So, zurück aus meiner längeren Weihnachtspause geht es hier mit Folge 5 weiter.
5x05: Frieden
Frieden. Wir alle haben ein natürliches Verlangen danach. Und so ist es nur verständlich, dass wir für dessen Erhalt alles tun würden. Manche von uns würden sogar so weit gehen, dass sie ihr eigenes Leben dafür aus Spiel setzen würden. Dass dieser Einsatz seinen Preis hat und unsere Mitmenschen es nicht verstehen können, ist dabei nur verständlich…
Jakob Winter sah auf die gepackten Koffer seiner Exfrau. Ihm war nie bewusst gewesen, dass sie so viel Gepäck mitgebracht hatte, als sie vor einigen Monaten bei ihm eingezogen war. Damals hatte Jakob geglaubt, dass es für beide besser wäre, wenn sie zusammenleben würden um diese schwere Krise zu überstehen. Doch schon bald zeigten sich erste Anzeichen, das dem nicht so war. Susanne hatte Angst gehabt. Sie hatte Angst, wenn sie auf die Straße ging. Sie fürchtete sich, wenn sie alleine war und auch dann, wenn Jakob sie in den Armen gehalten hatte.
Zwar fühlte er nicht mehr die Liebe, die er gespürt hatte, als sie noch verheiratet waren, aber sie war ihm wichtig. Der Gedanke, dass sie möglicherweise unglücklich war schmerzte Jakob, obgleich ihm bewusst war, dass er wohl dran nicht würde ändern können.
Aber rechtfertigte das einen so drastischen Schritt, dass sie Auszog? Wo wollte sie hin? Und wie würde so dort hinkommen?
Susanne stand am Kopf der Treppe und sah hinunter zu Jakob, der nachdenklich auf ihr Gepäck starrte. Sie musste tief durchatmen. Sie musste sich beruhigen. Was sie da tat, was das verrückt? Klar war es das. Aber daran denken durfte sie jetzt nicht. Es gab keine andere Möglichkeit. Bald würde Susanne es nicht mehr vor Jakob verheimlichen können, dass sie ein Kind bekam. Sicher, das wäre noch kein guter Grund wegzugehen, aber die Tatsache, mit wem sie dieses Kind hatte schon.
Er würde es niemals verstehen hatte sich Susanne Nacht für Nacht immer eingeredet. Jakob würde ausrasten, Gott weiß, was er tun würde.
So gab es für sie nur eine Möglichkeit: Wegzugehen.
„Ich hab jetzt alles.“, sagte sie mit leiser Stimme und ging langsam die Treppe hinunter.
„Und du willst das wirklich machen?“ Jakob merkte selbst, wie dumm diese Frage war. Na klar wollte sie es tun, sonst wäre sie ja nicht mit den ganzen Koffern …
„Es tut mir leid.“
Jakob sah Susanne tief in die Augen. Es waren immer noch die Augen, die er einst geheiratet hatte. Es war auch noch der gleiche süßliche Mund, den er damals am Traualtar geküsst hatte. Und auch die Haut, fühlte sich noch immer so weich an, wie am Tag ihrer ersten Begegnung. Nur die Seele, die von diesem Körper beherbergt wurde, die war anders. Sie war irgendwie verkommen, in sich gesunken, ängstlich. Nicht erinnerte mehr an die Susanne Winter, die er gekannt hatte.
„Wir haben es zwei Jahre lang ausgehalten. Wir können das noch zum Ende bringen. Susanne, die Regierung verliert immer mehr Zuspruch. Es wird bald zu Ende sein.“
Jakob hörte wie hohl seine Worte klangen, auch wenn er selbst versuchte daran zu glauben. Und selbst wenn es so geschehen würde, er glaubte nicht, dass Susanne sich davon abhalten ließ.
„Ich weiß, dass du dich um mich sorgst. Aber mir wird es gut gehen. Ich habe einen alten Kollegen, der mich hier wegbringt. … Ich glaube nicht, dass ich dich noch dazu überreden kann mitzukommen, oder?“
Susanne versuchet sich ein Lächeln abzugewinnen.
„Du weißt, dass ich das nicht kann. Das bin ich dieser Stadt … das sind wir dieser Stadt schuldig.“
„Ich liebte diese Stadt. Ich liebe dich. Aber ich liebe auch mein Leben. Und in den letzten zwei Jahren hätte ich dieses fast verloren. Ich kann nicht länger hier bleiben.“
Damit umarmte Susanne ihren Exmann und ging mit den Koffern zur Tür.
„Du machst einen Fehler.“, sagte Jakob ohne sie anzusehen.
„Ich weiß.“
Dann fiel die Tür ins Schloss und Jakob blieb allein zurück.
Ja, wir alle sehnen uns nach Frieden. Denn nur wenn wir Frieden finden, können wir uns wohl und frei fühlen. Doch was bringt es, wenn man vor den Problemen davonläuft? Ist das ein Weg um seinen Frieden zu finden? Für Jakob bedeutet es nur, dass es sich noch viel unsicherer fühlte. Nein, er fühlte sich verängstigt, er hatte höllische Angst. Keine Angst vor der Präsidentin, keine Angst vor den Raketen der vereinten Nationen, nur die Angst vor dem allein sein… so würde er niemals Frieden finden.