Und wenn sich jemand die Haare schwarz färbt oder schwarze Klamotten trägt, dann mag er es vielleicht einfach. Aber nein, heutzutage wird bei solchen Anzeichen sofort auf Oberflächlichkeit geschlossen.
Es ist erschreckend, wie Selbstverletzung ("ritzen") und Depressionen auf eine Trendwelle wie den "emo style" reduziert werden.
Ich finde nur immer interessant - und das gilt für alle Erscheinungen, längst nicht nur für Emos! - dass es ja
nie Leute gibt, die mit der Mode gehen. Die machen das
alle immer nur, weil es ihnen gefällt (und womöglich schon immer gefallen hat).
Warum dann irgendwann plötzlich jede dritte Tussi mit'm A...geweih rumgelaufen ist, warum momentan so viele das ganze Blech in der Fressleiste haben, warum auf einmal der Anteil der sich selbst verletzenden Depressiven so rapide steigt, warum seit einiger Zeit wieder jeder Hinz und Kunz Chucks trägt, warum Ed-Hardy-Klamotten plötzlich überall zu sehen waren, warum auf einmal in gewissen alternativen Szenen alle mit auf Hula-Hoop-Größe gedehnten Ohrläppchen rumlaufen und vegan leben, und und und... alles nur Ausdrücke von persönlichem Geschmack, ureigenstem Antrieb und höchster Individualität! Hmmm...
Also, man kann sicher nicht
jeden, der dies oder jenes tut, trägt, sagt, mag, auslebt, findet etc. pp, in die Trend- und Mitläufer-Ecke stecken, aber
dass da Trends am Werk sind, kann man meiner bescheidenen Meinung nach genausowenig leugnen.
Wie gesagt, das gilt immer und überall für alle und jeden, auf Emos und SVV braucht man das gar nicht zu beschränken. Allerdings kann man sie sicher auch nicht davon ausnehmen.
Ich denk' mir zu so mancher Szene, Mode usw. meinen Teil... was ich halt immer etwas seltsam finde, ist dieser irrationale Hass auf Emos.
Es soll ja in Mexiko sogar regelrechte Hetzjagden auf Emos gegeben haben, und ich habe fast den Verdacht, das haut in die gleiche Kerbe wie Homophobie - da fühlen sich etliche unsichere
Männchen (richtige
Männer sind das für mich nicht) in ihrer geschlechtlichen Identität unsicher und dadurch durch das "unmännlich" erscheinende Konzept der Emos in Frage gestellt und angegriffen, und schlagen "zurück".
Dabei kann man allein in der U-Bahn-Station mit 5 Emos wenigstens halbwegs sicher sein, dass einem keiner blöd kommt - wenn da fünf Goldkettchen-Asis rumlungern, ist das dagegen nicht gesagt. So ein Pack wäre für mich dementsprechend eher Hassobjekt, weil es dafür auch rationale Gründe in Form von Erfahrungen gibt - Erfahrungen, die ich "komischerweise" mit anderen Gruppen so nicht hatte, auch und schon gar nicht mit Emos. Somit kann ich mir doch über ein paar halbe Kinder mit Pilzfrisuren und für meine Begriffe etwas schwülstigem Getue ein Ei schlagen und meiner Wege gehen...
Was Mode, Mitläuferei und affektiertes Getue ist, und was dagegen echte Überzeugung ist, kriegt man erfahrungsgemäß immer erst mit, wenn man die Leute persönlich kennt. Meine Erfahrung sagt mir auch, dass echte Überzeugung oft gerade
nicht mit besonders expressivem Styling oder sonstigen Äußerlichkeiten einhergeht, aber das schließt ja nicht vollständig aus, dass jemand einerseits irgendwelche szeneinternen (Mode-)Konventionen voll mitmacht, aber hinter dieser Fassade auch trotzdem entsprechende Substanz zu bieten hat. (Ich schreibe "trotzdem", weil es nach meiner persönlichen Erfahrung oft eher so ist, dass gerade die, denen wirklich keiner ans Bein p***en kann, dann auch nicht mehr übertrieben viel auf Äußerlichkeiten geben)
Ein weiterer Aspekt scheint mir zu sein, dass Emos seit einiger Zeit ganz einfach zu so einer Art Ostfriesen oder Mantafahrer unserer Zeit geworden zu sein scheinen... es werden halt einfach doofe Witze über sie gemacht und Klischees gewälzt, weil man's liebgewonnen hat.