Vor mir rannte Mireille zu unserem Auto. Ich genoss die letzten Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Ich spürte die Wärme und war glücklich. Es war ungewöhnlich, dass im Sommer niemand am Strand war, aber ich genoss die Stille. Die Sonnenstrahlen kitzelten mich und ich musste nießen.
Ich erwachte. Ich lag im Bett, die Sonne schien durch das Fenster direkt auf mein Kissen. Das hatte mich geweckt. Ich kuschelte mich wieder ins Kissen und wollte wieder einschlafen, als sich jemand an mich kuschelte. Lestat lag neben mir, kuschelte sich an mich und schlief noch. Wieso lag ich bei ihm im Bett? Es dauerte ein paar Sekunden ehe mir wieder alles einfiel.
Ich entspannte mich und kuschelte mich an Lestat. Er war warm und strahlte eine Ruhe aus, die mich glücklich machte. Ich musste lächeln als ich spürte, das wir nackt waren. Doch es störte mich nicht, ich genoss das Gefühl seiner Haut an meiner, seine Brust an meinem Rücken, den Atem im Nacken. Ich fühlte mich so frei und glücklich wie seit Monaten nicht mehr.
„Hmm... Morgen... Ich dachte schon ich hätte geträumt“
„Nein, hast du nicht! Wieviel Uhr ist es?“
„Moment...“
Lestat drehte sich von mir weg und ich drehte mich automatisch mit um und genoss den Anblick seines Rückens. Trainiert war er auf alle Fälle.
„Es ist gleich 10 Uhr. Wann wollten die anderen zum Frühstück hier sein?“
In dem Moment klingelte es an der Tür.
„Jetzt! Los, aufstehen! Zieh dir was an und lass deine Schwester rein!“
„Und du?“
„Ich mach mich schnell frisch“
„du... nagut, aber mach schnell! Ich will denen nicht allein ausgesetzt sein!“
„Warum? Angst deine Schwester könnte was riechen?“
„Ach quatsch!“
Es klingelte noch mal. Lestat stand auf und zog sich an. Ich beobachtete ihn vom Bett aus. Der Anblick war nicht schlecht. Kaum war er aus dem Zimmer, schnappte ich mir meine Sachen und huschte in mein Zimmer. Zum duschen hatte ich keine Zeit, also machte ich mich über dem Waschbecken etwas frisch, zog neue Klamotten an und ging zu den anderen nach unten.
Auch meine Mutter und Saphira waren schon da.
„Guten Morgen ihr lieben, gut geschlafen?“
„Ja, das Haus ist wirklich sehr schön.“
„Danke Madame Bodescu, mein Mann und ich vermieten es im Sommer immer an Gäste.“
„Dann wohnst du da gar nicht mehr jetzt Amelia?“
„Ich... keine Ahnung, darüber habe ich mit Valerie noch nicht gesprochen... Valerie?“
„Wenn du möchtest, können wir es dir vermieten, sobald du einen Job hast, wie wir es dir vorher schon angeboten haben!“
„Oder du bleibst hier, es ist genug Platz“
Auf einmal war es still und alle starten Lestat an. Damit hatte nicht einmal ich gerechnet. Gestern ist er mir vor allen noch aus dem Weg gegangen, heute macht er mir so ein Angebot.
„Ich ehm... Ja gerne...“
„Ich bräuchte auch noch eine Sekretärin für meine neue Kanzlei, wenn du Französisch lernst, also noch besser, dann könntest du die Stelle haben“
„Echt?“
„Warum nicht? Ich kenne dich und traue dir das zu“
„Cool... ok....“
„Kind, also ich weiß nicht... Möchtest du nicht doch wieder mit zurück kommen?“
„Mama, das hatten wir schon. Ich bleibe auf alle Fälle hier. Ich würde mich freuen, wenn du mit mir hier bleiben würdest, aber ich kann verstehen wenn das nicht geht. Ich werde dich oft besuchen kommen und du weißt wo du mich finden kannst, aber...“
„... aber du gehst nicht mehr... Ich weiß... Ich finde es nur schade Kind“
„Mama, du hast doch auch noch mich“
„Aber du arbeitest in der Stadt und bist kaum zu Hause“
„Das stimmt nicht, ich hab doch meinen Job auf Zuhause verlegt, weißt du noch? Ich bin also immer da wenn was ist. Ich fahre nur zwischendurch in die Stadt“
„Ja genau...“
„Und Madame Bodescu, sie können jederzeit unser Strandhaus haben wenn sie ihre Tochter besuchen wollen!“
„Ach Kind... Ich verstehe warum es dir so gut gefällt, die Menschen sind so freundlich!“
Ich nahm meine Mutter in den Arm und drückte sie. Ich spürte wie ihr ein paar Tränen von den Wangen tropften, denn ich merkte wie sie versuchte unauffällig die Nase hochzuziehen. Ich sah sie an, setzte mein *alles ist gut* Lächeln auf und sah zu den Anderen.
„Leider wird das nichts mit dem Ausflug, es fängt gerade an zu regnen. Aber wir können es uns vor dem Kamin gemütlich machen.“
„Eigentlich...“
„Saphira?“
„Wenn es dich nicht stört, würde ich gerne nach Avignon zum einkaufen fahren, wenn ich schon einmal hier bin...“
„Arthur und ich müssen leider arbeiten, ausserdem muss ich das Haus noch fertig renovieren... aber ich kann euch Tipps geben wo man gut einkaufen kann!“
„Valerie das wäre super“
„Mama, bist du damit einverstanden?“
„Ja, warum nicht. Aber nicht so lange, ich kann nicht so lange laufen“
„Nein, keine Sorge! Wir suchen uns auch zwischendurch ein kleines Restaurant und essen dort was“
„Da kenne ich ein nettes! Das zeig ich euch“
„Du kommst mit Lestat?“
„Klar, ich hab nichts vor und in Avignon war ich schon lange nicht mehr“
„Super, dann können wir ja starten“
„Amelia, kann ich dich kurz sprechen?“
„Klar, was ist Valerie?“
„In der Küche“
Ich folgte Valerie in die Küche. Sie sah mich mit einem eigenartigen Blick an, der mir verriet irgendwas stimmte nicht.
„Valerie, was ist los?“
„Was ist mit dir und Lestat?“
„Wieso?“
„Nur so...“
„Wir... Ich weiß es nicht... Letzte Nacht...“
„Lief was?“
„Ja...“
„Also seit ihr zusammen?“
„Ich weiß es nicht, aber ich denke mal schon...“
„Bist du glücklich mit ihm?“
„Ja, warum fragst du?“
„Darum...“
Sie reichte mir einen Briefumschlag. Ein Absender stand nicht drauf, allerdings kam er per Luftpost aus Schweden. Mein Herz setzte aus. Schweden? Eric war in Schweden.
„Ist das von...“
„Eric? Ich denke mal... Ich hab ihn nicht geöffnet. Er kam zum Strandhaus. Vor einer Woche ungefähr. Ich wusste nicht, ob ich ihn dir geben soll... Aber wenn du jetzt mit Lestat... Ich möchte, das du nicht nur bei ihm bist um dich zu trösten.“
„Das mache ich nicht, versprochen! Das könnte ich ihm nie antun!“
„Dann lies den Brief und schließ mit Eric ab. Ein für alle Mal Amelia“
„Ja, mache ich! Aber nachher erst“
Ich steckte den Brief vorsichtig in meine Hosentasche und drückte Valrie.
„Mach dir keine Sorgen! Ich fühle mich wohl bei deinem Bruder!“
„Er ist sehr sensibel Amelia, deswegen möchte ich, dass du dir im klaren bist was du möchtest“
„Das tue ich, versprochen!“
„Dann bin ich beruhigt! Und ich freu mich für dich! Das ist super!“
„Danke dir! Aber erstmal abwarten... Ich weiß ja nicht einmal, ob da mehr ist...“
„Lestat macht keine Sachen für eine Nacht!“
„Oh... ok, das ist gut“
Und das war es wirklich. Ich spürte dieses Kribbeln im Bauch, als wir zurück ins Wohnzimmer gingen und ich Lestat dort stehen sah. Instinktiv griff ich nach dem Brief in meiner Hosentasche, schüttelte dann aber den Kopf, lies den Brief los und stellte mich zu Lestat. Egal was in dem Brief stand, ich hatte mich entschieden.
„Alles ok?“
„Alles super! Wollen wir los?“
„Ja, auf gehts“
Valerie und Arthur fuhren nach Hause und wir machten uns los nach Avignon. Wir schlenderten durch die verschiedenen Geschäfte, fanden das Restaurant was Lestat empfohlen hatte und sahen uns die Sehenswürdigkeiten an.
Müde, aber zufrieden kehrten wir abends nach Les Angles zurück. Saphira und meine Mutter wollten gleich zurück ins Strandhaus und sich ausruhen und wir fuhren bei Valerie und Arthur vorbei um zu sehen ob wir helfen konnte.
„Ach, ihr seit es! Kommt rein, ich bin gerade am umräumen...“
„Können wir dir helfen?“
„Nein, aber wenn ihr schon einmal da seit... Ich muss euch was zeigen“
Valerie lief vor uns her und führte uns in einen Raum, den ich als Rumpelkammer kannte. Als sie das Licht anmachte, strahlte der ganze Raum hell und freundlich, überall standen Babysachen rum.
„Valerie du bist schwanger?“
„Ja, in der 12. Woche!“
„Ich freu mich so für euch! Wieso hast du nichts gesagt?“
„Ich wollte erstmal abwarten...“
„Ahhh, das ist so cool“
Ich nahm Valerie in den Arm. Ich freute mich so, bald würde ich was zum aufpassen und knuddeln haben.
„gut gemacht Schwesterchen! Weißt wo du mich findest wenn du Hilfe brauchst“
„Klar, danke dir!“
„Wars eigentlich geplant Valerie?“
„Nein, gar nicht. Aber jetzt freuen wir uns beide sehr! Jake erträgt es mit Fassung nicht mehr der Einzige zu sein... Ihr kennt ja Kinder“
„Er wird bald merken, dass es cool ist der ältere Bruder zu sein“
„So wie du?“
„Hey, ich hab immer auf dich aufgepasst!“
„Stimmt“
„Hey, Schatz, du hast es ihnen ohne mich verraten?“
„Oh, Arthur, die beiden standen überraschend vor der Tür und ich wäre fast geplatzt“
Arthur stand in der Tür und strahlte. So hatte ich ihn noch nie erlebt, er schien so glücklich und stolz zu sein.
„Gratuliere Schwager, gut gemacht!“
„Danke danke“
„Valerie, aber du hast doch Gestern abend mit uns getrunken...“
„Ja ich weiß, das war dumm... Ich hab nicht nachgedacht, ausserdem wollte ich keinen Verdacht aufkommen lassen, ehe ich es euch sagen wollte... Ich schwöre, das kommt nie wieder vor!“
„Sehr gut“
„Na, wir wollen euch nicht weiter stören. Amelia und ich wollten noch...“
„Ist klar, genießt den Abend!“
Lestat ließ sich das nicht zweimal sagen und schob mich aus der Tür. Draußen nahm er meine Hand als wir zum Auto gingen und ich kuschelte mich an ihn.
„Amelia...“
„Ja?“
„Versprich mir was“
„Was denn?“
„Das du wirklich über Eric hinweg bist“
„Ich verspreche es dir“
„Gut“
Er küsste mich und wieder musste ich den Brief in meiner Tasche berühren. Eigentlich war es egal was in dem Brief stand. Ich hatte mich entschieden und der Rest interessierte nicht mehr. Ich nahm Lestat in den Arm und genoss einfach nur den Moment.
„Komm, lass uns fahren. Es ist kalt und ich möchte nicht, das du krank wirst“
Er öffnete mir die Autotür und ich stieg ein.
Zuhause angekommen, machte Lestat den Kamin an und wir kuschelten uns davor.
„Ich bewundere dich Amelia“
„Wieso?“
„Ich weiß nicht, ob ich nach all dem, was passiert ist, Nähe so zulassen könnte“
„Es ist auch schwer, aber ich genieße es. Ich weiß, es ist ein Unterschied. Quinn war... Es ist nicht das selbe. Das ist... das war... was anderes“
„Ich bewunder dich das du das so siehst“
„Es kostet arbeit, aber es klappt...“
Ich küsste ihn und ich versank in meinen Gefühlen. Die Zeit blieb stehen und wieder schlug mein Herz so schnell, das ich dachte es explodiert gleich.
„Wollen wir ins hoch?“
„Hmhm“
„Dann komm“
Lestat half mir hoch und wollte mich aus dem Zimmer führen. Doch ich hatte noch etwas vor.
„Geh ruhig vor, ich komme in 2 Sekunden nach.“
„Alles ok?“
„Ja, alles super. Gib mir einfach die 2 Sekunden“
„Na klar“
Er gab mir einen Kuss und verschwand nach oben. Ich sah in das Feuer. Ich spürte den Brief in meiner Hosentasche. Wollte ich wissen was Eric mir schrieb? War es wichtig? Änderte es irgendwas? Wenn er wollte, das ich nach Schweden zu ihm kam? Wenn er sich entschuldigte?
Egal. Ich schmiss den Brief ins Feuer und sah zu wie er verbrannte. Es dauerte nicht lange und es war nur noch Asche übrig. Ich verteilte sie ein wenig im Kamin und löschte das Feuer. Lestat brauchte nichts zu wissen.
Ich ging zu ihm und kuschelte mich zu ihm ins Bett. Ich fühlte mich endlich zu Hause. Mehr als ich es jemals getan hatte. Ich war angekommen. Es war unglaublich, ich musste Tränen zurück kämpfen, Tränen der Freude.
„Amelia?“
„Ja?“
„ich liebe dich“
„Ich liebe dich auch Lestat“
Ich war so glücklich und entspannt wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Der Stress, die Angst, alles war vergessen und unwichtig.
Am nächsten Morgen weckte mich Lestat.
„Komm, steh auf, ich hab eine Überraschung für dich!“
„Hm, wieviel Uhr ist es?“
„9 Uhr, los komm! Zieh dir was an!“
„Ja Moment“
Ich ging ins Bad, sprang unter die Dusche, zog schnell was an und eilte die Treppe runter. Unten stand Lestat und wartete ungeduldig.
„Los komm“
„Was ist denn los?“
„Überraschungen verrät man nicht!“
„Aber...“
„Nix aber, vertrau mir“
„Ok, gut“
Lestat verband mir die Augen und dann ging es los. Ich konnte mich noch bis zum Auto orientieren, aber dann war es vorbei. Er fuhr mit mir eine gefühlte Ewigkeit durch die Gegend.
„Lestat, wo fahren wir hin?“
„Verrat ich nicht“
„Los, gib mir wenigstens einen Tipp“
„Ich hoffe du hast was warmes angezogen“
„Ja hab ich, einigermaßen“
„Na, hinten liegt noch eine Jacke, die ziehst gleich am Besten an“
„Wieso?“
„Wirst du gleich wissen. Wir sind da. Moment, ich helf dir! Lass die Augen verbunden“
Lestat stieg aus, holte die Jacke aus dem Kofferraum, öffnete meine Tür, half mir beim aussteigen und führte mich dann.
„Wo laufen wir hin? Das ist unheimlich“
„Nein, spannend... Ein bisschen musst noch durchhalten, es wird sich lohnen!“
„Ich bin gespannt“
Wir liefen noch ein bisschen, bis ich andere Menschen hörte. Lestat unterhielt sich mit ihnen, währen dich kein Wort verstand.
„So, es geht los. Halt dich an mir fest“
Ich hielt mich an ihm fest, während er mich hoch und über irgendwas hinweg hob. Dann hörte ich, wie er über das Hinderniss kletterte.
„Lestat?“
„Moment noch“
Wieder unterhielt er sich mit den Menschen und dann hörte ich ein zischen und wir bewegten uns. Wo war ich? Ich hatte eine Ahnung.
„Lestat, sind wir in einem Heißluftballon?“
„Woher weißt du das?“
„Man hört wie du ihn anheizt“
„Ja, Moment, lass die Augenbinde noch ein paar Sekunden an“
Ich wartete und kurze Zeit danach spürte ich, wie er mich von hinten in den Arm nahm und die Augenbinde entfernte.
„Tada“
„Lestat, das ist... wunderschön“
Wir blickten von oben auf Les Angles. Der Winter hatte bereits Spuren hinterlassen, überall waren die Dächer gefrohren. Automatisch fing ich an zu zittern.
„Ist dir kalt?“
„Ein wenig“
„Ich hab Kakao dabei... Hier...“
r gab mir einen Becher mit Kakao.
„Danke“
Ich kuschelte mich wieder an ihn und genoß die Aussicht. Es war traumhaft. Ich sah unser Haus, das Strandhaus, Valeries Haus und sogar das Krankenhaus in der Ferne. Alles, was ich hier kannte sah ich. Es war traumhaft.
„Lestat, danke dir... Das ist... traumhaft“
„Das ist noch nicht alles... Amelia, ich weiß, wir kennen uns noch nicht so lange und so lange sind wir auch noch nicht zusammen aber...
Ich liebe dich, ich habe es von der ersten Sekunde an getan. Amelia... Möchtest du mich heiraten?“
Mir wurde schwindelig. Hatte er gerade gefragt ob ich ihn heiraten will? Ich war verwirrt, überrascht und mir war schwindelig. Ich konnte es nicht glauben.
„Lestat...“
Er sah mich an, als würde er sich auf eine Ablehnung einstellen, doch ich griff ihn, zog ihn hoch und küsste ihn. Ich musste nicht überlegen. Für ihn hatte ich den Brief von Eric verbrannt. Mehr Beweise brauchte ich nicht.
„Heißt das ja?“
„Was denkst du?“
Wir küssten uns wieder und wieder und ich sank in diese wunderbare Parallelwelt, in der die Zeit stehen blieb und nichts wichtig war.
Bis mir auf einmal schlecht wurde und ich mich übergeben musste. Zum Glück stand im Korb ein Eimer, den ich gleich benutzen konnte.
„Alles ok?“
„Ja, mir war nur aufeinmal...“
„Hast du was falsches gegessen?“
„Ich glaub schon...“
Den Rest der Fahrt konnte ich dann wieder in Ruhe genießen und mich an Lestat kuscheln. Ich konnte es nicht glauben. Mein Leben schien sich endlich einem Happy End zu nähern. Happy ever after.
~ Fortsetzung folgt ~