Crystal.Peak
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Der Morgen warf sein strahlendes Licht in die Welt.
Wenngleich sich dies täglich aufs Neue ereignete,
empfand ich es an jenem Morgen, als würde ich zum
ersten Mal diesem wunderbaren Ereignis zusehen.
Dieser Moment barg etwas aufbauend ermutigendes,
erfüllte meine ausgelaugte Seele mit neuem Lebensmut.
Einer Widergeburt gleich. Trotz des glasigen Elementes,
welches mich von der Sonne trennte spürte ich ihre Wärme,
fantasierte mich hinein als ich langsam die Augen schloss und
mich hinfort träumte. Ein lange gemisstes Gefühl berechtigte sich
zu entfalten.

Eine ruhige Stimmung erfüllte den Raum, lies mich den Moment genießen
und einen Moment die Hektik und Panik der letzten Monate vergessen.
Das gelbliche Licht fiel sanft hinein und verlieh allem ein harmonisches Antlitz.
Fern von Panik und Übelkeit. Angst und Trauer.
Jonathe war eingetreten, lies sich tonlos mir gegenüber nieder.
Ein sanftes Lächeln, welches ich tief in meinem Herzen an ihm schätzen
gelernt hatte, da es mich in jeder Situation mit leiser Hoffnung erfüllt hatte
zeichnete sich auf seinen Lippen ab. Leise schon er einen hölzernen Behälter
auf den Tisch zwischen und betrachtete mich stumm.
Ein leises, wohl klingendes Seufzen verlies seine Lippen, ehe er
ruhig zu sprechen begann.
Ohne etwas zu erwidern hinterließ seine bloße Stimme erneut einen
Schauer auf meiner Haut. Seine Nähe schien mir immer noch fremd und
unabdingbar zugleich. Aus Panik und Hilflosigkeit hatte ich mich sehr an ihn gebunden.
Er verkörperte all das, was ich nicht zu sein vermochte. Alles, was
Dan mir nicht mehr geben konnte, wenngleich ich es tief in mir ersehnte.

Tatsächlich kamen die letzten Wochen und Monate der Hölle gleich.
Wenngleich ich die Strapazen des kalten Entzuges noch inständig in meinen
Gliedern spürte, so vernahm ich, dass es dennoch nicht vorüber war.
Dort war noch etwas. Mein Körper hatte entgiftet. Abgestoßen wonach
er sich lange Zeit verzehrt hatte. Doch das Verlangen trieb sich nicht
vollständig aus. An jenem Tag vernahm ich es nicht. Ich unterlag der Hoffnung,
mein Körper würde sich langsam mit Kraft füllen. Alte Zeiten vergessen.
Der Gedanke an das ungeborene Kind,
welches all dies mit durchstehen musste, trieb mir dennoch einen
Schauer über die Sinne. Mir fehlte es an nötiger Kraft,
mich mit ganzem Herzen dem Kleinen zu widmen. Zu stark
war ich von Schuld geplagt, verspürte den Wunsch kein Leben zu
zerstören, welches nicht einmal begonnen hatte und schon gar nicht schuldig war.
Anschließende Gefühle der Freude blieben aus. Etwas stimmte nicht.

Immer noch schweigend griff Jonathe in seine Tasche,
zog etwas wohl Bekanntes hervor, vor welchem mir im selben Augenblick schauderte.
Meine Augen folgten aufmerksam den kleinen Päckchen, welche er neben der nun
geöffneten Dose ablegte, welche sich bereits auf dem Tisch befand und nun ihren
ernüchternden Inhalt offenbarte.
>> Was soll das? Was ist das? <<
Jonathe taxierte mich. Man konnte ersehen, er wusste dass ich mit
dieser Frage meine Angst zu verdecken versuchte.
>> C******, C****** und H*****. Du weißt es ohnehin. <<
Meine Glieder zitterten. Meine Sinne umkreisten langsam die vergangenen Monate.
„Los, greif zu! Du hast lange genug verzichtet! So stark bist du nicht – es wird
dir nicht gelingen zu widerstehen! Worauf wartest du?“
Rief eine innere Stimme animierend. Jene, welche mich seit Monaten
anhielt mein Ziel nicht zu schaffen. Jene, gegen welche ich so erbittert gekämpft hatte.
Doch diesmal war ich stärker.
Meine Sinne zeigten keinerlei Bedürfnis oder Verlangen zuzugreifen.
Wenngleich der pure Anblick der Substanzen mir eine Gänsehaut über den Körper legte.

Meine Seele schrie den Wunsch heraus sich von der
Geißel zu lösen, welche mich gefangen hielt. Mein Körper war frei,
dennoch blieb ein Teil von mir ein Junky. Ungeduld kam auf.
Zu groß der Wunsch, auch seelisch frei zu sein. Doch ich wusste
dass meine Seele erst binnen der nächsten Jahre vermochte sich zu lösen.
Ein Anfang war getan. Einer, welchen ich nicht alleine begangen hatte,
wenngleich ich dies lieber getan hätte. Denn nun plagte eine andere Angst mein
vom Kampf geschwächtes Ich: Die Sorge, um dich, mein Baby.
Jonathe schritt beiseite, holte ein Formular zur Hand und hielt es
mir sanft lächelnd vor. Zitternd fuhr mein Blick darüber, las langsam
jede einzelne Zeile. Langsam sah ich hoch, konnte den Lettern nicht folgen.
>> Entlassungsformular? <<

Seltsamerweise erregte diese Nachricht meine Sinne zwiespältig.
Einerseits war es mein innigster Wunsch, den Kampf, welchen ich
die letzten Monate bestritten hatte erfolgreich zu gewinnen.
Es spornte mich an, zu sehen, wie weit ich gekommen war und erfüllte meine
ausgelaugte Seele mit neuem Mut. Tatsächlich aber hegte ich den Wunsch,
nicht fort zu müssen.
Ich wollte frei sein. Und doch, ich scheute es, alleine zu sein.
Zudem konnte ich nicht fort. Ich fürchtete, Dan würde ebenso scheitern wie
ich es getan hätte, wäre er nicht da gewesen. So dachte ich. In Wahrheit war es Jonathe
welcher mich innerlich an diese Klinik band und ebenso er, welcher
mich aus der Hölle gezogen hatte.
>> Körperlich bist du nun clean. Das heißt nicht, dass du nun vollkommen von Drogen weg bist.
Du musst an dir arbeiten und darfst nicht schwach werden. Allerdings gibt es nun soweit nichts mehr,
was uns anhalten würde, dich länger als Patientin zu behandeln. Außerdem hast
du nicht sonderlich auf das Rauschgift welches vor dir liegt reagiert. Was sehr gut ist. <<

Mir brannte eine Frage auf der Seele, von welcher ich im
Nachhinein wünsche, sie verschwiegen zu haben. Doch in diesem berauschend
glücklichem Augenblick vermochte ich nicht abzuwägen, was auf meine Frage
geschehen würde. Die Reaktion veränderte jedoch das Verhältnis meines Herzens zu
meinem Partner Dan langwierig und gänzlich.
>> Wie hätte ich denn reagieren sollen,
damit du feststellst, dass ich noch nicht „clean“ bin? <<
Tatsächlich regte diese Frage Jonathe zu einem Versuch an,
dessen Ausmaß er nicht erahnt hatte.
Binnen weniger Minuten nach einem kurzen Anruf betrat Dan den Raum.
Innerlich hatte ich gehofft, er hätte mit dem Rauschgift gebrochen. Seit seines
Suizidversuches kämpfte er ebenso wie ich – so dachte ich, wenngleich
ich während der letzten Wochen alle Kraft für mich aufgebraucht hatte.
Ich konnte sie nicht teilen. So konnte ich nur erahnen, welchen Weg er gewählt hatte.

Jonathe hatte eines der Päckchen ergriffen, welches er zuvor vor mir
platziert hatte, hielt es Dan vor. Dan rastete seinerseits blitzartig aus, als
würde der bloße Anblick dieser Substanz ihm seiner Sinne berauben.
Ich erkannte ihn nicht mehr. Von diesem Moment an hatte ich das Gefühl,
die Droge besitze ihn nun gänzlich. Ebenso wie man hätte erahnen können,
er wolle nicht wirklich etwas an dieser Tatsache ändern.
>> Gib das her! Gib mir den Stoff du Bastard!
Ich mache dich kalt! Her damit! <<
>> Das wonach du gerade schreist macht dich kaputt Junge!
Wenn du das nimmst bist du so gut wie tot! Du wirst es nie schaffen
wenn du mich jetzt kalt machst und dich hiermit berauschst! Das löst deine Probleme
auch nicht – es reitet dich tiefer hinein! <<
>> Laber keine *******, gib das Zeug her! Du hast keine Ahnung!
Du merkst nicht was ich durchmache! Du bist clean! <<


Meine Gedanken verliefen in anderen Bahnen.
Meine Sinne spannten sich um das Ungeborene, welchem ich nun meine
Kraft zu widmen hatte. Ich hatte genug zerstört und war verantwortlich,
dass es ihm gut ging. Diese Situation allerdings lies mich zum ersten Mal zweifeln,
ob Dan wirklich den Mut verspürte, den Willen besaß, für uns mit den Drogen zu brechen.
In ihnen schien er die Erfüllung und Lösung all seiner Träume und Probleme zu sehen.
In Schall und Rausch.
Wenngleich ich einst verstand wie seine Sinne ihn dazu zwangen,
so habe ich innerlich doch immer gehofft, er bemühe sich, würde kämpfen.
Dennoch überkam mich die Angst, er würde dies nicht tun wollen.

Einsamkeit überkam mich. Ein Tuch der Angst bedeckte die
Freude und den neu gewonnenen Mut.
„Lass uns nicht allein. Ich habe Angst davor, allein zu sein!“
Schrie ich in mich hinein. Dennoch drang keines dieser
Worte nach außen. Ebenso war Dan bereits lange nicht mehr in der Lage,
meine Zeichen und Ängste zu deuten. Wir hatten uns entfernt.
Nährten den Faden unserer Liebe mit Gewohnheit und Schuldgefühlen.
Betrogen uns selbst und den jeweils Anderen.
Für ein Leben im Rausch. Etwas, das ich nicht mehr wollte.
Ich wollte raus.
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Informationen zum Kapitel
Auch wenn Honey nun körperlich clean und entlassen ist,
verleitet ihr Gewissen und eine innere Stimme sie dazu,
zu bleiben. Sie bleibt weiterhin in der Klinik und wird
weiterhin wie ein Patient behandelt.
Die Barrikade zwischen Jonathe und ihr ist jedoch
somit durch das Formular genommen.
Benachrichtigungen zum nächsten Kapitel
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