Das Fenster
"Wenn man aus dem Fenster sieht, erkennt man erst wie sinnlos das Leben doch ist. Die Menschen gehen an mir vorbei und würdigen mich keines Blickes. Jeden Tag sehe ich sie zur gleichen Zeit. Ich könnte die Uhr danach stellen. Haben die Leute denn nichts anderes zu tun, als ständig hier vorbei zu gehen? Da kommt Frau Müller. Sie geht sicher einkaufen, wie jeden Donnerstag. Nichts ändert sich. Hektisch läuft sie vorbei. In ihrem Gesicht ist nicht die geringste Regung zu erkennen. Dabei müßte sie doch glücklich sein, schließlich wohnt sie in einem schönen, großen Haus. Ihr Mann ist immer auf Geschäftsreise. Also, mit mir könnte er das nicht machen. Wo käme ich denn da hin, wenn mein Mann ständig weg wäre? Wie kann ich denn sicher sein, dass er dort nicht einer anderen schöne Augen macht? Doch sie hat ja das große Haus. Manchmal glaube ich, dass sie ihn nur wegen des Geldes geheiratet hat. Aber das geht mich ja so wie so nichts an. Daniela kommt mit ihrer Gitarre - jetzt müßte es 15.00 Uhr sein. Ein fleißiges Mädchen ist das. Nach der Schule noch etwas anderes machen, als sich vor den Fernseher setzen. Ach - wenn ich nur auch noch so jung wäre. Der Pferdeschwanz, den sie sich heute gemacht hat, steht ihr ja gut. Vor kurzem hat sie sich die Haare rot gefärbt, dabei waren sie früher so schön blond. Manchmal kommt sie an mein Fenster und grüßt mich höflich. Ein richtig nettes Mädchen. Von wem sie das nur hat? Sicher nicht von ihrer Mutter. Die hat mich noch nie gegrüßt. Glaubt sicher, sie sei etwas besseres, nur weil sie in der Stadt arbeitet. Vielleicht kommt Daniela mehr nach ihrem Vater? Er war auch immer so nett, doch ihre Mutter hat sich von ihm getrennt. Damals war Daniela erst 11, armes Mädchen."
"Guten Tag, Frau Hoffman!"
"Guten Tag, Daniela. Gehst du wieder zu deinem Gitarrenunterricht?"
"Ja, ich muß mich aber beeilen. Einen schönen Tag noch."
"Tschüs. - Richte deiner Mutter bitte einen schönen Gruß von mir aus."
"Mach ich."
"Ein wirklich liebes Mädchen.
Und dort kommen ja auch Gisela und Doris. Jede Woche gehen sie zum Frisör. Ich frage mich, woher sie das Geld nehmen, ein Frisörbesuch ist ja auch nicht gerade billig. Überhaupt wachsen doch Haare nicht so schnell, dass man sie ständig schneiden müßte. Ihren Kaffeeklatsch können sie doch auch zu Hause abhalten. Genau so etwas verstehe ich nicht, wie kann man sich nur ständig über andere aufregen. Die haben wirklich nichts anderes zu tun, als Geld ausgeben und über andere Leute lästern. Doris hat schon wieder ein neues Kleid an. Das gibt es doch nicht! Sie gehen einfach vorbei und tun so, als hätten sie mich nicht gesehen. Nur um weiter über mich zu reden. Aber die Beiden können mir einfach nur leid tun. Jede Woche tun sie das gleiche. Das ist doch ein langweiliges Leben."
"Doris, hast du die alte Frau Hoffman gehört? Sie führt wieder Selbstgespräche."
"Ja, schrecklich ist so etwas."
"Keiner kümmert sich um die Frau. In einem Heim wäre sie sicher besser aufgehoben."
"Stimmt."
"Jeden Tag schaut sie aus diesem Fenster und beobachtet die Menschen."
"Hoffentlich werden wir niemals so wie sie."
© Nihasa
"Wenn man aus dem Fenster sieht, erkennt man erst wie sinnlos das Leben doch ist. Die Menschen gehen an mir vorbei und würdigen mich keines Blickes. Jeden Tag sehe ich sie zur gleichen Zeit. Ich könnte die Uhr danach stellen. Haben die Leute denn nichts anderes zu tun, als ständig hier vorbei zu gehen? Da kommt Frau Müller. Sie geht sicher einkaufen, wie jeden Donnerstag. Nichts ändert sich. Hektisch läuft sie vorbei. In ihrem Gesicht ist nicht die geringste Regung zu erkennen. Dabei müßte sie doch glücklich sein, schließlich wohnt sie in einem schönen, großen Haus. Ihr Mann ist immer auf Geschäftsreise. Also, mit mir könnte er das nicht machen. Wo käme ich denn da hin, wenn mein Mann ständig weg wäre? Wie kann ich denn sicher sein, dass er dort nicht einer anderen schöne Augen macht? Doch sie hat ja das große Haus. Manchmal glaube ich, dass sie ihn nur wegen des Geldes geheiratet hat. Aber das geht mich ja so wie so nichts an. Daniela kommt mit ihrer Gitarre - jetzt müßte es 15.00 Uhr sein. Ein fleißiges Mädchen ist das. Nach der Schule noch etwas anderes machen, als sich vor den Fernseher setzen. Ach - wenn ich nur auch noch so jung wäre. Der Pferdeschwanz, den sie sich heute gemacht hat, steht ihr ja gut. Vor kurzem hat sie sich die Haare rot gefärbt, dabei waren sie früher so schön blond. Manchmal kommt sie an mein Fenster und grüßt mich höflich. Ein richtig nettes Mädchen. Von wem sie das nur hat? Sicher nicht von ihrer Mutter. Die hat mich noch nie gegrüßt. Glaubt sicher, sie sei etwas besseres, nur weil sie in der Stadt arbeitet. Vielleicht kommt Daniela mehr nach ihrem Vater? Er war auch immer so nett, doch ihre Mutter hat sich von ihm getrennt. Damals war Daniela erst 11, armes Mädchen."
"Guten Tag, Frau Hoffman!"
"Guten Tag, Daniela. Gehst du wieder zu deinem Gitarrenunterricht?"
"Ja, ich muß mich aber beeilen. Einen schönen Tag noch."
"Tschüs. - Richte deiner Mutter bitte einen schönen Gruß von mir aus."
"Mach ich."
"Ein wirklich liebes Mädchen.
Und dort kommen ja auch Gisela und Doris. Jede Woche gehen sie zum Frisör. Ich frage mich, woher sie das Geld nehmen, ein Frisörbesuch ist ja auch nicht gerade billig. Überhaupt wachsen doch Haare nicht so schnell, dass man sie ständig schneiden müßte. Ihren Kaffeeklatsch können sie doch auch zu Hause abhalten. Genau so etwas verstehe ich nicht, wie kann man sich nur ständig über andere aufregen. Die haben wirklich nichts anderes zu tun, als Geld ausgeben und über andere Leute lästern. Doris hat schon wieder ein neues Kleid an. Das gibt es doch nicht! Sie gehen einfach vorbei und tun so, als hätten sie mich nicht gesehen. Nur um weiter über mich zu reden. Aber die Beiden können mir einfach nur leid tun. Jede Woche tun sie das gleiche. Das ist doch ein langweiliges Leben."
"Doris, hast du die alte Frau Hoffman gehört? Sie führt wieder Selbstgespräche."
"Ja, schrecklich ist so etwas."
"Keiner kümmert sich um die Frau. In einem Heim wäre sie sicher besser aufgehoben."
"Stimmt."
"Jeden Tag schaut sie aus diesem Fenster und beobachtet die Menschen."
"Hoffentlich werden wir niemals so wie sie."
© Nihasa