*FS* Celia

nerychan

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Februar 2006
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dreamland
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Da nun auch glücklicherweise hier die bessere Größe der Bilder erlaubt ist (danke, danke), hab ich mich ermutigen lassen, meine erste FS auch hier einzustellen.... (danke schön, meine liebe Freundin).
Und bevor ich jetzt noch weiter auf den Bildschirm starre, weil ich nicht weiß, was ich als Einleitung schreiben soll, fang ich einfach an.
(für gewöhnlich ist der Text unter den Bildern, mit ein paar Ausnahmen)


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[FONT=&quot]Wir werfen gleich einen Blick ins Wohnzimmer von Josie und Matt!
Sie sind nicht die eigentlichen Helden dieser Geschichte, aber unwichtig sind sie deshalb nicht, im Gegenteil.
Im Grunde lieben sich die beiden sehr, letzte Woche hatte Matt sogar eine geschlagene halbe Stunde vor einem Juweliergeschäft gestanden und sich die Diamantringe angesehen.
Zu heiraten erschien ihm auf einmal nicht mehr so abwegig.



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Aber heute Abend gab es einen furchtbaren Streit zwischen den beiden, Josie nannte ihn einen unsensiblen Tyrannen, knallte die Tür und warf ihm nur wenig später das Bettzeug vor die Füße.
Also musste sich Matt mit dem Sofa begnügen und stellte sich die Frage, wieso eigentlich immer die Männer auf der Couch landeten. Worum ging dieser alberne Streit eigentlich? Er hatte es schon vergessen, irgendetwas vollkommen Belangloses in seinen Augen, nicht so für Josie!
Es war ja nicht so, als hätten sie sich nie gestritten, aber diesmal war einfach alles außer Kontrolle geraten. Sie hatten sich Sachen an den Kopf geworfen, die man nicht so leicht wieder zurücknehmen konnte. Darum hielt er es zum erstenmal für möglich, dass sie ihre Drohung wahrmachte und ihn am nächsten Morgen verließ.
Bei dem Gedanken zog sich ihm das Herz in der Brust zusammen und er starrte durch die Dunkelheit auf die Tür, hinter der Josie verschwunden war.

Irgendwann fielen ihm schließlich die Augen zu, der Raum begann sich um ihn herum zu drehen und dann fand er sich plötzlich an einem unwirklichen Ort wieder, direkt neben sich seine Freundin, die ihn mit weitaufgerissenen Augen ansah.



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„Wo sind wir?“ flüsterte sie, doch ihre Stimme tönte durch die klare Nachtluft, als hätte sie in ein Mikrofon gesprochen.
Er zuckte die Schultern. „Ich habe keine Ahnung! Das ist jedenfalls nicht unser Zuhause!“
Und sein Blick wanderte staunend über die Terassen des Gebäudes, vor dem sie standen. War es überhaupt ein Gebäude?
Während rings umher absolute Dunkelheit herrschte, lag die Treppe vor ihnen eingetaucht in ein helles eigenartiges Licht.
„Ehrlich gesagt, die Sache ist mir nicht geheuer!“ stieß er schließlich gepresst hervor.




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„Dazu besteht absolut kein Grund!“ ertönte eine sanfte, freundlich klingende Stimme direkt neben ihm, aber außer Josie konnte er niemanden entdecken. „Ihr müsst Euch nicht fürchten, Euch wird nichts geschehen,“ versicherte die Stimme. „Kommt zu mir!“
„Wohin?“ fragte Josie stockend, nachdem sie sich von ihrem ersten Schrecken erholt hatte. „Wo bist du?“
„Sieh nach oben, Josie, ganz nach oben!“
Sie folgte der Aufforderung, ohne sich darüber zu wundern, dass die Stimme ihren Namen kannte, Matt tat es ihr gleich. Und tatsächlich.
Auf der oberen Ebene stand eine Frau!



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„Ihr könnt getrost nach oben gehen!“ hörten sie die Stimme wieder direkt neben sich. „Oder wollt Ihr nicht erhalten, weswegen Ihr gekommen seid?“
Josie sah zu Matt hinüber. „Verstehst du das?“ schienen ihre Augen zu fragen, doch er schüttelte nur den Kopf und meinte dann:
„Was soll’s! Lass uns einfach nachsehen. Immer noch besser, als hier einfach nur rum zu stehen.“
[FONT=&quot]„Eine sehr weise Entscheidung!“ hörten sie die Stimme sagen und so machten sie sich auf den Weg nach oben.
Hin und wieder warfen sie verstohlen einen Blick nach rechts und links auf die mit eigentümlichen Pflanzen bewachsenen Hänge und die hellen Säulen.


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Oben angekommen, nickte ihnen die Frau freundlich zu, wandte sich um und begab sich auf das dahinter liegende Podest.
„Verzeiht mir die Theatralik! Doch es geschieht nicht mehr sehr oft, dass Menschen mich in meinem Reich besuchen. Sie verlieren den Glauben und die Fantasie, beides notwendige Schlüssel zu unserer Welt! Um so erfreuter bin ich, Euch hier zu sehen. Das lässt mich hoffen, dass auch andere wieder zu uns finden.
Aber ich will Euch nicht langweilen! Schließlich seid Ihr für eine Geschichte gekommen. Und die sollt ihr auch bekommen!“
„Eine Geschichte?“ wagte Josie vorsichtig einzuwerfen.
[FONT=&quot]„Aber ja, eine Geschichte.“ lachte die Frau. „Das ist meine Aufgabe. Ich bin die Bewahrerin und dies ist das Land der Träume. Es lebt von den Geschichten, und ich sorge dafür, dass sie nicht verloren gehen. Und nun folgt mir bitte! Ich möchte Euch etwas zeigen!


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[/FONT]Seht Ihr das Mädchen dort unten am Teich?“ fragte die Bewahrerin, nachdem sie die beiden zu einer der unteren Terrassen geführt hatte.
„Ihr Name ist Celia. Sie ist eine der Hauptpersonen meiner heutigen Geschichte!
Natürlich ist sie nicht wirklich hier. In der realen Welt liegt sie in ihrem Bett und schläft. Sie träumt nur von diesem Ort.
[FONT=&quot]Früher kam sie oft hierher, denn ihr Glaube war stark, aber nun braucht sie meine Hilfe, um in meine Welt zu gelangen.


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Sehr glücklich sieht sie nicht gerade aus, nicht wahr? Das mag wohl daran liegen, dass ihr Leben zur Zeit gehörig aus den Fugen geraten ist.
Celia hat nämlich ihr Gedächtnis verloren!
[FONT=&quot]Wie Ihr Euch vorstellen könnt, ist das allein für jeden Menschen schon ein großes Problem, aber für Celia und nicht nur für sie selbst ist dieser Verlust eine ausgesprochene Katastrophe!


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Oh verzeiht, ich sehe schon, ich verwirre Euch! Ich habe einfach zu selten das Vergnügen, Gäste zu begrüßen!
Bitte, macht es Euch gemütlich, denn es wird eine lange Nacht!
Ich werde also der Reihe nach erzählen!
[FONT=&quot]Es begann, nun - es war nicht wirklich der Anfang - aber ich denke, so ist es am besten, also .... es begann alles ....


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.... mit einem Unfall![/FONT]​
An einem Sommerabend fuhr Dr. Nicolas Blandfort zur Nachtschicht in das Hospital von Ravensville.
Er war noch jung, doch mit Leib und Seele Arzt, sehr zum Leidwesen seiner Mutter, die es lieber gesehen hätte, wenn er sich als Anwalt um die Verwaltung des Familienvermögens gekümmert hätte.
Aber das lag ihm ganz und gar nicht, und da er schon immer genau wusste, was er wollte und einen mindestens ebenso starken Willen wie seine Mutter besaß, setzte er sich durch und studierte Medizin statt Jura. Die richtige Entscheidung, wie selbst seine Mutter neulich, wenn auch widerwillig zugeben musste, als man ihn trotz seiner Jugend zum stellvertretenden Leiter der Chirurgie ernannt hatte.
Doch an diesem Abend wurde sein ganzes ruhiges und in geordneten Bahnen verlaufendes Leben auf den Kopf gestellt!
Genau vor dem Hospital tauchte wie aus dem Nichts plötzlich eine Frau auf und lief ihm geradewegs vors Auto, ehe er noch anzuhalten vermochte.
Bestürzt sprang er aus dem Wagen, um nach ihr zu sehen.


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Er eilte ins Hospital, rief nach einer Trage und brachte die Frau direkt in den OP, wo er nach einer gründlichen Untersuchung beruhigt feststellte,
dass sie offensichtlich nicht schwer verletzt worden war.
„Sie müssen einen sehr guten Schutzengel haben!“ sagte er mit einem Lächeln der Erleichterung, als sie wieder zu sich kam, die Augen aufschlug und sich verwundert umsah.
„Wo bin ich?“
„Sie sind im St. Michael’s Hospital. Sie hatten einen Unfall, aber keine Angst, Sie haben sich weder etwas gebrochen, noch innere Verletzungen.“ versicherte er ihr,
[FONT=&quot]als er sah, wie sie erschrocken zusammenzuckte. „Nur eine große Beule und eine leichte Gehirnerschütterung von dem Aufprall!“


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Behutsam half er ihr vom Untersuchungstisch herunter. „Wir werden Sie vorsichtshalber zur Beobachtung hierbehalten, etwas Ruhe tut Ihnen sicher gut. Verraten Sie mir Ihren Namen?“
„Meinen Namen?“ wiederholte sie verwirrt.
„Ja! Wie heißen Sie?“
„Ich...., ich weiß nicht, ich....“ Sie griff sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Kopf und stöhnte leise.
„Schon gut!“ beruhigte er sie. „Das ist der Schock! Ich gebe Ihnen ein leichtes Beruhigungsmittel, dann werden sie gut schlafen und morgen sieht die Welt schon wieder viel besser aus!“
[FONT=&quot]„Nein,....das glaube ich nicht! Irgendetwas stimmt nicht mit mir!“ flüsterte sie vor sich hin, so dass er sie nicht verstehen konnte.


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[FONT=&quot]Dann brach sie einfach zusammen und Nicolas konnte sie gerade noch auffangen. ‚Wie leicht sie ist’, wunderte er sich. Als man sie vorhin auf die Trage gelegt hatte, war ihm das gar nicht aufgefallen. Dabei war sie gar nicht mager, sondern .... Nein, diese Gedanken gehörten sich nicht für einen Arzt. Aber er hätte lügen müssen, um zu behaupten, er hätte nicht bemerkt, dass seine Patientin ausgesprochen hübsch war und obendrein unglaublich strahlende Augen besaß, deren Farbe er nicht genau definieren konnte, sie lag irgendwo zwischen blau und grün. Sie erinnerten ihn an jemanden, doch ihm fiel im Augenblick einfach nicht ein, an wen. „Unwichtig!“ rief er sich selbst zur Ordnung und gab der inzwischen zurückgekehrten Schwester seine Anweisungen. Im Augenblick konnte er nichts weiter für sie tun.


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Noch bevor Nick am nächsten Morgen nach Hause ging, zog es ihn noch einmal zu seiner mysteriösen Patientin.
Weder das Schmerzmittel gegen die Kopfschmerzen, noch die Beruhigungsspritze schienen anzuschlagen und sie hatte die ganze Nacht wachgelegen,
so hatte es die Schwester berichtet. Irgendwie fühlte er sich besonders verantwortlich für sie, auch wenn er an dem Unfall keine Schuld trug.
Auf dem Flur traf er seine Kollegin, die Neurochirurgin Carla Winters, die gerade ihren Dienst antrat.
Einer plötzlichen Idee folgend trat er an sie heran, erzählte ihr die Geschichte seines nächtlichen Abenteuers und bat sie, sein Unfallopfer noch einmal zu untersuchen.
Gemeinsam betraten sie das Zimmer, Nick stellte der jungen Frau die Ärztin vor und diese begann mit der Untersuchung.


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Aber auch Dr. Winters konnte sich danach nur seiner eigenen Meinung anschließen.
Da organisch nichts festzustellen war, machte auch sie den Schock nach dem Unfall für die Amnesie verantwortlich.
„Es sind ja noch nicht einmal 24 Stunden her. Geben Sie ihrem Körper die Chance, diesen Schock zu verarbeiten. Erholen Sie sich und grübeln sie nicht zu viel.
Dann kommt ihr Gedächtnis von ganz allein zurück!“ meinte die Ärztin freundlich. „Und in der Zwischenzeit werden wir versuchen, herauszufinden, wer Sie sind.
Irgendjemand vermisst sie sicher schon!“
Sie konnte nicht wissen, wie recht sie damit hatte!
Ebenso wenig, dass dieser Jemand bereits anwesend war und sie alle misstrauisch und besorgt durch das Fenster beobachtete, ohne dass man sie im Zimmer bemerkte.
[FONT=&quot]Denn niemand vermochte sie zu sehen, solange sie selbst es nicht wünschte. Und im Augenblick wünschte sie sich nur eines, für ALLE unsichtbar sein zu können.


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Der Tag war ruhig vergangen und endlich hatte die Natur ihr Recht gefordert und die junge Frau war eingeschlafen.
Dunkelheit lag über dem Zimmer, als plötzlich eine Frau im Zimmer erschien. Es war die gleiche Frau, die am Morgen die Untersuchung beobachtet hatte.
Sie warf nur einen kurzen Blick in Richtung des Bettes, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die Balkontür.
[FONT=&quot]Dort leuchtete es plötzlich auf und aus dem Lichtball trat eine andere Frau, hochgewachsen, bleich und seltsam gekleidet.




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[FONT=&quot]+++++++++++++++++
So, das ist der Einstieg.
Da die Geschichte fast fertig ist, gibt es zügig Fortsetzungen, wenn es euch gefällt.

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Hallo Nerychan!
Tolle Geschichte! Mach bitte ganz schnell weiter, mich interessiert es brennend, wer die Frau ist und was sie mit der Geschichte zu tun hat!
Die Bilder sind echt super geworden und wie du das alles hinbekommen hast! Respekt!
 
Die FS is voll Hamma besonders die Bilder, du hast bestimmt hart gearbeitet

LG Smol cat

P.S:ich möchte Benarchitigt werden
 
Hallo liebe Nery,

ich stelle gerade fest, welch ein Genuss es mal wieder ist, Deine Geschichten zu lesen. Eine ganze Menge hat man doch nicht mehr so im Hinterkopf parat, besonders wenn man die lange Zeit bedenkt, die vergangen ist.
Ich freue mich sehr, dass wir Celia jetzt hier haben. Das gibt mir nachträglich die Chance, zu den einzelnen Kapiteln was zu sagen - denn eigentlich war ich ja erst später dazu gestossen *froi*. Aus der heutigen Sicht achtet man auch auf andere Dinge, sehr interessant.

Mir ist jetzt auch gleich etwas aufgefallen, aber das frage ich nicht jetzt hier (Spoiler), sondern stelle meine Frage wenn die entsprechende Fortsetzung on ist. Oder ich frag Dich per PN.

Was bei Dir immer wieder ins Auge sticht, ist wie liebevoll und sorgfältig Du alles anrangierst. Egal ob es sich um Josies und Matts Wohnzimmer handelt oder das Krankenhaus - es ist immer alles mit viel Mühe und Liebe zum Detail hergerichtet. Von den Tempeln und Gärten brauchen wir da ja gar nicht erst zu reden.
Der Text ist auch super, spanndend und abwechslungsreich formuliert.

Benachrichtigen brauchst Du mich nicht. Ich hab Dich eh immer im Auge *ggg*.

Ganz liebe Grüsse!
 
Ok, dann werde ich mal weitermachen.
Danke fürs Lesen und ein besonderes Dankschön denen, die auch kommentiert haben.

@Mela1991: danke. Wer die Frau ist, kannst du gleich selbst herausfinden.

@Smoll cat 1: es macht viel Arbeit aber auch Spaß.

@Julsfels: selber schuld. War ja deine Idee. Auf deine Frage bin ich schon gespannt. Es dauert zwar lange, die einzelnen Schauplätze herzurichten, aber dafür muss man sich beim Bilderschießen keine Gedanken mehr über den Hintergrund machen.
Danke, dass du mich auch hier begleitest.


Weiter geht's.



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Niemand öffnete ihr die Tür, noch tat sie es selbst, sie trat einfach durch sie hindurch, als wäre sie nicht vorhanden.
Das Gesicht zu einer leichenblassen Maske erstarrt, leuchtete in ihren Augen ein unheilkündendes Feuer.
Zaide war nicht einfach nur zornig, in ihr tobte ein wahrer Sturm widerstreitender, ungewohnt heftiger Gefühle, derer sie nur mit Mühe Herr zu bleiben vermochte.
„Wie konnte das passieren, Semira?“ verlangte sie herrisch von der bereits anwesenden Frau zu wissen.
„Ich kann es nicht erklären, Herrin!“ musste diese eingestehen, während sie beobachtete, wie sich das unheimliche Leuchten in Zaides Augen immer mehr verstärkte.
„Sie ist ihre Runde gelaufen“, fuhr sie fast flüsternd fort. „...wie sonst auch, doch auf einmal rannte sie ohne ersichtlichen Grund auf die Straße.
Ich konnte sie nicht aufhalten! Ich konnte es nicht!“
„Was soll das heißen, du konntest nicht?“
Täuschte sie sich, oder lag in der Stimme ihrer Herrin neben kaum gebändigtem Zorn noch ein unruhiger, wissender Ton der Sorge?
„Du hast versagt, Semira“ warf Zaide ihr vor, während sie an ihr vorüber zum Kopfende des Bettes ging.

„Deine einzige Aufgabe bestand darin, für ihre Sicherheit zu sorgen! Aber du hast versagt, und das wird Folgen haben, für uns alle!“


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Als wäre die Welle ihres Zorns plötzlich in sich zusammengebrochen, verschwand das Leuchten aus Zaides Augen,
und zurück blieb nur ein Schatten tiefster Traurigkeit, der ihr Gesicht nicht mehr verlassen sollte.
„Aber es hat doch niemand Verdacht geschöpft.“ Wandte Semira angesichts der Veränderung ihrer Herrin eifrig ein. „Als der Mann Hilfe holte,
habe ich ihre Verletzungen geheilt, sodass er bei der Untersuchung nichts finden konnte. Ich veränderte ihre Blutproben,
und ich habe sie seitdem keinen Moment aus den Augen gelassen. Ich bin sicher, niemand weiß oder vermutet auch nur irgendetwas!
Unsere Welt ist nicht in Gefahr!“
„Oh doch, das ist sie! Und nicht nur unsere. “
„Das verstehe ich nicht! Wir nehmen sie mit uns, die Menschen werden sich kurz über ihr Verschwinden aufregen und es dann vergessen.
Was kann daran so schlimm sein, dass es unsere Existenz bedroht?“
„Törichtes Kind, das du noch immer bist.“
Beinahe zärtlich sagte ihre Herrin das.
„Nach zweihundert Jahren solltest du doch wissen, dass es ihr in ihrem jetzigen Zustand unmöglich ist, unsere Welt zu betreten, noch können wir sie mitnehmen.
Nur sie selbst kann sich verwandeln. Doch dazu fehlt ihr das Bewusstsein ihrer Existenz außerhalb dieser Welt.“
[FONT=&quot]„Dann lass sie uns woanders hinbringen, wo niemand sie kennt!“ wagte Semira einen letzten vergeblichen Vorschlag.


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„Hast du es denn immer noch nicht verstanden!“ rief Zaide, die durch ihre ungeheure Anspannung die Geduld verlor. „Das Risiko wäre viel zu groß!
Sie hat mehr als nur ihr Gedächtnis verloren. Du kennst ihre Fähigkeiten, ahnst ihre Macht! Hätte sie die auch verloren, dann, ....
Aber so ist es eine Katastrophe geworden. Versuche dir nur einmal vorzustellen, was geschieht, wenn sie die Kontrolle über etwas verliert, von dem sie nicht weiß, dass sie es besitzt!“
Semira senkte den Kopf, daran hatte sie nicht gedacht.
„Vergib mir!“ bat sie nochmals, doch wenn sie glaubte, nicht noch mehr überrascht werden zu können, so sah sie sich getäuscht, denn Zaide winkte resigniert ab.
„Nein, es war nicht dein Fehler. Ich habe das heraufbeschworen, schon vor sehr langer Zeit.“
Sie streifte das in tiefem Schlummer liegende Mädchen mit einem sanften, fast liebkosenden Blick, bevor sie sich gewaltsam von ihr losriss.
„Wir müssen diesen Fehler korrigieren. Und zwar schnell, bevor es zu spät ist!“
„Aber wie?“ fragte Semira. „Wir können doch gar nichts tun, das habt Ihr selbst gesagt!“
„Wir nicht! Das stimmt! Wir benötigen Hilfe!“
„Aber wer....“ Semira sah in das entschlossene Gesicht ihrer Herrin und verstand.
„Sie ist die Einzige, die uns jetzt helfen kann.“ bestätigte Zaide ihre Vermutung, wandte sich ab und winkte Semira, ihr zu folgen.
„Geh zurück in den Tempel und bereite mit Alyssa alles für ihre Ankunft vor. Wir haben nicht viel Zeit!“
Sie wartete die Antwort nicht mehr ab, sondern nickte Semira noch einmal zu, bevor sie verschwand.
[FONT=&quot]Nur Sekunden später löste sich auch die zweite Frau in einem Dunstschleier auf und ließ das Zimmer in tiefer Dunkelheit zurück.


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"Habe ich Euch schon wieder verwirrt?“ fragte die Bewahrerin ihre Besucher und lächelte verlegen.
„Ich fürchte, ich hatte einfach in letzter Zeit zu wenig Gelegenheit, meine Geschichten zu erzählen. Habt also bitte etwas Geduld mit mir!
Vielleicht sollte ich Euch, bevor ich fortfahre, etwas über Zaide und ihr Volk erzählen. Dass sie keine Menschen sind, muss ich wohl nicht mehr extra erwähnen.
Sie sind uralt, wie die Felsen, welche dieses Tal hier umgeben, und doch auch jung wie ein neugeborener Tag.
Sie sind nicht unsterblich, zumindest nicht im Sinne Eures Menschenwortes. Denn ihre Lebensspanne ist um vieles, sehr vieles länger als die Eure.
Doch wenn ihre Zeit gekommen ist, vergehen auch sie und werden eins mit dem Universum.
Diese Wesen sind nicht allmächtig oder allwissend, auch wenn sie Fähigkeiten besitzen, die Ihr euch nicht einmal vorstellen könnt und über Wissen verfügen,
[FONT=&quot]das die Menschen sich niemals aneignen werden. Aber eines haben sie mit den sogenannten Sterblichen gemeinsam, sie sind nicht unfehlbar, wie Ihr bald sehen werdet.


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Zaide ist eine der Mächtigsten ihres Volkes, wenn auch nicht DIE EINE, deren Hilfe sie jetzt zu suchen gezwungen ist.
Man nennt sie die Herrin der Seelen. Warum werdet Ihr noch herausfinden. Nur soviel für den Anfang.
Sie bezieht ihre Macht aus den Geistern, den Seelen der Verstorbenen, über die sie gebietet.
Ich weiß, Ihr betrachtet Euch als vernünftige und - wie nennt Ihr das – rationale (?) Menschen, die nicht an Spuk, Poltergeister und Übernatürliches glauben,
aber tief im Innern habt Ihr Euch sicher schon die Frage gestellt, ob nicht doch ein Fünkchen Wahrheit in all diesen Erzählungen liegt.
Ich versichere Euch, es ist mehr als nur ein Funke. Und immerhin, Ihr seid hier, nicht wahr?!
Aber genug davon, ich denke, ich sollte jetzt fortfahren.
[FONT=&quot]Während Celia also ruhig und friedlich in ihrem Krankenbett schlief und nichts von all der Aufregung ahnte, die sie in beiden Welten verursachte,....


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... lief eine einsame Gestalt auf dem Dach des Tempels der Ewigkeit hin und her und wartete auf die Rückkehr ihrer Herrin Zaide.
Noch breitete die Nacht ihre dunklen Schwingen über alles, doch in der Ferne sah man schon die ersten Strahlen der Sonne über dem Horizont.
Nicht dass der Wechsel von Tag und Nacht hier eine Rolle spielte, denn Schlaf benötigte Zaides Volk nicht wirklich.
Aber man hatte sich durch den ständigen Kontakt mit den Menschen einfach an deren Rhythmus gewöhnt und auch einige ihrer Gewohnheiten übernommen.
[FONT=&quot]Zudem liebte die Herrin des Tempels die Dunkelheit mehr als das gleißende Licht des Tages.


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Es gab einen Grund, warum Alyssa, Zaides andere Dienerin und zugleich auch engste Vertraute ihre Pflichten vernachlässigte
und stattdessen unruhig auf dem Dach herumwanderte, immer wieder die Hände rang und in die Nacht hinausstarrte.
Noch niemals war sie so besorgt gewesen, hatte noch nie solche Angst verspürt, nicht einmal als sie noch lebte.
Doch anders als Semira, die erst später von Zaide erwählt worden war, kannte sie das Geheimnis, das ihre Herrin mit sich trug, ja sie hatte ihr sogar geholfen, es zu bewahren.
Und selbst wenn sich jetzt alles als ein schrecklicher Fehler herausstellen sollte, bereuen konnte sie es nicht, wenn sie daran dachte, wie verzweifelt Zaide gewesen war.
Ein feiner Lichtstrahl, der sich über den Himmel zog und direkt auf sie zu zu kommen schien, ließ sie in ihrer Wanderung innehalten.
Endlich! Nicht angewiesen auf Treppen, gelang es ihr in Sekundenschnelle nach unten zu kommen,....


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....wo Semira ihr schon entgegenkam und ihr, viel zu langsam, viel zu ausführlich für ihre Ungeduld, alles erzählte. Sie wollte sie schon unterbrechen, als ihr plötzlich der Atem stockte.
„Sie will was?“
„Sie will Reshanne zu Hilfe rufen.“ wiederholte Semira geduldig und wunderte sich über Alyssas entsetztes Gesicht.
Zwar besaß auch sie eine gewisse Scheu vor der Großen Gebieterin, die man nur selten zu Gesicht bekam, aber wenn die Situation auch nur halb so ernst war,
wie Zaides Besorgnis vermuten ließ, dann war ihre Hilfe nicht nur wünschenswert, sondern dringend nötig.
Doch in Alyssas Kopf überschlugen sich die Gedanken. Reshanne!
Über zweihundert Jahre hatten die beiden sich nur im Rat der Fünf getroffen, nur das Nötigste miteinander gesprochen.
Das konnte nur bedeuten, es war alles noch schlimmer, als sie befürchtet hatte, es bedeutete, dass Zaide ihr Geheimnis lüften musste.
Aber wie würde Reshanne reagieren? Immerhin hatte Zaide sich einem direkten Befehl widersetzt und sie alle hinters Licht geführt, ihr ganzes Volk!
„Hast du gehört, was ich gesagt habe, Lyssa?“ wurde sie von Semira aus ihrer Grübelei gerissen. „Wir müssen uns sputen. Die Sonne geht bald auf, dann sollten wir fertig sein.“
[FONT=&quot]Alyssa nickte. Semira hatte recht.


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Nur wenig später, die große fensterlose Halle im Innern des Tempels erstrahlte nun im Licht zahlloser Kerzen, öffneten sich die schweren Flügeltüren am Eingang und Zaide kam herein.
Alyysa warf einen raschen Seitenblick auf ihre Gefährtin. Bemerkte auch sie den dunklen Schatten auf dem Gesicht der Herrin?
Spürte sie, was dieser Schritt die Herrin kostete? Ahnte sie, dass dies der Beginn einer großen Veränderung sein könnte, sein würde?
Nein! Wie sollte sie auch! Schmetterling hatte Zaide sie genannt, als sie das Mädchen bei sich aufnahm.
Und wie ein bunter wunderschöner Schmetterling hatte die lebhafte Semira wieder Freude und Lachen in den Tempel gebracht.
Jetzt war sie nur zerknirscht und auch traurig, weil sie der Herrin missfallen hatte und sich selbst für Celias Unfall verantwortlich machte.
Zaide nickte den beiden Frauen zu und ging an ihnen vorbei in den hinteren Teil der Halle.
Doch statt sich nun wie erforderlich diskret zu entfernen, eilte Alyssa ihr nach kurzem Zögern nach.


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„Herrin?“ Zaide wandte sich um.
„Es tut mir so leid!“ flüsterte Alyssa. „Gibt es denn keinen anderen Weg?“
„Nein, Lyssa. Wir können es nicht länger geheimhalten. Zuviel steht auf dem Spiel.“
„Aber wird sie nicht fürchterlich zornig sein, wenn sie es erfährt?“
„Das habe ich damals in Kauf genommen, und das werde ich auch jetzt.
Beruhige dich, Reshanne mag zwar ehrfurchtgebietend sein, aber sie hat lange nicht mein aufbrausendes Gemüt. Und wir brauchen sie.
Mit ihrer Hilfe gelingt uns vielleicht beides, Celia vor der Welt und die Welt vor Celia zu beschützen. Und jetzt geht! Beide!“
[FONT=&quot]In ihrem Befehl lag ein solch bestimmender Ton, dass er weitere Einwände oder gar Widerspruch nicht mehr zuließ.


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„Komm Lyssa!“ Semira schob ihre Hand schüchtern in die der andern. „Wir können ja doch nichts weiter tun.“
Dies war eine völlig ungewohnte Situation für sie. Normalerweise war die sanfte, stille Alyssa die Stärkere von ihnen, strahlte Ruhe und Sicherheit aus.
Niemals hätte Semira es für möglich gehalten, dass ausgerechnet sie einmal derart aus dem Gleichgewicht geraten würde.
Irgendetwas ging hier vor, dass sie nicht verstand. Aber vielleicht war das auch besser so.
Und während die beiden nun die Halle verließen, trat Zaide vor das Bild der Großen Mutter, der Schöpferin ihrer Welt, von der sie alle abstammten.
[FONT=&quot]Längst hatte diese den letzten Weg beschritten und sich mit dem Universum verbunden, doch ihr ganzes Volk bewahrte ihr ein ehrendes Gedenken.


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[/FONT]​
Sie kniete vor der Statue nieder, schloß die Augen und begann in Gedanken nach Reshanne zu rufen.
Nichts.
Wieder und wieder versuchte sie es, lauschte in die Stille, ohne Erfolg.
Schließlich öffnete sie die Augen, riß den Kopf nach oben und rief mit lauter Stimme:
„Reshanne!!!
Ich weiß, dass du mich hörst. Ich weiß, ich habe dich gekränkt, mehr als das, aber bitte, komm zu mir!
[FONT=&quot]Ich brauche dich, ich brauche deine Hilfe. Wir alle brauchen deine Hilfe!
Ich flehe dich an!“


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[/FONT]​
Schon glaubte sie, alles Bitten wäre vergebens gewesen, und ein Gefühl der Verzweiflung stieg in ihr hoch,
als ein scharfer Luftzug durch die Halle fuhr und die Kerzen löschte.
Und dann sah sie erleichtert die schemenhaften Umrisse einer Gestalt durch die Statue schreiten,
[FONT=&quot]senkte den Kopf und verharrte in dieser Haltung, in der Erwartung, angesprochen zu werden.


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[/FONT]​
„Du hast mich gerufen, Zaide. Hier bin ich!“ sagte eine tiefe aber wohlklingende Stimme.
„Ich danke dir Gebieterin!“ erwiderte Zaide, richtete sich etwas auf, aber hielt den Blick weiterhin gesenkt,
um der Großen Gebieterin, Führerin des Rates der Fünf und Herrscherin ihres Volkes den Respekt zu erweisen.
„Seit wann bist du denn so förmlich?“ fragte die andere sarkastisch, ohne indes eine Antwort abzuwarten.
„Es muss schon etwas Außergewöhnliches geschehen sein, dass du dich gezwungen siehst, MICH zu rufen, wo du doch immer noch einen so großen Groll gegen mich hegst.
Und das, obwohl du damals doch bekommen hast, was du dir wünschtest.“
„Genau deshalb habe ich dich hergebeten. Ich, ....“ sie stockte und Reshanne runzelte die Stirn.
Zaides Verhalten war so ganz und gar untypisch, dass sie sich ernsthafte Sorgen zu machen begann.
„Sprich!“ befahl sie. „Was ist hier los? Und was hat das mit unserem Streit zu tun?“




++++++++++++++
Und wieder mal am Ende für heute. Hoffe, es gefällt euch.
 
Ich weiß nicht genau, woran es nun liegt, dass hier vollkommene Ruhe herrscht. Falls euch etwas nicht gefällt, wäre es schön, wenn ihr mir das auch sagen würdet. Wenn es gefällt, natürlich auch.

Nichtsdestotrotz mach ich jetzt erst einmal weiter, in der Hoffnung, dass vielleicht doch der eine oder andere etwas anzumerken hat.;)




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Reshanne nahm auf dem vergoldeten Stuhl Platz, der normalerweise der Herrin des Tempels vorbehalten war und gebot Zaide, es ihr gleich zu tun.
„Nun setz dich schon!“ wiederholte sie ihre Aufforderung, als Zaide noch immer zögerte. „Ich habe nämlich das unbestimmte Gefühl, dass man sich das,
was du mir zu sagen hast, besser im Sitzen anhören sollte.“ sagte sie mit einem leicht spöttischen Unterton.
Doch statt ihr nun eine ebenso spöttische Antwort zu geben, wie sie es gewöhnt war, nickte ihr Gegenüber nur stumm, bevor sie sich niederließ.



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Zaide warf einen vorsichtigen Blick auf die Gebieterin. Noch war diese ganz ruhig, aber das würde sich in den nächsten Momenten mit Sicherheit ändern.
Seit ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus hatte sie in ihren Gemächern hin und her überlegt, wie sie ihr die Wahrheit sagen sollte, doch jetzt fehlten ihr einfach die Worte.
„Nun?“ hörte sie Reshanne schon ungeduldig fragen. „Wie lange soll ich noch warten? Worum handelt es sich denn nun?“
Zaide holte tief Luft und räusperte sich.
„Es geht um Celia.“
„Das war zu vermuten. Immerhin war sie der Grund für unsere Auseinandersetzungen. Was ist mit ihr?“
„Sie hatte einen Unfall.“


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„Einen Unfall?“ wiederholte Reshanne ungläubig. „Wie bitte darf ich das denn verstehen?“
„Nun ja, sie hatte einen Zusammenstoß mit einem Auto, hat sich dabei den Kopf angeschlagen und ...“
Sie kam nicht weiter, denn Reshanne unterbrach sie bereits unwirsch.
„Ein Auto? Wie, um alles in der Welt konnte sie einen Zusammenstoß mit einem Auto haben?
Willst du damit etwa andeuten, dass sie in der Menschenwelt war?“
„Ja.“ sagte Zaide so leise, dass man es kaum hörte.
„Ich denke, dann schuldest du mir eine Erklärung, was sie dort zu suchen hatte.“ konstatierte Reshanne ungehalten.
„Sie ist noch viel zu jung dafür.“
„Ich fürchte, das war noch nicht alles.“
„Was denn noch? Ist sie verletzt? Kannst du sie nicht heilen?“


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„Nein, das bereitete Semira keine Schwierigkeiten. Aber Celia hat ihr Gedächtnis verloren.“
„Und?“ Reshanne vermochte Zaides Problem beim besten Willen nicht nachzuvollziehen.
„Warum hast du sie nicht in eines unserer sicheren Quartiere gebracht, wo sich Daria um sie kümmern kann, bis sie sich wieder erinnert?“
Immerhin gab es niemanden, der mehr über Krankheiten wußte, Verletzungen besser heilen konnte, als die Herrin der Erde,
Beschützerin der Natur und Gebieterin über deren Geschöpfe, ihre größte Heilerin und wie sie beide, Mitglied im Rat.
„Daria kann ihr nicht helfen.“ widersprach Zaide.
„Und ich kann dir nicht folgen. Du sprichst in Rätseln. Willst du nicht endlich zur Sache kommen?“
„Ich fürchte, ich muss dir viel mehr erklären, als nur den Unfall.“ gestand Zaide schließlich ein.
„Ich habe dich wegen Celia belogen, dich und auch alle anderen.“
Sie ignorierte geflissentlich das irritierte Heben der Augenbrauen ihrer Gebieterin, denn wenn sie jetzt nicht weiter sprach, fürchtete sie, würde sie es gar nicht mehr tun.


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Als sie endlich innehielt, herrschte Stille in der Halle, fassungslose Stille, man hätte die sprichwörtliche Nadel zu Boden fallen hören können.
„Ich kann einfach nicht glauben, dass du DAS getan hast!“ brach es erschüttert aus Reshanne heraus.
„Ausgerechnet du! Ein Mitglied des Rates! Und du setzt dich einfach so über unsere Gesetze hinweg! Hast du denn nicht EINMAL an die Konsequenzen gedacht?“
„Doch,“ flüsterte Zaide.
„Und trotzdem bist du diesen Pakt eingegangen? Wie konntest du nur? Weißt du eigentlich, was du damit angerichtet hast? In welche Gefahr du uns alle gebracht hast?“


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„Ich weiß!“ rief Zaide schmerzerfüllt. „Aber was hätte ich denn tun sollen? Du hast dich doch geweigert, mir zu helfen!“
„Und zwar aus gutem Grund! Oder was glaubst du, wozu die Gesetze der Großen Mutter da sind?
Unsere Welten können nun mal nur auf diese Weise existieren, und das bedeutet, dass Sterbliche bei uns nichts zu suchen haben!“
„Also hätte ich sie ihrem Schicksal überlassen sollen?“
„Ja!“ sagte Reshanne mit der gleichen Kälte, mit der sie auch damals Zaides Bitte abgelehnt hatte.
„Das Wohl eines einzigen Menschen kann, darf nicht über dem der beiden Welten stehen!“
[FONT=&quot]„Aber sie wäre gestorben!“


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„Wach auf, Zaide!“ rief Reshanne wütend und sprang von ihrem Stuhl auf. „Menschen sterben!
Manche früher, manche später, das ist ihr Los, der Lauf der Dinge seit Anbeginn der Zeit. Und auch du hast das nie in Frage gestellt!“
„Stimmt!“ Zaide war jetzt ebenfalls aufgesprungen. „Aber bei Celia musste ich es tun! Warum wäre ich sonst zu dir gekommen?
Wen hätte ich sonst um Hilfe bitten können, als dich, .... meine Schwester!“
[FONT=&quot] Zum allerersten Mal an diesem Tag sah sie der anderen Frau direkt in die Augen und streckte ihr, verzweifelt um Verständnis flehend, die Hand entgegen.


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„Ich war für Celia verantwortlich! Genau wie du! Aber du wolltest sie einfach im Stich lassen!“
„Ich habe gehandelt, wie es die Gesetze vorschreiben. Ich bin nicht wie du, ich war es nie.
Meine Pflicht gilt unserem Volk genauso wie den Menschen, allen Menschen! Nicht nur einem. Das hast du schon damals nicht verstanden.
Stattdessen hast du dich schmollend wie ein Menschenkind in deinem Tempel vergraben.
Selbst jetzt, wo du die Folgen deiner Uneinsichtigkeit vor Augen hast, machst du es mir immer noch zum Vorwurf.
Sieh es endlich ein! Alles hat seinen Platz im Leben, und Celias Platz war bei den Menschen, nicht bei uns!“
„Aber sie hatte doch niemanden mehr!“ wandte Zaide ohne Erfolg ein.
„Es tut mir leid,“ flüsterte sie letztendlich tonlos. „Es mag ein Fehler gewesen sein, aber, ... nachdem du....
[FONT=&quot]Ich wusste mir einfach keinen anderen Rat mehr. Ich wollte sie nicht verlieren.“


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„Du wolltest sie nicht verlieren!“ höhnte Reshanne. „Aber genau das wirst du jetzt. Sie verlieren.
Du hast einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, wie die Menschen sagen würden! Und wie recht sie hätten!
Deine Verzweiflung hat er ausgenutzt und dich betrogen. Für ein einziges Menschenleben hast du die Vernichtung unserer beiden Welten einfach in Kauf genommen!“
Sie schüttelte den Kopf. „Und all die Jahre hast du kein Wort darüber verloren.“
Entschlossen richtete sie sich wieder auf.
„Ich werde das vor den Rat bringen, und du wirst dich vor ihm verantworten, Zaide. Und inzwischen werde ich alles tun, was nötig ist, um den Schaden zu begrenzen.
[FONT=&quot]Und wenn ich alles sage, dann meine ich auch alles!“


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„Was hast du vor?“ rief Zaide ihr, erschrocken über den seltsamen Tonfall, nach, als sie sich abwandte.
Aber Reshanne antwortete ihr nicht.
„Du kannst jetzt nach unten kommen, Alyssa!“ sagte sie stattdessen, ohne die Stimme wieder zu erheben, und nur wenig später erschien das Mädchen auf der Treppe zur Galerie.
[FONT=&quot]„Komm her!“ befahl die Gebieterin. „Und du, Zaide, lässt uns allein! Sofort!“ fügte sie hinzu, um jede weitere Diskussion zu unterbinden.


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Ohne sich zu vergewissern, dass Zaide ihrem Befehl Folge leistete, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die inzwischen herbeigekommene Dienerin,
die sich verlegen dafür entschuldigte, gelauscht zu haben.
„Schon gut,“ wehrte Reshanne ab. „Ich schätze deine Loyalität, auch wenn sie in diesem Fall unangebracht gewesen ist.“
„Ich habe aus Liebe gehandelt, genau wie meine Herrin!“ versuchte Alyssa eine Erklärung, wurde aber gleich wieder unterbrochen.
„Vernunft wäre hierbei eher von Nutzen gewesen. Aber dich kann ich nicht dafür verantwortlich machen. Ich habe einen Auftrag für dich, den du umgehend ausführen wirst.“
„Ich stehe zu Eurer Verfügung, Gebieterin. Was habe ich zu tun?“
„Du sollst die Wächterin zu mir rufen!“
„Die Wächterin?!“ Alyssa konnte nicht verhindern, dass die Frage eher einem Schrei glich, so erschrocken, wie sie war.
„Ja, die Wächterin!“ bestätigte Reshanne ungerührt. „Und du wirst mit niemandem darüber sprechen, auch nicht mit deiner Herrin, hast du mich verstanden?“
Alyssa konnte nur noch nicken, bevor sie mit einer Handbewegung entlassen wurde.



++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
Das wars wieder für heute. Bis zur nächsten Folge.
LG
Nery
 
Hallo liebe Nery,

so, dann will ich auch mal meinen Senf ablassen - bin immer noch nicht wirklich fit, aber ich hoffe, es wird besser.

Was mich bei dieser Fortsetzung am meisten interessiert, ist die Gegenpoligkeit der beiden Schwestern. Nicht nur vom Äußeren her sind sie grundverschieden, auch innerlich. Reshanne vertritt den Standpunkt "Das Leben der Vielen ist wichtiger als der Einzelne" und Zaide "Der Einzelne darf niemals für die Vielen geopfert werden". Beide sind zutiefst überzeugt von ihrer Sicht der Dinge und können auch den anderen (noch?) nicht wirklich verstehen.
Mir drängt sich die Frage auf, wie Reshanne sich entwickelt hätte, wäre sie nicht Herrscherin geworden. Waren diese Wesenzüge und ihr Pflicht- und Verantwortungsbewußtsein schon immer ihre herausragenden Eigenschaften, die, egal welche Stellung sie eingenommen hätte, ihr Leben geprägt hätten, oder wurden die Anlagen durch die Bürde ihrer Stellung noch verstärkt und andere Entwcklungsmöglichkeiten zurückgedrängt?
Was wäre aus ihr geworden, wenn sie nicht Herrscherin geworden wäre?
Und wie hätte sich Zaide an Reshannes Stelle entwickelt und in ihrer Situation entschieden?
Zwei sehr schöne Charaktere sind das.
Und ich freue mich auch auf die Fortsetzung!

LG!
 
Alle scheinen glücklich und zufrieden zu sein, jedenfalls interpretiere ich das mal so und mache einfach weiter.

@Mela 1991: danke für's Interesse. :)


@Julsfels: Ich hoffe, du erholst dich bald. Du siehst, ich brauch dich hier dringend. %)
Das mit Zaide und Reshanne stimmt auffallend. Das war schon immer so, selbst als Reshanne noch nicht Herrscherin war. Im Verlaufe der Geschichte wird man ja noch einiges über das Wesen der beiden erfahren, also sag ich mal nicht zuviel, vielleicht nur soviel, den Job hat Reshanne nie gewollt, und ja, ihre angeborenen Eigenschaften wurden dadurch sehr verstärkt.
Ob Zaide wohl ihren Job hätte machen wollen?


Und hier nun die nächste FS, also viel Spaß.




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Sehr viel früher an diesem Tag, die Sonne war noch nicht aufgegangen, saß Nicolas Blandfort in seinem Büro im St. Michael’s
und schrieb noch an einigen Patientenakten.
Er hasste diesen Schreibkram, selbst wenn er notwendig war. Nur heute lag eine anstrengende Nachtschicht hinter ihm
und er wollte eigentlich nur noch auf dem schnellsten Weg in sein Bett.
Aber auch das war unmöglich, denn seine Mutter erwartete ihn zum Frühstück im Familienstammsitz, wo sie beabsichtigte,
die unterbrochene Diskussion vom vergangenen Abend fortzusetzen.
Er war nur dort gewesen, um seine kleine Schwester Arabella mal wieder in Schutz zu nehmen, weil sie in letzter Zeit für alles Mögliche Interesse zeigte,
[FONT=&quot]außer natürlich für die Schule. Und seine Mutter war darüber verständlicherweise nicht gerade begeistert.


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Er hatte die Wogen geglättet und wollte gerade gehen, als seine Mutter ihn zurückhielt.
„Weißt du, wer mich heute angerufen hat?“ fragte sie in einem Ton, der nichts Gutes verhieß, doch er antwortete ruhig:
„Nein, aber ich vermute, du wirst es mir gleich sagen.“
„Caroline!“
Natürlich, das hätte er sich ja denken können.
„Sollte mich das etwas angehen?“ fragte er so unbeteiligt es nur irgend ging.
Caroline Vandermere war nämlich so ziemlich das Letzte, worüber er an diesem Abend hatte reden wollen.
Bedauerlicherweise schien seine Mutter da anderer Meinung zu sein.
„Sie hat sich beklagt, dass du das Thema Verlobung bei Eurem letzten Dinner wieder einmal sehr geschickt vermieden hast. Warum, Nicolas?“
[FONT=&quot]Sie löste sich aus dem Türrahmen und kam zu ihm herüber.


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„Warum entschließt du dich nicht endlich zu heiraten? Caroline ist so ein reizendes Mädchen, hübsch, gebildet und aus bester Familie.“
„Und darauf legst du natürlich besonderen Wert, nicht wahr, Mamà? Wirklich, ich habe deine Vorliebe für die sogenannte gute Gesellschaft noch nie verstanden.“
„Und ich begreife deine Ignoranz nicht, mein Lieber. Natürlich ist es von Bedeutung, woher sie stammt.
Sie muss sich doch in unseren Kreisen bewegen können. Und das lernt man eben nicht so einfach.“
„Aber hältst du es denn nicht auch für weitaus wichtiger, Mamà, dass ich die Frau liebe, die ich einmal heirate? Und sie mich?“
„Sicherlich! Aber das schließt eine gute Herkunft doch nicht aus!“
„Nein, natürlich nicht.“ musste er zugeben und seine Mutter lächelte entzückt.
„Na bitte. Und jetzt erzähl mir nicht, du würdest nichts empfinden für Caroline! Ich habe doch Augen im Kopf.
[FONT=&quot]Sie liebt dich jedenfalls sehr. Das hat sie mir selbst gesagt.“


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„Hat sie das?“ Nicolas begann sich zunehmend unwohl zu fühlen, denn seine Mutter begann ihn auf ihre ganz eigene forschende Art anzusehen.
Man konnte ihr ja eine Menge nachsagen, aber dumm war sie keineswegs, und sie kannte ihren Sohn besser, als es manchmal den Anschein hatte.
„Nun?“ hakte sie nach.
„Ich weiß nicht, was ich für sie empfinde.“ gab er offen zu.
„Wird es dann nicht langsam Zeit, dir über deine Gefühle klar zu werden, mein Sohn?“
Das war keine Frage, sondern ein wohlgemeinter, wenn auch nicht zum ersten Mal erteilter Rat. Er nickte ergeben und gab seiner Mutter einen Kuss.
„Tut mir leid, Mamà, ich würde das Thema ja gern weiter erörtern, aber im Krankenhaus warten ein paar Patienten auf mich.“
Leider war seine Mutter diesmal nicht gewillt, das Thema einfach so fallen zu lassen.
[FONT=&quot]Zwar gab sie ihm den Kuss zurück, jedoch nicht ohne ihn zum Frühstück am nächsten Morgen zu sich zu bestellen.


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„Wir haben noch so einiges zu bespechen!“ Dieser Satz klang ihm die ganze Nacht in den Ohren. Einiges!
Dass er nicht lachte. Caroline Vandermere und seine Verlobung mit ihr waren das einzige Thema, abgesehen von Arabellas Eskapaden,
das seine Mutter derzeit beschäftigte. Dabei hatte Nick doch wirklich wichtigere Probleme.
Seine Amnesiepatientin, zum Beispiel. Sie hatte bereits geschlafen, als er seine Schicht antrat.
Aber Dr. Winters, die auf seine Bitte hin ihre Betreuung übernommen hatte, versicherte ihm, es ginge ihr den Umständen entsprechend gut.
Dennoch, bevor er die Klinik verließ, wollte er lieber selbst nach ihr sehen.


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Celia war gerade aus einem tiefen, aber traumgequälten Schlaf erwacht. Seltsame, wirre Bilder hatten sich in rasender Folge in ihrem Kopf gedreht.
Unklare Bilder, die sie nicht verstand, die ihr aber Angst machten.
Einen Moment sah sie sich verwirrt in dem dunklen Zimmer um. Wo war sie hier?
Durch das Fenster sah sie die langsam verblassenden Sterne.
[FONT=&quot]Fast automatisch griff sie nach dem Lichtschalter und sofort war der ganze Raum von Licht überflutet.


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Sie versuchte aufzustehen, musste sich aber gleich wieder setzen, weil sich in ihrem schmerzenden Kopf alles zu drehen begann.
Ihr Hals brannte, ihr Körper fühlte sich an, als wäre sie gegen eine Mauer gelaufen. Was war nur mit ihr passiert?
Ihr Blick wanderte über die kühle Einrichtung und blieb an einem Wandschränkchen hängen, auf dem ein großes rotes Kreuz prangte.
Sie war in einem Krankenhaus! Und auf einmal fiel ihr der Unfall wieder ein.
Sie war nicht gegen eine Mauer gelaufen, sondern direkt in ein Auto.
[FONT=&quot]Das hatte man ihr zumindest gesagt.


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Sobald sich der kreisende Wirbel in ihrem Kopf etwas beruhigt hatte, ging sie mit unsicheren Schritten zu dem Waschbecken an der gegenüberliegenden Wand,
füllte das auf dem Rand stehende Glas mit Wasser und trank es in einem Zug aus. Als sie es wieder abgestellt hatte, fiel ihr Blick in den Spiegel.
Große, fragende Augen leuchteten ihr entgegen
„Wer bist du?“ fragte sie ihr Gegenüber.
„Weißt du es nicht?“
„Nein!“
„Dann wirst du es herausfinden müssen, für uns beide!“
Ihr Spiegelbild schüttelte traurig den Kopf, oder war sie es selbst?
[FONT=&quot]Irritiert wandte sie sich ab, lief ein paar Schritte ziellos im Zimmer umher, um schließlich an der Terrassentür stehenzubleiben.


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Wie lange befand er sich jetzt schon vor dieser Tür und starrte die Klinke an, zwei Minuten, fünf? Warum ging er nicht endlich hinein?
Wenn Schwester Carol aus dem anderen Zimmer kam, wäre sie mit Sicherheit sehr erstaunt, ihn immer noch hier vorzufinden.
Dabei gab es keinen Grund für sein Zögern. Er war Arzt, sie seine Patientin. Also was hielt ihn davon ab, hineinzugehen?
War es dieses merkwürdige Gefühl, dass ihn nicht mehr losließ, seit sie im OP die Augen aufgeschlagen hatte?
Oder fühlte er sich einfach unsicher, weil er sie angefahren hatte, obwohl ihn inzwischen selbst die Polizei von jeder Schuld freigesprochen hatte.
[FONT=&quot]Er hörte Schritte hinter der zweiten Tür. Schwester Carol kam zurück. Er gab sich einen Ruck und klopfte leise an.


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Das Zimmer war hell erleuchtet, das Bett leer. Das Mädchen stand am Fenster und wandte sich langsam um, als er eintrat.
„Guten Morgen“, sagte er, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte und sah zu seiner Patientin hinüber.
„Meine Schicht ist zu Ende, und ich wollte noch einmal nach Ihnen sehen. Wie geht es Ihnen?“ fragte er, ganz Arzt. „Haben Sie etwas schlafen können?“
„Ja, danke, .... Doktor....?“ Ihre Frage war überdeutlich und so half er ihr auf die Sprünge.
„Ich bin Nicolas Blandfort. Sie hatten einen Zusammenstoß mit meinem Auto.“
„OH, das waren Sie?! Tut mir leid, aber im Augenblick herrscht in meinem Kopf eine riesige Lücke, fürchte ich. Und nicht nur da.“
Sie lächelte ihn verhalten an. Fasziniert beobachtete er, wie ihre Augen sofort zu strahlen begannen.
„Wo denn noch?“ fragte er und lächelte zurück.
[FONT=&quot]„In meinem Magen. Es fühlt sich an, als hätte ich seit Tagen nichts mehr gegessen.“


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„Nun, dem kann man leicht abhelfen. Es ist zwar noch nicht Zeit für das Frühstück, aber es ist bestimmt schon jemand in der Küche.“
Bei dem nun folgenden Telefonat hatte Celia Gelegenheit, den jungen Arzt von seiner charmanten Seite kennen zu lernen.
Er musste gar nicht lange reden, ein paar freundliche Worte genügten, und Celia wusste, dass man ihm am anderen Ende der Leitung seine Bitte nicht abschlagen konnte.
[FONT=&quot]„Setzen Sie sich hin, ich bin gleich wieder da!“ sagte er, nachdem er aufgelegt hatte und verschwand durch die Tür.


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Als er zurückkam, trug einen dampfenden Teller in der Hand, der einen köstlichen Duft verströmte.
„Tut mir leid, dass es doch etwas länger gedauert hat“ entschuldigte er sich, obwohl bestimmt nur ein paar Minuten vergangen waren.
„Lassen Sie es sich schmecken. Und alles aufessen, Sie müssen wieder zu Kräften kommen. Anweisung des Arztes!“
[FONT=&quot]Wer hätte diesem strahlenden, gewinnenden Lächeln widerstehen können, zumal das Hungergefühl immer stärker wurde.


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Celia jedenfalls ließ sich nicht lange bitten, dazu roch es zu verführerisch.
„Und schmeckt’s?“ fragte Nicolas, nachdem sie den ersten Bissen zu sich genommen hatte.
„OH JA! Ist das Essen hier immer so gut?“
Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich esse nur selten mal in der Cafeteria. Zu wenig Zeit!“
„Das ist aber bestimmt nicht gesund, oder, Doktor?“ Sie warf ihm unter ihren langen schwarzen Wimpern einen schelmenhaften Blick zu und Nicolas musste lachen.
„Nein, bestimmt nicht.“ gab er ihr recht.
[FONT=&quot]Und dann bat sie ihn, sich doch für einen Moment zu ihr zu setzen.


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„Tun Sie das eigentlich öfter, Doktor Blandfort, ihren Patienten etwas zu essen zu besorgen?“ fragte sie ihn, nachdem er Platz genommen hatte.
„Na ja. Ich kann sie ja schließlich nicht verhungern lassen, nicht wahr?“ erwiderte er scherzhaft.
„Und warum die Nachtschwester bemühen, wenn ich sowieso gerade hier war. Apropos, Sie haben mir noch gar nicht gesagt, wie es Ihnen heute morgen geht.
Noch immer Kopfschmerzen?“
„Rasende! Sieht ganz so aus, als sollte ich mich in nächster Zeit von Autos fernhalten.“
„Zumindest die Zusammenstöße mit ihnen sollten Sie vermeiden.“ ging er auf ihren leichten Ton ein, wurde aber gleich wieder ernst.
[FONT=&quot]„Sie hatten großes Glück. Wäre ich schneller gefahren, hätten Sie vermutlich schwere Verletzungen davongetragen.“


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„Sie haben recht, aber nicht zu wissen, wer ich bin, reicht mir völlig.“
„Sie werden sich wieder an alles erinnern. Sie müssen nur etwas Geduld haben.“
„Das sagt sich so leicht. Als ich vorhin auf die Patientenkarte am Fuß des Bettes gesehen habe, stand da „Jane Doe“. Dieser Name gefällt mir überhaupt nicht.
Wer ist nur auf diese Idee gekommen? Stellen Sie sich vor, wie viele Frauen für immer mit demselben Namen leben müssen. Das macht mir Angst.“
„Das muss es nicht. Die Polizei wird bestimmt bald herausfinden, wer Sie sind. Wahrscheinlich wohnen Sie hier irgendwo in der Nähe.
Immerhin können Sie nicht einfach vom Himmel gefallen sein, auch wenn es für einen Moment ganz so aussah.
Und wenn wir erst mal Ihren Namen wissen und Sie sich wieder in ihrem gewohnten Umfeld befinden, werden Sie sich bald erinnern.“
[FONT=&quot]Seine sanft klingende Stimme flößte Vertrauen ein und so aß sie in Ruhe zu Ende.


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„Und jetzt,“ sagte er, als sie fertig war, „sollten Sie sich noch etwas hinlegen. Was Sie vor allem brauchen, ist Ruhe.
Und auf gar keinen Fall eine Erkältung.“ fügte er nach einem bedeutsamen Blick auf ihre nackten Füße hinzu und wandte sich zum Gehen.
„Ich glaube, ich mag ihn!“ dachte sie bei sich, während sie ihm nachsah. Laut aber rief sie: „Danke, Doktor Blandfort.“
Beinahe hätte er sich umgedreht und sie gebeten: „Nennen Sie mich Nicolas.“
Aber das wäre nun wirklich zu weit gegangen. Dafür war es noch viel zu früh. Zu früh?
Was zur Hölle dachte er hier eigentlich? Sie war seine Patientin!





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So, das war's für heute wieder.
Wie immer hoffe ich auf eure Reaktionen.
 
Ok, keine Reaktion.
Ich grübel wohl besser nicht, ob das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen ist und mache erst einmal weiter.


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Da war sie also nun, dort am Ende der Halle stand Marhala, die Wächterin in aufrechter Haltung.
Alyssa sah sich scheu aber auch neugierig um, denn sie war in den fast dreihundert Jahren, die sie Zaide nun schon diente,
noch nie hier gewesen. Niemand betrat diesen Ort ohne ausdrückliche Zustimmung Reshannes.
Würde es dennoch jemand wagen, so hätte er kaum noch Gelegenheit, es zu bereuen,
denn der Zorn der Wächterin würde den Frevler allzu schnell ereilen. Sie sei, so hatte man Alyssa erzählt,
eine der ältesten ihres Volkes, eine Vollstreckerin, die nur dem Willen der Herrscherin diente.
Wurde sie nicht gebraucht, schlief sie in diesem Tempel und verlängerte auf diese Weise ihr ohnehin schon langes Leben.
[FONT=&quot]Es hieß, sie habe vor Reshanne bereits zwei anderen Herrscherinnen gedient. Das allein erfüllte Alyssa mit tiefer Ehrfurcht.


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Ganz langsam und bemüht, keine Geräusche zu machen, obwohl ihr die Unsinnigkeit ihres Tuns durchaus bewusst war,
ging sie auf die Wächterin zu, die still und reglos, einer Statue gleich auf ihrem Platz verharrte.
Doch ihre Augen waren weit offen und starrten sie direkt an!
Alyssa schrak zurück. Niemand hatte sie darauf vorbereitet. War Marhala etwa schon erwacht?
Aber nein, weder veränderte sich ihr Blick, noch rührte sie sich, und trotzdem hatte Alyssa das untrügliche Gefühl,
die Wächterin würde sehr wohl alles um sich herum wahrnehmen.
Für einen winzigen Moment, der hier, an diesem unwirklichen Ort, aber wie eine Ewigkeit erschien, wagte es Alyssa tatsächlich,
darüber nachzudenken, Reshannes Befehl nicht zu befolgen. Warum nur ausgerechnet die Wächterin?
[FONT=&quot]Was sollte sie für Reshanne tun? Wenn ihre Herrin das erfuhr, es würde sie keinesfalls beruhigen.


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[/FONT]​
Ganz plötzlich verspürte sie einen Luftzug, der durch die Halle pfiff, obwohl alle Fenster und Türen geschlossen waren,
als ob sie jemand an ihre Pflicht erinnern wollte.
Alyssa hielt es für besser, sofort mit dem Erweckungsgebet zu beginnen, bevor, wer auch immer diesen Ort beschützte, sie für einen Eindringling hielt.
Zunächst noch zaghaft, doch dann immer lauter sprach sie die Worte, welche Reshanne sie gelehrt hatte.
Schon nach der ersten Zeile begann der Boden unter ihr zu vibrieren und sie vernahm ein erst fernes, aber stetig näher kommendes Grollen.
Doch dann... mit einem Schlag war wieder alles still, beklemmend still.
Und eine Stimme, die aus jeder Ecke der Halle und zudem direkt aus ihrem Kopf zu kommen schien, fragte ungehalten:
„Wer bist du, und warum hast du mich geweckt?“


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Der Klang der Stimme bereitete Alyssa große Schmerzen, die jedoch nur ein Vorgeschmack dessen waren,
was sie erwartete, falls sie die falsche Antwort gäbe. Wie dankbar sie sein konnte, dass sie jetzt in der Lage war,
mit ausgestreckten Händen und tief gesenktem Kopf Marhala das Siegel der Herrscherin zu präsentieren.
„Mein Name ist Alyssa, oh große Wächterin! Ich komme im Auftrag Reshannes.“
Der Schmerz versiegte, und als die Wächterin nun antwortete, klang ihre Stimme vollkommen normal und sogar angenehm.
„Ich erkenne das Siegel an.“ sagte Marhala. „Wenn die Nacht hereinbricht, werde ich der Gebieterin meine Aufwartung machen.“
Alyssa wagte es endlich, den Kopf zu heben und sie anzusehen. Freundlich, beinahe wohlwollend sah die Wächterin auf sie herunter.
„Verzeiht, aber ich sollte Euch noch sagen, dass sie zur Zeit ...“
„Im Tempel der Ewigkeit ist, ich weiß.“ beendete die Wächterin ihren Satz. Alyssas Erstaunen schien sie zu amüsieren.
„Zwischen der Herrscherin und mir besteht eine Verbindung. Sobald ich erwacht bin, weiß ich sofort, wo sie sich aufhält.
Und nun geh und melde ihr meine Ankunft.“


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Alyssa kehrte in ihren eigenen Tempel zurück, zog sich um und wartete auf den Einbruch der Nacht. Ihre Herrin hatte sich,
so erfuhr sie von Semira, in ihren Gemächern eingeschlossen.
Wie verzweifelt sie sein musste, konnte sie trotz ihres Wissens nur erahnen.
Was würde sie erst sagen, wenn sie von der Wächterin hörte?
Marhala kam pünktlich, gerade als die letzten Sonnenstrahlen der Erde gleichsam einen warmen Abschied gaben.
Alyssa betrat die Halle und begab sich zu Reshanne, die sie bereits erwartete.
„Sie ist hier, Gebieterin.“ teilte sie ihr mit, während sie leicht den Kopf senkte.
Reshanne atmete tief durch, bevor sie befahl: „Führe sie herein!“
[FONT=&quot]Alyssa neigte, zum Zeichen, dass sie verstanden hatte, den Kopf und tat, wie ihr geheißen.


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Wie jeder andere auch, der sich der Herrscherin näherte, kniete die Wächterin vor Reshanne nieder.
„Ich stehe zu deiner Verfügung, Gebieterin. Was befiehlst du mir zu tun?“
Doch statt ihr zu antworten, gebot sie ihr lediglich, sich zu erheben und wandte sich zuerst an Alyssa.
„Danke, ich brauche dich jetzt nicht. Warte vor der Halle auf meine weiteren Befehle.“
Alyssa verneigte sich und ging, wenn auch schweren Herzens.
„Alyssa?“ wurde sie noch einmal zurückgerufen. „Diesmal wirst du nicht auf der Galerie bleiben und lauschen, hast du verstanden?“
Wieder verneigte sich das Mädchen und ging zur Tür.
[FONT=&quot]Sie hatte tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, aber nach dieser eindeutigen Warnung wäre das Wahnsinn gewesen.


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„Ich habe einen sehr wichtigen Auftrag für dich, Marhala!“ begann Reshanne, während Alyssa sich entfernte.
„Du darfst unter keinen Umständen versagen, unsere Welt und die der Menschen steht auf dem Spiel.“
„Nun, um die Menschen wäre es sicher nicht schade.“ entgegnete Marhala verächtlich.
„Sie sind durch und durch schlecht, verlogen, gierig, neidisch und boshaft.“
„Ich kenne deine Meinung, und ich teile sie, aber du musst sie jetzt in deinem Innern begraben.
Dein Urteilsvermögen und deine Wachsamkeit dürfen nicht durch Vorurteile beeinträchtigt werden. Oder du wirst scheitern!“
„Darf ich fragen, worin mein Auftrag besteht?“
„Du sollst in die Menschenwelt gehen und dort jemanden für mich im Auge behalten.“
Marhala runzelte angewidert die Stirn. Die Menschen!
Sie besaßen keine Achtung vor dem Leben, vor dem, was ihnen die Große Mutter in ihrer Güte beschert hatte.
Sie brachten ihrer Welt nur Tod und Zerstörung, aber dass sie jetzt auch eine Gefahr für ihre eigene Welt sein sollten,
vermochte sie nicht so recht zu glauben.


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„Von wem sprecht ihr, Gebieterin?“
„Es geht um Celia!“ Wahrlich, nichts hätte Marhala in größeres Erstaunen versetzen können.
„Celia ist bei den Menschen? Wieso das denn? Wie konnte Zaide das zulassen?“ Sie sah sich einen Moment suchend um. „Ist sie etwa auch dort?“
Reshanne schüttelte den Kopf und erzählte der Wächterin auf die Schnelle, was sie ihrer Meinung nach wissen musste.
Wie nicht anders zu erwarten war, zeigte sich auch Marhala entsetzt von Zaides Handeln.
„Was genau erwartet Ihr jetzt von mir, Herrin?“
Reshanne erhob sich und trat nah an sie heran.


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„Ich möchte, dass du auf sie aufpasst. Nur du kannst sie aufhalten, sollten Ihre Kräfte plötzlich hervorbrechen.
Aber du sollst noch mehr tun. Ich möchte, dass du dafür sorgst, dass sie sich sowenig wie möglich an unsere Welt erinnert.
Sie soll Gefallen am Leben der Menschen finden. Ich möchte, dass sie sich ein solches Leben wünscht.
Nur dann wird sie sich aus freien Stücken dafür entscheiden.“
„Das verstehe ich nicht. Wäre es nicht besser, ihr Gedächtnis wiederherzustellen, damit sie mit mir zurückkehren kann?“
„Nein!“ wehrte Reshanne entschieden ab. „Das darf nicht geschehen! Unter keinen Umständen darf sie unsere Welt wieder betreten.
Sie muss sich für die Menschen entscheiden!“
„Verzeiht meine Frage, Gebieterin, aber wieso?“
„Weil sie nur dann ihre Kräfte verliert. Sie MUSS darauf verzichten. Sie MUSS! Hast du verstanden?“


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Marhala nickte. Noch nie hatte sie Reshanne derart besorgt erlebt, ja sie schien regelrecht Angst zu haben,
Angst vor einem kleinen Mädchen, das mit seinen zweihundertsechsunddreißig Jahren gerade erst der Kinderstube entwachsen war!
„So kannst du nicht gehen.“ konstatierte Reshanne nach einem kritischen Blick.
“Auch wenn es dir nicht behagt, aber du wirst wenigstens nach außen hin eine etwas menschlichere Gestalt annehmen müssen.“
Sie wartete Marhalas Zustimmung gar nicht erst ab, sondern hüllte sie in einen leuchtenden Nebel ein,
der sie bald gänzlich umschloss, für einen Moment in die Luft empor trug und verwandelt wieder absetzte.
[FONT=&quot]„Und nun mach dich auf den Weg und enttäusche mich nicht!“


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„Wer ist das?“
Reshanne, die sich gerade von Marhala verabschiedet hatte, schrak zusammen.
„Was machst du hier?“ fragte sie ungnädig. „Ich hatte dir doch wohl deutlich zu verstehen gegeben,
dass du hier nichts zu suchen hast im Augenblick?“
„Das ist immer noch mein Tempel, ... Schwester!“
Gerade das letzte Wort hatte Zaide besonders betont, als sie aus dem Schatten ins Licht trat.
„Du hast mich nicht als Schwester gerufen, Zaide!“ erwiderte Reshanne äußerst reserviert.
„Und ich bin nicht als Schwester gekommen, sondern als deine Gebieterin.
[FONT=&quot]Es wäre sicher angebracht, wenn du dich daran erinnern würdest!“


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Zaide ließ sich nicht beirren.
„Ich habe dich gefragt, wer da eben weggegangen ist, Reshanne. Und lüge mich nicht an. Ich bitte dich!“
„Ich denke nicht daran, dir irgendetwas zu sagen!“
„Warum nicht? Wen, wenn nicht mich, ginge es etwas an, was du vorhast?“
„Dich am allerwenigsten! Du hast mit deiner Unvernunft ausreichend bewiesen,
wie wenig du in der Lage bist, Situationen wie diese zu meistern!“
„Warum willst du es denn nicht verstehen, dass ich nicht anders konnte? Was hättest du denn an meiner Stelle getan?“
„Das Richtige! Ich hätte das Richtige getan und sie dort gelassen, wo sie hingehörte.
Aber du, DU hast dich von deinen Gefühlen leiten lassen!“
„Was ist so falsch daran? Wir erlauben uns viel zu selten, unseren Gefühlen nachzugeben. Und was haben wir davon?
Wir erstarren langsam, unsere Herzen gefrieren, wir sehen weder Freud noch Leid der anderen, es interessiert uns nicht mehr!
Wie können wir dann noch für die Welten sorgen?“


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„Zaide, hör auf!“ verlangte Reshanne.
„Ich werde jetzt auf gar keinen Fall eine Diskussion über unsere Existenz mit dir führen, vor allem nicht nach dem,
was du getan hast. Im übrigen wäre ich dir dankbar, wenn ich jetzt ein wenig allein sein könnte! Bitte geh!“
Obwohl ihre Stimme sich etwas müde anhörte, glich diese Bitte eher einem Befehl.
Und mit Befehlen hatte Zaide seit jeher große Probleme.
„Ich werde nicht gehen, Reshanne.“ sagte sie entschlossen. „Ich lasse nicht zu, dass du mich einfach ausschließt.“
„Wieso sollte ich das nicht tun?“ fragte ihre Schwester gereizt. „Immerhin bist du schuld an dieser....“ sie suchte nach dem richtigen Wort,
„... dieser dermaßen verfahrenen Geschichte, dass nicht einmal ich sie allein aus der Welt schaffen kann!“
Zaide zuckte zusammen. „Was soll denn das heißen?“
Doch Reshanne antwortete nicht, sondern hüllte sich stattdessen selbst in den gleichen leuchtenden Nebel ein,
wie zuvor Marhala und ihre Flügel verschwanden. Dann wandte sie sich einfach um.


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„Zum letzten Mal, Zaide.“ sagte sie, während sie davonging. „Du wirst dich von jetzt ab aus der Sache heraushalten!“
Für einen Moment blieb Zaide wie betäubt stehen.
Reshannes Worte konnten im Grunde nur eines bedeuten, sie hatte noch jemanden in ihr Geheimnis eingeweiht,
jemand, dem sie absolut vertraute, der ihr helfen sollte.
Und da kam eigentlich nur eine in Frage. Doch diese Vorstellung erfüllte sie regelrecht mit Entsetzen.
„Das hast du nicht getan!“ rief sie der Schwester nach und eilte ihr durch die Halle hinterher.
„Reshanne! Du hast doch nicht Marhala gerufen, doch nicht sie! Was hast du vor? Was hast du ihr aufgetragen? Reshanne!“


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Zaide lief an ihr vorbei, die Stufen hinunter und baute sich vor ihr auf.
„Warum ausgerechnet Marhala? Jede andere hätte sich genauso um Celia kümmern können!“ rief sie.
Reshanne blieb stehen und sah mit unbewegter Miene über sie hinweg, als überlege sie,
ob sie die Schwester überhaupt noch einer Antwort würdigen sollte.
„Eben nicht!“ meinte sie schließlich.
„Wieso nicht? Sie ist doch nur ein unschuldiges junges Mädchen?“
„Ein Mädchen? Ja, aber eines, dessen Macht sich immerhin als stark genug erwiesen hat, um die Barrieren zu überwinden,
mit denen du sie hier festgehalten hast! Sieh es ein, du kannst sie nicht mehr vor ihm beschützen.
Sie ist jetzt schon stärker als DU! Du weißt es, oder weshalb hast du mich gerufen?
Und jetzt verlangst du, ich solle tatenlos dabei zusehen, wie ihre Kräfte weiterwachsen, bis niemand sie mehr kontrollieren kann?“
„Nein, natürlich nicht! Aber ich dachte, du würdest ihr helfen, statt sie zu vernichten!“
[FONT=&quot]Entäuscht wandte sich Zaide ab.


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[/FONT]​
„Ich will sie nicht vernichten!“
Reshanne verlor die Geduld.
„Ich will, ich muss nur verhindern, dass sie ihm in die Hände fällt! Hättest du ihr die Wahrheit gesagt,
oder irgendeinem von uns, wäre sie nicht weggelaufen.
Hier, auf unserem eigenen Territorium hätten wir sie beschützen können, aber in der Menschenwelt ist sie eine leichte Beute für ihn.“
Ganz bewusst verschwieg sie der Schwester ihre Befürchtung, dass er sie womöglich bereits gefunden hatte,
dass dieser Unfall, so wie Zaide ihn geschildert hatte, womöglich auf sein Konto gegangen war.
„Und was willst du dagegen tun?“ fragte ihre Schwester aufgebracht.
„Alles was nötig ist, das sagte ich bereits.“
„Was nötig ist, oder was du willst?“ Das war schon keine Frage mehr, sondern eine offene Beleidigung.
„Du wirst ungerecht, Zaide!“ entgegnete sie im Bemühen, ruhig zu bleiben. „Ich liebe sie genauso wie du!“
Doch Zaide lachte bitter auf. „Und deshalb schickst du ihr Marhala hinterher? Um sie zu töten?“
„Nur wenn ich keine andere Wahl habe! Und nur weil du damals nicht fähig warst und es auch heute noch nicht bist,
muss ich diese Wahl für dich treffen!“ Reshanne sah auf ihre Schwester hinunter, aber die weigerte sich noch immer, sie anzusehen.
„Auch gut!“ meinte die Herrscherin nach einigem Schweigen und wandte sich zum gehen.
„Du weißt, wo du mich findest. Und wage es nicht, die Menschenwelt zu betreten!“


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Bevor Reshanne den Tempel verließ, suchte sie noch einmal die beiden Dienerinnen auf, die in einem kleinen Pavillon unruhig ihrer Herrin harrten.
Um Semira machte sie sich weniger Gedanken. Zaides Schmetterling hatte viel zu viel Respekt vor ihr, als dass sie etwas gegen ihren Willen tun würde.
Bei Alyssa hingegen sah die Sache anders aus. Es war nicht üblich, einen Menschen länger als dreihundert Jahre in seinen Diensten zu lassen,
aber Zaide behielt das Mädchen bei sich, mehr als Freundin, denn als Untergebene.
Was immer ihre Herrin verlangen würde, Alyssa würde jede Regel brechen, sollte es nötig sein.
Und dem galt es jetzt einen Riegel vorzuschieben.
„Ich möchte dich noch einmal an deine Anweisungen erinnern!“ sagte sie,
nachdem sie Semiras respektvollen Gruß mit einem gnädigen Kopfnicken zur Kenntnis genommen hatte.
„Celias Schicksal liegt nicht länger in den Händen deiner Herrin. Diesmal wirst du dich daran halten,
wenn du deinen Platz im Licht nicht aufs Spiel setzen willst. Du weißt selbst am besten, was mit den verdammten Seelen geschieht.
Also zwing mich nicht dazu, dich zu verstoßen. Das täte mir leid!“
Alyssa sagte nichts, senkte nur den Kopf zum Zeichen, dass sie verstanden habe. Und Reshanne ließ es dabei bewenden.


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Nur wenig später, Reshanne hatte den Tempel gerade verlassen, kam Zaide zu den beiden Mädchen.
Besorgt und tieftraurig ließ sie sich auf dem Schemel im Pavillon nieder.
„Ihr wisst es also!“ Ein Blick in das Gesicht ihrer Herrin genügte Alyssa, um das zu erkennen.
„Es tut mir leid, dass ich Euch nicht vorwarnen konnte, aber sie hatte es mir verboten.“
Zaide winkte ab. „Schon gut. Du hast richtig gehandelt. Es reicht, wenn ich mir ihren Zorn zuziehe.“
Nun erzählte ihr Alyssa von Reshannes Anweisung.
„Sie hat ihr offen gedroht!“ flüsterte Semira, noch immer sowohl erschrocken als auch seltsam empört, und warf sich Zaide zu Füßen.
„Aber das ist uns egal. Wir werden Euch helfen, wo immer wir können!“
Alyssa und Zaide sahen sie beide gleichermaßen überrascht an. Selbst Semira schien ihr eigener plötzlicher Mut zu erstaunen.
Ihr Mund verzog sich zu einem verlegenen Lächeln. „Also? Sollen wir uns auf den Weg machen?“
„Nein!“ lehnte Zaide ihr Angebot ab. „Es hätte wenig Sinn. Denk an den Unfall. Ihr könntet sie zwar beobachten, doch das würde nicht reichen.“
„Aber....“
„Ich weiß, Ihr meint es gut, und ich bin Euch beiden sehr dankbar. Aber Ihr seid beide tot. Nur meine Kraft hält Euch in dieser Welt, nur hier könnt ihr Gestalt annehmen.
In der anderen Welt seid ihr kaum mehr als Geister. Ihr könnt sie als meine Boten betreten aber nicht mehr als Menschen.
Das hier ist etwas, dass ich allein in Ordnung bringen muss!“
„Können wir denn gar nichts tun?“ fragte Alyssa beinahe verzweifelt.
„Doch! Erfüllt eure Aufgaben, als wäre nichts geschehen. Und seid blind und taub für alles andere!“




++++++++++++++++
Das Ende für heute.
Hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen. Falls es jemandem zuviel Text ist, kann er es gern sagen. Ich schreibe halt gern. ;)
Bis zum nächsten Mal!


 
Zuletzt bearbeitet:
Hallö Nerychan. :)

Ich kann mich Julsfels nur anschließen: Es ist toll, das hier nochmal von Anfang an zu lesen. Ich merke dabei wieder, wie sehr mich deine Story begeistert. :)

Ich finde nicht, dass es zuviel Text ist. Wenn es weniger wäre, wäre es schwieriger darzustellen, wie anders die E-loi sind und welche Ausmaße ihr Verhalten auf die Menschenwelt hat. ;)
Außerdem les ich zu gerne, als das es mich stören würde. =)

Also, nur weiter so und lass dich nicht entmutigen. :)

Ganz liebe Grüße
Llyn
 
Liebe Nerychan!


Ich finde deine FS großartig, bin ganz froh, sie hier nochmal happenweise von Anfang an zu bekommen, weil ich es drüben nicht gepackt habe, sie zu lesen :)

Ich finde es toll, wie Du diese Geschichte schreibst - mal in jener Welt, mal in dieser, von Anfang an lässt Du dieses große Geheimnis einfließen, ohne es wirklich zu erklären, was den Spannungsbogen kontinuierlich oben hält.

Deine Figuren sind toll. Nicht nur vom "Design" her und den Bildern - die Mühe erkenne ich mehr als an, wie lange muss es gedauert haben, das alles zusammen zu sammeln und aufzubauen usw. - sondern auch von der Tiefe. Da sind Konflikte zwischen Familienmitgliedern, KOnflikte in Glaubenssätzen, in ethnischen Ansichten usw.

Diese Story hat eigentlich alles, was eine gute Story braucht. Und zwar von Anfang an. Ich kann von daher gar nicht begreifen, wieso Du so wenig KOmmis hast :( Kann Dich aber gut verstehen, weil es mir anfangs hier leider genauso ging und sich das nun auch nicht gerade sehr viel gebessert hat.

Aber mich hast Du als treue Leserin gewonnen und sofern es geht, werde ich auch immer einen Kommi dalassen, versprochen!


Dein Schreibstil ist auch sehr schön. Du schreibst flüssig und fehlerfrei und bildhaft. Ich sehe absolut nichts, was Deiner Story fehlt. Ganz im Gegenteil! :hallo:


Liebe Grüße
Innad



P.S. Benachrichtigst Du? Wenn ja, dann wäre ich dankbar, wenn Du mich mit in die Liste nähmst. Wenn nicht, dann schau ich einfach so rein oder abonniere! :)
 
Hallo!
Zeit für das nächste Update.
Ganz lieben Dank erstmal euch für die Kommis. Da fühlt man sich doch gleich wieder besser! %)


@Innad: Schön, dass du jetzt doch dazu kommst. Da hat es sich gelohnt, hier noch einmal von vorn anzufangen.
Mühe macht es schon mit den Bildern (wem sag ich das), aber ich hab auch viel Spaß dabei, es ist einfach toll, was man so alles erschaffen kann, damit die Welt, die man sich so vorstellt, vor dir entsteht.
Was die Konflikte betrifft, ich liebe Dramen, da kommt noch so einiges, und die letzten Geheimnisse lüften erst die letzten Folgen.
Danke für den Kommentar, das hilft sehr. Nur weil sie im Grunde fertig ist, heißt das ja nicht, dass man sich nicht noch verbessern könnte. %)
Und ich schick dir gern eine Nachricht, wenn du möchtest.


@Llynya: Genau das ist das Problem, ohne den Text wären viele Dinge nicht so nachvollziehbar. Nur damit es besser verteilt ist, ständig Bilder mit dem gleichen Geschehen zu zeigen, ist dann auch nicht besser. Und ich lese auch gern. (freu mich schon auf dein nächstes Projekt)
Entmutigen ist nicht, dafür gibts ja euch!:)


@Marf: Danke schön. Die ganze Zeit hat es mich etwas abgeschreckt, all meine Bilder klein machen zu müssen, gerade wegen der vielen Details. So manches spielt ja für die Geschichte auch eine Rolle, und wenn man es dann nicht richtig sieht, ist es schon schade.
Und auch hier im Gelben noch einmal danke für die vielen unschätzbaren Tipps wegen der Bilder. Ich hoffe auf mehr. (ich bin ja so egoistisch :lol:)
Auch bei der neuen, der historischen. Keine Sorge, wir arbeiten daran. Ohne Julsfels und ihre wunderbaren Sachen wäre das gar nicht möglich. Die ersten Folgen sind schon fertig. Sobald Celia abgeschlossen ist, geht's los.


Und nun zur nächsten Fortsetzung und zum nächsten Geheimnis.


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Nicolas kam müde und erschöpft aus der Klinik. Man hatte ihm gesagt, seine Mutter wäre noch nicht nach unten gekommen.
Na ja, es war ja auch noch sehr früh.
Also beschloss er, sich noch einen ruhigen Moment in der Bibliothek zu gönnen, bevor er sich der Auseinandersetzung mit seiner Mutter stellte.
Ginge es nach ihm, würde er stehenden Fußes umkehren und sich in sein Bett werfen. Immerhin musste er schon am Nachmittag wieder in der Klinik sein.
Aber wenn er jetzt das Haus verließ, bevor seine Mutter die Gelegenheit bekam, ihre Wünsche kundzutun, würde sie ihm das nie verzeihen.
Noch in zehn Jahren müsste er sich ihre leisen aber genau gezielten Spitzen deswegen anhören. Dann brachte er es doch lieber gleich hinter sich.
Er zündete den Kamin an und sah zu, wie die Flammen sich langsam am Holz entlang züngelten.


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Er liebte den hellen Schein der tanzenden Flammen, der die dunklen Bücherschränke in einem warmen Licht erstrahlen ließ.
Er liebte diesen Raum, mehr als jeden anderen in diesem Haus.
Schon immer hatte er sich hierher zurückgezogen, um nachzudenken, zu lesen oder, wie jetzt, einfach nur den Flammen zuzuschauen.
Hier konnte er seinen Gedanken ganz besonders gut freien Lauf lassen, sie ordnen, sich selbst sammeln. Und heute war das nötiger denn je.
Denn im Augenblick beschäftigte ihn vor allem eines, seine namenlose Patientin.
War es klug gewesen, sie heute früh schon zu besuchen? Jedes Mal wenn er mit ihr zusammentraf, spürte er diese merkwürdige Unruhe in sich aufsteigen.
Er wurde nicht müde, sie anzusehen. Und ja, er hätte sie vorhin beinahe gebeten, ihn mit seinem Vornamen anzusprechen.
So etwas war ihm noch nie passiert. Warum jetzt?


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„Wie findest du das, Grandma Cressi?“ fragte er das Porträt von Lady Cressida Blandfort, das über dem Kamin hing, während er weiterhin dem Feuer zusah.
Vielleicht mochte er diesen Raum ja auch deshalb, weil er schon als Kind fasziniert von ihr gewesen war und ihr schon als Kind von all seinen Problemen erzählt hatte.
Im Gegensatz zu seiner Mutter hatte sie immer ein offenes Ohr für ihn gehabt.
Natürlich war Cressida nicht wirklich seine Großmutter, vielmehr seine Ururururgroßmutter.
Da fehlten mit Sicherheit noch ein paar Urs, deshalb kürzte er es seit jeher ab.
Seine standesbewußte Mutter, der ihre Familie über alles ging,
(manchmal zu sehr, wie sein Vater kurz vor seinem Tod zu ihm gesagt hatte, obwohl er es nie bereut hatte, ihren Namen angenommen zu haben)
sie hatte ihm irgendwann einmal erzählt, dass alle Mädchen der Blandforts ihre Augen von Lady Cressida erbten.
Nur bei ihm und seiner Schwester war es genau umgekehrt. Er bekam Cressidas Augen, Arabella hingegen die ihres Sohnes Adrian, sehr zum Leidwesen seiner Mutter.
Endlich prasselte das Feuer lustig vor sich hin, er streckte die Finger aus, die sich ein wenig klamm anfühlten, um sich zu wärmen, da hörte er plötzlich eine Stimme direkt neben sich.


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„Ich finde, dass du sehr vorsichtig sein solltest!“
Keineswegs überrascht, sah er auf und drehte sich zu der Frau um, welche im Sessel neben dem Kamin saß.
„Guten Morgen, Grandma!“ begrüßte er sie lächelnd, als sei es völlig normal.
Und nicht zum erstenmal fiel ihm auf, wie unangebracht es doch war, sie angesichts ihres jugendlichen Aussehens als Großmutter zu bezeichnen.
„Warum soll ich vorsichtig sein?“
„Nun, du kennst das Mädchen doch gar nicht!“
„Ich würde sagen, sie kennt sich selbst noch weniger.“ entgegnete er. „Aber es wird bestimmt nicht lange dauern, und wir finden ihren Namen heraus!“
„Was bedeutet schon ein Name? Was weißt du sonst von ihr, von ihrer Persönlichkeit, ihrem Charakter?“
„Ich hatte ja noch nicht viel Gelegenheit, aber ich fühle doch, dass sie mich berührt, auf eine ganz besondere Art.“
Er starrte einen Moment ins Feuer. „Es sind ihre Augen, glaube ich. Sie sind .... ungewöhnlich!“
„Ungewöhnlich?“ fragte Cressida, stand auf und kam zu ihm herüber. „Was meinst du mit ungewöhnlich?“


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„Ich weiß auch nicht. Ich glaube, ich habe noch nie solche Augen gesehen! Sie leuchten mit einem solchen Feuer,
man meint die Weiten des Himmels und die Tiefen des Meeres gleichzeitig in ihnen zu erkennen.“
„Du wirst ja richtig poetisch!“ neckte sie ihn, aber er ging nicht darauf ein.
„Ich weiß ehrlich nicht, was ich tun soll, Grannie. Ich sollte mehr Abstand zu ihr halten, stattdessen zieht es mich immer wieder zu ihr hin.
Aber sie ist meine Patientin!“
„Ja, das ist sie, im Moment! Aber das wird sie vermutlich nicht für immer bleiben, nicht wahr?“
Diesmal musste er doch lachen.
„Nein, natürlich nicht! Aber...“
„Aber was? Ist es so schlimm, sich in ein Mädchen zu verlieben?“
„Liebe?“ Entgeistert sah er Cressida an. Soweit hatte er noch gar nicht gedacht. Nein, soweit konnte das unmöglich gehen!
„Und warum nicht?“ fragte sie ihn, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Liebe ist etwas sehr schönes.
Und ich spreche nicht von jener oberflächlichen Beziehung, wie du sie zu Caroline hast, sondern von weitaus tieferen Gefühlen.
Hast du nicht gestern selbst davon gesprochen, gegenüber deiner Mutter?“


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Sie nahm ihn einfach in ihre Arme, wie sie es schon getan hatte, als er noch ein kleiner Junge war, und flüsterte ihm dabei ins Ohr.
„Du bist so schrecklich erwachsen geworden, so ernst und nur auf deine Arbeit konzentriert.
Es wird Zeit, dass du anfängst, das Leben zu entdecken, all die Wunder, die es für dich bereit hält, bevor du deine letzte Reise antrittst.
Wenn du glaubst, etwas für dieses Mädchen zu empfinden, dann finde heraus, was es ist. Lass dich nicht von falschen Bedenken davon abhalten!
Und vor allem, übereile nichts, lass dir Zeit, mit ihr, aber auch mit Caroline. Wenn sie dich wirklich liebt, wie sie deiner Mutter sagt, kann sie auf dich warten. “
Er schloss die Augen und genoss die Geborgenheit, die er in ihren Armen stets verspürte.


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Als er sie wieder öffnete, war sie verschwunden. Aber auch das beunruhigte ihn nicht. Er war daran gewöhnt, dass sie kam und ging, wie es ihr beliebte.
Selbst wenn er sich in einer so ungewöhnlichen Haltung befand.
Glücklicherweise kam in diesem Augenblick niemand zur Tür herein. Er wäre in arge Erklärungsnöte gekommen.
Vor allem bei dem Gedanken, er müsse seiner Mutter etwas von Lady Cressida erzählen, wurde ihm schlecht.
Catherine Blandfort würde ihn vermutlich umgehend zum nächsten Psychiater schicken. Nicht dass er an Geister oder ähnliches glaubte.
Nein, Lady Cressida war ein Spiegel seiner eigenen Gedanken, eine heimliche, wenn man so wollte, imaginäre Freundin, die er mit niemandem teilen musste.
Darum hatte er nie auch nur einer Menschenseele etwas von ihr erzählt.


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Und daran würde sich auch in Zukunft nichts ändern! Das Zwie- oder vielmehr Selbstgespräch hatte ihm gut getan.
Er straffte die Schultern und wappnete sich innerlich gegen die kommende Diskussion am Frühstückstisch.
Einzig der Gedanke an Lucys wunderbare Omelette machte das Ganze erträglicher.
Lucy war ein Schatz, für seine Mutter vor allem, weil sie als Hausmädchen und Köchin kaum zu ersetzen war,
für ihn zählte es mehr, dass sie ein fröhlicher aufgeschlossener Mensch war, der sich, obwohl es nicht ihre Aufgabe war,
auch um Arabella kümmerte und ihm Nachricht zukommen ließ, sobald es Schwierigkeiten gab.
Zu seinem Leidwesen war er in der Klinik sehr eingespannt, sodass er nicht mehr soviel Zeit mit Arabella verbringen konnte wie früher.
Außerdem gingen ihre Interessen mittlerweile sehr auseinander. Trotzdem, nach dem gestrigen Streit musste er sich etwas einfallen lassen!
Wenigstens in diesem Punkt waren sie sich alle einig, so konnte es nicht weitergehen!
Gut, bis zum Frühstück blieb immer noch etwas Zeit, statt also weiter hier rum zu sitzen – nichts täte er lieber – konnte er genauso gut nachsehen, ob Arabella bereits fertig war.
Also verließ er mit einem letzten bedauernden Blick auf das warme Feuer die Bibliothek.


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Sie war fertig und ausgesprochen schlechter Laune, wie er schnell feststellen konnte, als er ihr Zimmer betrat.
Missmutig lag sie auf der Chaise und starrte Löcher in die Luft.
Auf sein „Guten Morgen!“ reagierte sie nicht.
„Heh, heh, sonst kriegt dein großer Bruder wenigstens eine Umarmung als Begrüßung!“
Als sie immer noch nicht hochsah, beugte er sich herunter, winkte mit der Hand vor ihrem Gesicht hin und her und grinste sie an.
„Erde an Bella! Erde an Bella! Könntest du bitte auf Empfang gehen?“
Ein eher unverständliches Grummeln war die einzige Antwort. Offenbar schien sie heute nicht auf die übliche Masche anzuspringen.
Also tippte er sie sanft auf die Schulter.
„Nun komm schon, Bella, rück ein Stück und lass uns reden!“


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Vermutlich mehr in dem Bewusstsein, ihn ohnehin nicht los zu werden, als dass sie wirklich Lust auf eine Unterhaltung
- oder sollte man lieber Standpauke sagen -
verspürte, kam sie schließlich hoch und machte ihm Platz.

Um der befürchteten Predigt zuvorzukommen, begann sie, kaum dass er sich hingesetzt hatte, zu reden wie ein Wasserfall.
Dass sie doch gar nichts unmögliches verlange, dass sie doch nur mehr Freiheiten haben wollte, dass sie überhaupt Freiheiten haben wollte,
dass alle ihre Freunde es besser hatten, selbst wenn deren Eltern nicht ganz so reich waren, dass sie es satt hatte, immer nur unter der Kontrollsucht ihrer Mutter zu leben,....
„Nun mal langsam!“ unterbrach er schließlich ihren Redeschwall. Das hörte sich ganz anders an, als gestern Abend.
„Worum geht’s dir eigentlich? Was genau passt dir denn nicht?“
„Was?“ Arabellas Arm drehte eine Runde über die Wände ihres Zimmers. „Sieh dich doch mal um! Siehst du hier irgendetwas von mir?
Das ist mein Zimmer, aber Mamà verbietet mir sogar, ein paar Bilder an die Wand zu hängen. Ich könnte ja die Wandbespannung beschädigen.“
Er nickte. Das kam ihm bekannt vor. Vor vielen Jahren hatte er mit seiner Mutter die gleiche Diskussion geführt.


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„Weißt du,“ machte er wenigstens den Versuch einer Erklärung. „Mamà hängt halt sehr an diesem alten Kasten.
Sie hat ihr ganzes Leben hier zugebracht, abgesehen von der Zeit nach ihrer Heirat bis zu deiner Geburt. Für sie gehört das Haus quasi zur Familie!“
„Aber wir sind ihre Familie, nicht dieses Museum! Du hast es gut, du hast dein eigenes Haus und kannst darin machen, was immer du willst.
Und ich? Ich ersticke in all dem altertümlichen Kram langsam. Sieh dir die Lampe an!“
Er drehte sich um und betrachte die alte Ballon-Stehlampe neben der Chaise.
„Sei ehrlich!“ forderte sie ihn auf. „Das Ding würde in das Zimmer unserer Urgroßmutter passen. Ich bin 15, Nick, keine 90!“
Er gab ihr ja recht, es gab sicher geeignetere Einrichtungsstücke für das Zimmer eines Teenies.
Er hatte sich damit arrangiert, weil er ohnehin nicht viel Zeit im Haus verbracht hatte und wenn, dann meist in der Bibliothek,
aber für Bella schien sich das ganze zu einem riesigen Problem auszuwachsen.


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„Ich weiß nicht, was ich machen soll.“ klagte sie weiter. „Ich versuche ja, mit ihr zu reden, aber sie hört einfach nicht zu.
Ich bin doch kein kleines Kind mehr. Ich möchte auch mal abends ausgehen, mit meinen Freunden etwas unternehmen.
Stattdessen muss ich mir den lieben langen Tag anhören, dass meine Noten zu schlecht sind und ich meine Zeit lieber mit Lernen verbringen soll.
Sie interessiert sich überhaupt nicht dafür, was ich will.“
Sie sah ihn an, seufzte leise und er hatte das unangenehme Gefühl, dass sie jetzt gleich die Katze aus dem Sack lassen würde.
Er sollte sich nicht getäuscht haben.
„Kann ich nicht bei dir wohnen?“ fragte sie vorsichtig und rückte ein Stück näher an ihn heran.
„Bei mir? Das würde Mamà nie erlauben. Ich bin die meiste Zeit in der Klinik, es wäre niemand da, der sich um dich kümmern könnte.“
„Aber ich will ja gar nicht, dass man sich ständig um mich kümmert, als wäre ich ein Baby. Ich möchte einfach nur mal ich sein, und das kann ich hier nicht!“
„Du musst es einfach immer wieder versuchen!“ Tja, das hätte er wohl besser nicht gesagt!
Denn Arabella maß ihn mit einem vernichtenden Blick, der eindeutig zu sagen schien: du hast ja keine Ahnung!


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Sie rannte in den Alkoven und zeigte auf das reichgeschnitzte Bett. „Da, siehst du das? Nur weil SIE früher in diesem Bett geschlafen hat,
nur weil SIE es mag, muss ich ebenfalls darin schlafen. Obwohl ich ihr wieder und wieder gesagt habe, ich möchte etwas Moderneres.
Weißt du, was sie geantwortet hat? Ich sollte mich glücklich schätzen, dass ich es habe. Andere würden alles dafür geben, könnten sie an meiner Stelle sein!“
„Vielleicht hat sie damit gar nicht so unrecht. Möchte nicht jedes Mädchen einmal eine Prinzessin sein, wie eine Prinzessin wohnen, essen, schlafen?“
„Ja, klar. Einmal! Und nicht mein ganzes Leben. Ich komme mir vor wie eine Puppe, herausgeputzt und verhätschelt.
Irgendwann stellt sie jemanden ein, der mir die Schnürsenkel zubindet, oder schlimmeres....“
Wider Willen musste sie lachen, denn sie wussten beide, wovon sie sprach.


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„Ok!“ gab er sich geschlagen. Vielleicht war das ja doch keine so schlechte Idee. Arabella fiel ihm sofort um den Hals.
„Schon gut, schon gut. Ich rede mit ihr. Aber ich kann dir nichts versprechen. Und wenn sie ja sagt....“ beeilte er sich, ihre Euphorie zu dämpfen.
„Wenn sie ja sagt, wirst du dich auf den Hosenboden setzen und pauken. Wenn die Noten schlecht sind, bleibst du zuhause. Nichts mit weggehen!
Und keine Parties bei mir zuhause, wenn ich nicht da bin, klar?“
Sie grinste ihn an. „Klar doch! Und das mit der Schule ist kein Problem! Ist ja nicht so, als könnte ich’s nicht.
Ich mag nur nicht. Es ist langweilig, und außerdem bin ich für Mum nie gut genug.“
„Dann wirst du es in Zukunft eben weniger langweilig finden müssen, sonst schick ich dich postwendend zurück!
Und jetzt werden wir tapfer in den Kampf ziehen und entweder siegen oder glorreich untergehen!“
Er gab seiner Schwester einen freundschaftlichen Nasenstüber, schob seinen Arm unter den ihren und zog sie mit sich aus dem Zimmer,
bevor er seine Entscheidung, sie vielleicht bei sich aufzunehmen, noch bereute.
Das Frühstück, ein sehr unangenehmes Frühstück wartete auf sie beide!





++++++++++++++++
Und das war's dann wieder für heute. Allein ein schönes Wochenende!

Nery
 
Oh je! Bella tut mir leid! Allein wenn ich die Einrichtung sehe und mir vorstelle, da als Teenie oder sogar heut noch drin wohnen zu müssen, gruselt es mich :ohoh: Nicht dass Du nicht toll eingerichtet hättest ;) aber für einen Teenie ist das doch alles andere als geeignet.

Ich bin gespannt, was für ein Drachen die Mutter von nick und Bella sein wird. Lässt ja nichts gutes hoffen, was man bisher so über sie gehört hat...

Dass Nick mit seiner Ur...großmutter spricht, finde ich übrigens sehr süß. Nur wage ich zu bezweifeln, dass sie wirklich nur eine Einbildung von ihm ist, wie er ja so ganz selbstverständlich annimmt.

Dann bin ich ja mal auf das Frühstück gespannt... oh weia. :argh:
 
Hallö Nery,

Nicolas kann sich wirklich glücklich schätzen, dass er in dem Haushalt jemanden hat, an den den er sich wenden kann, der ihn versteht und ihm ehrlich die Meinung sagt... ...auch wenn es eine tote UrUrUrgroßmutter ist. :lol:

Für Bella muss es wirklich fürchterlich sein, so eingesperrt zu sein. Sie hat ja überhaupt keine Möglichkeit auch nur ein kleines bisschen sie selbst zu sein. Da trifft wirklich der Ausdruck "goldener Käfig" zu. Ich mag mir nicht vorstellen wie es sein muss, wenn man noch nicht mal ein Bild aufhängen oder Kleidung, die einem selbst gefällt, tragen darf. Kein Wunder, dass sie unmotiviert und niedergeschlagen ist. Aber sie weiß ja zum Glück wie sie ihren großen Bruder um den Finger wickeln kann (eine Gabe, die viele kleine Schwestern, mich eingeschlossen, haben. =)).

Ich freu mich sehr, dass du dich nicht entmutigen lässt. :hallo:
Ganz liebe Grüße
Llyn
 
Hallo liebe Nery,

ich wollte Dich nur eben rasch wissen lassen - das war sie! Nämlich die Folge, nach deren Lesen ich mich entschlossen habe, Dir eine PN zu schicken (ich glaube, es war wegen Bellas Bett).
Mann, was bin ich froh, dass ich das gemacht habe!!!

Bella ist schon arm dran. Übermächtige Mütter, die sich nicht erinnern können wie es war jung zu sein, sind eine Landplage.
Lady Cressida ist echt süss. Ich schätze, ohne sie hätte Nick es in der Kindheit sicher noch schwerer gehabt.

Freu mich auf die nächste Folge!
 
Ein schönes Wochenende euch allen!
Zeit für die nächste Fortsetzung.
Erstmal vielen Dank fürs Kommentieren. Was würde ich wohl ohne euch machen?
Ich hoffe aber, auch die, welche nichts sagen, finden sich zumindest gut unterhalten.

@Innad: ganz genauso soll das auch wirken, edel, kostbar, aber gänzlich ungeeignet für einen Teenager.
Ob Mama nun wirklich ein Drache ist, wird sich wohl zeigen, auf jeden Fall hat sie eine genaue Vorstellung vom Leben, die sie entschieden verwirklicht. Ihre Vorstellung, versteht sich.
Und die Urgroßmutter.... tja... abwarten.%)


@Llynya: "goldener Käfig" trifft es ganz genau. Und mir hat die arme kleine Bella auch immer sehr leid getan. Aber es gibts nichts, was man nicht ändern kann, schon gar nicht mit einem großen Bruder, den sie sehr wohl um den Finger wickeln kann. Mal sehen, wie sehr.
Und ich hab doch glatt den Start deiner Geschichte verpasst, freu mich auf die Lesestunde am Wochenende! Kommi garantiert. ;)


@Marf: ich schreie. GAAAAAAANZ laut. Versprochen. Dauert ja nicht mehr lang. Nachdem ich jetzt meine streikende (weil grausamst eingestaubte) Graka wieder soweit habe, dass sie weiter mit spielt, kann ich endlich die letzten Bilder für das Ende von Celia machen. (das musste ja passieren, so direkt vorm Ende!!)


@Julsfels: Na, was glaubst du, wie froh ich erst bin, dass du das gemacht hast. Wenn ich daran denke, wieviele wunderbare Dinge du im vergangenen Jahr für mich gemacht hast, hach, da könnte ich gleich wieder das Spiel anstellen, nur um mir das anzusehen. Ohne dich würde es die neue wohl nicht geben, jedenfalls nicht so. Danke, danke, danke!!!!

Catherine kann wirklich eine Landplage sein, ihre Kiddies mögen sie zwar trotzdem, aber manchmal wünschten sie sich wohl beide, der Mama einen Flug zum Mond ohne Rückfahrkarte spendieren zu können.
Cressi ist eine meiner Lieblingsfiguren. Obwohl ich mich immer kaum entscheiden kann, irgendwie liebe ich sie dann doch alle.


Und nun auf zum Frühstück. Ich hoffe, eures morgen früh verläuft besser. :lol:




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„Ihr seid recht spät dran!“ wurden sie von Catherine Blandfort ungehalten begrüßt, als sie beide das Speisezimmer betraten.
Ihre Verstimmung war leicht zu erklären, sie hasste Unpünktlichkeit, denn sie hasste es, zu warten.
„Verzeih, Mamà!“ bat Arabella, bevor sie sich herunter beugte, ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange gab und ihr einen guten Morgen wünschte.
Mit leicht säuerlicher Miene erwiderte diese den Gruß und hieß sie, sich endlich zu setzen, bevor sie sich zu ihrem Sohn umwandte.


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„Also wirklich, Nicolas!“ Ihr Blick wanderte in deutlicher Missbilligung über sein legeres Äußeres.
„Hättest du dir nicht etwas Passenderes anziehen können? Das ist doch kein Bistro hier!“
Ihr Vorwurf traf ihn nicht.
„Tut mir leid, Mamà. Aber wie du sehr wohl weißt, komme ich direkt aus der Klinik.
Ich hatte keine Zeit mehr, nach Hause zu fahren und mich umzuziehen.“
„Ich verstehe sowieso nicht, warum du unbedingt in dieser schrecklich modernen Monstrosität wohnen musst.
Hier ist das Zuhause unserer Familie, und du hattest hier doch alles, was du brauchst.“
„Diese Monstrosität, wie du es nennst, war Vaters Zuhause, und auch deins für eine gewisse Zeit.
Damit kann es so schrecklich modern gar nicht sein.
Ich mag es einfach, es ist komfortabel und liegt nicht weit von der Klinik entfernt.“
„Aber es ist viel zu groß für dich allein!“


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„Da hast du vollkommen recht!“ gab er unumwunden zu. Das lief besser als er gedacht hatte.
Jetzt, wo seine Mutter selbst das Gespräch darauf gebracht hatte, ..... Aber man sollte sich niemals zu früh freuen, wie er schnell feststellen musste.
„Siehst du!“ sagte sie in höchst erfreutem Ton gerade. Von ihrer Verstimmung war ganz plötzlich nichts mehr zu bemerken.
„Deshalb wird es Zeit, dass du endlich ans Heiraten denkst!“
Er stöhnte innerlich auf. „Nicht schon wieder, Mutter, das hatten wir doch gestern schon geklärt!“
Er versuchte, so energisch wie möglich zu wirken, aber sie ließ sich dadurch nicht beeindrucken.
„Geklärt haben wir gar nichts. Es ist mir unbegreiflich, warum ein Mann in deinem Alter, beruflich und finanziell abgesichert,
sich weigert, eine Familie zu gründen.“
„Ich weigere mich doch gar nicht.“
Es hätte ihn warnen müssen, dass seine Mutter ihn auf einmal mit einem Ausdruck ansah, der an eine Katze erinnerte, die um den Sahnetopf herumschlich. Und doch traf es ihn unvorbereitet wie ein Schlag.
„Bestens!“ verkündete Catherine nämlich. „Dann hast du doch sicher nichts dagegen, wenn wir auf der Dinnerparty nächste Woche Samstag
deine Verlobung mit Caroline endlich bekannt geben. Es wartet ohnehin schon jeder darauf.“


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Für einen Moment verschlug es Nicolas die Sprache. Auch Arabella sah ihn überrascht und ein wenig ratlos an.
Das war Mutters besondere Spezialität! Sie manipulierte die Menschen ihrer Umgebung, indem sie sie einfach überfuhr,
sie vor vollendete Tatsachen stellte.
Doch wenn Nicolas sich mit Caroline tatsächlich verlobte, dann war es aus mit ihrem Traum, bei ihm zu wohnen.
Caroline würde niemals einen Teenager in „ihrem“ Haus dulden, und sie erst recht nicht.
„Du sagst ja gar nichts.“ Man sollte meinen, seine Reaktion sollte Catherine wenigstens etwas verunsichern. Aber keine Spur.
Honigsüß fuhr sie fort. „Ich weiß, du bist ein wenig schüchtern, mein Junge. Das hast du von deinem Vater.
Hätte ich ihn nicht vor vollendete Tatsachen gestellt, hätte er mir vermutlich auch nie einen Antrag gemacht.“
Arabella riss die Augen auf und starrte atemlos auf ihren Bruder, der noch immer mit gesenktem Kopf einfach nur dasaß und,
aber das merkte niemand, in Gedanken wieder und wieder bis zehn zählte, die Hände fest auf die Knie gepresst, um sich zu beruhigen.
Er hatte in der Vergangenheit ihr zuliebe vieles getan, was er eigentlich nicht wollte. Auch wenn sie es einem nicht immer leicht machte,
aber er liebte sie trotzdem. Nur diesmal ging sie eindeutig zu weit!


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Er hob den Kopf und sah seine Mutter an. Sie hätte ihm gar nicht zuhören müssen,
ein Blick in sein Gesicht, indem seine Ablehnung klar zu lesen stand, hätte genügt.
„Laß es mich ein letztes Mal, und in aller Deutlichkeit sagen, Mamá. Ich habe zur Zeit nicht die Absicht, mich zu verloben.
Weder mit Caroline, noch mit einer anderen Frau. Wenn es einmal soweit ist, werde ich es dir mitteilen und alles andere selbst in die Hand nehmen.
Ich kann dir versichern, ich fühle mich durchaus dazu in der Lage. Ich möchte dich also dringend bitten, dich nicht weiter in mein Leben einzumischen.“
Arabella unterdrückte nur mit Mühe einen Aufschrei. Wow, dachte sie stattdessen. So hatte sie ihren Bruder noch nie mit der Mutter reden gehört.
Denn im Grunde war er ein sehr gutmütiger Mensch, den es nach Harmonie und Frieden verlangte.
Und das hatte Catherine Blandfort bis jetzt stets zu nutzen gewusst.
Seltsam war nur, dass ihre Mutter seine Zurechtweisung und mehr noch seine Ablehnung einfach so hinnahm.
Statt jetzt aufzufahren und ihn des Undanks zu bezichtigen, wie sie es so gerne tat in den seltenen Fällen, in denen man ihr widersprach,
presste sie nur kurz die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, musterte ihn mit einem undefinierbaren Blick unter ihren langen Wimpern hervor,
bevor sie sich einfach an Arabella wandte, um sie nach der letzten Arbeit zu fragen.


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Unterdessen begann Lucy, das Frühstück zu servieren. Sie schenkte den Geschwistern ein strahlendes Lächeln und Nicolas ein
freundliches „Guten Morgen.“, das er nach dem abrupten Themenwechsel seiner Mutter dankbar erwiderte.
Im Gegensatz zu Arabella wunderte er sich nicht darüber, denn auch das gehörte zu Catherine’s Art.
Wenn es nicht nach ihrem Kopf ging, brach sie ein Gespräch ab, nur um es später ohne Vorwarnung fortzuführen.
In den meisten Fällen gelang es ihr so, doch noch ihren Willen durchzusetzen.
Aber in diesem Fall gedachte er, ähnlich wie bei seinem Berufswunsch, nicht nachzugeben.
Tja, und wenn er sich seine Schwester so ansah, die sich zum wiederholten Male einen Vortrag über den Wert einer guten Ausbildung anhören musste,
dann würde seine Mutter vermutlich gleich die nächste Überraschung erleben. Hoffentlich verkraftete sie das.
„Du bist ein intelligentes Mädchen, alle Blandforts waren das, dir fehlt nur die Disziplin und ETWAS mehr Fleiß, junge Dame!“
„So schlecht bin ich ja nun auch wieder nicht.“ maulte Arabella. „Ob ich nun mit einem D oder einem B nach Hause komme, das ist dir doch ganz egal.
Niemals bin ich gut genug!“
„Von einem Mädchen deiner Herkunft erwartet man eben mehr!“ wurde sie von Catherine in strengem Ton belehrt.
„Noch nie hat eine Blandfort derart schlechte Noten erhalten, wie du. Das ist inakzeptabel!“


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„Vielleicht bin ich ja keine Blandfort!“ sagte Arabella trotzig, ohne dem warnenden Kopfschütteln ihres Bruders Beachtung zu schenken.
„Ich habe die falschen Augen, die falschen Haare, alles an mir ist falsch. Warum also nicht auch falsche Zensuren!
Ich kann dir doch sowieso nichts recht machen, egal, was ich tue, du....“
„Ich muss doch sehr bitten. Mäßige deinen Ton, junge Dame!“ schnitt die Mutter ihr das Wort ab.
„Solange du in diesem Haus wohnst, wirst du dich an das halten, was ich dir sage!“
„Vielleicht liegt genau hier das Problem, Mamà!“ warf Nicolas schnell ein, bevor Arabella, die gerade tief Luft holte, weiter aufbegehren konnte.
„Was meinst du?“ fragte Catherine erstaunt.
„Ich meine, es wäre vielleicht gut, wenn Bella eine Zeitlang bei mir wohnen würde!“


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Klirrend landete Catherines Gabel auf dem Teller.
„Wie bitte? Was hast du gesagt?“
„Ich glaube, es wäre gut, wenn....“ wiederholte er, doch sie winkte ab.
„Ich habe dich schon verstanden, ich kann nur nicht glauben, dass du das ernst meinst.“
„Wieso nicht?“
„Weil es überhaupt nicht in Frage kommt!“
Es geschah nur sehr selten, dass Catherine die Beherrschung verlor, aber im Augenblick hatte es ganz den Anschein,
als würde sie jeden Moment explodieren.
„Warum denn nicht?“ fragte er dennoch ganz ruhig.
„Weil ....,“ sie war von seinem Vorschlag dermaßen überrascht, dass ihr doch tatsächlich die Argumente fehlten.
„Weil meine Tochter auch in meinem Hause wohnt. Was würden denn die Leute von uns denken, dass ich nicht in der Lage bin,
mich um mein eigenes Kind zu kümmern?!“
Sie warf ihre Serviette in hohem Bogen auf den Tisch, sprang in völlig ungewohnter Heftigkeit von ihrem Stuhl auf, der krachend zu Boden stürzte.
„Ich weiß nicht, was Euch beiden da in den Sinn gekommen ist, aber schlagt es Euch gleich wieder aus dem Kopf!“
Und damit stürmte sie aus dem Zimmer.


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Nicolas bedeutete Arabella, sitzen zu bleiben und in Ruhe zu Ende zu essen.
„Ich regele das schon, aber mach dir nicht zu viele Hoffnungen.“ riet er ihr, bevor er der Mutter nachging.
Wohin sie so schnell gegangen war, ließ sich unschwer erraten, denn er hatte das Speisezimmer kaum verlassen,
als er auch schon Beethovens Musik aus dem Salon vernahm.
Wann immer sich Catherine über etwas aufregte, setzte sie sich ans Klavier und spielte solange Stücke ihres Lieblingskomponisten Beethoven,
bis sie sich wieder beruhigt hatte.
Nach der Art zu urteilen, wie sie auf die Tasten hämmerte, konnte das heute durchaus eine ganze Weile dauern.
Leise trat er hinter sie.
„Mamà?“
Sie reagierte nicht.


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„Nun komm schon, Mamà! Lass uns in Ruhe darüber reden!“
Von Ruhe konnte keine Rede sein, stattdessen schlug ihre Hand mit solcher Gewalt auf die Tasten, dass er sie zusammenzucken sah.
Trotzdem spielte sie ununterbrochen weiter.
„Warum willst du es denn partout nicht einsehen? Bella ist 15, sie möchte ausgehen, ihre Freundinnen zu sich einladen,
und vor allem möchte sie ein Zimmer, wie es ihr gefällt, nicht nach deinen Vorstellungen!“
Rums. Wenn sie das Klavier weiter so bearbeitete, würden ihr irgendwann die Tasten um die Ohren fliegen.
„Mamà!“
„Ich denke nur daran, was gut für sie ist!“ sagte sie schließlich, ohne mit dem Spielen aufzuhören.
„Das weiß ich doch.“ suchte er sie zu beschwichtigen. „Aber was ist mit ihren Wünschen? Die kennst du doch gar nicht?“


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Diesmal griffen ihre Finger daneben, die Dissonanz ließ sie das Gesicht verziehen.
„Aber DU kennst ihre Wünsche, nehme ich an!“
„Ich rede jedenfalls mit ihr und ich höre ihr zu. Wann hast du sie das letzte Mal gefragt, ob sie glücklich ist?
Wann hast du sie das letzte Mal gefragt, warum ihre Leistungen in der Schule so schlecht geworden sind?“
„Vor ein paar Minuten, wenn ich mich nicht irre!“
„Und? Hast du ihr zugehört, hast du verstanden, was sie dir zu sagen versucht?“
„Ich bin weder taub, noch fehlt mir der Verstand.“
„Nein, nur das Verständnis für ihre Situation!“
Er hatte es leise, fast nur für sich gesagt, aber sie hörte es dennoch und diesmal spielte sie nicht weiter.
Mit einem lauten Knall warf sie den Deckel des Klaviers zu und drehte sich auf der Bank zu ihm herum.


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„So, mir fehlt also das Verständnis?“ fuhr sie ihn an. „Was muss ich denn verstehen?
Dass sie keine Lust hat zu lernen, dass sie sich mit Jungs herumtreiben will, statt ihre Aufgaben zu erledigen?
Dass sie diese schreckliche Musik hören will, statt endlich Klavier spielen zu lernen?
Dass sie keinerlei Respekt oder Sinn für Tradition besitzt? Muss ich DAS verstehen?“
„Ja!“ sagte er schlicht. „Ich glaube, das musst du wohl. Die Zeiten ändern sich, Mamà.
Sie ändern sich so schnell, dass du nicht einmal Vergleiche zwischen meiner Zeit als Teenager und ihrer ziehen kannst.
Ich bin ja auch nicht gerade begeistert von ihren Noten, das weißt du, aber du wirst nichts daran ändern,
wenn du sie den ganzen Tag in ihrem Zimmer über den Büchern brüten lässt. Damit erreichst du nur das Gegenteil!“
Er hob die Hand, als er sah, dass sie wieder auffahren wollte und fuhr fort:
„Du solltest wirklich darüber nachdenken, ob du sie nicht wenigstens bis zum Ende des Schuljahres zu mir ziehen lässt.
Ich weiß, ich habe nicht soviel Zeit, wie du, aber ich denke trotzdem, dass ihr die Veränderung gut tun würde.
So schön dieses Haus hier auch ist, aber für einen Teenager in ihrem Alter wirkt es tatsächlich eher wie ein Museum als ein Heim.“
Er beugte sich zu ihr hinunter, doch da sie sich abwandte, verzichtete er diesmal auf den Abschiedskuss und ging nur mit einem leise gemurmelten:
„Auf Wiedersehen!“


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Ein paar Minuten später versuchte Catherine verzweifelt, sich mit ihrem morgendlichen Kreuzworträtsel zu beruhigen,
zum Klavierspielen zitterten ihr zu sehr die Hände.
Da kam Arabella ins Zimmer, in den Händen ein Heft.
„Was gibt es?“ fragte Catherine nicht gerade freundlich.
Arabella warf das Heft vor sich auf den kleinen Tisch.
„Hier, du wolltest die letzte Arbeit sehen. B+. Ich erspar dir den nächsten Vortrag, ja, ich könnte besser sein. Ja, ich sollte mehr lernen.“
„Ja, dann muss ich ja nicht mehr viel sagen, oder?“ Sie wandte sich wieder ihrem Rätsel zu, aber Arabella blieb stehen. „Ja?“
„Darf ich dich mal was fragen?“
Catherine nickte. „Bitte!“
„Warum kannst du mich nicht einfach so nehmen, wie ich bin, Mom?“
Ein erstaunter Blick war die einzige Antwort, also winkte sie ab. „Ach vergiss es!“ und lief aus dem Salon.


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Es gelang Catherine nicht, sich auf das Rätsel zu konzentrieren. Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu dem ab, was Nicolas ihr gesagt hatte.
Aber auch zu Bellas Augen, die verräterisch geglänzt hatten, als sie weggelaufen war. Also legte sie den Stift weg und blätterte die Zeitung durch.
„Bin ich wirklich eine so schlechte Mutter?“ fragte sie sich selber, ohne zu bemerken, dass sie laut gesprochen hatte.
Sie wunderte sich daher nicht wenig, als sie plötzlich eine Antwort bekam.
„Sind sie nicht!“ sagte Lucy, die ihr gerade eine Tasse Kaffee gebracht hatte.
Im ersten Moment wollte Catherine die junge Frau auf ihren Platz verweisen, was gingen sie die Probleme der Familie an,
aber dann entschied sie sich doch dagegen. „Glauben Sie, Lucy?“
„Aber sicher, Mrs Blandfort. Sie lieben ihre Kinder, das wissen sie auch.“
„Aber?“
„Nun ja....“ Lucy zögerte, bis Catherine sie ermutigte, weiter zu sprechen. „Es ist nur so, Miss Arabella scheint sich hier nicht besonders wohl zu fühlen.
Mädchen in ihrem Alter haben halt ihre eigenen Vorstellungen vom Leben. Und sie ist immer so allein.
Sie hat noch nie eine Schulfreundin mit hierher gebracht.“
„Danke Lucy. Nehmen Sie den Kaffee wieder mit in die Küche. Ich mag im Augenblick nichts trinken.“



++++++++++++++++
Ende dieses doch recht unerfreulichen Vormittags, aber nicht der Diskussion.
Bis zum nächsten Mal in der Hoffnung, es hat euch gefallen.
Nery
 
Hallö Nery. :)

Ob es gefallen hat? Ja! Nicht unbedingt wegen des Catherine, sondern wegen der Detailreichen Bilder, wegen deiner Art zu schreiben und wegen den zwei Geschwistern, die sich von ihrer Mutter nicht unterkriegen lassen. :)

Aber du hast recht, ein sehr angenehmes Frühstück war es nicht. Erst die wiederholten Verlobungs-Pläne und dann auch noch die Diskussion mit und über Bella. Da fühlt man richtig die Kälte, die in dem Raum geherrscht haben muss. :ohoh:
Ich kann Catherine auch nicht wirklich verstehen, warum sie so darauf bestehe, dass Nicolas und auch Bella unglücklich werden/sind. Sie muss doch merken, dass ihre Kinder mit dem was sie für das Beste hält absolut nicht das ist, was die Beiden glücklich macht. Ruf hin oder her, als Mutter sollte ihr doch eigentlich wichtig sein, das ihre Kinder nicht ein Leben führen, was gegen ihre Persönlichkeit spricht. Aber gut, sie hält eben noch an den alten Traditionen fest, dass die Eltern immer wissen was das Beste ist. *seufz*
Aber so ein bißchen scheint ihre Fassade ja doch angekratzt zu sein, denn sie fragt sich ja, ob sie eine gute Mutter ist und ich denke auch, dass sie ganz tief im Innern möchte, dass ihre Kinder glücklich sind. Nur will sie das nicht so zeigen, warum auch immer. :naja:

Ganz liebe Grüße
Llyn

PS. Lass dir nur Zeit mit meiner Story, da läuft ja nichts weg und sooo viel ist es ja auch noch nicht. ;)
 
Und nun auf zum Frühstück. Ich hoffe, eures morgen früh verläuft besser. :lol:

Nun ja. Wie mans nimmt. Zwölf rumwuselnde Teenager. Kindergeburtstag mit Übernachtung :cool:.

Catherine ist offensichtlich eine von den Personen, die ihre eigenen Wertvorstellungen als die einzig richtigen erachtet und kein Verständnis für abweichende Lebensentwürfe aufbringen kann.
Aber vielleicht bessert sie sich ja noch.

Zum Glück hat sich Nicolas nicht von ihr überfahren lassen und weiss sich dann durchzusetzen, wenn es wirklich wichtig ist.
Solch manipulative Menschen bringen einen sonst manchmal in Situationen, aus denen man sich kaum wieder herauswinden kann. Da muss man gleich von Anfang an klare Grenzen setzen.
Immerhin scheint ja noch Hoffnung zu bestehen - Catherine hat sich offenbar doch noch einen Rest Einsichtsvermögen (gibts das Wort? *verwirrtbin*) bewahrt.

Ganz liebe Grüsse!
 
Boah, was für eine FS! Ich hab ja selbst vor dieser Mutter gezittert.Brr, die ist ja wirklich ziemlich grausig.

Sie ist total festgefahren in ihren Vorstellungen davon, was wie zu sein hat. Heftig. Da vergeht einem wirklich der Appetit. Ich bewundere Nicholas, dass er es geschafft hat, so ruhig zu bleiben. Ich hätte ihr vermutlich den Teller mit den Omelettes an den Kopf geworfen :lol:

Und auch seine Schwester tut mir leid. Ich meine, anscheinend hat sie nur zu funktionieren. Wieso begreift ihre Mutter nicht, dass das dann meistens genau nach hinten losgeht? :argh:

Naja, dann hoffe ich mal, dass Nicholas Mutter nicht irgendeinen Mist macht und seine Verlobung einfach so bekannt gibt, weil sie glaubt, dass er aus Höflichkeit schon richtig handeln wird.

Bin sehr gespannt auf die FS!
 
Ein kleines Sorry für die Verspätung, ich musste erstmal das Ende dieser Geschichte fertigstellen.
Von nun kann es wieder ganz entspannt weitergehen und ein- bis zweimal pro Woche eine Fortsetzung.

Ich mache mir etwas Gedanken um die langen Ladezeiten dieser Seite, was wohl daran liegt, dass sie aus entsetzlich vielen Bildern besteht.
Allerdings werden alle Kapitel aus ca. 14 bis 20 Bildern bestehen, bei durchschnittlich wohl ca. 15 Kapiteln pro Seite wird es also wohl noch länger dauern in Zukunft. Tut mir leid.


Einen besonders lieben Dank an meine ausdauernden Kommischreiber. Ohne euch drei wäre es doch sehr ruhig hier.

@Lllynya: Ich liebe das Einrichten, hab ich schon mal gesagt, oder? Darum macht das Bildermachen auch so viel Spaß. Geht dir genauso, wenn ich mir deine Bilder so anseh. :)
Was Catherine betrifft, so hast du schon recht. Sie meint es eigentlich nicht unbedingt böse, aber ihr Weg ist eben nicht unbedingt der der Kinder, da wird sie wohl noch ein paar Überraschungen erleben.


@Julsfels: was die Manipulationen betrifft, da hat Nick schon so einige Erfahrungen mit Mama gemacht. Denn darin ist sie wahrhaft ein Meister. Vor allem natürlich bei den Kindern. Und sich zur Wehr setzen, das tut er nicht oft, nur wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt. Er ist wie ich, harmoniesüchtig. :)


@Innad: ich vermutlich auch, aber es wäre doch schade um die schönen Omelettes gewesen. Die Verlobung einfach so bekanntgeben, das hätte sie durchaus drauf. Aber vielleicht wird sie dich ja auch noch überraschen, Catherine kann sehr erfindungsreich sein.



Und nun zur heutigen FS.
Info: der erste Absatz gehört zum ersten Bild genau wie der Text darunter, danach gehts wie gewohnt weiter.





Am Nachmittag des gleichen Tages saß Nicolas wieder in seinem Büro in der Klinik und grübelte vor sich hin.
Das Frühstück war noch schlimmer verlaufen, als er befürchtet hatte. Wegen Caroline machte er sich weniger Sorgen, doch seine Mutter davon zu überzeugen,
Bella bei sich wohnen zu lassen, das würde wohl ein gehöriges Stück Arbeit bedeuten.
Und das nicht mal aus vernünftigen Gründen, jedenfalls nicht aus seiner Sicht.

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„Dr. Blandfort?“
Die Stimme riss ihn aus seiner Grübelei. Als er aufblickte, sah er eine junge Frau auf sich zu kommen.
Der erste Gedanke, der ihm bei ihrem Anblick durch den Kopf schoss, war, dass er sich fragte, wie sie so plötzlich hatte auftauchen können.
Er konnte doch nicht derart versunken gewesen sein, dass er die seit Ewigkeiten knarrende Tür seines Büros oder gar das Klopfen überhört hatte.
„Sie sind doch Dr. Nicolas Blandfort?“ fragte sie leicht ungeduldig, als er nicht gleich antwortete und er nickte mechanisch.
„Verzeihen Sie, die Tür war offen und da Sie nicht reagierten....“ sagte sie dann doch mit einem Lächeln auf den Lippen, das ihre Augen aber nicht erreichte.
Er schüttelte den Kopf und bat sie, Platz zu nehmen.


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„Was kann ich für Sie tun, Miss...?“
„Ich bin Mara Banning. Ich vermisse meine Freundin, und man sagte mir, Sie hätten eine Patientin, deren Beschreibung auf meine Freundin zutrifft.
Sie ist zweiundzwanzig, hat kurzes aber im Nacken schulterlanges braunes Haar mit einem leichten Violettton und blaugrüne, intensiv leuchtende Augen.“
„Wir haben tatsächlich eine Patientin hier, die nach einem Unfall unter Amnesie leidet, und ihre Beschreibung scheint zu stimmen“
sagte er merkwürdig gepresst und verstand sich selbst nicht mehr.
Er hätte sich freuen müssen, dass „seine“ Jane Doe endlich ihren richtigen Namen zurückerhielt. Doch es gelang ihm nicht.
„Wissen Sie, wir wohnen zwar zusammen, aber ich bin leider viel unterwegs. Deshalb komme ich auch erst jetzt.“ sprach sie weiter,
als wäre ihr seine Einsilbigkeit nicht aufgefallen.


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“Ich war für zwei Wochen im Ausland und als ich gestern Abend zurückkam, war sie verschwunden. Die Polizei hat mich dann zu Ihnen geschickt.“
Jetzt wusste er, was ihn dermaßen störte. Ihre Ruhe!
Nicolas hätte angenommen, jemand, dessen Freundin verschwunden war, befände sich in heller Aufregung, wäre zumindest etwas nervös bei dem Gedanken,
sie vielleicht gefunden zu haben, denn immerhin bestand ja trotzdem die Möglichkeit, dass sie es gar nicht war.
Doch nicht ein Muskel in dem durchaus anziehenden Gesicht seiner Besucherin rührte sich.
Ein verbindliches, aber nichtssagendes Lächeln, eine kerzengrade Haltung und.... merkwürdig kalt wirkende grüne Augen,
die ihn - irrte er sich - mit einer gewissen Ablehnung musterten.
Vielleicht sollte er ihre Angaben doch überprüfen lassen, nur zur Sicherheit.


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„Das wirst du nicht!“ hörte er eine Stimme in seinem Kopf sagen. Ihre Stimme und doch auch wieder nicht.
Diese war mächtig, befehlend und einschmeichelnd zugleich. Ihre Augen hielten seinen Blick gefangen, nicht mehr grün, sondern tiefrot,
mit einem blitzenden Funkeln, dass sich in seine Seele zu brennen schien.
Ein grausam stechender Schmerz durchzuckte seinen Körper, ließ ihn erstarren, nur um ihn gleich darauf wieder freizugeben.
Er fühlte eine wunderbare Leichtigkeit in sich, alles Misstrauen war verschwunden.
Ein verzücktes, aber hätte er in den Spiegel gesehen, ziemlich dümmlich wirkendes Grinsen hatte sich über sein Gesicht gelegt,
als er Miss Banning um den Namen Ihrer Freundin bat, für die Akten natürlich.
Das Leuchten in ihren Augen verschwand, als sie ihm sichtlich zufrieden antwortete.


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Noch immer lächelnd, vielmehr grinsend, bat er sie, ihm zu folgen. Er würde sie zu seiner Patientin bringen.
Ganz selbstverständlich hatte er ihre Geschichte und den Namen, den sie ihm genannt hatte, akzeptiert.
Unterwegs informierte er Miss Banning in knappen Worten über den Unfallhergang, den Gesundheitszustand ihrer Freundin
und was sie seiner Meinung nach noch wissen musste.
Allerdings glaubte er zu bemerken, wenn er sie von der Seite ansah, dass sie ihm gar nicht wirklich zuhörte.
Doch im gleichen Moment, als er begann, sich darüber zu wundern, spürte er wieder den gleichen Schmerz in seinem Kopf wie vorher im Büro,
und der Gedanke verschwand mit dem Schmerz.
„Ich werde erst einmal allein hineingehen und sie darauf vorbereiten, wenn es Ihnen recht ist.“ schlug er vor,
wartete ihre Zustimmung aber nicht ab, sondern betrat das Zimmer seiner Patientin.


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„Dr. Blandfort!“ begrüßte sie ihn erfreut. „Sie kommen gerade recht.“
„Wieso? Schon wieder ein leerer Magen? Muss ich wieder telefonieren? “ Ihr perlendes Lachen gefiel ihm.
„Nein, keine Sorge. Das Mittagessen war ausreichend. Es ist etwas anderes. Ich würde so gerne raus aus diesem Zimmer.
Ich fühl mich gut, aber Schwester Carol lässt mich nicht mal auf den Balkon hinaus. Können Sie nicht mit ihr reden?“
Wer würde diesen Augen widerstehen, noch dazu, wenn sie einen so flehend ansahen.
„Es spricht nichts dagegen, wenn sie etwas frische Luft schnappen.
Sie können auch für eine halbe Stunde in den Garten, aber nicht länger für den Anfang. Versprochen?!“
Sie nickte erleichtert. „Und jetzt habe ich noch eine Überraschung für Sie.“
„Eine Überraschung? Was denn?“
„Wir wissen jetzt, wer Sie sind. Ich sagte Ihnen doch, dass wir es herausfinden.“
„Keine Jane Doe mehr?“
„Keine.“
„Wie... haben Sie...?“
„Ihre Freundin hat uns alles erzählt, sie ist draußen, wenn Sie sich dem gewachsen fühlen, hole ich sie herein.“


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Nach nur kurzem aber wohl verständlichem Zögern hatte Celia zugestimmt und Nicolas bat die Freundin ins Zimmer.
Deren Aufmerksamkeit richtete sich sofort auf das Mädchen im Bett.
„Darf ich vorstellen, Mara Banning und dies ist unsere Patientin und, wenn Sie sich nicht geirrt haben, ihre Freundin!“
Zwei Augenpaare richteten sich erwartungsvoll auf die Frau.
Die Spannung im Raum wuchs beinahe ins Unermessliche und wieder ertappte sich Nicolas
für den Bruchteil einer Sekunde bei dem Wunsch, die Besucherin würde den Kopf schütteln. Stattdessen nickte sie.
„Das ist sie, das ist Celia Moreau!“
Sie horchte in sich hinein, der Name klang tatsächlich irgendwie vertraut.
Celia!
Ganz tief in ihrem Innern wusste sie, dass man sie schon oft so gerufen hatte.
Nur wer das gewesen war und wo, dass lag noch immer hinter einem dichten Schleier verborgen.


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Trotzdem tauschte sie erleichtert einen Blick mit dem Arzt, der ihr daraufhin aufmunternd zunickte und meinte,
er werde die Damen jetzt allein lassen, denn sicher gäbe es nun eine Menge zu besprechen.
Er rückte Miss Banning einen Stuhl ans Bett und wandte sich zum Gehen, nicht ohne sie zu bitten,
den Besuch im Interesse der Patientin nicht zu lange auszudehnen.
„Du hast mir einen schönen Schrecken eingejagt!“ hörte er sie sagen, nachdem sie sich gesetzt hatte.
Irritiert runzelte er die Stirn. Ihre Worte und ihr Tonfall passten überhaupt nicht zusammen.
In ihrer Stimme war nicht eine Spur von diesem angeblichen Schrecken zu hören, keine Sorge, nichts.
Nur vollkommene Ruhe, eine Gleichmut, die er in einer vergleichbaren Situation niemals aufbringen könnte. Oder doch?
Er hatte sich die Frage gerade erst gestellt, als sie auch schon wieder verschwand.
Er wusste nicht einmal mehr, woran er gerade gedacht hatte. Kopfschüttelnd ging er hinaus.


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„Wir sind also Freunde?“ fragte Celia vorsichtig, nachdem der Arzt das Zimmer verlassen hatte. Mara nickte.
„Das könnte man so sagen. Wir teilen uns ein Haus, seit etwa einem halben Jahr.“
„Und woher kennen wir uns? Entschuldige, dass ich frage, aber ich kann mich leider an gar nichts mehr erinnern.“ Mara winkte ab.
„Das macht nichts. Der Doktor hat mir das schon erzählt.
Wir haben uns bei einem Vortrag über altägyptische Kunst an der Universität kennen gelernt und festgestellt,
dass wir nicht nur ähnliche Interessen haben, sondern uns bei unseren Problemen auch noch helfen konnten.
Ich bin Archäologin, weißt du und deshalb nur wenig zuhause. Ich brauchte jemanden, der sich um mein Haus kümmert, wenn ich nicht da bin.
Und du warst gerade auf der Suche nach einer neuen Bleibe, wo du genügend Platz für deine Bilder hast.
Du bist Malerin, und eine ziemlich gute noch dazu.“


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Malerin? Und auch noch gut? Irgendwie konnte Celia sich das gar nicht vorstellen.
Aber hatte sie sich nicht schon am ersten Tag im Krankenhaus recht intensiv mit den Bildern beschäftigt, die über ihrem Bett hingen?
Zwei ausgesprochen hübsche Landschaften, perfekt gezeichnet, nur die Farben war ihr einfach zu blass, nicht stimmungsvoll genug gewesen.
Und sie hatte den unglücklichen Platz bedauert, an dem man sie aufgehängt hatte. Zu wenig Licht, hatte sie Schwester Carol gesagt.
Lag das alles tatsächlich daran, dass sie selbst malte?
Celia sah die junge Frau nachdenklich an. Sie erschien ihr nicht unsympathisch und genau wie ihr Name seltsam vertraut.
Und es gab absolut keinen Grund, an ihren Worten zu zweifeln.
Mara ließ ihr aber auch kaum Gelegenheit dazu.


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„Ich werde dir jetzt nicht deine ganze Lebensgeschichte erzählen.“ meinte sie gerade. „Dazu haben wir später noch genug Zeit.
Ich fahre jetzt schnell nach Hause und hole dir ein paar andere Sachen. Dieser Schlafanzug ist eine Zumutung.“
Zum erstenmal lachten sowohl ihr Mund als auch ihre Augen und Celia stimmte in das Lachen mit ein. Wo sie recht hatte,....
Mara stellte den Stuhl wieder an den Tisch zurück, beugte sich zu Celia herunter und drückte sie leicht,
aber, wie Celia bemerkte, mit etwas Abstand, bevor sie zur Tür ging.
„Ich komme so schnell wie möglich zurück, damit du aus diesem unmöglichen Zeug herauskommst!
Und mach dir keine Sorgen, es wird alles wieder gut!“


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Der letzte Satz elektrisierte Celia förmlich.
Ganz plötzlich und mit absoluter Gewissheit wusste sie, dass sie genau dieselben Worte schon einmal gehört hatte und zwar vor nicht allzu langer Zeit.
Aber nicht von Mara, auch dessen war sie sich sicher.
Mara spürte die fragenden Blicke in ihrem Rücken. Doch anders als bei Nicolas, konnte sie Celias Gedanken nicht einfach auslöschen.
Was hatte Reshanne ihr geraten? Vorsicht, absolute Vorsicht, denn ganz gleich, was mit ihr geschehen war, Celia war noch immer intelligent genug,
um alles in Frage zu stellen, das ihr nicht logisch schien und ihre Kräfte schlummerten zwar, aber sie waren stärker als jemals zuvor.
Das hatte sie gespürt, kaum dass sie sich ihr genähert hatte.


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Vor der Tür wartete der Arzt auf sie.
„Und?“ fragte er.
„Und was?“ fragte sie verständnislos zurück.
„Hatte die Begegnung mit Ihnen irgendeinen Effekt?“
„Oh?! Sie meinen, ob sie sich wieder erinnert? Nein, aber das haben Sie doch nicht wirklich erwartet?“
„Erwartet? Nein! Aber vielleicht gehofft. Sie leidet so sehr darunter.“
„Nun, das ist verständlich, aber nicht so tragisch. Jetzt ist sie ja nicht mehr allein.“
„Sicher, aber Sie müssen bedenken, welch großem körperlichen, nicht nur seelischem Stress sie ausgesetzt ist.
Sollte es also in ihrem Leben etwas geben, dass diesen Stress noch vergrößert, dann sollten Sie sie dem nicht aussetzen.
Vermeiden Sie jede Aufregung! Gibt es eigentlich, ich meine, hat sie einen....“
„Einen Mann? Freund?“
Warum nur klang es in seinen Ohren, als wäre das gänzlich undenkbar?
[FONT=&quot]Und warum fühlte er sich beinahe glücklich, als die Frau es sehr bestimmt verneinte?[/FONT]

[FONT=&quot]
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[/FONT]

„Was gibt es da groß zu fragen?“
Matt verzog das Gesicht.
„Also ich versteh den Mann nicht. Er kennt sie nicht, er weiß absolut gar nichts über sie. Und er verliebt sich?“
„Also das ist wieder mal so was von typisch. Du bist so unsensibel!
Was verstehst du schon von Liebe!“ ereiferte sich Josie. „Ich hab auch nichts von dir gewusst, und hab trotzdem sofort....“
Sie schlug sich auf den Mund und presste die Lippen zusammen.
Matt hätte zwar liebend gerne nachgebohrt, was sie hatte sagen wollen, aber er wusste genau, um nichts in der Welt hätte Josie ihm den Gefallen getan, nicht jetzt!
„Was mich viel mehr interessiert!“ meinte er stattdessen. „Was hat Marhala, das war sie doch nicht wahr? Also was hat sie mit Nick gemacht?“
„War das nicht offensichtlich?“ fragte die Bewahrerin. „Diese Art von Hypnose ist eine besondere Fähigkeit von ihr.
Allerdings, das wird sie bald feststellen, funktioniert es bei ihm nicht ganz so, wie sie sich das vorstellt.“
„Und warum?“
„Das müsst ihr schon selbst herausfinden. Einen Hinweis habt Ihr möglicherweise schon übersehen.“




++++++++++++++++
Und das war es dann für heute. Wie immer hoffe ich, es hat gefallen und ihr seid der Lösung des Rätsels ein kleines Stück näher gekommen, oder doch nicht? :rolleyes:
 
Mh......... nein, ich bin der Rätsels Lösung immer noch nicht so richtig nah gekommen. Aber ich werfe mal einige Theorien auf, wieso es bei Nicolas nicht so gut funktioniert mit der Hypnose.

1.) Vielleicht hat es was mit der Liebe zu tun? Ich meine, dass er sich in Celia verliebt hat? Es ist doch in vielen Geschichten und Sagen und Legenden immer wieder so dargestellt, dass selbst die einflussreichsten Waffen und Zauber gegen jemanden mit "einem reinen, liebenden Herzen" (hach, hab ich das nicht schön geschrieben? :D) wirkungslos und kraftlos werden.


2.) Vielleicht ist Nicolas ja auch nicht nur ein "einfacher" Erdenmensch. Zum einen habe ich mir die Form der Augen von ihm und seiner Mutter angeschaut. Vielleicht auch nur eine Laune der Natur, aber sie wirken auf mich fast etwas elfengleich oder so ähnlich. Evtl ist es auch wirklich nur ein besonderes, ganz normal menschliches Merkmal, aber ich könnte mir sowas vorstellen....


Das sind so meine zwei Haupttheorien.
Was Marhala angeht... wow, ist die geschminkt. Da musste ich wirklich staunen. Sie fällt schon sehr gegen die schlichte Celia auf, die mir immer besser gefällt übrigens.

Ich kann mir aber immer noch nicht recht vorstellen, was es mit ihr auf sicht hat, was ihre geschichte ist und welche Kräfte expilizit in ihr schlummern, aber dazu ist es mit Sicherheit auch noch viel zu früh.


Mal wieder eine tolle FS, Nerychan! Ich freu mich schon, wenn´s weitergeht! :hallo:
 
Hallo Nery!
Ich hab deine Fotostory gerade eben entdeckt und die Kapitel in einem Rutsch durchgelesen. Ich war fast ein wenig enttäuscht, als ich am Ende der Seite angelangt war.
Jedenfalls bin ich von der Geschichte echt begeistert, obwohl ich nicht so ein Fan von Fantasiy bin. Du verstehst es, deine Leser mit deinem Schreibstil zu fesseln und verbindest Reales mit phantasievollem und man merkt, dass du viel Wert auf Details in Bildern und Text legst.

Ich werd öfter hier rein schauen, aber sei nicht böse oder enttäuscht, wenn ich nichts schreibe.

LG
Meike
 
Hallo alle zusammen,
wie versprochen, die zweite FS in dieser Woche.

@Innad, du bist ihm nicht auf die Spur gekommen? Tja, da bin ich ja richtig glücklich. Ich liebe Geheimnisse und lass mir nicht gern zu früh in die Karen schauen. Aber der Hinweis ist da... deutlich sichtbar auf den Bildern.
Was die Liebe betrifft, nun, da wirst du dir deine eigenen Meinung bilden müssen, welche Rolle sie hier spielt und welche nicht.
Und genauso verhält es sich mit Nicks Erdenbürgerdasein.

Marhala soll sich schon sehr von Celia unterscheiden. Sie hasst das Menschsein, und wie man noch sehen wird, kann sie mit damit nur sehr wenig anfangen. :lol:


@Meike: die Fantasy bildet nur den Erklärungsrahmen für die Geschichte, also hoffe ich, du fühlst dich hier in meinen Welten gut aufgehoben.
Danke für das Kompliment, und keine Sorge, ich bin nicht böse, wenn du nichts schreibst. Ich freu mich, dass du dich gemeldet hast und ich weiß, dass du es liest. ;)


Und nun werdet ihr mich hoffentlich wieder begleiten in einen Traum, der weit mehr als nur ein Traum ist.





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Was für ein ereignisreicher Tag!
Es war bereits weit nach Mitternacht, als Celia, endlich in einem eigenen Schlafanzug, immer noch wach in ihrem Bett lag und über die Ereignisse des Tages nachgrübelte.
Wenn sie gehofft hatte, ihre Unsicherheit würde sich zumindest etwas legen, nachdem sie ihren Namen erfahren hatte, so sah sie sich jetzt getäuscht.
Denn im Grunde wusste sie immer noch so gut wie gar nichts über sich. Wer war diese Celia Moreau?
Woher kam sie, war sie ganz allein auf der Welt? Wo waren ihre Eltern, Geschwister, Freunde? Gab es in ihrem Leben wirklich nur Mara?
Die Unterhaltung mit ihr, nachdem sie mit den Sachen zurückgekehrt war, war recht einseitig geblieben.
Mara hatte ihr ein paar Dinge aus ihrem Leben erzählt, aber in ihren Ohren war es nichts weiter als eine Geschichte gewesen, eine Geschichte über eine Fremde.
Nur der Name und Maras forschender Blick, der sie hin und wieder beinahe unmerklich streifte, waren ihr vertraut.


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Wie von einem heftigen Windstoß aufgerissen, flog die Terrassentür plötzlich auf, helles funkelndes Licht zerriss die Dunkelheit.
Und aus dem Licht trat langsam und gemessen eine unbekannte Frau. Celia stockte der Atem. Träumte sie? Das konnte doch unmöglich real sein!
„Ich habe Wahnvorstellungen!“ dachte sie. „Es kann nicht anders sein.“
Doch ganz gleich, wie oft sie die Augen schloss und wieder öffnete, die Frau verschwand nicht.


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Im Gegenteil!
Atemlos und mit weitaufgerissenen Augen sah sie zu der Frau hinüber, die für einen Moment stehen geblieben war,
während sich die Tür ohne das geringste Geräusch wieder schloss. Wer war diese Frau?
Was wollte sie von ihr? Und wie zur Hölle kam sie so ohne weiteres in ihr Zimmer?
Das Ganze wirkte zwar vollkommen absurd, aber Celia fühlte die Angst in sich aufsteigen.
Sie dachte an Flucht.
Doch zu ihrem nicht geringen Entsetzen vermochte sie sich nicht zu rühren.
Eisige Kälte, die sie selbst unter der Decke erzittern ließ, erfüllte den Raum.
Hilflos beobachtete sie, wie die Frau mit fast gleitenden Schritten auf sie zu kam.


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Obwohl das Funkeln verschwunden war, umgab sie noch immer ein seltsames Strahlen,
das ihre Haut deutlich von der sie umgebenden Finsternis abhob.
Ihr prachtvoll besticktes Kleid ähnelte nicht einmal ansatzweise dem,
was Celia während ihres Krankenhausaufenthaltes an den Frauen hier zu sehen bekommen hatte.
Sie wagte kaum noch zu atmen, doch dann....
„Merkwürdig!“ dachte Celia, während ihr Kopf, von einer angenehmen Schwere erfüllt, auf das Kissen zurück sank.
Auf einmal war die Angst verschwunden.
Die Dunkelheit und mit ihr die Kälte begann aus dem Zimmer zu weichen, je näher die Frau kam.
Ein warmes Licht, das von ihr ausging, hüllte sie beide nach und nach ein wie eine Decke.


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Sie erwartete Strenge, Bosheit oder Unheil in den Augen der Frau zu sehen,
doch stattdessen sahen sie, blassgrau und klar wie das Wasser in einem Glas, voller Güte auf sie herunter,
als sie sich über sie beugte und ihr sacht über die Wangen strich.
Ihre Lippen lächelten und obwohl sie sich gar nicht bewegten, meinte Celia deutlich ihre Stimme zu hören.
„Fürchte dich nicht! Dir geschieht nichts.“
Immer schwerer wurden ihre Glieder. Die Augen fielen ihr zu, obwohl sie sich mit aller Macht dagegen zu wehren versuchte.
Doch die sanfte Gewalt, die von der leisen, beschwörenden Stimme der Frau ausging, erwies sich als stärker.
„Schlaf!“ befahl sie. „Schlaf und hab keine Furcht! Ich werde über dich wachen.“


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Zufrieden beobachtete Zaide, wie das Mädchen die Augen schloss,
der angestrengte Ausdruck von ihrem Gesicht verschwand und ihr ganzer Körper sich entspannte, während sie einschlief.
„So ist es gut!“ sagte sie leise. „Ich werde nicht zulassen, dass sie dir ein Leid zufügen.
Und niemand wird dir nehmen, was dir von Geburt an zusteht. Du sollst deine eigene Wahl treffen, doch dafür musst du beide Seiten kennen.
Und nun wird es Zeit für dich. Heute, morgen, jede Nacht sollst du wandeln auf den Pfaden, die ich dir bereite.“
Sie hauchte dem schlafenden Mädchen noch einen Kuss auf die Stirn, bevor das Licht erlosch und sie im Dunkel der Nacht verschwand.


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Nur langsam verzog sich der dichte Nebel und gab den Blick auf ein Mädchen frei, das still und verträumt auf der Erde saß.
In den langen, das Gesicht umrahmenden Haaren glänzte ein Diadem,
das weiße, von einem braunen, goldbestickten Mieder gehaltene Kleid verlieh ihr einen Hauch von Verletzlichkeit.
Ihre blaugrünen Augen blickten abwesend, fast ein wenig traurig auf einen Punkt vor sich, den wohl nur sie sehen konnte.
Friedvolle Stille herrschte ringsum, bis sie von einer kristallklaren Stimme unterbrochen wurde.


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„Dachte ich es mir doch, dass ich dich hier finde!“
Leicht belustigt, doch mit liebevollem Blick betrachtete die Frau das am Boden sitzende Mädchen.
„Alyssa und Semira haben dich im ganzen Tempel gesucht. Was machst du denn nur?“
„Ich seh’ mir die Sterne an!“ antwortete das Mädchen, der abwesende Blick verschwand, sie lehnte sich nach hinten,
vergrub die Hände im weichen Gras und sah demonstrativ nach oben in den Himmel.
„Soso, die Sterne!“
„Ja! Findest du nicht auch, dass sie wunderschön sind? Schön und .... so geheimnisvoll!
Sie scheinen hier ganz nahe zu sein, als müsste ich nur die Hand ausstrecken, um sie zu berühren!“


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„Und? Hast du es versucht?“
„Was?“
„Nach den Sternen zu greifen!“
„Aber das geht doch gar nicht!“
„Woher willst du das wissen?“ Die Frau kam zu ihr herüber und blieb direkt neben ihr stehen.
„Was du kannst oder nicht kannst, weißt du erst, wenn du es versucht hast.“
Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Aber das ist vollkommen unmöglich, selbst für uns! Oder hast du schon einmal einen Stern berührt?“
Die Frau wollte gerade verneinen, aber dann hielt sie inne. „Ja, ich glaube, das habe ich schon.“
Sie lächelte still in sich hinein, als das Mädchen sie verständnislos und ungläubig ansah. Oh ja, sie hatte einen Stern berührt!


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Sie zögerte nur einen Augenblick, dann setzte sie sich zu ihr auf den Boden.
„Ich habe sogar einen Teil davon mitgenommen.“ meinte sie schließlich.
„Du nimmst mich auf den Arm!“
Das Mädchen gluckste leise lachend vor sich hin, sah aber dann voller Staunen,
wie sich ein verträumter, wehmütiger Zug über das Gesicht der Frau legte.
„Aber nein, ganz und gar nicht!“ versicherte sie.
„Und wo hast du dann diesen „Sternenteil“ versteckt?“ fragte ihr jüngeres Gegenüber,
noch immer ungläubig in eher neckendem Ton.
Doch die Frau ging nicht darauf ein.
„Er sitzt direkt vor mir!“ antwortete sie voller Ernst.


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Das Mädchen begann zu strahlen, als sie den Sinn ihrer Worte verstand.
„Bin ich das wirklich, dein Stern?“ fragte sie, ohne den Blick vom Himmel abzuwenden.
„Ja, das bist du! Nichts ist mir wichtiger.“
„Willst du mich deshalb nicht zu den Menschen lassen? Weil du fürchtest, mir könnte etwas geschehen?“
Ganz leise hatte sie es gesagt, aber die Frau verstand sie trotzdem und nickte.
„Genau deshalb. Du bist noch zu jung, und die Welt der Menschen birgt viele Gefahren, denen du noch nicht gewachsen bist.“
„Aber woher weißt du das, wo ich doch noch nie die Gelegenheit hatte, es zu versuchen.
Und das sollte ich doch wohl, oder habe ich dich da eben missverstanden?“
„Nein, das hast du nicht. Du sollst es versuchen, aber nicht jetzt!“
Wie um zu demonstrieren, wie wenig ihr die Wendung des Gesprächs gefiel, erhob sich die Frau, und das Mädchen tat es ihr gleich.


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„Aber wann?“ verlangte sie zu wissen.
„Wann wirst du mir endlich erlauben, den Tempel zu verlassen und all die Wunder zu sehen, die wir erschaffen?“
„Wenn du dafür bereit bist. Warum nur hast du es so eilig damit?“
„Weil ich mich nutzlos fühle. Alyssa, Semira, du, jeder hier hat seine Aufgabe. Nur ich nicht.“
„Natürlich hast du eine Aufgabe!“ widersprach die Frau heftig, aber das Mädchen wehrte ab.
„Lernen, lernen, lernen? Nennst du das eine Aufgabe?“
„Aber ja! Alle Kinder müssen lernen. Wie willst du deine Fähigkeiten richtig einsetzen, wenn du sie nicht beherrschst?!
Wie willst du die Welt und ihre Geschöpfe lenken, wenn du nicht über das nötige Wissen verfügst?!“
„All das habe ich gelernt und noch vieles andere. Ich bin längst kein Kind mehr.“
„Nein, das bist du nicht! Sobald deine Initiation geschehen ist, wirst du deine Aufgabe bekommen.
Falls man nichts anderes über dich bestimmt, könntest du mir helfen und die Seelen hinüber geleiten.
Nun? Wie wäre das?“


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Hoffnungsvoll sah sie das Mädchen an, doch sie schien ihren Enthusiasmus nicht wirklich zu teilen.
„Was ist?“ fragte sie unsicher. „Gefällt dir diese Aufgabe nicht?“
„Nein, das ist es nicht.“
„Was ist es dann?“
„Ich... ich dachte an etwas anderes. An ..... ein Versprechen von dir!“
„Ich weiß nicht, was du meinst!“ sagte die Frau, obwohl sie durchaus ahnte, wovon das Mädchen sprach.
Und ihr Verdacht wurde auch sogleich bestätigt.
„Ich dachte an meinen Vater!“
„An deinen Vater? Wieso? Wieso jetzt?“
Die Stimme der Frau wurde für einen Moment ungewöhnlich schrill, bevor sie sich wieder beruhigte.
„Du hast hier doch alles, was du brauchst, oder nicht?“
Sie versuchte, das Mädchen in ihre Arme zu schließen, doch sie wich ihr aus.


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Das Mädchen lief an ihr vorbei ins Innere des Pavillons und blieb dort, mit dem Rücken zu ihr, am Geländer stehen.
„Sag mir, wieso?“ bat die Frau erneut, während sie ihr nachging.
„Du hast es versprochen.“ antwortete das Mädchen leise, fast tonlos, wissend, dass die andere sie dennoch hörte.
“Wenn ich alt genug wäre, hast du gesagt, wenn ich die Initiation erreiche, dann wolltest du mir alles über meine Herkunft erzählen und über meinen Vater.
Warum ich ihn nie kennen gelernt habe. Und warum niemals jemand über ihn gesprochen hat, als hätte er nie existiert.
Du hast verlangt, dass ich keine Fragen stelle, bis es soweit ist, und das habe ich getan. Aber jetzt bin ich kein Kind mehr.
Ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren, alles, oder meinst du nicht?“
Die Frau seufzte leise vor sich hin. Sie hatte diesen Moment gefürchtet, gehofft, er würde niemals kommen.
Alles hatte sie getan, um das Mädchen diesen törichten, aber auch verständlichen Wunsch vergessen zu lassen.
Ohne Erfolg, wie sie nun sehen musste.


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„Du hast recht!“ gab sie zu und das Mädchen drehte sich zu ihr herum.
„Ich will dir damit bestimmt nicht wehtun.“ sagte sie. „Aber er ist doch ein Teil von mir, oder ich von ihm.
Wie kann ich mich selbst erkennen, wenn ein Teil noch immer fehlt. Verstehst du das?“
Die Frau nickte. „Wenn deine Initiation vorüber ist, werden wir uns unterhalten!“
„Wirklich?“
„Ja, ich werde mein Wort halten. Aber du musst mir auch etwas versprechen.“
„Was du willst!“ willigte sie ohne Zögern ein, wurde aber sofort in ihrem Eifer gebremst.
„Du solltest es dir erst anhören, bevor du es tust. Ich möchte nämlich, dass du mir versprichst, nicht ohne meine Einwilligung in die Menschenwelt zu gehen.
Lass dir noch etwas Zeit damit, bis du besser mit deinen Kräften umgehen kannst.“


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Sie dachte nur kurz darüber nach und es schien ihr nicht zuviel verlangt. Also nickte sie erst zaghaft, doch dann sehr bestimmt.
Die Frau lächelte sie erleichtert an, nahm sie in den Arm und drückte sie lang und innig an sich, bis sie von einem vorsichtigen Räuspern unterbrochen wurden.
Als sie sich nach der Ursache des Geräuschs umdrehten, sahen sie eine weiteres Mädchen auf sich zu kommen.
„Was gibt es, Semira?“ fragte die Frau.
„Vergib, Herrin, aber soeben ist ein Bote aus dem Rat eingetroffen. Es ist soweit.“
Mit einem glücklichen Kopfnicken deutete Semira auf das Mädchen und die beiden verstanden.
„Und? Bist du bereit, den Schritt zu gehen?“ fragte die Frau und das Mädchen holte tief Luft.
„Ja!“ sagte sie entschlossen. „Jetzt bin ich es!“


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Celia schrak nach oben. Einen Moment wusste sie nicht, ob das Erlebte Realität war oder nicht.
Ja sie wusste nicht einmal, wo sie sich befand.
Durch die Fenster drang bereits das Licht des nächsten Morgens ins Zimmer.
„Du liebe Güte! Was für ein Traum!“ stöhnte sie, während sie sich vollends aufrichtete.
Sie versuchte, sich zu strecken und stöhnte erneut.
Obwohl sie mit Sicherheit tief und fest geschlafen haben musste, fühlte sie sich keineswegs erholt, eher,
als hätte sie die ganze Nacht auf blanken Steinen zugebracht.
Jeder einzelne Knochen tat ihr weh. Sie fühlte sich unangenehm an den Morgen nach dem Unfall erinnert.
Selbst der brennende Durst war wieder da.


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Sie kletterte aus dem Bett, griff sich den Becher auf dem Waschbeckenrand und füllte ihn randvoll mit Wasser.
Das kühle Nass wirkte wahre Wunder, als es ihre Kehle hinunter rann.
Celias Gedanken aber waren noch immer bei dem Traum.
Seit sie in diesem Krankenhaus ohne Erinnerung aufwachte, war dies der erste Traum überhaupt gewesen, doch er ergab einfach keinen Sinn.
Und wieso gerade jetzt? Nachdem sie ihren Namen erfahren hatte!
Was war das für ein merkwürdiger Ort, wer waren diese Frauen, warum hatte sie davon geträumt?
Und wieso wusste sie selbst jetzt, wo sie wieder wach war, noch immer jede Einzelheit davon?
Sie wollte gerade den Becher wieder abstellen, als sie nur zufällig nach oben sah und der Becher aus ihren Händen glitt.


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Dort im Spiegel an der Wand gewahrte sie niemand anderen, als die beiden Frauen aus ihrem Traum.
Das Mädchen sah ihr direkt in die Augen, als wolle es ihr etwas sagen, doch es blieb stumm.
Stattdessen sprach die Andere, Ältere der beiden, die, das erkannte Celia jetzt, auch die Frau gewesen sein musste,
die gestern Abend so plötzlich in ihrem Zimmer erschienen war.
„Sieh hin!“ verlangte die Frau von dem Mädchen, doch Celia konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie eigentlich mit ihr sprach.
„Sieh genau hin. Erkenne, was du sein kannst. Du musst es nur wollen!“
Celias Herz schlug bis zum Hals, sie vermochte den Blick nicht von dem Spiegel zu lösen.


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Bis sie plötzlich eine andere, dunklere, gebieterische Stimme hörte, die laut und deutlich „Nein!“ sagte.
Das Bild im Spiegel verschwand und Celia fuhr herum.
Doch hinter ihr war absolut niemand. Sie befand sich allein in ihrem Zimmer.
Sie taumelte leicht nach hinten, griff sich an die Schläfen, als könne sie der rasenden Kopfschmerzen,
die sie ohne Vorwarnung überfielen, damit Herr werden.
„Das hat mir gerade noch gefehlt!“ flüsterte sie vor sich hin. „Ich werde verrückt!“




++++++++++++++++
War es nun ein Traum oder war es keiner?
Das ist hier die Frage.
Bis zum nächsten Mal
Nery
 
Hallö Nery. :)

Vorneweg erstmal was die Wartezeiten angeht, hab ich für mich eingestellt, dass ich nur 20 Beiträge pro Seite haben will. So geht das auch mit den Ladezeiten. Aber das Problem haben ja fast alle, dass es etwas dauert bis die FS-Bilder geladen sind und wen es wirklich stört, der kann ja Abhilfe schaffen. ;)

Nun aber zu den beiden Fortsetzungen. *gg*

Soso Nicolas bekommt also Besuch von Mara, aber das war ja auch abzusehen. Schließlich war es ja auch Maras Befehl sich um Celia zu kümmern. Wie spielt ja keine Rolle. Ihre Manipulations-Versuche scheinen ja nicht ganz so zu wirken wie sie sollen. Auf jeden Fall merkt Nicolas das da was nicht ganz so ist, wie es sein sollte. Warum und wieso das so ist, ist ja die Frage...
Die Art und Weise wie Mara sich als Mensch gibt, würde mir auch zu denken geben an Nicolas' Stelle. Sie wirkt so kalt und gefühllos, dass es ihm ohne ihre Manipulation sicher schwer gefallen wäre, sie direkt zu Celia zu lassen.
Aber jetzt weiß Celia ja schonmal ihren Namen und etwas mehr über sich. In wie weit das alles stimmt, wird sich ja noch zeigen. ;)

Celias 'Traum' ist auch sehr interessant. Vor allem da ja Zaide versucht zu erreichen, dass sie sich doch an ihre Vergangenheit erinnert. Ich glaube allerdings nicht, dass ein Traum soviel erzählen kann, so echt sein kann und ich denke Celia weiß das tief in sich drin auch. Das Zaide verhindern will, dass Celia ihren Vater kennenlernt, ist offentsichtlich, sonst würde sie das Gespräch über ihn nicht immer wieder verschieben. Aber es ist verständlich, dass Celia mehr über ihn wissen will. Wer würde das nicht wollen!

Deine Bilder finde ich wie immer sowas von gelungen. Ich liebe deine Kulissen wirklich. Und nicht nur die Welt der E'loi sondern auch deine Einrichtung im Krankenhaus mit Nicolas' Büro. Du schaffst es auch immer die Gesichtsausdrücke so passend hinzukriegen. Damit hab ich doch häufiger Schwierigkeiten, gerade wenn es mehr Sims als einer ist. :lol:

Ich freu mich schon auf die nächste Fortsetzung!
Ganz liebe Grüße
Llyn
 
Hallo.
Heute gibts die nächste Fortsetzung, wenn auch ein klein wenig kürzer, als gewöhnlich.


@ Llynya: danke, an die Seitenumstellung hab ich gar nicht mehr gedacht. So ist es auf jeden Fall besser nun.

Mara ist gefühllos, zumindest fast. Sie tut, was man ihr sagt, dafür wurde sie geschaffen.
Aber bei Nick hat sie mit ihren Kräften doch eher schlechte Karten.

Warum Zaide nicht über Celias Vater sprechen will, hat schon seinen Grund. Aber ein Versprechen ist ein Versprechen, nicht wahr?


Und nun die Fortsetzung, irgendwann will man ja mal raus aus dem Krankenhaus.





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Nachdem die Schwester sich nach ihrem üblichen Rundgang mit einem freundlichen Morgengruß verabschiedet hatte,
ohne zu bemerken, dass die Patientin ihre Anwesenheit kaum zur Kenntnis nahm, hatte Celia sich aufs Bett fallen lassen
und dachte über ihr merkwürdiges Erlebnis in der letzten Nacht nach.
Es war nicht so sehr der Traum selbst, der sie erschreckte, als vielmehr das Bild im Spiegel.
So real, dass sie beinahe hinter sich gegriffen hätte, um die Frauen zu berühren.
Konnten Träume einem bis in die Wirklichkeit, ins Licht des Tages folgen?



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„Was haben Sie denn, Miss Moreau?“ hörte sie auf einmal eine Stimme und blickte nach oben,
direkt in die aufmerksamen Augen dieses jungen Arztes, der sie leicht besorgt musterte.

Er hatte sich nicht gerade ins Zimmer geschlichen, dennoch bemerkte sie ihn erst, als er direkt vor ihr stand und sie ansprach.
Ihr Gesicht war bleich, der Ausdruck traurig oder doch mehr verunsichert.
Für einen Menschen, der endlich seine eigene Identität wiedergefunden hatte, sah sie viel zu unglücklich aus.
„Sie gefallen mir heute morgen gar nicht.“ sagte er schließlich, als sie weder antwortete noch in irgendeiner anderen Art reagierte.
„Haben Sie schlecht geschlafen? Sie sind so blass, dass Sie den Krankenhauswänden damit Konkurrenz machen!“
Es gelang ihm, ihr wenigstens ein kleines Lächeln zu entlocken, bevor sie nickte. „Ich hatte einen absolut verrückten Traum und ....“
Sie sah zu ihm nach oben. „Kann man durch so einen Unfall, ich meine, wenn man sein Gedächtnis verliert, kann man dadurch verrückt werden?“
„Verrückt? Ja, wenn man zu sehr grübelt, statt den Dingen seinen Lauf zu lassen.“
„Ich meine es ernst, Doktor.“
„Ich auch. Kommen Sie! Ich weiß ein gutes Mittel gegen solche Gedanken. Sie müssen mal etwas anderes sehen, als dieses Zimmer.“
Er ließ ihr keine Zeit, erst über seinen Vorschlag nachzudenken, sondern zog sie einfach am Arm nach oben und führte sie hinaus.


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So früh am Morgen waren sie die einzigen, die es in die Cafeteria zog.
Dr. Blandfort hatte ihnen aus der Saftbar einen, wie er es nannte, wirklich ausgezeichneten Orangensaft geholt, aus der Musicbox eine langsame Melodie ausgewählt
und jetzt saßen sie beide gemeinsam am Tisch direkt daneben und unterhielten sich zunächst über Belanglosigkeiten.
Nicolas erzählte ihr etwas über Ravensville, den Ort, in dem sie beide lebten, seine Geschichte, seine Bewohner, die neuesten Nachrichten.
Sie musste feststellen, dass er über einen bisweilen doch recht bissigen Humor verfügte, was ihr ungemein gefiel,
denn er brachte sie damit immer wieder zum Lachen.
Bis der Arzt plötzlich wieder diesen forschenden Gesichtsausdruck bekam und sie völlig unvermittelt fragte.
„Erzählen Sie mir jetzt etwas über ihren Traum?“
„Ist das denn unbedingt notwendig?“ verlangte sie zu wissen.
„Wenn Sie mehr über Ihr früheres Leben herausfinden wollen, als nur Ihren Namen, dann ja!“
„Sicher, aber alle Menschen träumen doch und es hat meist nichts zu bedeuten!“


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„Stimmt! Meist! Aber in Ihrem Fall liegen die Dinge anders.
Sehen Sie, in unseren Träumen verarbeiten wir den Alltag, unser Erlebtes, Schönes und .... weniger Schönes.
Und so wäre es gar nicht undenkbar, dass Sie, wenn Sie träumen eine Reise unternehmen in ihr altes Leben.
Ihre Erinnerungen sind ja nicht verloren, Sie haben einfach nur vergessen, wie man sie bewusst abruft.
Nur Ihr Unterbewusstsein kann im Augenblick darauf zugreifen und lässt Sie davon träumen.“
„Das glaube ich weniger, Doktor. Mein Traum kann nichts mit meinem früheren Leben zu tun haben, es wirkte alles mehr wie eine Fantasiewelt, nicht real.
Da war nichts, was mir auch nur annähernd bekannt vorkam. Es ist also wirklich vollkommen belanglos.“
„Nicht so schnell!“ wehrte er ab. „Nichts ist belanglos, nur weil wir es nicht verstehen.
Im Traum kann sich vieles verändern, anders aussehen, als im normalen Leben. Die Traumwelt IST eine Fantasiewelt, in der nichts und alles real ist.
Sie müssen nur Geduld haben, und nicht gleich aufgeben.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Ihr Verstand versucht, sich auf diese Weise selbst zu helfen, sich zu erinnern.“
„Dann verliere ich also nicht den Verstand?“
„Weil Sie träumen? Nein, ganz bestimmt nicht!“ Verwundert sah er sie aufspringen.


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„Da ist noch etwas anderes, nicht wahr?“ fragte er und hielt sie auf diese Weise zurück. „Was beunruhigt Sie so, Celia?“
Er wartete geduldig, bis sie sich wieder zu ihm herum gedreht hatte. Und er hörte ihr ebenso geduldig zu, als sie ihm stockend von dem Bild im Spiegel erzählte.
„Glauben Sie deshalb, dass Sie den Verstand verlieren?“
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass so etwas normal ist. Ich meine, ich höre und sehe Dinge, Personen, die gar nicht da sind.
Welcher normale Mensch tut das sonst noch?“
Ich zum Beispiel, fuhr es Nick durch den Kopf, während er an Lady Cressida dachte. Laut aber versuchte er sie zu beruhigen.
„Das muss gar nichts zu bedeuten haben. Sie befinden sich in einer Ausnahmesituation.
Amnesie bedeutet neben dem körperlichen auch starken seelischen Streß.
Was Sie gesehen haben, war vermutlich nur eine Erinnerung an den Traum, weil Sie wie wir alle versucht haben, hinter dessen Sinn zu kommen.“
Ein Blick in ihr zweifelndes Gesicht veranlasste ihn schließlich, ihr das Angebot zu unterbreiten, die Psychologin des Krankenhauses zu ihr zu schicken.
„Nur wenn es Sie beruhigt, ich glaube nicht, dass es wirklich nötig wäre.“
„Denken Sie das wirklich?“
„Sicher!“


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Sie lächelte und dieses Lächeln schien ihn regelrecht zu verzaubern. Er stand einfach nur da und sah sie an.
Ihre Augen nahmen ihn gefangen, zwei strahlende Sterne, so klar, geheimnisvoll und tief wie der Ozean.
Die Welt um sie herum versank in einem Schleier, die Zeit schien stillzustehen.
Es existierte kein Gedanke mehr, nichts, nur noch dieses unglaubliche Hochgefühl, diese Wärme, die sich in ihm ausbreitete,
die Sehnsucht, die alles zu beherrschen schien, schmerzhaft und süß zugleich. Sie war ihm so nah, ... wie nie ein Mensch zuvor.
Ganz von allein hob sich seine Hand empor und streichelte voller Zärtlichkeit ihre Wange.
Und sie schmiegte sich hinein, als wäre dies die Erfüllung ihrer eigenen Wünsche.
Ihre Lippen schienen ihn zu rufen. Unendlich langsam neigte er den Kopf.


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Und kam wieder zu sich. Sie hatte sich abgewandt und bereits einige Schritte von ihm entfernt.
War das eben ein Tagtraum gewesen? Aber er spürte es noch immer, dieses Gefühl, das ihn so sehr zu ihr hinzog.
Er konnte das Lächeln nicht von seinen Lippen bekommen, so sehr er sich auch dagegen wehrte.
Er war sich sicher, sie nicht wirklich berührt zu haben, er hatte es sich nur gewünscht. Und er wünschte es sich noch. Verdammt Nicolas!
Was tust du hier? Nicht zum erstenmal rief er sich selbst zur Ordnung, aber zum erstenmal begann er an seinen eigenen Grundsätzen zu zweifeln.
Faszinierte ihn diese Frau tatsächlich so sehr, dass er seine Pflichten als Arzt vergaß?
Dabei bildete er sich soviel auf seine Selbstbeherrschung ein!


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Ein leises Stöhnen riß ihn aus seinen Selbstvorwürfen. Sie war stehengeblieben und krümmte sich zusammen.
„Was haben Sie?“ rief er und eilte zu ihr.
„Ich ... weiß ... nicht.“stöhnte sie erneut. „Es kam ganz plötzlich, dieser Kopfschmerz.“
„Wieder der gleiche Schmerz wie an den andern Tagen?“ erkundigte sich Nicolas, nun wieder ausschließlich Mediziner.
Der romantische Augenblick war vorüber.
„Ja ... nein!“ presste sie noch immer unter Schmerzen hervor. „Es scheint schlimmer zu werden.
Es fühlt sich an, als würde mir jemand ein glühendes Eisen in den Kopf stoßen.“
Sie erschauerte und Nicolas bemerkte besorgt, wie kalt sich ihre Haut auf einmal anfühlte.


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„Kommen Sie!“ sagte er. „Ich bringe Sie in ihr Zimmer zurück. Dann können Sie sich hinlegen und ich hole Ihnen etwas gegen die Schmerzen.“
Und das wird diesmal hoffentlich helfen, dachte er bei sich.
Weder er noch Dr. Winters hatten bisher eine Erklärung dafür gefunden, warum die gängigen Schmerzmittel bei ihr einfach keine Wirkung zeigten.
Geschweige denn, dass sie die Ursache dieser merkwürdigen Kopfschmerzen gefunden hätten.
Jede Untersuchung war ohne Befund geblieben. Aber noch gedachte er nicht aufzugeben.
Sie vorsichtig stützend führte er sie das kurze Stück den Gang entlang.




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Ein kurzes Kapitel nur, aber ich wollte es nicht mit andern zusammen posten. Ich hoffe, das kann man nachvollziehen.
 
Da alles offensichtlich sprachlos ist, mach ich nun einfach weiter mit der nächsten Folge.


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Etliche Stunden später kam Nicolas müde in sein Büro zurück.
Die zwei komplizierten Operationen, die er heute hatte durchführen müssen, waren komplikationslos verlaufen.
Wie aus dem Lehrbuch, hatte die Chefärztin gemeint und ihm freundschaftlich auf die Schulter geklopft, als er sich seinen wohlverdienten Espresso holte.
Er hätte also durchaus mit sich zufrieden sein können, wäre da nicht das Rätsel um Celia Moreau gewesen.
Dr. Winters, die Neurologin erwartete ihn schon vor dem OP.
Auch diesmal hatte das Medikament nicht gewirkt, aber die Schmerzen waren genauso plötzlich verschwunden, wie sie gekommen waren.
Und es gab einfach keine Erklärung für ihre Anfälle. Nichts im Blut, nichts auf den CT-Bildern.
Nach ihren Befunden zu urteilen, war sie so gesund wie man nur sein konnte.
War der Anfall vorüber, ging es ihr wieder gut, davon vermochte er sich gerade selbst zu überzeugen.


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Von seinem Büro aus konnte er sie im Garten die Nachmittagssonne genießen sehen.
Er hatte eigentlich nur einen kurzen Blick nach draußen werfen wollen, aber dann blieb er wie gebannt am Fenster stehen und starrte auf sie hinunter.
Es war ihm gelungen, die Erinnerung an seinen Tagtraum während der letzten Stunden weitgehend zu verdrängen, aber nun kam sie wieder zum Vorschein.
Alles Leugnen nützte nichts, er musste es sich wohl eingestehen. Nicht das medizinische Rätsel fesselte seine Aufmerksamkeit,
beherrschte seine Gedanken, sondern sie selbst. Hatte Cressida recht? War er dabei, sich in dieses Mädchen zu verlieben? Aber warum?
Was hatte sie an sich, das ihn derart faszinierte?
An ihrem Aussehen lag es nicht. Es mangelte nicht an schönen Frauen in seiner Umgebung, auch nicht an geistreichen, gebildeten wie Caroline Vandermere.
Dennoch hatte sein Herz bei ihr niemals so heftig geschlagen wie an diesem Morgen, als er Celia in die Augen gesehen hatte.
Noch jetzt vermeinte er die Wärme bis in jede einzelne Fingerspitze zu fühlen.


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Ein unangenehmes Knarren drängte sich in seine Erinnerungen.
Und dann, noch bevor er recht begreifen konnte, woher das Geräusch gekommen war, sagte jemand mit deutlicher Belustigung:
„Und ich dachte immer, du wärst hier als Chirurg angestellt und würdest operieren,
dabei sehe ich dich jetzt schon eine ganze Weile an diesem Fenster stehen und träumen. Wovon träumst du Nicolas?“
Vollkommen überrascht drehte er sich in Richtung Tür.
„Mutter!“


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„Nun sieh mich nicht so entgeistert an, Nicolas!“
Kopfschüttelnd schloß sie die Tür und ging, da er keine Anstalten machte, ihr entgegenzukommen, auf ihn zu.
„Was machst du hier?“
„Also ich bitte dich, mein Lieber! Du hast mich doch schließlich selbst gebeten, dich in der Klinik zu besuchen. Oder etwa nicht?“
„Ja, schon, nur...“ Er räusperte sich verlegen.
„Nur was?“
„Ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass du es je tun würdest. Und gerade jetzt nicht.“


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„Warum denn nicht?“ fragte seine Mutter mit einem absolut unschuldigen Lächeln, zog ihn sanft in ihre Arme und küsste ihn sacht auf die Stirn.
„Wegen Arabella.“ antwortete er, während er den Kuss automatisch zurückgab.
„Ich glaube, ich verstehe dich gerade nicht. Was hat Arabella damit zu tun, ob ich dich besuche oder nicht?“
„Mamà!“ Nick löste sich aus ihren Armen. „Bitte lass doch diese Spielchen. Du weißt genau, wovon ich rede.
Arabella möchte zu mir ziehen, und wenn ich mich recht erinnere, warst du nicht nur damit nicht einverstanden, sondern sogar vehement dagegen!“
„Ach diese kleine Meinungsverschiedenheit meinst du!“
„Meinungsverschiedenheit?“ Nick vermochte es kaum zu glauben, dass sie das wirklich gesagt hatte.


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„Aber ja, was sonst?! Das kommt doch, wie es so schön heißt, in den besten Familien vor!“
Lachend ließ sie sich auf einem der Sessel nieder und winkte ihm, es ihr gleichzutun.
Doch Nick tat nichts dergleichen und blieb misstrauisch neben seinem Schreibtisch stehen.
Es passte sogar nicht zu seiner Mutter, angesichts der Heftigkeit ihrer letzten Auseinandersetzung derart leicht darüber hinwegzugehen.
Sie hatte etwas vor, und es war mit Sicherheit etwas, dass ihm ganz und gar nicht passen würde.
„Also Nicolas, was ist denn nur los mit dir? Jetzt setz dich schon, oder muss ich die ganze Zeit zu dir aufsehen?“
Er gab sich geschlagen, vorerst. Alles andere wäre auch sinnlos.
Selbst wenn er einen OP-Termin vortäuschen würde, sie ließe ihn mit Sicherheit nicht gehen, bevor sie nicht gesagt hatte, weswegen sie gekommen war.


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Also setzte er sich ihr gegenüber und wartete darauf, dass sie nach diesem Anfangsgeplänkel endlich zum Punkt kam.
Und er musste eine ganze Weile warten. Denn fürs erste beschränkte sich Catherine Blandfort darauf,
Konversation zu machen, etwas, worauf sie sich meisterlich verstand.
Immerhin war sie auf den besten internationalen Schulen gewesen und hielt sich selbst für den Inbegriff einer Dame der Gesellschaft.
Sie erkundigte sich freundlich und mit genau der richtigen Nuance an Interesse nach seiner Arbeit, seinen Kollegen,
speziell natürlich seiner Chefin, ohne dass er dabei zu sehr hätte ins Detail gehen müssen.
Und er konnte nicht umhin, seine Mutter dafür zu bewundern, wie es ihr gelang, das Gespräch ganz allmählich auf ihr eigentliches Anliegen zu lenken.
„Weißt du!“ meinte sie schließlich, nachdem sie es wieder einmal bedauert hatte, dass er nur noch so selten zu Besuch nach Hause kam (selten hieß bei ihr nicht täglich!).
„In einem hast du vermutlich recht.“ Nick horchte auf. Das waren ja ganz neue Töne.


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„Arabella fehlt ihr Vater!“ fuhr seine Mutter fort, als habe sie sein Erstaunen nicht bemerkt. „Seit deinem Auszug wird sie ja praktisch nur von mir allein erzogen.
Und ich verstehe sie einfach nicht mehr. Sie ist so stur und ungebärdig. Dein Vater wüsste sicher, wie man mit ihr umgehen muss. Aber ...“
Sie machte eine kleine Pause und setzte dann, mehr zu sich selbst hinzu. „Frances ist einfach zu früh gestorben.“
Nur für einen winzigen Moment schlossen sich ihre Augen, verzogen sich ihre Mundwinkel schmerzlich bei der Erinnerung an ihren Mann,
aber genau deshalb liebte Nicolas seine Mutter. Sie würde es natürlich niemals zugeben, denn ihre Gefühle waren ihre Privatsache,
die nicht einmal ihre Kinder etwas anging. Dennoch wusste Nick, dass die Ehe seiner Eltern entgegen allen Gerüchten in der sogenannten guten Gesellschaft
eine Liebesheirat gewesen war und dass ihre Gefühle füreinander niemals erloschen waren.
Auch dies konnte man guten Gewissens eine Blandfortsche Familientradition nennen.
Seit Lord Henry mit seiner Gemahlin Cressida von England nach Amerika ausgewandert war, hatte es in dieser Familie keine Scheidung und,
glaubte man der Familienchronik, auch keine unglückliche Ehe gegeben.
Um so unbegreiflicher schien ihm die Eile, die seine Mutter bei ihren Bemühungen an den Tag legte, ihn mit Caroline zu verkuppeln.


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„Worauf genau willst du eigentlich hinaus, Mamà.“ fragte er sie mitten in ihre Überlegungen hinein
und erntete zunächst ein unwilliges Heben der Augenbrauen, bevor sie ihm antwortete.
„Das sagte ich doch bereits. Du hattest recht in Bezug auf Arabella.
Es wäre vermutlich wirklich das Beste für sie, wenn sie eine Zeitlang in einer anderen Umgebung leben würde, .... in deinem Haus!“
„Ähm ... Moment mal .... Nur dass ich das richtig verstehe! Hast du gerade gesagt, du lässt Arabella zu mir ziehen?“
Nick war fassungslos. Mit allem hätte gerechnet, aber damit?
„Nun sieh mich doch nicht so verwundert an! Das wolltest du doch!“
„Sicher, nur ist mir nicht ganz klar, woher der plötzliche Sinneswandel stammt.
Immerhin sagtest du, und das recht deutlich, wie ich hinzufügen darf, dass deine Tochter auch bei dir leben soll. Oder habe ich dich da missverstanden?“


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„Ganz und gar nicht, mein Lieber. Was ich gesagt habe, meinte ich auch so. Und das tue ich noch.“
„Dann versteh ich deine Meinungsänderung erst recht nicht.“
„Wer hat irgendetwas davon gesagt, ich hätte meine Meinung geändert?“
Sie musterte seine irritierte Miene mit dem interessierten Blick eines Raubtieres, das vor seiner Beute saß und wusste,
dass diese ihm nicht mehr entkommen würde. Nick fühlte förmlich, wie sich die Schlinge um seinen Hals immer enger zog.
Nur noch ein kleiner Ruck, und er war gefangen.
Und Catherine Blandfort wartete nicht länger.
„Ich habe nur gesagt, Arabella bräuchte eine andere Umgebung.“ fuhr sie honigsüß fort, ohne ihn auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
„Und da du, wie du selbst immer sagst, in der Klinik sehr viel zu tun und damit nur wenig Zeit hast,
dich um deine Schwester zu kümmern, werde ich sie natürlich nicht alleine lassen.“


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Nicolas gefror das verbindliche Lächeln ein, das er zu seinem eigenen Schutz aufgesetzt hatte, um seine Gedanken dahinter zu verbergen.
Das konnte doch unmöglich ihr Ernst sein, das musste er einfach missverstanden haben.
Aber wenn er sich das zufriedene Gesicht seiner Mutter ansah, bestand kaum noch der Hauch eines Zweifels daran.
„Du willst mit Arabella zu mir ziehen? In mein Haus?“ preßte er nach einer ganzen Weile des Schweigens hervor, bemüht,
sich sein Entsetzen nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Das wäre allerdings gar nicht nötig gewesen,
denn seine Mutter schien entschlossen, eventuelle Einwände nicht zur Kenntnis zu nehmen.
„Ja sicher!“ bestätigte sie ohne zu zögern seine schlimmsten Befürchtungen.
„Du hast doch gewiss nicht angenommen, ich würde deine Schwester OHNE Aufsicht, ALLEIN in deinem Haus lassen. Aber Nicolas!?“


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Allein ihr Tonfall zeigte, wie undenkbar dies in ihren Augen wäre. Denn in ihrem Gesicht zeigte sich nicht das geringste Zeichen von Unwillen.
Sie saß immer noch freundlich lächelnd vor ihm, als hätte sie gerade über das schöne Wetter gesprochen, statt über den Versuch, sein ganzes Leben umzuwerfen.
Es hielt ihn nicht länger auf dem Sessel. Er sprang auf und wanderte mit hektischen Schritten im Zimmer auf und ab.
In eine schöne Situation hatte sie ihn da gebracht! Was zur Hölle sollte er jetzt tun?
Im ersten Moment hatte er den Vorschlag rundweg ablehnen wollen, aber dann war ihm wieder das Gespräch mit Arabella in den Sinn gekommen.
Er konnte sie regelrecht vor sich sehen, wie die Freude aus ihren Augen verschwand
und sie mit hängenden Schultern in ihr Zimmer trotten würde, wenn er jetzt einen Rückzieher machte.
„Und Nicolas?“ Catherine Blandfort hatte ihn eine Weile laufen lassen, sie wusste genau, sie hatte Zeit,
und sie würde in jedem Fall gewinnen, egal wie seine Entscheidung ausfiel.
Und als er sich jetzt zu ihr umdrehte, nickte sie erfreut, noch bevor er etwas sagen konnte und stand auf.


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„Ich freue mich wirklich, dass wir uns so gut verstehen, mein Junge.“ sagte sie,
drückte dem immer noch reglos dastehenden Mann einen weiteren Kuss auf die Wange und verabschiedete sich.
„Ich lasse dann unsere Sachen packen und zu dir bringen. Du holst uns doch heute Abend mit dem Wagen ab, oder schaffst du es zeitlich nicht.“
„Doch, natürlich!“ war alles, was er auf die Schnelle herausbringen konnte.
„Dann ist ja alles geklärt. Oh, bevor ich es vergesse,“ sie drehte sich noch einmal zu ihm herum und schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln.
„Wir werden die Gartenparty nächsten Samstag dann natürlich bei dir abhalten müssen. Aber das macht ja nichts.
Schließlich ist ja genug Platz! Bis heute Abend, Nicolas!“
Noch bevor er sich von dem neuerlichen Schock erholen konnte, war sie bereits verschwunden.



++++++++++++++++++++++++

Für heute soll es das gewesen sein. Ich hoffe wie immer, es hat gefallen.
Bis zum nächsten Mal.
Nery
 
Hallo Nery! :hallo:

Erstmal ein ganz großes Entschuldigung, dass ich die letzten beiden Kapitel nichts geschrieben hab! Ich hab zwar die PN bekommen, aber irgendwie hab ich es dann vergessen zu lesen und ich dachte, es sei nur EINE FS die ich noch nicht gelesen hab! Als ich eben sah, dass es gleich drei sind, war ich echt überrascht. :eek: Keine Ahnung, wieso ich das so durcheinander geworfen hab. %)

Mir haben alle drei FS sehr, sehr gut gefallen. Mich hat es nach der FS, in der "Celias Bekannte" auftauchte, ja sehr gegruselt für Celia. Das sieht alles nicht gut aus und fühlt sich nicht gut an, habe ich ja schon angedeutet.

Dass in der Nacht dann noch Zaide (war doch Zaide?) zu Celia ans Bett gekommen ist, hat mich beruhigt, weil ich jetzt weiß, dass sie trotz allem ihre schützende HAlt über sie hält. Auch der weitergehende Traum war sehr aufschlussreich, weil er uns etwas mehr über Celias vergangenheit zu jener Zeit in der Fantasiewelt gezeigt hat. Es verdeutlichte auch das sehr liebevoll Mutter-Kind-Artige Verhältnis zwischen Zaide und Celia.

Nun fragte ich mich natürlich auch, um welche Prüfung es sich handelte für Celia und was danach geschehen ist, als sie in die Menschenwelt eintrat. Auf jeden FAll scheint sie ja sehr große Mächte und Kräfte zu haben.

Nun zum vorletzten Kapitel, das ich einfach nur schön fand. Ich fand es so süß, wie Nicolas und Celia gemeinsam in der Cafeteria waren und Celia ihm dort sein Herz ausgeschüttet hat. Ich mag Nicolas immer mehr, er ist ein herzensguter und anständiger Kerl und hat auch so was beschützend-männliches ;), das ist irgendwie ganz schön so.

Schaaade dass es dann doch nicht zum Kuss kam. :argh: Das Bild kurz vor dem Kuss war übrigens traumhaft schön bearbeitet!

Mit Celias Kopfschmerzen - ich denke mal, das hat auch viel damit zu tun, dass sich ja zwei Kräfte an ihr vergreifen - jene, die ihr alle Erinnerungen aus dem Kopf banne, die andere, die sie wieder aufwecken will. Dass da keine Schmerzmittel anschlagen, ist wenig verwunderlich.

Zum letzten KApitel - jo, nun hat Nicolas offenbar all seine Männlichkeit verloren. Seine Mutter ist eine richtige Schlange. Uaaah, ich hasse diese Menschen, die einem jedes Wort auf der Zunge umdrehen und überall Schlupflöcher dafür finden, dass sie recht haben.

Aber ich verstehe auch Nicolas nur begrenzt: Wieso hat er nicht einfach "NEIN" gesagt? Nur um Arabella zu schützen? geht da seine Geschwisterliebe nicht ein Stück zu weit? Ich glaube, er ist es einfach immer noch gewöhnt, nach der NAse seiner Mutter zu tanzen, zumindest noch viel zu sehr. Und zu gutmütig, er will ihr nicht weh tun und lässt damit mit sich machen, was sie will - zumindest zu einem erschreckenden Großteil :scream:

Das kann ja heiter werden, wenn "Mama" bei ihm einzieht :D Ich bin mal gespannt, wie er seine Wohnung am Abend vorfinden wird. Ob schon die Maler da sind in diesem MOment, wo sie miteinadner sprechen :D? Wäre vorstellbar.


Zusammenfassend waren das mal wieder ganz tolle Fortsetzungen und ich kann offen gesagt null verstehen, wieso DU hier so wenig bis gar keine Ressonanz hast und bewundere Dich, dass Du trotzdem so gelassen fortsetzt. Deine Story hat doch alles, was sie braucht, Du hast Dich unheimlich bemüht im Hinblick auf die Kulissen, die Kostüme, die Maskierung - das ist so wahnsinnig viel Arbeit, die darin steckt. Die Bilder sind einfach sehr gut, nicht zu sehr bearbeitet, aber an jenen Stellen, an denen man es gut gebrauchen kann, durchaus schon. Du machst keine Bildfehler, die dargestellten Situationen sind toll herausgearbeitet.

Dein Text liest sich sehr gut, flüssig und fehlerfrei... die Handlung ist unheimlich vielschichtig und spannend und eigentlich ist FAntasy doch gerade total angesagt ... ich sehe keine Erklärung für die fehlende Ressonanz und wollte Dir nur nochmal sagen, dass ICH auf jeden FAll immer weiterlese - letztlich egal, wo. :hallo:
 
Und hier die 2. Fortsetzung für diese Woche:


@Innad: kein Grund zur Entschuldigung. Das passiert einfach. Danke für den wunderbaren und ausführlichen Kommentar.
Vor Mara darfst du dich gerne gruseln. Ich tu es manchmal selber.
Es war Zaide. Und sie hält tatsächlich ihre Hand über Celia, als einzige, gewissermaßen. Und über Celias Kräfte wird noch nichts verraten.
Soso, du willst einen Kuss? Ernsthaft? Also wirklich, jetzt schon? ;)
Aber zu Nicks Ehrenrettung muss ich doch noch was sagen:seine Männlichkeit hat er nicht verloren, aber er ist tatsächlich ein Familienmensch, der alles für seine Familie tut, er muss ja schon seit vielen Jahren den Mann ersetzen. Fällt ihm oft nicht leicht. Und ein bisschen schlechtes Gewissen hat er auch, weil er sich damals abgeseilt hat, während Bella bei der Mutter blieb.
Aber keine Sorge, auch er hat eine Schmerzgrenze und die hat die Mama gerade erreicht.
Allerdings, die Maler wird Catherine nicht bestellen, immerhin war das Haus einmal ihres, sie hat es also schon mal eingerichtet.
Was die Kommis betrifft, ich verstehe es auch nicht wirklich, aber ich kann ja keinen zwingen.
Und so lange es immer noch ein paar wie dich oder Llynya oder Juls gibt, häng ich ja nicht ganz auf dem Trocknen hier.





Also alles in allem, auch einen herzlichen Gruß an alle stillen Leser. Wenn ihr euch gut unterhalten fühlt, bin ich zufrieden.


Heute gibt es eine Übergangsfortsetzung.




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Er brauchte einen Kaffee! Dringend! Nein, eigentlich bräuchte er einen Brandy, und selbst der würde nicht reichen, um ihn wieder zur Ruhe zu bringen.
Er hatte sich kaum gesetzt, als ein Kollege mit seiner Tasse und einem fröhlichen Lächeln direkt auf ihn zu steuerte,
nur um sich dann nach einem Blick auf seine grimmige Miene schleunigst nach einem anderen Tisch umzusehen. Es kümmerte ihn nicht.
Denn er war wütend, nicht auf seine Mutter, nein auf sich selbst. Er könnte sich ohrfeigen, dass er sich von ihr derart hatte überfahren lassen.
Na gut, es war tatsächlich eine ihrer Galavorstellungen gewesen. Keine Sekunde glaubte er, sie machte das einzig wegen Arabella.
Nein, sie versuchte tatsächlich, auch weiterhin über sein Leben zu bestimmen. Dabei war er genau deshalb in das andere Haus gezogen.
Aber sie sollte sich verrechnet haben, ganz gleich, warum ihr an der Verbindung mit Caroline so gelegen war, er würde ihr den Gefallen nicht tun.
Diesmal nicht!


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Er hatte sich in der Vergangenheit nie wirklich Gedanken darüber gemacht, in welche Richtung sich seine Beziehung zu Caroline entwickeln würde.
Essen, Theater, hier und da eine Party, für ihn war sie einfach eine angenehme Gesellschafterin, selbst wenn ihre spitze Zunge vor niemandem Halt machte.
Ihre gelegentlichen Andeutungen, die in letzter Zeit allerdings immer häufiger und auch immer deutlicher wurden, übersah er geflissentlich.
Eine feste Beziehung und schon recht eine Ehe, wie sie seine Mutter anstrebte, stand derzeit einfach nicht auf seinem Plan.
Nur ist dieser Plan gerade mächtig durcheinander geraten! Konstatierte er sarkastisch. Und das nicht nur durch die Ideen seiner Mutter.
Denn da gab es ja auch noch Celia. Dieses rätselhafte Mädchen, das den ganzen Tag in seinem Kopf herum spukte und ihn einfach nicht mehr los ließ.
„Dr. Blandfort! Dr. Blandfort! Bitte kommen Sie in Zimmer 205!“
[FONT=&quot]Das war sie! Er sprang auf, kaum dass er die Lautsprecheransage vernommen hatte und eilte davon.[/FONT]


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„He, was ist denn mit dir los?“ fragte Mara bein Hereinkommen. „Du liegst ja immer noch im Bett! Ist was passiert?“
Celia schüttelte den Kopf. „Nein, nein, ich hatte nur heute morgen wieder so entsetzliche Kopfschmerzen.“
„Na ja, bei der Umgebung hier ist das nicht weiter verwunderlich.“
Mara musterte die spärliche Einrichtung mit einem verächtlichen Blick.
„Wie sieht es aus?“ erkundigte sie sich dann mit einem merkwürdig gespannten Unterton. „Hast du es dir anders überlegt?“
„Nein!“ Entschlossen schwang Celia die Beine über die Bettkante und stand auf.


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„Du hast vollkommen recht! Ich muss hier raus.“
„Gut! Dann zieh dich mal um! Soll ich dir beim Einpacken helfen? Ich möchte so schnell wie möglich hier wieder weg.“
Celia schüttelte den Kopf. „Das schaff ich schon. Mach’s dir gemütlich!“
„Gemütlich?!“ Das klang schon beinahe schrill. „Ich hatte eigentlich nicht vor, mich hier häuslich einzurichten.“
„Keine Angst, ich beeile mich!“ lachte Celia, auch wenn sie Maras Abneigung gegenüber Krankenhäusern für etwas übertrieben hielt.
„Aber tu mir einen Gefallen, setz dich inzwischen irgendwo hin.“
Nur äußerst widerwillig, so schien es ihr, kam Mara dieser Bitte nach.


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„Siehst du, schon bin ich soweit.“ Verkündete sie nur wenig später, als sie fertig angezogen vor ihr stand. „Zufrieden?“
Mara nickte. Die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie wollte gerade aufstehen, als ihr Blick an Celias Hals hängen blieb.
Nur für den Bruchteil einer Sekunde meinte Celia zu sehen, wie ihre Augen plötzlich ihre Farbe veränderten, blutrot wurden.
Aber das war natürlich ganz unmöglich, das konnte sie sich nur eingebildet haben.
Mara räusperte sich, während ihr Blick unverwandt auf den selben Punkt gerichtet war. Celias Hand fuhr hinauf zu ihrem Hals.
„Ist was nicht in Ordnung, Mara? Ist das deine Kette?“
„Was, ... wie?“ Sie schien ganz verwirrt, mit ihren Gedanken ganz woanders zu sein.
„Die Kette!“ Celia tippte auf das Schmuckstück an ihrem Hals.
„Ich hab sie in meinem Nachtschrank gefunden. Schwester Carol sagte, dass man sie mir während der Untersuchung abgenommen hatte.
Ich dachte, sie würde mir gehören. Es tut mir leid, wenn ....“ Verunsichert brach sie ab.
Und da, endlich, verschwand der angespannte Ausdruck aus Maras Gesicht.
„Nein, nein!“ sagte sie. „Es ist wirklich deine. Ich dachte nur, du hättest sie verloren.“


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Nur zu gerne hätte sie erfahren, was es mit ihrer Kette nun wirklich auf sich hatte.
Dass sie ihr viel bedeutete, das hatte sie schon in dem Moment gewusst, als sie die Schublade aufgezogen und das Schmuckstück darin hatte liegen sehen.
Eine beinahe magische Anziehungskraft war von ihr ausgegangen.
Aber sie bekam vorerst keine Gelegenheit mehr dazu, Mara zu fragen, denn die Tür wurde aufgerissen und Dr. Blandfort kam herein.
Nicht ganz unerwartet. Schwester Carol hatte ihr gesagt, dass er die Entlassungspapiere unterschreiben müsse und sie ihn rufen würde.
Und er schien ganz und gar nicht einverstanden zu sein mit ihrer Entscheidung.
„Was soll das bedeuten?“ fragte er weitaus schärfer als beabsichtigt, als er sie fertig angezogen neben der auf einem Stuhl sitzenden Mara Banning sah.
„Wo wollen Sie hin?“


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„Celia möchte das Krankenhaus verlassen!“ sagte Miss Banning.
„Das hat die Schwester mir gesagt. Ich möchte wissen, warum!“
Er schenkte Miss Banning keinerlei Aufmerksamkeit, seine Augen waren einzig und allein auf Celia gerichtet.
Die fühlte sich unter seinem forschenden Blick zunehmen unwohl.
„Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, Doktor. Ich möchte endlich etwas tun, ich muss wissen, wer ich bin. Mein Name allein reicht mir einfach nicht.
Aber hier im Krankenhaus komme ich nicht weiter. Gewohnte Umgebung! Das haben Sie selbst mir geraten. Und mir fehlt doch nichts.“
„Und ihre Kopfschmerzen? Haben Sie die vergessen? Diese Anfälle haben eine Ursache und die müssen wir finden!“


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„Wie denn? Noch mehr Untersuchungen, die doch nur alle das gleiche Ergebnis haben, nämlich nichts?
Vielleicht gibt es keinen Befund, weil es nichts zu finden gibt. Vielleicht kommt es noch von dem Unfall, vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht.
Und ich will einfach nicht Wochen und Monate damit verbringen, den Grund für etwas zu suchen, das sich womöglich ganz von selbst verschwindet,
wenn ich mein Gedächtnis wiedergefunden habe.“
„Und wenn nicht? Wenn diese Anfälle schlimmer werden?“
„Dann weiß ich doch, wo ich Sie finde, nicht wahr Doktor?“
„Das ist unverantwortlich!“ wollte er sagen, doch stattdessen fühlte er wieder kurz diesen Schmerz in seinem Kopf und nickte stattdessen.


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Celia sah ihn überrascht an. Das ging aber schnell. Eben noch hatte er ihr scharf widersprechen wollen, das hatte sie mehr als deutlich sehen können,
doch auf einmal glätteten sich seine Züge, sein Blick verklärte sich einen Moment lang und dann sagte er ganz ruhig:
„Also gut! Ich kann sie ja nicht zwingen, hier zu bleiben. Und möglicherweise haben Sie sogar recht.
Ihre Chancen, das Gedächtnis wiederzufinden, sind auf jeden Fall in ihrem eigenen Heim größer als hier.“
„Danke Doktor!“ war alles, was sie in ihrer Verwunderung herausbrachte.
Er reichte ihr das Formular, auf dem sie bestätigen musste, dass sie auf eigenen Wunsch und entgegen dem Rat der Ärzte entlassen wurde und setzte,
nachdem sie selbst unterschrieben hatte, seine eigene Unterschrift darunter.


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Er begleitete die beiden Frauen nach draußen, wo ein Taxi bereits auf sie wartete. Bevor Sie ging, drehte sie sich noch einmal zu ihm um.
„Ich danke Ihnen für alles, Doktor Blandfort.“
„Ich wünsche Ihnen alles Gute, Miss Moreau. Und passen Sie gut auf sich auf.“
„Das tue ich schon, keine Sorge.“ versicherte ihm Mara Banning mit einem Lächeln, doch es klang mehr wie eine Drohung.
Irgendetwas stimmte nicht mit dieser Frau. Er musste etwas tun. Schon wieder dieser Schmerz! Grausamer als bisher. Intensiver!
„Alles ist in bester Ordnung, Nicolas!“ hörte er Celia auf einmal sagen, ohne dass sie die Lippen bewegte. Ihre Stimme kam direkt aus seinem Kopf.
Und der furchtbare Schmerz löste sich in nichts auf. „Machen Sie sich keine Sorgen!“ Sie lächelte ihn noch immer an, als wäre nichts geschehen.
Und auch Miss Banning ließ nicht erkennen, dass sie irgendetwas bemerkt hatte.
Er musste sich das eingebildet haben! Litt er etwa an Halluzinationen?







++++++++++++++++++
Das war es für heute wieder. Damit ist das Kapitel Krankenhaus nunmehr offiziell abgeschlossen.
LG
Nery
 
Hallo Nery!


Diese Mara.... :mad: ich könnte sie... arghh! Sie manipuliert Nicholas so sehr, dass dieser natürlich ohne weiteres darauf eingeht, Celia gehen zu lassen.

Und die Kette - Mara hat sie also an sich genommen, und ich nehme an, dass die Kette sehr viel bedeutung hat. Wenn Celia jetzt in Maras Fängen ist, heißt das sicher nichts gutes. Und ob Zaide dann noch so einfach an sie heranzukommen vermag? Ich bin gespannt.

Dass Nicholas jetzt sauer auf sich selbst ist, kann ich übrigens gut verstehen :) Aber er hat recht, er darf sich keinesfalls auf eine Ehe einlassen, die seine Mutter einfädelt. Noch dazu, wo es ja Tradition ist, glückliche Ehen zu haben - da ist das besonders wichtig.

Und nebenbei bemerkt gibt es ja in seinem Herzen mehr oder minder inoffiziell schon nur noch eine ;)
 
Hallö Nery. :)

Du warst einfach zu schnell für mich diesmal, sonst hätte ich schon längst ein Kommi hiergelassen. :argh:

Holla, die Waldfee... Zwischen Nicolas und Celia knistert es gewaltig. Ich finde es toll, wie sehr sich Nicolas bemüht Celia zu trösten, ihr zu versichern, dass es normal ist (auch wenn es das wohl nicht ist :lol:) was sie fühlt. Er gibt ihr so genug Hoffnung, dass sie nicht noch mehr grübelt und sich zurückzieht. Ich hoffe, dass sie auch auf ihn hört und sich nicht zu viele Gedanken darüber macht, was mit ihr nicht stimmt.
Und ich kann Innad nur zustimmen, dass Fast-Kuss-Bild ist wirklich traumhaft. :)

Soso, nun ist Nicolas also in der Klemme. Entweder lässt er seine Schwester hängen oder er akzeptiert, dass seine Mutter mit einzieht. Der Arme! Er kann mir nur Leid tun. Seine Mutter ist wirklich sehr manipulativ und sie scheint immer genau zu wissen, wie sie ihren Willen bekommt. Denn soviel dagegen zu setzen hat Nicolas ja nicht. :naja:
Trotzdem ist es bewunderswert, was er bereit ist zu ertragen, wenn er seiner Schwester damit helfen kann.

Aber klar, dass er sich jetzt darüber ärgert, wer hat schon gerne seine Mutter um sich, gerade als Erwachsener Mann. Ich hoffe, dass er mehr Rückgrat hat, wenn es um seine Beziehung geht und er sich nicht dazu drängen lässt, die Falsche zu heiraten. Lieben tut er ja doch jemand anderen als Caroline.
Soso, Celia will also das Krankenhaus verlassen und natürlich ist Mara ihr dabei behilflich. Ich kann nachvollziehen, dass Celia raus will und so gesehen hat sie ja recht: in gewohnter Umgebung ist die Chance höher sich zu erinnern. Aber die Kopfschmerzen, die sie ja immer wieder hat, sprechen ja nicht gerade für Gesundheit...
Maras Interesse für Celias Kette... Was das zu bedeuten hatte, hab ich gerade mal wieder vergessen. Darum freu ich mich schon auf die Auflösung. %)

Beunruhigend ist bei der letzten Fortsetzung, wie sehr Mara Nicolas beeinflusst. Wer weiß, wozu das noch führt, wenn Mara jeden in Celias Umgebung so manipuliert. :ohoh:

Ich bin gespannt auf die nächste Fortsetzung und ich hoffe, dass ich es dann auch pünktlich schaffe zu kommentieren. Wobei ich mich genauso wie Innad auch wundere, warum du so wenig Kommis kriegst. Verstehen kann ich das nämlich auch nicht.
Ganz liebe Grüße
Llyn
 
Hallo!
Montag und Zeit für die nächste FS.


@Innad: Das Manipulieren ist Maras Job, und das kann sie auch ganz gut, bis auf eben Nicolas, da ist es seltsamerweise nicht so einfach.
Die Kette hat sie nicht an sich genommen, die hat Celia in ihrem Nachttisch gefunden. Aber dass sie diese trägt, das beunruhigt Mara schon sehr.
Und keine Sorgen wegen Nick, er ist zwar herzensgut, aber er ist auch Catherines Sohn, und die würde sich nie zu etwas drängen lassen. ;)


@Llynya: zwei FS pro Woche hatte ich vorgesehen, die Geschichte ist ja fertig, und stell dir mal vor, ich würde hier auch zwei Jahre brauchen.
Nun, Celia und Nick haben sich nicht zum letzten Mal gesehen, das kann ich ja ruhig zugeben. Denn gesund ist sie zwar schon, ihr fehlt nicht wirklich etwas, aber da stimmt eben doch so einiges nicht mit ihr.
Und über Nicks Samariterader kann man einiges erzählen. Abwarten also.

Was das Verstehen betrifft, gehts mir genauso. Aber wie ich Innad schon sagte, zwingen kann man niemand. Ich versuch's gelassen zu nehmen und mir einzureden, dass es den Leuten einfach nur die Sprache verschlagen hat. Was ja dann wohl positiv wäre.%)



Und nun zur heutigen FS



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Celia stieg aus dem Taxi und blieb abwartend am Straßenrand stehen.
Sie waren durch die halbe Stadt gefahren, und zu ihrem Leidwesen war ihr absolut gar nichts bekannt vorgekommen.
Sie fühlte sich, als wäre sie noch niemals hier gewesen.
„Das ist also dein Haus?“ fragte sie schließlich, nachdem sie es lange gemustert hatte.
Vor allem die hohen Fenster, die viel Licht in die Räume bringen mussten, gefielen ihr.
Schon im Krankenhaus hatte sie festgestellt, dass sie enge, dunkle Räume nicht mochte.


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„Unser Haus!“ erwiderte Mara. „Die Küche ist gleich unten rechts, darüber liegt mein Schlafzimmer.
Deins ist links über dem Wohnzimmer. Und gleich daneben befindet sich dein Atelier.“
„Mein Atelier? Ich habe ein eigenes Atelier?“
„Natürlich hast du das! Ich sagte dir doch, dass du Malerin bist. Und die brauchen für gewöhnlich ein Atelier, oder etwa nicht?“
Ihr leicht gereizter Ton strafte ihr freundliches Lächeln Lügen.
Geduld scheint nicht gerade eine ihrer Stärken zu sein, dachte Celia, als sie ihr ins Haus folgte.


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Sie ließ sich von Mara durchs ganze Haus führen und fand es durchaus gemütlich eingerichtet.
Nur eines fiel Celia sofort auf. Nirgendwo entdeckte sie etwas persönliches, kein Foto,
oder irgendwelche Andenken von Maras zahlreichen Reisen, nichts.
An den Wänden hingen Bilder, die zwar schön waren, aber so verschieden in Stil und Ausführung,
dass auch sie nichts über den Geschmack der Besitzerin ausgesagt hätten.
Alles im Haus war peinlich sauber, nirgendwo lag auch nur das Geringste herum.
Selbst hier im Atelier war alles sorgsam aufgeräumt.
„Ich habe wohl gerade nicht gemalt, als der Unfall passierte.“ konstatierte sie angesichts der leeren Staffelei.
„Hängen hier im Haus auch irgendwo Bilder von mir?“


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Mara schüttelte den Kopf.
„Du hast die Bilder ausgelagert. Du warst dabei, deine erste Ausstellung zu organisieren. Und?“
Sie deutete auf den Raum. „Du hast noch kein Wort darüber verloren, ob dir dein Atelier gefällt.“
War das jetzt ein Ablenkungsmanöver? Celia warf der Frau neben ihr einen misstrauischen Blick zu.
Manchmal fragte sie sich, was in dieser oft so unterkühlt wirkenden Frau eigentlich vorging.
„Es ist wunderschön, Mara!“ sagte sie und das meinte sie auch ernst.
So hell und freundlich, beinahe gemütlich, da musste man sich einfach wohl fühlen.
Mara nickte zufrieden und meinte beim Hinausgehen nur noch:
„Du musst Hunger haben. Ich mach uns jetzt erst mal etwas zu essen. Du kannst dich ja noch etwas umsehen.“


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„Warte! Ich komme lieber mit. Ich habe doch noch so viele Fragen.“ Celia lief ihr hinterher.
Die Frau blieb stehen, schluckte merklich und drehte sich um.
„Muss das denn jetzt gleich sein? Warum lässt du dir nicht ein bisschen Zeit, dich wieder einzugewöhnen?“
„Es tut mir wirklich leid, wenn ich dich nerve, Mara!“ entschuldigte Celia, als sie Maras mangelnde Begeisterung bemerkte.
„Aber du bist nun mal die Einzige aus meinem früheren Leben, die meine Fragen beantworten könnte.“
Mara nickte ergeben. „Schon gut. Dann komm mit und stell deine Fragen!“


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Sie holte sich ein Schneidbrett, verschiedenes Gemüse aus dem Kühlschrank und begann damit, es für einen Salat klein zu schneiden.
„Also los! Was willst du wissen?“
„Du hast gesagt, ich habe keine Familie mehr. Gar keine mehr?“
„Nein, keine.“ Sie hakte weiter auf das Gemüse ein.
„Was ist mit Freunden? Oder den Nachbarn?“
„Du bist, warst ein Einzelgänger. Ich weiß nicht, wen von den Nachbarn du kennst. Ich kenn sie ja selber kaum.
Du hast jedenfalls nie was erzählt. Auch nicht von Freunden.“
„Aber wieso denn nicht?


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Mara zuckte mit den Schultern und schnappte sich die fertigen Salatteller, um sie auf den Tisch zu stellen.
„Keine Ahnung. Als du hier eingezogen bist, hast du gesagt, du würdest einfach nur malen wollen und bräuchtest keine Ablenkung.
Viel Gelegenheit zum reden hatten wir auch nicht.
Ich war im letzten halben Jahr vielleicht drei- oder viermal zuhause und war nur froh, dass jemand das Haus hütete,
sich um die Pflanzen kümmerte. Und das hast du ziemlich gut gemacht. Du hast ein grünes Händchen.“
Celia folgte ihr zum Tisch und setzte sich.


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„Und wie ist das mit den Kosten?“
„Was meinst du damit?“ Mara versuchte Zeit zu gewinnen und seufzte. Dieses Mädchen fragte und fragte, hörte das denn nie auf?
Und was für Fragen sie stellte! Jetzt musste sie sich schon wieder die nächste Geschichte ausdenken.
„Na das ist dein Haus. Und ich wohne hier. Bezahle ich dir Miete? Und wenn ja, wo nehm ich das Geld dafür her?
Wovon lebe ich? Hab ich einen Job oder so was ähnliches?“
„So was ähnliches! Deine Eltern haben dir etwas Geld hinterlassen. Du bist nicht unbedingt reich, aber es genügt, dass du in Ruhe leben kannst.
Und nein, du bezahlst keine Miete, nur deine eigenen Kosten. Reicht das fürs erste? Können wir jetzt erstmal essen?“


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Celia nickte. Erst jetzt, als sie den Teller vor sich stehen hatte, merkte sie, dass sie tatsächlich Hunger hatte.
Allerdings blieb ihr schon der erste Bissen fast im Halse stecken. Himmel, war das sauer!
Verdeckt unter ihren langen Wimpern schielte sie vorsichtig zu Mara hinüber und stellte amüsiert fest, dass auch sie arge Mühe mit dem Essen hatte.
„Ist was nicht in Ordnung?“ fragte sie scheinheilig und Mara verzog den Mund.
„Ich vermute mal, du hast auch schon bemerkt, was für eine miserable Köchin ich bin.“ Beide lachten.
„Vielleicht sollten wir uns doch lieber Pizza bestellen!“ schlug Celia fast schon unter Tränen vor.
„Dr. Blandfort hat mir erzählt, es gäbe hier ganz in der Nähe einen sehr guten Italiener.“


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„So, so, Dr. Blandfort hat dir das erzählt. Der junge Arzt scheint es dir ja ganz schön angetan zu haben!“
Diesmal war es Mara, die ihr Gegenüber sorgsam musterte und Celia stocherte in ihrem Essen herum und wurde zu Maras Zufriedenheit tatsächlich rot.
„Hab ich was Falsches gesagt?“
„Nein. Ich .... Na ja, er ist sehr nett.“ stotterte sie.
„Und er sieht ganz nebenbei auch noch ganz gut aus, nicht wahr?“ hakte Mara nach.
„Das ist mir gar nicht aufgefallen“ behauptete Celia, allerdings ohne recht überzeugend zu wirken. „Außerdem ist das doch nun wirklich nicht wichtig.“
„Wenn du das sagst!“ Mara beließ es dabei, sie wusste ohnehin schon, was sie hatte in Erfahrung bringen wollen.
Reshannes Auftrag lautete, dafür zu sorgen, dass sie sich in der Menschenwelt so wohl fühlte, dass sie nicht mehr zurückkehren wollte.
Gab es einen besseren Weg als die Liebe zu einem Menschen? Dass der gute Doktor längst Feuer gefangen hatte, war ja nun nicht zu übersehen gewesen.


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„Was ist denn nun mit der Pizza?“ fragte Celia, der das wissende Lächeln der Freundin ganz und gar nicht recht war.
„Gute Idee! Ich rufe sie an. Die Nummer wird sich ja irgendwie rauskriegen lassen!“ Mara stand auf und ging nach draußen.
„Versuchs mit dem Telefonbuch!“ rief sie Celia ihr nach. „Ich habe, glaube ich, vorhin eins unter dem Telefontisch gesehen.“
Sie hörte nur noch ein gemurmeltes: „Ach ja, wie dumm von mir!“ und schüttelte den Kopf.
‚Man könnte meinen, Mara hätte ihr Gedächtnis verloren und nicht ich!’ dachte sie bei sich, während sie die Reste des Salats in dem Müll warf.
Einerseits wirkte Mara jedem überlegen, selbstsicher und manchmal sogar regelrecht arrogant,
nur um dann wieder mit den einfachsten Dingen des Alltags die größten Schwierigkeiten zu haben.
[FONT=&quot]Vielleicht waren sie ja deshalb Freundinnen geworden, weil sie sich gegenseitig brauchten.
[/FONT]

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Die Pizza war natürlich um Längen besser gewesen, als Maras verunglückter Salat.
Ja, Mara schien sogar ausgesprochen überrascht zu sein, WIE gut es ihr schmeckte.
Nach dem Essen schützte sie starke Müdigkeit vor und bat Celia ihr nicht böse zu sein, wenn sie sich jetzt zurück zog.
Aber Celia dachte gar nicht daran, ihr böse zu sein.
Sie fühlte sich selbst reichlich erschöpft, also ging sie mit Mara nach oben und zog sie mit einem Gute-Nacht-Gruß spontan in die Arme.
Mara schien sich unbehaglich zu fühlen, erwiderte die Umarmung aber dennoch, bevor sie in ihrem Schlafzimmer verschwand.
Und nach einer regelrechten Katzenwäsche kletterte Celia in ihr Bett, kuschelte sich in die Kissen, schloss die Augen und war innerhalb weniger Minuten eingeschlafen.


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Es musste beinahe Mitternacht sein, als Zaide vor dem Haus erschien.
Sie konzentrierte ihre Gedanken auf das Innere des Hauses und stellte befriedigt fest, dass sie zum richtigen Zeitpunkt gekommen war.
Celia befand sich allein in dem Gebäude. Marhala musste in der anderen Welt bei Reshanne sein, um ihr Bericht zu erstatten.
Und natürlich erstreckte sich ein Bann um das gesamte Grundstück, der jeden Menschen davon abhalten sollte, es zu betreten.
Nicht nur die Menschen. Auch den Mitgliedern ihres eigenen Volkes, vor allem aber ihr selbst sollte der Eintritt verwehrt werden.
Das war als Schutz gedacht, für Celia und vor ihr.
Zaide musste lächeln. Marhala und Reshanne hatten sich wirklich Mühe gegeben. Aber zumindest in ihrem Fall vergeblich.
Denn Zaide hatte vorgesorgt und einen Weg gefunden, diesen Bann zu umgehen.
Außer dem, der diesen Bannkreis erschaffen hatte, gab es nur noch ein einziges Wesen, das ihn durchbrechen konnte.


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„Wie stellst du dir das vor, Zaide? Du verlangst von mir, mich gegen Reshanne zu stellen, gegen die Gebieterin?“
„Nein, natürlich nicht, Ranyia. Aber dies ist ein Notfall. Solange Celia sich nicht erinnert, kann sie nicht zurückkehren.
Und in der Menschenwelt ist sie einfach nicht sicher. Das hat man doch gesehen!“
Die Frau maß sie mit einem ernsten Blick. „Ich kenne die Wahrheit, Zaide!“ sagte sich nach einer langen Pause leise.
„Woher?“
„Du vergisst, wer ich bin. Menschen träumen. Und nicht alle Träume kommen von mir. Dennoch weiß ich davon.“
„Was hat sie geträumt, vor dem Unfall?“ verlangte Zaide zu wissen.


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Aber die Frau schüttelte den Kopf. „Ihre Träume gehören ihr allein. Du wirst warten müssen, bis sie sich erinnert und dir selbst darüber berichtet.
Aber ich weiß, wen du in Wahrheit fürchtest. Und du tust es mit Recht!“
„Was weißt du über Varik?“ Zaide flüsterte nur noch, als habe sie Angst, auch nur seinen Namen laut auszusprechen.
„Mehr als genug, und mehr als mir lieb ist. Nein...“ wehrte sie eine neuerliche Frage ab. „Es muss dir genügen, dass ich dir helfe.
Denn auch ich glaube, dass Reshanne sich irrt. Celia muss sich erinnern, andernfalls hat sie gegen Varik keine Chance.
Das wäre fatal für uns alle.
Und er wird kommen, bald! Sehr bald!“


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„Ich bin soweit, Ranyia!“
Zaide hatte es kaum ausgesprochen, als sie sich auch schon in das Haus hineingezogen fühlte und sich direkt vor dem Bett des Mädchens wiederfand.
„Danke!“ flüsterte sie leise, beugte sich hinunter über das schlafende Mädchen, streichelte ihr sanft über das Haar und hauchte ihr ein paar Worte ins Ohr,
bevor sie das Licht wieder löschte und verschwand.
„Wir sehen uns in deinem Traum, mein Kind! Dank Ranyias Hilfe wirst du deine Erinnerungen noch einmal selbst durchleben können!“
hatte sie gesagt und Celia hörte es, obwohl sie tief und fest schlief.
Ohne sich in Wirklichkeit zu rühren, fühlte sie, wie sich erhob, über dem Bett schwebte und sich ganz plötzlich in atemberaubender Geschwindigkeit an einen anderen Ort begab,
wo sie direkt in den Körper eines Mädchens fuhr.



+++++++++++++++++++++++++
Und das war es nun mehr für heute wieder. Hoffe wie immer, es hat gefallen, und vielleicht... nur vielleicht... findet sich ja doch noch jemand, der meine tapfer durchhaltenden Kommischreiber unterstützt.
 
Hallö Nery. :)

Erstmal muss ich noch sagen, dass ich es gut finde, dass es hier so zügig voran geht. Ich hab mich letztes Mal eher über mich und meine wenige Zeit geärgert und nicht über dein Tempo. ;)

Eigentlich sollte man jetzt ja sagen: endlich wieder Zuhause! Aber irgendwie passt das nicht, denn so richtig scheint es ja nicht Celias Zuhause zu sein und wohl fühlen scheint sie sich ja auch nicht. Was aber auch an der Sauberkeit liegen kann. Einrichtung ist ja schön und gut, aber ich finde, dass es auch wohnlich sein sollte und da darf dann auch mal was rumliegen. Wer lebt schon gerne in Sterilität. :naja:
Die Gespräche zwischen Mara und Celia fand ich sehr aufschlussreich, vor allem das Maras Charakter so gut dabei rauskommt. Für sie sind die Dinge, die Celia wissen will, nur unwichtige Kleinigkeiten und damit hat sie sich ja sonst nie beschäftigt. Was ihre Aufgabe gleich schwieriger macht und ich frage mich, ob Reshanne das bedacht hatte, als sie ihr den Auftrag gab. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man jemanden zum Menschen machen kann, ohne ihm die menschliche Seiten näher zu bringen. Klar, falls etwas schief geht, sollte Mara die Richtige sein um eine Katastrophe zu verhindern, aber ob das reicht?
Und wer weiß, vielleicht lehrt Celia Mara ja auch einiges was Menschlichkeit angeht und Mara bleibt nicht so kühl wie sie jetzt ist. Die Umarmung war ja vielleicht sogar ein Schritt in die Richtung. %)
Was mich zum Lachen gebracht hat, war die Vorstellung von Mara als Kupplerin. Einfach zu köstlich. :lol:

Ich bin jetzt gespannt, was Zaide jetzt für einen Traum bei Celia hervorruft. Sie gibt sich ja ganz viel Mühe, dass sich Celia wieder an ihre Vergangenheit erinnert und setzt damit auch einiges aufs Spiel. Ich hoffe, dass sie dabei bedacht hat, dass es nicht nur sie die Konsequenzen tragen muss, sondern auch ihre Helfer. :ohoh:

Und für dein Durchhaltevermögen: *knuddel*
Llyn
 
Hallo liebe Nery,

Mensch, hier sind wir ja schon richtig weit. Ich hab schon ein schlechtes Gewissen, weil ich solange nicht mehr hier war und einen Kommi hinterlassen habe, aber im Moment komme ich wegen Stress an der Arbeit nicht mal mehr zum Basteln *EntzugserscheinungenHab*, geschweige denn, mal mein Spiel zu starten oder hier etwas zu lesen. Freizeit-Spass habe ich gerade mal angetestet, nur um dann aus meiner Residenz mit "Die Anwendung ist abgestürzt..." rauszufliegen *Grummel*.

Genug geklagt. Jetzt wieder zur Hauptsache, nämlich dieser wunderbaren FS!

Irgendwie finde ich Marhala in der Menschenwelt furchtbar drollig. Ein so mächtiges, Ehrfurcht gebietendes Wesen in der "anderen" Welt, dem alle mit Furcht und Respekt begegnen steht da und schnippelt Salat, um sich den Anschein von "Normalität" zu geben. Von den fehlgeleiteten Versuchen, ein der Menschenwelt angepasstes Make-Up zu finden und Telefonbüchern wollen wir da erst gar nicht reden. =)
Wunderbar, wie sie in unbekannten Gewässern schwimmt und gleichzeitig versucht, auch weiterhin über allem zu stehen.
Sie hat echt Glück, dass Celia im Moment eher der Durchblick fehlt und ihr aufgrund ihrer Situation nur gelegentlich mal etwas spanisch vorkommt.

Was ich auch toll gelungen finde, ist dieses Haus, das Celia als ihr angebliches Zuhause präsentiert wird. Es ist sehr elegant und ansprechend möbliert, aber als Leser hatte ich sofort das Gefühl "hier gehört sie nicht hin". Celias Heim ist bestimmt anders, persönlicher. Das hast Du in der Stimmung der Bilder super hingekriegt, vor allem, weil auch alles in diesen etwas kühleren Grüntönen gehalten ist.

Ich hoffe jetzt auch sehr, dass die Traum-Erinnerung, die Zaide und Ranyia ihr "schicken", auch tatsächlich hilfreich für sie ist und sie nicht noch mehr verwirren.

Viele liebe Grüsse!
 
Und schon wieder Donnerstag? Meine Güte!

Nun, dann werd ich mal wieder unverdrossen weiter machen.

@Llynya: wer von hat schon immer soviel Zeit wie er gern hätte, was? Ich bin froh, dass du es liest, es dir gefällt und du dir immer wieder die Zeit für deine schönen Kommentare nimmst. Großes dickes Dankeschön an dich!

Ich glaube nicht, dass Reshanne sich wirklich Gedanken darüber gemacht hat, dass Marhala in der Menschenwelt vielleicht nicht besonders gut zurecht kommt. Bisher war das ja auch nicht nötig. Da geht man hinüber, erledigt seinen Auftrag und verschwindet wieder.
Problematisch wird das Ganze vor allem, da Celia keine Schwierigkeiten damit zu haben scheint, sich also entsprechend wundern kann und wird.
Allerdings wird Marhala keine Menschlichkeit lernen, erstens weil sie sich das strengstens verbitten würde und zweitens, weil sie es tatsächlich nicht kann. Das kann ich durchaus verraten. :)

Und die Konsequenzen, die sich aus Zaides Hilfe ergeben, sind der vollkommen egal, hier geht es um etwas, das ihr mehr bedeutet als alles andere. Da gibt es kein Halten mehr.


@Julsfels: Du musst überhaupt kein schlechtes Gewissen haben, ganz und gar nicht. Ohne dich hätte ich die Geschichte gar nicht hier hinein gesetzt, ohne dich würde es soviele Dinge gar nicht geben. Nein, nein. Ich freue mich, wenn du es schaffst, und sonst denke ich einfach an dich, mit jeder neuen Fortsetzung und beim Basteln an der nächsten Story.

Ich muss gestehen, dass mir die Szenen mit Marhala immer so ganz nebenbei eingefallen sind und ich nie wirklich sicher war, ob es auch gut so ist. Aber es scheint, als müsse das einfach sein.
Sie gibt sich ja die größte Mühe, aber um es wirklich zu lernen, widert sie das Menschsein einfach zu sehr an.

Wow, deine Bemerkung wegen des Hauses ist toll. Genau das war der Grund, es so einzurichten. Kühl, unpersönlich, nicht ohne Geschmack, aber ohne einen speziellen. Man hat es eben schnell hergerichtet, mit allem, was ein Mensch so braucht, aber das war es auch schon.
Noch fällt Celia das nur unbewusst auf, aber wer weiß, wie lange das so bleibt, was? ;)




Und nun werde ich einfach weitermachen. Hier nun der Traum, oder die Erinnerung an einen überaus wichtigen Lebensabschnitt eines außergewöhnlichen Mädchens.


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Das Mädchen schien ihr seltsam vertraut, ebenso wie die Frau, die vor ihr stand und beruhigend auf sie einredete.
Es dauerte aber dennoch eine Weile, bis ihr wieder einfiel, woher. Sie stammten aus ihrem letzten Traum.
Und dann verschwanden ihre eigenen Gedanken und sie wurde eins mit dem Mädchen.
„Entschuldige, was hast du gerade gesagt?“ fragte sie die Frau, die verständnisvoll nickte.
„Ich sagte, es ist ganz normal, nervös zu sein vor einem so wichtigen Schritt.
Wenn du dir nicht sicher bist, ob du ihn gehen willst, ob du bereit bist, dann ist noch immer Zeit zur Umkehr.
Niemand würde dir Vorwürfe machen!“
„Nein, ich habe keine Zweifel! Ich bin soweit, wirklich!“


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„Nun gut. Es ist deine Entscheidung!“ Die Frau lächelte sie an. Wie viel Liebe und Zuneigung in diesem einen Blick lagen!
„Ich bin sehr stolz auf dich.“ fuhr sie fort. „Du wirst ein würdiges Mitglied der Elo-i sein.
In diese Kaste aufgenommen zu werden, von der Herrscherin selbst, ist eine hohe Ehre, die aber auch eine große Verpflichtung mit sich bringt.
Du weißt, die Elo-i sind die Führer unseres Volkes, nur die mächtigsten unter uns gehören zu ihnen.
Und so wie die mittlere Kaste der Cha-yi und die untere der Benda ihre Kräfte auf ihre Kinder übertragen, so tun auch wir das.
Damit sie, wenn der Tag kommt, an dem wir die letzte Reise antreten, unseren Platz einnehmen können.
Vergiss das nicht, mein Kind, niemals, denn wenn unsere Energien gleich deine Kräfte aktivieren,
wirst du allein die Verantwortung dafür tragen, wofür du sie einsetzt.
Du wirst über Fähigkeiten verfügen, die bewahren aber auch zerstören können!“


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„Ja, ich weiß!“ antwortete das Mädchen mit dem gleichen Ernst.
„Ihr habt mich alle gut unterrichtet. Und ich werde dich gewiss nicht enttäuschen!“
„Davon bin ich überzeugt! Du warst eine gute Schülerin.“
In ihren Augen glänzten Tränen der Rührung, als sie dem Mädchen zärtlich über die Wange strich.
„Soviel Freude hast du in mein Leben gebracht, in unser aller Leben.
Und jetzt wirst du bald für immer eine von uns sein. Das war wirklich jedes Risiko wert.“
Das letzte sagte sie schon mehr zu sich selbst, denn sie nickte ihr noch einmal aufmunternd zu, ....


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....bevor sie sich abwandte und durch das große Tor verschwand, um ihren Platz im Ratstempel einzunehmen.
Das Mädchen blieb allein zurück. So war es Tradition.
Allein musste sie den Tempel betreten, das Allerheiligste ihres Volkes,
musste sich den Führern präsentieren und deren Wohlwollen erbitten, damit man sie aufnahm in ihre Kaste.
Es soll, so hatte sie von Alyssa erfahren, schon Fälle gegeben haben, in denen ein Kandidat noch im letzten Moment abgelehnt worden war.
Das stand in ihrem Fall eigentlich nicht zu befürchten, aber man konnte ja nie wissen.
So war ihr Herzklopfen durchaus verständlich, als sie auf das Tor zuging.


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Und dann war es soweit. Die Torflügel öffneten sich. Man befahl ihr einzutreten.
Vor ihr lag die Große Halle des Ratstempels, dessen Decke der Sternenhimmel war.
Es hieß, nichts würde die Säulen und Bögen in ihrer Position halten, als die Macht des Rates.
Und wer immer diesen Raum betrat, tat das nur mit deren Genehmigung.
Andernfalls konnte man laufen und laufen, sein Leben lang und man würde doch niemals den Thron der Herrscherin erreichen.
Aus diesem Grund blieb sie jetzt auch stehen. Sie musste warten. Warten auf das erlösende Wort in ihrem Kopf.
Wie lange, das konnte niemand vorher sagen. Zeit hatte hier keine Bedeutung.


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Und so stand sie da, geduldig, fast ein wenig verloren. Schüchtern, den Blick fest auf den Boden gerichtet.
Immer heftiger schlug ihr Herz, während sie in die atemlose Stille lauschte.
Die Luft vibrierte, die kühle Brise des Nachtwindes lag mit der Wärme der unzähligen Kerzen der Wandelhalle im Wettstreit.
Bis in die Tiefe ihrer Seele hinein spürte sie die Magie und die Macht dieses Ortes.
Hier lag das Zentrum der Welt, seit den Tagen der Großen Mutter, als die Weltenordnung von ihr geschaffen worden war,
regierte hier der Rat der Elo-i und sorgte dafür, dass beide Welten, die der Menschen und ihre eigene in Harmonie nebeneinander existierten.
Und nun würden sie über ihr weiteres Schicksal entscheiden.


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Daria, die Herrin der Natur.
Eine Heilerin und Beschützerin der Pflanzen und Tiere!
Jedes Lebewesen gehorchte ihrem Willen.


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Cyros, der Herr der Elemente.
Feuer und Wasser, Erde und Luft, all dies war ihm untertan.
Er vermochte ebenso einen verheerenden Sturm zu beschwören wie den Ausbruch eines Vulkans.


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Zaide, die Herrin der Seelen.
Ihre Diener geleiten die Toten in ihr nächstes Leben.
Sie besaß die Macht, die Menschen zu verdammen oder zu erheben.


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Und Zardon., der Herr des Lebens.
Er schenkt und nimmt den Menschen das Leben.
Aber er liebt sie nicht.
Tief in seinem Herzen glaubt er, dass sie sein Geschenk nicht mehr verdienen.


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Nachdem sie nunmehr allen Ratsmitgliedern ihre Aufwartung gemacht und deren Zustimmung erhalten hatte,
ging sie gemessenen Schrittes auf den Thron zu und versank, als sie ihn erreichte, in einer tiefen Verneigung vor der Herrscherin.
Reshanne sah freundlich auf das Mädchen herunter.
War es wirklich schon über zweihundert Jahre her, dass Zaide mit diesem Kind auf dem Arm zu ihr gekommen war und ihre Zustimmung erbeten,
nein verlangt hatte, sie bei sich zu behalten?
Sie konnte sie es nicht verweigern, denn das Mädchen gehörte ganz offensichtlich zu ihnen, selbst wenn ein solcher Fall nur äußerst selten vorkam.
Aber sie bestand alle Tests und Zaide hatte das Urteil des Rates, den Reshanne vorsichtshalber hinzugezogen hatte,
triumphierend zur Kenntnis genommen, ohne sich indes mit ihr zu versöhnen.
Doch Reshanne hatte nicht die Absicht, das Mädchen für die Sturheit der Schwester büßen zu lassen.
Das passte nicht zur Herrin der Welt. Zudem war sie dem Mädchen wirklich zugetan, selbst wenn Zaide das natürlich abstreiten würde.


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„Was ist dein Begehr?“ fragte sie nach der traditionellen Formel.
„Die Aufnahme in die Kaste der Elo-i, oh Gebieterin.“
„Glaubst du, dass du dessen würdig bist?“
„Nein!“ antwortete sie, wie es der Brauch war. „Aber ich möchte es werden.“
„Bist du bereit, den Eid zu schwören, der dich für immer mit uns verbindet? DU bist nicht verpflichtet dazu?“
Das Mädchen wunderte sich, warum die Herrscherin gerade dies so sehr betonte. Zweifelte sie doch an ihrer Eignung?
Sie hob den Kopf und sah Reshanne entgegen der Vorschrift direkt in die Augen.
Sie fand keine Ablehnung darin, nur zurückhaltendes Wohlwollen.
„Ich bin bereit, Gebieterin!“
"Haben die ehrwürdigen Mitglieder des Rates Einwände gegen die Aufnahme dieses Mädchens?"
fragte Reshanne und blickte in die Runde.


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Ein kurzer angespannter Augenblick des Wartens, in dem niemand sprach.
Dann gab Reshanne ein Zeichen, worauf sich alle erhoben und eine Art Kreis um das Mädchen herum bildeten.
„Celia, der Rat der Elo-i hat dich der vorgeschriebenen Prüfung unterzogen und dich für würdig befunden,
in unsere Kaste aufgenommen zu werden.“ verkündete Reshanne feierlich und Celia atmete tief durch.
Ein zentnerschwerer Stein fiel von ihren Schultern. Sie hatte es geschafft.
„Nun schwöre, dass du den Gesetzen der Elo-i Folge leisten, deine Fähigkeiten ebenso in den Dienst unseres eigenen Volkes
als auch in den der Menschen stellen wirst, so wie die Große Mutter es bestimmt hat.
Schwöre, dass du die Macht, die uns gegeben ist, nur zum Wohle und nicht zum Schaden anderer einsetzen wirst.“
„Ich schwöre.“
Reshanne nickte Cyros zu, der daraufhin langsam seinen Stab senkte.
Ein feines helles Licht breitete sich von seinen Füßen über den Boden aus, wurde verstärkt, wenn es auf ein anderes Ratsmitglied traf.
Jeder von ihnen begann von innen heraus zu leuchten, und Celia fühlte ein eigenartiges Kribbeln in ihren Beinen aufsteigen.


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Blitze schossen aus dem Stab und aus den Händen der anderen, verbanden sich miteinander.
Sie schlossen sie in einen Ring aus reiner Energie ein.
Das Kribbeln wurde stärker und stärker, begann zu schmerzen, immer heftiger, als würde ihre Haut verbrennen.
Sie glaubte schreien zu müssen, und konnte es doch nicht. Warum hatte ihr niemand gesagt, wie qualvoll dieses Ritual sein würde.
Aufhören, aufhören rief sie in Gedanken. Und hört mich denn keiner?
Die Bilder der anderen verschwammen, der Raum versank in weißem entsetzlich kaltem Nebel.
Sie sah kaum ihre Hand, hörte nur noch ihren eigenen Herzschlag.
Und dann kaum aus dieser Leere eine Stimme, grausam und böse, die einer riesigen Faust gleich nach ihr zu greifen schien.
„Jetzt gehörst du mir!“
„Nein, nein!“ rief sie in das Nichts.
Keine Antwort.


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Der Nebel lichtete sich, der Schmerz verging und ein tiefes Gefühl von Ruhe und innerem Frieden breitete sich in ihr aus.
Als sie die Augen öffnete, hatte sich die Welt um sie herum verändert. Das Licht, die Farben, alles erschien ihr intensiver.
Sie hörte das Flüstern des Windes ebenso deutlich wie das leise Rauschen der Blätter in den Wipfeln der sie umgebenden Bäume.
Tausende Gedanken rasten in einer einzigen Sekunde durch ihren Kopf, füllten ihn mit dem Wissen aller Generationen vor ihr.
Es war ein Rausch der Sinne, in dem sie am liebsten tanzen wollte.
Sie müsste nur ihre Flügel ausbreiten und die Sterne wären zum Greifen nah.


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Ihre Flügel! Vorsichtig schielte sie über die Schulter nach hinten, um einen Blick auf die großen Schwingen zu erhaschen.
Sie erinnerte sich noch genau an den Tag, als sie zum erstenmal Zaides dunkle Flügel gesehen hatte.
Sie sah damit so verändert, so furchteinflößend aus, dass sie, ein Kleinkind noch, anfing zu weinen.
Zaide hatte sie in den Arm genommen und gesagt: „Eines Tages wirst du deine eigenen Flügel bekommen!“
„Wann?“ hatte sie gefragt.
„Wenn du sie dir verdient hast.“
Und nun war es soweit!
„Willkommen in unserem Kreis! Möge die Weisheit der Großen Mutter dich stets sicher geleiten!“
sagte Reshanne und Celia strahlte sie an, während sie die Glückwünsche der Ratsmitglieder entgegennahm.


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„Du hast, wie ich sehe, Darias Oase schon gefunden.“ meinte Zaide später, als sie auf der Suche nach ihr den Garten durchstreifte
und sie am Ufer des kleinen Teichs stehen sah.
Sie hatte sich eine Weile mit Daria unterhalten und dabei nicht bemerkt, wie das Mädchen verschwunden war.
Lächelnd erkundigte sie sich nach ihrem Befinden nach dem Ritual.
Doch sie erhielt keine Antwort. Geistesabwesend starrte Celia in die Tiefe und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen.
So viele neue Eindrücke galt es zu verarbeiten, dass es schon fast zuviele waren.
Aber nicht das hatte sie regelrecht die Flucht in die Stille ergreifen lassen.
Zum einen erinnerte sie sich plötzlich wieder an diese furchtbare Stimme, die ihr soviel Entsetzen eingeflößt hatte.
Und zum andern war es Zardon.


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Wie die anderen Ratsmitglieder auch hatte er ihr gratulieren wollen, doch als sie sich zu ihm umdrehte,
ergriff eine merkwürdige Unruhe von ihr Besitz. Seine grauen Augen musterten sie kühl
und sie hatte das untrügliche Gefühl, dass er sie nicht mochte und fragte sich wieso.
Ohne dass sie es beabsichtigte, drangen ihre Gedanken in die seinen ein, tiefer und tiefer,
suchten nach dem warum und fanden eine klaffende Wunde, nicht neu, doch nie verheilt.
Seltsamerweise sah sie sich selbst als einen Teil dieser Wunde.
Aber das konnte unmöglich sein, denn sie war dem Herrn des Lebens vor diesem Tag noch nie begegnet!
Dennoch bestand irgendeine Art von Beziehung zwischen ihnen.
Und auch er schien das zu spüren, denn er murmelte flüchtig seinen Glückwunsch und wandte sich danach sofort von ihr ab,
nicht ohne ihr noch einmal von der Seite einen finsteren Blick zuzuwerfen.


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„Celia?“ Zaides Stimme drang endlich zu ihr durch.
„Wo bist du nur mit deinen Gedanken?“ fragte sie, setzte sich auf die Bank an der Mauer und klopfte einladend auf den Platz neben sich.
„Komm, setz dich und erzähle mir, was dich so beschäftigt.
Und falls du nicht vorhast, davon zu fliegen, solltest du deine Flügel ruhig verbergen. Es ist mit Sicherheit bequemer!“
Celia zögerte. Sollte sie Zaide von Zardon erzählen? Als Mitglied des Rates wusste sie doch sicher mehr über ihn.
Oder war es womöglich besser zu schweigen? Wieso stellte sie sich überhaupt diese Fragen.
Sie hatte keinen Grund, ihr nicht zu vertrauen. Dennoch ....
Zaide schaute abwartend zu ihr auf.
Und Celia beschloss, ihr die Vermutungen ebenso zu verschweigen wie die Stimme während des Rituals.
Wenigstens für’s erste.


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„Nun?“ fragte Zaide, nachdem Celia sich endlich verwandelt und neben sie gesetzt hatte.
„Warum hast du dich hier verkrochen und machst ein Gesicht, als hätte man dir die Flügel weggenommen, statt sie dir zu schenken?
Ich dachte, dies wäre der glücklichste Moment deines Lebens.“
„Das ist er auch. Es war unglaublich und ich fühle mich, als könnte ich die Welt aus ihren Angeln heben.“
„Das ist gar kein so schlechter Vergleich. Wenn du es wirklich wolltest, könntest du es vermutlich tun.“
„Übertreibst du da nicht etwas?“ Celia lachte bei der Vorstellung, doch Zaide blieb ernst.
„Ganz und gar nicht. Es ist genauso wie ich es sagte. Du wirst bald herausfinden, zu welchen Dingen du wirklich fähig bist.
Und es wird deine kühnsten Träume übersteigen.“


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„Weißt du, ich möchte dich nicht verärgern, aber ich ... ich ....“
„Ja?“ Zaide kannte Celia zu gut, um durch ihr Stottern nicht alarmiert zu werden.
Und sie ahnte auch schon, worauf sie hinauswollte.
„Erinnerst du dich, was du mir vor ein paar Tagen, bevor wir hierher gekommen sind, versprochen hast?“ fragte sie denn auch.
„Ja, ich erinnere mich daran.“ Es gab kein Zurück mehr, das wusste Zaide. Kein Argument, kein Vertrösten.
Und hatte sie nicht ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren, jetzt, wo es nicht mehr von Bedeutung war,
wo sie zu ihnen gehörte, wo es kein Makel mehr war.
Sie nickte entschlossen.
„Ja, ich werde dir sagen, wer dein Vater war.“
Sie beachtete Celias freudig überraschte Miene nicht, sondern holte tief Luft.
„Dein Vater hieß Adrian. Er starb, noch bevor du geboren wurdest. Und er war ein Mensch!“



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Das war's wieder für heute. Ich nehme an, man hat schon mit dieser Antwort von Zaide gerechnet.
Wünsche euch allen ein schönes Wochenende. Bis zum nächsten Montag.
Nery
 
Hallö Nery. :)

Was für eine schöne Fortsetzung. :)
Der "Traum" war so, wie soll ich sagen, echt, dass es nur eine Erinnerung sein kann. Ich kann verstehen, dass Celia nervös ist. Wer wäre das nicht, wenn er gleich auf Herz und Nieren geprüft wird und auch noch solch große Macht verliehen bekommt. Alleine schon die Verantwortung dafür zu tragen, würde so manch einen schon nervös machen und dann auch noch das Warten am Anfang, einfach eine schreckliche Vorstellung. :argh:
Sehr schön fand ich, wie Celia an den Ratsmitglieder vorbeigegangen ist. So konnten wir die übermächtigen Herrscher auch gleich kennenlernen. Ganz besonders Zardon und Zaide sind sehr interessant.
Nun wurde Celia also auch in den erlauchten Kreis aufgenommen und darf jetzt Flügel tragen... Fliegen wäre so toll... *schwärm, abschweif*
Die Stimme am Ende der Zeremonie macht mir aber doch Angst. Wer war das und warum erhebt er Anspruch auf Celia? Und ist es wirklich klug von ihr, mit niemanden darüber zu sprechen? Fragen über Fragen...
Genauso wie mit dem Gefühl, was sie bei Zardon gehabt hat, noch eine offene Frage, was das zu bedeuten hatte.

Ah, das Geheimnis um ihren Vater lüftet sich also auch. Ein Mensch ist es also, kein Wunder, dass Zaide da so ein Geheimnis daraus macht. Auch wenn ich ahne, dass da noch mehr dahinter steckt, als "nur" das. =)

Hach, wirklich eine tolle Fortsetzung mit so vielen interessanten offenen Fragen. *g*
Ich freu mich auf Montag, wenn es weitergeht. :)
Ganz liebe Grüße
Llyn
 
Hui, Du bist wirklich zu schnell für mich :)

Also, ich habe alle beiden FS wieder sehr gemocht, die letzte vor allem, aus verschiedenen gründen, zum einen gefallen mir die Bilder aus dem Reich der Elo-i einfach sehr, sehr gut, zum anderen ist es schön, endlich mehr über Celia, ihre Fähigkeiten und ihre Vergangenheit zu erfahren.

So wie es jetzt aussieht, ist es ja so, dass Celia einen bestimmten, sehr gefährlichen Feind hat, der es nur genau auf sie abgesehen hat. Darum finden sowohl Zaide als auch Ranyia, dass es wichtig ist, Celia wieder klarzumachen, wer sie ist, und wohin sie gehört.

Dennoch sind noch so viele Fragen offen. Was ist mit Reshanne passiert? Ich meine, sie war ja zu Beginn der geschichte nur noch eine Statue... was hat es mit diesem Herrscher über das Leben auf sich? Und wer ist Celias Feind? Und wird es Mara gelingen, Celia das Leben auf der Erde so schmackhaft zu machen, dass sie nicht zurückkehren kann und wird?? Ich hoffe nicht. Außerdem bin ich immer noch auf Nicolas Rolle in allem gespannt... ich denke, da wird mehr dahinter stecken als man denkt.
 
Sorry, dass es mit dem Update so lange gedauert hat. Bedauerlicherweise hat meine Familie eine Zeit von Problemen, Krankheiten und bösen Unfällen hinter sich, die einfach keine Zeit und keinen Elan für das Forum übrig gelassen hat.

Ich hoffe, ihr habt dafür Verständnis.

Llynya und Innad, danke Euch beiden für euren (immer dringend benötigten) Kommentar, den ich selbst nach der langen Zeit nicht unbeantwortet lassen will.

@Llynya: Fliegen möchte ich auch können. Dummerweise kann ich mir Celias Flügel nicht ausborgen, also werde ich wohl weiter träumen müssen und mich bei ihr schadlos halten.
Und auch wenn ich jetzt anfange, ein paar Fragen zu beantworten, kommen doch immer gleich wieder ein paar neue hinzu. Soll ja nicht langweilig werden.
Die beiden größten Rätsel hast du ja schon angesprochen.

@Innad: eine kleine Berichtigung, vielleicht ist das durch das Bild entstanden. Reshanne war nie eine Statue. Diese ist nur das Abbild der Ahnherrin der Elo-i und wird meist wie eine Art Verstärker zur Kommunikation benutzt. Reshanne hat sich in ihr nur materialisiert, quasi als Erinnerung für die Schwester, wer sie ist. Die beiden haben nunmal ein echtes Problem miteinander.
Und Nicolas' Rolle? Man könnte ihn gut und gern als das Zünglein an der Waage bezeichnen.


So, und nun werde ich einfach weitermachen in der Hoffnung, dass zumindest einige doch noch den Weg hierher zurückfinden.





„Oh je!“ dachte Zaide, als Celia ihr nur einen entgeisterten Blick zuwarf, und dann einfach schweigend vor sich hinstarrte.
„Das hättest du ihr ruhig etwas schonender beibringen können.“
Aber genau da lag das Problem, sie konnte es eben nicht.
Diplomatische Fähigkeiten und besonderes Zartgefühl besaß sie nicht, und so was lernte man auch nicht im Umgang mit den Toten.
„Celia? Ich ..., es tut mir leid, ich weiß, das ist jetzt nicht leicht für dich, aber ....“ stotterte sie.

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“Ich bin also keine Elo-i” warf das Mädchen endlich dazwischen, als Zaide ihren Erklärungsversuch unterbrach.
„Ich bin ein Mensch!“
„Nein! Das bist du nicht!“ hielt Zaide sofort dagegen.
„Aber...“
„Hast du denn vergessen, was gerade passiert ist? Und es ginge doch auch gar nicht!
Überleg mal, du bist fast zweihundertsechsunddreißig Jahre alt!
Kein Mensch würde jemals so alt werden, und dein Leben hat gerade erst begonnen!“
„Du könntest es künstlich verlängert haben so wie bei Semira und Alyssa.“
„Die beiden sind tot, daran kann auch ich nichts ändern.“
„Vielleicht bin ich es ja auch,“ flüsterte sie tonlos „und du lässt mich deshalb nicht hinüber, damit ich es nicht merke.“
„Das ist doch Unsinn, und das weißt du!“


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„Aber wenn ich kein Mensch bin, was bin ich dann? Was?“ begehrte Celia auf.
„Du bist etwas ganz Besonderes. Kinder wie du werden selten geboren, jedenfalls in unserer Kaste. Warhhaftig!
Du kannst mir glauben, niemand ist mehr eine Elo-i als du.“
„Weiß der Rat von, von meinem Vater?“
Zaide atmete auf. Sie hatte ihn Vater genannt, jetzt war das Schlimmste überstanden.
„Natürlich weiß er davon. Gleich nach deiner Geburt haben sie dich überprüft, um zu entscheiden, wo du hingehörst.
Diese Entscheidung ist heute bestätigt worden. Du hast all unsere Hoffnungen und Wünsche übertroffen!“
Eine zarte Röte überzog Celias Wangen und endlich kehrte das Lächeln auch auf ihre Lippen zurück.
„Wie war mein Vater denn so?“ fragte Celia, nachdem sie sich gefangen hatte.
„Er war der Sohn eines englischen Aristorkraten und ein wunderbarer Mann.
Hochgewachsen, blond mit graublauen Augen, freundlich und liebenswert,
mit einem großen gütigen Herzen und einem eisernen Willen.“


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„Das klingt nicht danach, als müsste man sich seiner schämen.“
„Aber nein!“
„Warum hast du ihn dann all die Jahre derart totgeschwiegen?“
„Weil ich dir die Unsicherheit ersparen wollte. Du solltest wissen, wer du bist, und wohin du gehörst,
und du solltest nicht von Zweifeln geplagt werden.
Jetzt bist du alt genug und kannst damit umgehen.“
Sie nickte.„Wusste er von mir, ich meine, bevor er ....“
„Ja, er wusste, dass du unterwegs bist. Und er hat sich sehr auf dich gefreut.
Der Anhänger, den du trägst, stammt von ihm.
Er gehörte einmal seiner Mutter und sollte nach ihrem Tod an seine Kinder gehen.“
Celia strich gedankenverloren über die Steine des Anhängers. Eine merkwürdige Kraft schien von ihnen auszugehen.
„Das sind die Energien, die bei dem Ritual durch sie hindurchgeflossen
und nun zum Teil darin gespeichert sind.“ erklärte Zaide ungefragt.
[FONT=&quot]„Trage ihn stets, und wir alle sind immer bei dir. Ebenso wie dein Vater.“[/FONT]


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„Warum ist er so früh gestorben?“ Die Frage kam plötzlich, und aufgrund ihres Wissensdurstes nicht unerwartet.
Und sie würde weitere, unangenehmere Fragen nach sich ziehen, das spürte Zaide sofort.
„Es war eine furchtbare Epidemie. Auch deine Großmutter ist ihr damals zum Opfer gefallen.
Die Cholera, mein Kind, ist eine schreckliche Krankheit der Menschen, für die es damals kaum eine Chance zur Genesung gab.
Aber dein Vater hat gekämpft, er wollte nicht aufgeben, deinetwegen.“
„Aber... hätte Daria ihn nicht retten können?
Ich meine, sie, sie ist eine Heilerin, die größte überhaupt, und wenn du sie gebeten hättest, dann ....“
Sie brach ab, als sie Zaide traurig den Kopf schütteln sah.
„Unsere Gesetze sind eindeutig. Wir lenken und leiten die Geschicke der Welt, doch wir greifen nicht in das Schicksal einzelner Menschen ein.
Denn was wir dem einen gewähren, könnten wir den anderen nicht verweigern. Und das würde geradewegs ins Chaos führen.“
Zaide verschwieg geflissentlich, dass sie Daria sehr wohl angefleht hatte, Adrians Leben zu retten,
[FONT=&quot]für das Kind, diese aber auf Befehl der neuen Herrscherin abgelehnt hatte.[/FONT]


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„Also hier hast du unsere neue Elo-i versteckt!“ sagte Reshanne, die gemeinsam mit Daria ganz plötzlich vor ihnen aufgetaucht war.
Zaide blickte auf und presste die Lippen zusammen.
„Ich nehme an, du bist jetzt sehr stolz, Schwester?“ fragte sie, wobei sie das letzte Wort eigenartig betonte.
„Nun hast du ja endlich das Ziel deiner Wünsche erreicht, nicht wahr?“
Celia musterte erstaunt erst Zaides zu einer eisigen Maske erstarrte Gesicht, dann das an Verbitterung erinnernde Lächeln der Herrscherin.
Dass sie sich mit ihrer Schwester nicht so gut verstand, war ihr schon sehr früh klar geworden,
und Zaides Vertraute Alyssa hatte ihr sogar einmal geraten, lieber keine Fragen über die Herrscherin zu stellen.
Aber sie waren Schwestern, und das hier grenzte an offene Feindschaft, etwas, dass es in dieser Welt kaum gab.
Und, wie ihr hier auf dieser Bank plötzlich klar wurde, diese Feindschaft hatte etwas mit ihr zu tun.
Zaide erhob sich. „Gebieterin, Ihr wollt mit Celia sprechen. Ich lasse Euch allein!“
[FONT=&quot]Sie gab der Schwester keine Gelegenheit, sie zurückzuhalten, sondern ging, ohne sich noch einmal nach dem Mädchen umzusehen, davon.[/FONT]


[FONT=&quot]
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„Und? Wie fühlst du dich, mein Kind?“ fragte Reshanne, als wäre nichts geschehen.
Dabei konnte man Zaides Verhalten gar nicht anders bezeichnen als eine ausgesprochene Beleidigung ihrer Person.
Aber weder Reshanne selbst noch Daria verzogen eine Miene.
„Danke, Gebieterin, ich fühle mich sehr gut.“ erwiderte Celia unsicher.
„Ich bin gekommen, weil ich mit dir über deine weitere Ausbildung sprechen möchte.“
„Welche Ausbildung, Gebieterin? Ich dachte, die sei mit der Initiation beendet!“
Reshanne lachte amüsiert auf. Und selbst die streng drein blickende Daria konnte ein sachtes Grinsen nicht unterdrücken.
„Ganz im Gegenteil, mein Kind. Jetzt fängt sie erst richtig an. Es gibt noch viele Dinge, die du lernen kannst.
[FONT=&quot]Und ich halte es für eine gute Idee, wenn du eine Zeitlang bei Daria in die Lehre gehst.“[/FONT]


[FONT=&quot]
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[/FONT]

„Verzeiht, Gebieterin, aber ich dachte, ich würde eine Aufgabe im Tempel der Ewigkeit bekommen. Das ist doch so Brauch, oder nicht?“
„So ist es, aber wie du inzwischen vielleicht erfahren hast, bist du nicht ganz wie die anderen Elo-i.“
„Ja, ich weiß, mein Vater.“ Traurig senkte sie den Kopf. „Aber ich werde bestimmt alles tun, damit Ihr dennoch zufrieden mit mir seid.“
Reshanne wehrte ihren Eifer in aller Güte ab. „Aber Kindchen, niemand macht dir deinen Vater zum Vorwurf.
Was dich so besonders macht, ist doch gerade die Tatsache, dass du einen menschlichen Vater hast und dennoch Fähigkeiten besitzt,
die einem normal geborenen Elo-i nicht nur ebenbürtig, sondern sogar überlegen sind. Sie gehen weit über das hinaus, was du für den Seelentempel benötigst.
Darum sollst du lernen. Und wer weiß, eines Tages wirst auch du vielleicht einmal ein Mitglied dieses Rates sein.“
Celia strahlte. Ein größeres Kompliment hätte die Herrscherin ihr gar nicht machen können.
Dennoch tief in ihrem Innern keimte in ihr der Verdacht, Reshanne wolle sie auf diese Weise von Zaide trennen.


Und dann auf einmal begann sich alles in ihrem Kopf zu drehen,
Reshanne, Daria, der Ratstempel verschwanden in tiefschwarzer, eisiger Dunkelheit,
aus der sie plötzlich eine Gestalt auftauchen sah.

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Sie stand mit dem Rücken zu ihr.
Aber sie fühlte instinktiv, dass dieses Wesen von ihrer Anwesenheit wusste,
ja, sie womöglich selbst hierher gebracht hatte, auch wenn sie nicht wusste, wo „Hier“ überhaupt war.
„Hüte dich!“ hallte auf einmal eine Stimme durch den Raum. „Hüte dich vor Reshanne! Sie ist dein Feind, sie will dich zerstören!“
Sie konnte keinerlei Fragen mehr stellen wegen dieser ungeheuren Behauptung,
ein kräftiger Sog hatte bereits wieder ihren Körper erfasst und schleuderte sie hinaus in die Weiten des Universums ......


..... zurück in ihr Bett.



+++++++++++++++++++++++++
Da dieses Ereignis/Kapitel hier erst einmal beendet ist, soll's das für heute gewesen sein. Die nächste Fortsetzung dann noch vor dem Wochenende.
LG
Nery
 
Hallo Nery!

Oh, ich freu mich, dass Du weitermachst, habe mich schon gewundert, wo Du steckst.

Diese FS hat mir bisher mit am besten gefallen. Sie hat noch etwas geheimnisvolleres als alle anderen zuvor. Dass Reshanne ein Problem mit Celia hat, das wurde hier ganz klar. Und nun ist auch deutlicher geworden, was an Celia denn so besonders ist.

Ich bin gespannt, wie es weitergeht!
 
Schön, dass es weiter geht! Auch wenn ich grade gedanklich irgendwie den Anschluss verloren habe und nochmal ein bißchen nachlesen muss.
Die Geschichte ist zu komplex, um sie einfach wieder abzurufen - aber das zeichnet sie ja auch gerade aus.

So, dann hat dieser Tag also für Celia einiges an Emotionen und Überraschungen gebracht. Dass sie was besonderes ist, war ja schon abzusehen (schließlich heisst die Geschichte ja auch nicht "Zaide" oder "Reshanne" :cool:).
Dennoch macht ihre Halb-Menschlichkeit sie noch sympathischer, und vielleicht auch für die Elo-i (die ja doch sehr in ihrerer eigenen Welt verhaftet sind) noch wertvoller - auch wenn sie das vielleicht noch gar nicht so sehen.

Zugleich zeichnen sich wieder ein paar Rätsel und Konflikte ab. Zwischen Zaide und Reshanne kriselts, eindeutig; und das hängt bestimmt nicht damit zusammen, dass Zaide als Kind immer viel mehr Kakao gekriegt hat als Reshanne. Das wird noch spannend.
Und der geheimnisvolle Mann - sehr sexy =). Ich mag rätselhafte Männer. Reshanne will Celia also in eine bestimmte Richtung lenken, und zwar nach Reshannes Aussage im Sinne von Celias Bestem und dem aller Elo-i. Der Unbekannte dagegen behauptet, Reshanne verfolge eigene Ziele, nicht unbedingt in Celias Sinne.
Nachtigall, ick hör Dir trapsen, wie meine Oma zu sagen pflegte. Tja, wem glaubt man da? Ich tendiere ja im Moment eher dazu, Reshanne zu vertrauen. Und welche Ziele verfolgt eigentlich dieser Schattenmann?

Sehr spannend.

LG!
 
So, vor dem Wochenende noch eine neue FS.

@ Innad: wie schön, dass du noch liest. Ich stecke irgendwo fest, zwischen Familie, Job und Foren. Leider muss mein Mann nun doch noch mal operiert werden... mal sehen, was rauskommt.
Was an Celia so besonders ist, ist zum Teil offengelegt, aber eben nur zum Teil. Da fehlt noch ein sehr... sehr entscheidender.%)


@Juls: Nimm dir ruhig Zeit (oh weh, nicht dass du jetzt noch irgendwelche Logikfehler findest ;)) Zwischen Reshanne und Zaide herrscht schon seit über zweihundert Jahren absoluter Kriegszustand. Und deine Nachtigall trapst nicht umsonst. Nicht wahr??



Celia war aus ihrem Traum hochgeschreckt, hatte auf die Uhr gesehen und gestöhnt. Es war noch nicht ganz zwei.
Und sie verspürte nicht das geringste Bedürfnis wieder einzuschlafen und erneut in diesen Traum einzutauchen.

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Ihr fiel nichts besseres ein, als ein schönes heißes Bad zu nehmen, etwas, das sie sich schon gestern Abend vorgenommen hatte,
aber sich dann doch zu müde dafür gefühlt hatte. Jetzt genoss sie das angenehm warme Wasser, die Schaumblasen,
die lustig vor ihr auf und ab tanzten und die Stille, die im ganzen Hause herrschte.
So konnte man immer noch am besten seinen Gedanken nachhängen.
Diese Träume mussten etwas zu bedeuten haben, wenn sie immer wieder kehrten. Und dieses Mädchen!
Sie sah aus wie sie und auch wieder nicht.
‚Ich habe keine Flügel!’ konstatierte sie, warf aber dann doch, nur zur Sicherheit versteht sich, einen vorsichtigen Blick hinter sich.
‚Nein, da war nichts.’ Aber wieso träumte sie von diesem Mädchen, wieso von dieser merkwürdigen Welt?
Und was bitte waren das für Bilder, die da ständig durch ihren Kopf geisterten, sich vermischten und ihr regelrecht Angst einjagten.
Fragen über Fragen, aber keine Antworten.


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Mara, die sich langsam wunderte, wie lange ein Mensch wohl schlafen könne, fand Celia am späten Vormittag in ihrem Atelier.
„He, ich dachte, du schläfst noch?“ rief sie erstaunt, als sie sie an der Staffelei stehen sah.
„Nein, nein!“ antwortete Celia, ohne sich nach ihr umzudrehen.
„Ich war schon zeitig wach und hatte irgendwie das Gefühl, ich müsste es mit malen versuchen.“
„Das muss aber sehr zeitig gewesen sein,“ meinte Mara beim Näherkommen.
Denn auf der Leinwand waren bereits deutliche Details des Bildes zu erkennen.
„Was malst du da?“
„Ach, nichts besonderes. Nur etwas, das mir im Kopf herumspukt.
Ich dachte, es hilft mir, herauszufinden, was es bedeutet, wenn ich es vor mir sehe, real. Verstehst du?“



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Mara nickte mechanisch, während sie das Bild, oder das, was davon zu sehen war, anstarrte.
Obwohl sie zunächst nur Konturen gemalt hatte, und diese nun nach und nach mit Farbe füllte, erkannte Mara sofort zumindest ein Detail.
Aber dieses Teil alarmierte sie. Kein Mensch konnte so etwas malen, weil er es noch nie gesehen haben konnte.
Das konnte nur eines bedeuten, Celias Erinnerungen waren tatsächlich nur verschüttet, wie es der Doktor vermutet hatte,
sie begannen, wieder an die Oberfläche zu gelangen.
Ohne Reshannes Weisung hätte sie sich jetzt gefreut, die Elo-i verloren nicht gern eine der ihren,
aber nun stand zu vermuten, dass sich ihr Auftrag weitaus schwieriger gestalten würde, als gedacht.



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„Und? Was sagst du?“ fragte Celia, während sie mit Feuereifer weiter den Pinsel schwang,
als müsse dieses Bild heute unbedingt noch fertig werden.
Mara ließ sich ihre Besorgnis nicht anmerken. „Es sieht zumindest interessant aus!“ meinte sie leichthin.
„Warten wir ab, bis es vollendet ist, dann bekommst du eine Kritik.“ Sagte es und wandte sich wieder zum Gehen.
„Oh ja, ein fachmännisches Urteil! Toll!“
„Ähm, wie? Was meinst du mit fachmännisch. ICH bin doch kein Maler!“
„Ja sicher!“ amüsierte sich Celia über Maras Entsetzen. „Aber du bist Archäologin und die müssen doch was von Kunst verstehen, oder?“
„Natürlich,, so hast du das gemeint!“ Ihre Erleichterung war deutlich zu hören und Celia schüttelte den Kopf. Aus der werd' einer schlau.
„Was ich noch sagen wollte“ Mara drehte sich noch einmal zu ihr um.
„Vielleicht unterbrichst du dein kreatives Schaffen trotzdem für eine Weile und widmest dich solch profanen Dingen wie der Nahrungsaufnahme.
Ich nehme doch nicht an, dass du schon gefrühstückt hast?“



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Nur für einen Moment war Celia versucht, zu lügen, um neuerlichen Kochkünsten der Freundin zu entgehen,
aber dann schickte sie sich doch in das Unvermeidliche und verneinte.
So schlimm war das Frühstück gar nicht gewesen, Mara hatte fertige Waffeln aus dem Supermarkt nur noch in den Ofen geschoben.
Und die hatten sogar recht gut geschmeckt. Vielleicht sollte sie es bei Gelegenheit einfach mal selbst versuchen.
Wer weiß, möglicherweise erlebte sie eine Überraschung und stellte fest, dass sie kochen konnte.
Einen Versuch wäre es jedenfalls wert.


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Celia hatte beschlossen, sich an Maras Ratschlag, noch etwas Pause zu machen, zu halten.
Denn sie fühlte sich tatsächlich nach der unruhigen und zudem halb schlaflos verbrachten Nacht etwas abgespannt.
Aber einfach nur irgendwo herumsitzen, das lag ihr dann doch nicht.
Also entschied sich dafür Zeitung zu lesen, oder Kreuzworträtsel zu machen.
Schwester Carol aus dem Krankenhaus hatte gemeint, das würde das Gehirn trainieren.
Aber dafür musste sie die Zeitung hereinholen, denn sie lag noch immer auf dem Gehweg vor dem Haus.
Ein Jogger kam ihr entgegen, als sie gerade die Zeitung aufheben wollte, und lächelte sie freundlich an.


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„Hallo, schöne Frau!“ sagte er, als er sie erreichte. Irritiert sah sie ihn an.
„Verzeihen Sie, kennen wir uns?“
„Ob wir uns kennen?“ Er wirkte ehrlich enttäuscht. „Also wirklich Celia, wir sind doch schon seit Monaten Nachbarn.
Ich will ja nicht behaupten, gute Freunde. Aber für ein freundliches Hallo, hat’s immer immerhin gereicht.“
„Es tut mir leid, ich hatte einen Unfall und irgendwie sind mir meine Erinnerungen abhanden gekommen.“
„Oh je! Das ist hört sich gar nicht gut an. Ist bestimmt ein komisches Gefühl, dauernd Leute wie mich zu treffen, und Erklärungen abzugeben.“
Sein verständnisvoller Ton gefiel Celia.
„Naja, so macht man andauernd neue Bekanntschaften.“ scherzte sie.
"Und vielleicht gewöhnt man sich ja mit der Zeit daran."



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„Glauben Sie wirklich?“
Ein intensiver Blick aus dunklen braunen Augen traf sie.
Dieser Blick schien direkt in ihr Innerstes sehen, sie erforschen zu wollen.
Merkwürdig fand sie nur, dass es ihr nicht einmal unangenehm war.
Sie ertappte sich sogar dabei, wie sie versuchte, es ihm gleichzutun, ohne allerdings Erfolg zu haben.
Sie hatte das Gefühl, gegen eine Mauer gelaufen zu sein. Und dennoch .... Dieser Nachbar, er war sehr interessant!
„Da ich mich ja nun nicht mehr erinnern kann, würden Sie mir dann noch einmal ihren Namen verraten?“
fragte sie und wunderte sich etwas über ihre Atemlosigkeit.
„Sicher, ich bin Damian, Damian Andrews.“



Am selben Abend in Blandfort Manor.

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Catherine war in ausgesprochen guter Laune noch einmal in ihr eigenes Haus zurückgekehrt, um noch ein paar Sachen zu holen.
Sie beglückwünschte sich noch immer für ihre exzellente Idee.
Arabella hatte zunächst mit fassungsloser Ungläubigkeit reagiert, als sie ihr gestern die Neuigkeit erzählte.
Aber dann war sie laut jubelnd durchs Haus getobt, bis sie sich schließlich genötigt sah, das Mädchen zur Ordnung zu rufen.
Nicolas war überaus pünktlich von der Klinik gekommen, um sie beide abzuholen.
Zwar ließ seine Miene die gleiche jubelnde Freude wie bei seiner Schwester vermissen, aber sie war sicher, das würde sich geben.
[FONT=&quot]Immerhin lag es ja nur an ihm, diesem für ihn so unerfreulichen Zustand ein Ende zu bereiten.[/FONT]



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Catherine hatte gerade ihren Koffer nach unten bringen lassen und holte nur noch ihren Mantel aus dem Schrank.
Sie zog ihn über und wollte gerade die Türen schließen, als ...
„Glaubst du ernsthaft, dass du das Richtige tust, Cathy?“
Sie fuhr zusammen und starrte die altertümlich gekleidete Frau fassungslos an, die da auf einmal direkt neben ihr aufgetaucht war.
„Großer Gott!“ Beinahe hätte sie sich die Finger eingeklemmt. „Cressida, Du hast mich vielleicht erschreckt!“
„Entschuldige, das war nicht meine Absicht!“ beteuerte die Lady.
„Das bezweifle ich allerdings stark!“ dachte Catherine, laut aber sagte sie
[FONT=&quot]„Eigentlich sollte ich noch daran gewöhnt sein, dass du derart plötzlich auftauchst, aber du warst schon so lange nicht mehr hier, dass ich ....“[/FONT]



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„Dass du mich schon fast vergessen hast, nicht wahr?“ beendete Lady Cressida den unvollendeten Satz ein wenig wehmütig.
„Nein, nicht vergessen, aber ich glaubte, du hättest mich verlassen.“
„Warum hätte ich das tun sollen?“ wunderte sich die Frau. „Dies ist mein Heim, es gibt keinen anderen Ort, zu dem ich gehen könnte.“
Catherine seufzte. „Ich habe dich vermisst, Cressida. Seit Frances’ Tod bist du nicht mehr da gewesen. Warum nicht?“
„Du brauchtest keine Hilfe mehr, du wolltest sie nicht mehr!“
Ein sanfter Vorwurf schwang in ihren Worten mit, nur angedeutet, aber Catherine besaß ein gutes Gespür für unausgesprochene Dinge.
Und sie kannte Lady Cressida schon sehr lange.
„Ich wollte doch nur sehen, wie ich zurecht komme, ... allein.“ versuchte sie zu erklären, aber Cressida unterbrach sie.
„Du musst dich nicht rechtfertigen, Cathy.“
[FONT=&quot]„Warum bist dann jetzt gekommen?“[/FONT]



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„Weil ich mir Sorgen mache.“
„Um mich?“
„Nein, um Nicolas. Er liebt sie nicht.“
„Wen liebt er nicht? Ich versteh dich nicht!“
„Caroline Vandermere. Er liebt sie nicht, er wird sie auch nie lieben. Und sie, sie liebt nur, was er ihr bieten kann.
Catherine, hör auf mich, die beiden passen nicht zusammen! “
„Woher willst du das wissen, Cressida?“ blockte Catherine ab. „Nicolas weiß doch selbst nicht, was er will.
Und es wird Zeit, dass er heiratet. Schließlich kann unsere Familie nicht immer nur durch die Töchter erhalten werden.
Das solltest du doch am ehesten verstehen.“
„Das tue ich ja, dennoch....“


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„Es tut mir leid, bitte versteh mich nicht falsch, aber ich möchte, dass dich da raushältst.“
„Hätte ich das damals auch tun sollen, als deine Eltern dir die Heirat mit Frances verboten haben?“
„Was willst du denn damit sagen?“ Catherine schaute ihre Ahnin verwundert an, und die schmunzelte.
„Hast du dich nie gefragt, warum deine Eltern auf einmal einverstanden waren mit deiner Wahl?“
„Soll das heißen, ...., du.... hast?“ Cressida nickte bedächtig.
„Natürlich habe ich. Soll ich vielleicht mit ansehen, wie meine Nachfahren offenen Auges
in ihr Unglück laufen und unsere Familie zerstört wird?“
„Das hab ich nicht gewusst.“ flüsterte Catherine betreten.
„Du solltest es auch nicht wissen. Es hätte nur dein Verhältnis zu deinen Eltern belastet.“


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„Trotzdem ...“ Catherine wandte sich ab und überprüfte noch einmal im Spiegel ihre Frisur.
„Du irrst dich was Caroline betrifft. Sie ist ganz vernarrt in Nick. Warum sollte sie nicht zu ihm passen?
Sie stammt aus einer guten Familie, ist geistreich und gebildet. Und sie weiß, was sie will. Genau das braucht mein Sohn.“
Dann drehte sie sich wieder zu ihr um. „Es tut mir wirklich leid, Cressida. Aber du hast dir wirklich einen unpassenden Zeitpunkt ausgesucht.
Ich muss jetzt los, Arabella wartet mit dem Abendessen.“
Lady Cressida zuckte lediglich sacht mit den Schultern.
„Früher hättest du dir die Zeit genommen!“ fügte sie noch traurig hinzu. „Und früher hättest du mir auch vertraut!“
Sie verschwand, noch bevor Catherine eine Antwort geben konnte. Ganz wohl war ihr nicht. Hatte sie recht?
Was für eine Frage! Hatte sie nicht immer recht? Sollte sie Caroline und die Gefühle ihres Sohnes vielleicht doch falsch eingeschätzt haben?
Aber nein, sie hatte doch genügend Menschenkenntnis.
Cressida stammte aus einer ganz anderen Zeit, dachte anders und fühlte sich vermutlich einfach nur einsam.
[FONT=&quot]Kein Wunder, wenn man jahrhundertelang in einem Haus herumgeisterte.[/FONT]



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„Passen Sie gut auf das Haus auf, Lucy!“ trug Catherine ihrem Hausmädchen auf, bevor sie zur Tür ging.
„Falls etwas sein sollte, können Sie mich ja im andern Haus erreichen, obwohl wir vermutlich nicht sehr lange dort wohnen werden.“
„Glauben Sie, Mrs Blandfort?“
„Sicher, Lucy. Mein Sohn und meine Tochter haben sich da etwas in den Kopf gesetzt, ohne nachzudenken, etwas, das einfach nicht funktionieren kann.
Und das wird ihnen schon bald klar werden. Arabella braucht eine starke Hand, jemanden, der auf sie achtet.
Und Nicolas wird in nächster Zeit kaum Zeit für sie haben, immerhin muss er sich um seine Verlobte kümmern.“
Lucy hob erstaunt die Augenbrauen. Nick war verlobt? Davon hatte er ihr gar nichts gesagt.
[FONT=&quot]Ob die liebe Mrs Blandfort da nicht ein wenig vorschnell war?
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Das fand auch Cressida, die verborgen vor dem Auge ihrer Enkelin der Unterhaltung zugehört hatte
und dann gedankenschwer durch das alte Haus gewandert war,
das so voller Erinnerungen steckte, nur um dann in der Ahnengalerie vor dem Bildnis ihrer Tochter stehen zu bleiben.
„Oh Cassandra!“ seufzte sie, während sie in ihr lachendes Gesicht blickte.
„Warum nur musstest du deinen Kindern außer deinen schönen Augen auch noch deinen Dickkopf vererben.
Es wäre soviel einfacher, für sie und auch für mich.
Diesmal werde ich mir wohl etwas ganz Besonderes ausdenken müssen, um dem armen Nick zu helfen.“


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„Also ist Cressida ja doch keine imaginäre Freundin von Nick, sondern wirklich real?“
Josie schien von dieser Vorstellung völlig fasziniert zu sein. Nur Matt rümpfte die Nase.
„Was für ein Trottel!“ mokierte er sich. „Wie kann man denn so etwas nicht merken! Und der hält sich für einen Wissenschaftler!“
„Was bitte hat das denn damit zu tun?“
„Na er hält sich doch für so klug und vernünftig und gebildet, aber er erkennt einen Geist nicht mal, wenn er vor ihm steht.“
„Aber du hättest es sofort gemerkt, du Schlauberger!“ fuhr Josie ihn an, bevor sie sich wieder an die Bewahrerin wandte.
„Ist sie nun ein Geist oder nicht?“
„Ja, nach Euren menschlichen Vorstellungen ist sie tatsächlich ein Geist.“
[FONT=&quot]„Aber warum ist Cressida so geworden?“
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„Nun ja, man könnte sagen, sie wurde ...gewissermaßen... vergessen.
Als die Krankheit sie aus dem Leben riss, ist niemand gekommen, um sie abzuholen und auf die andere Seite, wie ihr das nennt, zu geleiten.
Darum blieb sie, wo sie gestorben war und verbrachte die vielen langen Jahre ihrer Ruhelosigkeit damit,
ihre Familie zu beobachten und, wenn es ihr nötig schien, sie auch zu beschützen, selbst voreinander.
Seltsamerweise hat kein Mitglied jemals mit einem anderen über sie gesprochen. Ich denke, jeder von ihnen bezweifelte irgendwann ihre Existenz.
Seht ihr, manchmal ist sich selbst Catherine nicht sicher, ob Cressida nun real ist, oder nicht.
Und wie ihr schon wißt hält Nicolas sie für eine Ausgeburt seiner Fantasie. Cressida weiß das, aber es ist recht so.
Auf diese Weise wurde sie im Laufe der Zeit das vermutlich bestgehütete Geheimnis der Blandforts, zumindest aus der Sicht ihrer Familie.“
[FONT=&quot]Die Bewahrerin lächelte verhalten, als hätte sie ihnen soeben nur die halbe Wahrheit berichtet.[/FONT]



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Heute eine etwas längere Forsetzung. Aber es bot sich gerade an....Ihr seid doch nicht böse, oder?
Und nun wünsch ich euch allen ein gemütliches Wochenende.

LG
Nery
 
Wow, was für eine unglaubliche Geschichte, ich bin hellauf begeistert! Und die ist schon seit Januar online? Das kann ich gar nicht fassen, weil ich dachte, ich müsste mittlerweile alle Fotostories hier im Forum kennen. Aber vielleicht liegt es ja an diesem *räusper* Tussennamen "Celia" ('tschulligung). Da hab ich sicher gedacht: "Nee, allet klar, voll cooles Mädchen zieht in eine neue Nachbarschaft trifft totaaaal süßen Typen und nach der dritten Folge geht der Rechner auf mysteriöse Weise kaputt, weil sie nich' mehr weiter weiß. Das lohnt das Anlicken nicht." Das hab ich nun von meinen Vorurteilen.
Wie auch immer: Ich bin schwerst begeistert und werde auf jeden Fall weiter mitlesen.
Schönes Wochenende!
Frl. Else
P.S.: Sag mal, wie kriegst Du das eigentlich mit den ganzen Charakteren, Vorgeschichten und Handlungssträngen auf die Reihe? Machst Du dazu vorher viele Notizen und Skizzen, oder schaffst Du das alles im Kopf? Ich dreh ja schon beim Lesen durch.
 
Einen schönen Nachmittag euch allen.
Zeit für die nächste Fortsetzung.

@Elsa: willkommen in meiner Welt. Tut mir leid, wenn der Titel dich irregeführt hat, aber das ist wohl eine meiner Schwächen, einen guten Titel finden, ist nicht so einfach. Vielleicht hast du ja einen Vorschlag?
Aber vielen Dank für das Kompliment.
Die Geschichte und ihre Charaktere, Verwandtschaftsverhältnisse hab ich im Kopf, allerdings hab ich auch ein kleines Buch, quasi, falls ich doch mal was vergesse, was aber eigentlich nicht nötig war. Es scheint manchmal etwas verworren zu sein, weswegen ich an späterer Stelle auch einen Stammbaum posten werde. Das hat sich als praktisch erwiesen.


Hier nun die nächste Fortsetzung. Viel Spaß beim Lesen!

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Am folgenden Tag, die Sonne war gerade erst aufgegangen, ging Celia in den Garten
und ließ sich im weichen Gras nieder. Bliebe sie länger im Haus, so hatte sie das Gefühl, dann würde sie ersticken.
Kein Wunder, denn seit zwei Tagen hatte sie das Atelier nicht verlassen und nur gemalt, gemalt und gemalt,
wie eine Besessene, bis ihr Werk endlich fertig gewesen war. Selbst das Essen hatte Mara ihr nach oben bringen müssen
und jedesmal einen eigentümlich interessierten Blick auf das Bild geworfen, ohne allerdings ein Wort darüber zu verlieren.
Sie solle das Schlafen nicht vergessen, war alles, was sie ihr riet. Aber genau das hatte sie nur äußerst widerwillig getan,
denn sie fürchtete sich davor, einzuschlafen und zu träumen. Diese Träume, die sie Nacht für Nacht heimsuchten, ängstigten sie,
mehr aber noch die entsetzlichen Kopfschmerzen, die sie danach morgens regelmäßig überfielen.
Hier im Schatten der Weide konnte sie endlich aufatmen. Dachte sie.


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Mitten in der gleißenden Helligkeit des Morgens verdunkelte sich plötzlich die Sonne.
Nacht senkte sich auf die Erde hinab, alles Licht und alle Wärme schienen zu verschwinden.
Sie sah weder das Haus, noch die Bäume im Garten, noch irgendetwas anderes.
Und aus dieser undurchdringlichen Wand strahlten ihr plötzlich zwei pechschwarze Augen entgegen,
Augen in denen blutrot ein dunkles Feuer loderte.
Ihr stechender Blick bohrte sich in ihre Seele, schnürte ihr die Kehle zu, raubte ihr den Atem.
„Mein! Mein! Du bist mein!“ hallte eine metallene Stimme in ihrem Kopf.
Doch dann veränderte sie sich, wurde einschmeichelnd und beinahe sanft:
„Komm zu mir!“ lockte sie. „Du gehörst zu mir! Komm, komm! Nur bei mir wirst du Frieden finden.“
Immer wieder rief die Stimme nach ihr, warb um ihr Vertrauen und hüllte sie gleichzeitig in einen Mantel aus Eis ein,
dessen lähmende Kälte langsam aber stetig in sie eindrang, jede einzelne Zelle ihres Körpers auszufüllen suchte.



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Niemand konnte ermessen, wieviel Kraft es sie kostete, dem hypnotisierenden Einfluss dieser Stimme zu entkommen.
Als sie schließlich aufsprang, war der Himmel wieder klar, die Sonne schien, die Vögel in den Bäumen zwitscherten.
Absolut nichts deutete darauf hin, dass hier gerade etwas Ungewöhnliches geschehen war, nichts außer ihrem Kopf.
Wie Messerstiche rasten die Schmerzen durch ihn hindurch und sie zitterte am ganzen Leib.
Warum? Warum hörte das denn nicht auf? Und wem gehörte diese Stimme?
„Was willst du von mir?“ schrie sie verzweifelt hinaus und glaubte doch tatsächlich ein hämisches Lachen zu vernehmen.
„Das darf doch alles nicht wahr sein, was passiert denn nur mit mir?“



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„Celia, alles in Ordnung mit dir?“
Sie schrak zusammen, als sie Maras auffallend besorgte Stimme hörte.
„Du siehst gar nicht gut aus.“ meinte diese, als sie in Celias bleiches, schmerzverzerrtes Gesicht sah. „Wieder der Kopf?“
Sie vermochte nur zu nicken. Ihre Kehle war wie ausgedörrt, ihr schwindelte und sie schwankte derart hin und her,
dass Mara nach ihrem Arm griff, um sie festzuhalten.
„Ich glaube, es ist besser, wenn wir reingehen, und du dich noch etwas hinlegst. Du schläfst ohnehin viel zu wenig.“
Sie beachtete Celias Protest gar nicht, sondern zog sie mit Nachdruck zum Haus.



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Weil sie partout nicht in ihr Schlafzimmer wollte, bestand Mara darauf, dass sie sich wenigstens ein,
zwei Stunden im Wohnzimmer auf die Couch legte, obwohl sie stark bezweifelte,
dass es ihr nach dem gerade Erlebten gelingen würde, auch nur eine Minute Ruhe zu finden.
Trotzdem hatte sie eben erst den Tee ausgetrunken, den Mara ihr gebracht hatte und sich danach auf die Polster gekuschelt,
als ihre Glieder auch schon tonnenschwer zu werden schienen, ihre Augen sich ganz von selbst schlossen.
Mara verließ zufrieden und auf Zehenspitzen den Raum.
Celia war eingeschlafen, noch bevor sie die Tür erreicht hatte.
Allerdings nur für kurze Zeit.


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Kaum eine halbe Stunde später wurde sie von einem merkwürdigen Gefühl des Beobachtetseins geweckt.
Noch schlaftrunken richtete sie sich auf, aber im Zimmer war niemand.
„Mara?“ rief sie, doch sie antwortete nicht.
„Seltsam.“ Celia schüttelte den Kopf. Sie hätte schwören können, dass sich jemand hier bei ihr im Zimmer aufgehalten,
sie womöglich sogar berührt hatte, jemand, der offensichtlich nicht gesehen werden wollte und jetzt verschwunden war.
Litt sie vielleicht doch an Halluzinationen?
„Nein, bitte nicht!“ stöhnte sie und kam vollends nach oben.



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Die nächste Überraschung wartete schon.
Im Kamin gegenüber dem Sofa prasselte ein lustiges Feuer vor sich hin.
Und wieder wunderte sich Celia.
‚Wer hat den Kamin angezündet? War es Mara? Aber wieso?’
Es war früher Morgen und auch nicht kalt. Aber dann durchströmte sie ein Gefühl tiefer Erleichterung.
Da hatte sie ja ihre Erklärung.
Egal wie leise Mara gewesen war, sie besaß im Augenblick einen so leichten Schlaf,
dass sie es doch gehört haben musste.


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Eine Weile beobachtete sie vom Sofa aus das Feuer.
Sie sprang erst auf, als sie sah, wie die tanzenden Flammen auf den Teppich vor dem Kamin übersprangen.
„Hilfe!“ rief sie in heller Aufregung. „Feuer! Mara! Hilfe, Feeeeuuuueeeerr!“
Doch es kam niemand.
‚Löschen!’ dachte sie. ‚Ich muss versuchen, das Feuer zu löschen!’ Doch es blieb bei dem Gedanken.
Trotz ihrer Panik stand sie wie festgewurzelt auf dem Teppich und starrte auf die Flammen,
die sich immer weiter in das feine Gewebe fraßen und dabei unhaufhaltsam auf sie zukamen.
‚Ich muss hier weg, sofort. Ich muss Hilfe holen.’
Sie dachte es, sie wollte es, aber sie bewegte sich keinen Zentimeter.
Als hätte ein anderer die Kontrolle über sie übernommen.


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Die Flammen kamen immer näher, sie erfassten ihre Füße und noch immer stand sie einfach nur da.
Ihr Körper krümmte sich vor Schmerz, als sie die Hitze an den Beinen fühlte.
Leise prasselnd fraßen sie sich durch den Stoff der Hose.
„Nein! Nein!“ rief sie immer wieder und wieder.
Und sie merkte nicht, dass kein Laut ihre Kehle verließ.
„Mara, Mara hilf mir!“
Aber Mara kam nicht, niemand kam.
Celia war vollkommen hilflos.


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Die Flammen stoben durch den Raum, loderten hell an ihr auf,
angefacht von einem starken Luftzug, als hätte jemand die Tür aufgerissen.
Es gab kein Entkommen.
„Oh dieser Schmerz, dieser Schmerz!“ stöhnte sie. „Ist das jetzt das Ende?“
Und dann war sie wieder da, die Stimme, die sie rief, ihr Rettung versprach.
„Du musst nur zu mir kommen. Komm!“



++++++++++++++++
Und jetzt höre ich auf. Alles weitere dann erst in der nächsten Fortsetzung. %)
LG
Nery
 
Oh wei, erstens hab ich eine Fs verpasst, zweitens waren beide so toll und spannend (hm, aber das ist nicht oh wei). Oh wei, weil ich jetzt echt Angst um die arme Celia habe. Was ist das blo? Hat es was mit dem Mann zu tun, der ihr auf der Straße begegnet ist? Ich kann mir ja nicht vorstellen, dass Du den "einfach so" hast vorbei laufen lassen ;)

Was Mrs. Blandfort angeht, so war ich auch zuerst überrascht, dass sie ihre Ahnin ebenfalls sieht. Sehr gut gefallen hat mir die Erklärung der Bewahrerin, dass sie sozusagen "Vergessen" wurde.

Ich bin gespannt, was sich da nun an Celia zu schaffen macht. Dass sie nicht stirbt dabei, ist ja klar, sonst wäre ja alles schon zu Ende ;) aber ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, wie es weitgergeht.

Und Dir und Deiner Familie weiterhin gute Besserung! :hallo:
 
Einen schönen Samstagnachmittag euch allen!

@Innad: macht gar nichts, wenn du mal eine FS "verpasst" bzw. nicht kommentierst. Du bist doch nun wirklich einer der treuesten Leser/und Kommentierer hier. Ehrlich gesagt, hab ich schon oft überlegt, die FS in diesem Forum abzubrechen, weil es doch schon etwas enttäuschend ist, kaum eine Reaktion zu bekommen. Aber Leser wie du lassen einen dann doch weitermachen. Nur meine andere Geschichte wirst du wohl auch weiter im andern lesen müssen.

Ich lasse niemanden einfach nur so auftauchen (genauso wenig wie du!%)) Also hat der Mann wohl was zu bedeuten.
Und die gute Catherine hat noch ein paar Überraschungen auf Lager, wie du gleich sehen wirst.
Oh... und natürlich stirbt Celia im Feuer nicht. Das könnte sie gar nicht, selbst wenn ihr das nicht bewusst ist. Aber.... es ist herrlich, so viele aber's zu haben.



Und nun weiter zur nächsten FS.
Gemeinerweise geht es nicht mit Celia weiter, da ich vorher einen Abstecher zur anderen Hauptfigur machen muss.
Viel Vergnügen! (das erste Bild ausnahmsweise eingerahmt von Text)





„Nick? Bist du wach?“
Es dauerte eine Weile, bis die leise Stimme zu ihm durchdrang und Nicolas realisierte, dass sie nicht aus einem Traum stammte.
Oh Mann, er fühlte sich zerschlagen und müde, als ob er die letzte Nacht durchgemacht hätte.
In gewisser Weise war das gar nicht so verkehrt, denn er hatte sich tatsächlich die halbe Nacht von einer Seite auf die andere gewälzt,
teils wegen seiner Mutter, die sich verdächtig ruhig benahm, seit sie mit Arabella eingezogen war.
Waffenstillstand hatte sie scherzhaft gesagt, aber wohl eher die Ruhe vor dem Sturm gemeint.

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Noch mehr beschäftigte ihn, verflucht nochmal, warum sollte er es nicht zugeben, Celia.
Selbst jetzt, wo sie das Krankenhaus verlassen hatte, verfolgten ihn ihre strahlenden Augen immer noch, glaubte er,
überall ihre sanfte Stimme zu hören, ihr vertrauensvolles Lächeln zu sehen.
Er konnte nicht einmal genau sagen, was genau ihn so an ihr faszinierte, es war nichts Bestimmtes, nur ein Gefühl, das ihn nicht mehr losließ,
Wohlbehagen und Freude, wenn er sie in der Nähe wusste.
Und er ertappte sich mehr als einmal bei dem ketzerischen Gedanken, dass ja nun, wo sie im eigentlichen Sinne nicht mehr seine Patientin war,
nichts mehr dagegen sprach, sie näher kennenzulernen.
‚Kennenlernen? Mach dir doch nichts vor, Nick, das ist es nicht gerade, was du im Sinn hast, oder?’
„Nick?“ Da war es wieder. Er blinzelte und runzelte die Stirn.
„Bella?“


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Das Mädchen kam näher und er setzte sich ruckartig auf.
„Verdammt Bella, das ist mein Schlafzimmer. Was machst du hier mitten in der Nacht!“
Arabella gluckste angesichts seines entsetzten Tonfalls vergnügt vor sich hin und wedelte mit der Hand vor ihm herum.
„Hallo, ich bin’s, schon vergessen, deine Schwester?! Früher bin ich doch auch immer zu dir gekommen und das hat dich nicht gestört.“
„Ja, mag sein. Nur...“
„Nur was?“ fragte Bella gedehnt und amüsierte sich weiter königlich über seine verlegene Miene.
„Ich bin’s halt nicht gewöhnt, dass hier jemand nachts reinschleicht.“
„Also nachts ist reichlich übertrieben, draußen wird’s schon hell.“ Sie legte den Kopf schief, als denke sie über etwas nach.
„Schläfst du immer allein?“ platzte sie dann ohne eine Vorwarnung heraus.



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„Wie bitte?“ Nicolas sah seine Schwester entgeistert an. „Was ist denn das für eine Frage?“
„Eine ganz normale.“ Arabella grinste unschuldig, aber ihr Bruder sprang nicht darauf an.
„Das geht dich gar nichts an, würde ich sagen.“
„Ach komm, Nick, reg dich ab. Du willst doch jetzt nicht spießig werden.“
„Spießig?“
Nick sprang aus dem Bett und beobachtete mit wachsendem Erstaunen, wie sein kleines Schwesterlein
es sich inzwischen auf der anderen Seite des breiten Bettes gemütlich machte.
„Verrätst du mir, was das werden soll?“ fragte er, bemüht sich nur halb so genervt anzuhören wie er sich fühlte.
„Ich dachte, wir zwei könnten eine Runde quatschen, so wie früher. Wir müssen doch noch nicht aufstehen.
Heute ist Sonntag, ich muss nicht in die Schule und du hast auch frei, also genug Zeit.“


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‚Oh ja, Zeit, die ich gerne zum schlafen genutzt hätte’ stöhnte Nicolas innerlich und war versucht,
sie ganz energisch aus seinem Bett und seinem Schlafzimmer zu werfen.
Doch als er in Bellas bittendes Gesicht sah, da konnte er es nicht tun.
‚Wieso schafft sie es immer wieder, mich um den Finger zu wickeln?’ fragte er sich selber ganz verzweifelt,
als er sich mit einem Seufzer wieder auf das Bett fallen ließ. „Irgendwie hat mir das richtig gefehlt.“ plapperte Arabella auch gleich munter drauf los,
Nicks offensichtliche Müdigkeit völlig übersehend. Und während sie leise davon schwärmte,
wie sie früher nach einem schlechten Traum immer zu ihrem großen Bruder ins Bett gekrochen war,
schweiften Nicks Gedanken langsam ab, fort aus diesem Zimmer und aus diesem Haus, zu ihr. Er vermisste sie, ja, er vermisste sie sogar sehr.
Und er fürchtete, dass er sie vielleicht nie wieder sehen würde, und das machte ihm womöglich noch mehr Angst.
Etwas Vergleichbares war ihm noch nie passiert.
Er hatte sich immer für einen Mann gehalten, dem seine Arbeit und sein unabhängiges Leben viel zu wichtig waren,
als dass er sich gestattet hätte, romantische Gefühle zu entwickeln, Gefühle, die ihn nur ablenken und verwirren würden.
Er hatte recht mit seiner Theorie, er war der lebende Beweis, aber es interessierte ihn nicht mehr, es war bedeutungslos geworden.


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„Bitte, was hast du gesagt?“ Er musste nachfragen, denn er glaubte, sich verhört zu haben.
„Ich wollte deinen Rat, ..., nicht nur als großer Bruder, sondern als Mann.“
Nun druckste Arabella doch herum und hatte Nicks volle Aufmerksamkeit.
„Und wieso?“
‚Ach du liebe Zeit, was für eine selten dämliche Frage!’ schoss es ihm sofort durch den Kopf, als er die zarte Röte bemerkte,
die sich ganz plötzlich über die Wangen seiner Schwester ergoss, noch verstärkt durch das einfallende Licht der Morgensonne.
Sichtlich verlegen starrte sie mit großen Augen vor sich hin. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, dass sie langsam erwachsen wurde.
Aber Nick entschied dennoch, dass sie vor dem Mann -er bemühte sich wirklich sehr, nicht zu lachen- wohl doch eher den großen Bruder brauchte.
„Heh, Kleines!“ versuchte er sie zu ermuntern, mit der Sprache rauszurücken. „Gibt’s da jemanden, der dich interessiert?“
Bella verabscheute es, wenn man sie als klein bezeichnete. Und auch er durfte das nur tun, wenn sie in der richtigen Stimmung dafür war.
Diesmal schien sie es gar nicht zu bemerken. Das machte die Sache noch wesentlich ernster.


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„Außer dir hab ich doch niemanden, den fragen könnte. Zu Mom brauch ich gar nicht gehen. Der wäre keiner gut genug und Johnny schon gar nicht.“
„Ok, das ist doch schon mal was! Der Typ heißt also Johnny. Und wenn Mamà dagegen wäre, geht er vermutlich nicht auf deine Schule, richtig?“
Bella nickte, aber nicht etwa bedauernd, sondern regelrecht erfreut.
„Er geht auf die Staatliche, die Jefferson High, für die Privatschule haben seine Eltern nicht genug Geld. Aber das stört ihn nicht und mich auch nicht.“
Das klang schon beinahe nach einer trotzigen Warnung, jetzt ja nichts falsches zu sagen.
Dabei war das gar nicht nötig. Nick hielt sich nun wirklich nicht für snobistisch.
„Und wie ist er so?“ fragte er ganz beiläufig und wünschte sich im nächsten Moment, er hätte darauf verzichtet.
Denn Bella fing praktisch sofort an zu schwärmen, als hätte sie schon die ganze Zeit genau auf diese eine Frage gewartet.
Selbstverständlich war er ja soooo cool, hatte sooooo schöne blaue Augen, soooo eine herrlich wilde Mähne und soooo ein tolles Motorrad
-das fehlte seiner Mutter noch zum Herzinfarkt-
und war ja sowieso DER Schwarm aller Mädchen.


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„Und wobei genau willst du jetzt meinen Rat haben?“ suchte er schließlich ihr wohltönendes Loblied zu unterbrechen. „Wo liegt das Problem?“
„Er beachtet mich nicht.“ Das klang zutiefst unglücklich und er zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nur: „Ah ja?!“
Mehr war auch gar nicht nötig, denn Bella hatte beschlossen, ihm jetzt alles möglichst in einem Atemzug zu erzählen.
Es sprudelte alles dermaßen schnell aus ihr heraus, dass er Mühe hatte, ihr zu folgen.
Als sie endlich Luft holen musste, versuchte er das Gehörte so gut es ging zusammen zu fassen.
„Mal sehen, ob ich das jetzt richtig verstanden habe. Er jobbt in Jackie’s Diner, wo du mit deinen Freundinnen immer nach dem Shoppen hingehst.
Und alles, was ihr je miteinander gesprochen habt, betraf deine Bestellung.
Trotzdem hättest du gern ein Date mit ihm, traust dich aber nicht, ihn anzusprechen, weil er dich für eine der reichen Schnepfen hält,
womit er, zumindest was das Geld angeht, ja nicht so ganz unrecht hat. Stimmt das bis hier?“
Sie nickte bedrückt. „Was mach ich denn jetzt? Du bist doch auch ein Mann...“
Er schluckte, räusperte sich, um nichts in der Welt durfte er jetzt auch nur eine Miene verziehen!
„Wie mach ich ihn auf mich aufmerksam? Wie? Worauf würdest du reagieren, so als Mann?“


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Das war eine ziemlich komplizierte Frage, auf die er so schnell auch keine gute Antwort wusste.
Immerhin konnte er sich kaum mit diesem 17jährigen Jungen vergleichen.
Eigentlich konnte er sich mit niemandem vergleichen, denn er war in solchen Dingen ein Frosch, wie sein Freund Justin immer sagte.
Schon als Teenager hatten ihn die Innereien solcher Viecher mehr interessiert als die gefeierten Schulschönheiten.
Aber er musste sich etwas einfallen lassen, und zwar etwas sehr gutes, das erwartete Bella von ihrem großen Bruder.
Justin! Genau, das war die Lösung. Er würde Justin fragen.
Wenn sich jemand mit den Beziehungen zwischen Mann und Frau - oh Gott hatte er das jetzt wirklich gedacht –
wenn sich also jemand damit auskannte, dann sein bester Freund. Er würde ihn zwar vermutlich wieder aufziehen,
aber an seinen gutmütigen Spott war er ohnehin schon gewöhnt. Was er wohl zu Celia sagen würde?!
Nur für einen Moment stahl sie sich erneut in seine Gedanken, dann richtete er seine Aufmerksamkeit
wieder vollends auf Bella, die ihn erwartungsvoll ansah.
„Also zunächst mal sollte ich uns was zum Frühstück machen. Es denkt sich so schlecht mit knurrendem Magen.
Und dann können wir Kriegsrat halten. Irgendwas fällt uns schon ein, versprochen.“



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Er warf sie aus dem Bett, damit sie sich umzog und verschwand selbst im seinem Badezimmer.
Die kalte Dusche hatte er jetzt dringend nötig. Mehr denn je wünschte er sich in diesem Moment, sein Vater wäre nicht so früh gestorben.
Dann hätte er jetzt ihn fragen können. Zu schade, dass Arabella ihn kaum hatte kennen lernen können!
Nun musste er an seiner Stelle auf sie acht geben. Also würde er sich den Jungen wohl mal ganz unauffällig ansehen.
Sie brauchten beide nicht sehr lange zum Umziehen, sondern trafen sich nur kurze Zeit später an der Treppe, um gemeinsam nach unten zu gehen.
Nick musterte ein wenig überrascht die engen Jeans und die –ohlala- hohen Schuhe seiner Schwester, verkniff sich aber jeglichen Kommentar,
der ihm ohnehin wieder nur ein: „Sei nicht spießig!“ eingebracht hätte.
Nur auf Mutters Reaktion war er gespannt. Das sah doch etwas anders aus als ihre bevorzugten Blümchenkleider.
Ob sie auch schon wach war?


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Die nächste dumme Frage an diesem Morgen.
Sie hatten noch nicht einmal die Hälfte des Wohnzimmers durchquert,
als sie aus der angrenzenden Küche schon ein Klappern und Schlagen hörten.
Natürlich war sie wach. Immerhin war sie ein Frühaufsteher, ganz im Gegensatz zu ihren sogenannten Freundinnen.
Bella zupfte ihn am Ärmel. „Du sagst aber nichts zu Mom, wegen du weißt schon!“ flüsterte sie.
„Natürlich nicht, wo denkst du hin!“ flüsterte er zurück
und spielte den Entrüsteten so überzeugend, dass Bella schon wieder grinsen musste.
„Mom würde austicken, wenn sie das mit Johnny rauskriegt.“
„AUSTICKEN wäre noch vorsichtig ausgedrückt.“
Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu, bevor er, seiner Schwester Deckung gebend, die Küche betrat.



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„Guten Morgen, Mamà!“ Sie sagten es beide in einem Atemzug, wie auf Kommando und sahen ganz erstaunt,
dass ihre Mutter in einem teuren Designerkleid an der Theke stand und geschäftig in einer Schüssel rührte.
„Guten Morgen, ihr zwei!“ antwortete Catherine freundlich, ohne mit der Rührerei aufzuhören.
„Was machst du da, Mamà?“ fragte Nick.
„Wonach sieht es denn aus? Ich mache Frühstück!“
„Ja, ähm, ...“
Nick wusste nicht recht, was er sagen sollte, er konnte doch unmöglich seiner Mutter an den Kopf werfen,
dass er das im Interesse eines baldigen, genießbaren Frühstücks lieber selbst machen würde.
„Das kann ich doch machen!“ bot er ihr stattdessen vorsichtig an, doch sie lehnte ab.
„Du hast die Küche umgeräumt!“ konstatierte sie, während sie den Inhalt der Schüssel weiterhin hingebungsvoll und kräftig durchschlug.
„Es ist ein bißchen unpraktisch, man findest alles nur schwer.
Und warum du die Wand zum Esszimmer entfernst hast, kann ich, ehrlich gesagt, nicht wirklich nachvollziehen.
Aber naja, was soll’s. Es ist deine Wohnung! Interessante Art, sich zu kleiden, Bella!“
Was waren denn das für Töne!
Nicolas und Arabella sahen sich ratlos an, während Catherine vergnügt in sich hineinlächelte.



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„Jetzt steht hier nicht wie die Salzsäulen in der Küche herum! Setzt Euch an den Tisch. Ich bin gleich soweit!“
Ohne das Kopfschütteln ihrer Kinder zu beachten, ging sie mit der Schüssel zum Herd,
griff sich eine Pfanne und begann den Teig nach und nach hineinlaufen zu lassen.
„Ich mache Pfannkuchen!“ rief sie während des Backens zu den beiden hinüber.
Ein kurze, kräftige Bewegung des Handgelenks, der Pfannkuchen sprang aus der Pfanne und landete umgedreht wieder in der Pfanne.
„Ich nehme doch an, du magst sie immer noch so gern, Nicolas!“
Das Erstaunen der zwei bereitete ihr ein diebisches Vergnügen. Da hatte ihr Herr Sohn doch tatsächlich angenommen, sie könne nicht kochen.
Hah, nur weil sie es nicht tat, es war ja nicht notwendig, musste das noch lange nicht heißen, sie wäre dazu nicht in der Lage.
Früher hatte sie in dieser Küche häufig gekocht. Für Frances. Er liebte gutes Essen, ihr Essen.
Es hatte Spaß gemacht, für ihn zu kochen, selbst wenn ihre Mutter die Nase gerümpft und sie bei jedem ihrer seltenen Besuche hier daran erinnert hatte,
was sie ihrer gesellschaftlichen Stellung schuldig sei. Frances hatte jedesmal gelacht und gemeint, sie solle doch stolz darauf sein,
was sie ihrer Tochter alles beigebracht habe. Seltsam dass sie sich jetzt daran erinnerte.
Er war der Einzige gewesen, der ihre Mutter zum Schweigen bringen konnte.
Catherine schüttelte sich, warf den letzten Pfannkuchen mit Schwung auf den erwärmten Teller und brachte ihn zum Tisch.


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„Wow!“ war zunächst alles, was Nicolas mit halbvollem Mund hervorbrachte,
nachdem er mit einem kaum merklichen Zögern ein Stück Pfannkuchen probiert hatte.
Und Catherine freute sich so über das offensichtliche Lob, dass sie ihren Kommentar bezüglich seiner Manieren
– wie konnte man nur mit vollem Munde reden – einfach hinunterschluckte.
Die waren aber auch lecker. Nicolas kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Er hatte seine Mutter noch nie, wirklich nie in der Küche stehen sehen.
Und ihre ausgesprochen gute Laune wirkte reichlich verdächtig.
„Also da kann sich selbst Lucy noch eine Scheibe abschneiden, Mamà.“ sagte Bella,
während sie sich bereits das nächste Stück in den Mund schob.
„Schön, wenn’s dir schmeckt.“
„Du solltest echt öfter kochen, Mum.“ Catherine sah ihre Tochter an und überlegte.
„Ja, vielleicht sollte ich das tatsächlich tun. Was hast du denn heute noch so vor, Nicolas?“
Er zuckte mit den Schultern. „Nichts besonderes, ausruhen, denke ich. Es war eine anstrengende Woche. Warum?“
„Nun, ich dachte, du könntest mir vielleicht etwas Zeit opfern, damit wir über die Dinnerparty nächsten Samstag sprechen können.
Es gibt einiges zu arrangieren, die Zeit drängt. Aber da das hier dein Haus ist, möchte ich es natürlich nicht ohne dich machen.“


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‚Nicht schon wieder diese verfluchte Party’ stöhnte Nick unhörbar und seine Schwester warf ihm einen mitleidigen Blick zu.
„Ich könnte dir helfen, Mamà. Ich glaube, Nick muss sich echt mal erholen. Er sieht ja schon aus wie der wandelnde Tod.“
„Danke!“ meinte Nick trocken. „Jetzt fühl ich mich gleich besser.“
Der Unterstützungsversuch seiner Schwester hatte allerdings auch sein Gutes.
Seine Mutter betrachtete ihn nämlich daraufhin sehr aufmerksam und kam, Wunder über Wunder zu derselben Ansicht.
„Ich werde einen Plan erstellen für die Gästeliste, das Essen, die Musik. Den können wir dann heute Abend in Ruhe durchgehen.
Vielleicht solltest du dich nach dem Frühstück lieber noch etwas hinlegen.“
Das Telefon klingelte. An einem so schönen Sonntagmorgen, wenn auch noch endlich einmal Frieden am Frühstückstisch herrschte
und das Essen richtig mundete, gab es in der Tat kein schrecklicheres Geräusch.
Auch Catherine reagierte ungehalten, als Nick seufzend aufstand.
„Wenn das die Klinik ist, du hast heute frei. Die sollen sich einen anderen holen.
Du bist schließlich nicht der einzige Arzt in diesem Krankenhaus.“
Ausnahmsweise gab er ihr recht.


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„Ja bitte!“ meldete er sich leicht unwirsch, wurde aber gleich darauf totenblass.
„Dr. Blandfort?“ schluchzte eine Stimme am anderen Ende.
„Ich, ...., es tut mir leid, ...., ich brauche Hilfe!“



+++++++++++++++++
Das soll es für heute gewesen sein. Euch allen ein schönes Wochenende!
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Nery,
eine tolle FS mal wieder. Ich bin gespannt, wer da am Telefon ist. Celia? Hat sie die Flammen überstanden? War es nur ein Albtraum? Eine Vision?

Nun ist also Nicholas Mutter und seine Schwester eingezogen, und während Schwester und BRuder sich ja ganz gut damit arrangieren, ist Mama natürlich etwas nervig. Man merkt jetzt aber, dass Catherine nicht ganz so ist wie sie scheint. Sie hat offenbar doch ein gutes Herz, und wenn sie an die Zeit mit ihrem Mann denkt, dann merkt man, dass da echte Liebe im Spiel war. Umso seltsamer, dass sie Nicholas seine Wahl partout nicht selbst treffen lassen will, finde ich.

Und sie ist immer wieder für eine Überraschung gut, kocht ein tolles Frühstück, obwohl die Kinder dachten, sie kann gar nicht kochen :)

Es tut mir so leid, dass Du hier so wenig Reaktionen hast. Ich bleibe Dir aber natürlich weiter treu, kann die Story aber natürlich auch drüben zu Ende lesen... also ich meine damit nur, ich fänds nachvollziehbar, wenn Dir die viele Arbeit hier auf Dauer einfach zu blöd würde im Gegenzug zu der wenigen Ressonanz die kommt. :hallo: An Deiner FS liegt es definitiv nicht, denn die ist einfach supergut und den anderen hier an Qualität nicht unterlegen - eher im Gegenteil, aber das weißt Du ja sicher auch! :up:
 
Hallo Nery,

Du hast Celia abgefackelt! Also echt.
Ich glaube aber auch, dass das nur eine Art Halluzination war.

Zu dem ersten Bild in Nicks Schlafzimmer habe ich eine Frage. Auch nach mehrminütigem Draufstarren (und Du weisst, dass ich Deine Bilder rein aus Genussgründen sehr intensiv betrachte) hat sich mir nicht erschlossen, was das Kartoffel-Ufo-ähnliche Gebilde hinter dem Bett ist. Besonders, da es auf den nächsten Bildern verschwunden ist. Aliens? Ein Fall für die Ghostbusters? Wird Nick heimlich beobachtet? =) Nee, schon klar, es ist bestimmt nur irgendeine Deko, aber ich kann echt nicht erkennen, was das ist.

Catherine macht Frühstück. Hm. Okay, sie hat dabei eine sentimentale Anwandlung bzgl. ihres Gatten, und ich glaube auch, dass sie aus dem Herzen kommt und sie ihm wirklich zugetan war. Allerdings ist mir völllig unverständlich, wie sie sich einerseits durchaus an die Probleme mit ihrer Mutter erinnern kann, und sich dann heute gegenüber ihren Kinder ähnlich verhält. Und ausserdem habe ich bei Catherine den Verdacht, dass sie wenig ohne Grund, nur aus Freude am Tun, macht. Wenn sie Frühstück macht, hat das bestimmt einen Zweck, den ich in der Party vermute. Vermutlich will sie irgendwas von Nick und will ihn mit Pfannkuchen bestechen *ggg*.

Der Anruf kam bestimmt von Celia. Ha, perfekt. Was ist besser für eine beginnende Beziehung, als wenn der männliche Part der Retter und Beschützer sein darf :cool:.

Tja, was die Resonanz hier betrifft, bin ich auch sehr erstaunt. Ich meine, Du hast ja nicht wenige Hits, aber dass sowenig Kommis kommen, finde ich auch schade. Vielleicht kennen doch schon viele die Geschichte und sind deshalb ein bißchen unsicher, was sie schreiben sollen? Also, ich geniesse das ja, nochmal langsam durch die Story zu gehen und was dazu sagen zu können, auch wenn ich es nicht immer schaffe, was zu schreiben. Manchmal bin ich einfach zu beschäftigt, zum Beispiel mit der Suche nach Bildern von Geschirr aus dem 16. Jahrhundert *VerschmitztZwinker*.
Ich könnte auch verstehen, wenn Du Dir die Arbeit nicht weiter machen willst, fände es allerdings auch sehr schade.

Ganz liebe Grüsse!
 
Hallö Nery, :)

Ich hab dir ja schon gesagt, wie sehr mich das freut, dass es wieder weiter mit Celia geht und nun finde ich auch endlich die Zeit und Ruhe für einen Kommi. :)

So viel passiert und ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll...
Die Träume die Celia hat sind ziemlich beunruhigend. Sie scheint ja von etwas zu träumen, was in ihrer Vergangenheit passiert ist, obwohl sie sich bewusst nicht daran erinnern kann. Ich glaube, es muss sehr beängstigend sein, wenn man sich an nichts erinnern kann und dann auch noch von fremden Wesen/Kulturen/Welten träumt. Man muss ja denken, dass man verrückt wird. :ohoh:
Aber die Art und Weise, wie sie ihre Träume verarbeitet, in dem sie malt was sie gesehen hat, ist vielleicht ja der richtige Weg. Auch wenn Mara davon wohl nicht überzeugt ist und ihre Aufgabe gefährdet sieht...
Dann taucht auch noch ein unheimlicher Mann auf und stürzt Celia in ein noch größeres Chaos. Ich denke nicht, dass er wirklich nur der harmlose Nachbar ist, der er vorgibt zu sein. Diese Augen und die Stimme erinnern doch sehr an den seltsamen Kerl, der Celia schon in der "anderen" Welt beeinflussen wollte... Und nun auch noch Visionen oder anders gesagt Wahnvorstellungen von etwas was passieren wird, wenn sich Celia nicht beugt, denn das wird es wohl sein, was Celia da hat (ich denke auch nicht, dass du deine Hauptfigur umbringst :lol:)... Ich bin gespannt, wie sie damit umgeht, wenn sie wieder ... wach ist.

Nun aber zu den Blandfords:
Aha, also sieht Catherine Lady Cressida ebenfalls. Ich finde das so witzig, dass weder Nicolas noch seine Mutter jemals über Lady Cressida gesprochen haben und Beide denken, dass sie die Einzigen sind, die sie sehen. :lol:
Also mir scheint, als wenn Lady Cressida mehr weiß über die Person die Nicolas' Herz gehört, als Catherine. Catherine scheint doch noch sehr daran zu glauben, dass Nicolas am Besten mit einer Frau verheiratet wird, die der höheren Gesellschaft angehört. Tja, aber zum Glück haben in dieser Zeit, die Eltern das nicht mehr zu bestimmen, auch wenn Catherine das wohl denkt. ^^
Aber ich habe das Gefühl, dass Catherine sich so langsam ihren Kindern wieder mehr annähert. Sie erscheint gerade bei dem Frühstück nicht mehr so streng und unnahbar wie vorher. Entweder war es das Gespräch mit Cressida oder die neue Umgebung, die ihr mehr Verständnis für ihre Kinder eingegeben hat.
Soso, da hat sich Arabella also verguckt und weiß nicht wie sie sich verhalten soll. Ich gebe zu, dass Problem ist bekannt, aber ich würde nie auf die Idee kommen damit mit meinem Bruder zu reden. Aber es zeigt, wie nahe sich die Geschwister stehen, dass sie selbst über solche Themen miteinander reden. An Nicks Stelle wäre ich aber auch ziemlich genervt, wenn man mich deswegen an einem freien Tag wecken würde. :lol:
Das er Arabella nicht wirklich helfen kann, nun wer wills ihm verdenken, denn er stellt sich ja auch nicht viel besser an bei Celia. Klar, es ist eine andere Situation bei ihm, aber trotzdem ein Experte auf dem Gebiet ist er nicht...

Und nun dieser Anruf, nun ich kann mir schon denken wer da anruft und Hilfe braucht. Also los Nick und sei ein strahlender Held und hilf der holden Maid in Not. =)
Wie du siehst freu ich mich auf die Fortsetzung.
Ganz liebe Grüße
Llyn
 

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