah gerade noch, wie Michael eine Flasche auf einen Mülleimer stellte und durch die Kontrolle gehen wollte. Jenny war bei ihm und schaute sich in der Gegend um.
„JENNY!“ schrie Sophie und ihre Stimme überschlug sich. Andere Fluggäste blieben stehen und drehten sich zu ihr um und die Polizisten machten schnell den Mann aus, der das Kind entführen wollte. Jenny blickte umher und sah Sophie dann. Freudig winkte sie und wollte zu Sophie laufen, aber Michael hielt sie zurück.
„Keinen Schritt weiter!“ rief er den Polizisten zu, nahm die leere Glasflasche vom Mülleimer und schlug damit an eine Steinsäule, sodass die untere Hälfte absplitterte. Die spitzen Enden der abgebrochenen Flasche hielt er an Jennys Hals, mit der anderen Hand umfasste er sie fest, sodass sie sich nicht wehren konnte. Jenny erschrak und schrie los, sie weinte und rief nach ihrer Mutter. Die Polizisten erstarrten vorerst, wollten sie doch das Kind nicht gefährden.
Sophie ging langsam auf Michael zu. Es erschien ihr plötzlich alles in Zeitlupe, sie nahm die fassungslosen Passanten um sich herum nicht mehr war, sondern sah nur ihr geliebtes Kind und ihren augenscheinlich verrückten Exmann.
„Michael…“
„Keinen Schritt weiter, habe ich gesagt!“ Michael war sichtlich nervös, eine dicke Ader auf seiner Stirn pulsierte. Jenny wimmerte.
„Michael, bitte, du tust niemandem einen Gefallen mit deinem Verhalten.“ Sophie ging einen weiteren Schritt auf ihn zu. Sie überlegte fieberhaft, wie sie ihre Sätze formulieren sollte.
„Michael, bitte. Sei doch vernünftig! Jenny zu entführen ist nicht nur illegal, sondern macht sie unglücklich. Sie braucht ihre Mutter.“

„Sie braucht ihren Vater und den hast du ihr genommen!“ Michael drückte das Glas ein wenig stärker an Jennys Hals. Sophies Herz raste. Jenny kniff die Augen zusammen.
„Sie braucht uns beide, du hast Recht.“, sagte Sophie nun, denn mit logischen Argumenten würde sie nicht weiterkommen.
„Sie braucht aber einen Vater, der sie nicht entführt. Einen Vater, der sie nicht bedroht und einen Vater, der niemals nach Alkohol stinkt oder sein Geld verspielt. Mit deinem jetzigen Lebensstil machst du Jenny unglücklich.“ Sophie machte einen weiteren Schritt auf Michael zu, es trennten sie nur noch wenige Meter.
Michael schien nachzudenken. Sophies Worte schienen ihn zu bewegen.
„Jenny.“, sagte er, ohne Sophie oder die Polizisten aus den Augen zu lassen. Jenny öffnete die Augen und schaute ängstlich hoch zu ihrem Vater.
„Jenny, hast du Angst vor mir?“ Michaels Augen füllten sich mit Tränen.
Jenny nickte vorsichtig, am ganzen Körper zitternd.
Michaels Auge zuckte, er umklammerte die Flasche und schien für eine kurze Zeit nicht zu wissen, wie er sich nun verhalten sollte. Tränen liefen ihm über das Gesicht. An Jenny gerichtet schluchzte er: „Jenny, mein Schatz, ich will dir nicht weh tun, du brauchst keine Angst vor mir haben. Ich will dich nur bei mir haben. Ich liebe dich doch!“
„Ich dich auch, Papi.“, flüsterte Jenny, deren Augen aber noch immer vor Angst geweitet waren.

Michael ließ die Flasche fallen, die in unzählige Stücke zersprang und lockerte den Griff um Jenny. Das Mädchen befreite sich und lief weinend zu ihrer Mutter, die sie in den Arm nahm und ganz fest drückte. Gleichzeitig lösten sich die Polizisten aus ihrer Starre und überwältigten Michael, der keinen Widerstand leistete. In Handschellen wurde er an den beiden vorbeigeführt. Ganz nah bei Sophie blieb Michael stehen. Seine Augen waren von den Tränen gerötet, er sah aus wie ein gebrochener Mensch.
„Bitte, Sophie, nimm mir nicht meine Tochter.“ Seine Stimme war tränenerstickt. Sophie drückte Jenny fest an sich und sah Michael in die Augen.
„Jenny wird dich sehen, wann immer sie will, aber nur in meiner Begleitung und nur wenn du eine Therapie machst.“
Es war das letzte Mal, das Jenny ihren Vater sah.
 
Dann will ich hier mal meinen Kommi da lassen.

Wege der Liebe:
Also der Titel hat meine Erwartungen erst mal in eine andere Richtung gelenkt :)
Die Geschichte ist gut geschrieben und liest sich flüssig. Am Anfang hatte ich sogar Mitleid mit dem Vater. Es gibt schießlich immer 2 Seiten einer Geschichte und zuerst war nicht ganz klar warum Michael seine Tochter nicht sehen durfte. Im Laufe der Handlung hat sich dann herauskristallisiert, daß es durchaus einen Grund gab, warum er die kleine Jenny nicht besuchen durfte.
Warum er dann am Flughafen derart austickte und seiner eigenen Tochter eine zersplitterte Flasche an die Kehle hielt, bleibt wohl für normal denkende Menschen ein Geheimnis. Leider ist sowas zu oft Realität.
Und dann noch fragen: „Jenny, hast du Angst vor mir?“
Nein, wie kommt er denn darauf????
Die Kindergärtnerin bekommt sicher auch noch Ärger, weil sie das Kind einfach einem Fremden mit gibt. Bei uns geht das nicht, die geben Kinder nur an Leute raus, wenn diese vorher von den Erziehungsberechtigten persöhnlich vorgestellt wurden.

Vielen Dank für deine Geschichte. Es war wieder spannend zu lesen, was für Geschichten andere in dem Inspirationsbild entdecken.

LG
krissi
 
Memories

Hast du wirklich Erinnerungen so weit zurück? ;) Ich erwarte keine Antwort, ist eher rhetorisch. Aber andererseits auch ehrlich neugierig. =) Sowas triggert mich an.
Leider - und ich meine auch wirklich leider - spricht mich keine Story thematisch diesmal wirklich an. Was ja auch nicht so schwer ist, sind ja nur zwei. :schnief: Dazu vielleicht später nochmal was, jetzt kommt erstmal der Kommentar, der mir diesmal echt schwerfällt.

Eigentlich kann ich mit vielen Themen, aber es muss wohl das Bild gewesen sein... Ich hab zuerst gedacht, mir fällt dazu gar nichts ein, das ist einfach nicht mein Thema. Dann fiel mir doch was ein, aber...
Egal. Euch ist was eingefallen, und das ist toll.
Leider... Jeder hat so Themen, die nicht so prickelnd sind. Einige davon sind Oma, Opa, Weihnachten, Friede, Freude, Eierkuchen, Familie, kleine Geschwister - und alles, was da so dran hängt. Das ist ein Berg, der immer größer wird, wenn man ihn weder abschneiden noch sprengen kann. Abtragen... geht nicht. Mach mal mit Schäufelchen.
Und diese Story geht in eine Richtung, über die ich lieber nicht allzu genau nachdenke.
Ich finde sie schön, kurz, aber wirklich nicht schlecht. Aber was soll man zu einer Story sagen, über die man, aus persönlichen Gründen, die ich hier nicht breitreten mag, nicht mal nachdenken kann? Sorry, es tut mir ehrlich leid. Ich bin einfach zu befangen, um wirklich was zu deiner Story zu sagen. Inhaltlich. Geschrieben ist sie sehr schön.

Und es ist noch blöder, weil es bei nur 2 Beiträgen besonders auffällt. Was soll ich sagen, wenn beide Stories Dinge berühren, die ich nicht öffentlich diskutieren kann und will, obwohl ich andererseits meinen Autorenkolleginnen wirklich gern ein Feedback hinterlassen würde?
Ich könnte jetzt einfach die Klappe halten - das machen andere ja auch - aber auch das will ich nicht.
Vielleicht wäre es sogar besser, denn... zu der zweiten Geschichte fällt mir nur Widerspruch ein. Und ich kann nur darum bitten, dass du das so siehst, wie es nun mal ist - ich bin da persönlich betroffen, und ich habe etwas, was nicht ganz andersartig gelagert ist, ganz anders erlebt. Und ich will versuchen, das zu erklären, soweit es die Story an sich betrifft.

Wegen der Liebe
Und ich kann es, wenn überhaupt, nur so machen, wie es mir in den Sinn kommt. Das aufschreiben, was ich denke, gedacht habe, als ich die Story gelesen habe. Ungefiltert - wenn ich das im Kopf zensiere, um dir nicht zu nahe zu treten, dann wird es total oberflächlich, es würde nichts mehr mit dem zu tun haben, was ich wirklich denke. Ich weiß, wie blöd das ist, wenn man was schreibt, und dann Leute darauf so allergisch reagieren. Ich hab das so noch nie erlebt - meine Story ist weit genug weg vom Alltag -, aber ich stelle es mir total schlimm vor. Ich kann auch nur hoffen, dass du es nicht als Totalverriss verstehst, sondern als eine relativ authentische Reaktion von jemandem, der die Gedankenwelt, die dahintersteht - und die ziemlich allgegenwärtig in unserer Realität ist - eben nicht teilt. Eben weil es Ausnahmen von der Regel gibt, die solche Pauschalurteile völlig ad absurdum führen.
Und auch hier muss ich noch mal deutlich machen: ich beschuldige nicht dich, ein Pauschalurteil gefällt zu haben, Du schilderst etwas, das so, wie du es schilderst, vorkommt - und was so, wie du es schilderst, wirklich schlimm ist. Das will ich überhaupt nicht abstreiten. Ich will nur... Ich weiß nicht, was ich wirklich will. Etwas wurmt mich. Gewaltig. Und das sind Erinnerungen, nicht deine Geschichte. Bitte behalte das im Kopf, wenn du meinen "Verriss" liest... ;)

Geschrieben ist das nämlich toll. Ich kann mich super in alle Beteiligten hineinversetzen, egal wer es ist. Es gibt eine dramaturgisch interessante Wendung, denn anfangs ist nicht klar, dass Vater wirklich das ist, was Mutter in ihm sieht. Nach der Trennung...
Die verschiedenen Perspektiven gefallen mir gut, schade ist nur, dass es nichts aus Jennys Sicht gibt. Und das ist schon der erste Punkt, der mir aufstößt: Es geht um Jenny, aber als Autorin kommst du nicht auf die Idee, das Ganze auch mal aus ihrer Sicht zu erzählen. Nur die Sicht ihrer "Schutzbefohlenen" spielt eine Rolle...
(Bitte verstehe das nicht falsch, das ist kein Angriff. Nicht auf dich. Es ist, wenn denn, ein Angriff auf die Kultur, in der wir alle großgeworden sind - was du hier machst, ist das, was du gelernt hast, was wir alle gelernt haben. Ich aber habe gelernt... Dass das so nicht stimmt. Nicht mehr und nicht weniger. Deshalb reagiere ich auf manches wirklich "unnormal".)

Und zuerst ist ja auch alles noch relativ harmlos. Das kommt vermutlich tausende Male vor: ein Vater, der von der Ex-Frau nun, wo die (mehr oder weniger vermeintliche) Liebe keine Rolle mehr spielt, vom Kind ferngehalten wird. Und dem das irgendwie nicht passt - was nicht so wirklich in das Rollenverständnis passt, das uns, zumindest von einschlägigen Frauenblättern, so vermittelt wird: Väter sind verantwortungslos, Väter drehen sich um und gehen weg, sie sind es ja nicht, die das Kind 9 Monate austragen, was kratzt es sie... Väter sind in unserer heutigen Gesellschaft eigentlich vollkommen überflüssig.
Und es verwundert seltsamerweise niemanden, wenn diese Väter, bei diesem Bild, das man von ihnen hat, auch genauso reagieren. Es ist eher verwunderlich, wenn sie eben nicht so sind. Aber Michael...
Er ist anders, er holt sein Kind von der Kita ab, nimmt sie einfach mit.
Und ich kenne Väter, die genau das getan haben. Mein eigener nicht ausgenommen, aber über den.. Und über das, was meine Mutter auf dem Kerbholz hat... darum geht es nicht. Es geht eher darum, dass ich, aus eigener Erfahrung, eher den Vätern glaube als den Müttern. Aus gutem Grund - für mich. Ganz egal, was andere erlebt haben, manchmal ist es - das, was die Anderen denken - das Zünglein an der Waage. Und manchmal ist es so ungerecht, so völlig daneben... Alles für das Wohl des Kindes... Wenn ich das höre, wird mir schlecht. Alles für das Wohl des Kindes heißt oft genug: das Kind zur Mutter, denn nur Mütter wissen, was gut ist für das Kind, nur Mütter sind verantwortungsbewusst.

Ahnst du, wohin die Reise geht?
Es gibt Mütter, die sind für das Kindeswohl viel schlimmer als Väter. Ich fürchte, ich hätte wohl mit einem Michael, trotz abgebrochener Flasche an der Kehle - vorausgesetzt, es würde keine Polizei eingreifen und das ganze Kräfteverhältnis und sowieso alles verdrehen - weniger Schaden davongetragen als so.
Und vielleicht denkst du, so schlimm kann es ja wohl nicht sein. Es war mein Vater, der mich "fast" hat ertrinken lassen. Aber es ist leider eine Tatsache, dass ich heute, fast 40 Jahre später, mehr Angst vor meiner Mutter habe. Sie hat nichts gemacht, wie immer. Sie stand nur daneben und hat zugesehen...
Hexe.
Das ist es, was sie mir vorwirft, heute. Ich hab das alles verdrängt. Es hat jede Menge Kassengelder gekostet, das überhaupt zutage zu fördern. Und sicher... sicher kann ich niemals sein. Keiner der Beteiligten würde jemals zugeben, was damals wirklich geschehen ist.
Und wenn ich solche Stories lese... Was wird man Jenny in 10, 20 Jahren erzählen?
Dass sie einen Vater hatte, der böse war?
Mein Vater ist nicht böse, und ich glaube wirklich, dass er mich liebt. Auf seine Art. Was meine Mutter betrifft, da bin ich mir nicht so sicher. Es gibt Gründe, warum das nicht so ist, die sie mir tunlichst verschweigt.

Ich glaube, es ist ein verhängnisvoller Irrtum, grundsätzlich davon auszugehen, dass Mütter immer ihre Kinder lieben. Sicher, dass sollte so sein, das ist die Norm. Aber gerade unsere Gesellschaft produziert am laufenden Band Ausnahmen von der Norm, weil sie schlicht und ergreifend als Gesellschaftsform schizophren ist. Also kann man sich auf nichts verlassen - auch nicht darauf, dass Mütter immer die Guten sind.
Und die Leidtragenden... sind immer die Kinder. Die fragt keiner, die kommen nicht zu Wort. Nicht mal in einer Story, wo es genau um ihr Problem geht. Aber ihr Probem wird zu dem der Erwachsenen gemacht. Kinder? Kinder haben keine Probleme... Jedenfalls keine, die Mami nicht lösen kann. Notfalls auf Kosten von Vati.
Ja, klar...

Was, verdammt, ist mit Jenny?
 
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Ich denke, man kann es nicht verallgemeinern, es ist weder richtig zu sagen, Mütter sind generell adäquater im Verhalten gegenüber ihren Kindern noch Väter würden generell zu unrecht beschuldigt werden.

Es gibt viel zu viele Väter, die ihre Frauen und Kinder tatsächlich im Stich lassen und sich der Verantwortung der Vaterschaft entziehen oder ihre Familien tyrannisieren - auch ohne daß sie zB (selbst) krank sind.

Weshalb gibt es zB wesentlich mehr häusliche Gewalt, die von Männern ausgeübt wird, als von Frauen?

Je nachdem, wie die persönlichen Lebenserfahrungen sind, wird das jeder auf seine eigene Weise betrachten und je nach individueller Lebenssituation kann ein Vater ein Kind ebenso quälen und fertig machen, wie eine Mutter, das ist nichts geschlechtsspezifisches, auch wenn sich die Methoden vermutlich unterscheiden.

Väter sind in unserer heutigen Gesellschaft eigentlich vollkommen überflüssig.
Dazu haben sie auch selbst genug zu beigetragen und wenn man den ganzen Hype betrachtet bzgl. "jeder" Schwule hätte das Anrecht auf "eigene" Kinder, da es sonst Diskriminierung wäre und wenn dann bedacht wird, daß das bedeutet, daß (zumindest in anderen Ländern) eine Frau als Gebärmaschine mißbraucht wird, um ein gekauftes (Status)Symbolkind auszutragen (und sich diverse Homo-Promis darüber auslassen, wie toll doch ihre "eigenen" Kinder und ihre "Familie" wäre)... sind es wohl eher die Frauen als Mütter und eine Familie, bestehend aus Mutter, Vater und Kind, "out" und nicht Väter als solche.

Welches Bild soll da vermittelt werden und vor allem auch: Wird da je überlegt, was es für ein Kind bedeutet, wenn es später erfährt bzw begreift, daß es nur ein Objekt ist, das von der eigenen Mutter verkauft wurde, wie ein Haustier? Soll da dann auch wieder der Frau die Schuld gegeben werden, anstatt den Männern?

Viele haben auch miterlebt, wie die Ehe der Eltern gescheitert ist, wie die Familie noch während der Kindheit zerbrochen ist, so etwas ist auch prägend und ein Konglomerat aus verschiedenen Faktoren beider Elternteile.

Wir leben nach wie vor in einem Patriarchat, in dem die Gewalt und das Unrecht, was Männern anderen, insb Kindern und Frauen antun nicht geahndet wird, zB bei Mißbrauch, Vergewaltigung. Nahezu jede Steuerhinterziehung wird schärfer verfolgt und bestraft als sexuelle Gewalttaten. Statistisch gesehen, hat jede 2te Frau sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt, jede 3te ist mißbraucht worden und jede 4te hat während der Studien-/Erwachsenzeit sexuelle Gewalt/Vergewaltigung erlebt.

Die Männer generell als arme, verleumdete Unschuldslämmer darzustellen, die den Intrigen der hinterhältigen Frauen zum Opfer fallen, halte ich für falsch, auch wenn das leider dem entspricht, wie es oftmals in der alltäglichen Realität dargestellt wird.

Insofern finde ich "Wege der Liebe" nicht oberflächlich oder verzerrt, sondern einfühlsam erzählt. Besser eine frühe Trennung, als ein dauerhaftes Leiden und ausgeliefert sein gegenüber einem gewalttätigen Alkoholiker. Oft harren Ehefrauen jahrzehntelang aus, immer in der Hoffnung, es würde besser werden oder in der Entschuldigung für den Ehemann, da sie ihn doch "lieben". Daß in dieser Erzählung die Frau stark genug ist, sich zu trennen, finde ich gut, leider ist nicht jede Frau stark genug, um diesen Schritt zu vollziehen. Daß sich das Erlebte so oder so auf ein Kind auswirken kann, ist klar. Jedoch ist ebenso ungewiß, ob Jenny ein besseres Leben hätte, wenn sie mit ihrem Vater aufwachsen würde. Auch wenn es einfach ist, im Nachhinein sich etwas zurecht zu drehen, und sich vorzustellen, daß es besser gewesen wäre. Nur, weil Sophie stark genug war, sich zu trennen und konsequent zu sein, muss sie deshalb keine schlechte Mutter sein. (Suchtkranke zeichnen sich nicht gerade durch verantwortungsvolles Verhalten aus).

„Pah, Therapie! Ich bin doch nicht krank. Ich brauche nur einfach nicht mehr spielen gehen und den Alk nicht anrühren, dafür brauche ich keine scheiß Therapie!“
 
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Die Männer generell als arme, verleumdete Unschuldslämmer darzustellen, die den Intrigen der hinterhältigen Frauen zum Opfer fallen, halte ich für falsch.
Da hast du vollkommen recht. Das hab ich auch nicht gemacht, der Anlass für meine Ausführungen war, glaub ich, eher eine Story, wo das Bild, Männer generell als etwas unzuverlässige, gewalttätige, verantwortungslose Hirntote zu zeichnen, bedient wird. Womit ich so eben nicht einverstanden bin. Sorry, dass ich zu so drastischen Übertreibungen greife. Aber Lämmer sind auch deutliche Bilder.

Auch ich kenne die Zahlen, ohne sie genau zu kennen - es ist auch egal, zu wie vielen Prozenten Männer mehr schuldig an häuslicher Gewalt sind, es sind auf jeden Fall zu viele, und schon aus rein physischen Gründen rein logisch mehr als umgekehrt.
Aber das ist nicht mein Punkt, und ich muss nochmals betonen, dass meine Worte sehr, sehr subjektiv und befangen sind. Und nur ganz wenig mit dem Auslöser, nämlich der Story, zu tun haben, das ist nur die Plattform, auf der sich jetzt wieder ganz vieles tummelt, was ich sonst eher schweigen lasse.

Es ist das Bild. Du hast natürlich recht, wir leben in einem Patriarchat. Und es sind Männer, die in der Vergangegnheit für sehr viel Leid gesorgt haben, sowohl bei ihren Frauen als auch bei ihren Kindern. Aber... Wir haben heute einen Punkt erreicht, wo das ganz so pauschal eben nicht mehr stimmt, das Patriarchat gibt es zwar noch, aber nicht mehr so absolut. Und jahrhundertelang haben Frauen - und das ist die Kehrseite - gelernt, wie man trotzdem seinen Willen durchsetzt. Die sind da viel geübter drin. Und erfahren heute, von verschiedenen Seiten und aus verschiedenen Gründen, auch noch jede Menge Anerkennung damit. Und leider, in zu vielen Fällen, ohne Rücksicht auf Verluste. Und mit Verlusten meine ich die Kollateralschäden.... Die, über die leider zu selten wirklich geredet wird. In acht Sätzen geht es in nur einem um die, um die es angeblich geht: die Kinder. Reine Prozentrechnung - es ist einfach nur traurig, was diese Gesellschaft aus uns macht. Es ist viel wichtiger, sich über das Männlein-Weiblein-Problem aufzuregen als über das, was auf der Strecke bleibt. Obwohl das doch angeblich das Wichtigste in unserem Leben ist.
Dabei mach ich auch nichts anderes, denk nicht, dass ich dir das jetzt vorwerfe. Ich hab immer das Gefühl, dass ich doch auch mal die armen Männer in Schutz nehmen muss, die da so pauschal und völlig ungerechtfertigt mit abgeurteilt werden. Denn es gibt, wie immer im Leben, nun mal zwei Seiten.
Die hier, bei der Story, um die es geht, nicht wirklich eine Rolle spielen. Die zweite Seite dient nur dazu, auch aus anderer Sicht dasselbe Bild zu zeichnen. Vielleicht ist es das, was mich so anpiekst. Und der dringende Verdacht, dass das nicht einmal bewusst ist, dass das weder böse Absicht noch Trick 17 ist - nichts weiter, nur ein (Welt)Bild, was, in glücklicher Ermangelung alternativer Erfahrungen, allzusehr verinnerlicht ist. Ein Weltbild, was mich so ziemlich in Gänze und ziemlich erheblich stört - nicht nur dieser Ausschnitt. Aber das führt hier zu weit, und das ist auch nicht das Thema dieser Story.
 
Jedes Kind ist immer das schwächste Glied, auf Gedeih und Verderb den Eltern ausgeliefert, ohne Fürsorge stirbt es. Was schwierige Situationen für ein Kind - oder späteren Erwachsenen bedeuten - kann man in gut recherchierten Romanen oder (Auto)Biografien oder Dokumentationen erahnen/erfahren, allerdings erfordert das auch viel Mut von den Betroffenen, sich zB öffentlich in einer Dokumentation zu dem zu äußern, was erlebt wurde.

Ich denke, irgendwo ist zB bei Gesetzen der Blick aufs Kind verloren gegangen, bezogen auf die heutige Zeit, zB Steuerklassen von Alleinerziehenden & Ehegattensplitting von kinderlosen. Ein kinderloses Ehepaar steht besser dar, als Alleinerziehende. Oder auch solche Fälle, in denen ein Geschwisterkind zur Behandlung der Erkrankung des Geschwisters herhalten muss - natürlich auch ungefragt, die Eltern entscheiden über das Kind hinweg.

Manchmal gibt es schon zu solchen Themen Filme/Berichte, im Verhältnis hast du jedoch recht, andere Themen kommen wesentlich häufiger vor. Es müßte folglich mehr Erwachsene geben, die auf solche Probleme & Thematiken aufmerksam machen.

@ Lämmer

Ja, mir hat das Bild als extrem gefallen.

Die zweite Seite dient nur dazu, auch aus anderer Sicht dasselbe Bild zu zeichnen. Vielleicht ist es das, was mich so anpiekst. Und der dringende Verdacht, dass das nicht einmal bewusst ist, dass das weder böse Absicht noch Trick 17 ist - nichts weiter, nur ein (Welt)Bild, was, in glücklicher Ermangelung alternativer Erfahrungen, allzusehr verinnerlicht ist. Ein Weltbild, was mich so ziemlich in Gänze und ziemlich erheblich stört - nicht nur dieser Ausschnitt
Das klingt, als würdest du dir eine Story mit böser Mutter wünschen, in der der Vater nicht tatsächlich suchtkrank ist - also eigentlich eine vollkommen neue, andere Geschichte. Wenn die Vater-Seite inhaltlich der Mutter-Seite widerspräche, würden die Tatsachen zB mit der Sucht, nicht mehr stimmen, dann würde das Ganze in Richtung Verleumdung laufen, aber darum ging es in der Geschichte doch nicht. Ich finde die Geschichte in sich stimmig und gerade auch die Ignoranz bzgl der eigenen Situation und des eigenen Verhaltens, die Michael an den Tag legt "ich bin doch normal, ich brauche keine Hilfe, etc.".

in glücklicher Ermangelung alternativer Erfahrungen, allzusehr verinnerlicht ist
Dazu kann ich nur wiederholen: Das haben diejenigen mit anderen Erfahrungen in der Hand, darüber zu berichten und zu schreiben. Nur, weil die Geschichte eine Situation schildert, die vll mehr Menschen schon erlebt/gehört haben, ist das Dargestellte deshalb weder falsch noch weniger tragisch für diejenigen, die es betrifft. Für das individuelle Leid ist es letztendlich unerheblich, ob die Mutter oder der Vater gestört waren, wenn ein Kind mit so einem Elternteil aufwachsen muss und keine Chance hat, sich dem zu entziehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also erst einmal muss ich ja staunen, dass die Story so viel Anlass zu reden gibt. Ich finde es gut! Genau das wollen Autoren ja auch häufig bewirken: Kontroversen aufzeichnen, provozieren.

Aminte, ich danke dir für deine Ausführungen. Gerne will ich dazu etwas schreiben.
Ich stimme dir zu, dass ich ein typisches Bild gezeichnet habe: Liebe Mutter, böser Vater, der auch noch zu Recht das Kind entzogen bekommen hat.
Ich stimme dir auch zu, dass es durchaus andere Situationen gibt. Die Geschichte hätte komplett anders ausgehen können und während ich sie schrieb, wusste ich auch noch nicht, ob die Mutter tatsächlich die "Gute" sein würde oder ob sich herausstellen würde, dass der Vater im Recht ist und die Mutter Jenny schon vorher entführt hatte. Hätte man genau so schreiben können.
Aus Jennys Sicht habe ich nicht geschrieben, weil ich den Rahmen nicht sprengen wollte. Jenny liebt beide Elternteile gleichermaßen und ist irritiert darüber, dass sie ihren Vater nicht mehr sehen darf, sicherlich wird sie aber indoktriniert von ihrer Mutter. Ich denke, als Teenager hätte Jenny ihrem Vater durchaus einen Besuch abstatten können.

Bei mir spielt ebenfalls eine autobiografische Vergangenheit in die Geschichte hinein, mit einem Vater, der nicht versteht, was er seinen Kindern durch sein Verhalten antut, sondern denkt, er habe alles im Griff und tue nur das Beste für alle. Es gibt beide Seiten, wie gesagt, und ich denke, wenn man eher der Väterseite zugetan ist, hat man es schwer, sich auf diese Geschichte einzulassen.
Genau so schwer fällt es mir, mich auf gegenteilige Geschichten einzulassen, weil ich mir aus persönlichem Umfeld keine Mutter vorstellen kann, die ihr Kind verstößt oder allein lässt - von Vätern kenne ich diese Reaktion mehrfach, daher hat mich das sicher beeinflusst.

Oder kurz: Ich habe erlebt, dass Väter einen im Stich lassen, ohne darüber zu reflektieren und Mütter sich für einen aufopfern, also habe ich es so geschrieben.
Hätte ich es andersrum erlebt, hätte ich es wohl andersrum aufgeschrieben.
 
  • Danke
Reaktionen: *MonaLisa
Was ich noch hinzufügen wollte:

Der Text heißt "Wege der Liebe" - und soll deutlich machen, dass der Vater sein Kind auch sehr wohl liebt und Jenny liebt ihre Eltern. Die Liebe zu seinem Kind bringt Michael auch dazu, die Grenze des Legalen zu überschreiten, weil er es nicht erträgt, von Jenny getrennt zu sein und nicht reflektieren kann, was die Gründe dafür sind.
Es soll aufzeigen, dass Liebe auch Wege aufzeigt, die nicht immer empfehlenswert sind.
 
Ach ja, das ist alles wirklich schwierig...
Wahrscheinlich auch deshalb, weil ich deine Story wirklich gut geschrieben finde - aber eben dieses Thema nicht sachlich betrachten kann und da leider wirklich ganz vieles in meinem Kopf untrennbar verbunden ist, was dann anfängt Polka zu tanzen, sowie ich mich darauf einlasse. Das war mir auch vorher klar, aber gar nichts schreiben wollte ich nun auch nicht.
Und natürlich ist mir auch klar, dass mehr Menschen Erfahrungen mit "bösen" Vätern haben als andersherum. Und dass ich da, aufgrund des Zusammenspiels einiger Faktoren, sehr viel heftiger reagiere als andere - heftiger auch, als es das eigentliche Thema rechtfertigt. Deine Story an sich ist vollkommen stimmig, das passt ja schon alles so.
Das Problem ist eben nur, dass du, wenn du am eigenen Leib erlebt hast, wie das ist mit einer Mutter, die gar nicht geht, so sehr gar nicht, dass du lieber den Vater in Kauf nimmst - der auch kein Engel ist -, dann fällt dir irgendwann auf, dass diese Variante der alten Geschichte eigentlich nirgends kommuniziert wird. Es gibt keine Geschichten über böse Mütter, keine Berichte - von den ganz seltenen, ganz krassen mal abgesehen, über die, die ihre Kinder in Blumentöpfen entsorgen... Aber das ist nur die Spitze vom Eisberg, die, die nicht mehr zu übersehen ist. Die ausgedehnten Grauzonen gibt es nicht, die finden einfach nicht statt.
Dass Mütter ihre Kinder lieben und alles nur für ihr Wohl tun, wird allgemein so ziemlich als gegeben hingenommen und nicht hinterfragt. Leider kenne ich einige Mütter, die zumindest in Ansätzen genauso sind wie meine, ich kenne auch die Auswirkungen, die das auf die Opfer hat und mit denen diese sich oft bis an ihr Lebensende rumschlagen. Du kannst jedem erzählen, dass dein Vater ein Trinker war oder gewalttätig oder noch Schlimmeres - das glaubt dir jeder. Wenn du aber erzählst, dass deine Mutter hysterisch bis psychotisch ist - allerdings nur, wenn kein Außenstehender hinsieht, was sollen denn die Nachbarn sagen? -, dass sie dich wirklich krank macht und dauerhaft nicht unerheblichen Schaden anrichtet, ohne dass du so richtig in Worte fassen kannst, was es ist und wie sie das macht... Das Einzige, was du dazu hörst ist, ach, das kann ich mir gar nicht vorstellen. Und diese Reaktion kommt nicht zuletzt von der Legende, dass Blut dicker ist als Wasser. Aber erzähl das den Kindern, die Opfer dieser dicken Suppe werden... Und der Schaden wird ganz und gar nicht immer nur von den Vätern angerichtet. Gerade bei Trennungen wird gewaltig gehobelt, und da fallen so einige dicke Späne an. Und da sollte man auch oft nicht allzu genau hinter die Kulissen schauen. Wenn die eigenen verletzten Gefühle eine Rolle spielen, wird das Kindeswohl ganz gern mal nach hinten gestellt. Nein, falsch: es wird als Waffe und Deckmäntelchen benutzt, und das bewirkt so ziemlich das Gegenteil vom Wohl eines Kindes.
Dazu kommt, dass ich in meinem Bekanntenkreis zwei Väter habe, die auf die übliche Darstellung total allergisch reagieren, weil sie genau so eine "Hetzjagd" erlebt haben - nur mit dem Ziel, sie von ihren Kindern fernzuhalten. Natürlich alles nur im Interesse der Kinder... Rachegedanken von Seiten der Mutter spielen da natürlich gar keine Rolle... :rolleyes: Stell dir mal vor wie das ist, wenn du dein Kind liebst und ihm auch weiterhin alles geben möchtest, was ein Elternteil nun mal seinem Kind geben will, und du erlebst, dass deine Kinder gegen dich aufgehetzt werden, dass vor Gericht wilde Beschuldigungen geben dich erhoben werden, nur um zu erreichen, dass du deine Kinder gar nicht mehr sehen darfst - und das soll zum Wohl der Kinder beitragen? Einen Vater zu verteufeln und aus seiner Rolle zu entfernen, nur weil man sich von ihm getrennt hat, obwohl er sich den Kindern gegenüber nichts hat zuschulden kommen lassen? Nicht alle Väter sind Schweine, es gibt sogar eine ganze Menge andere. Leider wird über die eher nicht geredet...
Dass Väter, die tatsächlich ihre Kinder lieben und die Verantwortung ihrer Vaterrolle übernehmen wollen, aber nicht sollen/dürfen, und sich nur noch als Zahlemann empfinden - nicht ganz zu Unrecht, wenn alles Weitere recht erfolgreich unterbunden oder auf ein Minimum reduziert wird -, dann ziemlich angepisst reagieren, wenn sie sich auch als so pauschal abgeurteilt und mit Männern in einen Topf geworfen sehen, die gar nichts mit ihrem tatsächlichen Verhalten zu tun haben... Ich kann das verstehen, und ich denke jedesmal, wenn ich wieder was zu den Thema lese oder höre, auch an die. Und sehe das auch mit deren Augen. Und es fühlt sich ziemlich schlimm an.

Ich gebs auf... Wirklich deine Story zu kommentieren ist mir wohl einfach nicht möglich. %) Ich hoffe, du kannst mir das verzeihen. Und natürlich hast du auch alles Recht der Welt, deine Version der Geschichte zu schreiben. ;) Es ist mir nur leider nicht möglich, an so einer Stelle nicht zu sagen, dass es eben auch ganz anders aussehen kann - und das liegt weniger an deiner Geschichte selbst als an dem Bild, das zu dem Thema in dieser Gesellschaft existiert, das mich dann dazu treibt zu sagen, da fehlt was.
Aber eigentlich verdient deine Story einen ganz tollen, ausführlichen Kommentar, denn dass es mich so in das Thema reinzieht, liegt nicht zuletzt daran, das sie eben wirklich sehr realistisch und lebendig ist - und unweigerlich den ganzen Rattenschwanz auch wieder lebendig werden lässt.
 
Ich denke, was du zum Schluss sagst, trifft es ganz gut ^^
Ich kenne übrigens auch aus meinem Bekanntenkreis den umgekehrten Fall, wo der Vater absolut die bessere Partie ist und man der Mutter die Kinder entzieht.

Ich nehme es im Übrigen nicht negativ auf oder so :) Kanns total nachvollziehen, was du schreibst! Ich kann mich auch nicht in jede Geschichte hineinversetzen, vor allem nicht, wenn ich die Geschichte aus persönlichen Gründen ablehne.

Danke, dass du dir immer so viel Zeit für das Kommentieren genommen hast, finde ich echt super! Und es motiviert mich auch, beim nächsten Mal wieder in die Tasten zu hauen - vielleicht mit einer Geschichte, die deinen Geschmack mehr trifft ^^ Was hättest du denn eigentlich zu dem Bild geschrieben?
 
Ich nehme es im Übrigen nicht negativ auf oder so :)
Puhhh... Schweiß von der Stirn wisch. :D

Was hättest du denn eigentlich zu dem Bild geschrieben?
Hätte... Oh Schmerz... :lol: Ein Gruselmärchen... ;)
Ich hab die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ich es doch noch irgendwann fertigkrieg, man darf ja immer nachreichen - vielleicht geht's, weil jetzt der Druck weg ist. Aber sicher nicht heute oder morgen, da liegen schon wieder dringende Sachen an, weil ich in der Woche zu nichts wirklich komme, und der Kopf ist voll mit allem Möglichen. Und was nächste Woche ist, steht in den Sternen. Sieht schon wieder schwer nach Stress aus.
Die Bilder von Ninou waren sehr schwer für mich, auch das davor, denn Geschichten über Kinder fallen mir wahrlich nicht leicht. Und beim Schreiben zu wissen, dass ich mir praktisch in den Kopf gucken lasse...
Die Motive sind zwar wunderschön, aber auch sehr konkret und legen einen ziemlich fest. Und wie es aussieht, weiche ich bei dem Thema am liebsten auf Parallelwelten aus, da fällt die Abgrenzung leichter. =) Freud hätte seine helle Freude an mir...
 
Und natürlich ist mir auch klar, dass mehr Menschen Erfahrungen mit "bösen" Vätern haben als andersherum.
Wenn du die ganzen innerfamiliären Mißbrauchsfälle hinzuzählst, gibt es sehr viele böse Mütter, denn kaum eine Mutter/Ehefrau, weiß wirklich nicht, was ihr Mann so treibt...
gilt auch bei anderen Verwandten, wo den Kindern/Nichten/Neffen nicht geglaubt wird, wenn sie sich zB an die eigenen Eltern wenden, das heißt dann "ach, da hast du wohl was falsch verstanden"...

Es gibt keine Geschichten über böse Mütter, keine Berichte - von den ganz seltenen, ganz krassen mal abgesehen, über die, die ihre Kinder in Blumentöpfen entsorgen...
Siehe oben + siehe eine ganze Reihe Legenden & Märchen, Romane... + Ansätze der Psychologie, wo ohnehin vorzugsweise die Mutter Schuld ist, selbst wenn sie es nicht war.

Du kannst jedem erzählen, dass dein Vater ein Trinker war oder gewalttätig oder noch Schlimmeres - das glaubt dir jeder. Wenn du aber erzählst, dass deine Mutter hysterisch bis psychotisch ist - allerdings nur, wenn kein Außenstehender hinsieht, was sollen denn die Nachbarn sagen?... Das Einzige, was du dazu hörst ist, ach, das kann ich mir gar nicht vorstellen.
Bei jeder subtilen/subtileren Mißhandlung des Kindes werden Außenstehende es sich schwer vorstellen können, egal ob die Mutter oder der Vater sich so verhalten. Zu sagen, jemand wurde mißbraucht oder körperlich mißhandelt, wird geglaubt und ist auch "beweisbar", aber psychisch-emotionaler Mißbrauch ist das nicht und gerade deshalb um so folgenschwerer, weil dem Kind eben oft nicht geglaubt wird und dem Erwachsenen später auch nicht. Solche Erlebnisse sind keineswegs an das Geschlecht des Elternteils gebunden, sondern an dessen Charakter/Störung und viele Menschen haben so etwas erlebt, nur sind solche Erfahrungen nichts, was Menschen später rumerzählen, da muss schon Vertrauen vorhanden sein, is jemand so etwas erwähnt...

Natürlich alles nur im Interesse der Kinder... Rachegedanken von Seiten der Mutter spielen da natürlich gar keine Rolle... Stell dir mal vor wie das ist, wenn du dein Kind liebst und ihm auch weiterhin alles geben möchtest, was ein Elternteil nun mal seinem Kind geben will, und du erlebst, dass deine Kinder gegen dich aufgehetzt werden, dass vor Gericht wilde Beschuldigungen geben dich erhoben werden, nur um zu erreichen, dass du deine Kinder gar nicht mehr sehen darfst - und das soll zum Wohl der Kinder beitragen?
Die neue Methode ist aber oftmals, daß einem Kind der Vater ja nicht vorenthalten werden darf.. selbst wenn die Trennung aufgrund von Gewalttätigkeit des Vaters stattgefunden hat. Ob das Kind dann durch den erzwungenen Kontakt verhaltensauffällig wird, interessiert auch erstmal keinen. Solche Fälle kenne ich nämlich auch, wo ein Kind über Jahre zwangsweise den Vater sehen mußte, auch wenn es dem Kind nicht gut getan hat.

Ich kann das verstehen, und ich denke jedesmal, wenn ich wieder was zu den Thema lese oder höre, auch an die. Und sehe das auch mit deren Augen. Und es fühlt sich ziemlich schlimm an.
Trotzdem differenzierst du kaum und stellst dich prinzipiell lieber auf die Seite der Männer. Etwas Distanz und Differenzierung kann jedoch hilfreich sein, im Bewußtsein, daß es immer auf die individuelle Situation ankommt. Insofern ist deine Denkweise nicht weniger schematisch als jene, die du anderen/der Gesellschaft vorwirfst, so daß du dich zB mit der in der Zirkelgeschichte beschriebenen Situation gar nicht befassen kannst, weil sofort der Filter drüber gelegt wird.
 
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  • Danke
Reaktionen: *MonaLisa
Hier sind wirkliche süchtig machende Lesetalente dabei...wenn ich nicht lerne seid ihr Schuld , weil man nicht aufhören kann zu lesen ;)
lg ben
 

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