SecondJumper
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- November 2011
Hallo, hier ist meine erste Fotostory. Ab dem 1. Teil dann natürlich mit Bildern. Über Feedback würde ich mich freuen. Viel Spaß!
Benachrichtigungsliste: Jucara ; Mirja ; ranka ; Eleonore ; Sabrina81
Prejudice
Prolog
Mit trügerischer Lässigkeit schlenderten sie die Straße entlang als gehöre sie ihnen, rempelten sich an, traten nach leeren Blechdosen, johlten und gröhlten. Es waren sieben, und er wusste sofort, dass er keine Chance hatte.
Warum nur musste er gerade an diesem Abend die Abkürzung nehmen, wieso gerade jetzt, warum…
In seinem Kopf herrschte das Chaos der aufkommenden Panik, er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
In einem lächerlichen, verzweifelten Versuch, doch noch zu entkommen, wechselte er die Straßenseite, aber es war zu spät.
Er hörte sie rufen, Beleidigungen und Drohungen, ihr wildes Gelächter, und die Angst umklammerte sein wild schlagendes Herz wie eine eisige Faust. Diesmal war er dran.
Den Kopf gesenkt ging er weiter, immer schneller, bloß nicht hinsehen, es hämmerte in seinen Schläfen und er spürte, wie Schweißtropfen über seinen Rücken liefen. Es war zu spät. Schon umringten sie ihn, ihre Worte ergaben für ihn keinen Sinn und er sah sie wie durch Nebel, ihre hassverzerrten Gesichter wie Fratzen aus einem Alptraum.
Erst schubsten sie ihn nur, er stolperte, versuchte, auf den Füßen zu bleiben, aber es war sinnlos.
Nachdem er auf den harten Asphalt gestürzt war fingen sie an, ihn mit ihren dicken Stiefeln zu treten. Er hörte jemand schreien und fragte sich einen Moment verwirrt, ob er selbst das war, dann traf ihn etwas am Kopf und alles versank in gnädiger Dunkelheit.
Teil 1
In dem Auto stank es nach nassem Hund und Jay spürte würgende Übelkeit in sich aufsteigen. Es war aber nicht nur der penetrante Duft, der ihm zu schaffen machte. Jay hatte Schiss. So sehr, dass er sich fast in die Hose machte.
Außerdem fürchtete er, in das Auto zu kotzen, und dieser Joshua Gerber sah nicht so aus, als ober das gut aufnehmen würde. Eigentlich sah er aus, als würde er ihn dann verdreschen.
Im Moment allerdings würdigte er ihn keines Blickes, konzentrierte sich aufs Fahren.
Jay hatte tatsächlich angenommen, dass ihn nach der Zeit im Bau nichts mehr schrecken könnte aber nun sehnte er sich fast in die trügerische Sicherheit seiner kargen Zelle zurück.
Schon ein Blick in die eiskalten Augen seines sogenannten "Bewährungspaten" reichte, um ihn wissen zu lassen: Ich bin am Arsch. Keine Chance.
Und seine barschen Begrüßungsworte waren auch nicht gerade dazu angetan, ihn in optimistische Stimmung zu versetzen, ganz im Gegenteil.
Nun wagte er nicht mal, ihn anzusehen, starrte verbissen durch die schmierige Windschutzscheibe.
Machte dieser Typ seine Karre eigentlich nie sauber? Vermutlich sollte er noch dankbar dafür sein, dass der ihn abgeholt hatte.
Und gesprächig war er auch nicht gerade, aber das war ihm nur Recht.
Jemand der ihn voll quatschte konnte er nun überhaupt nicht brauchen.
Und so saß er mit zusammengebissenen Zähnen da, die Hände zwischen die Knie geschoben, damit sie nicht zitterten.
Er konnte immer noch nicht glauben, was dieser Mistkerl ihm da gerade lapidar mitgeteilt hatte, kalt wie eine Hundeschnauze: Sozialstunden im Jugendzentrum „Waschsalon". Ausgerechnet.
Schon wenn er nur daran dachte fingen seine Knie heftig an zu beben und er drückte sie noch fester aneinander, so dass seine Finger ordentlich gequetscht wurden.
Er spürte es nicht.
Was war er nur für ein elender Schisser. Blass vor Wut und Scham sah er die Häuser von Sunset Valley durch das dreckige Grau der Scheibe vorbeihuschen wie blasse Schemen. Sunset Valley, eigentlich ein Traum.
Das pittoreske Städtchen am Meer, nur 10 km von Bridgeport entfernt und doch eine ganz andere Welt. Es könnte ein Traum sein, nur dass es gerade jetzt zu Jays ganz persönlichem Alptraum wurde.
Wie sollte er das bloß durchhalten?
Instinktiv griff er auf seinen alten Trick zurück, den er sich in den letzten Monaten angewöhnt hatte: Nimm dir immer nur einen Tag vor. Immer nur diesen Tag. Du musst versuchen, diesen einen Tag zu überstehen. Was danach kommt interessiert nicht. Nur diesen einen Tag…
Joshua bremste und Jay zuckte unwillkürlich zusammen und warf ihm einen misstrauischen Seitenblick zu.
„Wir sind da.“ knurrte sein einsilbiger Fahrer.
Jay erhaschte einen kurzen Blick auf sein markantes Profil, die schmale, gebogene Nase und den grimmig verzogenen Mund.
Mit seinem Dreitagebart und der schwarzen Lederjacke sah er nicht gerade vertrauenserweckend aus. Aber das wollte er wohl auch nicht.
Er kannte sicher keine Gnade, das sah Jay sofort, da reichte ein Blick in seine Augen, voller Verachtung. Das war niemand, der lange fackelte.
Nun wandte er sich Jay zu, sein Blick kälter als sibirischer Winter.
„Na los, steig aus, oder brauchste ne Extraeinladung?“
Jay schluckte schwer und stieß die Beifahrertür auf. Jetzt wollte er schon lieber in dem miefigen Auto bleiben als sich dem zu stellen, was ihn erwartete.
Die durften auf keinen Fall merken, dass er Schiss hatte. Das würde alles nur noch schlimmer machen.
Einen schrecklichen Moment überwältigte ihn der Brechreiz fast und er zwang sich, tief durchzuatmen.
„Was ist, musst du kotzen?“
Jay schüttelte den Kopf, er wagte nicht, Joshua anzusehen.
„Jetzt hör mal zu, du kleiner Pisser.“ sagte der, ganz leise, aber dafür umso bedrohlicher.
„Sieh mich gefälligst an! Wenn du hier Mist baust, gehst du schneller wieder in den Bau als du pfurzen kannst. Dafür werd ich persönlich sorgen.
Also reiß dich verdammt noch mal zusammen.“
Jay, mittlerweile grün im Gesicht, nickte schwach. Ihm war klar, dieses Arschloch würde ihn dran kriegen, egal was er machte. Keine Chance.
Mit weichen Knien wankte er hinter ihm her in das fröhlich bunt gestrichene Jugendzentrum.
Sah alles täuschen harmlos aus. An einem Computer surfte wohl gerade jemand im Internet und hinter einer Theke spülte jemand Gläser.
Nun drehte er sich zu ihnen um.
„Hey, Josh!“ rief er gut gelaunt und strahlte sie an. „Alles klar bei dir? Hi, du bist sicher Jason. Ich bin Marco. Herzlich willkommen im Feindesland!“
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