Als ich wieder aufgewacht war bemerkte ich, dass eine Polizistin neben dem Bett saß und mich besorgt mit den Augen musterte. Sie schien aber dann froh zu sein, als ich endlich wieder das Bewusstsein erlangt hatte. „Sie haben uns einen schönen Schrecken eingejagt, als Sie das Bewusstsein verloren hatten. Entschuldigen Sie bitte Ihr unbequemes Bett, aber wir sind für so einen Fall einfach nicht ausgestattet.“ Mich störte das unbequeme Möbelstück aber kaum. Eigentlich war mir gar nicht aufgefallen, dass ich auf einer Pritsche lag. „Teilen Sie uns bitte mit, wenn Sie sich bereit für die Kontaktierung und eine Identifizierung durch einen Verwandten bereit fühlen. Ich habe Ihnen einige Klamotten bereit gelegt und eine Zahnbürste für sie organisiert. Sie dürfen auch die Duschen der Kolleginnen benutzen, die ersten Schichten beginnen erst in einigen Stunden, also haben Sie Ihre Privatsphäre. So können Sie sich ein wenig fertig machen und erst einmal auf andere Gedanken kommen.“
Sie warf mir einen Blick zu, der mir wohl Hoffnung geben sollte und verließ den Raum.
„Danke“ rief ich und sie hielt einen Moment inne und entgegnete: „Da nicht für.“ Als sie den Raum verlassen hatte, nahm ich die Klamotten, sowie Zahnbürste und ging in Richtung Gemeinschaftsduschen. Die Duschen waren zum Glück, wie die Polizistin gesagt hat leer. Ich legte die Sachen beiseite und ging in die letzte Dusche. Das heiße Wasser entspannte mich und fühlte sich gut auf der Haut an. Ich hatte mir dabei Zeit gelassen, denn irgendwann musste ich mein „Okay“ für die Kontaktierung geben, aber die Angst vor den Reaktionen meiner Familie, war einfach zu groß. Wie soll ich denen mein Verschwinden erklären? Würde ich meine Familie überhaupt wieder erkennen? Diese Gedanken wurden durch das plötzlich kälter werdende Wasser unterbrochen. Aus Reflex sprang ich aus dem Strahl und griff mir das Handtuch.
Als ich fertig war, ging ich zu der Polizistin und versuchte mit ihr zu sprechen, doch sie wirkte sehr beschäftigt, aber mit irgendjemanden musste ich reden.
„Können wir reden?“ die Polizistin schien überrascht über die Tatsache, dass ich endlich mit jemanden reden wollte und ausgerechnet sie das war. „Mh.. aber sicher doch, kommen sie, wir setzen uns in den Aufenthaltsraum, dort herrscht nicht so eine Atmosphäre vom Polizeirevier.“ sie stand auf und gab mir die Anweisung, ihr zu folgen. Im Aufenthaltsraum angekommen bot sie mir einen Platz an und setzte sich dazu. „Um ein wenig die Spannung aus dem Gespräch zu nehmen, dürfen sie mich Alyssa nennen.“ „Danke Alyssa, du darfst mich dann auch duzen, bis wir meinen Namen kennen“, versuchte ich in einem neckischen Ton zu antworten und grinste dabei meinem Gegenüber, doch innerlich merkte ich, wie diese Worte schmerzten und ich versuchte mir die Tränen zu verkneifen.
„Also wir haben uns darum gekümmert, deine nächsten Verwandten zu finden und sind auch fündig geworden. Aus den Fallakten konnten wir die Namen deiner Familie entnehmen und haben auch die Kontaktdaten. Mein Mann George untersucht noch einige Einzelheiten zu deinem Fall.“ „George?“ erwiderte ich und sah sie fragend an. „Achso, tut mir leid. George, also der Polizist von vorhin ist mein Mann. Aber bis jetzt hat er leider noch keine weiteren Hinweise zu deinem Fall finden können“. Ich fand mein Gegenüber sehr sympathisch, aber ich versuchte, so schnell wie möglich meine Familie wieder zu treffen. „Wäre es vielleicht möglich, meine Familie schon heute zu treffen?“ fragte ich in einem verzweifelten Ton und bemerkte, wie Alyssa's Mine ins überraschte überging. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du schon so schnell eine Kontaktierung möchtest, aber das wäre kein Problem. Ich sag nur schnell George Bescheid und er wird das für dich schon klären.“ Erleichtert von dieser Nachricht, konnte ich endlich einmal aufatmen, doch die Angst vor Ablehnung oder vor einer Enttäuschung, saß tief. „Ich muss mich jetzt leider wieder um den Papierkram kümmern, ich hoffe, dass ist für dich in Ordnung?“ ich nickte ihr zu und saß dabei ein Lächeln auf. „Sehr gut. Bei Fragen kommst du einfach zu mir, oder zu meinem Mann, wir nehmen uns dann schon die Zeit für dich“ sie zwinkerte mir zu und verließ den Raum.
Die Zeit verging einfach zu langsam. Ständig ging ich auf und ab, bis ein Mann den Aufenthaltsraum betrat. „Schönen guten Tag, mein Name ist Dr. Parker und ich bin der Psychologe in ihrem Fall“ er sagte dies so auswendig gelernt und gar nicht überzeugend, aber ich gab ihm trotzdem die Hand. Er fuhr fort: „Ihre Mutter ist jetzt hier im Revier und die Identifizierung kann beginnen. Hätten sie dies bezüglich eventuell Fragen, oder möchten Sie, dass ich während des Gespräch dabei bin?“
Das hat mir noch gefehlt, ein sichtlich gelangweilter Seelenklempner, der bei meinem ersten Treffen der Familie dabei ist. Ich überspielte aber meine Meinung von ihm und lehnte mit einem übertriebenen lächeln ab. „Gut, dann folgen Sie mir bitte.“ Als ich in den Raum kam, sah ich in der Mitte eine Frau stehen, die vor kurzem wohl fürchterlich geweint hatte. Sie erstarrte, als sie mich sah und war sprachlos.
Ich konnte mit dieser Person erst nichts anfangen, also ihr Gesicht sagte mir nichts. Doch dann kam sie mir doch bekannt vor und ich erkannte meine Mutter! Ich brach in Tränen aus und fiel ihr um den Hals.