Das Schulfest (3)
Kara
«Und was machen wir jetzt?», rief Marvin.
Wir sassen auf einer Bank direkt neben dem Eingang. Die Musik war ohrenbetäubend laut, und schon nach wenigen Minuten hämmerte es unangenehm in meinem Kopf. Überall drängten sich Schüler, die durcheinanderriefen und sich beinahe anschrien, nur um sich trotz des Lärms zu verständigen. Es fiel mir unglaublich schwer, mich auf das zu konzentrieren, was Marvin sagte.
«Keine Ahnung», schrie ich zurück.
Ich war noch nie auf einer grossen Feier gewesen und war nur Marvin zuliebe hier. Das bedeutete allerdings nicht, dass ich sonderlich viel Lust auf den Abend hatte. Es war eher eine Art Freundschaftsdienst.
Wir sassen auf der Bank und schwiegen. Irgendwann hatten wir beide, ohne es wirklich zu merken, unsere Handys aus den Hosentaschen gezogen und scrollten durch die Sozialhase-App.
Überall tauchten Posts von der Schulfeier auf. Strahlende Gesichter, lachende Emojis, Begeisterung. Einfach nur ätzend.
«Lass uns etwas essen gehen», sagte ich irgendwann, und wir standen auf. Nach ein paar Schritten summte mein Handy. Eine neue Nachricht.
Mission Reinschmuggeln beginnt. Freue mich auf die Party.
Aaron hatte sich zum Schulfest überhaupt nicht mehr geäussert. Umso überraschter war ich, dass er es offenbar doch nicht vergessen hatte und tatsächlich kommen wollte. Ich musste grinsen. Er würde es sowieso nicht an den Lehrern vorbeischaffen.
«Wer schreibt dir?», fragte Marvin besorgt. Er wirkte genauso unwohl in der Menge wie ich.
«Aaron. Er versucht, reinzukommen.»
Was Marvin darauf antwortete, verstand ich nicht. Der Lärm verschluckte seine Worte, aber sein kritischer Blick sagte genug.
Gemeinsam gingen wir zum Buffet und schnappten uns etwas zu essen. Das Buffet war definitiv mein Highlight – die Auswahl an Speisen und Getränken war riesig. Zum Glück wurde gerade ein Tisch frei, an den wir uns setzen konnten.
«Irgendwie habe ich mir das anders vorgestellt», sagte Marvin nach einer Weile.
«Wie denn?», fragte ich und stach mit der Gabel in meinen Früchteteller.
Er zuckte mit den Schultern. «Keine Ahnung. Ich dachte, man könnte sich unterhalten, dass vielleicht Gespräche entstehen. Aber man versteht ja kaum ein Wort. Die Musik ist viel zu laut. Und warum wollen eigentlich alle immer tanzen?»
Ich warf einen Blick zur Tanzfläche, wo sich einige Schüler mehr oder weniger im Takt bewegten.
«Keine Ahnung. Sie finden es wohl cool», meinte ich und seufzte, bevor ich in eine fast ausgetrocknete Orangenscheibe biss. Ich verzog das Gesicht.
«Vielleicht… solltest du es einfach mal versuchen? Das Tanzen meine ich.»
Marvin sah mich entsetzt an. «Nie im Leben. Das würde ich mich niemals trauen.»
Plötzlich veränderte sich sein Blick. Etwas in seinen Augen wirkte… traurig. Er hielt meinem Blick für einen Moment stand, bevor er schnell wegschaut.
«Ich glaube, ich werde nie so sein wie die. Ich gehöre einfach nicht dazu.»
Es kam selten vor, dass Marvin seine Rolle als Aussenseiter so offen ansprach. Zumindest liess er es sich sonst kaum anmerken. Aber jetzt… Jetzt schien es ihn wirklich zu belasten, dass er von den meisten Schülern übersehen wurde. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, ihn ausgerechnet auf diese Party mitzunehmen.
«Willst du nach Hause gehen?», fragte ich ihn irgendwann leise.
Marvin schüttelte den Kopf und zwang sich dann zu einem Lächeln, das nicht ganz echt wirkte.
«Lass uns das Beste draus machen.»
Ich seufzte kaum hörbar. Eigentlich hätte ich nichts dagegen gehabt, einfach zu gehen. Aber ich war ja hier, weil er mich darum gebeten hatte.
Also blieben wir sitzen und assen weiter, doch Stimmung kam keine auf. Stattdessen beobachtete ich die anderen, wie sie lachten, tanzten, miteinander redeten und irgendwann waren wir beide wieder auf Sozialhase unterwegs, jeder in sein Handy vertieft.
«Wow, bei euch am Tisch herrscht ja eine Bombenstimmung.»
Aaron stand plötzlich vor uns, und ich konnte kaum fassen, dass er es tatsächlich geschafft hatte, reinzukommen.
«Wie ich sehe, geht bei den anderen aber schon richtig die Post ab.»
Aaron deutete auf Lin Laran, Kevs Bruder, der gerade dabei war, einer Schülerin ziemlich ungeniert die Zunge in den Hals zu stecken.
Wir starrten die beiden an. Ich eher angewidert, Marvin wirkte irgendwie abwesend, und Aaron? Der klatschte sogar begeistert in die Hände, was die Situation nur noch seltsamer machte.
«Das kann ja noch ein lustiger Abend werden», murmelte er grinsend.
«So. Und jetzt genug Trübsal geblasen.»
Aaron kam um den Tisch herum, nahm meine Hand und zog mich ohne Vorwarnung vom Stuhl hoch. Dann schloss er mich in eine feste Umarmung.
«Du bist doch nicht hier, um rumzusitzen und das Schulfest deines Lebens zu verpassen, oder?»
Das
Schulfest meines Lebens? Ein leises, ironisches Lachen entfuhr mir.
«Schau die zwei an, die haben sichtlich Spass!»
Er deutete erneut auf Lin Laran, der immer noch schwer mit Knutschen beschäftigt war.
«Ich wette, da geht heute Nacht noch mehr.»
Aaron wirkte fasziniert, während ich es immer noch ziemlich eklig fand.
«Und was machen wir jetzt?», fragte ich schnell, um von der Knutscherei abzulenken.
Aaron grinste mich herausfordernd an. «Wir feiern!»
Er nahm meine Hand und zog mich zur Bar. Dort wechselte er ein paar Worte mit dem Barkeeper, einem Lehrer. Ich erkannte ihn als Herrn Ukunu, der nur Wahlfächer unterrichtete, die nicht alle besuchten. Es überraschte mich nicht, dass er Aaron nicht erkannte. Trotzdem schenkte er uns kommentarlos ein leuchtend blaues Getränk in zwei Gläser ein.
Aaron und ich entfernten uns von der Bar. Er drückte mir eines der Gläser in die Hand und deutete an, dass ich mich bei ihm einhaken sollte. Ich tat es.
«So. Und jetzt sorgen wir dafür, dass wir Spass haben.»
Mit einem selbstzufriedenen Lächeln zog Aaron plötzlich einen Flachmann aus seiner Jackentasche, schraubte den Verschluss auf und kippte einen ordentlichen Schluck der klaren Flüssigkeit in unsere Gläser.
«Ist das… Alkohol?», fragte ich entsetzt.
Sein herausforderndes Lächeln wurde breiter. Er zwinkerte mir zu. «Verrat es keinem.»
Dann tauchte er die Lippen in den blauen Schaum und trank einen Schluck, ohne den Blick von mir abzuwenden.
«Na los, trink. Traust du dich etwa nicht?»
Ich war schockiert. Aber gleichzeitig spürte ich dieses seltsame, rebellische Kribbeln in mir aufsteigen. Wenn uns jemand erwischte, gäbe es einen riesigen Aufstand. In der Schule und zu Hause. Die Lehrer würden es sicher Mum und Dad erzählen. Aber dann war da Aarons Blick. Herausfordernd. Erwartungsvoll. Und obwohl die Musik ohrenbetäubend laut war, hatte ich plötzlich das Gefühl, ihn
hören zu können.
Sie traut sich nicht.
Hatte ich etwa schon wieder seine Gedanken gehört?
Ich fühlte mich hin- und hergerissen. Natürlich wusste ich, dass Alkohol verboten war. Aber da war auch dieser unbändige Drang, einmal die Regeln zu brechen. Einfach mal nicht die brave, unsichtbare Kara zu sein, die immer alles richtig macht.
Scheiss drauf.
Ich nahm einen Schluck. Das Getränk war unglaublich süss, aber auch seltsam süffig. Nur der Abgang brannte etwas im Rachen, und schon nach wenigen Sekunden wurde mir warm. Viel zu warm.
«Kara August, du überraschst mich immer wieder», sagte Aaron, und in seiner Stimme lag ein Hauch von Stolz. «Du bist doch sonst immer so brav.»
Ja, das war es, was alle immer von mir dachten. Und in gewisser Weise stimmte es auch. Ich hielt mich möglichst raus aus allem, gab nicht viel auf meine Mitschüler oder irgendwen sonst. Hauptsache, ich hatte meine Ruhe. Aber gerade war alles anders. Am liebsten wäre ich mitten in die Menge gerannt und hätte jedem meine Meinung um die Ohren geschlagen. Allen voran diesem Toby, der keine Gelegenheit ausliess, mich zu beleidigen.
Dickschwein war sein Lieblingswort. Und Marvin nannte er immer
schwul. Marvin war nicht schwul. Glaub ich zumindest. Und selbst wenn, was ging es Toby an?
Und dann diese ganzen
Bitches, die sich nur um ihr Aussehen scherten, ständig hautenge Kleider trugen und über alle und jeden herzogen, der nicht in ihre seltsame, oberflächliche Welt passte. Ätzend.
Am liebsten hätte ich sie alle…
«Na los, lass uns da rüber gehen.»
Aaron zog mich mit sich, und ich hatte keine Einwände.
«Kara? Aaron? Was ist mit mir?»
«Ich habe keine Ahnung, woran du gerade gedacht hast, aber in deinen Augen habe ich richtig Wut gesehen.»
Ich sah Aaron erschrocken an. Waren meine Gedanken wirklich so offensichtlich?
«Lass uns einen Deal machen», schlug er plötzlich vor.
«Einen Deal? Was für einen Deal?»
«Ich weiss, die ganze Sache mit deiner Identität belastet dich. Ich versteh das. Aber lass uns heute Abend einfach alles vergessen, okay? Du vergisst deine Probleme und ich meine. Nur für ein paar Stunden.»
Aaron lächelte mich an, und in seinem Blick lag erneut diese Herausforderung, aber gleichzeitig wirkte er auch verletzlich. Es schien, als sei irgendetwas passiert, das ihn wirklich dazu brachte, für ein paar Stunden alles hinter sich lassen zu wollen.
«Na gut, einverstanden», antwortete ich. Er hatte ja recht. Der ganze Mist, den uns beschäftigte, würde auch morgen wieder auf uns warten.
Er führte sein Glas zu meinem und wir stiessen an. Damit war der Deal besiegelt.
Wir tranken beide einen grossen Schluck. Wieder durchfuhr mich dieses Brennen, doch diesmal war es angenehmer als beim ersten Schluck.
Aaron und ich blieben eine Weile an der Tribüne stehen, redeten und beobachteten die Leute. Immer wieder liess Aaron Kommentare über einzelne Personen fallen, und wir lachten beide.
Mir wurde plötzlich bewusst, dass es gerade wir waren, die über die anderen lästerten. Normalerweise war es andersrum, und sie machten sich über mich lustig. Aber es war mir egal. Gerade genoss ich es, mal auf der anderen Seite zu stehen.
«Wer ist der blonde Typ mit dem gepunkteten Shirt?», wollte Aaron wissen. «Siehst du ihn? Der bewegt sich wie ein falsch programmierter Roboter auf der Tanzfläche.»
Aaron lachte und imitierte seine Bewegungen. Ich suchte in der Menge nach dem Typen.
«Meinst du Axel? Das ist Kevs Bruder.»
Aarons Lachen verstummte sofort, und er sah mich peinlich berührt an. «Oh, äh, entschuldige.»
Ich trank mein Glas leer und winkte ab. «Schon gut. Er wirkt immer etwas… unbeholfen.»
Aaron nahm mir das leere Glas ab. «Bleib genau hier. Ich sorge für Nachschub.»
Bevor ich etwas dagegen sagen konnte, war er auch schon verschwunden.
Es dauerte nicht lange, bis er mit zwei neu gefüllten Gläsern zurückkam. Wir unterhielten uns weiter und leerten auch diese.
«Lass uns tanzen gehen!», schlug Aaron plötzlich vor.
Ich war schockiert. «Was? Tanzen?»
Er nickte und zog mich Richtung Tanzfläche. «Schlimmer als dieser Axel wirst du dich bestimmt nicht bewegen.»
Keine Ahnung warum, aber ich musste lachen. Und wieder hatte er es geschafft, mich einfach mitzunehmen, ohne dass ich wirklich etwas dagegen tun konnte.
«Also? Traust du dich?», fragte er.
«Nur wenn du dich traust!», antwortete ich lachend.
Das liess sich Aaron nicht zweimal sagen, und er begann, sich im Rhythmus der Musik zu bewegen.
Obwohl ich direkt am DJ-Pult stand und damit ganz nah an den Lautsprechern, hatte es den Eindruck, als käme die Musik von viel weiter weg.
Aaron griff nach meinen Hüften und zog mich mit sich, liess mich zur Musik bewegen. Es fühlte sich extrem merkwürdig an, doch plötzlich ging alles wie von selbst. Ein Rauschen setzte sich in meinen Ohren fest, und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich die ganze Welt um uns drehte. Ich schaute einfach Aaron an und lachte. War ich wirklich auf der Tanzfläche? Eine von diesen peinlichen Leuten, die einfach so tanzten?
Nach einer Weile liess Aaron mich los, und ich bewegte mich weiter, ganz automatisch.
«Na, wie fühlt es sich an? Super, nicht wahr?»
Ich hatte überhaupt keinen blassen Schimmer, wie es sich anfühlte. Ich tat es einfach, und es war mir völlig egal, ob mich jemand beobachtete oder nicht. Sollen sie doch reden.
«Soll ich dir was zeigen?», fragte er mich.
Ich nickte.
Aaron ging zum DJ und wünschte sich einen Song. Der DJ nickte und spielte den Titel.
Aaron trat in die Mitte der Tanzfläche und rief plötzlich: «Okay, Ladies and Gentlemen. This is the Lama-Dance!»
Einige meiner Mitschüler lachten und jubelten Aaron zu. Ich grölte ebenfalls mit. Und dann begann Aaron, die Tanzschritte des Lama-Dance vorzuführen. Genau der Tanz, der auf Sozialhase gerade überall viral ging. Jeder meinte, er müsse ihn in jeder erdenklichen Szenerie nachtanzen, sich dabei filmen und das Ganze dann hochladen.
Es war so peinlich, aber irgendwie konnte ich nicht anders. Ich jubelte ihm trotzdem zu.
Aaron beherrschte die Tanzschritte, als würde er sie täglich tanzen.
Als der Song vorbei war, jubelten ihm alle zu und klatschten. Er kam zu mir rüber und umarmte mich freudig.
«Woher kannst du das?», fragte ich lachend.
Er zwinkerte mir zu: «Ich bin ein Naturtalent. Und vielleicht etwas Sozialhase-süchtig.»
Wir lachten und gingen zurück an die Bar. Aaron bestellte erneut zwei Getränke für uns, schüttete wieder etwas aus seinem Flachmann hinein, und wir tranken.
Die Welt um mich herum drehte sich immer schneller. Ich hüpfte auf die oberste Tribünenstufe und blickte nach unten zur Menge. Es fühlte sich an, als wären sie ganz weit weg. Mir war unglaublich warm, und ich musste wegen allem und jedem lachen.
Aaron scherzte über seinen Auftritt, und wir schmiedeten bereits den Plan, seinen Tanz zu filmen und auf Sozialhase hochzuladen.
Die Vorstellung, damit berühmt zu werden, fanden wir beide einfach nur unglaublich lustig. Und Aaron träumte schon davon, einen neuen Trendtanz zu erfinden. Den Kuhpflanzen-Tanz.
Ich bekam beinahe Bauchschmerzen von dem vielen Lachen.
Als ich dann erneut einen Schluck von meinem Getränk nahm, wurde mir plötzlich speiübel und schwindlig. Es hatte sich zuvor schon alles gedreht, doch jetzt war es anders. Es fühlte sich unangenehm an.
Ich fing an zu schwitzen und hatte das Gefühl, unendlich viele Stimmen zu hören, die mir alle etwas direkt neben meinem Ohr zuriefen.
«Können wir an die Luft gehen?»
Aaron nahm mir mein Glas ab und fasste mich an meinem rechten Arm. Er zog mich zum Ausgang. Immer wieder hatte ich das Gefühl, meine Beine würden versagen. Das musste an diesem Schwindelanfall liegen.
Draussen setzten wir uns auf eine Bank und die kühle Luft tat gut. Die Stimmen und das Dröhnen wurden weniger.
«Geht’s?», fragte Aaron besorgt.
Ich nickte. Und dann musste ich wieder unwillkürlich lachen. «Hast du gesehen, wie mich Lehrer Ukunu angesehen hat?»
Aaron lachte auch. «Seine alkoholfreien Getränke haben es ziemlich in sich. Ich vermute mal, er versteht die Welt nicht mehr.»
Wir sassen eine Weile schweigend auf der Bank und ich genoss die frische Luft. Irgendwann konnte ich mich von meinem Lachflash erholen.
«Hey, da ist Kev!», sagte ich.
Kev war aus der Halle gestürmt und lief runter zur Strasse. Ich rief nach ihm.
«Kev! Aaron ist hier!»
Kev drehte sich nicht um, stattdessen winkte er mir ab.
«Lasst mich in Ruhe!»
Und noch ehe ich etwas sagen konnte, war er schon verschwunden.
«Was ist ihm denn über die Leber gelaufen?»
Ich zuckte mit den Schultern. «Er ist in letzter Zeit ziemlich empfindlich.»
Aaron zuckte ebenfalls mit den Schultern. Dann nahm er mein Glas und streckte es zu mir.
«Hier, das musst du noch austrinken.»
«Nein, ich kann nicht mehr», erwiderte ich und drehte angewidert den Kopf weg.
Aaron lachte. «Schon genug? Es wäre doch schade, wenn wir das wegleeren müssten.»
«Ich kann wirklich nicht mehr.»
«Komm schon. Da ist auch nicht mehr viel vom Alkohol drin. Der Flachmann war leer. Ich trinke mein Glas auch noch leer.»
Ich liess meine Schultern hängen und sah das volle Glas an. «Aber danach gibt es nichts mehr. Es sei denn, du willst mich kotzen sehen.»
Aaron lachte. «Nein, lieber nicht.»
Ich nahm ihm das Glas ab und nahm einen kleinen Schluck. Es war eklig und das Schlucken fiel mir schwer. Ich konnte wirklich nicht mehr.
«Zeigst du mir deine Schule?»
«Da kommen wir doch nicht rein. Die ist bestimmt abgeschlossen.»
«Finden wir es raus.»
Aaron zwinkerte mir zu, stand auf und ging in Richtung des Hauptgebäudes. Schnell stand ich auch auf und ging ihm hinterher. Dabei merkte ich, dass der Schwindel noch nicht ganz vorüber war.
Der Haupteingang war nicht abgeschlossen und ohne gross zu überlegen, betrat Aaron die Schule. Wir gingen durch die Gänge und machten vor dem Lehrerzimmer Halt.
«Hier dürfen wir nicht rein», sagte ich.
«Sagt wer?», fragte Aaron und ehe ich antworten konnte, hatte er das Zimmer auch schon betreten.
«Oh, shit, wir sind ins Lehrerzimmer eingebrochen! Wir dürfen hier nicht sein!»
Aaron nahm es gelassen und sah sich um. «Genau genommen sind wir nicht eingebrochen. Wenn sie vergessen abzuschliessen, ist das doch nicht unsere Schuld. Und jetzt lass uns mal sehen, was wir für schmutzige Geheimnisse von deinen Lehrern finden.»
Ich musste erneut unwillkürlich lachen. Gleichzeitig raste mein Herz. Wenn sie uns bloss nicht erwischten.
Aaron sah in beinahe jede Schublade, durchsuchte Hefte und las in Büchern.
Ich hingegen entdeckte eine Kaffeemaschine und drückte auf einen Knopf. Die Kaffeemaschine war eingeschaltet und machte plötzlich ein lautes Geräusch. Kaffeebohnen wurden gemahlen. Schnell setzte ich eine Tasse unter den Ausguss.
Aaron hatte zwischenzeitlich ein Handy gefunden und klickte darauf rum.
«Welcher Lehrer lässt den sein Handy hier liegen?»
Er versuchte so lange, das Handy mit falschen Codes zu entsperren, bis es schliesslich für längere Zeit gesperrt war. «Ups.» war seine einzige Reaktion.
Wir lachten, und als der Kaffee fertig war, nahm ich die Tasse und trank einen Schluck. Das warme Getränk tat gut.
«Und? Konntest du deine Sorgen ein bisschen vergessen?»
Ich nickte. «Ja, ich denke schon.»
Tatsächlich hatte ich in den letzten Stunden keinen Gedanken mehr an irgendetwas verschwenden müssen. Es hatte wirklich gutgetan.
Wir gingen rüber zum Tisch, und ich stellte meine Kaffeetasse ab. Aaron nahm noch einen grossen Schluck aus seinem Becher und leerte ihn.
«Ich glaube, das war seit langem die beste Nacht meines Lebens», sagte er.
«Ich würde es natürlich nie zugeben, aber es hat wirklich Spass gemacht mit dir», antwortete ich.
Er lächelte zufrieden. «Habe ich dir doch gesagt, das Schulfest wirst du nie wieder vergessen.»
«Nein, so schnell vergesse ich das nicht. Immerhin sind wir ins Lehrerzimmer eingebrochen!»
Wir lachten beide, und ich konnte mich nicht beherrschen. Der Lachflash kam wieder zurück. Doch auch Aaron musste laut lachen. Der ganze Abend, vom Lama-Dance bis zum Lehrerzimmer, ging uns beiden noch einmal durch den Kopf.
Es drehte sich alles erneut und ich fühlte, wie Müdigkeit in meinem Körper aufstieg.
«Ich glaube, ich sollte jetzt nach Hause gehen», sagte ich.
Aarons Mundwinkel zuckten.
«Weisst du, Kara, das war heute wirklich schön mit dir.» Aaron kam einen Schritt auf mich zu. «Du bist echt toll. Du lässt dich nicht runterkriegen und bleibst immer stark. Das bewundere ich an dir.»
«Danke, aber ich bin nicht immer …»
Aaron kam noch einen Schritt näher. Er legte seinen Zeigefinger auf meinen Mund.
«Psst. Sag nichts. Du weisst, ich habe recht.»
Er sah mich an. Sein Blick war wieder so herausfordernd wie am Anfang des Abends.
«Du bist stark. Und witzig …» Seine Stimme wurde leiser und er flüsterte beinahe. Mein Herz schlug plötzlich schneller und alles drehte sich. Sein Finger, der eben noch auf meinen Lippen gelegen hatte, wanderte langsam über mein Kinn nach unten. Er liess ihn über meine Brüste gleiten. «… und sexy.»
Mit einem starken Ruck drückte er mich an sich und küsste mich.
Seine Lippen waren warm und rau. Seine Zunge versuchte meinen Mund zu öffnen und schaffte es auch. Als seine Zunge die meine berührte, bemerkte ich das feuchte Gefühl. Er drückte sich stärker an mich und seine Küsse wurden intensiver.
Ohne zu wissen warum, machten meine Lippen mit. Sie küssten ihn genauso, wie er mich küsste. Meine Beine fingen an zu zittern.
Während er mich küsste, zog er seine Jacke und sein Shirt aus. Er strich mir erneut über meine Brüste, atmete schwer und küsste dann meinen Hals. Seine Hände glitten über meinen Rücken. Langsam drehte er mich zur Seite und liess mich so lange zurückgehen, bis ich an der Tischkante ankam. In mir schwindelte alles und doch liess ich es geschehen.
Er zog mir meine Jacke aus und küsste mich weiter.
Plötzlich erhellte ein Licht den Raum, das von den Scheinwerfern eines Autos stammte. Irgendjemand musste draussen vor dem Lehrerzimmer sein. Aaron küsste meinen Hals und ging mit seinen Lippen weiter zu meinen Brüsten.
«Aaron, da …»
Noch bevor ich meinen Satz beenden konnte, drückte er sich an mich und legte mich auf den Tisch.
Er küsste mich wieder auf den Mund. Ich hörte die Autotür auf- und zuschlagen. Mein Herz pochte wie wild und ich versuchte, mich von Aaron wegzudrehen, doch er hielt mich fest.
«Aaron, hör auf …»
Er hörte nicht auf. Stattdessen spürte ich, wie er zwischen meine Beine fasste und sich seine Hose öffnete, bevor er das gleiche bei mir machte. Ich versuchte ihn von mir zu drücken, aber ich war zu schwach. Sein ganzes Gewicht lag auf mir und ich konnte nichts machen. Aaron schien meine Worte gar nicht mehr wahrzunehmen. Er atmete schwer und schien wie von Sinnen.
Ich versuchte nochmals, ihn von mir zu drücken. Doch Aaron griff sich meine Handgelenke und drückte sie auf die Tischplatte. Und noch bevor ich etwas sagen oder tun konnte, spürte ich einen unangenehmen Schmerz zwischen meinen Beinen ...
