Kapitel 2 – Ein Kartenhaus stürzte ein…
17. April 1996, 20:34 Uhr:
„Hallo?“, rief Dylan die Treppe hoch. Das Haus war seltsam ruhig und leer.
„Mum?“, langsam ging Dylan in die Küche und legte dabei ihre Schultasche auf einen Stuhl. Ihre Augen wanderten durch den Raum. Auf dem Esstisch waren noch Teller, die nur halbgeleert waren. „Wo sind die denn hin?“
Plötzlich ertönte direkt über ihr ein lautes Poltern. Dylan starrte hoch zur Decke. „Hallo?“, flüsterte sie, obwohl sie sofort merkte, dass dies dumm war. Langsam drehte sie sich um und ging in den Flur zurück. Langsam sah sie zur Treppe hoch.
Erneut war ein Poltern zu hören und jetzt auch ein lauter Schrei ihrer Mutter. „Mum?“, wisperte Dylan lauter als sie wollte.
Schnell lief sie die Treppe rauf, doch blieb oben schlagartig stehen. Was sollte sie tun? Wenn ihre Mutter geschlagen oder vergewaltigt wird, konnte sie nichts tun. Ein erneutes Poltern war zu hören und diesmal auch ein lauter Schuss. Dylans Mutter schrie und ein Lachen war zu hören.
Nun war es ihr egal, was ihr passieren würde, Dylan ging auf die Schlafzimmertür ihrer Eltern und riss sie auf und konnte einen Schrei nicht unterdrücken.
17. April 2003, 05:23 Uhr:
„Es tut mir Leid, Mama…“, schluchzte Dylan in ihre Hände. Sie wollte sich selbst in dieser Verzweiflung nicht in das Kissen legen. Sie spürte sogar jetzt unter sich die Maden kriechen und wischte sich keuchend eine Träne aus dem Auge.
„Ich muss weg hier… Raus aus Faith Ville!“, flüsterte Dylan und stand vom Bett auf. So schnell es ging zog sie sich ihre Jeans über und lief aus dem Motel.
Es war erschreckend wie laut die Frauenschreie in der Nacht in Faith Ville waren und noch erschreckender war es, dass man keine Polizei hören konnte, oder irgendeine Reaktion eines Mitmenschen bemerken konnte.
Dylan schloss die Wagentür hinter sich und startete den Motor, sie fuhr so schnell es geht vom Parkplatz, als es laut krachte…
17. April 1996, 20:36 Uhr:
Auf dem Bett kauerte sich Dylans Mutter zusammen. Dylan schrie laut und ein Mann sah sie an und grinse hämisch. Sie schrie erneut, als sie ihren Vater entdeckte, der an einem Seil an der Decke hang – seine Füße schwebten einen halben Meter überm Boden, sein Gesicht nach unten geneigt.
Dylans Mutter schrie laut: „Lauf, Dylan! Lauf! Dreh dich nicht um! LAUF!“
„MUM!“, Dylans Stimme klang schrill und panisch, was sie selbst merkte.
Der Mann hob nun seine Waffe und richtete sie auf ihre Mutter. „NEIN!“, schrie Dylan, als er die Waffe entsicherte. Wie in Zeitlupe, kam es ihr vor, bewegte sich sein Finger zum Abzug und langsam drückte er den zurück. „NEIN!“, Dylan drehte sich im Türrahmen um, als ein Schuss ertönte und Blut zu spritzen hören war.
Sie rannte schnell zur Treppe und versuchte die Treppe so rasch es geht runter zu kommen, doch sie stolperte über ihre eigenen Füße und polterte mit einem lauten Getöse die Treppe hinunter. Der Mann kam aus dem Zimmer, das war zu hören, und Dylan kauerte sich schmerzerfüllt auf dem Boden. „Ah…“, fluchte sie und versuchte sich vom Boden zu erheben. Dabei stach plötzlich ein Schmerz in ihre Knochen, doch das war ihr jetzt egal. So schnell es ging, lief sie durch die Haustür in die Dunkelheit hinein…