Ganz ehrlich, ich könnte mich heute noch darüber ärgern, dass meine Eltern mich als Kind fett gefüttert haben. Limo, Cola, kalorienhaltiges Essen, immer aufessen müssen, kaum Salat und niemals "nein" sagen können. Ein 6 oder 8 oder auch 12-jähriges Kind kann nun mal nicht allein über sein Essen entscheiden. Meine Eltern haben mich bestens mit Schokolade, Keksen, Chips usw. versorgt. Klar habe ich rumgemeckert, wenn es nichts gab. Sie haben es mir ja jahrelang so anerzogen. Aber sie hätten das aushalten und konsequent bleiben müssen. Dann wäre mir einiges erspart geblieben. Jahrelang gab es Mittags unter der Woche nur Pizza und Fertiggerichte - weil meine Eltern arbeiten mussten und ich mir selbst etwas machen musste.
Gut, heute, Anfang 20, hält sich mein Übergewicht in Grenzen, trotzdem haben ich noch so ca. 10 bis 15 Kilo zuviel auf den Rippen. Aber das war harte Arbeit. Meine Eltern hatten keine Lust auf Ernährungsumstellung, stattdessen "durfte" ich mit ca. 15 Jahren Abnehmpillen schlucken. Das ging überhaupt nicht gut, teilweise aß ich nur ein Brot und einen Apfel am Tag. Im Endeffekt habe ich zwar einiges dabei abgenommen, mir aber die Verdauung erstmal gründlich versaut.
Als ich dann mit der Ausbildung angefangen und Geld verdient hatte, konnte ich mir meine Lebensmittel selbst kaufen. Inzwischen esse ich größtenteils ausgewogen, kalorienarm. Klar, ab und zu gibts schokolade, Pizza und Kalorienbomben. Gerade jetzt zu Weihnachten habe ich sicher ein Kilo zugenommen. Ich mache täglich 1-2 Stunden Sport, je nachdem, was und wieviel ich gegessen habe. ich halte mein Gewicht bzw. hoffe ich, noch ein bisschen abzunehmen.
was ich damit eigentlich sagen will. Für einen 10-Jährigen Jungen bringt eine Kur allein wenig. Denn er ist größtenteils von seinen Eltern abhängig, was die Nahrungsaufnahme angeht. Die Eltern müssen genauso lernen, mit ihren Kind richtig umzugehen. Wenn er bei anderen Leuten einfach in die Küche geht, schimpft, bestraft ihn, nehmt ihn das Zeug weg - aber lasst es nicht zur Normalität werden - das ist ja schon richtiges Suchtverhalten! Habt keine Fettmacher mehr zu Hause, räumt alles weg, kauft nichts mehr. Nur noch gesunde Snacks für Zwischendurch. Greift da härter durch, auch wenn geweint wird - ihr tut dem Jungen keinen Gefallen damit. Klar, das ist nicht so einfach, gerade wenn da zwei Familien im Spiel sind. Aber der Junge wird es euch später mal danken.
Belohungssystem ist nicht schlecht. Kann es mir noch nicht so richtig vorstellen. Wenn er ein Kilo abnimmt, gibts eine Belohnung? Und wenn er es dann eine Woche später wieder drauf hat? Nicht so einfach.
Ich würde es andersherum machen und beobachten, wann genau er kalorienhaltig isst. Wenn er Stress, Kummer hat? Wenn er sich selbst für etwas belohnen will? wenn er glücklich, traurig, einsam ist? langeweile hat? Zeigt ihm Wege, gewisse Emotionen zu verarbeiten und zwar OHNE Nahrungsaufnahme. Bei Wut könnte er auf einen Boxsack einschlagen, wenn er etwas tolles geschafft hat (gute Noten), kauft ihm eine Kleinigkeit (eine Zeitschrift, ein Buch, eine Sammelfigur, macht einen Ausflug, Sachen, die ihm gefallen). Wenn er Stress hat, braucht er eine Methode, um sich zu beruhigen. Vielleicht Musik, ein Buch lesen, evtl. ein ein PC Spiel spielen, vielleicht schwimmen oder spazieren gehen. Hat er ein Hobby? wenn nicht, überlegt zusammen, was ihm Spaß machen könnnte. Sport, Kreatives, sich irgendwo freiwillig engagieren, evtl. ein kleiner Job wie Zeitung austragen.
Stellt Regeln auf. Gegessen wird nur zu den Hauptmahlzeiten, zusammen am Esstisch. hat er zwischendurch Hunger, gibt es gesunde Snacks. Und zieht die Sache durch!