neue Fassung: hier
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Wie angedroht kriegt ihr heute einen winzig kleinen Ausschnitt aus der Fotostory.

Ich hoffe, er ist auch gut verständlich, obwohl ihr die Vorgeschichte und die Figuren kaum oder noch gar nicht kennt. Überarbeitet ist der Text jetzt in der 1. Fassung (d.h. die "Erstkorrektur" ist durch), aber für gewöhnlich korrigieren wir Texte mehrfach und über Wochen hinweg. Also, möglicherweise ändert sich hier und da noch etwas, bis das Kapitel dann in der FS kommt
/Edit: Die Bildbearbeitung ist hier auch nicht unbedingt das, was am Ende in die FS kommt. Ich habe bei diesem Abschnitt viel experimentiert und ausprobiert

Also, von den Bildern her ändert sich ggf. auch noch etwas.
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Den Anlass dieser kleinen "Lagerfeuergeschichte" verschweige ich. Aber wenigstens ein paar kleine Anhaltspunkte muss ich euch geben, denke ich.
Figuren:
- Samantha (Sam), noch 16 Jahre alt
- Ron
- Felicitas (Feli), 16 Jahre alt (fast 17)
- Larissa (Lara), 16 Jahre alt (fast 17)
- Jonathan (Johnny), gerade 15 Jahre alt
- Konstantin (Konna), 19 Jahre alt
Sam habt ihr ja bereits kennengelernt und auch ihren Freund Ron. Sam ist unter anderem mit Lara, Felicitas, Konna und Johnny befreundet. Keiner von ihnen mag Ron, was auf Gegenseitigkeit beruht.
Sam und Feli sind schon ihr ganzes Leben lang beste Freundinnen, Lara ist erst kürzlich dazugestoßen. Zwischen den Geschwistern - Konna, Feli und Johnny - gibt es häufiger kleine Sticheleien.
Die Geschichte:
Diese kleine Lagerfeuergeschichte mag euch vielleicht langweilig vorkommen, aber sie ist... nun ja... nicht unwichtig für den Rest der Fotostory.
Zombies, die Hells Grannies und ein Waldschrat
»Z... Z… Zo… Zombies?«, fragte Lara ängstlich.
»Blödsinn«, entgegnete Konna sofort und schüttelte missbilligend den Kopf. »Wirklich, Lara. Das ist-«
»Absoluter Schwachsinn«, unterbrach Sam ihn und auch Felicitas schien etwas einwenden zu wollen, doch Johnny kam ihr zuvor.
»Klar«, behauptete er überzeugt. »Zombies.«
Lara schluckte und Feli verdrehte genervt die Augen.
»Oh oh, eine an den Haaren herbeigezogene Gruselgeschichte in drei - zwei - ei-«
»Gr... Gru... Gruselgeschichte?« Laras Augen weiteten sich und sie wirkte auf einmal reichlich blass. »Ist die... ist die wirklich... gruselig?«
»Quatsch«, antwortete Sam sofort. »Als wir noch klein waren, hat Felis Papa uns immer wirklich gruselige Geschichten erzählt, wenn wir draußen im Garten gezeltet haben. Hmmmm...«, sie hielt kurz inne und überlegte...
»Okay, als Kind fand ich sie zumindest echt total gruselig«, fuhr sie fort und kratzte sich am Kopf. »Aber Johnnys Geschichten sind wirklich-«
»Was für Kinder...«, zischte Ron und wandte sich grummelnd wieder dem Lagerfeuer zu.
»Allerdings«, pflichtete Felicitas ihm bei. »Und völliger Blödsinn.«
»Das stimmt überhaupt nicht!«, verteidigte Johnny sich sofort. »Also... die Geschichte, die ich letztens erzählt habe, von-«
»Von dem Werwolf?«, half Feli aus und er nickte heftig. Lara schien immer kleiner zu werden und Konna fragte sich ernsthaft, ob er der ganzen Sache am besten nicht sofort ein Ende setzen sollte. Es war mehr als offensichtlich, dass Lara sich nicht besonders wohl fühlte und alles andere als scharf auf irgendeine von Johnnys Geschichten war.
»Na gut. Die... die war gelogen«, gab Johnny zu, »aber...«
»... die von den Zombies ist natürlich total wahr«, sagte Feli, verdrehte die Augen und stupste Lara an. »Halt' die Klappe oder mach’s wenigstens kurz. Lara steht nicht so auf Gruseliges.«
Konna war sich sicher, dass schon ihr eindringlicher Blick Johnny zum Schweigen bringen würde...
... doch er musste schon im nächsten Augenblick erkennen, dass er sich geirrt hatte.
Leider.
»Also... ich...« Johnny schaute unsicher zu Sam und vermied es tunlichst, Konna anzusehen. »Ich weiß nicht, ob irgendwas dran ist«, erklärte er, »aber ich halt’s ehrlich gesagt für gar nicht
so abwegig. Teilweise zumindest...«
»Was? Dass Werwölfe existieren?«, fragte Feli herausfordernd. »Oder Sumpfmonster? Vampire? Hexen? Aliens?« Scheinbar ging es auch ihr gegen den Strich, dass Johnny keine Rücksicht auf Lara nahm, die zusehends ängstlicher und unglücklicher wirkte.
»Ziege!«, fauchte Johnny und Konna stöhnte genervt. Wenn Felicitas sich nun dazu hinreißen ließ, auf die gleiche Weise zu antworten, würde es keine fünf Minuten dauern, bis die beiden sich wieder richtig in die Haare kriegen würden. Er wollte sich einmischen, um einer Eskalation direkt vorzubeugen, doch im gleichen Moment ergriff bereits Sam das Wort.
»Vertragt euch doch«, bat sie. »Wenigstens heute.«
Feli nickte und Johnny sah zerknirscht zu Boden. Lara räusperte sich und schien etwas sagen zu wollen, hielt aber den Mund und fuhr sich nervös mit den Fingern durch die Haare. Konna war nicht wirklich klar, warum Lara nicht direkt sagte, dass sie keine von Johnnys Geschichten hören wollte, aber vermutlich wollte sie einfach nicht als Spielverderber gelten. Sollte er diesen Moment des Schweigens einfach ausnutzen und unauffällig das Thema wechseln? Damit könnte er ihr doch aus der Klemme helfen!
Aber Konna zögerte zu lange und verpasste seine Chance.
»Es ist auf jeden Fall nicht so wie mit der Geschichte von dem Werwolf oder die mit dem Yeti oder-«
»Das, was du sonst so von dir gibst«, unterbrach Felicitas ihn. »Glaub' ihm kein Wort von dem, was er gleich erzählen wird, Lara.«
Johnny verzog wütend das Gesicht und Konna befürchtete schon, dass sein kleiner Bruder gleich eine ganze Menge Schimpfwörter vom Stapel lassen würde - doch nichts geschah und Konna musste ehrlich zugeben, dass ihn das wunderte. Normalerweise gab Johnny nicht so schnell klein bei. Offenbar riss er sich Sam zuliebe wirklich zusammen.
»Also«, sagte Johnny und räusperte sich. »Es ist so, dass...«
»Keine Angst, Lara«, mischte Konna sich nun doch ein. »Das hier ist Greiffenstein. Das Schlimmste, was hier passiert, ist, dass irgendjemand Wäsche von der Leine klaut oder ein Straßenschild umfährt. Versprochen.« Er lächelte sie aufmunternd an und sie schien sich tatsächlich ein klein wenig zu entspannen.
»Kann ich jetzt endlich anfangen?«, fragte Johnny gereizt und Lara nickte zögerlich.
»Und ihr unterbrecht mich auch nicht wieder?«
»Ja, doch«, maulte Feli. »Wir unterbrechen dich nicht.«
»Gut.« Johnny rutschte in Richtung Lagerfeuer und drehte sich herum, sodass er die anderen ansehen konnte. »Letztens, also, vor ein paar Wochen, war ich bei Oma und Opa Rasenmähen und-«
»Oh, du hast dich nicht davor gedrückt?«, fragte Konna erstaunt und Johnny funkelte ihn zornig an. Konna presste die Lippen fest aufeinander und versuchte den Kommentar, der ihm auf der Zunge lag, herunterzuschlucken. Er war noch immer wütend darüber, dass Johnny ihn heute einfach hatte hängen lassen, aber das würde er auch morgen noch mit ihm klären können. Nach allem, was heute vorgefallen war, musste er ja nicht noch Streit vom Zaun brechen.
»Ich drück' mich vor überhaupt gar nichts«, maulte Johnny und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, nur um sie im nächsten Moment doch wieder sinken zu lassen. »Also... auf jeden Fall saß Oma draußen mit Ottilie und Agathe und-«
»Ottilie und Agathe...?«, fragte Lara leise. »Sind das diese zwei älteren Damen, die neben dem Friedhof wohnen?«
»Genau«, bestätigte Felicitas. »Unsere Oma ist schon mit ihnen zur Schule gegangen und die drei sind heute noch unzertrennlich. Sie treffen sich jeden Sonntag und behaupten, sie würden Bridge, Rommé und Canasta spielen, aber so wirklich glauben tu' ich das eigentlich nicht. Sie schließen sich für mehrere Stunden im Keller ein und man sieht und hört absolut nichts von ihnen, bis sie nach ein paar Stunden wieder herauskommen.«
»Wer weiß, was die da unten treiben«, merkte Sam gedankenverloren an, »aber sie spielen ganz sicher nicht Karten. Die sind echt abgefahren.«
»Stellt euch mal vor, wir«, sie deutete auf sich, Lara und Feli, »hängen auch noch so zusammen, wenn wir mal alt und grau sind.«
»Hells Grannies«, murmelte Konna, doch seine Bemerkung ging im Gegacker der Mädchen unter, die natürlich sofort beteuert hatten, ihre Freundschaft würde
mindestens ein Leben lang halten.
»Wir könnten jedes Wochenende Apfelkuchen backen«, schwärmte Feli. »Mit Rum. Oder Rum mit Apfelkuchen, passt auch...«
»Oh ja«, bestätigte Sam. »Und in unserem kleinen geheimen Kellerraum heimlich Kriminalfälle lösen, wie die... drei Fragezeichen oder TKKG oder so. Als Rentner sind wir doch voll unauffällig. Wir werden einfach totaaal vertrauenswürdig aussehen und jeder wird uns Geheimnisse anvertrauen. Und-«
»Wollt ihr die Geschichte jetzt hören oder nicht?«, fauchte Johnny gereizt und die Mädchen hielten tatsächlich inne.
»Na endlich...«, sagte er und machte eine kurze Pause, die er dazu nutzte, aufzustehen und nach einer Taschenlampe zu greifen.
Warum auch immer. »Oma, Ottilie und Agathe haben draußen im Garten gesessen, Kuchen gegessen, Kaffee getrunken... das volle Programm eben. Sie haben gelästert, was das Zeug hält und ich hab irgendwann aufgehört zuzuhören. War sowieso langweilig. Aber irgendwann hat Oma ihre Tasse fallen lassen und als ich mich umgedreht hab, um nachzusehen, ob alles okay ist, da... also, sie war echt leichenblass. Ohne Scheiss! Ich hab sie noch nie so gesehen... Ich hab mich echt voll erschreckt-«
»Erschrocken«, sagte Lara leise. »Es heißt
ich habe mich erschrocken oder
ich habe dich erschreckt, aber nicht
ich habe mich erschreckt.«
Johnny sah sie wütend an und Lara machte den Eindruck, als würde sie im nächsten Moment in Tränen ausbrechen.
»Tut... tut mir leid«, entschuldigte sie sich schnell. »Ich wollte dich nicht unterbrechen. Wirklich.«
Johnny seufzte und spielte mit der Taschenlampe herum.
»Na, und weiter?«, fragte Feli. »Oder hat Lara dich so aus dem Konzept gebracht, dass du nicht mehr weiter weißt?«
Johnny nuschelte irgendetwas, das verdächtig nach einem schwedischen Schimpfwort klang, schaltete die Taschenlampe ein und leuchtete damit »zufällig« genau in Felicitas' Gesicht.
»Also«, holte Johnny aus und Konna wusste, dass er die Nerven verlieren würde, sollte Johnny an diesem Abend noch ein einziges Mal »also« sagen.
»Die drei haben sich unterhalten, getratscht... was auch immer. Oma hat die Tasse fallen lassen und ab da hab ich wieder zugehört, weil mir das so merkwürdig vorkam. Oma muss sich echt total erschreckt-«
»Erschrocken, Johnny...«
»... erschrocken haben«, murrte er. »Agatha hat dann ihre Hand genommen und zwei oder dreimal gesagt »Doch, es stimmt. Er ist wieder da. Ich habe ihn gesehen.« Und-«
»Das glaube ich nicht«, unterbrach Felicitas ihn kichernd.
»Warum nicht?«
»Weil Agatha allenfalls
hessisch babbelt, aber kein Hochdeutsch spricht.«
»Kannst du jetzt mal aufhören?«
Johnny wartete, bis Felicitas aufgehört hatte zu lachen, und fuhr mit seiner Erzählung fort.
»Ich hab echt nicht gewusst, worüber sie reden«, erklärte er. »Erst als Oma sich später mit Opa unterhalten hat, hat alles einen Sinn gemacht. Opa hatte früher einen Freund, der...« Er machte eine kunstvolle, kleine Pause und Konna gab sich Mühe, nicht zu grinsen. Sobald man irgendwelches Seemannsgarn so verpackte, als habe man es zufällig aus total zuverlässiger Quelle erfahren, klang es doch gleich viel wahrscheinlicher. Lara schien bisher tatsächlich jedes Wort zu glauben, denn sie hörte Johnny absolut konzentriert zu.
»Tschuldige«, unterbrach Sam Johnny. »Was war mit dem Freund?«
»Der hat sich wohl letztens bei Opa gemeldet und sie wollten sich treffen, aber das wollte Oma irgendwie nicht. Scheinbar hatte sie das Gefühl, dass dieser Typ in seiner Vergangenheit irgendetwas...
Schreckliches getan hat. Sie hat Opa bebettelt und bekniet, dass er sich nicht mit ihm trifft und er hat tatsächlich auf sie gehört. Und er hört sonst
nie auf sie. Wirklich
nie. Ich hatte erst überhaupt keinen Plan, wovon sie überhaupt geredet hat...«
Noch eine Pause. Konna kratzte sich an der Stirn und rückte etwas von Sam weg, damit auch Ron sich setzen konnte. Er war gerade aus dem Wald gekommen und hatte die Lichtung betreten.
Seltsam. Konna hatte nicht einmal bemerkt, dass Ron überhaupt weggegangen war.
»Lass mal«, winkte Ron ab und stocherte im Feuer herum. "Kein' Bock auf die Kinder-Märchen-Stunde."
»Auf jeden Fall... also... äääh...« Rons Anwesenheit hatte Johnny ganz offensichtlich durcheinander gebracht. Er suchte nach den richtigen Worten und zuckte zusammen, als Ron ihn unterbrach.
»Ich bin nur ein Waldschrat«, behauptete Ron. »Ignorier' mich einfach.«
Mit diesen Worten verschwand er genauso plötzlich, wie er gerade erst aufgetaucht war. Konna konnte sich nicht helfen: Er fand den Typen einfach merkwürdig.
Richtig, richtig merkwürdig. Weshalb hatte Sam sich nur auf einen so schrägen Vogel eingelassen?
»Sie haben nicht gewusst, dass ich zuhöre, schätze ich... Oma hat begonnen, von einer Mordserie zu erzählen. Die soll sich ereignet haben, als sie noch ein Kind war. 1943 oder 1944. Irgendwann in dem Dreh. Ihr kennt doch die alte Mühle? Früher war die mal bewohnt. Irgendwann im 15. Jahrhundert, oder so...«
Konna musste sich beherrschen, Johnnys Fehler nicht sofort zu korrigieren - oder zu lachen. Die Mühle stammte aus dem 19. Jahrhundert! Entweder bog Johnny sich die Fakten so zurecht, dass sie irgendwie in seine Geschichte passten, oder aber - und das hielt Konna für wahrscheinlicher - er wusste es
tatsächlich nicht. Wie das an ihm vorbeigegangen sein konnte, war Konstantin allerdings ein Rätsel. Die Geschichte Greiffensteins hatte
er in der Grundschule gefühlte hundert Mal durchgenommen.
»Die Polizei wurde zur alten Mühle bestellt, weil dort ein Mord begangen worden sein sollte.«
Erneut machte er eine kleine Kunstpause und Konna seufzte. Wenn Johnny nicht bald zum Punkt kommen würde, würde er sich selbst eine Pointe ausdenken und die Geschichte zu Ende erzählen. Johnnys Erzähltempo war ja nicht zum Aushalten...
»Dann hat die Polizei jedoch rausgefunden, dass es kein Mord war, sondern Selbstmord. Trotzdem war es merkwürdig. Irgendjemand hatte dem Typen zuvor ein paar Finger abgeschnitten. Das war die... äääh... mittelalterliche Strafe für...«
Eidbruch. Eidbruch!
»... für...«
»Eidbruch, Johnny«, half Feli ihm auf die Sprünge und Konna bemerkte aus dem Augenwinkel, dass Lara sich angewidert schüttelte.
»Echt?«, fragte Sam.
»Ja«, antwortete Feli. »Man hat die Finger der Schwurhand abgeschnitten... Das nennt man Spiegelstrafe. Die Strafe spiegelt quasi das Verbrechen.«
»Ist ja eklig, boah«, entfuhr es Sam. »Waren die krass drauf im Mittelalter...«
Johnny nickte und Konna schluckte tapfer das, was ihm in exakt diesem Moment über Foltermethoden in der Antike und Kriegsverbrechen in den letzten rund 300 Jahren einfiel, herunter. Er wollte die ganze Angelegenheit nicht auch noch durch eine Diskussion unnötig in die Länge ziehen.
»Und was ist dann passiert?«, hakte er nach und hoffte, dass er Johnny so dazu bewegen konnte, weiterzusprechen und die Geschichte endlich zu Ende zu erzählen.
»Nachdem die Polizei die verstümmelte Leiche gefunden hatte, wurde sie zur Untersuchung ins Labor gebracht und genauer untersucht. Der Suizid wurde zweifelsfrei bestätigt. Außerdem fand die Polizei heraus, dass der Kerl ein Mörder war, nach dem schon lange gesucht worden war.«
Konna hätte gerne nachgefragt, wieso dazu eine Untersuchung notwendig gewesen war - in den 30ern und 40ern gab es noch keine DNA-Analyse oder Vergleichbares. Allenfalls einen Bluttest, aber selbst der dürfte unter diesen Umständen sehr schwierig durchzuführen gewesen sein und außerdem mit Sicherheit kein eindeutiges Ergebnis geliefert haben.
Lara verzog allerdings jetzt schon ängstlich das Gesicht, weshalb Konna darauf verzichtete, nachzuhaken. Am Ende würde Johnny noch mit irgendwelchen - unlogischen aber grausigen - Details aufwarten.
»Allerdings gab die Sache mit den Fingern der Polizei Rätsel auf. Es entstand schnell das Gerücht, dass der alte Müller seine Hand mit im Spiel gehabt haben könnte. Im Mittelalter«, führte Johnny aus, »soll in der Mühle ein Müller gewohnt haben...«
»Was ja jetzt nicht ungewöhnlich ist«, raunte Feli und Sam kicherte leise.
»Angeblich war er mit dem Teufel im Bunde - oder einfach nur wahnsinnig. So genau weiß das niemand. Vielleicht ist er auch wahnsinnig geworden, gerade weil er sich auf den Teufel eingelassen hatte-«
»Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute...«
»Ich hör wirklich auf, wenn ihr nicht aufhört«, fuhr Johnny Feli und Sam an und Konna konnte seiner Schwester an der Nasenspitze ansehen, dass sie am liebsten lauthals losgelacht hätte; was ja auch kein Wunder war. Konna fand Johnnys Wortwahl auch etwas unglücklich und musste die Lippen aufeinanderpressen, um nicht doch noch verräterisch zu grinsen. Johnny war sowieso schon motzig genug und er wollte nicht noch Öl ins Feuer gießen.
»Okay, okay, okay«, lenkte Feli ein, nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte. »Aber wenn der Müller im Mittelalter gelebt hat, wie soll er denn dann... einem Typen in den 1940ern die Finger abgeschnitten haben, Herzchen?«
»Das erkläre ich ja gleich«, maulte Johnny. »Die Leiche... also, der Typ, der in der Mühle gefunden wurde, hatte, als er noch lebte, insgesamt zwölf Frauen umgebracht. Alle in etwa... so alt wie ihr. Und jede davon in einer Vollmondnacht, so wie heute.«
Konna sah gelangweilt auf seine Uhr. Wie lange Johnny wohl noch brauchen würde?
»Oma hat erzählt, dass der Kerl vermutlich im Auftrag von irgendeinem anderen Typen gehandelt hat. Irgendeinem Obernazi. Und dass deshalb niemand die Fälle untersucht hat, weil niemand Scherereien haben wollte. Der Typ hatte total viel Einfluss und voll viel zu sagen und so... und er hat eben verhindert, dass irgendjemand seine Machenschaften aufdecken konnte. Besagter Nazi hatte sich in der Greiffensteiner Burg eingenistet. Angeblich hat dieser verrückte Mörder die jungen Frauen zu ihm auf die Burg gebracht, wo sie gemeinsam irgendwelche schaurigen Rituale in der Gruft-«
»Komm, lass‘ gut sein«, mischte Konna sich rasch ein. Er hatte bemerkt, dass Lara völlig verkrampft dasaß, vor Entsetzen eine Hand vor den Mund geschlagen hatte und den Tränen nahe zu sein schien.
»Warst du schon mal in der Greiffensteiner Burg?«, fragte Feli sanft und legte Lara einen Arm um die Schulter. »Wenn nicht, dann müssen wir unbedingt mal hingehen. Am besten im Oktober. Da ist immer so ein wunderschöner Mittelaltermarkt im Burghof.«
»Wir könnten doch auch jetzt gehen«, schlug Johnny vor.
»Bist du wahnsinnig?«, herrschte Felicitas ihn an. »Mitten in der Nacht? Du spinnst wohl!«
»Nachts ist die Burg echt total gruselig«, mischte Sam sich ein. »Ich glaub' nicht, dass das was für Lara ist.«
»Okay, okay«, lenkte Johnny ein. »Kann ich jetzt trotzdem weitererzählen?«
Er wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern redete einfach weiter. »Auf jeden Fall ist das letzte dieser Rituale wohl furchtbar schief gegangen. Angeblich haben der Nazi und der Mörder wohl versucht, die Toten zu erwecken und eine gewaltige Armee von Untoten zu erwecken. Möglicherweise haben sie bei dieser Gelegenheit den Geist des toten Müllers heraufbeschworen-«
»Der deinem Mörder dann die Finger der Schwurhand abgeschnitten hat. Alles klar... Aber wieso?«, fragte Sam und klang tatsächlich ein wenig neugierig. Konna musste zugeben, dass auch er gespannt war, wie Johnny aus diesem Ganzen Wirrwarr noch eine sinnvolle Geschichte zusammenbasteln würde.
»Na, ganz einfach... Die Typen haben ebenfalls einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Weil sie aber bei dem letzten Ritual irgendetwas falsch gemacht haben, hat der Teufel sich betrogen gefühlt und den Geist des toten Müllers geschickt. Klar soweit?«
»Johnny. Du erzählst unfassbaren Blödsinn.«
»Tue ich gar nicht«, behauptete Johnny steif und fest. »Frag doch Oma mal nach dem Kerl. Ich schwöre dir, ihr werden die Haare zu Berge stehen, wenn sie dir diese Geschichte erzählt. Weil sie Angst hat. Und das vollkommen zu Recht! Sie ist felsenfest davon überzeugt, dass dieser Typ, der Obernazi, von den Toten auferstanden ist. Sie hat ihn gesehen. Ganz, ganz sicher.«
Laras Augen weiteten sich vor Entsetzen und Konna wollte sofort eingreifen, um Johnny zum Schweigen zu bringen; doch sein kleiner Bruder war schneller als er.
»Und seitdem er zurück ist, steigen nachts Zombies aus ihren Gräbern, um sich auf die Suche nach dem Fleisch von jungen Mädchen zu machen und-«
»Oh Gott! Hör auf!«, schrie Lara auf einmal und hielt sich die Ohren zu. »Hör auf! HÖR AUF!«
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~ Fortsetzung folgt ~
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