Netterweise bekam ich Sims 4 geschenkt, hier also mein Spiel- und Testbericht:
Erster und für mich größter Kritikpunkt ist Origin selbst. Nicht nur, daß es Spyware ist, es frißt Ressourcen wie Kühe Gras. Ich kann zwar offline spielen, doch Origin sammelt Daten und gibt sie bei erstbester Möglichkeit weiter. Wo es Informationen über mich und meine Tätigkeiten am Rechner speichert, ehe es sendet? Keine Ahnung, ich würd´s sonst dran hindern.
Ich hatte mir in der Demo zwar schon zwei Simse gebastelt, aber nach der Installation und dem Patchen hab ich erstmal einfach gestartet. Da man mit dem CAS beginnt, war auch nach wenigen Minuten ein Sim vorhanden, der mir gefiel. Und nein, auch, wenn er Carl Fatal heißt, ist das kein Selfsim, sondern mein Testego...
Der CAS gefällt mir auch immer besser, die Vorlagen sind gut, mich stören auch die klobigen Haare garnicht, weil sie zu dem comichaften Stil passen, die Klamottenauswahl ist toll, die Einstellungsmöglichkeiten unglaublich vielfältig, und trotzdem - schon die EA Simse sehen klasse aus. Das gab es bisher noch nie.
Da ich ja vorwiegend Häuslebauer bin, konnte mein Sim natürlich nicht einfach irgendwo einziehen. Erstmal mußte ein Haus gebaut werden.
Und da fing der Ärger an. Ich mag mich jetzt nicht groß über die nichtoffenen Welt auslassen, über fehlende Features wie Pools - all das ist bekannt und natürlich gerade auch aus meiner Sicht schrecklich. Aber - Sims ist nicht in erster Linie Städtebau, trotz ChrisW´s oder wuhus tollen Kreationen (oder meinen).
Mal abgesehen davon, daß sich große Städte in keinem der Vorgänger realisieren ließen, wären aber etwas größere Nachbarschaften schon machbar gewesen, und ebenfalls ohne Ladezonen zwischen einzelnen Grundstücken einer Nachbarschaft.
Aber Hausbau sollte es schon sein. Und da enttäuscht mich Sims 4 auf ganzer Linie. Ich weiß, daß viele glücklich über den neuen Buildmode sind, weil er einfacher ist.
Nur spiel ich gern Spiele, die mich auch fordern. Und hier kann man nichts mehr selber entwickeln. Jedes bischen Eigeninitiative und jede Kreativität erstickt im Keim. Natürlich ist es komplizierter mit CFE zu bauen, aber eben auch viel interessanter.
Wenn schon Sims 3 mit seinem Vorgänger in Sachen Häuserbau nicht mehr mithalten konnte - hier ist es endgültig zum Casual Game für nebenbei verkommen.
Ständig muß man das Spiel daran hindern, einem Vorschläge zu machen, wirklich frei bauen ist nicht mehr. Schön, daß ich nun Fenster in der Höhe versetzen kann, aber - üblicherweise eh nur Fenster in Counterhöhe brauche, und keine, die vom Fuß bis zum Knie oder vom Ohr bis zur Decke reichen...
Klar, für Treppenhäuser wär das praktisch, aber die kann man ja eh nicht mehr bauen, und Fenster neben Treppen sind ebenfalls Geschichte.
Die Meshes der Objekte wie Möbel, Geräte, Deko usw. sind verglichen mit Teil 2 oder 3 nur als grob zu bezeichnen. Rundungen existieren kaum mehr, die Texturen sind zum Großteil sehr flach und verschwommen. Da hilft auch wenig, daß die Auswahl und Menge diesmal sowohl ansehnlich als auch umfangreich ausgefallen ist. Nette Details wie die glühenden Heizdrähte am Herd sind Ausnahmen.
Spielobjekte wie die Schaukel sind weg (immerhin - das Klettergerüst ist nett), stattdessen erwarten einen seltsame Riesenpuppenhäuser, deren Platzbedarf dem eines kleinen Badezimmers entspricht. Halb so groß hätte bei einigen Spielzeugsachen ohnehin nicht geschadet, der Teddy wäre wahrhaft furchteinflößend

, wenn - ja wenn es Kleinkinder gäbe. Glücklicherweise hat EA die erst garnicht eingeführt...
Das CASt hingegen fehlt mir weniger als vermutet, Sims 2 läßt grüßen. Hier ist es bloß wirklich besser gemacht, die Auswahl für ein Basisspiel allemal ausreichend, ebenso ist das Baumenü mit den verschiedenen CAS-ähnlichen Einstellungsmöglichkeiten übersichtlich und benutzerfreundlich.
Nur warum sind vereinzelte Tools wie der Hammer oben in der Mitte. Guter Ansatz, aber für ein vernünftiges User Interface hat´s offensichtlich nicht mehr gereicht...
Ja - und dann die Grafik. Ich spiele natürlich mit höchstmöglicher Qualität. So liebevoll die Sims gestaltet sind,so schön die Licht und Schatteneffekte sind, so grauenhaft augenkrebsig sind die Texturen und deren Schärfe geraten. Comic-Optik hin oder her, sowas wie die grünen Flächen als Rasen muß nicht sein - DARF nicht sein. Und die
Bäume - ja seht selbst...
Das soll eine Fichte sein...
So wenig Polygone wie irgend möglich:
Und Blumen bestehen weitgehend aus wenigen Sprites, ich erspar euch ein Detaifoto.
Soll ich mal ein Sims 2 Bild von 2009 dagegenhalten? Ich lass es lieber... Das hier ist einfach nur noch peinlich für 2014, und hey - ich bin alles andere als ein Grafikfetischist.

Für mich sind diese beiden Dinge auch sehr deutliche Indizien für die Online-Browserspielbasis dieses Games.
Naja, ein Haus ließ sich natürlich trotzdem bauen, aber eben mit vielen Einschränkungen. Und ein Fachwerkdorf ist natürlich hier garnicht denkbar, weil ich ja die ganze Deko drumrum nicht loswerden kann. Hier ist nur amerikanische Vorstadt drin. Ende Aus.
Etwas frustriert hab ich meinen Sim einziehen lassen und
das Spiel gestartet.
Und damit fing es an. Ab jetzt war Sims 4 - ich kanns nicht anders sagen - einfach sensationell. Ich konnte weder mit Sims 2 noch mit Sims 3 zu Beginn was anfangen, beide Spiele haben sich mir allmählich übers Bauen geöffnet. Hier war es anders. Es fängt an und lebt. Egal, was ich in all den Stunden mit meinen Sims erlebt hab - es hat einfach Spaß gemacht, ihnen dabei zuzugucken und hin und wieder unter die Arme zu greifen. Trotz einiger Routingfehler und anderer kleiner Bugs wie dieser mit der Luft geführten Unterhaltung, während der angesprochene Sim bereits am linken Bildrand verschwindet...
Kurz vorher war aber noch jede Menge los:
Und das war eigentlich stets so. Nett fand ich auch, daß sebsterstellte Sims wieder einfach so als Townies genutzt werden, denn so lernte mein Carl Laura kennen, die ich nach dem Basteln eigentlich nur speichern wollte. Sie tauchte einfach auf dem Grundstück auf, ...
...und - man siehe Carl bei seiner Lieblingsbeschäftigung:
So wenig man es glauben mag - zwei Spieltage später waren die zwei ein glückliches Paar. Laura ist eine Möchtegernmusikerin, das hab ich mit Ohrenschmerzen feststellen müssen. Das Gequietsche auf der Geige und das Gitarrengeschrammel fand nicht nur der Carl im Spiel ätzend, nein auch der vor dem Bildschirm mußte die Kopfhörer leise stellen...
Aua!!!
Da wird sogar die Wand weich...
Und da, bei solchen Dingen, spielt dieses neue Game seine Stärken aus. Ob Computerspiele oder Kochen, Sport oder Kommunikation, alles greift flüssig und glaubwürdig ineinander. Die Trennung von Freundschaft und Romantik wurde endlich wieder eingeführt, und da man eigentlich dauernd auf andere Sims trifft, wurde mir jedenfalls keine Sekunde langweilig.



Diese Sims sind ganz sicher die lebendigsten Pixelleute, die ich je gespielt habe. Die Mimik, Gesten oder die Laufstile sind zwar hemmungslos übertrieben, sehen aber dank Comicoptik wirklich nett aus und folgen einer gewissen Theaterlogik, was mich einfach anspricht.

Die gefüllten Treffpunkte, die Reaktionen aufeinander, die Art der Skillsteigerung, die an die Stimmungen gekoppelt ist - na gut, ich hör schon auf zu schwärmen...
Carl in der Küche:
Carl liest auch gerne:
Und er ist der Koch in der Familie:
Laura ebenfalls mal alleine beim Essen:
Und beim Stolzen Präsentieren ihres Bauches:
Ach ja, die Kinder... Ich bin nicht so der Familienspieler, mir passt eigentlich der Spielstil von Sims 3 mit einem Haushalt ohne Nachwuchs ganz gut, aber ich wollte auch hierzu was sagen können.
Da mir das mit Schwangerschaft und Baby zu lange gedauert hat, hab ich Laura also kurzentschlossen noch ein Kind adoptieren lassen. Meine glückliche Wahl fiel auf Charlotte, ein kreatives Wunderkind, passend zu den Stiefeltern.
Eine Szene mit der Nachbarstochter zu Besuch:
Ja, das Spiel ist das erste Basegame der Reihe, das mir auf Anhieb wirklich Spaß macht.
Nach einem Absturz hatte ich dann folgenden Bug. Carl war vor dem Crash noch auf der Arbeit gewesen, und beim Neuladen stand er im Badezimmer und war nicht anwählbar, weil eben noch auf Arbeit. Allerdings hinderte ihn das nicht daran, sich einfach auszuziehen und selbstständig in die Badewanne zu steigen. Ich überlegte, was zu tun sei und entschied mich dafür, ihn einfach direkt von der Arbeit nach Hause zu schicken, das war nämlich möglich. Das Ergebnis war folgendes:

So bleibt zum Schluß ein gemischtes Fazit.

Pro:
-die Sims von EA
-Die Vielfalt der Animationen und ihre Einbettung
-der CAS
-Die Vielfalt und endlich vernünftige Auswahl an Klamotten und Accessoires,
-Die Menge an Objekten und die ausreichende Farbauswahl
-wenig grelle Farben bei Möbeln.
-Licht draussen

Contra:
-Origin
-Baumodus
-Licht innen
-Grafik
-Ladebildschirme
-zu kleine Nachbarschaften
-keine eigenen Nachbarschaften, wodurch der Stil hier ziemlich vorgegeben ist.
-unfassbar viele fehlende Features, von Postboten, Feuerwehr, Handwerkern bis zu... (endlose Liste)
Das Spiel hat Stärken, die weit über seine Vorgänger hinaus strahlen, aber auch krasse Schwächen. Ohne Origin würde ich sicher weiterspielen, so muß Sims 4 wieder von der Festplatte runter, bis es eine Möglichkeit gibt, Origin zu umgehen.
Schade eigentlich, denn der Livemodus hat mich die miese Grafik und die ständigen Ladebildschirme ohne Murren ertragen lassen.
Wäre ich Redakteur einer bekannten Spielezeitschrift, ich gäbe 72 Prozent für das Spiel ohne Origin, mit leider grad noch 52.