*FS* ~ Wohin der Weg führt ~ *FS fertiggestellt*

aylady

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Köln
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Diese Fotostory war ursprünglich eine Geschichte, an der ich sehr hänge. Sie ist noch nicht fertig, aber es sind immerhin schon 22 Seiten bei Word. Wenn sie euch nicht gefällt, muss ich nicht unbedingt weiterschreiben. Sie spielt in der Vergangenheit (18. Jahrhundert ungefähr).
Am Anfang passiert noch nichts, aber später passiert allerlei.
Jetzt geht's aber los...

Wohin der Weg führt

1. Teil - Schloss Gutenberg

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„Neiiiiiiiin!“, schrie Leila. Das war nicht wahr. Das konnte nicht wahr sein. Fassungslos starrte sie der sperrigen Holzkutsche hinterher, in der ihre Mutter Leinda saß und die hübsche Straße davonfuhr. „Mutteeeeeeer!!! Du kannst mich hier nicht allein lassen! Komm zurüüüüüüück!“
Leila stand vor dem prächtigsten Gebäude, welches ihr jemals zu Gesicht gekommen war.
Ein riesiges Schloss, in dem sie jetzt leben sollte? Bei dem Gedanken rollten noch mehr Tränen über ihre Wangen.

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In dem Moment öffneten sich die Schlosstüren und eine ältere Dame in einem weiten Kleid schritt auf Leila zu. Hastig wischte diese sich die Tränen aus dem Gesicht und zupfte ihr altes Kleid zurecht. Die Dame war offenbar in hohem Alter, und doch hatte sie eine sehr außergewöhnliche Ausstrahlung. Sie strahlte Weisheit und Lebenserfahrung aus, und ihre strahlend blauen Augen funkelten.
Jetzt stand die Dame vor ihr und verkündete: „Willkommen auf Schloss Gutenberg. Ich nehme an, du bist Leila? Gestatten Magarete, Mutter des Königs Winfried und einstige Königin von Gutenberg. Ich werde dich nun ins Schloss geleiten. Du wirst bereits vom König und seiner Gemahlin erwartet.“

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„Ja, eure Hoheit“, antwortete Leila zögerlich. „Das „eure Hoheit“ sparst du dir besser für den König und seine Gemahlin auf, ich werde Mutter Magaret’ gerufen“, wies Mutter Magaret’ Leila zurecht. „Und reiß dich ein wenig zusammen, wenn du dem König gegenüber trittst.“, fügte sie mit einem berechtigten Blick auf Leilas verquollenes Gesicht hinzu.
Sie betraten das Schloss. Leila musste sich bemühen, nicht lauthals zu staunen beim Anblick des prächtigen Inneren. Stattdessen schwieg sie und schritt eilig hinter Mutter Magaret’ her.

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Schließlich gelangten sie in einen kleinen, sehr schönen Raum. Auf zwei kunstvollen Stühlen saß unverkennbar das königliche Paar. König Winfried trug braunes Haar, Schnurrbart und Trachten. Seine Gemahlin Xenia von Gutenberg war eine sehr schöne Frau. Sie hatte braunes Haar, grüne Augen und ungewöhnlich hohe Wangenknochen, die sie sehr unnahbar erscheinen ließen. Leila vermutete, eine sehr würdevolle und stolze Frau vor sich zu haben.

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Die beiden erhoben sich. Königin Xenia trug ein sehr weites, sehr prachtvolles Kleid. Winfried räusperte sich. „Willkommen auf Schloss Gutenberg, Leila ähm...“
„Matehrn“, half Leila nach. „Ja, Leila Matehrn, wir freuen uns, dich in unseren Mauern begrüßen zu dürfen. Deine Mutter erzählte, du zeigst Geschick im Haushalt?
„Ja, eure Hoheit“, antwortete Leila schüchtern.
„Gut, wir werden dich immer dann rufen, wenn wir dich brauchen. Wir haben zwei Töchter, wie du gewiss bereits gehört hast. Wir befahlen Ilona und Ilaya, freundlich zu dir zu sein. Mutter Magaret’, wäret ihr so freundlich und würdet die Prinzessinnen herbringen?
„Natürlich, Winfried“, antwortete Mutter Magaret’ und schritt von dannen.

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Stille trat ein, die nach einigen Minuten von Königin Xenia gebrochen wurde.
„Nun, Leila, ich hieße es gut, ein wenig über dich zu erfahren. Bitte erzähl uns deine Geschichte“, befahl sie ein wenig herablassend.


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Leila schluckte. Die Wahrheit war, dass es nichts gab, was sie der Königin von Gutenberg hätte erzählen können. Das, was sie hätte erzählen können, sollte niemals in das Gehör irgendeines Mitglieds dieser Familie dringen. König Winfried und seine Gemahlin schauten sie erwartungsvoll an.

„Nun ja, ich.......ich lebt-“

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In diesem Moment betrat Mutter Magaret’ erneut das Zimmer, gefolgt von zwei Mädchen, offenbar den Prinzessinnen.
„Das sind meine Töchter“, verkündete Winfried gebieterisch, „Ilona“, wies er auf die ältere, „und unser Sprössling Ilaya.“

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Die um die 16 Jahre alte Ilona hatte unverkennbar die Schönheit ihrer Mutter geerbt. Zwar war ihr langes, dichtes Haar von blonder Farbe, doch die Augen und Wangen von Xenia fanden sich in ihrem Gesicht wieder.


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Ilaya war ebenfalls sehr hübsch, doch sah sie weder ihrem Vater, noch ihrer Mutter ähnlich. Sie hatte ihr tiefschwarzes Haar zu einem Dutt gebunden und die Augen waren strahlend blau, wie die von Mutter Magaret’. Leila schätzte sie um die 13 Jahre.

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„Ilaya wird dich zu deinem Zimmer führen“, ergriff Königin Xenia das Wort. „Du wirst in deinem Zimmer schlafen und essen, und ein eigenes Bad besitzt du ebenfalls. Wir haben uns die Freiheit genommen, dir ein paar neue Kleider zu besorgen, was offenbar eine durchaus richtige Entscheidung war.“ Ihr Blick verwaltete auf Leilas dreckigem, alten Kleid.
„Danke, eure Hoheit“, erwiderte diese mit einem kleinen Knicks.

Das war's für's Erste. Kommentare erwünscht.

Gruß aylady
 
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„Folge mir“, sagte die jüngste Tochter mit einem Lächeln und schritt zur Tür hinaus. Mit einem letzten Blick auf den Rest der Familie folgte Leila ihr. Sie gingen durch einen Gang mit zwei Biegungen, durch ein wunderschönes Esszimmer hindurch in einen Raum, der nicht so reich geschmückt war wie die übrigen. Das Zimmer war klein, rund und gemütlich.
„Das ist dein Zimmer“, erklärte Ilaya, „gegenüber ist ein kleines Bad und die Küche befindet sich hinter der Tür im Esszimmer, durch das wir gegangen sind. In dieser Küche wirst du für uns kochen. Für dich kochst du in deiner eigenen Küche hier im Zimmer.“
„Gut, ich danke dir“, erwiderte Leila.

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Doch Ilaya machte keinerlei Anstalten, den Raum zu verlassen. Im Gegenteil, sie ließ sich auf dem einzigen Stuhl im Zimmer nieder. „Stimmt es, dass du ein einfaches Mädchen vom Land bist?“, fragte sie neugierig. „Äh....ja, das bin ich in der Tat. Warum?“
Ilaya schaute sie mit großen Augen an. „Ich habe noch nie jemanden getroffen, der nicht königlich war. Gefällt dir das Zimmer?“ „Ja, es.....es ist wunderschön“, seufzte Leila. Was hatte es mit dieser Befragung auf sich? „Wirklich?“, fragte Ilaya ungläubig. „Weißt du, ich konnte es mir nicht vorstellen, dass es dir nicht zu armselig wäre.“
„Oh nein, im Gegensatz zu....im Gegensatz zu meinem alten zu Hause ist es sehr angenehm, wirklich.“ „Und wo war dein altes zu Hause?“ hakte die Prinzessin weiter nach. „Also.....nun, es war - “

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In dem Moment betrat Mutter Magaret’ den Raum. „Ilaya, wo steckst du nur? Der Unterricht hat vor 10 Minuten begonnen. Komm sofort mit mir in die Bibliothek!“ Und zu Leila gewandt meinte sie: „Es wäre ratsam, in einer halben Stunde mit dem Kochen anzufangen, da wir um acht Uhr speisen wollen.“
Mit einem sehnsüchtigen Blick zurück verließ Ilaya mit ihrer Großmutter das Zimmer.

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Erschöpft legte sich Leila auf das Bett, welches erstaunlich bequem war.
Wie sollte sie das alles nur durchstehen? Wie sollte sie weiterleben, nach allem, was passiert war? Warum nur, warum hatte ihre Mutter sie hierher in den Dienst der Königsfamilie gegeben?
Es waren Fragen über Fragen, ohne eine einzige Antwort.
„Ich sollte mich nicht beschweren“, sagte sie leise vor sich hin, „viele würden mich um ein Leben hier beneiden.“

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Plötzlich sprang sie mit einem Schrecken auf. „Das Essen!“ dachte sie verzweifelt. Immer noch trug sie das alte Bauernkleid. Leila riss den Schrank auf und entschied sich rasch für ein schwarzes Dienstkleid mit Schürze.
„Immerhin“, dachte sie, als sie zur Küche hastete.
Lieber Himmel! Noch nie hatte Leila so viele Speisen auf einmal gesehen. Bei der Auswahl fiel es schwer, sich zu entscheiden, was sie kochen sollte. Schließlich entschied sich Leila zur Feier des Tages für Truthahn.

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Ein paar Stunden später lag sie zufrieden in ihrem Bett und schaute zum Fenster hinaus auf den hell scheinenden Mond.
Die Königsfamilie hatte das Essen sehr gemocht. Ach was, begeistert waren sie gewesen! Sogar in Königin Xenias sonst so unzugänglicher Miene vermochte Leila ein klein wenig Anerkennung beobachtet zu haben.
Noch ein paar Stunden später war sie immer noch nicht eingeschlafen. Das fremde Bett, das fremde zu Hause, die fremden Geräusche, all das machte Leila zu schaffen.

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So entschied sie sich aufzustehen und in der Küche etwas zu trinken zu holen.
Auf dem Weg zurück in ihr Zimmer fiel ihr die Treppe ins Auge. Ilaya hatte erklärt, dass dies nur die Hintertreppe sei; in der Eingangshalle sei die Haupttreppe. Lea könne schneller nach oben gelangen, da die Hintertreppe direkt bei ihrem Zimmer liege.
Die Schlafgemächer der Königsfamilie befanden sich im oberen Stock. Einen Moment lang zögerte Leila, doch schließlich siegte die Neugier.
Mit flinken Schritten lief sie die Holzstufen empor.

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Oben empfing Leila vollkommene Dunkelheit. Vorsichtig tastete sie sich mit den Händen vor.
Sie hatte keinen blassen Schimmer, wo sie war, denn Mutter Magaret’ hatte angekündigt, ihr erst am morgigen Tage den Rest des Hauses zu zeigen.
Plötzlich flackerte ein Schein schwachen Lichts auf und Leila erkannte, dass sie sich in einem Korridor befand. Das Licht rührte offenbar von dem Gang hinter der Rechtsbiegung jenen Ganges, indem sie sich befand.
Erschrocken wollte Leila kehrt machen, als sie zornige Stimmen hörte. Auch sie gingen von dem Licht aus. Leila konnte nicht verstehen, was die Stimmen sagten, und so schlich sie sich an das Ende des Korridors und spähte um die Ecke. Dort stand Königin Xenia, gehüllt in ein traumhaftes, seidenes Nachthemd und sprach eindringlich auf ihren Gemahl ein.

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„Warum sie? Warum ausgerechnet sie? Wir kennen sie nicht. Wir wissen weder von ihrer Familie, noch von ihrer Vergangenheit. Warum hast du Fräulein Matehrn in unseren Dienst genommen?“
König Winfried strich sich nervös über den Schnurrbart, ehe er barsch antwortete: „Dies hier ist mein Schloss. Dies ist meine Königsherrschaft. Ich denke, ich bin durchaus befugt, mir das Personal auszusuchen, ohne vorerst meine Gattin um Erlaubnis zu bitten, nicht wahr?“
„Aber wir waren uns einig, dieses Mal eine ältere Frau, jemanden mit Erfahrung zu nehmen! Stattdessen setzt heute ein blutjunges Mädchen den Fuß über die Schwelle dieses Schlosses! Ich als deine Gemahlin frage mich lediglich, was dich zu solch einem riskanten Entschluss bewegt hat? Dich, der die Sicherheit stets bevorzugt?“

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Leila konnte es nicht fassen. Schlimm genug, dass ihre Mutter sie gegen ihren Willen auf dieses Schloss verfrachtet hatte. Und jetzt wurde sie auch noch als „riskanter Entschluss“ angesehen?
König Winfried räusperte sich.
„Nun, ich kann deine Bedenken durchaus verstehen. Um ehrlich zu sein, ich....ich wollte diesem armen Mädchen eine Chance geben. Und ich dachte, wenn sie sich gut bewährt, könnte sie...-“
„EINE CHANCE GEBEN?“ Königin Xenia schrie jetzt in der Tat, ihre grünen Augen funkelten. „Sag mir, König Winfried von Gutenberg, wem gabst du bisher eine Chance? In achtzehn Ehejahren bekam ich stets mit, wem du alles eine Chance gabst. Es war nicht schwer, sich dies zu merken, nämlich NIEMANDEM! Nicht einmal ich als deine Gattin bekam damals eine zweite Chance, erinnerst du dich? Als du erfuhrst, dass ich nicht von Adel war? Wochenlang musste ich dich auf Knien anflehen, bis du mich widerwillig wieder anschautest. Und nun willst du einer kleinen Göre von gerade zwanzig Jahren eine Chance geben, die du nicht einmal kennst?“

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Winfried antwortete mit leiser, nun bedrohlicher Stimme: „Ich verbiete mir, einen solchen Ton aus deinem Munde zu hören, meine liebe Xenia von Gutenberg. Und auch verbiete ich dir, dich in die Angelegenheiten deines königlichen Gemahls einzumischen. Und nun geh schleunigst zu Bett. Ich sehe nach, ob wir die Kinder aufgeweckt haben.“
Und ehe Leila sich’s versah, näherten sich Schritte und Königin Xenia bog um die Ecke. Bei Leilas Anblick blieb sie wie angewurzelt stehen.
„Was...?“, fragte sie entgeistert, und ehe Leila Antworten konnte, packte Xenia sie am Arm und zog sie mit sich in einen menschenleeren, kleinen Raum. „Was zum Teufel hattest du hier oben zu suchen?“, fauchte sie unheilverkündet.

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„I-i-ich, ich...“, stotterte Leila und hatte Angst, ihre Stimme würde angesichts Xenias furchteinflößender Miene versagen. „Ja?“ Die Stimme der Königin klang nun fast so bedrohlich wie die des Königs zuvor.
„Nun, ich lag wach in meinem Bett und.....und hörte laute Stimmen. Da wollte ich nachsehen, ob alles beim Rechten ist. So lief ich die Hintertreppe empor und.....und hörte, wie eure Hoheit König Winfried sagte, er wolle nach den Kindern schauen...“
„Und du hörtest nur diese Worte?“
„Ja“, erwiderte Leila mit überraschend fester Stimme und bemühte sich, nicht zu blinzeln, als sie Königin Xenia in die Augen schaute.

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„Nun, Leila, lass dir ein für alle Male gesagt sein: Du hast des Nachts auf deinem Zimmer zu verweilen, außer du erhältst einen ausdrücklichen Befehl unsererseits, und sollte ich dich noch ein einziges Mal erwischen, wie du unerlaubt durch die Gänge schleichst, dann werde ich dafür sorgen, dass du schneller aus diesem Schloss verschwindest, als du ’bitte’ sagen kannst, habe ich mich klar genug ausgedrückt?“ Ihre Stimme bebte.
„Ja, eure Hoheit“, sagte Leila leise.
„Schön, dann mach, dass du auf dein Zimmer kommst“, befahl Königin Xenia, verließ den Raum und ließ eine zitternde und verängstigte Leila zurück.
Als Leila wenige Momente später ihre Zimmertür hinter sich schloss, warf sie sich tränenüberströmt aufs Bett und schlief endlich ein.
 
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Am nächsten Morgen wachte Leila sehr früh auf. Sie war es gewohnt, beim ersten Hahnenschrei in der Frühe aufzustehen und obwohl es hier keinen Hahn gab, der hätte schreien können, wachte sie dennoch zu dieser Zeit auf.
Leila drehte sich von einer auf die andere Seite, doch es half nichts, nun war sie wach und konnte nicht erneut einschlafen. Noch einmal spielte sich die nächtliche Szene vor ihrem geistigen Auge ab. Was war da vorgefallen? Gewiss fühlte sie sich ein wenig verletzt. Offenbar war sie nicht bei allen in diesem Hause willkommen. Doch was hatte Königin Xenia gegen sie? Stammte ihre Abneigung tatsächlich nur von der Ungewissheit über Leila oder steckte doch etwas ganz anderes dahinter? Am meisten jedoch beschäftigte Leila das Wissen über Xenias Abstammung. Sie war tatsächlich keine Adelige? Die elegante Königin, bei der Leila in jeder Geste das Königliche vernommen hatte, war eine einfache Frau gewesen?

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Leila beschloss, ein Bad zu nehmen, bevor die Königsfamilie erwachte. Noch nie in ihrem Leben hatte sie ein heißes Bad, geschweige denn Seife gehabt! Zu Hause hatte sie sich stets in einem kalten und gefährlichen Fluss gewaschen. Erst jetzt merkte Leila, wie dreckig sie von der langen Reise war. Fünfmal wusch sie ihr Haar, bis sie auch sicher war, dass sich jeglicher Schmutz entfernt hatte.
Nach dem Bad zog sie ein hübsches rot-weißes Kleid an und durchflocht ihr Haar mit einem weißen Band.

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Wenig später servierte Leila der Königsfamilie Pfannkuchen zum Frühstück. Sie wusste, dass ihr die Pfannkuchen besonders gut gelungen waren. Von herrlich goldbrauner Farbe waren sie und gefüllt mit bestem Bienenhonig.
Gerade wollte Leila sich in ihr Zimmer zurückziehen, als König Winfried sie ansprach. „Warum setzt du dich nicht zu uns, Leila? Du bist eine solch begnadete Köchin. Es soll dir nicht verwährt bleiben, selbst von deinen Speisen zu kosten. Bitte, nimm Platz“, sagte er freundlich, wenn auch gleichzeitig bestimmt.
Leila zögerte. Keineswegs war ihr der entgeisterte Ausdruck auf dem Gesicht der Königin entgangen. Andererseits hatte sie soeben einen ausdrücklichen Befehl vom König erhalten. Also nahm sie schließlich neben Ilaya, die heute ein sehr hübsches Kleid trug, Platz.

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„Toll, dann kann Leila uns ja endlich etwas mehr von sich erzählen!“, rief Ilaya sofort in begeistertem Ton.
„Ich denke, wir sind hier, um unser Frühstück zu genießen, und nicht, um irgendwelchen Bauerngeschichten zu lauschen“, erwiderte Königin Xenia streng.
Einige Minuten sagte keiner etwas. Schließlich brach Xenia selbst das Schweigen und verkündete: „Ich bekomme heute Besuch von ein paar sehr feinen Damen. Sie kommen zweimal im Jahr zum Kaffee. Leila, da dieses Mal auch Ilona an dem Kaffee teilnehmen soll, wirst du ihr gleich beim Ankleiden helfen und ihr die Haare machen. Auch Ilaya soll hübsch aussehen, da sie den Damen selbstverständlich ebenfalls kaum entgehen wird. Hast du die Aufgabe verstanden?“
„Ja, eure Hoheit“, antwortete Leila höflich.
„Nun, zunächst werde ich Leila den Rest des Schlosses zeigen, sonst weiß sie ja nicht einmal, wo Ilona zu finden ist“, meldete sich nun auch Mutter Magaret’ zu Wort.

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Nach dem Rundgang durch das prunkvolle Obergeschoss, welches bei Tageslicht viel angenehmer war, klopfte Leila leise an die Tür, hinter der sich das Schlafgemach von Ilona befand.
„Herein“, rief Ilonas helle Stimme. Leila drückte die goldene Klinke hinunter.
Ilona saß vor ihrem Spiegel und bürstete sich das lange, goldblondene Haar.
„Nun“, begann Leila unsicher, „welches Kleid gedenkt ihr zu tragen?“
Ilona drehte sich um. Sie schaute Leila mit dem gleichen, leicht herablassenden Blick an wie Königin Xenia.
„Ich denke, du kamst hierhin, um uns behilflich zu sein. Folglich ist es deine Aufgabe, etwas Passendes zu suchen.
„Oh – natürlich, Prinzessin“, antwortete Leila gehorsam und schritt auf den Schrank zu.

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Während sie der Prinzessin einige Minuten später das hübsche Kleid zuschnürte, fiel ihr Blick auf ein etwa zur Hüfte reichendes, quadratisches Etwas, über das ein deckendes, seidenes Tuch von schimmernden lila geworfen war.
„Äh....Prinzessin?“
„Ja?“
„Darf ich fragen, worum es sich bei – bei dem da“, Leila deutete darauf, „handelt?“
„Nein, ich denke, das darfst du nicht. Bitte fahr mit dem Kleid fort“, war sie forsche Antwort Ilonas.
„Ja....natürlich.“ Leila tat, wie ihr geheißen. Doch auch während sie ihr später eine kunstvolle Frisur flocht, schwirrte ihr die barsche Antwort der Prinzessin noch immer im Kopf herum.
Was hatte Ilona vor ihr verbergen wollen? Gewiss verstand Leila, dass die Prinzessin keines ihrer Geheimnisse mit ihr zu teilen gedachte, aber sie vermochte etwas erkannt zu haben, ein Funkeln in den grünen Augen.

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Während der nächsten Tage dachte Leila stets über das Gesehene nach. Es schien ihr so unpassend, so geheimnisvoll in diesem Schloss, in dem sonst alles perfekt war. Natürlich hatte sie auch das Gespräch nicht vergessen, welches sie in ihrer ersten Nacht auf Schloss Gutenberg belauscht hatte. Gab es da irgendeinen Zusammenhang?
„Nein“, dachte sie, „was sollte es da für einen Zusammenhang geben?“
Wochen verstrichen wie im Flug, und mit jeder Woche lernte sie das Schloss und seine Bewohner besser kennen. Ihr Ansehen in der Familie wuchs beinahe mit jedem Tag – zumindest beim König und Prinzessin Ilaya. An deren Neugier hatte sich nichts geändert. Ständig wollte sie etwas über das Leben außerhalb des Schlosses erfahren. Geduldig gab Leila ihr Auskunft – zumindest, soweit sie welche geben konnte.
Auf Fragen nach ihrer Familie oder Herkunft jedoch schwieg sie. Zu sehr fürchtete sie die Erinnerung, die sie seit ihrer Ankunft auf dem Schloss zu verdrängen versucht hatte. Sie wollte sich nie mehr daran erinnern müssen – zu sehr schmerzte es ihr allein bei dem Gedanken an ihre Familie.
 
Ist doch schonmal okay, pass auf, dass man die Kristalle nicht sieht. Mach die Wände hoch und achte darauf, dass man den Himmel nicht sehen kann wenn man ihn nicht sehen soll. Wenn es wirklich dunkel ist, muss es auch dunkel aussehen, darauf muss man auch achten. Also an den Bildern arbeite noch, der Text ist aber schon sehr gut!
 
Wow, wundervoller Schreibstil, die Geschichte zieht mich richtig in ihren Bann *begeistert bin* :D

Worauf du bei den Bildern noch achten solltest ist, dass du keine Verpixelung fotografierst
 
Bei den Bildern schließe ich mich an die bisher genannten Punkte an... sonst sind sie aber sehr schön geworden.
Der Text ist super, schön lang und ausführlich ( ich mag keine 1 Bild-1Satz- Fotostories:) ) und du lässt deine Leser immer schön im unklaren, was als nächstes kommt

Mach weiter so:hallo:

Cenwen
 
dankeschön =)
Bei den Kristallen hab ichs beim allerersten Bild vergessen, ich glaube, sonst sind sie weg. Ja... mit dem Himmel da hab ich ne Zeit lang nicht drauf geachtet, bis ich auch bei meiner anderen FS darauf aufmerksam gemacht wurde...
@ Tzerha: Was meinst du mit Verpixelung fotografieren???

Gruß aylady
 
Du hast Leila auf dem einen Bild in der Badewanne fotografiert und da is halt dann die Verpixelung drauf...schaut bissl unrealistisch aus, will aber nich meckern, ansonsten sind die bilder echt schön
 
Oh Wahnsinn! Ich finde deine Geschichte wirklich toll! Ich wollte ja auch so etwas ähnliches in meiner FS verarbeiten, aber ehrlich gesagt, ich finde, dir gelingt es viel besser als mir, das Leben auf einem Schloss zu schildern! Ich finde deine Geschichte richtig spannend zu lesen und freu mich schon,wenns weitergeht!
 
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Ein paar Wochen später folgte sie einem Befehl, dem zufolge sie König Winfried in seinem Büro aufsuchen musste. Leise schloss sie die Tür hinter sich. Dieser Raum war wahrscheinlich der wertvollste des ganzen Schlosses. Überall hingen golden gerahmte Gemälde, die unerschwinglichen Stühle bestanden aus Gold und Samt; selbst der Federkiel, der in einem schwarzen Tintenfass ruhte, war aus Gold gemacht.
Hinter dem massiven Schreibtisch aus Eichenholz saß der König und studierte aufmerksam ein beschriebenes Pergamentpapier. Als Leila eintrat, blickte er auf.
„Ihr....ihr habt mich zu euch befohlen, eure Hoheit?“, fragte Leila respektvoll und machte einen Knicks.
„Ja, Leila. In der Tat lautet der Befehl nicht, Staub zu wischen oder den Boden zu fegen.“
Er lachte kurz auf und strich sich über den Schnurrbart. „Nein, es handelt sich um ein wichtiges Anliegen. Bitte setz dich.“ Leila ließ sich ihm gegenüber nieder. Der König fuhr fort: „In ein paar Tagen hat unsere Ilaya Geburtstag. Nun, ihr zu Ehren soll ein prächtiger Ball in den Festsälen stattfinden.“

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„Wünscht ihr, dass ich dieses Fest vorbereite?“

„Oh nein“, schmunzelte Winfried, „nein. Wir haben die ganze Familie eingeladen, sowie die Könige der benachbarten Länder. Doch nun ist ein unerwartetes Problem aufgetreten. Wir hatten eine Kusine 3. Grades namens Katharina eingeladen, da wir ihren Eltern versprochen hatten, sie mit dem Adeligen Frederick aus Belgien zu verloben. Sie sollten sich auf dem Ball kennen lernen.
Das Problem besteht darin, dass Katharina schwer krank geworden und nicht imstande für eine lange Reise ist. Doch der Prinz aus Belgien wird bereits mit seiner Familie unterwegs sein, in der Erwartung, hier seine zukünftige Verlobte anzutreffen.“ Er machte eine Pause und holte tief Luft.
„Leila Matehrn, ich möchte, dass du an ihrer Stelle dem Prinzen gegenübertrittst.“

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„Ich soll – waas?“, rief Leila entsetzt. Wie kam der König nur auf eine solch irrsinnige Idee?
„Ich weiß, es widerspricht meiner Art, doch der Prinz und seine Familie würden sich nicht mit der Erklärung zufrieden geben, dass Katharina krank sei. Sie würden höchst entzürnt das Land wieder verlassen, und dies wäre für meine politischen Kontakte mehr als schädlich.“
„Aber Frederick wird denken, ich sei Katharina, seine baldige Verlobte! Wie stellt ihr euch das nur vor? Ich kann mich unmöglich als Katharina ausgeben!“, sagte Leila aufgebracht.
„Oh doch, das kannst du. Mehr als das, du musst. Es ist mein Befehl, dem du zu folgen hast. Ich verspreche dir, du wirst Frederick nach dem Ball nie wieder sehen. Wir werden ihm sagen, du seiest an Grippe verstorben. Daran kann er nichts ändern. Versteh doch, Leila, es geht nur um diesen Ball! Du bist jung und schön, zeigst gute Manieren! So soll es sein.“ Es klang unwiderruflich wie das letzte Wort.
Leila wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr Mund fühlte sich so unglaublich trocken an.
 
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Leila blickte an sich herab. Sie fühlte sich merkwürdig in all den Unterröcken und in dem weiten, schönen Kleid. Noch nie hatte sie ein so schickes Kleid getragen. Sie blickte in den Bodenlangen Spiegel von Königin Xenia. Ihre Haare waren zu einem glänzenden Dutt zusammengebunden. Um ihren Hals legte sich eine Kette.
Vor ihrem geistigen Auge sah sie die entgeisterte Miene der Königin, als König Winfried sie vor ein paar Tagen in sein Büro dazu gerufen und verkündet hatte, dass das Dienstmädchen Leila Matehrn als Gast an einem königlichen Ball teilnehmen sollte. Leila wurde immer mulmiger bei dem Gedanken an das Bevorstehende. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass alles so glatt ablaufen würde, wie der König es sich vorstellte. Warum war er so naiv? Das alles wollte einfach nicht zu dem König passen, der immer wusste, was er wollte, und der seine Vorhaben immer bis ins Detail plante.
Leila bewegte sich in Richtung Tür. Die steifen Röcke raschelten bei jedem Schritt. Sie fühlte sich unwohl.

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Im Flur begegnete ihr Ilaya. Ilaya hatte sich zu einer Schönheit entwickelt. Leila fand, sie war schöner als selbst Ilona oder die Königin. Sie bewegte sich unglaublich geschmeidig und trug ein traumhaftes Kleid. Unverändert jedoch war ihre unersättliche Neugier geblieben.
„Du siehst wunderschön aus – wie eine Prinzessin“, sagte Ilaya mit einem Lächeln, worauf Leila erwiderte: „Nicht so schön wie Ihr.“
Schweigend stiegen sie die Haupttreppe hinab.
„Nun, nach dir“, sagte Ilaya als sie vor der schönen Tür zum Ballsaal angelangt waren und bedeutete Leila einzutreten.
„Kommst du nicht mit?“, wollte diese wissen. „Ich habe hier zu warten, bis ich hineingerufen werde. Es soll ein besonderer Empfang werden und so schickt es sich nicht, schon vorher aufzutauchen.“ Wieder lächelte Ilaya und entblößte ihre makellos weißen Zähne.
Leila atmete noch einmal tief durch – und trat ein.

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Der Ballsaal war der prächtigste und schönste Raum des Schlosses. Zudem war er zu einem solch wichtigen Anlass herrlich geschmückt worden.
Etwas verloren stand Leila vor der Tür, bis ein Bediensteter auf sie zuschritt und sie unwirsch bat, aus der Seite zu gehen. Ja, Leila hatte wohl in den letzten Tagen mitbekommen, wie kritisch sie von den für das Fest angereisten Dienern beobachtet wurde. Natürlich hatte es sich im Hause herumgesprochen, dass ein einfaches Dienstmädchen eine Adelige ersetzen sollte.
Nun kam König Winfried herbeigeeilt.
„Du siehst absolut hinreißend aus, Leila. Denk daran, heute Abend heißt du Katharina von Dresden. Ich werde dich nun zu Prinz Frederick geleiten“, flüsterte er beflissen und bot Leila den Arm an, den sie zögernd annahm.

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Das sollte Prinz Frederick sein? „Du meine Güte, er sieht ja vielleicht gut aus“, dachte Leila, als sie vor ihrem angeblich Zukünftigen stand.
„Darf ich vorstellen, Prinz Frederick von Belgien und Katharina von Dresden“, verkündete König Winfried heiter und schritt zu Königin Xenia, die sich auf massiven Sesseln mit adeligen Damen unterhielt.
„Seid gegrüßt, Katharina von Dresden. Welch eine Ehre, Euch endlich gegenüber zu stehen“, sagte der Prinz und küsste Leila die Hand. „Ihr seid schöner, als ich je zu träumen gewagt hätte.“
Leila lächelte und sagte leicht unsicher mit einem Knicks: „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Prinz Frederick.“

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Inzwischen hatten König und Königin den Saal mit Gesten und dem plötzlichen Ende der Musik auf sich aufmerksam gemacht.
„Wie wir alle wissen, haben wir uns heute hier auf Schloss Gutenberg zu einem sehr erfreulichen Anlass versammelt. Wir sind hier um den Geburtstag unserer jüngsten Tochter Ilaya zu feiern. Und hier ist sie – unsere hochwohlgeborene Prinzessin!“, rief König Winfried.
Die Musik setzte feierlich ein und die Türen öffneten sich. Prinzessin Ilaya schritt anmutig herein und zog die Blicke der Menge auf sich. Als sie das königliche Paar erreicht hatte, machte sie einen Knicks vor den Beiden, um sich dann einen Partner für den ersten, eröffnenden Tanz zu suchen. Leila merkte, wie sich die jungen ledigen Prinzen um Ilaya rissen und schmunzelte. Schließlich wählte die Prinzessin einen Adeligen aus Frankreich und nach einigen Minuten füllte sich die Tanzfläche.

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„Wollt Ihr Tanzen?“, fragte Prinz Frederick freundlich, aber bestimmt und führte Leila zur Tanzfläche. Während des Tanzes schaute er sie ununterbrochen intensiv mit seinen blauen Augen an, dass Leila nicht nur die Hitze die Röte ins Gesicht trieb.
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie graziös sich Prinzessin Ilona durch den Saal bewegte und wunderte sich, dass sie so gut tanzen konnte.
Nach drei weiteren Tänzen fragte Frederick: „Wie wäre es, sich draußen ein wenig die Beine zu vertreten?“ Erleichtert bejahte Leila und so stahlen sie sich davon. Draußen war bereits die Dunkelheit hereingebrochen.
„Wie kommt es, dass eine Adelige Eurer Schönheit noch nicht verheiratet ist?“, fragte Prinz Frederick interessiert.

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„Nun, bald bin ich es ja“, antwortete Leila keck und wollte sich noch im selben Moment auf die Zunge beißen. Was sollte der Prinz nur von ihr denken?
Doch er schien belustigt und erwiderte: „Nun, da habt Ihr natürlich Recht. Um ehrlich zu sein, wollte ich mir meine Gemahlin selbst aussuchen. Ich finde es töricht, zu dieser fortschrittlichen Zeit noch immer verheiratet zu werden. Doch offenbar meint es das Schicksal gut mit mir.“ Er sah sie ernst an. Sie war erleichtert. Anscheinend hatte er keine Zweifel an die Identität ihrer Person.
Doch allmählich merkte Leila, dass dieser schöne Mann ihr Interesse geweckt hatte. Seine Art war so direkt, so ungezwungen ehrlich. Sofort schlug sie sich diesen Gedanken wieder aus dem Kopf. Auf gar keinen Fall durfte sie sich nun verlieben.

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Doch Frederick blickte sie mit seinem intensiven Blick so zart an, dass sie sich nicht wehrte, als seine Lippen die ihren suchten. Für einen Moment verschlangen sie sich ineinander. Leila spürte ein Gefühl von unsäglichem Glück in sich aufsteigen.
„Prinz Frederick“, hörten sie eine laute Stimme rufen und ein junger Mann lief herbei. Leila und Frederick schraken auseinander.
„Bitte folgt mir, König Winfried wünscht, Euch zu sprechen, Eure Hoheit“, verkündete der Mann.
Frederick blickte Leila an und fragte: „Kommst du mit?“ „Nein, danke, ich verweile noch ein wenig hier“, lehnte Leila ab und sah Frederick hinterher, wie er zurück zum Fest ging.
 
Wunderwunderwunderschön - Bilder, Text, alles.....angesichts so toller Storys wie deiner fehlen mir wirklich die Worte ! Deswegen kommentier ich generell selten, wenn ich nix zum meckern hab ^^

Frohe Weihnachten wünsch ich noch
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liebe Grüße,
Tzerha
 
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Obwohl Leila fröstelte, stand sie noch nach einer Viertelstunde regungslos am Brunnen und dachte nach.
Sie konnte nicht fassen, was soeben geschehen war. Was nur würde passieren wenn König Winfried davon erfuhr? Sie hatte einfach alles falsch gemacht! Wie hatte sie sich nur auf den Kuss einlassen können?
Doch es war ein Gefühl gewesen, welches sie noch nie zuvor erlebt hatte. Nicht, dass sie nicht genügend Verehrer im Dorf gehabt hätte, damals, als sie zu Hause war, als alles in Ordnung war ... Doch hatte sie sich nie auf eine Verlobung einlassen wollen, hatte nie eine feste Bindung eingehen wollen!
Da es allmählich tatsächlich sehr kalt wurde, machte sich Leila auf zurück zum Saal.

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Gerade betrat sie die Eingangshalle, da sah sie eine Gestalt durch die Tür am anderen Ende huschen. Leilas Neugier war geweckt. Wer stahl sich heimlich davon?
Einen Moment zögerte sie, doch dann glitt sie geschmeidig ebenfalls durch die Tür. Diese führte zu dem Gang, auf dem Leilas Kammer und die Nebentreppe lagen. Tatsächlich lief jemand die Nebentreppe hoch. In dem Moment viel der helle Schein des Mondes durch das Fenster und strich über – Ilona! Was machte sie hier? Und warum nahm sie die Nebentreppe?
Leila schien es, als würde Ilona alles daran setzen, von niemandem bemerkt zu werden.
Sie wartete, bis Ilona nicht mehr zu sehen war, dann raffte sie ihre Röcke, rannte den Gang entlang und huschte ebenfalls die Stufen empor.

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Oben angekommen war Ilona nicht mehr zu sehen. Wo sollte Leila nur suchen? Sie konnte überall sein...
Plötzlich drang ein merkwürdiges Geräusch hinter einer Tür hervor. Es hörte sich an wie ein unnatürlich lauter Windzug in dieser windstillen Nacht. Das Geräusch stammte aus Ilonas Räumlichkeiten. Leila stieß leise die Tür auf und erschrak. Ilona war nicht hier.

Dafür stand auf einem Tisch in der Ecke eine Glaskugel, in der sich feine Linien wanden und funkelnde Kristalle schwebten. Die Kugel war umgeben von einem unheimlichen, azurblauen Licht. Leila hatte den beklemmenden Verdacht, dieses... Etwas schon einmal gesehen zu haben, nur durch eine Decke verdeckt ...
Während Leila noch das Etwas anstarrte, merkte sie, wie es sie in seinen unnatürlichen Bann zog. Und ehe sie etwas tun konnte, wurde sie hineingezogen, und es hörte sich an wie ein unnatürlich lauter Windzug.


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Leila stand immer noch im selben Raum. Doch sah er anders aus; das Bett war ein anderes, der Tisch mit dem Spiegel war verschwunden. Wie konnte sich das Zimmer so schnell verändert haben?
Sie sah, wie Ilaya an der offenen Tür – warum war sie plötzlich offen? – vorbeischritt. Leila lief zur Tür. Die Röcke raschelten. Entschlossen streifte sie sich Kleid, Unterkleid, Rock und Reifrock ab und lief in Korsett und Hosen zur Tür hinaus.
Auf Zehenspitzen schlich sie Ilona hinterher, die es offenbar sehr eilig hatte und sich nicht ein einziges Mal umschaute. Das Schloss sah aus wie eh und je, doch fehlten einige Gemälde und auch die Vorhänge waren teilweise nicht dieselben.
Urplötzlich verschwand Ilona in einem Raum und ließ die Tür einen kleinen Spalt breit offen.
Leila linste hinein. Sie erkannte, dass es sich um eben jenen Raum handelte, in dem Königin Xenia sie in ihrer ersten Nacht zornig zurechtgewiesen hatte.
Leila blinzelte. Sie konnte kaum glauben, was sie dort sah. Ilona tanzte. Keinen Hoftanz oder Walzer. Nein, sie tanzte Ballett.

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Fast hätte Leila laut gelacht. Dafür also diese ganze Geheimniskrämerei? Ilona hatte sich vom Ball geschlichen, um tanzen zu können? Und dann auch noch dieses eigentümliche Gerät?
Doch je länger sie Ilona zuschaute, desto mehr schwanden solche Gedanken. Ilona tanzte atemberaubend. Leila verstand nicht viel vom Tanzen, doch wusste sie, dass Ilona sehr gut war. Sie bewegte sich so graziös, dass mit jeder Bewegung Anmut und Stolz hervorgebracht wurde.
Gerade als die Prinzessin mit einem Relevé auf die Spitze ging und ihr anderes Bein zu einem seitliche Devéloppé kerzengerade ausstreckte, hörte Leila zornige Stimmen. Sie mussten nahe sein – sehr nahe. Wo sollte sie sich nur verstecken? Zwar wusste sie nicht, wer sich dort streitend näherte, doch sie hatte ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken, dass sie hier entdeckt werden könnte – zumal sie immer noch nicht wusste, was es mit dem rätselhaften Gerät auf sich hatte.

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Was Leila dann tat, konnte sie sich selbst nicht genau erklären. Doch schien es ihr in diesem Moment die beste Lösung – immerhin hatte auch die tanzende Ilona das Etwas benutzt.
So stieß Leila die Tür ganz auf, huschte ins Zimmer und zog die Tür bis auf einen winzigen Spalt zu.
Ilona, gerade in einer Pirouette, hielt abrupt in, verlor beinahe das Gleichgewicht und starrte Leila für den Bruchteil einer Sekunde entsetzt an. Dann öffnete sie den Mund, um etwas zu sagen, doch Leila machte:
„Schhhht – da kommt jemand“, und sah durch den schmalen Spalt auf den Gang.
Was sie dort sah, raubte ihr beinahe den Verstand.
Dort stand Königin Xenia – und diskutierte wild gestikulierend mit Prinzessin Ilona.

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Benachrichtigt wird:

Tanzbiene
 
Hey Tanzbiene!
Freut mich, dass es dir immer noch gut gefällt!
Vor ein paar Tagen habe ich "Das Mädchen mit der Perlenkette" (Link s. Sig.) zuende geschrieben.
Solltest du das schon gelesen haben, lautet die Antwort: Die Geschichte ist zuende.

Gruß aylady
 
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Leila konnte sich nur mit großer Mühe einen Aufschrei verkneifen. Hektisch sah sie sich um. Hinter ihr stand Prinzessin Ilona in Tutu und Spitzenschuhen und schaute Leila nach wie vor entsetzt an.
Vor der Tür stand Prinzessin Ilona, die irgendwie jünger aussah, in einem grün-weißen Kleid und stritt sich mit ihrer Mutter. Wie konnte das sein? Leila bekam es mit der Angst zu tun.
„Niemals!“, schrie Königin Xenia.
„Aus welchem Grund nicht, Mutter? Es ist ein großer Wunsch. Bitte verwähre ihn mir nicht. Ich bin gut! Sehr gut sogar!“
„Sagt wer?“, rief Xenia zornig dazwischen, „weißt du überhaupt, was das bedeutet, zu tanzen? Ilona von Gutenberg, du bist eine Prinzessin und mehr noch, du wirst einmal Königin sein! Du lernst tanzen. Tanzen für einen Ball. Walzer tanzen. Aber du hast mein Wort, das Wort Königin Xenias, du wirst nie, niemals eine Tänzerin werden! Nie, hörst du?“

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„Mutter, das kannst du nicht machen!“, schrie Ilona verzweifelt und Tränen liefen ihr über die Wangen. „Das Tanzen bedeutet mir etwas! Ich kann es wirklich! Ich will keine Königin sein. Ilaya ist ein intelligentes Mädchen, sie wäre eine perfekte Königin! Doch ich, ich habe mich längst auf andere Wege begeben! Ich will mehr in meinem Leben als auf einem Schloss zu sitzen und Königin zu sein!“
„Meine liebe Ilona, ich denke, du weißt nicht, wovon du redest. Ich verbiete dir, zu tanzen. Und ich werde dafür sorgen, dass du keine Gelegenheit dazu bekommst. In den nächsten Tagen bleibst du auf deinem Zimmer, bis du wieder zu Vernunft gekommen bist. Dies ist mein letztes Wort.“
Mit raschelnden Röcken entfernte sich die Königin. Ilona schaute ihr noch einen Moment hinterher, bevor sie laut aufschluchzte und ebenfalls verschwand.

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Leila konnte nicht glauben, was sie gerade gesehen hatte. Die hochmütige Ilona hatte geweint? Hatte gefleht? Das alles schien ihr unwirklich. Wie in einem verrückten Traum.
„Was, in Gottes Namen, tust du hier?“, fragte Prinzessin Ilona und baute sich vor ihr auf.
Leila hatte schon vergessen, dass sie ebenfalls hier war.
„Nun, ich sah Euch und....“
„....und da bist du mir hinterhergelaufen? Du solltest dich schämen! Eine elende Magd bist du! Glaube ja nicht, nur weil du mal etwas anderes trägst als Lumpen, dürftest du tun was du willst! Was fällt dir eigentlich ein? Und wo ist dein Kleid?“, schrie Ilona erzürnt.
„Ich zog es aus. Es liegt in Eurem Zimmer. Erlaubt mir, diese Frage zu stellen; wo sind wir? Was hat es mit dieser Kugel in Eurem Zimmer auf sich?“

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Einen Moment lang schwieg Ilona und funkelte Leila wütend an. Dann sagte sie mit bebender Stimme: „Das ist das wertvollste, was ich besitze. Ich fand es beim Spielen mit meiner Schwester, ein paar Wochen nach dem Gespräch mit meiner Mutter in einem Raum im Keller, den meine Eltern nicht kennen. Ich brachte es in mein Zimmer. Es war nicht schwierig, herauszufinden, was es war.“ Ilona holte tief Luft. „Man kann damit in die Vergangenheit reisen.“
Leila stockte der Atem. Das konnte nicht sein! Doch wie sonst hatte sie gerade zwei Ilonas gleichzeitig gesehen?
Leila schaute Ilona prüfend an. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass diese hochmütige Prinzessin so gerissen war, in die Vergangenheit zu reisen, nur um unbemerkt zu tanzen.

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„Warum erzählst du mir all dies?“, fragte Leila verwirrt.
„Nun, man merkt, dass du ein einfaches Bauernmädchen bist“, verkündete Ilona herablassend. „Ich denke, mir bleibt kaum eine andere Wahl! Du hast gehört, was meine Mutter sagte.“ Diese Worte überraschten Leila. Aus ihnen hörte sie einen deutlichen Klang. Einen Klang der Angst.
„Bitte“, flehte die Prinzessin nun fast, „bitte verrate mich nicht. Solltest du es doch tun, so wird Vater erfahren, dass du mir hinterher spionierst.“
Panisch wollte Leila antworten: „Natürlich schweige ich.“ Doch sie hielt die Worte zurück. Ihr war eine Idee gekommen.
„Nun, wenn es so wäre“, begann sie leise „was würdet Ihr dem König und der Königin erzählen? ’Im Übrigen, Mutter, ich reiste kürzlich in die Vergangenheit um Ballett zu tanzen, da ist Leila mir gefolgt. Vater, wird sie nun bestraft?’ – das werdet Ihr wohl kaum sagen können, habe ich Recht? Ihr müsst schweigen, ob Ihr wollt oder nicht. Ich jedoch kann ihnen alles erzählen. Sie werden mir dafür danken. Aber gut, wenn Ihr so nett fragt, dann werde ich natürlich den Mund halten. Doch seid auf der Hut. Solltet Ihr etwas tun, was mir nicht gefällt, dann könnte es passieren, dass ich versehentlich etwas ausplaudere.“

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Kaum hatte Leila diese Worte ausgesprochen, tat es ihr Leid.
Ilona zitterte. Tränen liefen ihr die Wangen hinab.
Leila schauderte. Wie hatte sie nur so gemein sein können? Sie erkannte sich selbst nicht wieder in den Worten, die sie gesprochen hatte.
Gerade wollte sie sich entschuldigen, als Ilona ein Fläschchen mit einer azurblauen Flüssigkeit hervorzog und, immer noch zitternd, sagte: „Hol dein Kleid, aber pass auf, dass dich niemand sieht. Dann trinke einen Schluck. So kommst du wieder zurück.“
Leila tat wie ihr geheißen und im nächsten Moment hörte sie das Knistern der Wandkerzen hinter sich und wusste, dass sie wieder in Ilonas Zimmer stand.
Ein paar Sekunden später stand Ilona neben ihr, schritt hinüber zu dem Würfel und warf die Decke drüber.

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„Ich gehe zurück zum Ball. Einen schönen Abend noch“, sagte sie ausdruckslos und schritt von dannen.
Leila schaute ihr hinterher. Das eben Gesehene stimmte sie sehr nachdenklich. Für Leila war klar gewesen, es bei Prinzessin Ilona mit einem verwöhnten, überheblichen und verzogenen Ding zu tun gehabt zu haben. Doch die Prinzessin schien tatsächlich Wert auf das Tanzen zu legen. Hatte sie soeben die wahre, leidenschaftliche Ilona erlebt? War dieses ganze Getue nichts weiter als Schauspielerei?
Nachdenklich zog Leila sich wieder das Kleid an und lief zurück zum Saal.

 
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In der Eingangshalle begegnete ihr Prinz Frederick.
Er schaute sie erleichtert an und rief: „Ich habe dich überall gesucht! Wo warst du nur?“
„Ich...“, Leila blickte herab auf den Boden, „mir war nicht ganz wohl, deshalb zog ich mich für eine Weile zurück.“
„Nun, ich hoffe, ich habe dich mit dem Kuss nicht aus der Fassung gebracht. In der Tat ging alles sehr schnell.“
Leila lächelte. „Keineswegs“, verkündete sie, „es war wundervoll. Schon jetzt bedanke ich mich für den schönen Abend.“ Bei diesen Worten wurde Leila klar, dass sie gar nicht mehr überlegen musste, was sie sagte. Sie dachte gar nicht mehr daran, dass sie ja eigentlich jemand anders war. Die Worte kamen einfach.
„Später wirst du auch kaum noch Gelegenheit haben, denn meine Eltern ziehen es vor, abzureisen. Sie möchten nicht bis zum Morgen warten, da es eine lange Fahrt ist und sie in den nächsten Tagen einige wichtige Empfänge haben. Liebe Katharina“, er küsste ihr sanft die Hand, „wir werden uns schon bald wiedersehen.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und schritt zum mächtigen Portal hinaus.

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Leila stand für einen Moment wie angewurzelt da. Dann wurde ihr mit einem Mal schlagartig klar, was soeben geschehen war. Dass sie diesen Mann, der gerade das Schloss verlassen hatte und der so ungekannte Gefühle in ihr hervorholte, nie wieder sehen würde. Es würde zu spät sein.
Wie würde Prinz Frederick nur reagieren, wenn er von ihrem vermeintlichen Tod erführe? Würde er sich darum scheren? Was, wenn er tieftraurig wäre?
Leila hatte ein sehr ungutes Gefühl.

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Abwesend saß sie beim Frühstück, dass von den angereisten Dienern serviert wurde, neben einem reichen Graf aus Wien. In der vergangenen Nacht hatte sie kaum geschlafen. Ihr Herz hatte geschrieen vor einer unersättlichen Sehnsucht.
Die folgenden Tage und Wochen plätscherten ereignislos vor sich hin, jede Stunde kam Leila wie eine Lebenszeit vor. So sehr dachte sie an den Prinzen, dass sie die Geschehnisse um Ilona beinahe vergaß.
Natürlich hatte König Winfried sich nach der Ballnacht erkundigt, doch Leila hatte ihm nur das allernötigste mitgeteilt. Doch wie es schien hatte sich der König damit zufrieden gegeben und Leilas Geldbeutel augenzwinkernd um einige Taler erschwert.

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Eines Tages, Leila säuberte gerade die Buchenholzkommode im königlichen Schlafgemach, trat Prinzessin Ilaya ein.
„Mein Vater schickt nach dir. Bitte folge mir“, sagte sie schlicht und begab sich wieder hinaus. Leila legte den Staubwedel sorgfältig ab und lief der Prinzessin hinterher.
Sobald sie das Zimmer betraten, in dem die Königsfamilie Leila einst vor langer Zeit auf dem Schloss willkommen geheißen hatten, und Leila König Winfrieds Miene sah, wusste sie, was der Grund war, aus dem der König und seine Frau sie zu sich gerufen hatten.
„Bitte lasse und allein“, meinte der König an seine Tochter gewandt. Diese sträubte sich ein wenig, denn ihre Neugier war unverkennbar, doch schließlich lächelte sie, verließ den Raum und schloss die Tür.
Der König räusperte sich und strich sich über den Schnurrbart.
„Nun, Leila, ich dachte, es wäre nur vorteilhaft, dich davon in Kenntnis zu setzen, dass alles wieder seinen gewohnten Gang geht. Du bist wieder voll und ganz Leila Matehrn.
Katharina von Dresden ist tot – zumindest für Prinz Frederick und seine Familie.“
„Danke...eure Hoheit“, presste Leila erstickt hervor und stürzte ohne ein weiteres Wort davon.

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Zwei Gänge entfernt ließ sie sich schluchzend an der Wand hinabsinken.
„Es ist vorbei“, dachte sie. Sie wollte aufstehen, laut schreien und laufen, einfach nur weg, weit weg. Doch sie saß hier mit der Gewissheit nichts tun zu können, keinerlei Einfluss auf das Geschehen der Dinge zu haben.
Sie hörte Röcke rascheln und wollte sich rasch erheben, doch schon kam Ilaya um die Ecke.
„Leila?“, fragte sie erstaunt, und mit Blick auf ihre Tränen sagte sie: „In letzter Zeit scheinst du mir sehr betrübt. Was bedrückt dich?“
„Es ist nur...“
„...Heimweh, hab ich Recht?“
„Ja, ja genau. Heimweh“, sagte Leila erleichtert.
„Kann ich dir irgendwie helfen?“
Leila blinzelte. Prinzessin Ilaya war so anders als ihre Schwester. Sie bot einer Magd ihre Hilfe an. Etwas derartiges würde die Königin oder Ilona nie tun.
Gegen ihren Willen lächelte Leila. „Danke, aber ich komme zurecht. Ich denke, es wäre von Vorteil mich jetzt wieder an meine Arbeit zu begeben. Ihr entschuldigt mich...“
Mit diesen Worten lief sie fort. Ein paar Stunden später hatte Leila einen Entschluss gefasst. Sie hätte sich nicht dagegen wehren können. Eine unerklärliche, tiefe Liebe bewegte sie zu dem Entschluss, von dem sie nicht ahnte, wie schwer seine Erfüllung werden würde....
 
Ich kann nur eines sagen: WOW!
Habe soeben deine Geschichte entdeckt und muss sagen, bin begeistert!

Dein Schreibstil ist ja unwahrscheinlich gut, und du bist wirklich erst 14 Jahre alt? Willst du Schriftstellerin werden? Das Zeug dazu hättest du auf jeden Fall!

Hut ab!

LG
Arduinna
 
Oh mein Gott....ich bin gerührt!
Damit hätte ich jetz gar nich gerechnet!

@ Arduinna: Ich liebe es, zu schreiben, weil man sich dabei entspannen und dem Alltag entfliehen kann. Das ist meine Droge. Aber Schriftstellerin werd ich nicht. =)
Ja ich bin 14.

@ Tanzbiene: Danke =)
 
1. Teil - Neue Wege

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Das Schloss war still und dunkel. Keine Kerze flackerte, hin und wieder war deutlich das Geräusch der Fenster zu vernehmen, die vom Wind heulend knarrten.
Eine kalte Brise durchfuhr den Gang. Leila schauderte und zog ihren Umhang fester um sich. Auf Zehenspitzen durchquerte sie die Einganshalle und öffnete so behutsam wie möglich das Portal. Noch einmal ließ sie ihren Blick durch die prächtige Halle schweifen, über die formschöne Haupttreppe, die sie etliche Male geschrubbt hatte, über die kostbaren, goldgerahmten Bilder, die stolz an den Wänden ruhten.
Dann trat sie hinaus in die kühle, schwarze Nacht. Einen Augenblick dachte Leila an das warmes Bett, das behaglich in ihrer warmen Kammer stand. Doch dann zog sie das Portal hinter sich zu und lief so leise es ging zum Stall.
„Schhhhhhht“, sprach sie leise auf die beiden Pferde Animus und Aurora ein, die sie fertig machte und an eine einfache, aber stabile Kutsche band, die für die Dienstgänge gedacht war.

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„Leila“, flüsterte eine Stimme hinter ihr.
Leila erschrak so heftig, dass sie Animus unsanft in die Seite stieß. Panisch drehte sie sich um – und blickte in die großen, eisblauen Augen Ilayas.
„Prinzessin, ich...es tut mir Leid“, flehte Leila.
„Du willst zu deiner Familie, nicht wahr?“
„Ich...“
„Ich mache dir keinen Vorwurf. Ich lief dir nur hinterher, weil ich mit dir komme.“
„Ihr...wollt mit mir kommen?“, rief Leila entsetzt.
„Ja, das will ich. Nie wolltest du mir von deiner Familie erzählen. Nun wünsche ich, mir selber ein Bild zu machen.“ Ilaya sprach voller Überzeugung, die jegliche Argumente nicht zuließ, das wusste Leila.
„Nun gut. Steigt ein“, sagte sie matt.

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Leila setzte sich auf den Kutschbock, nahm die Zügel in die Hand und ließ Animus und Aurora losmarschieren.
Leila war der Verzweiflung nahe. Nie hatte sie auch nur einen Moment vorgehabt, zu dem Haus ihrer Familie zurückzukehren. Sie wusste, dass sie die Erinnerungen nicht länger unterdrücken könnte, sollte sie zurückkehren.
Doch konnte sie unmöglich mit der Prinzessin nach Belgien reisen.
Die Kutsche fuhr und fuhr, bis Leila im Morgengrauen neben dem Wirtshaus in ihrem alten Dorf hielt.
Ilaya stieg aus. „Hier hast du gelebt?“, fragte sie ungläubig. Ihre Augen funkelten wissensbegierig wie die eines kleinen Kindes.
„Nein, unser Hof war etwas abseits des Dorfes. Hier haben wir uns oft aufgehalten, wenn wir mit der Arbeit fertig waren. Ich dachte, wir rasten kurz, ruhen ein wenig und fahren dann weiter.“
„Sagtest du: ‚Unser Hof war?’“
„In der Tat sagte ich dies. Ich weiß nicht, ob meine Familie noch dort lebt.“
Natürlich wusste Leila es ganz genau. Doch sie wollte nicht daran denken, und den Moment der Erinnerung so lang wie möglich hinauszögern...

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Nacheinander betraten sie den kleinen Pub. Fast alles in ihm bestand aus Holz, mit Ausnahme der knubbeligen Sessel am kleinen Fenster.
Das Wirtshaus war bis auf einen älteren, stämmigen Herrn hinter der Theke leer. Sein nussbraunes Haar war von grauen Strähnen durchzogen und sein dichter Bart zitterte durch die Bewegung, die er beim Putzen eines Glases ausführte.
Als sie eintraten, sah er auf und ein strahlendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
„Leila? Die kleine Leila Matehrn? Welch eine Freude, dich wiederzusehen! Eine richtige Dame bist du geworden. Und was für ein hübsches Kleid du trägst!“
Leila lächelte. „Die Freude ist auch auf meiner Seite, Alfred. Wie geht es dir?“
„Nun, ich kann mich nicht beklagen. Das Geschäft läuft, vor kurzem hat sich meine älteste Tochter Lina verlobt. Doch was führt dich hierher?“, fragte er. Sein Blick war auf die Prinzessin gerichtet.

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„Nun“, begann Leila ausweichend, „ein anderes Mal. Ich bin erschöpft von der Reise und wäre dir für ein Glas Milch überaus dankbar.“
„Wer ist denn deine Begleitung? Nicht etwa eine aus königlichem Hause?“ Sein Blick blieb an Ilayas prächtigem Kleid hängen.
„Doch. Gestatten, Prinzessin Ilaya von Gutenberg, Ilaya, dies ist Alfred, der Wirt.“
„Sehr erfreut“, lächelte Ilaya freundlich.
Alfred beäugte sie etwas misstrauisch. Nie hatte er viel vom hohen Adel gehalten. Für einen Augenblick verschwand er hinter der Bar, dann kam er mit zwei gefüllten Holzbechern zurück und stellte sie auf die Theke.
Durstig trank Leila den Becher mit einem einzigen Zug leer, während Ilaya vorsichtig an der lauwarmen Ziegenmilch nippte.
„Du wolltest also deine gute alte Heimat besuchen?“
„Ja...das wollte ich“, log Leila. Was hätte sie sonst sagen sollen.
Gewiss freute sie sich über das Wiedersehen. Doch mit jedem Moment, den sie länger im Wirtshaus saßen, fragte sie sich, was sie hier eigentlich tat. Die Zeit, die sie verlor, war von keinerlei Sinn und Zweck.

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Nach einer halben Stunde verließen die beiden das Wirtshaus wieder. Inzwischen war die Sonne fast aufgegangen. Immer noch war es herbstlich kalt, und über die weiten Felder zog sich ein wie es schien undurchdringlicher Nebel. Animus und Aurora scharrten schon ungeduldig mit den Hufen .
Ilaya stieg in die Kutsche, und abermals fuhr Leila los.
Bis zum letzten Moment versuchte sie verzweifelt einen Ausweg zu finden, irgendeinen Grund, nicht zum Hof fahren zu müssen.
Doch nach kurzer Fahrt befanden sie sich auf dem Adlerhof, so hatte er zumindest geheißen, als Leilas Eltern ihn noch betrieben hatten.
Sie stiegen von der Kutsche und sahen sich um.
Sie standen auf einem staubigen Weg, direkt vor ein paar kümmerlichen, schwarzen Holzresten, die einst ihr zu Hause gewesen waren.
Leila merkte, wie die furchtbare Erinnerung sie erdrückte.
Um sie herum wurde alles schwarz...
 
Super Story - nur während der Zeitreisen Sache fand ich sie ein bisschen komisch - aber jetzte wirds wieder richitg toll und das mit dem Prinzen ging mir ein bisschen zu schnell

dein Schreibstil ist wirklich toll und die Bilder gefallen mir auch gut

werde sicher öfter hier vorbeischaun
 
Hallo!
Es freut mich, dass es euch gefällt.

@ LucyvdPelt: Ja, die Zeitreise passt da nicht so gut rein. Dahinter steckte eigentlich der Gedanke, dass es sich nicht immer nur um Leila dreht. Naja mal sehen ob ich es so lasse.

Sooo jetzt gehts aber weiter! Sry ich weiß bin ein bissel spät!
Viel Spaß und nen guten Rutsch!

Gruß aylady
 
Hi
SUPER Strory . Ich kann mir vorstellen das der guckt wenn da auf einmal ne Prinzessin reinkommt :D

Bye AmericanIdiot
 
Die Erinnerung

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Im Morgengrauen wachte Leila auf und blickte aus dem Fenster. Es versprach, der erste schöne Tag des Jahres zu werden. Die Sonne begann die kühle Luft mit ihren roten Strahlen zu erwärmen und die Vögel zwitscherten fröhlich.
Leila zog sich an und lief über den taufrischen Rasen zum Fluss, um sich zu waschen.

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Als sie fertig war, ging sie zum Haus zurück. Ihre Mutter Leinda Matehrn kam ihr entgegen.
„Guten Morgen, Leila“, rief sie fröhlich. „Bitte geh rein und bereite das Frühstück, ich gehe, um die Hühner zu füttern und die Kühe zu melken.“
„Gut Mutter, ich ruf dich, wenn ich fertig bin.“
Hüpfend betrat Leila die Stube.
Das Haus kam ihr merkwürdig leer vor ohne ihren Vater und ihren Bruder Max. Doch die beiden waren auf einer mehrtägigen Jagd. Leila freute sich schon, denn eine Beute aßen sie jedes Mal selbst, bevor sie den Rest verkauften.
Sie machte Feuer, füllte den alten, rostigen Kessel und hang ihn über das munter knisternde Feuer. Noch wusste Leila nicht, dass dieser der schlimmste Tag in ihrem Leben sein würde. Pfeifend schnitt sie Brot zurecht, als plötzlich von draußen ein Aufschrei ertönte.

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Erschrocken rannte Leila in die Scheune – und fand ihre Mutter vor, gebeugt über den Leichnam von Frieda, Leilas Lieblingskuh.
Leila schrie auf. „Mutter, was -?“

„Als ich die Scheune betrat“, begann Leinda zitternd, „lag sie hier. Einfach so!“
„Wie konnte das nur passieren?“
„Ich weiß es nicht. Bauer Josef ist kürzlich ebenfalls eine seiner Kühe gestorben. Was tun wir denn nur ohne eine dritte Kuh? Wir werden nicht mehr genug Milch zum Verkauf haben, und für eine neue Kuh reicht das Geld nicht!“
Leila seufzte. Der Tag hatte so vielversprechend angefangen. Und nun so etwas!
Leila wusste sehr genau, was es bedeutete, ein Tier zu wenig zu haben und kein neues anschaffen zu können. Es bedeutete kein Geld, Hunger und Not.

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Leila und Leinda sahen sich an. Warum war es plötzlich so warm? Die Luft stank nach Rauch.
Hastig rannten die beiden Frauen aus der Scheune – und was sie sahen, ließ beide erneut laut aufschreien.
Die Stube des kleinen Hauses, in dem Leila ihr Leben verbracht hatte, stand in Flammen.
Leinda und Leila waren zu entsetzt, um ein Wort herauszubringen.
Hilflos mussten sie mit ansehen, wie fas Feuer auf das Haus übergriff und das trockene Holz in Sekunden zu Asche wurde.

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„Leilaaaaa! Schnell!“, schrie Leinda.
„Was ist mit den Tieren?“, rief Leila verzweifelt.
„Wir können ihnen nicht helfen. Wenn wir jetzt in die Scheune gehen, wird das Feuer uns ebenfalls erfassen! Los, nun komm!“, rief Leinda, packte ihre Tochter am Arm und zog sie fort vom Hof.
Sie rannten und rannten, weit weg von dem Feuer, das ihr ganzes Hab und Gut zerstörte.
Leila sackte zusammen und schluchzte hemmungslos. Alles war ihre Schuld gewesen. Das Holzregal musste Feuer vom Tee gefangen haben. Wie hatte sie das nur vergessen können?

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„Leila, steh auf! Heulen bringt uns nun nicht weiter“, rief Leinda schneidend.
„Mutter, es ist alles meine Schuld“, flüsterte Leila mit erstickter Stimme.
Leinda schwieg. „Wir müssen weiter“, war die schlichte Antwort.
„Aber wohin nur?“
„Zuerst gehen wir zu Alfred. Vielleicht können wir ein paar Nächte in einem seiner Zimmer unterkommen.“
„Aber Mutter! Vater und Max...sie wissen es nicht!“
„Wir werden Alfred bitten, seinen Sohn nach ihnen zu schicken. Nun komm, Leila, mach es nicht noch schlimmer!“
Widerwillig raffte Leila sich auf.

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Das Wirtshaus war um diese Zeit noch leer. Alle Bewohner des Dorfes waren bei der Arbeit auf dem Feld oder dem Gut Adeliger.
Als sie eintraten, blickte Alfred, der Wirt, erstaunt auf und fragte: „Was macht ihr hier um diese Uhrzeit? Stimmt etwas nicht? Donnerwetter, wie ihr ausseht! Ganz verrußt und verschwitzt! Was ist nur passiert?“
„Oh Alfred“, begann Leinda, „Alfred, es ist so furchtbar...“


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Alfred führte sie in das Hinterzimmer, wo Leinda ihm alles erzählte.
„Du meine Güte, Leinda...ich kann gar nicht sagen, wie Leid mir das tut...wenn ich doch nur etwas tun könnte!“
„Wenn vorerst eine Schlafstätte geben würdest, wäre das mehr, als wir verlangen können“, murmelte Leinda.
Leila saß nur da und starrte ins Leere. Ihre Schuld...alles ihre Schuld...
Alfred schaute verlegen drein. „Nun, für heute Nacht kann ich euch ein Dach überm Kopf bieten. Doch für morgen haben sich ein paar Reisende angekündigt, die sich ein paar Tage hier aufhalten möchten. Ich fürchte, sie werden die beiden Zimmer beanspruchen...“
Leinda schaute verzweifelt, sagte aber so ruhig wie möglich: „Nun, bis morgen wird uns schon etwas einfallen. Schicke doch bitte Jörg nach meinem Mann und meinem Sohn. Sie wissen es noch nicht.“

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„Leila, wach auf“, flüsterte Leinda und schüttelte sie. Leila schlug die Augen auf. Sie hatte nicht schlafen können auf der Pritsche im Wirtshaus, doch hatte sie die ganze Zeit gehofft, jeden Moment aus diesem furchtbaren Traum aufzuwachen. Doch es war nicht geschehen.
Ihre Mutter kniete mit einer Kerze in der Hand vor ihr.
„Leila, zieh schnell dein Kleid an und komm mit!“, flüsterte sie eindringlich.
Leila tat wie ihr geheißen und wenige Sekunden später traten sie in die kühle Morgensonne.
Vor der Tür des Wirtshauses stand eine klapprige, alte Kutsche mit einem hellbraunen Pferd.
„Steig ein“, befahl Leinda.
„Mutter, wohin fahren wir?“
„Ich bringe dich fort. Nun haben wir nichts mehr, nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf. Dein Bruder wird sich eine Arbeit suchen müssen. Für ihn wird es nicht so schwer sein, denn er ist ein kräftiger junger Mann. Du aber bist ein junges Mädchen, und dein Vater und ich können dich nicht durchbringen. Wir werden hart arbeiten müssen, um uns selbst zu ernähren. So sehr es mir weh tut – ich gebe dich in den Dienst der Königsfamilie. Auf Schloss Gutenberg wirst du ein weitaus besseres Leben haben.“
„Nein, Mutter, bitte nicht! Bitteee!“, rief Leila verzweifelt. Doch ihre Mutter drängte sie in die Kutsche und fuhr los.

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Ein paar Stunden später hielt die Kutsche und Leila war gezwungen auszusteigen. Ihre Mutter gab ihr einen Kuss und flüsterte: „Gott sei mit dir, mein Kind.“
„Neiiiiiiiin!“, schrie Leila. Das war nicht wahr. Das konnte nicht wahr sein. Fassungslos starrte sie der sperrigen Holzkutsche hinterher, in der ihre Mutter Leinda saß und die hübsche Straße davonfuhr. „Mutteeeeeeer!!! Du kannst mich hier nicht allein lassen! Komm zurüüüüüüück!“
Leila stand vor dem prächtigsten Gebäude, welches ihr jemals zu Gesicht gekommen war.
Ein riesiges Schloss, in dem sie jetzt leben sollte? Bei dem Gedanken rollten noch mehr Tränen über ihre Wangen...
 
noch ein TEil? super !!!!
Deine FS is echt interessant, sowas wollt eich shcon immer lesen (ich liebe Storys im Mittelalter und die sich um das Königshaus handlen ;) ) SUPER!!!!
WEITER SO!!

--> man wann kommt dne der prinz wieder ? *g* Wie gehts mit den beidne weiter !!!???

See ya!!!
 
Wow, die Geschichte ist echt spannend und die Bilder sind super, ein wunderschönes Schloss!
 
Hallo ihr Lieeeeben!
Erstmal ein frohes neues Jahr!
Ich hoffe, ihr hattet einen guten Rutsch und habt schön gefeiert!

Hier geht's jetzt auch ein bisschen weiter.

@ jasmin_isabella : Danke, freut mich, dass es dir gefällt.

Gruß aylady
 
Die Reise geht weiter

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„Leila! Leiiila!“
Leila schlug die Augen auf. Sie lag auf dem staubigen Boden, auf dem sie einst gelebt hatte. Sie fühlte sich erschöpft, als wäre sie einen hohen Berg empor gelaufen. Prinzessin Ilaya beugte sich über sie und sah sie besorgt an.
„Leila, was ist passiert? Plötzlich sacktest du zu Boden. Gezuckt und geschrieen hast du, ganz als foltere dich jemand!“, rief die Prinzessin aufgebracht.
„Es...es ist schon gut. Mich hat plötzlich die Erinnerung eingeholt“, sagte Leila leise.
„Ist die Erinnerung so furchtbar?“, wollte Ilaya wissen.
„Ja“, meinte Leila schlicht.
Anscheinend begriff Ilaya endlich, dass sie nicht darüber reden wollte und fragte stattdessen: „Nun, wo ist jetzt deine Familie?“
Leila zögerte. „Sie ist nicht mehr hier.“
„Wo ist sie denn?“
„Ich weiß es nicht.“
„Hier hast du mal gewohnt?“
„Ja.“
„Ist...ist etwas mit dem Haus passiert?“
„Ja. Es ist abgebrannt.“
Ilaya schaute sie mit großen Augen an. „Oh“, sagte sie leise, „das wusste ich nicht.“
„Woher solltet Ihr auch“, sagte Leila matt.

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Leila stand auf und ging zur Kutsche. Sie streichelte Aurora sanft über die samtigen Nüstern.
Dann drehte sie sich mit einem Mal um und verkündete entschlossen:
„Ilaya, ich muss Euch etwas gestehen, was ich schon längst hätte tun sollen. Ich wusste nur nicht, wie ich es erklären sollte, damit Ihr es versteht. Ich hatte nie vor, meine Familie aufzusuchen oder auch nur mein altes Dorf. Das Ziel dieser Reise sollte ein anderes sein. Ich flehe Euch an, von ganzem Herzen. Fahrt zurück nach Schloss Gutenberg. Ohne mich. Für mich ist diese Reise noch lange nicht beendet. Sagt Euren Eltern, dass ich bei meiner Familie geblieben bin. Bestimmt finden sie ein neues Dienstmädchen. Ich aber muss weiter. Ich würde untergehen, wenn ich es nicht täte.“

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Gespannt sah sie die Prinzessin an. Diese schwieg zunächst, und sagte dann langsam: „Eigentlich dürfte ich das nicht. Doch ich merke, wie stark dein Verlangen nach dem Prinzen ist.“
Leila sah sie erstaunt an. „Woher...?“
Ilaya lächelte. „Ich bin nicht auf den Kopf gefallen, Leila Matehrn. Nur lass dir gesagt sein: Dein Vorhaben wird schwer. Wir leben in Zeiten, in denen es üblich ist, jemanden von gleichem Stand zu heiraten. Und vergiss nicht: Prinz Frederick hält dich für jemanden, der du nicht bist; der Leila Matehrn, die hier vor mir steht, ist er nie begegnet, ganz abgesehen davon, dass seine Familie denkt, du, das heißt Katharina, sei tot.“
Leila überlegte, was sie sagen sollte. Ob Ilaya wusste, dass ihre Mutter keine Adelige gewesen war, bevor sie Winfried geheiratet hatte? Was hatte Xenia gesagt?
Als du erfuhrst, dass ich nicht von Adel war ...
Offenbar hatte Winfried es erst erfahren, als sie schon geheiratet hatten.

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Leila musste sich eingestehen, dass die Prinzessin Recht hatte. Doch wenn sie jetzt nicht mutig war, dann würde sie es ihr Leben lang bereuen, das wusste Leila.
„Ihr mögt Recht haben. Doch ich muss es versuchen“, sagte sie leise.
„Ja...das musst du.“
Ilaya schritt zur Kutsche und band Aurora los.
„Nimm Aurora. Zu Pferd bist du schneller. Reite stets nach Nordwesten, der späten Abendsonne entgegen. In Belgien frage nach Schloss Belgien und du wirst Auskunft erhalten“, sprach sie und drückte Leila Auroras Zügel in die Hand.
„Ich nehme an, du kannst reiten?“
„Ähm...ja, natürlich“, stotterte Leila. Als Kind war sie oft stundenlang mit Alfreds Pony durch die Wälder gestreift.
„Schön. Ach ja, nimm dies hier.“ Ilaya zückte einige Taler und drückte sie in Leilas andere Hand.

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„Ich hoffe, du wirst dein Glück finden“, waren ihre letzten Worte. Sie schritt zur Kutsche, während Leila ihr sprachlos zusah.
Ilaya setzte sich auf den Kutschbock und fuhr fort.
 

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