[FONT="]Langsam verlagerte ich mein Gewicht mehr auf meine Füße… immer mehr, bis ein lautes Winseln ertönte. Der Schreck, der mir deswegen durch die Knochen schoss, war nur von dem Schreck zu übertreffen, den ich erfuhr, als ich von den Füßen gerissen wurde und wieder rücklings aufs Bett fiel. Unterhalb von Claras Schreibtisch sah mich Poker vorwurfsvoll an; er hatte vor meinem Bett geschlafen, ich war auf seinen Schwanz getreten und er war losgeschossen. Na immerhin war ich jetzt wach! „Och Poooker!“, sagte ich besänftigend und täschelte seinen Kopf, „Das war doch keine Absicht, mein Großer!“ Er ließ ein beleidigtes Knurren vernehmen und kehrte mir den Rücken zu.[/FONT]
[FONT="]Ich zuckte die Schultern und richtete mich auf um rüber zu gehen, als ich merkte, dass Clara mich – noch halb schlafend – ansah. „Macht nix!“, gähnte sie, „Passiert mir auch öfter!“ Ihr Gähnen steckte mich an und sie hüpfte mir voraus durch die Tür und über die kleine Brücke. Mir graute davor, in die Kälte zu gehen, auch wenn es nur für ein paar Sekunden war. Schließlich überwand ich mich und huschte schnell rüber. „Morgen, Tantchen!“ – „Nenn mich nicht Tantchen, da fühl’ ich mich so alt!“ – „Dä dä dä, wer nennt mich denn immer Mauseschwanz?“, giftete ich zurück. „Weiß nich’! Ich sicher nicht!“, lächelte sie, „Müsli?“ – „Ja, bitte, ich sterb’ noch vor Hunger!“ [/FONT]
[FONT="]Während ich gemütlich mein Müsli in mich hinein schaufelte, war Nora damit beschäftigt Clara anzutreiben. Wie immer, hatte diese wohl verschlafen, und schien gar nicht gut gelaunt. „Ja, Mama! Ich will jetzt nicht noch die Haare anders!“, kam es gedämpft aus dem Badezimmer, „…und ich kann mich selbst anziehen, danke, ich bin… 10!“ Ich mochte wetten, dass sie bevor sie die Zahl 10 aussprach 2 Mal die Hand gestreckt hatte, und bei diesem Gedanken musste ich lächeln.[/FONT]
[FONT="]„Clara!“, schrie Nora plötzlich im Bad und Clara kam kurz darauf rausgestürmt, eingekleidet in ihrer Schuluniform, da sie ja eine Privatschule besuchte, schnappte sich ihren Rucksack, der bei der Tür gestanden hatte und rannte raus zum Bus: „Keine Zeit, Mama!“ - „Aber du musst doch was essen!“, rief Nora, „Jetzt hat sie schon wieder nichts gegessen… Immer verschläft sie und dann kommt das Frühstück immer zu spät. Ich bin eine Rabenmutter…“ Mit hängendem Kopf ließ sich Nora aus dem Stuhl neben mir nieder. Ich hatte zwar gerade eine Menge Müsli zwischen den Kauleisten, aber ich schluckte schnell runter, um Nora trösten zu können. Das hätte ich vielleicht nicht tun sollen, denn jetzt rutschte mir ein nicht ganz gekauter Apfel langsam und qualvoll die Kehle runter. Das kitzelte echt elendig und während ich davon lachen musste, schlug ich mit der Faust auf den Tisch. „Was ist denn daran so lustig?“, sagte Nora missvergnügt. „Nein… is’ nich’- nich’ du!“, brachte ich gerade so heraus, doch die Tränen in meinen Augen, ließen es eventuell etwas unglaubwürdig wirken. „Der Termin ist um 8 Uhr 30! Wenn du dich dann beeilen würdest.“, sagte Nora kurz angebunden und etwas steif, bevor sie aufstand. „Noooraaah“, krächzte ich, das Apfelstück näherte sich dem Ziel, „Ich find’ du bist ne tolle Mutter! Und ne echt geile Patentante!“ Uah! Endlich war die Tortour vorbei und schuldbewusst und mit hochrotem Kopf lächelte ich Nora, die sich noch einmal umgedreht hatte an.[/FONT]
[FONT="]Wie fing dieser Montag nur schon an? Jetzt war ich schon Poker auf den Schwanz getreten, hatte mich fast verschluckt… So ganz nebenbei war es übrigens der 25. Oktober. Nico würde jetzt in der Schule sitzen und sich schwer tun klar zu kommen ohne mich. Ich war eher das Gehirn, so angeberisch es auch klingt, er war mehr der Macher. Und eigentlich… außer mir… hatte er so gut wie keine Freunde. Wir waren ein Team gewesen und zu meiner Schande musste ich gestehen, dass ich ihn noch nicht angerufen hatte. „In 10 Minuten geht’s los, Alice!“, rief Nora hinter der Tür. Hektisch bürstete ich mir die Haare und schminkte mich noch von gestern ab, was ich eigentlich immer erst morgens tat, und erneut, damit Nora und ich zu meiner wohl künftigen Schule fahren konnten. „Lo-hos!“, flötete Nora fröhlich, als die 10 Minuten um waren. Ich folgte ihr raus zum Auto. Es war ein hellblauer Pickup Truck – warum eigentlich? „Nora, wieso hast du jetzt dieses Auto?“ – „Ach… dieser doofe Lexus da immer, viel zu viel Schnickschnack; ich bin fast verrückt geworden! Der hier ist doch viel handlicher!“ Sie lächelte stolz, offenbar in der starken Hoffnung ich würde verstehen, wie man einen luxuriösen Lexus mit Klimaanlage, CD-Player, USB-Anschluss, elektrischen Fensterhebern, getönten Scheiben, 5 Sitzen, etc. gegen das hier eintauschen konnte. Ich lächelte halbherzig und sah aus dem Fenster.[/FONT]
[FONT="]Diese Frau und ein Lexus? Oh ja! Ihr Vater – denn Ma’ und sie waren nur Halbschwestern mit verschiedenen Vätern – war reich gewesen, steinreich. Er war Besitzer der Dalton’s Hotelkette gewesen, die zwar klein aber überaus fein war. Nora hatte so einiges geerbt, deswegen auch das alte Stadthaus damals, die Privatschule für Clara, und so weiter. [/FONT][FONT="]Nora schob die gelbe Kassette, die zuvor nur halb aus dem Laufwerk rausgeschaut hatte rein und begann mitzusingen: „Hey Jude don’t make it bad, take a sad song and make it better / Remember to let her into your heart, then you can start to make it better…“ An einer Ampel, wo es nach rechts abging, mussten wir anhalten. [/FONT][FONT="]Und da sah ich das Schild: ’Marie-Curie Privatschule’. So weit so gut, wären wir nicht rechts abgebogen. „P-Privatschule? Da soll ich hin?“ – „Ja natürlich!“, sagte Nora und wandte den Blick nicht von der Straße. „Aaaber… da muss man doch immer Hausaufgaben machen und so?“ – „Ist das ein Problem?“ – „’Türlich-Türlich nich’! Aber… Privat?“ – „Für mein Patenkind das Beste!“, lächelte Nora mich an.[/FONT]
[FONT="]Das Gebäude war eigentlich schön. Eine gelungene Mischung aus Neu und Alt. Verdammt. Genau so was mochte ich! Zu meinem Entsetzen hatte die Schule offenbar noch nicht begonnen, oder zumindest die 2. Stunde. Denn eine Menge Schüler stand auf dem Schulhof verteilt statt drinnen zu lernen. Nun, Nora war mir nicht sonderlich peinlich, ich mochte das chaotisch-kreative und immerhin waren ihre Klamotten heute sehr annehmbar, ohne Löcher, Kaffeeflecken oder sonstiges. Das Sekretariat war im 2. Stock. Von jedem der 3 Stockwerke konnte man in den Innenhof schauen, denn rundherum waren die Klassenzimmer angeordnet. Echt stylish! Das musste ne Menge kosten![/FONT]
[FONT="]Die Frau im Sekretariat war nett und eine echt fähige Frau. Sie führte uns sofort zum Zimmer der Direktorin, wo wir einen Moment allein Platz nahmen, denn sie selbst war noch nicht da. „Nervös?“, fragte Nora, während sie ihr Kleid malträtierte. „Ne, nich’ sonderlich, du etwa?“ Das war eine überflüssige Frage, angesichts ihres nervösen Getues. Sie brachte keine Antwort zustande, denn gerade war die Direktorin durch die Tür hinter ihrem Schreibtisch getreten. Sie war trotz ihres Alters und ihrer Größe eine sehr anmutige Frau und auch sie sah sehr fähig aus. Nora sprang auf und streckte ihre Hand aus, die Direktorin lächelte und schüttelte sie: „Nora! Immer noch so zuvorkommend und höflich! Es freut mich Sie zu sehen!“ Das war wieder ganz schön peinlich; gerade wollte ich meinen Allerwertesten noch schnell der Höflichkeit halber erheben, doch die Direktorin setzte sich bereits selbst und sagte freundlich: „Lassen sie nur! Ist schon in Ordnung!“ und schüttelte mit einem aufmunternden Lächeln meine Hand eben aus dem Sitzen. „Ich habe mich dir – ich darf doch du sagen? – ja noch gar nicht vorgestellt!“, sagte sie an mich gewandt, „Patricia Ottenstoer, die Direktorin!“ Ich lächelte schüchtern und nuschelte: „Ly- Alice Calista Wieser!“[/FONT]
[FONT="]„Nun, was ist der Anlass Ihres Besuches, Nora? Darf ich bereits die nächste Generation in meine Schule aufnehmen?“ – „Oh, nein nein, noch nicht! Clara ist noch auf der Grundschule!“ Nora schien jetzt etwas entspannter und sprach wieder freier: „Es geht um mein Patenkind Alice, hier! Sie…“ Nun war sie anscheinend wieder unschlüssig über das, was sie sagen wollte: „Ich will ehrlich mit Ihnen sein, die Sache ist die…“ Sie legte beide Hände jetzt flach auf den Tisch, damit sie nicht mehr ständig an ihrem Kleid rumspielte. „Alice wurde vor 11 Jahren von meiner Halbschwester in ein Kinderheim gebracht. Und… na ja… jetzt ist sie letzten Freitag von dort abgehauen. Ich bin wie gesagt ihre Patentante und auch Vormund und will natürlich, das sie wieder zur Schule geht … hier!“ Frau Ottenstoer hatte während Nora gesprochen hatte, das Kinn auf ihre gefalteten Hände gestützt und interessiert zugehört. Schließlich, nach ein paar Sekunden von Schweigen, begann sie: „Ich möchte auch ehrlich mit Ihnen sein. Sollte mit dem Heim alles geklärt sein, bin ich bereit Alice nach ein paar Leistungsnachweisen auf ihrer Schule aufzunehmen. Für das Schulgeld wäre gesorgt? Oh, natürlich, Ihr Vater. Klären Sie alles Rechtliche mit dem Heim und rufen sie mich an, vielleicht können wir ja alles sogar bis nächsten Montag arrangieren!“ Das überraschte mich ja dann doch. Ich dachte es würde zu 0% hin hauen, aber na ja, auch gut! Frau Ottenstoer war echt ein Sympathiebolzen; mir gefiel die formelle Art in der sie sprach und ihr Auftreten noch mehr. Aber wie sollten wir irgendetwas mit dem Heim klären? Mit dem Drachen Neubauer?[/FONT]
[FONT="]Das war's und sorry nochmals
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[FONT="]Muss dann jetzt auch erstmal Packen, vielleicht kann ich heute Abend oder Nacht noch ein 'Häppchen' online stellen.[/FONT]
[FONT="]vLG
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