Es ist nur lustig, wenn ausgerechnet diejenigen Leute munter über das Leben Anderer urteilen (und damit nebenbei diverse Vorurteile bestätigen, so dass sie in diesem konkreten Fall keine Vorurteile mehr sind), die sich ihrerseits noch über Vorurteile
gegen Religionen echauffieren.
Überhaupt nicht mehr lustig finde ich es, wenn jemand es sich herausnimmt, so locker vom Hocker eine eigene subjektive Angelegenheit (wie es jede Form von Glaubensverhältnis im Kern nun einmal ist) 1:1 auf andere zu übertragen und denen zu unterstellen, sie wären unvollständig, ihnen würde etwas entgehen oder sie würden etwas verpassen - als sei der eigene Glauben und das eigene Erlebnis davon bedenkenlos als allgemeingültiger Maßstab zu nehmen.
Wobei ich manchmal nicht weiß, was mich da mehr irritiert: Diese - wie ich finde - Selbstgerechtigkeit, mit der
manche Vertreter einer Religion auftreten, welche ironischerweise doch eigentlich Demut und Bescheidenheit predigt, oder aber der Verdacht, dass diese Personen selbst das eigentlich gar nicht mehr wahrnehmen und für vollkommen normal halten.
Das zeigt sich, Loana, für mich auch in Deinem Satz "Ich kann durch meine Formulierungen nicht beeinflussen, was bei jemanden ankommt." - dafür braucht es schon eine erheblich... sagen wir mal "einseitige" Wahrnehmung. Zwischen
"Ich weiß als Katholik von Gott und es tut mir leid, dass viele diese Fülle, diese Freiheit und Freude nicht für sich in Anspruch nehmen wollen" und einer Aussage wie
"Ich glaube an Gott und möchte diese Fülle, diese Freiheit und Freude nicht missen" ist schon ein gewaltiger Unterschied.
Das erste ist eine absolute Aussage, in der sich übrigens in den Worten
"Ich weiß von Gott" eine recht "selbstbewusste" Haltung äußert (ich dachte immer, Wissen und Glauben seien zwei ganz verschiedene sozusagen inkompatible Sphären), und danach mit den Worten
"es tut mir leid, dass viele diese Fülle, diese Freiheit und Freude nicht für sich in Anspruch nehmen wollen" die traurige Feststellung, dass anderen Leuten all dieses schöne entgehe, sie also einen Mangel leiden, weil sie nicht Deinen Glauben teilen. Das ist keine Aussage über Dich und Deinen Glauben, sondern eine Aussage über Andere. Das hat mit Fehlinterpretation nichts zu tun.
Den anschließenden Satz
"Die Babyklappen, Psychiatrien, Irren- und Armenhäuser wären um einiges leerer" empfinde ich sogar als grobe Unverschämtheit, unterstellt er doch, dass Du Dich auf der Seite der "heilen", "intakten" Menschen siehst und die anderen Menschen nur auch dieses Heilmittel bräuchten, um nicht irre, mit dem Elternsein überfordert, geistesgestört oder arm zu sein. Das ist schon verdammt starker Tobak und ein Schlag ins Gesicht betroffener Menschen, den mit dieser Nonchalance und Überzeugung des eigenen Rechts, wahrscheinlich ohne jede böswillige Absicht, meiner Erfahrung nach auch nur religiös stark indoktrinierte Menschen auszuteilen vermögen.
Insgesamt muss ich sagen:
Ich hätte Angst vor einem Land, in dem Leute wie z.B. Du ihren Glauben nicht so leben dürfen, wie sie es wollen (ohne dabei Anderen zu schaden). Mindestens genauso bange wäre es mir aber vor einem Land, in dem Leute wie Du einen Einfluss haben auf das Leben Anderer. Gewisse Tendenzen in dieser Richtung werden aber spürbar, wenn Du hier so über Andere schreibst wie oben geschildert.
In diesem Sinne: Ich respektiere Deine Meinung und Deinen Glauben und gönne Dir jedes bisschen Lebensglück und Zufriedenheit, das Du daraus ziehst, aber einige der Punkte, die ich hier zitiert habe - und den Ton, in dem Du sie teilweise äußerst - finde ich absolut unangemessen und teilweise gar besorgniserregend.
Mir wäre um einiges wohler, wenn Du aus Deiner Sicht darüber schriebest, was Dir der Glaube gibt, worin er Dich bereichert und was Dich daran erfüllt (und dann tatsächlich denjenigen, die sich von sich aus dafür interessieren, mehr darüber erzähltest), statt dass Du hier anderen Leuten Defizite andichtest und ihnen ob ihrer Unvollständigkeit und Verirrtheit großzügig Dein Mitleid schenkst - auf das ich übrigens dankend verzichten kann.
