-Kapitel 16-
Vergangenes geht vorüber
In den nächsten Wochen und Monaten gewann ich nach all dem Trubel und den vielen schlimmen Ereignissen endlich Stück
für Stück meinen Lebensmut zurück.
Ich konnte wieder richtig herzhaft loslachen und sah wieder die positiven Seiten meines Daseins.
An Jasper dachte ich zwar immernoch, allerdings taten die Wunden nicht mehr ganz so weh wie am
Anfang und in einigen, wenn auch sehr seltenen Momenten, schien es für mich, als könnte ich wirklich irgendwann mal ohne den Schmerz leben.
Und obwohl meine Schwangerschaft alles andere als geplant war und ich auch nicht gerne an die verschleierte Diskonacht
zurück dachte, so freute ich mich doch mittlerweile wahnsinnig auf mein Baby. Ich war sogar zuversichtlich,
es ganz alleine erfolgreich großziehen zu können und malte mir die Zeit nach der Geburt in den buntesten Farben aus.
Ein wichtiger Grund für meinen plötzlich wieder gekommenen Optimismus war meine beste Freundin Suzie.
Mit viel Geduld und Engagement hatte sie mich scheibchenweise wieder zusammen gesetzt,
nachdem ich, aufgrund dessen was in letzter Zeit so passiert war,
völlig auseinander gefallen war.
Dafür war ich ihr unglaublich dankbar und ich schwor mir, mich irgendwann einmal dafür zu revangieren.
Eine bessere Freundin konnte man sich einfach nicht vorstellen und auch ihr
zuliebe versuchte ich des öfteren wieder Spaß und gute Laune zu verbreiten.
Einen so tristen Trauerkloß, wie ich einer gewesen war, hatte sie auf Dauer einfach nicht verdient.
Suzie und ich trafen uns oft, wir redeten, alberten herum, gingen shoppen,...
wir hatten einfach viel Spaß zusammen und genau das hatte ich auch gebraucht.
Eines Abends saßen wir zusammen in meinem Apartment und sprachen über Gott und die Welt.
Wir planten, was ich mir für Babysachen anschaffen würde und was das Baby von mir wohl haben würde.
Alles um die gruselige Nacht und den seltsamen Fremden ließen wir dabei komplett außer Acht und so kam es,
dass mein Baby in unserer Vorstellung wohl einfach eine kleine Scarlett mit großen braunen Augen werden würde.
„Wo willst du das Kleine eigentlich unterbringen?“, fragte Suzie mich unverhofft.
„Hm also zuerst mal soll sein Bettchen natürlich in meinem Schlafzimmer stehen“, antwortete ich.
„Ja und dann? Das Kind braucht doch ein eigenes Zimmer.“
„Darüber habe ich irgendwie noch gar nicht nachgedacht...“,sagte ich wahrheitsgetreu
und fuhr fort „Mein Apartment hat doch nur ein Schlafzimmer.“
„Und im Badezimmer kann es wohl kaum wohnen“, lachte Suzie.
Ich grinste.
„Nein aber mal im ernst Scarlett.
Wo sollen denn die ganzen Kindersachen hin?? Ich fürchte du musst umziehen...“
„Umziehen???“
Daran hatte ich ja noch gar nicht gedacht...Umziehen...weg von hier...weg aus Jaspers und meinem Apartment.
Sollte ich etwa wirklich umziehen müssen? Aber Suzie hatte recht. Das Baby hatte hier einfach keinen Platz.
Wenn ich es behalten wollte, musste ich mir wohl wirklich etwas neues suchen. Und das wollte ich ja...
„Ich glaube du hast recht Suzie...aber wo soll ich denn so schnell etwas neues finden? Und wovon soll ich das bezahlen?
Ich hatte doch gerade erst mein Studium beendet als das alles begann...
"Ich muss mir zwar so oder so eine neue Arbeit suchen, aber wer stellt denn jetzt eine Schwangere ein?",
fragte ich unsicher.
"Und wie lange müsste ich denn sparen, bis ich mir etwas neues leisten kann?
Das Geld von meinen Eltern finanziert mir zwar im Moment das Leben, aber eine neue Wohnung ist doch da nie und nimmer drin...“
„Hmmm....“ Suzie dachte nach.
Nach einer Weile sprang sie plötzlich auf und rief: „Natürlich, das mir das nicht eher eingefallen ist! Ja das ist die Lösung!!“
Ich schaute sie verständnislos an.
Scheinbar hatte sie einen echten Geistesblitz gehabt, jedenfalls rannte sie wie wild zum Telefon und haute auf die Tasten ein.
Dann begann sie euphorisch in den Hörer zu sprechen, aber ich konnte nur Wortfetzen verstehen.
Nachdem sie aufgelegt hatte, kam sie wieder zu mir und platzte fast vor Stolz.
„Was ist denn jetzt los Sue?? Los, spann mich nicht so auf die Folter!“
„Hehe du solltest dein Gesicht sehen Scarlett!“ Suzie grinste.
„Jetzt sag schon!“
„Also pass auf und hör gut zu. Ich habe dir doch von meinem Cousin Paul erzählt.“
„Ja, was ist mit dem?“
„Paul wollte doch vor einem Monat mit seiner Frau Lily umziehen. Die beiden hatten doch erst vor zwei Monaten geheiratet.
In der schönen Kapelle auf der Insel vor der Stadt und...“
„Jetzt rede schon weiter!“
„Jedenfalls, hat sich diese Lily wohl als eine ziemliche...*räusper*...Schlampe entpuppt...
Sie hatte schon vor der Hochzeit eine
Affaire mit ihrem besten Freund und jetzt hat sich Paul von Lily getrennt.
Sie geht jetzt wohl mit dem anderen Kerl...so eine blöde...“
„Suzie!“
„Oh, entschuldigung.“ Suzie lachte.
„Naja also der arme Paul sitzt jetzt ganz alleine in seinem Häuschen, dass er extra für sich und seine Frau gekauft hatte und fühlt sich
darin so gar nicht wohl. Es liegt ein wenig außerhalb der Stadt, ist eher klein, aber dafür echt schön!“
„Und was hat das jetzt mit mir zu tun?“, fragte ich fast schon genervt.
„Paul wäre bereit dir gegen einen kleinen Aufpreis das Haus zu überlassen, wenn du ihm dafür dein Apartment überschreibst.“
Mir blieb der Atem weg. „Echt jetzt???“ Ich freute mich riesig und konnte es kaum fassen wie viel Glück ich hatte.
Ich umarmte meine beste Freundin stürmisch und den Rest des Abends
verbrachten wir damit, uns weiter auszumalen wie das Kinderzimmer aussehen würde...
****2 Monate später****
Ich stand in meinem Apartment am Fenster und beobachtete den Schnee, der vom Himmel fiel.
Ich spürte ich einen leichten Tritt und legte daraufhin sanft meine Hand auf meinen Bauch.
Dieser war mittlerweile schon recht gut gewölbt und ich hätte meine Schwangerschaft nicht leugnen können,
immerhin schob ich doch zumindest eine kleine süße Kugel vor mir her.
Zwei Monate war es jetzt her, dass Suzie mir von dem fantastischen Angebot ihres Cousins erzählt hatte.
Daraufhin hatten wir uns mehrmals getroffen und das Haus besichtigt – und es war wirklich toll!
Entgegen aller Erwartungen war es auch wirklich nicht klein! Ich konnte mir kein tolleres Häuschen vorstellen.
Heute war der Tag meines Auszugs, mein kleines Apartment stand schon fast völlig leer.
Aber nicht nur das hatte sich verändert.
Ich hatte mittlerweile meine natur-roten Haare wieder, immerhin soll man sich in der
Schwangerschaft ja keine Haare färben und bevor ich einen riesigen Ansatz hatte,
kehrte ich dann doch lieber zu meinen roten Locken zurück und wagte mit ihnen einen Neuanfang.
Ich zog mir meine Sachen an und setzte mich noch ein letztes Mal auf die Bank draußen auf meiner jetzt schneebedeckten Terrasse.
Um mich herum war alles weiß, nur meine künstliche, aber sehr überzeugende Palme, strahlte noch im Winter grün und saftig.
Ich dachte an all das, was ich hier erlebt hatte.
Natürlich fiel mir hauptsächlich die Zeit mit Jasper ein und ich wurde etwas traurig.
Vielleicht war der Umzug doch keine so schlechte Idee, immerhin würde ich dann nicht jeden Tag an
Jasper und mein gemeinsames Leben erinnert werden.
Nach ein paar Minuten wurde mir kalt und ich ging zurück in die leere Wohnung.
Ich betrachtete noch einmal die Ecke, wo meine geliebte Couch gestanden hatte,
blickte noch einmal in mein grünes Bad und schaute mir die kahlen Flecken an der Wand an,
wo zuvor meine vielen Bilder gehangen hatten, bevor ich den Schlüssel nahm und mein Apartment zum letzten Mal
von außen zu sperrte.
Auf Wiedersehen altes Leben, willkommen Neuanfang!