~*~ Kapitel 1 ~*~
Schweißgebadet wachte ich auf. Ich hatte mal wieder einen dieser Träume, die mich schon seit Jahren verfolgten. Vorsichtig richtete ich mich in meinem Bett auf und betrachtete mich in meinem Spiegelbild. Schrecklich was aus mir geworden ist. Vor zwei Jahren war ich noch eine junge Frau, die selbstständig war und schon so gut wie alles in ihrem Leben erreicht hatte und jetzt? Jetzt sah mich ein Mensch aus dem Spiegel an, der bleich und alles andere als glücklich war und dies alles nur wegen eines Unfalls…
Bevor ich wieder in meinen Gedanken versank, stand ich auf und ging in das Bad, nach einer heißen Dusche sah die Welt bestimmt ganz anders aus.
Ich saß gerade gemütlich an meinem Frühstückstisch und markierte nebenbei mögliche Stellenanzeigen für mich, als es an der Haustür klingelte. Wer konnte das sein? Ich hatte schon lange keinen Besuch mehr, außer ein paar Freunden die sich meiner erbarmten aber sonst? Als ich die Tür öffnete wurde ich sofort von meiner kleinen Schwester Helen attackiert.
„Na Schwesterherz? Wie geht es dir denn? Du meldest dich gar nicht mehr bei mir? Stimmt etwas nicht? Ich war gerade in der Gegend und ich dachte da komm ich mal bei dir vorbei.“ Ich musste diese überschwängliche Begrüßung erst einmal verdauen, obwohl meine Schwester schon immer spontan und sehr selbstbewusst war, musste sie meist immer das letzte Wort haben. Früher hatte ich das gehasst, aber auch damit lernt man zu leben und sie ist doch meine einzige Schwester. „Setz dich doch“, fing ich unsicher an und deutete auf ein Sofa „Ich hatte mit dir heute morgen noch gar nicht gerechnet, dass du auch immer so unangemeldet hereinschneien musst.“ Helen setzte zu einem Lächeln an. „Jane, langsam solltest du mich aber kennen.“
Die Zeit verging sehr schnell, aber zu langsam für mich. Ich musste hauptsächlich zuhören, da Helen meist nur von ihrer Arbeit sprach. Doch ich konnte ihr es ansehen, dass sie nur brannte ein gewisses Thema anzuschneiden – Der Unfall, meine jetzige Situation, Veränderungen, dass ich lernen sollte zu vergessen… „Und nun Jane erzähl mir, was es Neues bei dir gibt!“ Helen sah mich erwartungsvoll an. Mein Blick schweifte über ein Bild, welches an der Wand hing. Darauf waren die zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben abgebildet. Was sollte ich ihr antworten? Es hat sich seit ihrem letzen Besuch, der schon einige Zeit zurücklag, praktisch nichts Erhebliches geändert.
„Nun, ich…“ antwortete ich Helen, „… ich habe momentan vor meinen Beruf wieder aufzunehmen.“ Helen musterte mich scharf, wollte sie mir nicht glauben? Sachte legte sie ihre Hand auf meinen Arm. „Jane, das ist wunderbar. Ich weiß was für ein großer Schritt das für dich ist seit…“ Sie schluckte. „Seit eurem Unfall.“ Ich grub meine Fingernägel in mein Knie, warum musste sie dieses Thema anschneiden? Ihre Augen, in ihnen spiegelten sich die Bilder an einen Abend, der mein Leben veränderte. Ich wusste nicht was ich antworten sollte. Ich hasste die Stille die gerade entstand, als diese durch ein Handyklingeln abrupt beendet wurde. Ich lächelte Helen verkrampft an „Willst du nicht abnehmen?“ Hektisch begann sie ihr Handy ausfindig zu machen und wurde auch fündig. „Hallo? Ach Schatz du bist es…jetzt?...Na gut wenn es dringend ist. Lieb dich.“
Ich wurde hellhörig, hatte meine kleine Schwester einen Freund? „Jane…es tut mir Leid ich muss jetzt gehen. Ich hoffe das ist in Ordnung?“ fragte sie mich unsicher. Ich nickte nur stumm, was konnte ich daran ändern dass sie gehen musste? „Es tat gut mit dir wieder zu reden und ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Jobsuche. Bis dann, wir telefonieren demnächst!“ Helen zwinkerte mir zu und schloss die Haustüre hinter sich.
Ich sah ihr noch aus dem Fenster zu, wie sie mit dem Auto verschwand. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich gar nicht genau wusste, wie es meiner Schwester geht geschweige denn was sich in ihrem Privatleben abspielte. Da war zum Beispiel ihr Freund…
Sie hatte damit Recht, dass mein Vorhaben meinen alten Beruf wieder aufzunehmen ein großer Schritt für mich ist. Dieser Entschluss hatte mich sehr viel Überwindung gekostet. Doch nun war die Zeit für eine Veränderung in meinem Leben.