zu der Mäntelchen Geschichte. Ich denke wenn ich mal 80 bin und unter Bewegungsunfähigkeit leide, dann werde ich noch genug Zeit haben mir in die Klamotten helfen zu lassen. Noch bin ich gesund und kann mir die Jacke allein anziehen und das möchte ich auch so lange wie ich eben dazu fähig bin.
Nochmal zum Fettrand. Wie gesagt - ich habe nur beim Hähnchenkeule knabbern (oh...ist´s eigentlich unschicklich das Ding in die Hand zu nehmen?), wenn ich normales Fleisch oder Gemüse etc. esse führe ich die Gabel IN den Mund und schmier mir dabei nicht das Essen auf die Lippen.
Vor allem - mein Gott - wenn die Teller dreckig werden, dann dürfen´s die Gläser auch - dazu ist Geschirr da und ehrlich gesagt find ich einen Lippenstift Rand am Glas wesentlich unschöner als einen farblosen Abdruck von den Lippen.
Zu dem Vorwurf das man wohl ein Bauer sein muss, wenn man sich einfach natürlich und normal verhält schließe ich mich Sim_IQ anstandslos an.
Nicht jeder ist scharf auf Kaviar und Co. und ich muss auch sagen, das ich mich in einem normalen Restaurant, indem nicht alles derart stocksteif zu geht wesentlich wohler fühle als in einem Elite-Restaurant. Ganz davon abgesehen das ich das Geld nicht habe um in einem derartigen Etablissement essen zu gehen, wäre es mir auch viel zu schade, denn ein gutes Essen kann ich auch woanders bekommen.
Zudem denke ich geht man auswärts essen, weil man einen netten Abend haben möchte, sich nett unterhalten und einfach mal ausspannen und ehrlich gesagt frage ich mich wie man sich entspannen und amüsieren soll, wenn man jede Sekunde darauf achten muss das der Rücken gerade bleibt, die Hände am Körper, die Serviette richtigrum etc..
Ganz ehrlich - daran hätte ich null Spaß - das wäre für mich der reinste Stress und das ist nunmal nicht der Sinn des Weggehens.
Für mich hat das alles nichts mehr mit dem nötigen Anstand, den man besitzen sollte zu tun, sondern das sind irgendwelche unnötigen Schickimickiregeln, die sich jemand mit zu viel Geld und zuviel Fantasie ausgedacht hat - wahrscheinlich weil´s ihm zu langweilig wurde.
Ich habe auch in Zukunft nicht vor mir ´nen Besenstil in den Hintern zu schieben und stocksteif und "fein" durch´s Leben zu gehen - ich lebe schließlich, wie schon gesagt nicht bei Hofe, sondern in einer Gegend in der es absolut unüblich ist sich derart überfein zu verhalten. Ich bin nunmal "nur" ein normales Mädchen und käme mir absolut lächerlich vor, wenn ich nach Knigge handeln würde - damit gäbe ich bestimmt den Lacher des Tages ab.
Ich find´s teils wirklich übertrieben, was hier so an "Anstandsregeln" niedergeschrieben wird. Ich frage mich die ganze Zeit schon ernsthaft ob das tatsächlich jemand so explizit durchzieht (foreveryoung, fuchur?) oder ob sich da nicht so mancher gerade ein bissl reinsteigert und uns hier alle auf den Arm nimmt.
Was das Grüßen angeht, so habe ich teils den Eindruck das man sich laut Knigge ständig irgendwem unterwerfen muss. Was ist wenn zwei Lehrer aufeinandertreffen? Wer grüßt wen zuerst? Kämpfen die dann darum wer zuerst grüßen muss, oder ist das eine der wenigen Ausnahmen in denen man als Mensch auch mal spontan sein darf?
Und wenn ich so lese wen ich alles grüßen müsste, dann müsste ich wohl schon halb Deutschland kennen. Ich lege keinen Wert darauf fremde Menschen im Fahrstuhl zu grüßen und die Menschen dort auch nicht. Schließlich ist das Zusammentreffen rein zufällig und man sieht sich nie wieder im Leben - hat also rein gar nichts miteinander zu tun. Ich will doch nur von der 3. in die 1. Etage fahren und keinen Verein mit den Leuten im Lift gründen.
Gleiches gilt für die anderen Locations
Im Geschäft grüße ich eigentlich immer - sofern ein Verkäufer in der Nähe ist und mich auch ansieht. Packt er irgendwo was ein oder ist beschäftigt grüße ich ihn nicht. Wenn der Verkäufer auf eine Begrüßung wert läge würde er mich nämlich anschauen.
In Restaurants grüße ich allerdings nicht. Und zwar aus dem Grund das in den meisten Restaurants die Angestellten entweder gerade einen anderen Gast bedienen oder hinter´m Tresen zu Gange sind. Es schickt sich imo nicht durch´s ganze Restaurant zu brüllen, also gehe ich zu einem Tisch der mir gefällt oder den ich reserviert habe und warte bis der Kellner kommt, der MICH dann begrüßt, denn ich bin der Gast. Läuft mir auf dem Weg zum Tisch schon ein Angestellter über den Weg grüße ich ihn aber, sofern er signalisiert das er mich bemerkt hat.
Wenn ich in ein Restaurant gehe (was eigentlich mehr als selten geschieht) in dem es eine sogenannten Platzanweiser gibt, dann findet eine Begrüßung schon statt bevor ich am Tisch bin.
Ansonsten aber lasse ich mich begrüßen bzw. kenne ich es so, das der Kellner an den Tisch kommt und mit der Begrüßung beginnt.
Was die Lehrer angeht. Nunja...da hab ich´s immer wie Nighti gehalten. Die Lehrer die ich kannte bzw. mit denen ich Unterricht hatte habe ich gegrüßt, wenn sie mir über den Weg liefen. Allerdings war´s bei uns an der Schule üblich mit einem einfachen "Hallo" zu grüßen. Selbst der Direktor hat kein "guten Tag Herr Junke" verlangt.
Diese Art des Umgangs ging von den Lehrern aus. In der Oberstufe haben wir uns mit einigen Lehrern sogar geduzt - insofern hätte mich bei uns damals so ziemlich jeder Lehrer zweifelhaft angesehen, wenn ich "guten Tag Herr ..." gesagt hätte.
Ich bin froh das es in meiner Schule solch ein ungezwungenes Verhältnis gab zwischen Lehrern und Schülern, ich hatte somit die Chance mich auf den Unterrichtsstoff zu konzentrieren - nicht darauf das ich den Namen bei der Begrüßung mit anhänge.
Ich denke auch es hat nichts mit Freundlichkeit zu tun - schon gar nicht wenn man jemanden grüßt den man nicht kennt und mit dem man sonst auch nichts zu tun haben möchte. Wenn ich auf einen Bekannten treffe grüße ich ihn nicht weil es sich so gehört, sondern weil ich mich freue ihn zu sehen. Die fremden Menschen in Fahrstühlen und Hotelgängen sind mir dagegen nicht vertraut, ich möchte auch nicht mit ihnen vertraut sein und sie mit mir auch nicht. Würde ich diese Leute grüßen so würde das maximal aus Anstand geschehen, aber nicht aus Freundlichkeit. Und da bin ich für Gleichberechtigung - wenn ich die Leute im Fahrstuhl grüße, dann müsste ich auch jeden im Supermarkt grüßen der an mir vorbeihechtet, denn schließlich habe ich mit dem im Fahrstuhl nur den momentanen Aufenthaltsort gemein - also nicht mehr als mit den Leuten im Supermarkt.
Was das Gesundheit sagen beim Niesen angeht, empfinde ich es eher als unhöflich wenn einer gar nichts sagt. Niesen ist ja nichts was einem peinlich sein muss und deshalb darf man jemandem auch Gesundheit wünschen, wenn er nießt. Ich mache das grundsätzlich - hat einer ´nen Nießanfall, dann sag ich ein oder zweimal Gesundheit und ab da nick ich nur noch kurz zu.
Ich finde es eine nette Geste wenn jemand Gesundheit sagt und finde es zum Beispiel eher unhöflich wenn jemandem Gesundheit gewünscht wird, und dieser sich dann nicht bedankt.
Wie gesagt - wenn jemand Allergiker ist und ständig nießt dann macht´s irgendwann keinen Sinn mehr - aber zumindest beim ersten Nieser sollte ein Gesundheit kommen. So habe ich es jedenfalls beigebracht bekommen und ich gebe zu - ich finde es unhöflich wenn die Leute betreten zur Seite schauen und so tun als hätten sie Mitleid weil mir mein Niesen wahrscheinlich superpeinlich war. Ist es aber nicht und lieber hab ich ein lächelndes "Gesundheit" sagendes Gesicht neben mir als jemand der peinlich berührt wegsieht.
Was ich bei all diesen Knigge-Regeln furchtbar vermisse ist Spontanität und "Leben". Ich weiß schon warum ich mich in solchen Kreisen nie wohl fühlen könnte - ich käme mir eingeengt und eingesperrt vor und hätte das Gefühl unter ständiger Kontrolle zu sein. Ich finde Anstand sollte schon einen Sinn machen - nicht den Sinn das etwas schöner aussieht oder eleganter wirkt sondern den Sinn jemandem zu helfen, der Hilfe nötig hat oder einfach jemandem ein Lächeln abzuringen oder aus einer unangenehmen Situation zu helfen.