21 Die Braut XII
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„Du bist nicht die Erste, die mir Widerstand leistet. Diese rothaarige Hexe habe ich bereits von hier verjagt. Es scheinen sich die Zeiten wirklich geändert zu haben und eigentlich ist es ja auch vollkommen gleichgültig ob ihr mir nun Folge leistet oder nicht. Jeder von uns geht seinen Weg und hat Nichts mit den Geschichten der anderen am Hut.“
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Mit der rothaarigen Hexe meinte sie mit Sicherheit Fiona. Silvia konnte sich nur zu gut vorstellen, wie sich diese zwei sehr dominanten uns stolzen Frauen in die Haare gekommen sein mussten, sobald sie in Kontakt miteinander waren.
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Etwas verwirrte Silvia in Anastasias Worten. Ihre letzten Worte wirkten so kraftlos, vor allem im Kontrast zu der Verve mit der sie gerade eben noch über Fiona herzog.
Es ging also jeder hier seinen eigenen Weg und hatte Nichts mit den Geschichten der anderen zu tun. Silvia wunderte sich, sie hatte eigentlich genau die gegenteiligen Erfahrungen gemacht und mit jeder Geschichte, die ihr erzählt wurde kam sie dem Gefühl, dass es das nicht gewesen sein konnte ein bisschen näher.
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„Verschwinde einfach! Lass mich allein hier! Als ich dich gerufen hatte, dachte ich mir Gesellschaft würde mir gut tun. Aber dein Benehmen zeigt mir, dass auch du keine angemessene Gesellschaft für mich bist.“
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Anastasia wählte ihre Worte aus der ihr ganz eigenen Bitterkeit heraus und dennoch konnte Silvia die Schwäche der Frau, die ihr gegenüber stand regelrecht spüren. Sie wurde immer neugieriger auf Anastasias Erzählung, denn irgendetwas war an ihr so anders im Vergleich zu Charles und Fiona, die immer noch vollkommen in Hass oder Wahnsinn gefangen waren.
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„Wenn du mir keine weiteren Befehle erteilst, bleibe ich gerne hier und leiste dir Gesellschaft. Ich finde nicht, dass jeder hier nur auf sich selbst achten sollte, sondern auch Interesse für unsere Leidensgenossen zeigen sollte. Ich glaube nur so können wir lernen und uns von hier befreien.“ Versuchte Silvia ihre weitere Anwesenheit hier durchzusetzen.
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Silvia hoffe darauf ihre Worte richtig gewählt zu haben. Sie brannte nun regelrecht auf die Geschichte Anastasias.
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„Das ist eine sehr einzigartige Sichtweise, die du hier vertrittst. Nur ist es mir ganz ehrlich gesagt vollkommen gleichgültig was du denkst. Mir fehlen die Kraft und das Interesse mich hier mit diesen philosophischen Fragen auseinanderzusetzen. Ich wollte nur endlich, nach all der Zeit, jemanden haben, der mir zuhört.“ sprach Anastasia so matt, dass Silvia keine Zweifel daran hatte, dass ihr die Kraft fehlte.
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Jetzt hatte Silvia Anastasia dort, wo sie sie haben wollte. Es war aber auch einfach, diese so schrecklich einsamen Menschen, oder sollte sie Wesen sagen, dazu zu bringen sich zu öffnen. Sie alle litten darunter, dass sich keiner für sie interessierte und sie im Stillen über ihren Racheplänen brüteten.
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„Jetzt, wo du es mir nicht befiehlst, sondern mich als gleichwertiges Gegenüber bittest dir zuzuhören, mach ich das gerne.“ antworte Silvia sanft.
„Ich interessiere mich wirklich für deine Geschichte.“ fügte sie noch hinzu um dies noch zu unterstreichen.
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„Ich glaube ich könnte doch Gefallen an deiner Gesellschaft finden. Mach es dir lieber auf dem Sofa hier bequem, denn es könnte länger dauern, bis ich dir von all dem Üblen, was mir widerfahren ist erzählt habe. Und ich möchte ja, dass du alles erfährst, damit du auch verstehen kannst, wie sehr ich leiden musste.“
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Silvia nahm Platz auf dem filigran wirkenden Sofa und rutschte auch gleich ein Stück um Anastasia Platz zu machen, damit sich diese ebenfalls setzen konnte. Silvia hatte nicht den Eindruck, dass Anastasia noch die Kraft hatte lange zu stehen.
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„Das Schlimmste an all dem ist ja, dass ich für etwas getötet wurde, das ich selbst nicht wollte. Etwas, das mir widerlich war und doch mein Schicksal vom Tag meiner Geburt an.“ begann Anastasia zu erzählen.
22 Die Mätresse I
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Ich bin die Tochter hoher russischer Adeliger und wuchs in unserem Stadtsitz in Sankt Petersburg auf. Die Iwanovs konnten ihre Abstammung bis hin zu Peter dem Großen zurückverfolgen und jedes Mitglied unserer Familie war auf diese hohe Abstammung stolz.
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Meine Kindheit war eine behütete. Mit anderen Kindern durfte ich nicht spielen, da dies nicht meinem Stand entsprach, aber mit meiner Nana hatte ich eine liebevolle und gütige Bezugsperson, die mich auch die häufige Abwesenheit meiner Eltern, aufgrund ihrer Verpflichtungen bei Hofe, vergessen ließen.
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Als ich zu einer jungen Frau heranreifte, veränderte sich das Verhalten der Dienerschaft und selbst Nanas mir gegenüber. Sie schwatzten hinter meinem Rücken und starrten mich immer wieder an.
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Aber ich war noch viel zu naiv um zu verstehen, weshalb sie wohl tuschelten oder was sie dazu brachte mich anzustarren.
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An meinem siebzehnten Geburtstag wurde ich bei Hof eingeführt und begann auch zu verstehen, was es mit diesem Tuscheln auf sich hatte. Mein Vater nahm mich an seine Hand und stellte mich persönlich dem Zar und seiner Frau vor.
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Alle rund um mich im Saal tuschelten und während die Männer mir entgegenlächelten, warfen mir die Frauen böse Blicke zu. Ich fühlte ich wie nackt vor dieser starrenden Meute, deren Neid und Missgunst mir selbst als naivem Mädchen nicht verborgen blieb.
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Der Zar winkte meinen Vater zu sich heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr, das keiner der Umstehenden hören konnte.
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Nachdem der Zar geschlossen hatte, warf mir mein Vater einen traurigen Blick zu und nickte dann dem Zar zu. Was die beiden da ausgetauscht hatten sollte ich noch erfahren, nur zu einem Zeitpunkt, an dem es viel zu spät war für mich einen Ausweg zu finden.
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Nana hatte mir das Kartenspiel beigebracht, da dies eine der liebsten Beschäftigungen bei Hofe war. So wurde ich nur wenig später von einem der umstehenden Herren, Baron Rokossowskij, aufgefordert ihm, seiner Begleitung und noch einem Herren Gesellschaft zu leisten.
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Ich nahm gerne Platz. Auch wenn ich noch ungeübt in der Konversation bei Hofe war, so gab mir das vertraute Kartenspiel ein wenig mehr Sicherheit und ich konnte mich hinter den Karten vor den Blicken der Umstehenden verstecken, die mich weiterhin zu durchbohren schienen.
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Dann beugte sich mein Spielpartner zu mir herüber und begann mir etwas zuzuflüstern.
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„Sie wirken sehr verschreckt meine Liebe und doch brauchen sie sich nicht vor der Gesellschaft hier zu fürchten. Von ihrer Schönheit haben wir ja schon zuvor gehört, doch dass ihr dermaßen in unserer Runde strahlen würdet, mit eurem Glanz alle anderen Frauen hier verblassen lassen würdet, das hätte niemand erwartet.“ Während er sprach kamen seine Lippen immer näher an ihr Ohr, fast schon als ob er es küssen wollte.
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Ich wurde rot und zuckte zurück. Die Avancen von Männern hatte ich noch nicht kennen gelernt. Ihre Nähe war mir fremd, da selbst mein Vater nur einen höflichen Umgang mit mir pflegte.
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Da fiel der Baron in schallendes Gelächter ein.
23 Die Mätresse II
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So war ich also bei Hof eingeführt worden. Das Kartenspiel an diesem Abend schien nicht vergehen zu wollen und als ich endlich wieder in unserer Stadtresidenz angekommen war, ließ ich mir von Nana nur mehr aus den Kleidern helfen und war froh endlich erschöpft ins Bett fallen zu können.
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Doch dieser Besuch bei Hof schien kein einmaliges Erlebnis zu bleiben. Schon am nächsten Tag erschien ein Bote mit der Einladung zu einem weiteren Fest, dieses Mal ein Kostümfest. Die Einladung kam von Baron Rokossowskij und zwischen den Zeilen war eindeutig zu lesen, dass mir keine andere Wahl bliebt, als dieser Einladung auch wirklich Folge zu leisten. Sie endete mit den Worten „Der Zar und ich rechnen mit ihrem Erscheinen.“
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Mein Eltern waren ganz aufgeregt über diesen frühen Erfolg bei Hofe und redeten mit gut zu, dass ich mich an diesem Abend von meiner besten Seite zeigen sollte. Es sei eine Ehre in Begleitung des Barons bei Hofe zu erscheinen und dieser hervorgehobene Behandlung würde sicher viele Neider auf den Plan rufen.
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So fügte ich mich in mein Schicksal und folgte dem Ruf des Barons zum Palast. Ich wurde von ihm überschwänglich begrüßt und er nutzte die Gelegenheit auch schamlos aus um mir näher zu kommen.
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Es ekelte mich regelrecht als ich seinen bereits alkoholschwangeren Atem roch, während er die Hand um mich legte und nach meinem Hintern grabschte.
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Hinter all dem Charme und den Komplimenten konnte er nicht verbergen, dass er mich wie ein Stück Vieh betrachtete. Seine Gier an meinen Körper zu kommen um seine abscheuliche Lust in die Wirklichkeit umzusetzen.
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Gerade als der Baron zur nächsten Attacke ansetzte um mich wieder irgendwo zu berühren, kam plötzlich ein Raunen durch die Menge. Der Zar betrat den Saal und plötzlich ließ auch Rokossowskij von mir ab.
Ich konnte gerade noch ein „Zu schade!“ von ihm hören bevor wir uns beide vor dem vorbeischreitenden Zaren verneigten.
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Das Verhalten des Barons hatte sich mit dem Erscheinen des Zaren plötzlich verändert. Er war zwar weiterhin freundlich und betrachtete mich mit gierigen Augen, aber ansonsten blieb er distanziert und seine körperlichen Annäherungsversuche blieben mir endlich erspart.
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Anscheinend wurde es ihm dann auch irgendwann zu langweilig in meiner Nähe und er machte sich auf zum Kartenspiel.
Zum ersten mal war ich ganz allein in der weite des Saals und nicht von irgendeinem Angehörigen des Hochadels bewacht. Es dauerte auch nicht lange, bis ein junger Mann auf mich zukam und mich um einen Tanz bat.
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Er war ein sehr attraktiver und stattlicher Mann und endlich hatte ich mal die Gelegenheit mit jemand anderem als Nana, die es mir beigebracht hatte, zu tanzen.
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Dieser Tanz war so der krasse Gegensatz zu den Annäherungen des Barons. Boris, er hatte mir ganz entgegen der Etikette gleich seinen Namen verraten, fand mich zwar offensichtlich auch sehr anziehend, aber er behandelte mich mit Respekt und nicht wie ein Stück Vieh am Wochenmarkt.
Ich erkannte, dass es hier an Hof vielleicht doch den einen oder anderen Grund geben könnte sich wohl zu fühlen und vielleicht würde ich Boris ja auch öfter treffen können.
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Es wäre übertrieben zu behaupten, dass ich mich richtig verliebt hätte. Aber ich fühlte mich in seiner Nähe wohl und beschützt vor all den sabbernden alten Herren, die diesen Hof bevölkerten. All diesen verdorbenen Menschen, die außer der eigenen Eitelkeit und der Gier nach Lust, Schönen Stoffen und Spiel nichts kannten. Die in ihren Intrigen und Machtspielchen so verwickelt waren, dass sie bereits jeden Sinn für die wahre Schönheit des Lebens verloren hatten.
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Boris war so anders als die anderen hier und irgendwie fühlte ich mich zum ersten Mal auch von meinesgleichen verstanden. Bisher hatte ich nur Nana von meinen Gedanken erzählt und meiner alten Ziehmutter liefen fast die Tränen über die Wangen als sie meine Worte hörte.
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Ich kann mich sogar heute noch an ihre Worte erinnern.
„Kind, du bist wie eine Rose, die im Morgentau zum ersten mal ihre Blütenblätter öffnet. So rein und unschuldig, pass nur auf, dass du vom Glanz der Sonne nicht verbrannt wirst.“
Viel später sollte ich ihre Worte erst verstehen können, zu spät leider.
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„Würdest du mich in den Garten begleiten? Ich würde so gern mit dir allein und ungestört reden, weg von all diesen Menschen, nur wir beide. Mach dir keine Sorgen, ich führe nichts im Schilde, ich wäre nur gern mit dir allein. Auch wenn es nur für ein paar Minuten sein darf.“
24 Die Mätresse III
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Ich überlegte gut, ob ich Boris nun wirklich folgen sollte. Ich kannte diesen Mann ja erst seit wenigen Minuten, diese waren aber wunderschön gewesen. Was würden die anderen sagen? War es nun einer jungen Dame erlaubt mit einem Mann allein in den Garten zu gehen oder nicht? Was hatte er wirklich vor? Log er mich an oder meinte er es ernst, dass er nur mit mir reden wollte?
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All diese Gedanken wälzte ich in meinem Kopf und sie wollten nicht aufhören.
Boris fiel meine Verwirrung auf und offensichtlich konnte er sich auch ungefähr vorstellen, was mit diese Sorgen bereitete.
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„Wenn du mir nicht ganz traust, so kann ich das verstehen. Schön wie du bist, wurdest du sicherlich bereits von einigen der Herren hier bedrängt und ich möchte deinem Ruf hier auch nicht schaden. Was hältst du davon, wenn ich eine der Hausdamen bitte uns zu begleiten? So können wir zwar nicht ungestört reden, aber wir haben die Möglichkeit uns die Zuhörerin auszusuchen und können wenigstens etwas ungestörter sein.“
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Ich freute mich so über Boris Vorschlag doch eine Begleitperson mitzunehmen. So waren alle meine Sorgen unbegründet und eigentlich hatte ich auch etwas Angst davor mit ihm allein zu sein. So konnten wir uns auf sicherem Terrain kennen lernen und es würden keine unnötigen Gerüchte entstehen.
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Boris musste aufgefallen sein, wie sich meine ernste Miene auf seinen Vorschlag hin wieder erhellte und er interpretierte dies als eine Zustimmung meinerseits.
„Warte hier bitte kurz. Ich werde Gräfin Karloff, die eine Vertraute meiner Familie ist bitten und zu begleiten.“
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Er ging zur Gräfin und die beiden standen nah genug, dass ich ihre Worte noch halbwegs verstehen konnte.
„Gräfin Karloff. Entschuldigen sie bitte die Störung, aber wären sie so freundlich mich und Baronesse Rubinstein in den Garten zu begleiten. Ich bin um die Ehre der jungen Dame besorgt, sollte ich mit ihr allein in den Garten gehen.“
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Die Gräfin stimmte umgehend zu und lächelte Boris an. Offensichtlich war sie ebenso wie ich vom Charme und der Aufmerksamkeit des jungen Mannes begeistert. Gemeinsam kamen die beiden auf mich zu und Boris stellte uns einander vor.
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Als wir durch die Verandatüren des Ballsaals ins Freie schritten fühlte ich mich als ob eine schwere Last von meinen Schultern gefallen war. Die Steifheit verschwand aus meinem Körper und wich einem angenehmen Gefühl. Ich sog die vom Blütenduft durchzogene laue Lauft dieses Sommerabends ein.
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Meinen beiden Begleitern schien es nicht anders zu gehen. Das schemenhafte Grinsen von Gräfin Karloff wich einem weichen Lächeln, so als hätte sie mit dem Durchschreiten der Tür ihre Maske abgelegt.
Auch Boris löste sich aus der Erstarrung die einem die Hofetikette nun mal vorschrieb.
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Vor uns fanden wir im Labyrinth der Hecken einen lauschigen Platz mit zwei Bänken.
„Lieber Boris, ich werde mir mal hier niederlassen. So seit ihr zwar in meiner Sichtweite, aber ihr könnte euch frei unterhalten.“
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Bevor wir uns auf die zweite Bank niederließen, nahm Boris meine Hände in die seinen und sah mir tief in die Augen.
„Es ist so schön, dich in meiner Nähe zu haben. Nochmals, mach dir keine Sorgen, ich will nichts unehrenhaftes und freue mich einfach über die Zeit die wir jetzt gemeinsam verbringen können. Ich möchte alles über dich wissen und ebenso, dass du auch mich kennen lernst. Vielleicht verbindet und ja noch mehr als dieser magische Funke, der auf mich übergesprungen ist, als ich dich zum ersten Mal erblickte.“
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Dieser Moment war so wunderschön. Boris wurde mir immer sympathischer und auch ich wollte mehr und mehr über ihn erfahren. Wollte, dass er meine Gedanken, meine Wünsche und Träume kannte. Rund um uns verschwand der Garten und es gab nur mehr ihn für mich. Obwohl wir beide Masken trugen war ich mich sicher, dass er mein Gesicht ebenso sehen konnte wie ich seines vor mir hatte.
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Plötzlich wurden wir von einem lauten Schnaufen unterbrochen.
„Wo ist sie verdammt noch mal!“.
Baron Rokossowskij wandte diese Worte an die Gräfin, bis er uns beide weiter hinten entdeckte.
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Ohne Boris oder die Gräfin noch eines weiteren Blickes zu würdigen, stürmte er auf mich zu und packte mich am Handgelenk.
„Komm mit, du wirst im Palast erwartet!“.
25 Die Mätresse IV
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Der Baron kam derart schnell auf mich zu und ich wurde von seiner brüsken Art dermaßen überrascht, dass ich gar nicht auf die Idee kam, Widerstand zu leisten.
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Wir gingen nicht wieder durch die Verandatür in den Ballsaal, sondern nahmen einen Seiteneingang, den ich bisher übersehen hatte. Von dort aus ging es durch einen schmalen Gang, der ganz untypisch für diesen sonst so prächtigen Palast war. Nur schummerige Kerzenleuchter an der Wand spendeten ein fast schon gespenstisches Licht.
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Der Kontrast zwischen dem Gang und dem, was mich im darauf folgenden Raum erwartete hätte nicht größer sein können. Edelstes Parkett, Seidentapeten und Möbel von einer unüberbietbaren Eleganz fügten sich hier regelrecht zu einer Komposition des guten Geschmacks zusammen. Das Kaminfeuer prasselte leise vor sich hin und das einzige was außerdem noch zu hören war, war das erschöpfte Schnaufen des Barons.
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So schön dieser Raum auch war. Ich fühlte mich unwohl.
Was sollte ich hier? Wer hat mich da zu sich beordert? Wo war ich hier eigentlich?
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Der Baron stand mit mir einem hämischen Grinsen im Gesicht gegenüber.
„Dann werde ich dich hier mal allein lassen. Rühr dich nicht von der Stelle, aber du kannst es dir trotzdem schon mal bequem machen.“
Nach den letzten Worten brach er in ein widerwärtiges Gelächter aus und immer noch lachend verschwand er durch die Geheimtür durch die wir gekommen waren. Von dieser Seite, war sie so geschickt durch die Tapeten verborgen, dass sie fast nicht zu erkennen war.
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Jetzt war ich allein hier und nachdem das Schnaufen des Barons verschwunden war konnte ich wirklich nur mehr das Prasseln des Kaminfeuers wahrnehmen. Mir war klar, dass es keinen Sinn hatte mich von hier wegzuschleichen. Der Baron würde mich wieder finden und es hatte ohnehin alles keinen Zweck.
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Geprägt von Gefühlen der Hilflosigkeit und Angst starrte ich in die Flammen. Durch ihre lebendige Wärme wirkten sie wie der einzige Freund den ich noch hatte und ihre fast hypnotische Wirkung bewahrte mich davor panisch zu werden.
Ich starrte weiterhin in die Flammen und wartete darauf, was das Schicksal nun mit mir vor hatte.
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Allzu lange musste ich glücklicherweise nicht warten und dennoch kam mir dieses Weilchen wie eine Ewigkeit vor.
Die andere, nicht versteckte Tür des Raums wurde geöffnet und der Zar selbst trat herein. Nur dieses Mal war er nicht von seinem üblichen Hofstaat umgeben, sondern ganz allein.
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„Nimm doch endlich diese dumme Maske ab. Ich habe zwar beim ersten Empfang gesehen, dass du hübsch bist, aber das ist nun auch wieder eine Weile her und vielleicht habe ich mich ja geirrt.“
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Einen Spiegel in diesem Raum zu finden war nun wirklich nicht schwer. Es gab ja wirklich mehr als genug davon. Ich trat vor den nächst besten Spiegel und nahm die Maske ab.
Mit dem Ablegen der Maske fühlte ich mich noch nackter und ausgelieferter als zuvor. Vollkommen schutzlos und der Willkür des Zaren mit Leib und Leben ausgeliefert.
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„Komm her und lass dich noch mal genauer ansehen. Du benimmst dich ja wirklich wie ein scheues Reh! Haben dir deine Eltern denn gar nichts beigebracht!
Ah, hat mich der kurze Eindruck doch nicht getäuscht, du bist ja wirklich ein Schmuckstück und das mit der Erziehung werde ich gern selbst übernehmen.“
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Ein dreckiges Lächeln huschte über sein Gesicht und seine Augen funkelten böse.
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„Bist du noch intakt? Der Baron, der alte Schwerenöter, könnte es bei so einem Leckerbissen schon mal wagen meinen Zorn heraufzubeschwören und sich nicht an unsere Abmachung zu halten.“
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Was meinte er nur mit intakt? Ich verstand damals nicht auf was der Zar hinaus wollte und so stand ich einfach verschreckt da und brachte kein Wort über meine Lippen.
26Die Mätresse V
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„Hast du etwa deine Zunge verschluckt. Naja, ist mir eigentlich auch egal, was du zu sagen hast und ob du nun intakt bist oder nicht, das werde ich schon herausfinden.“
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Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen was er meinte. Er wollte wissen ob ich meine Unschuld verloren hatte oder nicht. Er wollte mich für sein Bett, das Bett was diesen Raum zwischen all den Spiegeln so dominierte.
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Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken und das Herz blieb mir fast stehen.
Ich wollte nur mehr weg hier aber es brach wieder diese Hoffnungslosigkeit über mich herein. Schwach und hilflos wie ich war, war ich ihm ausgeliefert. Ich konnte nur mehr hoffen, dass es möglichst schnell vorüber war.
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„Ah, du scheinst es endlich verstanden zu haben. Ganz blöde bist du also doch nicht.“
Protzig saß er da in seinem Sessel und grinste weiter diesen dreckigen Grinser, den ich ihm am liebsten aus dem Gesicht geohrfeigt hätte. Aber ich war sein Eigentum, da unterschied mich nichts von den dreckigen Leibeigenen des Bauernstands. Er konnte mit mir Schlichtweg machen was er wollte und würde niemandem Rechenschaft ablegen müssen.
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„Zieh dich aus! Ich würde dir die Kleider ja gern selbst vom Leib reißen, aber den Genuss, dass du dich mir hingeben musst ob du nun willst oder nicht, den lasse ich mir jetzt beim ersten mal nicht entgehen. Dir ist doch klar, dass es für dich besser ist, wenn du meinen Anweisungen gehorchst. Tust du das nicht, dann nehme ich dich mit Gewalt und damit machst du dir keine Freude, denn ich kann sehr böse werden.“
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Diese Drohung wäre nicht notwendig gewesen. Ich wusste auch so, was mich bei Widerstand erwarten würde.
Irgendwie fühlte es sich fast an, als würde mich jemand anderer entkleiden, als ich langsam das Mieder des Überkleids öffnete.
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Den Rest der Details erspare ich dir, du kannst dir ja sicherlich vorstellen was an diesem Abend noch passiert ist.
Mehrmals fiel er wie ein Tier über mich her. Ich ließ alles regungslos mit mir geschehen und folgte seinen Anweisungen wenn er etwas von mir erwartete.
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Als er endlich seinen Hunger an mir gestillt hatte setzte er sich wieder in seinen Sessel. Nur mit dem Unterschied, dass er dieses Mal nackt war.
Als ich mich aufrichtete um meinen missbrauchten und geschundenen Körper wieder zu bekleiden richtete er erneut das Wort an mich.
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„Mir hat das sehr gut gefallen und ich sehe da einiges Potential in dir. Dem Baron muss ich wohl für eine Zurückhaltung noch eine Gunstbezeugung zukommen lassen. Ich hätte mir nicht gedacht, dass er sich bei dir zurückhalten kann.
Du hast gelernt zu gehorchen und wirst auch sehr bald lernen was mich glücklich macht. Ich will, dass du übermorgen wieder hier bei Hofe erscheinst. Wenn es mir wieder so gut gefällt könnte es durchaus sein, dass ich dich zu meiner Mätresse erwähle.“
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Ich wurde stutzig. Der Zar hatte ja bereits eine Mätresse und es war am ganzen Hof bekannt, dass sie vom Zar schwanger sein musste. Die Gerüchte über ihre immer häufigeren Ohnmachtsanfälle und eine leichte Übelkeit, die sie immer wieder befiel, machten überall die Runde. Endlich wagte ich es das Wort an ihn zu richten.
„Aber ihr habt doch schon …“
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Aber so bald ich den Satz begonnen hatte wurde ich auch schon wieder von ihm unterbrochen.
„Das hat dich alles nicht zu interessieren. Bis ich meine Entscheidung getroffen habe wirst du auch niemanden von dieser Begegnung erzählen, wenn dann sorge ich dafür, dass dein neuer Status hier anerkannt wird. Und ich erwarte von dir, dass du dich über diese Ehre freust.
Verschwinde jetzt. Durch Geheimtür und Gang kommst du wieder in den Garten zurück. Merke dir, wenn du nur ein Wort verlierst, wirst du das bitter bereuen.“
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Nachdem er mir nochmals gedroht hatte verließ er den Raum tiefer in die Zimmerflucht hinein, wahrscheinlich um sich erneut ankleiden zu lassen.
Ich versuchte mein Bestes um wieder präsentabel für den Ballsaal zu sein und dennoch hatte ich das Gefühl jeder würde sofort merken was mit mir passiert war. Meine Beine waren wackelig und ich spürte immer noch, was er mir angetan hatte. Selbst sein Geruch klebte an mir.
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Als ich durch den Gang wieder ins Freie gelangte erwartete mich Boris.
Ich hatte keine Ahnung wie lange ich in der Gewalt des Zaren war, aber es mussten mindestens zwei Stunden gewesen sein. So lange hatte Boris ausgeharrt.
Ein wehmütiges Sehnen ging durch mein Herz, aber ich konnte und durfte nicht.
27 Die Mätresse VI
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Ich sah ihn schon auf mich zukommen als ich mich umdrehte und mich so schnell wie nur möglich auf den Weg zurück in den Ballsaal machte. Für eine direkte Konfrontation war ich nicht bereit, denn dann wäre ich schwach geworden und hätte ihn in diese ganze Sache mit hineingezogen.
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Ich hatte keine Ahnung in wieweit ihm klar war, was hinter der versteckten Tür passiert sein musste. Aber die enge Freundschaft zwischen dem Baron und dem Zaren war ja weithin bekannt. Nur dieser Gedanke, dass er es ja wissen oder ahnen könnte, das ich nun nicht mehr dieselbe war wie vorher, trieb mich weg von ihm anstatt ihm weinend in die Arme zu fallen.
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Zwei Tage später machte ich mich wie befohlen, aufgeputzt wie ein Pfingstochse, wieder auf den Weg in den Palast. In der Zwischenzeit hatte ich mich in meinen Zimmern verkrochen und bin sämtlichen Personen aus dem Weg gegangen.
Ich hätte ja ohnehin niemanden von den Geschehnissen berichten können. Nana, wäre noch hilfloser als ich gewesen, während meine Eltern es wohl begrüßt hätten allen von meinem neuen Status bei Hofe zu erfahren. Wahrscheinlich hätten sie schon Minuten später die Boten mit der „freudigen“ Nachricht ausgeschickt.
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Eine große Erleichterung kam über mich, als ich Boris unter den Leuten, die auf eine Audienz warteten, nicht erkennen konnte.
Offensichtlich war er nur zu besonderen Anlässen bei Hofe und so war es leichter für mich die notwendige Distanz zu aufrecht zu erhalten, bis sich alles gelegt hatte.
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Ich setze mich in einen von Pflanzen umrahmten Erker des Wartesaals. Was anderes als zu warten blieb mir ja nicht übrig. Der Zar würde mir schon zu erkennen geben, wenn er wieder nach mir bedurfte. Dann musste ich bereit sein.
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Ich wunderte mich so sehr, dass ich keine Angst hatte. Ich empfand auch keine Abscheu. Es war viel eher so, als wäre ich für die Zeit in der ich dem Zaren gefällig sein musste nicht mehr wirklich hier. Es war fast, als hätte sich meine wirkliche Seele aus dem Körper zurückgezogen und es saß hier nicht die Anastasia, die ich kannte, sondern nur eine lebendige Puppe.
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Wie sehr hoffte ich, dass der Zar den Gefallen an mir verlieren würde. Dann wäre ich wieder frei und diese Begegnung mit ihm würde ich auch wieder vergessen können.
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Es war sehr ruhig im Saal. Es warteten nur mehr wenige auf eine Audienz und die anwesenden Personen unterhielten sich in einer sehr gedämpften Lautstärke. Die Stille im Raum war nur durch ein leises Murmeln gestört.
Plötzlich hallten zwar gedämpft aber dennoch deutlich wahrnehmbar, die erbosten Schreie des Zaren aus dem Audienzraum. Irgendetwas musste ihn ungemein verärgert haben.
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Mann hörte noch ein dumpfes Poltern, so als ob jemand zu Boden gefallen wäre, bevor sich die Tür öffnete und Olga, die aktuelle Favoritin des Zaren, mit verheultem Gesicht aus dem Audienzraum trat.
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Olga stolperte fast über den Saum ihres Kleides, als sie sich von der Tür wegbewegte. Verzweifelt versuchte sie wieder eine stolze Haltung anzunehmen, aber sie hinkte. Anscheinend war es sie, die da zu Boden gefallen war und sie musste sich anscheinend verletzt haben.
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Nachdem alle anderen im Raum nicht den Eindruck erweckten ihr helfen zu wollen, erhob ich mich und ging auf sie zu.
Ich war schockiert von den Umstehenden. Nicht nur, dass sie ihr nicht helfen wollten. Manche machten sogar den Eindruck als würden sie sich über die Erniedrigung dieser Frau freuen.
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Gerade als Olga erneut zu fallen drohte war ich bei ihr und versuchte sie zu stützen.
Doch wider Erwarten schlug mir der blanke Hass aus ihren Augen entgegen.
Wie wäre es weiter gegangen:
Letztendlich wird Anastasia von Olga ermordet (vergiftet - drum das grüne gesicht), da diese ihren Rang als Favoritin wegen Anastasia verloren hat. Anastasia empfindet aber keine gezielte Rache gegen Olga, sondern gegen alle, die sie in diese Situation erst gebracht haben, drum ist ihr Auftritt in der Rachewelt eben auch ein so geschwächter (z.B. im Vergleich zu Fiona).
Es wäre dann noch ein Kapitel mit Vihas Geschichte gekommen, der von seinem Bruder aus Machtgier ermordet wurde. Setting wäre eine mythische Welt gewesen, da Viha ja irgendwie doch auch vorher schon ein übernatürliches Wesen gewesen sein musste, sodaß seine Rachegefühle diese Welt erschaffen können.
In den letzten Kapiteln geht es dann darum, dass Silvia aufgrund all dieser Geschichten erkennt, dass ihre einzige Möglichkeit sich aus der Gefangenheit in ihren negativen Gefühlen zu befreien, darin besteht von ihren Rachewünschen abzulassen und ohne diese in ein neues Leben zu gehen.
Als sie es dann schafft von der alten Welt loszulassen und von all dem was ihr widerfahren ist wird sie frei die Rachewelt zu verlassen und das letzte Foto wäre dann wohl das einer wiedergeborenen Silvia gewesen .... wo sie eben ihr neues leben beginnen kann.
nochmals .... es tut mir wirklich leid und ich hoffe ihr seht auch, dass ich die FS nciht abgebrochen hab, weil mir nix mehr eingefallen ist bzw. ich die lust verloren hab, sondern weil eben alles weg ist.
glg
lucy