Ich glaube, dass ihr ihn schneller treffen werdet, als ihr glaubt. Er ist nämlich hier.“
„Was?! Und warum sagst du das erst jetzt?“ fragte Jan sie.
„Du hast ja nicht gefragt!“
„Ist ja auch egal, kannst du uns zu ihm bringen?“
„Klar.“
Ich spürte, wie mein Herz mit jedem Schritt den ich machte, schneller schlug. Das Geräusch, das es
dabei machte, wurde lauter und lauter. Letztendlich hörte ich nur noch mein Herz. Die laute Musik nahm
ich praktisch nicht mehr wahr. Ich sah, wie Fiona mit dem Finger auf einen blonden Jungen zeigte, der an
einen Tisch, umgeben von zahlreichen anderen Menschen, saß. Ich hielt inne.
Kann ich das wirklich tun? Er wird mich doch sowieso nicht wiedererkennen, aber wenn ich das
nicht mache, kann es sein, dass ich nie wieder eine solche Gelegenheit bekommen werde. Vielleicht sollte es eben
nicht sein. Ich könnte es einfach lassen. Jedoch… bedeutet etwas zu akzeptieren, nicht das Gleiche wie aufgeben?
Plötzlich spürte ich, wie mich eine Hand am Arm berührte und mich weiter zog. Es war Jan.
„Gib jetzt nicht auf“ sagte er lächelnd.
Ich ging weiter, mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich nicht alleine bin. Jan war ja bei mir.
„Lukas! Ich habe jemanden mitgebracht“ sagte Fiona zu dem blonden Jungen.
Erschrocken trat ich zwei Schritte zurück, als er aufstand und auf uns zu kam.
„Woah, dich habe ich schon lange nicht mehr gesehen!“, sagte er zu Jan und umarmte ihn sichtlich fest dabei.
Ich verstand in diesem Augenblick gar nichts mehr.
Ist das wirklich Lukas? Erinnert er sich wieder?
Meine Knie wurden weich, als ich sah, wie er sich in meine Richtung drehte und er mir so nah war,
dass ich den Duft seines Aftershaves richten konnte.
„Lange nicht gesehen Isabell.“
„Lukas, was ist denn mit dir los? Kannst du dich wieder an uns erinnern?“ fragte ihn Jan überrascht
und legte seine Hand auf Lukas Schulter.
„Ja man, ich erinnere mich wieder an alles.“
„Gott, ich glaub‘s ja nicht“, seufzte Jan erleichtert.
„Und du bist nicht auf die Idee gekommen mal in deiner Heimat vorbeizuschauen?“ redete er weiter.
„Tut mir echt Leid. Demnächst werde ich bei euch mal vorbeikommen. Versprochen“ antwortete er
Jan mit einem breiten Lächeln.
„Alter, du hast dich gar nicht verändert“, erwiderte ihm Jan lächelnd und schubste ihn ein wenig.
„Ich habe doch gesagt, dass es mir Leid tut.“ Lukas schubste Jan zurück. Die beiden waren wie zwei
kleine Kinder, die einander spielerisch ärgerten, um einander zu zeigen, dass sie sich mochten.
Wir setzten uns zu den Leuten am Tisch und Lukas fing an, sie uns vorzustellen. Erst dann bemerkte ich,
dass die meisten davon hübsche Frauen oder Mädchen waren.
„Bist du neu in der Stadt? Ich sehe dich das erste Mal.“ Fragte mich eine Frau mit kurzen schwarzen Haaren,
die auch am Tisch saß und Lukas sie als Rika vorgestellt hatte.
„Ich bin nur zu Besuch hier“, antwortete ich ihr stotternd.
„Wie lange bleibst du denn?“
„Ich…“
Wie lange werde ich denn wirklich hier bleiben? Irgendwie ist alles anders gekommen, als ich geglaubt hatte.
Ich habe es nie für möglich gehalten, dass sich Lukas wieder an alles erinnern würde. Und jetzt sitze ich mit
ihm zusammen an einem Tisch und sehe, wie er lächelt. Aber ich habe nie darüber nachgedacht, was ich ihm
sagen würde, wenn ich ihn wiedersehe.
„Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein“, antwortete ich ihr lächelnd.
„Wenn du Lust hast, kannst du gerne mit uns abhängen“, bot sie mir an.
„Vielen Dank, aber ich glaube, so lange bleibe ich wahrscheinlich doch nicht“,
„Komm schon, sei nicht so schüchtern Mädchen!“,
„Hey Rika, lass doch mal Isabell in Ruhe“ mischte sich Lukas ein.
„Ich helfe ihr bloß, dass sie sich hier in Lumier zurechtfindet.“
„Das glaube ich kaum.“
„Glaub, was du willst. Jedenfalls kümmere ich mich um sie im Gegensatz zu dir.“
Lukas warf ihr einen bösen Blick zu.
„Glaubst du, ich habe Angst vor deinem Blick? Der sieht ja jämmerlich aus“ sagte Rika ihm,,
„aber du brauchst ja eh gar nicht so zu schauen, um blöd auszusehen“
Plötzlich spürte ich eine zierliche Hand auf meiner Schulter.
„Keine Angst. Lukas und Rika machen das andauernd. Zwar sieht es so aus, als ob sie einander nicht
ausstehen können, aber in Wirklichkeit sind sie echt gute Freunde“.
Ich wandte mich um und vor mir saß eine schöne Frau mit roten Haaren, ihr Name war Tara.
„Wie heißt du noch mal? Ich habe deinen Namen vorher nicht ganz mitbekommen.“
„Isabell. Freut mich.“
„Freut mich ebenfalls, Isabell. Ich habe gehört, du bist neu hier, wenn du irgendwelche Fragen hast,
kannst du sie mir ruhig stellen.“
„Danke, das werde ich“.
„Warum bist du denn nach Lumier gekommen Isabell?“
„Ähm… Ich habe nach jemanden gesucht",
„Du hast gesucht? Also hast du die Person schon gefunden?“
Ich nickte.
„Und… ist das Wiedersehen so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hast?“
„Nicht ganz…“, ich senkte meinen Kopf.
„Was ist los? Ist dir nicht gut?“
„Nein, nein alles in Ordnung“.
„Ah! Ich weiß, du bist so bedrückt wegen der Person, die du gesucht hast?",
„Ich weiß es nicht. Als ich ihn gesehen habe, ist mein größter Wunsch war geworden, aber als ich ihn näher ansah,
bekam ich Angst… "Aber das interessiert dich bestimmt nicht Tara.“ ich lächelte sie leicht an.
„Nein, es interessiert mich. Ich will ja schließlich auch etwas über dich erfahren, damit ich dich
besser kennenlerne. Also warum hast du Angst bekommen?“
„Er war genauso wie früher. Eigentlich ist das gut und ich müsste mich darüber freuen, aber ich kann
es nicht. Ich wollte einen Neuanfang. Ich wollte, dass er mich nun mit anderen Augen ansieht, als früher.“
Daraufhin schwiegen wir beide einige Zeit. Ich spürte, wie Tara ihre Hand auf meine Schulter legte.
„Keine Angst, es wird bestimmt alles gut. Der Weg zum Glück ist eben wie ein Labyrinth, in dem du dich
oft verläufst, aber wenn du jedes Mal weiter gehst, wirst du den Ausgang irgendwann einmal erreichen.“
„Das hast du schön gesagt“,
ich sah sie an und in ihrem Gesicht zeigte sich ein Lächeln.
Alle, mit denen ich diesen Abend verbrachte, waren wirklich freundliche Personen. Ich konnte es
gar nicht richtig glauben, dass sich solche Menschen mit mir ohne Zwang unterhielten. Der restliche
Abend verlief sehr friedlich und gemütlich. Ich hatte wirklich Gefallen daran gefunden. Dank Lukas
hatte ich so viele neue Menschen kennengelernt. An diesem Tag war so viel passiert, so viele Dinge…
Es hatte so viele schöne Momente gegeben. Aber mein Besuch im Lumier, war noch nicht beendet.
Schon für morgen hatten wir uns in der Stadt verabredet. Auch Jan, Lukas, Fiona, Tara und Rika
würden kommen. Ich würde sie alle wiedersehen und noch mehr Spaß, als heute haben.