Kapitel 30: *Das Gespräch*
Tja, was tut man, wenn die Protagonistin, erschöpft von den Ereignissen der letzten Tagen, in einen komaartigen Tiefschlaf fällt und somit das Klingeln an der Tür nicht hört. Nun, es gibt jemanden im Haus der noch wach ist, und die Tür öffnet. Somit werdet ihr mal ein Kapitel aus der Sicht von Jens miterleben.
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Ich schaue auf die Uhr. Etwas besorgt frage ich mich, wer das um diese Zeit sein kann. Natürlich erkenne ich ihn sofort, als ich die Tür öffne und sein Gesicht erblicke. Das Bild von Fabia, wie sie ihn umarmt und auf die Wange küsst und dem Blick, den er ihr zugeworfen hat, hat sich anscheinend tief in mein Gedächtnis gebrannt und blitzt nun, da er vor mir steht, vor meinem geistigen Auge auf. Ich fühle mich, als würde plötzlich heisse Lava durch meine Adern fliessen. Ich beiss meine Zähne zusammen und versuche das unbändige Gefühl der Eifersucht, welches mich zu übermannen droht, herunterzuschlucken.
Fabia war so erschöpft und niedergeschlagen von ihrem Treffen mit Andrea zurückgekehrt. Sie ist sofort eingeschlafen, und ich wollte ihr die Ruhe gönnen, bevor ich sie frage was passiert ist. Dieser Umstand und die Tatsache, dass er nun hier auftaucht lässt in mir jedoch ein ungutes Gefühl aufkeimen. Ich bin irgendwie neugierig, und möchte die Gründe erfahren über seine Unverfrorenheit hier aufzutauchen. Meine Stimme klingt tiefer als sonst, als ich ihn anspreche: "Fabia schläft, und ich werde sie garantiert nicht wecken. Aber vielleicht sollten wir zwei mal reden." Er sieht mich zuerst stutzig an, meint aber schliesslich: "Ja, warum nicht."
Nachdem ich ihm ein Mineralwasser hingestellt habe, setze ich mich neben ihn an die Bar. Ich komme gleich auf den Punkt: "Ich möchte wissen, weshalb du hier aufkreuzst und Fabia um diese Zeit nachstellst. Und komm mir bitte nicht mit irgendwelchen ausflüchten, ich weiss genug von euch beiden." Er wirkt überrascht: "sie hat dir von uns erzählt? Wieviel davon weisst du wirklich? Die Begegnung in der Lounge? das Gespräch auf der Parkbank? Der erste Kuss, der mich alles vergessen liess, und ich dadurch mein Schiff verpasst habe? Ihre Einladung bei ihr zu übernachten? Die zärtlichen Berührungen und leidenschaftlichen Küsse auf dem Bett?..." - "Hör auf, bevor ich mich vergesse!", tobe ich. Die Vorstellung von Fabia in den Armen eines Anderen bringt mich zur Weissglut. Er hebt beschwichtigend die Arme: "Schon gut, schon gut. Mehr gibt es da ja auch nicht zu wissen. Sie war plötzlich so traurig und wirkte unglaublich verletzlich, das konnte und wollte ich nicht ausnutzen."
"Zumindest weisst du jetzt genug, um vielleicht zu verstehen, weshalb ich Fabia nicht so einfach vergessen kann. Du weisst vielleicht, dass ich beruflich in der Gegend bin. Tja, der Abend im 'Lux' hätte mich beinahe meinen Job gekostet. Als ich Fabia plötzlich vor mir stehen sah, blieb mir das Herz stehen, ich hatte nur noch den Wunsch mit ihr zusammen zu sein. Nur hatte ich die Rechnung nicht mit dir gemacht. Schlimm genug, dass du sie wieder für dich gewinnen konntest, obwohl du ihr so viel Leid und Kummer zugefügt hast. Aber dann musstest du auch noch diesen verdammten Heiratsantrag machen. Bei meiner Berichterstattung über die Neueröffnung habe ich diesen Teil mit keinem Wort erwähnt. Natürlich hat mein Chef davon Wind bekommen und mich zur Rede gestellt. Ich konnte meinen Hals retten, in dem ich ihm verständlich rüber bringen konnte, dass man ja auch neue Bewohner anlocken will und es nicht förderlich sei, wenn sie befürchten müssen, dass ihr Privatleben in die Öffentlichkeit getragen werden könnte. In Wahrheit ertrug ich es simpel nicht, Fabia mit dir zusammen zu sehen. Wie hätte ich also darüber berichten sollen?"
Ich weiss nicht was ich davon halten soll, dass er mir so offen und ohne zu zögern sagt, was er für Fabia empfindet. Es gefällt mir nicht, es gefällt mir ganz und gar nicht. Er scheint ein anständiger Kerl zu sein, und das gefällt mir noch weniger. Ausserdem stört es mich gewaltig, dass er nur zu gut weiss, wie sehr ich Fabia verletzt habe. Gut, er kennt die Hintergründe nicht, aber ist das wichtig? Ich fühle mich ihm unterlegen, was kann ich Fabia schon wirklich bieten? Ich bin verkorkst, mein Leben ist total verworren, Leoni, ein Teil davon, lehnt Fabia ab, was es uns auch nicht leichter macht glücklich zu werden. Dennoch, aus irgendwelchen mir nicht erklärlichen Gründen, ist sie mit mir zusammen - ich werde das nicht durch irgendwelche Zweifel aufs Spiel setzen.
Ich schaue ihn mit einem verständnisvollen Blick an: "Ich verstehe nur zu gut, wie man Fabia verfallen kann. Ich kann dir das nicht verübeln.", er schaut mich argwöhnisch an und hebt eine Augenbraue: "Du verstehst das also? Dann verstehe ich nicht, wie es dir möglich war, sie sitzen zu lassen und sie auch nur eine Sekunde leiden lassen konntest." - "Ja, das war ein Fehler, situationsbedingt würdest du es vielleicht verstehen, aber trotzdem war es ein Fehler, den ich mir selber schwer verzeihen kann. Tja, ich bin somit wohl auch schuld daran, dass wir jetzt hier zusammen sitzen.", er grinst: "So, kann man das wohl auch sehen."
Wir sehen uns eine Weile schweigend an, bis er das Wort ergreift: "Nun, ich schulde dir aber noch eine Antwort. Als ich Fabia heute Nachmittag zufällig im Park getroffen habe, wollte ich ihr etwas sagen. Nur wurde ich unterbrochen. Jedenfalls liess es mir keine Ruhe mehr und so bin ich hierher gekommen. Ich wollte ihr sagen, was ich für sie empfinde, und dass sie besseres verdient hat, als einen Typen, der sie nicht zu schätzen weiss."
Ich mustere ihn prüfend: "Das klingt fast so, als hätten sich deine Pläne geändert." - "Hm, ja, ich werde mich zurückhalten. Du scheinst nicht die Art Mann zu sein, wie ich es angenommen hatte. Zudem weiss Fabia wahrscheinlich, was ich ihr sagen wollte. Nicht falsch verstehen, sollte ich mir irgendwann Chancen bei ihr ausmalen können, werde ich die Gelegenheit nicht verstreichen lassen. Und noch was, sollte mir zu Ohren kommen, dass du ihr das Herz brichst oder sonst ein Leid zufügst, dann kriegst du ein Problem mit mir.", ich muss lachen, weil ich sowas doch schon mal gehört habe: "Da musst du dich hinten anstellen und nichts für ungut aber Fabia's Bruder macht mir doch etwas mehr Angst."
Nachdem er weg ist, gehe ich nach oben. Fabia schläft immer noch friedlich. Ich kenne mein Glück und ich werde alles dafür tun, sie glücklich zu machen - ich weiss auch schon, was ich als nächstes zu tun habe.