28. Februar 2039
Offizielle Verlautbarungen des Staatsrates
Begrüßung neuer Staaten
Aus dem Grunde der Zeitersparnis wird künftig ein Text zur Begrüßung neuer Staaten oder Regierungen den offiziellen Verlautbarungen voranstehen, wie er schon in den Mitteilungen anderer Staaten standardmäßige Verwendung findet. Dazu wurde vom Staatsrat eine Vorlage beschlossen, grundsätzlich alle neuen Staaten oder Regierungen als völkerrechtliche Vertretung ihrer Nation anzuerkennen. Das Verweigern einer Anerkennung wird separat bekannt gegeben und begründet. Folgende Formulierung wurde gemäß den Gepflogenheiten diplomatischer Korrespondenz gewählt:
Die Republik Kurland-Beloruthenien beehrt sich, alle neuen Staaten mit vorzüglicher Hochachtung begrüßen zu dürfen und benutzt diesen Anlass, selbstredend um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen sowie die Einrichtung von Botschaften in der jeweiligen Hauptstadt zu ersuchen. Bitte genehmigen Sie unser Ansinnen als Ausdruck höchster Wertschätzung.
Internationaler Flughafen Farburg
Im Beisein hoher politischer Prominenz fand nach siebenjährigen Bauarbeiten die Einweihung des komplett umgebauten und erweiterten Internationalen Flughafens Farburg statt. Präsident Wladimir Mironow ließ es sich nicht nehmen, persönlich das Band an der neuen Hauptzufahrt zu durchschneiden. Anschließend fand ein Rundgang durch die neuen Gebäude und Außenanlagen statt. Der Internationale Flughafen ging 1974 als Flughafen Farburg West mit einem Terminal und einer Start- und Landebahn in Betrieb, um den damaligen Zentralflughafen Farburg, heute Farburg Nord, zu entlasten. Des Weiteren sollte der Flughafen Farburg Nord aufgrund von Lärmschutz- und Sicherheitsbedenken auf langer Sicht geschlossen werden, da die Flugzeuge bei Start und Landung in niedriger Höhe über dicht besiedeltes Gebiet fliegen müssen, was aber aus finanziellen Gründen immer wieder aufgeschoben wurde. Als mit der wiedererlangten Unabhängigkeit Caltaniens 2022 der Flugverkehr deutlich zunahm, kam die Infrastruktur des Internationalen Flughafens bereits nach kurzer Zeit an ihre Kapazitätsgrenze, die nur mit unhaltbaren Provisorien auf vier Millionen Passagiere im Jahr angehoben werden konnte, sodass schon bald die Ausbaupläne mit Nachdruck voran getrieben wurden. Die 2032 unter laufendem Flugbetrieb begonnenen Arbeiten stellten eine enorme Belastung für die Reisenden und Anwohner dar. Zahlreiche Flüge wurden über den Flughafen Farburg Nord geleitet, der bis dahin nur noch den Inlandsverkehr abwickelte. Mit dem Abschluss der Bauarbeiten sollen die letzten Verbindungen nun schrittweise zum Internationalen Flughafen verlegt und der Nordflughafen zum Jahresende geschlossen werden.
Im Rahmen der Bauarbeiten erhielt der Flughafen eine zweite Start- und Landebahn aus Beton mit einer Länge von 3.600 m und einer Breite von 60 m, die parallel zur ersten Bahn verläuft. Nach Fertigstellung der neuen Bahn wurde die alte von 3200 m auf 3.600 m verlängert. Der neue Gebäudekomplex entstand nach Entwürfen der hylalischen Stararchitekten und mutmaßlichen Homosexuellen Robert Praiodan und Lars Raiopand. Während das alte Terminal den verbliebenen Flugverkehr abwickelte, wurde nördlich das Terminal 2 errichtet. Nach dessen Fertigstellung wurden die Reisenden von dort abgefertigt und der Rückbau des alten Terminals begonnen. Das Terminal 1 wurde spiegelbildlich gebaut. Beide verfügen jeweils über ein angeschlossenes Parkhaus. Zwischen den beiden durch jeweils eine große Glaskuppel lichtdurchfluteten Terminalgebäuden entstand ein zentraler, sich nach oben hin verjüngender, hoch aufragender Funktionsbau für die Flughafeneinrichtungen, an dessen Spitze in einer abgerundeten Kapsel die Flugsicherung ihren Sitz hat. Dieser Schaft beherbergt gleichzeitig die Entlüftung, der die Abluft aus einer länglichen, spaltähnlichen Öffnung an der Oberseite der Kapsel entlässt. Aber die Besucher sind nicht nur wegen der gewagten Architektur freudig erregt. An der Hauptzufahrt steht ein klassizistischer nackter Ikarus aus savoyischem Marmor als beeindruckendes Beispiel porneauxgrafischer Kunst, auch wenn die Experten streiten, ob es wirklich notwendig war, den wohlproportionierten und buschig umwaldeten Penis den ankommenden Fluggästen so ins Gesicht schlagen zu lassen. Am Einweihungstag vom Fernsehen befragt, bezeichnete ein offenbar ungebildeter jugendlicher Zeitgenosse das gelungene Ensemble frevelhafterweise als „voll schwul“.
Beim Abriss des ehemaligen Terminals wurde auch die alte Metrostation zurückgebaut und es entstand unterhalb des zentralen Funktionsgebäudes, das die beiden Terminals verbindet, eine neue Station, sodass diese direkt und durch kurze Wege zu erreichen sind. Die Station der Linie M3 wurde bereits vor vier Jahren mit Inbetriebnahme des Terminals 2 vom Bürgermeister und der Geschäftsführerin der MetrosexFAG (Metropolschienenexpress Farburg AG) eingeweiht und soll die Hauptlast der Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln tragen, die Buslinie „Airport Shuttle“ ergänzt das Angebot.
Durch dieses größte Bauprojekt in der Metropolregion Farburg konnte die Kapazität auf 8 Millionen Passagiere im Jahr verdoppelt werden. Auch wenn der internationale Luftverkehr durch den derzeitigen Krieg – oder Nicht-Krieg, je nach Sichtweise – danieder liegt, so ist man doch frohen Mutes, dass sich die Investition nicht zur „Luftnummer“ entwickeln wird und weitere Fluggesellschaften ihn als Drehkreuz für den Luftverkehr im Baltikum entdecken.
Der „5. Weltkrieg“
Wie in vielen anderen Ländern auch sind die Menschen in Kurland und in Beloruthenien ratlos angesichts der Ereignisse rund um den sogenannten „5. Weltkrieg“. Hatte man bislang hierzulande gedacht, der Krieg sei nur ein Phantasieprodukt übereifriger Drehbuchautoren, wie man es im Kinofilm >>
„Die Posaunen zum Jüngsten Gericht“<< gesehen hatte, so hat sich inzwischen der Verdacht erhärtet, dass es sich doch um schreckliche Realität handelt, die Welt also wirklich am Abgrund stand. Kurioserweise hat sich nach den überschlagenen Ereignissen zu Beginn des Krieges schnell eine erstaunliche Kriegsmüdigkeit bei den beteiligten Ländern breit gemacht und seit Monaten herrscht nun ein unausgesprochener Waffenstillstand. Nun ist seit Wochen in Verlautbarungen von Friedensverhandlungen und bevorstehendem Kriegsende die Rede, doch scheint es nicht absehbar, wann ein Friedensvertrag unterschrieben wird.
Schon kursieren die ersten Verschwörungstheorien. Von einer geheimen Weltregierung ist die Rede, die nach Belieben Kriege beenden kann und die sogar entscheiden soll, ob ein Land nach einer längeren weltpolitischen Abwesenheit eine neue Regierung bekommt. Andere behaupten, diese unsere Welt sei so eine Art Matrix, in der alles was passiert von transzendenten höheren Mächten gelenkt wird, die vermeintliche Realität, so wie wir sie kennen, ist in Wahrheit nur ein Phantasieprodukt. Das alles sind natürlich nur Hirngespinste, trotzdem zeigt ihr Aufkommen die zunehmenden Verständnisprobleme der Menschen, die sich nach einfachen Erklärungen in einer immer komplizierter werdenden Welt sehnen. Zu dieser komplizierten Welt gehört auch, dass vermeintlich unumstößliche Regeln aus den Erfahrungen der Vergangenheit, die heutige Realität nicht mehr abzubilden scheinen. Galt es bisher in den Wirtschaftswissenschaften beinahe als Naturgesetz, dass Kriege die Wirtschaft der Kriegsparteien belasten, ja lähmen, Weltkriege gar die Weltwirtschaft betreffen, so zeichnen die Veröffentlichungen zahlreicher Staaten ein recht widersprüchliches Bild. Vom ungebremsten Dauerwachstum mit sagenhaften Wachstumsraten in Krieg führenden Staaten bis zur Stagnation in unbeteiligten Ländern reicht die Palette. Auch die regelmäßigen Schwankungen in Form von Konjunkturzyklen scheinen in einigen Volkswirtschaften aufgehoben. Neben volkswirtschaftlichen Widersprüchen haben sich in diesem Konflikt die Regeln der Diplomatie offensichtlich grundlegend verändert. War es bisher so, dass ein Krieg das Verhältnis zweier Staaten zerrüttet hat und auf Jahre eine diplomatische Eiszeit herrschte, so treibt man jetzt bereits die Zusammenarbeit mit dem Kriegsgegner voran, obwohl sich noch kein Ausweg aus dem Kriegszustand abzeichnet.
Dieser „Weltkrieg“ ist oder war ein Kuriosum und wird sicherlich seinen ganz besonderen Platz in den Geschichtsbüchern finden.
République de Lago
Mit zunehmender Ungeduld wartet das Staatsministerium des Äußeren auf Rückantwort einer vor geraumer Zeit an den lagonnischen diplomatischen Dienst zugesandten diplomatischen Note. Das andauernde Schweigen aus dem nordamerikanischen Staat führt zunehmend zu der Ansicht, dass die dortige Regierung nicht länger an einer Teilnahme an der Weltpolitik interessiert ist. Da in der Zwischenzeit auch niemand mehr einen lagonnischen Regierungsvertreter zu Gesicht bekommen hat, geht das Gerücht um, dass sämtliche Mitarbeiter in einen tiefen Schlaf verfallen sind und das Regierungsviertel inzwischen von einer undurchdringlichen Rosenhecke umwuchert ist. Wer wird der mutige Diplomat sein, der sich durch die Dornenbüsche schlägt und die Regierung aus ihrem Dornröschenschlaf befreit?
Zerfall Gerudoniens
Mit der Auflösung des Vereinten Königreichs Gerudonien sind drei Nachfolgestaaten entstanden, diese werden als souveräne Staaten anerkannt. Das Königreich Hylalien wird als Rechtsnachfolger des Vereinten Königreichs Gerudonien angesehen. Damit verbleibt die ehemalige gerudonische Botschaft in hylalischem Besitz. Die Konsulate von Savoyen und Mexicali werden zu Botschaften herauf gestuft. Die Entscheidung des savoyischen Volkes von der Monarchie abzukehren und eine föderative Republik als Staatsform zu wählen, wird ausdrücklich begrüßt. Für Unverständnis sorgte bereits vor geraumer Zeit die mexicalische Entscheidung, nach der Unabhängigkeit trotz republikanischer Vergangenheit Mexicali als Königreich weiterzuführen. Das Staatsministerium des Äußeren ist nicht gewillt, die mit dem Zerfall Gerudoniens entstandenen Konflikte der Nachfolgestaaten zu kommentieren, ist aber befremdet über den harschen Ton, der weltweit gegenüber Hylalien im Nachklang der dem Ostseekonflikt gefolgten Seeblockade an den Tag gelegt wird, insbesondere da auch das Zumanische Reich beteiligt war, dieses sogar den Hauptteil der militärischen Mittel für die Blockade bereitgestellt hat.
Handelsbemühungen mit Mexicali
Das erneut unabhängige und auf wundersame Weise monarchisierte Land Mexicali veröffentlicht regelmäßig ellenlange Listen mit Export- und Importgütern, die in der Regel auf nur geringe Resonanz stoßen. Mit der Wiederherauslösung Mexicalis aus dem allgemein unbeliebten gerudonischen Staatengebilde rückt das mittelamerikanische Land jetzt verstärkt als Handelspartner in den Blick. In Kurland-Beloruthenien betrachtet man die mexicalische Ankündigung, weltweit neue Handelspartner gewinnen zu wollen, als Möglichkeit den bilateralen wirtschaftlichen Austausch zu intensivieren. Die im Außenhandelsverband zusammengeschlossenen Unternehmen zeigen dabei besonderes Interesse folgende Güter aus mexicalischer Produktion einzuführen:
- Shrimps von Matador Shrimps
- Rum, Tequila und Weine von Borrachero
- diverse Rohstoffe der Firma Marapinta Metals
Auf der anderen Seite streben caltanische Unternehmen mit Hilfe des Außenhandelsverbandes ein Engagement im mexicalischen Markt an und ersuchen die Genehmigung folgender Waren:
- Obst
- Blumen
- Zucker (aus Zuckerrüben)
- Fisch (hauptsächlich baltische Arten)
- Maschinen (insbesondere Werkzeugmaschinen und technische Anlagen)
Für Mexicali könnte mit der Ausweitung des bilateralen Handels ein Impuls gegen die sich abzeichnende Krise gegeben werden, so hat Marapinta Metals derzeit sinkende Umsätze zu verbuchen und das Land verzeichnet laut Regierungsangaben eine leicht ansteigende Arbeitslosigkeit.
Gewalt in Chryseum
Die Veröffentlichungen aus Chryseum setzen ihren Abwärtstrend in die Gosse fort. Jetzt bedient man sich dort schon des boulevardesken Stils verschriener Revolverblätter mit möglichst reißerischen Bildern und großen bunten Überschriften. Der Informationsgehalt der Meldung ist dementsprechend recht dürftig, was das Kommentieren der dortigen Ereignisse nicht leichter macht. Allerdings lässt sich sagen, dass die verwendete Selbstbezeichnung der Aufrührer als „Brennde Luft“ wohl eher als ein Euphemismus für Brandstifter anzusehen ist. Bei der Beurteilung der Ausschreitungen gehen die Meinungen entsprechend der politischen Ausrichtung freilich auseinander. Während der konservative Staatsrat für Sicherheit und Justiz von Randalierern und bandenmäßigen Plünderungen spricht und den Einsatz schwer bewaffneter Polizeikräfte zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung begrüßt, vertritt die Sozialistische Arbeiterpartei erwartungsgemäß eine völlig gegenteilige Auffassung. Dort sieht man die Straßenschlachten als Beginn einer klassenkämpferischen Bewegung der vom Monopolkapitalismus geknechteten proletarischen Massen und es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich das von einer kleinen besitzenden Kaste ausgebeutete Prekariat auch in anderen Landesteilen erhebt und mit der geballten Arbeiterfaust die Ketten der Unterdrückung durch die Schlotbarone und Börsenhaie zerschlägt.
Volksrepublik Taïnan
In den Reihen der Sozialistischen Arbeiterpartei nahm man die Rede an die Welt des „geliebten Führers“ Dan Phraya mit Empörung auf. Die SAP stellte zusammen mit der Sozialdemokratischen Partei Caltaniens (SPC) von 2027 bis 2035 die Regierungskoalition. Es ist noch nicht so lange her, da war die >>
Demokratische Volksrepublik Brûmiasta<<, der Vorgänger des heutigen Taïnans, einer der engsten Freunde Caltaniens und eine treibende Kraft im Bruderbund des >>
Sozialistischen Sicherheitsvertrages (SSV)<<. Der Vorgänger Phrayas, der brûmaanische Premierminister Mohammed Mujibur Wajed, genießt bis heute ein hohes Ansehen im Land und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht. So erhielt er den Stern und den Großen Stern der Völkerfreundschaft, den Verdienstorden des SSV 1. und 2. Klasse. In Farburg sind eine Straße und die dazu gehörige Metrostation nach dem brûmaanischen Premier benannt. Dass die neue taïnanesische Regierung ihren osteuropäischen Genossen so in den Rücken fällt und die alten Freunde als Verbrecher und Korrupte beschimpft, ist nichts weiter als billiger Opportunismus gegenüber dem Klassenfeind und hintertreibt alle Anstrengungen, die man seinerzeit für den Frieden und eine gerechtere Welt unternommen hat.
Von den Aussagen der größten Oppositionspartei unbeeindruckt, weil an Klassenkampf und Weltrevolution nicht interessiert, erkennt die konservativ-liberale Regierung des Staatsratsvorsitzenden Nikolai Schirinowski die neue taïnanesische Regierung unter ihrem Führer Dan Phraya als legitime völkerrechtliche Vertretung ihres Land an, so wie man es grundsätzlich mit allen „neuen“ Staaten hält, ungeachtet eventueller Bedenken. Eine weitergehende Zusammenarbeit schließt man aber bis auf Weiteres aus. Hinter vorgehaltener Hand äußern Koalitionspolitiker allerdings bereits Zweifel, dass sich die neue Regierung lange an der Macht halten wird, die einhellige Meinung ist, dass man, sobald das Propagandafeuerwerk verschossen worden ist, wie bei so vielen aggressiv auftretenden Ländern, auf lange Sicht nichts mehr aus dem Land vernehmen wird, bis eine neue Regierung auftaucht und dem Land wieder einen neuen Namen gibt.
Gesprächsangebot aus Boscoulis
In Vlodostok verfolgt man aufmerksam die diplomatische Offensive des castianischen Premiers Patrick O'Donoghue, der nach mehreren Rückschlägen in der Vergangenheit erneut Gespräche mit Boscoulis anstrebt. Castiana war ebenso wie Caltanien von den – wie es O'Donoghue diplomatisch formulierte - „unüberlegten Aktionen“ Boscoulis‘ betroffen, daher betrachtet man die Entwicklung zwischen den beiden Staaten als mögliche Vorlage für die zukünftige Gestaltung des schwierigen Verhältnisses zum nördlichen Nachbarn. Dazu passt das Angebot der boscoulischen Regierung, die den kurländisch-beloruthenischen Präsidenten zu Gesprächen einlädt. Der Präsident der Föderation Wladimir Mironow will die Ergebnisse der Gespräche zwischen Castiana und Boscoulis abwarten und bei einer positiven Entwicklung die Einladung annehmen.
Von einem Flug des Präsidenten nach Boscoulis wird unter den derzeitigen Umständen und aus Sicherheitsgründen jedoch vorerst abgesehen, immerhin befindet sich Boscoulis als ESUS-Mitglied nach dem Ostseekrieg bereits zum zweiten Mal nach kurzer Zeit mit dem Zumanischen Reich im Krieg. Präsident Mironow zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass dieser unerträgliche monatelange Schwebezustand des „Weltkriegs“ zeitnah durch einen Friedensvertrag beendet werden kann.
Baikalien, schlechteste Volksrepublik aller Zeiten
Der Unterstaatssekretär für Minderwertigkeitsangelegenheiten nahm zu herangetragenen Vorwürfen aus Baikalien Stellung, wonach sich die caltanische Führung nicht entschieden genug für die slawische Einheit einsetze. In Kurland und Beloruthenien vertritt man schon lange die Meinung, dass es sich bei der „Volksrepublik“ nur um eine vorübergehende Erscheinung handele. Dabei stützt man sich auf die Aussagen hochrangiger baikalischer Politfunktionäre, die unumwunden zugaben, eigentlich lieber in einem anderen Land leben und politisch tätig sein zu wollen und die dem eigenen System nur eine begrenzte Lebenszeit vorhersagten. Den kursierenden Gerüchten nach wollen sich einige von ihnen sogar nach Bolivarien absetzen, schon weil dort das Klima angenehmer ist; andere zieht es offensichtlich nach Nowgorod. Die caltanische Regierung hat daher folgerichtig keine größeren Anstrengungen unternommen, um engere Bande mit der baikalischen (Interims-)Regierung zu knüpfen. Mit dem slawischen Einheitskomitee hat man sich gar nicht erst beschäftigt, denn außerhalb Baikaliens ist niemand bekannt, der das hinterasiatische Land ernsthaft zur slawischen Völkergemeinschaft zählen mag - einmal ganz davon abgesehen unter welchen dubiosen Umständen dieses obskure Komitee gegründet wurde. Man erinnert sich auch heute gerne noch mit Vergnügen an betrunkene alte Männer, die lauthals schreiend aufgesprungen waren, ein beliebiges, ihnen untergeschobenes Blatt Papier zu unterschreiben, mit dem nichts weniger als eine panslawische Einheit verwirklicht werden sollte. Die Lacher hatte Baikalien damals zu Recht auf seiner Seite.
In ihrer Negativeinschätzung Baikaliens sind Regierung und Opposition in seltener Eintracht vereint, obgleich die Sozialistische Arbeiterpartei ihre Kritik an etwas ganz anderem festmacht. Die regierenden Politiker, die sich selbst als Kommunisten bezeichnen, scheinen noch nie auch nur einen Blick in die Werke von Marx, Engels und Konsorten geworfen zu haben. Was dort im Hinterhof Asiens veranstaltet wird, ist alles Mögliche, nur kein Kommunismus oder auch nur eine andere entfernte Abart sozialistischer Gesellschaftsentwürfe. Es will auf Anhieb keine Entscheidung der dortigen Regierung in den Sinn kommen, die auch nur im Entferntesten an den Marxismus-Leninismus angelehnt wäre. Den Kurländern und Beloruthenen, immerhin für ihre Belesenheit in den Klassikern des Sozialismus weithin bekannt, ist – anders als es die Verlautbarungen aus Baikalien nahe legen - auch keine Stelle in den Werken von Marx bekannt, an der sich der große Gesellschaftstheoretiker über die Rechte von Homosexuellen auslässt. Dann wird auch noch irgendetwas von weitreichenden Wirtschaftssanktionen gegen Taïnan schwadroniert, natürlich ohne dass man da genaueres erfährt. Bisher war ja nicht einmal bekannt, dass es diese intensiven Handelsbeziehungen zwischen Baikalien und Taïnan überhaupt gibt, die solche Sanktionen erforderlich machen. Aber warum sich aufregen, das erhöht nur den Blutdruck…
Aber Rettung naht. In einer beispiellosen Solidaritätsaktion sammeln die caltanischen Genossen Buchspenden mit den Klassikern des Sozialismus, um sie den baikalischen Bürgern zukommen zu lassen. Mit klassenbewusstem Lächeln und einem Motivationslied auf den Lippen werden die Bücherkisten gepackt.
Baikalier hört man bitter sagen:
‚Sozialismus schön und gut,
aber was man uns hier aufsetzt,
das ist der falsche Hut.‘
Wir werden dafür sorgen,
dass der Sozialismus blüht.
Heute, nicht erst morgen,
Freiheit kommt nie verfrüht!
Fragwürdige Translevpläne
In einem Anfall plötzlichen Geldausgebens haben mehrere Länder beschlossen, Milliardenbeträge in die Hand zu nehmen, um Hochgeschwindigkeitsnetze für die Magnetschwebebahn „Translev“ zu bauen. Das ist an sich nicht verwerflich, allerdings lassen die bisher veröffentlichten Informationen aufhorchen. Skeptisch werden dabei insbesondere die Pläne des Mitteleuropäischen Bundes gesehen. Dort plant man nämlich gleich im ganz großen Stil. Kaum hatte MBB-Vorstand Ackberger seine Vision eines Translevnetzes am 25. Januar vorgestellt, sorgen die Aussagen vom 9.2.2039 für Irritationen, wonach das Verkehsministerium bereits alles ohne nähere Prüfung abgesegnet hat und nach einem extrem kurzen Planungsvorlauf die Bauarbeiten bereits begonnen haben, sodass ein erster Streckenabschnitt bereits Ende dieses Jahres in Betrieb gehen soll. Für die Neubaustrecke Zagreb – Split muss mal eben ein Küstengebirge untertunnelt werden, was aber anscheinend kein größeres technisches Hindernis darzustellen scheint, denn alle Strecken sollen bis 2041 in Betrieb gehen. Das klingt rekordverdächtig, denn man sollte doch meinen, dass bei solider Planung, der Einhaltung gängiger Rechtsnormen zu Planfeststellung und Vergaben und unter Einbeziehung der vom Streckenbau betroffenen Anlieger für so ein kostspieliges und technisch anspruchsvolles Neubauprojekt mit einer Laufzeit von nicht weniger als 10 Jahren auszugehen ist, schon allein aufgrund der zahlreichen Ingenieurbauwerke wie Brücken und Tunnel, die notwendig sind, um eine möglichst kurvenfreie und steigungsarme Streckenführung zu erreichen, die für solch hohe Geschwindigkeiten unabdingbar ist.
Die medirischen Planungen hingegen für die Eröffnung einer ersten Translevstrecke Ende 2049 werden zwar als sehr ambitioniert, jedoch auch als sehr viel seriöser angesehen als die aus dem Mitteleuropäischen Bund und daher kann man abschließend zu dem Ergebnis kommen, dass die medirischen Pläne als ernst zu nehmen und realisierbar zu betrachten sind, die mitteleuropäischen dagegen als völlig aus der Luft gegriffen.
Von vornherein einen politischen Höchstpreis von höchsten 200 Zinu je Fahrt festzusetzen, lässt außerdem Zweifel daran aufkommen, dieses Hochgeschwindigkeitsnetz jemals eigenwirtschaftlich zu betreiben sein wird, denn wie aus den Veröffentlichungen hervor geht, steht nicht einmal die Anzahl der benötigten Translevgarnituren fest, was bedeutet, dass das letztliche Investitionsvolumen noch gar nicht abzusehen ist und eine Fahrpreiskalkulation derzeit ausgeschlossen ist. Da aber bereits vereinbart wurde, dass das Translevnetz von den beteiligten Staaten finanziert werden soll, ergibt sich ein zweifelhaftes Bild vom Umgang mit Steuergeldern. Vielmehr erhält man den Eindruck, dass sich führende Politiker ein teures Prestigeprojekt leisten wollen, um sich so ein Denkmal zu setzen.
Ende der amtlichen Bekanntmachungen