Die Story ist eine Zusammenarbeit von Choclate, die für die Bilder verantwortlich ist und mir, die ich die Texte schreibe. Dafür auch nochmal ein großes Dankeschön an sie, dass sie meine Idee graphisch umsetzt und mir zugleich auch Impulse gibt, wenn die Logik mal nicht stimmt oder nicht ganz klar ist.

aqua_plus13, Tiger_Lady, Lockette
Kapitel 1

aqua_plus13, Tiger_Lady, Lockette
Kapitel 1

Mein Name? Nun, eigentlich tut er nichts zur Sache, aber wenn ich euch schon meine Geschichte erzähle, kann ich euch das auch verraten. Meine Eltern tauften mich Sibylle. Ich bin eine junge Frau von 26 Jahren. Und eine Hexe. Nein, keine Hexe, eine Halbhexe.
Ich würde am liebsten … - doch, nein, stopp, lasst mich ganz von vorn beginnen. Um euch alles zu erklären, muss ich ungefähr 500 Jahre zurückgehen.
Es begann im Jahre des Herrn 1480. Mein Vater – ein einfacher Bauer, der ein gottgefälliges Leben führte und meine Mutter – ihres Zeichen Junghexe. Mutter war aus ihrem Heimatdorf vertrieben worden. Es war ein kleines, idyllisches Dorf, fast romantisch, wenn es für Mutter nicht so sterbenslangweilig gewesen wäre.
Ihre Familie – also meine Großeltern und sie – hatten bei ihrer Ankunft im Dorf eine alte, halb zerfallene Mühle vorgefunden. Die Mühlsteine waren zwar abgenutzt und nicht mehr zu gebrauchen, dafür war das Gebälk noch erstaunlich gut in Schuss. Es war viel Arbeit, das Haus wieder herzurichten, aber es lohnte sich.
Ja, Großvater baute sogar noch einen Stall an, während Großmutter sich mit vollem Eifer ihrem geliebten Kräutergarten widmete.
Mutter hingegen, nun, sie war halt noch ein Kind, sie tollte viel lieber auf den Wiesen und im angrenzenden Dorfwald herum. Oh, wie oft träumte sie davon, etwas von der großen weiten Welt zu sehen…
„Sindarin, hör auf damit und hol lieber frisches Wasser“ riss ihre Mutter sie aus ihrem Tagtraum. Ach ja, richtig, da war ja noch was…
Sie schnappte sich den Eimer und lief rasch zum Brunnen, die unliebsame Arbeit schnell hinter sich bringend. „Sindarin, wenn du schon wieder zurück bist, kannst du ja noch frischen Reisig holen und die Ställe säubern“ „Och Mama, muss das sein? Ich könnte doch einfach…“ „Nein, du weiß genau, dass uns der Kodex verbietet, die Magie zu eigennützigen Zwecken zu verwenden“ Sindarin trottete hinaus, nicht ohne in ihren nicht vorhandenen Bart zu murmeln: „ Blöder Kodex, was interessiert der mich? Wer den geschrieben hat, musste bestimmt nie Mist schaufeln“
„Ach, Sindarin…“ „Ja, Mama? Was ist denn noch?“ Sindarin versuchte, ihre Stimme nicht ganz so genervt klingen zu lassen, was ihr zwar nicht so ganz gelang, ihre Mutter aber großzügig überhörte.
„Sindarin, heute Abend wollte noch die Müllerstochter vorbeikommen, wegen einem Trank, hilfst du mir nachher noch, die Zutaten zu sammeln?
„Die Müllerstochter? Etwa wieder wegen einem Liebestrank? Die bekommt doch eh…“
„Sindarin, das will ich nicht gehört haben. Du weißt doch, dass man nicht schlecht über andere Menschen spricht!“
Die Dorfbewohner hatten die kleine Familie anfangs misstrauisch - ob ihrer roten Haare und der Tatsache, dass sie Fremde waren – beäugt. Schnell kam heraus, dass sie nicht nur anders aussahen, sondern auch anders waren. Hatte die Familie zuerst noch befürchtet, fliehen zu müssen, hieß man sie eher willkommen, als die Dorfbewohner merkten, dass diese Fremden ganz nützlich waren.
Mit den Jahren wurden sie ein Teil der dörflichen Gemeinschaft. Zwar munkelten einige der Alten immer noch von Teufelswerk, aber von den Jungen gab niemand mehr ein Wort auf dieses Geschwätz.
Am Abend saß die kleine Familie oft zusammen. Aidan, Sindarins Vater versuchte dann, ihr die Welt der Magie näher zu bringen. Er las ihr lange Abschnitte aus dem Zauberbuch vor, die sie sich gut anhören und dann möglichst genau wiedergeben sollte. Gewiss, zaubern wollte sie, seit sie denken konnte, aber lernen? Warum musste es nur so kompliziert sein? All die Zaubersprüche, die für sie alle so gleich klangen und doch so verschieden waren, die unzähligen verschiedenen Pflanzen und Kräuter, die sich manchmal nur in der Form ihrer Blätter unterschieden….
Ihr Vater legte großen Wert auf die akkurate Beherrschung der verschiedenen Zaubersprüche und Beschwörungen. Er lehrte sie auch die Sprache, die Mythen und Geschichten der Anderswelt – jenem magischen Ort, von dem ihre Eltern kamen und den Sindarin erst einmal in ihrem Leben als kleines Kind gesehen hatte. Ihrer Mutter hingegen war es wichtig, dass sie die unzähligen Kräuter und Pflanzen genau kannte, die auf den Wiesen und Feldern der Umgebung wuchsen. Sie lehrte Sindarin ihre exakte Bestimmung, welche Sude und Salben man damit brauen konnte und wie sie im Zusammenspiel miteinander wirkten.
Sindarin seufzte, als sie zu dem großen schweren Buch blickte, das ihr Vater inzwischen wieder auf die Anrichte zurückgelegt hatte.
Das Buch… es war anders als die Bücher, die Sindarin manchmal bei reisenden Geschäftsleuten oder beim Dorfpfarrer sah. Es strahlte etwas Geheimnisvolles, Mystisches aus. Immer, wenn sie es berühren durfte, kribbelten ihre Fingerspitzen, als würde sie in Brennnesseln fassen, aber es war kein unangenehmes Gefühl, eher sehr schön und ihr wurde jedes Mal warm ums Herz.
Obwohl es immer auf einem kleinen Podest in der Nähe des Herd lag, so nah, dass jedes andere Buch wahrscheinlich längst verbrannt oder zumindest angesengt worden wäre, hatte es sich in all den Jahren nie verändert. Sindarin hatte sogar das Gefühl, es würde mit jedem Tag schöner werden.
Oft hatte sie ihre Eltern gefragt, was es damit auf sich hatte, doch sie hatten sich immer nur in Schweigen gehüllt und gesagt, sie würde es verstehen, wenn sie älter wäre.
Älter, pah, dachte sie dann jedes Mal. Ich wette, ihr wisst es selbst nicht.
Kritik immer erwünscht

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