Original geschrieben von Trudy
@ Lawina
Natürlich sterben nicht alle Menschen an Krebs, aber leider noch immer sehr viele. Auf der Palliativstation liegen nur die Patienten, bei denen es sich nicht mehr vermeiden lässt... Stationen dieser Art gibt es meines Wissens nach in den meisten größeren Krankenhäusern, meist aber sehr abgelgen von anderen Stationen. Kleinere Krankenhäuser besizten nur "Sterbebetten". Oft werden die Patienten erst "kurz vor Schluß" auf Palliativstationen gebracht, die meisten sterben schon nach 2-3 Tagen. Aber in dieser Zeit bemerkt man bei vielen noch ein kurzes "Aufleben", was der guten Medikation zu verdanken ist! Allerdings ist der Ausdruck "Therapie" dafür ziemlich unpassend.
Was dieses "kurze" Aufleben angeht. Hm...mag sein das es auf der Palliativstation ein Zeichen dafür ist, das die Medikation anschlägt. Andererseits hab ich schon mehrmals gehört und auch erlebt, das dieses kurze Aufleben oft bei Menschen - kurz vor ihrem Tod auftritt.
Bei meiner Oma, die letztes Jahr an Krebs starb, war es nicht anders. Sie hatte Wochenlang keinen Appetit mehr gehabt, sie war müde und schwach. Aber an jenem Freitag an dem sie gestorben ist, war sie für ihre Verhältnisse nochmal richtig fit. Sie hat zum Mittag plötzlich Appetit auf Quark gehabt, sie hat ihn mit Genuss gegessen (und auch bei sich behalten können), sie war draußen, ging spazieren und sie lachte sogar. Ja sie fing sogar an über Zukunft zu sprechen. Sie freute sich das mein Onkel bald Geburtstag hat und sie feiern würden. Kurz gesagt - es ging ihr schlagartig besser. Und dann um 20.05 Uhr an diesem Tag ist sie gestorben.
Ähnliches habe ich auch von vielen anderen schon gehört. Es ist kein Geheimnis das Kranke Menschen, insbesondere jene, die sich dessen bewusst sind, das sie bald sterben, nochmal richtig aufleben bevor es vorbei ist. In meinen Augen bzw. meiner Erfahrung nach ist das somit nicht unbedingt auf eine Medikation bzw. auf eine Einrichtung zurückzuführen. Es ist fast eine natürliche Reaktion des Körpers.
Ich denke - diese Einrichtung in der du arbeitest ist mit Sicherheit eine tolle Sache. Aber sie ist in meinen Augen nicht das Ultimative.
Ich denke man kann nicht pauschal sagen "das und das ist gut für den Menschen", denn jeder Mensch ist anders, jeder Mensch geht anders mit solchen Situationen um.
Manchen Menschen tut es gut, wenn sie die letzten Tage daheim verbringen können, manche Menschen möchten in Ruhe sterben - allein - sie wollen nicht das jemand dabei ist, andere wieder haben Angst vor dem Gedanken allein sterben zu müssen, sie wollen das jemand bei ihnen ist. Einige wollen in der Zeit in der sie leiden in Ruhe gelassen werden, keinen sehen, andere hingegen brauchen Menschen um sich rum - Ablenkung.
Was ich damit sagen will, solch eine Einrichtung bringt auch nur jenen etwas die das wirklich wollen. Es täte einem Patienten sicher nicht wirklich gut ihn dort hinzubringen, wenn sein Wunsch ist lieber daheim im eigenen Bett zu sterben, wenn du verstehst was ich meine.
Ich denke in solch einer Situation sollten Wünsche des Patienten ganz vorn stehen. Er allein soll entscheiden können, was ihm gut tut.
Ich wäre auch jemand, der sagt "spätestens dann, wenn mir eh nicht mehr zu helfen ist und ich nicht mehr so kann wie ich will, dann stellt alles ab, dann gebt mir die Chance mein Leiden zu beenden". Ich wäre demjenigen ewig Dankbar dafür der mich "gehen lassen würde".
Was ich auch damit sagen will ist, das nicht jeder Patient (insbesondere bei Krebspatienten) am Ende so "daneben" ist, das er nicht mehr denken kann. Es gibt viele, die noch voll da sind, und eben fähig rechtzeitig zu entscheiden, das sie nicht mehr wollen.
Ich meine - gerade bei Menschen die Wochen-, Monate- oder gar Jahrelang gegen eine Krankheit kämpfen gegen die sie nicht gewinnen können und dies auch wissen, sollten solche Wünsche akzeptiert werden.
Ich käme mir entmündigt vor, wenn mir jemand sagen würde "du redest nur so weil dich der Schmerz benebelt". Es wäre nämlich mein Schmerz und da ich diesen Schmerz ertragen müsste, wäre es mein Recht darauf zu bestehen ihn zu beenden.
Wie schon oben gesagt, stromere ich derzeit durch diverse Krebsforen. Lese die Geschichten (teilweise Lebensgeschichten - fast Tagebücher). Dort reden Erkrankte (größtenteils unheilbar) über ihr tägliches Leben mit der Krankheit - ohne Tabus - sie reden davon das sie sich wünschen es wäre endlich alles vorbei, sie wünschen sich Ruhe und sie wünschen sich auch das man sie gehen lässt. In einigen Berichten kann man lesen, das viele unendlich dankbar dafür sind, das ihre Angehörigen diesen Wunsch nach Frieden und Ruhe und Schmerzlosigkeit akzeptieren können, oder nachvollziehen. Das sie quasi von ihren Leuten den Segen haben gehen zu dürfen, das sie niemand um jeden Preis halten will.
Ich hatte das Gefühl, das man diesen Menschen mit den Worten "du darfst gehen" ihren größten Wunsch erfüllt hat und sie dadurch selbst besser mit ihrer Situation umgehen können, weil ihnen dadurch vermittelt wurde, das sie verstanden wurden, das sie ohne schlechtes Gewissen gehen können, wenn sie es möchten, das sie aufhören dürfen zu kämpfen und das die Hinterbliebenen es dadurch auch leichter haben, weil sie mit der Gewissheit zurückbleiben "es geht ihm/ihr jetzt besser" oder sich freuen können "sie/er hat es jetzt geschafft".
Viele dieser Menschen sehen im Tod eine Erlösung vom Kampf, sie fürchten sich davor nicht und ich würde einen Teufel tun und einen geliebten Menschen daran hindern wollen, wenn es doch sein sehnlichster Wunsch ist.
Denn man tut niemandem einen Gefallen, wenn man ihn weiterhin leiden lässt. Natürlich sollte sowas auch klar geäussert werden - vom Betroffenen. Es ist in meinen Augen eine Art den Helfens - auch wenn sie in eine andere Richtung geht.
Ich sehe das haargenau so wie Hummel. Man tut nicht nur sich selbst, als Angehörigen, damit weh, wenn man jemanden leiden lässt, sondern auch dem Betroffenen - wie gesagt - immer vorrausgesetzt, der Betroffene äussert diesen Wunsch.
@Cheesy
Ja - es gibt sowas wie Spontanheilung. Also eine unerwartete Heilung. Jedoch denke ich - wenn der Zeitpunkt irgendwann mal gekommen ist, an dem man nur noch im Bett dahinsiecht - gar nicht mehr wirklich da ist und man sich selbst schon aufgegeben hat, dann ist solch eine Spontanheilung auch auszuschließen.
Gerade bei sowas spielt die Psyche eine große Rolle. Sie spielt mit dem Körper zusammen. Solche Spontanheilungen sind erst durch die Kraft und den Willen möglich weiterzuleben. Wer diesen Willen aber verloren hat - wer sich nichts sehnlicher wünscht als endlich sterben zu können, der hat keinen Lebenswillen mehr - keine Kraft die er aufbringen kann oder möchte um noch weiter zu leben.
Viele fragen sich sicher auch - um welchen Preis lebe ich weiter!
Ich für meinen Teil würde zum Beispiel nicht weiterleben wollen mit dem Gewissen, das ich nie wieder Dinge tun könnte die mir mal wichtig waren, mit dem Gewissen nie wieder selbstständig zu sein - auch wenn die Schmerzen vorbei wären.
Sterbehilfe würde ich also 100% befürworten, wenn eben alle nötigen Vorraussetzungen gegeben sind. Wenn es quasi notariell festgehalten ist, das der Betroffene diesen Wunsch ausdrücklich geäussert hat und wenn eben ein Arzt (oder mehrere) zweifelsfrei feststellen können, das jegliche Heilung ausgeschlossen werden kann und vor allem, wenn Schmerzen im Spiel sind. Klar - man kann Schmerzen mit Opiaten unterbinden, aber den seelischen Schmerz kann man nicht mit Medikamenten behandeln.
Ich denke die größte Hilfe für einen Menschen in solch einer Situation ist es, seine Wünsche zu respektieren - auch wenn sie einem selbst unverständlich sind - auch wenn man selbst vielleicht anders handeln möchte.