Die letzten Türchen
Es ist soweit! Heute ist der 24.Dezember, der Adventskalender geht zu Ende. An dieser Stelle möchte ich mich ganz besonders bei LilaLady und bei VerMel bedanken, die mir gestern Abend noch zwei zusätzliche Geschichten geschickt haben.
Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Liebe Grüße nadi-chan
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LilaLady präsentiert:
Liebe…
Liebe empfinden ist schön.
Liebe entgegengebracht zu kriegen ist schöner.
Eine Person zu lieben und von ihr geliebt zu werden, ist das Schönste.
Folgt daraus, dass Liebe schön ist?
Nicht, wenn Liebe unerwidert bleibt.
Weihnachten ist bekanntlich das Fest der Liebe und Familie, aber für mich war es immer nur das Fest der Einsamkeit. Meine Eltern wollten mich nicht. Kinder waren ihnen schon immer zu teuer und andere Verwandte habe ich nicht mehr. Auch dieses Jahr bin ich allein. Aber es ist noch schlimmer als die letzten Jahre. Denn dieses Jahr vermisse ich eine Person ganz schrecklich.
Ich stehe am Fenster und sehe hinaus. Es ist bitterkalt draußen und trotzdem liegt kein Schnee. Ich muss schon wieder an ihn denken. Maik ist mein bester Freund, aber in Wirklichkeit ist er noch viel mehr für mich. Wir haben uns vor zwei Jahren kennen gelernt und es war Liebe auf den ersten Blick. Seitdem wächst meine Liebe zu ihm jeden Tag, jede Stunde ja sogar jede Minute und jede Sekunde. Aber für ihn bin ich halt nur die beste Freundin. Auf einmal wird mir unheimlich heiß und so ziehe ich mir dicke Sachen an und geh raus.
Meine Eltern kriegen das sowieso nicht mit. Sie arbeiten sogar noch heute, an Heiligabend. Ich laufe meine Straße entlang und muss weiter an ihn denken. Er ist beliebt und hatte auch schon mehrere Freundinnen. Auch jetzt sitzt er wohl mit seiner aktuellen Flamme zu Hause kuschelnd auf dem Sofa. Meine Augen füllen sich mit Tränen und ich setzte mich auf eine Parkbank.
Wie ich hier so sitze und über ihn nachdenke, fällt mir ein Lied ein. Es passt perfekt zu mir und ist auch mein aktuelles Lieblingslied. Leise summe ich es vor mich hin:
As long as I’m livin’
I’ll be waitin’
As long as I’m breathin’
I’ll be there
Whenever you call me
I’ll be waitin’
Whenever you need me
I’ll be there
Ich kann es jetzt einfach nicht mehr länger ertragen. In meiner Jackentasche finde ich noch einen kleinen Zettel und einen Stift. Ich schreibe den Text darauf und male noch ein paar Herzchen herum. Dann renne ich zu seinem Haus. Es brennt tatsächlich noch Licht, ob wohl es schon nach 11 ist. Ich drücke dem Papier einen zarten Kuss auf, dann stecke ich es in den Briefkasten. Plötzlich geht die Tür auf und Maik schaut zu mir ins Dunkle.
„Laila, bist du das?“, fragt er mit seiner schönen rauen Stimme. Ich möchte und kann ihm gar nicht antworten. Stattdessen renne ich los. Doch umso mehr erschrickt es mich, als ich hinter mir immer näher kommende Schritte vernehme. Ich schließe die Augen und bete, dass er glaubt, mich verwechselt zu haben und weggeht.
Aber das tut er nicht! Ich bin noch vom Herkommen aus der Puste und so holt er unaufhaltsam auf. „Warte doch, ich muss mit dir rede!“ Er kann doch unmöglich schon den Zettel gelesen haben. Also nicht, dass er schlecht in Sport ist! Nein, ganz im Gegenteil (er hat ja einen unheimlich sexy Körper!), aber so schnell kann ja nicht mal der Sprintweltmeister sein! Plötzlich spüre ich seine Hand auf meiner Schulter. Jetzt bringt alles nichts mehr. „Laila, ich muss dir etwas sagen…“ Erwartungsvoll und ängstlich schaue ich ihn an. Er holt tief Luft und plötzlich, küsst er mich.
Eine mir bisher unbekannte Wärme durchflutet meinen Körper und jetzt weiß ich es auch: Liebe ist etwas Wunderbares!
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VerMel präsentiert:
Die Weihnachtskatze
Wenn ich an Weihnachten denke, fällt mir immer eine ganz bestimmte Katze ein. Zum erstenmal begegnete ich ihr an einem Herbsttag, als Mrs. Ainsworth mich gebeten hatte, nach einem ihrer Hunde zu sehen. Überrascht schaute ich mir das kleine struppige Geschöpf an, das da vor dem Kamin saß.
"Ich wußte gar nicht, daß Sie eine Katze haben", sagte ich.
Mrs. Ainsworth lächelte. "Wir haben auch keine. Das ist Debbie. Sie ist eine Streunerin. Sie kommt zwei- oder dreimal in der Woche, und wir geben ihr etwas zu fressen."
"Haben Sie den Eindruck, daß sie bei Ihnen bleiben möchte?"
"Nein." Mrs. Ainsworth schüttelte den Kopf. "Sie ist ein scheues Ding. Kommt hereingeschlichen, frißt ein bischen, und schon ist sie wieder weg. Sie hat etwas Rührendes, aber sie will offenbar weder mit mir noch mit irgend jemand sonst etwas zu tun haben."
Ich sah mir die Katze wieder an. "Aber heute will sie nicht einfach nur gefüttert werden."
"Das stimmt. Es ist komisch, aber ab und zu kommt sie hereingehuscht und sitzt ein paar Minuten am Kamin."
"Ja, ich verstehe." Es war etwas Außergewöhnliches in Debbies Haltung. Sie saß kerzengerade auf dem dicken Teppich vor dem Kamin und machte keine Anstalten, sich zusammenzurollen oder zu putzen, sondern blickte nur still vor sich hin. Und irgend etwas an dem staubigen Schwarz ihres Fells, ihrem halbwilden, mageren Äußeren sagte mir, daß das hier ein besonderes Ereignis in ihrem Leben war, eine seltene und wunderbare Sache. Sie genoß voll Wonne eine Behaglichkeit, von der sie sonst nicht einmal träumen konnte.
Während ich sie noch beobachtete, drehte sie sich um, schlich lautlos aus dem Zimmer und war fort. "So ist das immer mit Debbie", lachte Mrs. Ainsworth.
Mrs. Ainsworth war eine Frau mit freundlichem Gesicht, etwas über vierzig und genau so, wie ein Tierarzt sich seine Kunden wünscht - wohlhabend, großzügig und Besitzerin von drei Bassets. Der für diese rasse typische leidende Gesichtsausdruck brauchte sich nur ein wenig zu verstärken, und schon geriet Mrs. Ainsworth in größte Aufregung und eilte ans Telefon.
Meine Besuche bei Mrs. Ainsworth waren deshalb häufig, aber ohne ernsten Hintergrund, und ich hatte reichlich Gelegenheit, die Katze zu beobachten, die mich interessierte. Einmal lagen die drei Bassets malerisch auf dem Kaminteppich und schnarchten, während Debbie in ihrer üblichen Haltung mitten unter ihnen saß - aufrecht, den Blick traumverloren auf die glühenden Kohlen gerichtet.
Diesmal versuchte ich mich mit ihr anzufreunden. Mit geduldigem Schmeicheln und sanftem Zureden gelang es mir, mit einem Finger ihren Hals zu streicheln. Sie antwortete darauf, indem sie sich an meiner Hand rieb, wandte sich aber gleich danach zum Aufbruch. Sobald sie aus dem Haus war, schoß sie durch eine Lücke in der Hecke, und das letzte, was ich sah, war eine kleine schwarze Gestalt, die über das nasse Feld flitzte.
"Ich möchte nur wissen, wohin sie geht", sagte ich leise vor mich hin.
Mrs. Ainsworth stand plötzlich neben mir. "Wir sind bis heute nicht dahintergekommen.
Erst am Weihnachtsmorgen hörte ich wieder von Mrs. Ainsworth. Sie entschuldigte sich gleich: "Es tut mir so leid, Mr. Herriot, daß ich Sie ausgerechnet heute belästige." Aber sie konnte die Sorge in ihrer Stimme nicht verbergen. "Es ist wegen Debbie. Irgend etwas stimmt nicht mit ihr. Bitte kommen Sie schnell."
Als ich über den Marktplatz fuhr, dachte ich wieder einmal, daß Darrowby an Weihnachten aussah wie zur Zeit von Charles Dickens: der menschenleere Platz mit dem hohen Schnee auf dem Kopfsteinpflaster, der auch von den Traufen längs der gitterbekrönten Dachkanten herabhing, die bunten Lichter der Christbäume, die durch die Fenster der dicht zusammengedrängten Häuser funkelten, freundlich und einladend vor dem kalten Weiß der dahinterliegenden Hügel.
Aus der Küche drang ein verführerischer Duft von Truthahn mit Salbei- und Zwiebelfüllung. Aber ihre Augen blickten sorgenvoll.
Debbie lag regungslos auf der Seite, und dicht neben ihr, an sie geschmiegt, ein winziges schwarzes Kätzchen. "Ich habe sie einige Wochen nicht gesehen", sagte Mrs. Ainsworth. "Dann kam sie vor etwa zwei Stunden hierher - stolperte irgendwie herein und trug das Junge im Maul. Sie legte es auf den Teppich, und ich habe mich zuerst darüber amüsiert. Aber dann sah ich, daß etwas nicht stimmte."
Ich kniete nieder und fühlte mit der Hand über Debbies Hals und Rippen. Sie war magerer als je zuvor, ihr Fell war schmutzig und schlammverkrustet. Als ich ihr Augenlid herunterzog und die glanzlose weiße Bindehaut sah, wußte ich Bescheid. Während ich den Unterleib abtastete, schlossen sich meine Finger um einen harten Knoten tief in den Eingeweiden. Fortgeschrittenes Lymphosarkom. Endstadium und hoffnungslos.
Ich sagte es Mrs Ainsworth. "Sie liegt im Sterben - im Koma; sie leidet nicht mehr."
"Oh, das arme Ding!" Sie schluchzte und streichelte immer wieder den Kopf der Katze, während ihre Tränen auf das verfilzte Fell tropften. "Was muß sie durchgemacht haben! Ich hätte mehr für sie tun sollen."
Ein paar Augenblicke schwieg ich, denn ich verstand ihren Kummer. Dann sagte ich beruhigend: "Niemand hätte mehr tun können, als Sie getan haben."
"Aber ich hätte sie hierbehalten sollen - sie hätte es gut gehabt. Es muß schrecklich gewesen sein da draußen in der Kälte. Und dann hatte sie auch noch Junge! Wie viele mögen es wohl gewesen sein?"
Ich zuckte die Achseln. "Das werden wir wohl nie erfahren. Vielleicht nur dieses eine. Manchmal kommt das vor. Und ausgerechnet zu Ihnen hat sie es gebracht, überlegen Sie mal."
"Ja, das schon." Als Mrs. Ainsworth das schmutzige schwarze Bündel aufhob, öffnete sich das winzige Mäulchen zu einem tonlosen Miau. "Ist das nicht seltsam? Sie war schon halb tot und brachte ihr Junges hierher. Und gerade zu Weihnachten."
Ich beugte mich nieder und legte die Hand auf Debbies Herz. Es schlug nicht mehr. Ich hüllte den kleinen Körper in ein Tuch und trug ihn in den Wagen. Als ich zurückkam, streichelte Mrs. Ainsworth noch immer das Kätzchen, und ihre Tränen waren versiegt. "Ich hatte noch nie in meinem Leben eine Katze."
Ich lächelte. "Nun, es sieht ganz so aus, als hätten Sie jetzt eine."
Das Kätzchen wuchs rasch zu einem schönen Kater heran, dem sein ungestümes Wesen den Namen Frechdachs einbrachte. Er war in jeder Hinsicht das Gegenteil seiner scheuen Mutter. Wie ein König stolzierte er über die prächtigen Teppiche im Hause Ainsworth.
Bei meinen Besuchen beobachtete ich mit Vergnügen, wie er sich entwickelte, und ganz besonders gern erinnere ich mich an das Weihnachtsfest ein Jahr nach seinem Einzug.
Ich war wie üblich unterwegs gewesen - die Tiere haben bis heute nicht gelernt, Weihnachten als einen Feiertag anzusehen. Das viele Anstoßen mit gastfreundlichen Bauern hatte mich in eine rosige Stimmung versetzt, und auf dem Heimweg hörte ich Mrs. Ainsworth rufen: "Frohe Weihnachten, Mr. Herriot! Kommen Sie herein, und trinken Sie etwas zum Aufwärmen!" Das Aufwärmen hatte ich nicht nötig, aber ich fuhr ohne zu zögern in die Auffahrt. Im Haus war alles froh und festlich wie ein Jahr zuvor. Und diesmal gab es keinerlei Grund zu irgendeinem Kummer - Frechdachs war ja da.
Mrs. Ainsworth lachte. "Wissen Sie, für die Hunde ist er ein rechter Quälgeist." Für die Bassets war das Auftauchen des Katers so etwas wie das Eindringen eines Flegels in einen exklusiven Klub.
"Ich möchte Ihnen etwas zeigen." Mrs. Ainsworth nahm einen harten Gummiball von einem Schränkchen und ging hinaus. Frechdachs folgte ihr. Sie warf den Ball über den Rasen, und der Kater sprang ihm nach; dabei konnte man seine Muskeln unter dem schwarzglänzenden Fell spielen sehen. Er packte den Ball mit den Zähnen, trug ihn zu seiner Herrin, ließ ihn fallen und wartete gespannt. Ich traute meinen Augen nicht. Eine Katze, die apportierte!
Die Bassets schauten voller Verachtung zu. Nichts hätte sie jemals dazu bringen können, hinter einem Ball herzujagen.
Mrs. Ainsworth wandte sich zu mir: "Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?"
"Nein", erwiderte ich, "noch nie. Das ist ja wirklich ein ganz besonderer Kater."
Sie nahm Frechdachs auf, hielt ihn dicht ans Gesicht und lachte, als er schnurrte und sich verzückt an ihre Wange schmiegte.
Als ich ihn ansah, ein Bild des Glücks und der Zufriedenheit, mußte ich an seine Mutter denken. Ging ich zu weit, wenn ich mir vorstellte, daß diese todkranke Kreatur mit letzter Kraft ihr Junges zu dem einzigen behaglich warmen Plätzchen brachte, das sie je kennengelernt hatte, in der Hoffnung, daß es ihm dort gut gehen werde? Vielleicht.
Aber ich war offenbar nicht der einzige, der so dachte. Mrs. Ainsworth lächelte mir zu. "Debbie würde sich freuen", sagte sie.
Ich nickte. "Ja, ganz sicher. Es war genau heute vor einem Jahr, als sie ihn herbrachte, nicht wahr?"
"Ja." Sie drückte Frechdachs an sich. "Das schönste Weihnachtsgeschenk, das ich je bekommen habe."
ENDE
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nadi_v.k präsentiert:
Hol(l)y Night
„Kinder, bleibt alle beisammen. Wir wollen hier doch niemanden verlieren!“, rief Frau Müller noch, aber die meisten Jungs und Mädchen waren schon in alle Himmelsrichtungen verteilt.
„Na, dann seid aber wenigstens pünktlich um vier Uhr heute Nachmittag wieder hier! Auf diesem Platz! Bitte…“, verzweifelt gab die junge Lehrerin auf. Es würden schon alle kommen. Ich selber stand noch unschlüssig bei ein paar Freunden rum, als mir plötzlich jemand von hinten die Mütze vom Kopf zog und damit wegrannte. Ich brauchte mich nicht einmal umzudrehen, um zu wissen, wer das war. „Holly! Ich bring dich um, Holly!“, drohte ich. „Dann musst du mich aber erst einmal fangen!“, lachte diese, die bereits einige Meter Vorsprung hatte.
Na schön, dachte ich und spurtete los. Dich krieg ich schon…
Leider hatte ich Holly dann doch etwas unterschätzt, das merkte ich aber erst, als mir gute zehn Minuten später die Luft ausging und ich keuchend und um Luft ringend stehen bleiben musste. „Holly?! Holly, bleib stehen, du hast gewonnen!“
Doch um mich herum blieb alles still. „Holly?“, fragte ich noch einmal, dann rief ich es und schließlich schrie ich verzweifelt.
„Noé? Noé, hier bin ich!“, ertönte plötzlich die bekannte Stimme zwischen einigen Fichten hindurch. Und wenige Sekunden später kroch das Mädchen aus dem Geäst.
„Holly!“
„Noé…“
„Du hast mir echt nen Schrecken eingejagt… Mach das ja nie wieder!“
„Noé, hast du dich mal umgesehen?“, fragte sie.
Öh, nö… Hm…
„Ach du heilige Schei-ße! Wir sind ja mitten im Wald!“
„Ja… Und ich hab keine Ahnung, wie wir zurückkommen sollen. Was ist, wenn wir uns verlaufen?“, fragte sie mit zittriger Stimme. So kannte ich Holly gar nicht. So kleinlaut war sie wohl noch nie…
„Ach, Quatsch, wir finden den Weg schon wieder, wir sind ja nicht so lange gelaufen!“ Mit diesen Worten nahm ich sie an der Hand und zog sie hinter mir her. So stolperten wir beide eine halbe Ewigkeit durch den Wald, bis Holly auf einmal wie angewurzelt stehen blieb.
„Was ist? Bist du zur Fichte mutiert?“, fragte ich witzelnd. Doch das Lachen sollte mir bald vergehen, spätestens nachdem Holly mich darauf hingewiesen hatte, dass wir an diesem Baum schon mal vorbeigekommen waren.
„Holly, meinst du das ernst?! Wir sind in einem Fichtenwald, hier sehen alle Bäume gleich aus!“
„Ja, aber diesen hier habe ich mir gemerkt. Seine Rinde hat so ein seltsames Muster, es erinnert mich an ein Herz. Guck doch!“
Und tatsächlich sah es wirklich so aus, als wäre dort ein Herz in der Rinde, denn die Rindenrillen verliefen in Herzform.
„Also sind wir im Kreis gelaufen?! Wir haben uns also doch verlaufen!“
„Verdammter Mist! Sieh nur, es dämmert auch schon… Das heißt, es ist mindestens vier Uhr.“
Dies hätte ich besser nicht gesagt, denn nun sah Holly aus, als hätte sie einen Eimer voll rohem Plätzchenteig gegessen.
„Sie werden ohne uns fahren“, murmelte sie und begann zu schluchzen.
Verunsichert starrte ich Löcher in die Luft, aber nur einen Moment lang, dann legte ich, einer Eingebung folgend, meinen Arm um Holly.
„Nicht weinen, Holly. Sie fahren bestimmt nicht ohne uns! Frau Müller wird uns suchen, oder Herr Meinartz. Mach dir keine Sorgen…Oder ist es so schlimm, mit mir im Wald zu sein?“, versuchte ich sie aufzumuntern.
„Das ist es nicht… Aber-“, sie brach ab und betrachtete ihre Füße.
„Aber was? Holly?“
„Ich… Ich hab dir Weihnachten verdorben! Ist doch so. Wenn ich dir nicht deine Mütze abgezogen hätte, wärst du gar nicht hinter mir her gerannt, wir wären nie in diesen Wald gelaufen und hätten uns nicht verirrt. Wir säßen jetzt schön gemütlich im warmen Bus und würden nach Hause fahren. Und dann würdest du mit deiner Familie Weihnachten feiern, in einem schönen, gemütlichen und warmem Haus… Und alles wäre gut. Ich hab dir Weihnachten verdorben!“, schluchzte sie.
„Aber nein! Das hast du nicht. Wir kommen sicher heil zu Hause an. Aber Holly! Nicht weinen! Und außerdem bist du ja auch nicht zu Hause und kannst ebenfalls jetzt nicht mit deiner Familie feiern. Wieso also sollte ich mich beklagen?“
„Weil… Weil es mir n-n-nicht viel ausm-m-macht.“ Se zitterte. Schweigend legte ich ihr meine Jacke über. Dann fragte ich: „Aber wieso denn nicht?“
„Weil…“, sie stockte.
„Weil?“, hakte ich nach. Dann sprudelte es aus ihr heraus. All das, was ich zwar gefühlt habe, mich aber nie zu sagen getraut hätte:
„Weil ich schon immer mal mit dir alleine sein wollte. Ich mag dich nämlich sehr. Ja, ich glaube, ich bin in dich verliebt, aber du sicher nicht in mich, weshalb du mich jetzt wahrscheinlich verachtest und nie mehr mit mir reden wirst, aber ich wollte dir das schon seit einer Ewigkeit sagen, aber es gab noch keine Gelegenheit dafür. Und wenn du mich in Zukunft meidest, dann hab ich da Verständnis für…“
Hier wurde sie plötzlich unterbrochen, denn ich beugte mich einfach zu ihr hinüber und küsste sie.
Und sie erwiderte meinen Kuss.
Ich weiß nicht, wie lange wir so da gestanden haben. Irgendwann jedoch hörten wir eine uns bekannte Stimme, die verzweifelt unsere Namen rief.
„Holly? Noé? Holly?! Noooooé!! Wo seid ihr denn bloß?!“
Wie ertappt fuhren wir auseinander und grinsten uns verschmitzt an. Dann antworteten wir mit erleichterten Stimmen.
„Frau Müller!“, rief Holly und ich stimmte in ihr „Hier sind wir!“ mit ein.
Kurz darauf kam auch schon die junge Lehrerin durch die Bäume und Sträucher hindurch.
„Oh, Gott sei Dank! Es geht euch gut!“ Sie schloss uns voller Erleichterung in die Arme.
„Jetzt kommt. Die anderen warten!“ Wir folgten ihr gerne, denn mittlerweile war es doch recht kalt geworden. Der erhoffte Schnee würde wohl bald kommen…
Nur wenige Minuten später waren wir wieder auf dem Platz und stiegen in den beheizten Bus.
Dann fuhren wir nach Hause, wo wir mit unseren Familien das Weihnachtsfest feierten, als wäre nie etwas gewesen.
Doch diese heilige Nacht vergaßen Holly und ich nie wieder…
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Und etwas verspätet zwar, aber doch noch angekommen:
*~Yukiko~* präsentiert:
Der letzte Wunsch
Heute ist Weihnachten. Dieses Fest ist wie jeder Tag für mich. Ich habe keinen duftenden Tannenbaum. Keine Bunteingepackten Geschenke. Keine Plätzchen mit Zuckerguss. Ich habe keine Mutter, die mir bei dem Wetter eine warme Tasse Kakao macht.
Meine Mutter starb vor kurzer Zeit. Ich bin Waise. Allein auf gestellt.
Niemand interessiert sich für mich. Die Leute denken nur noch an sich. Sie hetzen durch die Gegend.
Sie gehen vorbei und würdigen mich keines Blickes. Das einzige was ich habe ist die Kleidung, die ich noch am Leib trage und eine Kerze. Eine Kerze die nie erlischt. Meine Mutter hat sie mir geschenkt. Sie hat mir erzählt, dass diese Kerze erst erlischt, wenn mein größter Herzenswunsch sich erfüllt. Ich habe mir damals ein Pony gewünscht. Aber die Kerze ist nicht erlischt.
Der Wunsch kam nicht aus den Tiefen meines Herzens. Es ist albern an so etwas zu denken, aber im Moment ist es das einzige das mir noch Hoffnung schenkt und an das ich mich klammern kann.
Mir ist kalt. Ich friere und bettle die Menschen um ein wenig Geld an, um mir wenigstens etwas Warmes zu essen zu kaufen. Keiner schenkt mir Beachtung. Nur eine alte Frau mit Falten und struppigen haar gibt mir einen Euro. Mehr macht sie nicht. Sie geht.Von dem Geld kann ich mir nur Brot kaufen. Hier kostet alles viel Geld. Aber ich kann hier leben. Nicht wirklich, nicht von herzen. Aber körperlich lebe ich noch.
In dem Haus, an dessen Mauer ich mich lehne, werden Lieder gesungen. Den text habe ich schon lange vergessen. Die Kinder lachen. Sie freuen sich über ihre Geschenke.
Eine Frau rauscht in hohen Absätzen und eleganter Kleidung vorbei. Ihr braunes Haar flattert im Wind und einige Schneeflocken haben sich darin verfangen. Wo sie wohl hingeht? Ich blicke ihr nach.
Die Frau verschwindet in der nächsten Boutique.
Zorn steigt in mir auf. Wieso kaufen sich diese Leute Dinge, die sie nicht brauchen?
Wieso werfen sie so achtlos Geld aus dem Fenster und betrachteten Arme wie Ungeziefer? Ich weiß, es gibt Menschen, die nicht so sind, aber hier sind es viele. Besonders Kinder sind schlimm.
Sie lachen jeden aus, der nicht so wie sie ist. Das ist traurig. Früher, als ich noch Familie hatte, hatte ich viele Freunde, aber jetzt, wo ich allein bin, kümmert sich keiner mehr um mich.
Hier gibt es kein Waisenhaus oder eine andere Einrichtung. Keine anderen Kinder, die so sind wie ich. Ein Auto mit einem Jungen Mann fährt vorbei. Ich stehe auf und winke ihm zu. Verzweifelt und bittend, aber der Typ fährt weiter. Er ist wie die anderen. Müde sinke ich auf den Boden.
Wie viel Uhr ist es? Ich blicke an die Uhr, die sich auf der nächsten Straßenseite befindet. 22:00 Uhr schon. Bald werden die Laternen ausgeschaltet, die sich an allen Straßenseiten befinden. Und dich bin allein. Im Dunkeln mit nur einer Kerze. Ich lege mich auf den kalten. Harten Boden, der von Schnee übersäht ist und versinke in einen traumlosen Schlaf.
Als ich aufwache erblicke ich eine Gestalt. Sie leuchtet wie hundert kleine Kristalle.
Das Wesen träte in wunderschönes, edles Kleid. Ist as ein Engel? Träume ich?
Müde reibe ich mir die Augen. Die Straßenlichter wurden ausgeschaltet. Die einzige Lichtquelle ist
Dieses Wesen und meine rote Kerze, deren Licht im Wind flackert.
Ich blicke in die Höhe. In das Gesicht des Wesens. Mir bleibt fast das Herz stehen, als ich es erkenne. Die Blauen Augen, das Goldblonde Haar, das liebe Lächeln. Das ist niemand anderes als meine Mutter! Von einem Augenblick auf den anderen, wich alle Kälte aus meinem Körper.
"Komm mit mir. Komm an einen besseren Ort.“, sagt meine Mutter und streckte ihre Hand aus. Ihr Gesicht zeigte keine Anzeichen von Hass oder Boshaftigkeit. Sie lächelt nur.
Ich nehme ihre hand. Dann wird alles hell. Grelles Licht scheint mir entgegen und ein wunderschönes Lied erklingt. Ich wusste, ich bin in einer anderen Welt. Einer besseren Welt.
Als die Sonne am Horizont erschien war nur ein Junger Mann unterwegs. Er hatte den Schal eng um seinen Hals geschlungen und ging gebückt. Auf einmal blieb er stehen. Er erblickte ein Junges Mädchen mit dichtem Sachwarzen Haar und blasser Haut. Neben dem Kind stand eine rote Kerze. Das Licht der Kerze war erloschen.