Ich bin ebenfalls froh, dass die WM beendet ist - und das als männlicher Zeitgenosse

Ich kann mit Fußball so viel anfangen wie mit der japanischen Inhaltsstoffe-Angabe auf der Rückseite von Instant-Nudeln und überall - selbst via Durchsage in der U-Bahn! - darüber informiert zu werden, wer nun wieder drin oder draußen oder neuer Favorit ist, das nervte. Normalerweise kann man Informationen aus dem Weg gehen, wenn man Facebook und andere Seiten meidet - aber Fußball war überall.
Seiens die schwarz-rot-gold bepinselten Fingernägel mancher Frauen, seiens Fähnchen an Autos, Seitenspiegeln oder aus den Fenstern wehend, es war überall...
im Übrigen... eine Straße weiter hing (oder hängt?) eine riesige Dtl-Fahne. Riesig, an einem Holzstock. Als ich die zum ersten Mal wahrnahm, ist es mir eiskalt den Rücken runtergelaufen, weil in mir die Assoziation zu den wehenden Hakenkreuz-Fahnen kam. Nicht einmal, weil ich Deutschland 2014 mit Nazideutschland in Verbindung bringe, wäre es eine bulgarische oder amerikanische Fahne gewesen, wäre es mir wohl ähnlich ergangen. Nur das riesige, im Wind schaukelnde Symbol von nationalem Stolz (gleich, welcher Nation er zugestanden wird!) hat mich wirklich seltsam unbehaglich fühlen gemacht.
Ich halte nichts von Nationalstolz (auch die Idee, ein gewisses Gebiet zu umkreisen (Grenzen), es irgendwie zu benennen (Deutschland o.Ä.) und dann die darin wohnenden Menschen einer Nation (Deutsche o.Ä.) zuzuweisen, widerstrebt meinem Menschenverstand völlig)...
Auch Aussagen wie "Wir sind Weltmeister" finde ich haarsträubend. Ich bin kein Weltmeister. Ich war auch nie Papst. Und über beides bin ich recht glücklich. Ich habe zum Erfolg - sollte es denn einer sein - der 'deutschen' 'National'elf nichts beigetragen, ich kann sie nicht mal aufrichtig dazu beglückwünschen, Stolz wäre da das völlig falsche Wort, das mir in den Sinn käme.
Um mal den Bogen zurück zu schlagen: Ich bin froh, dass das Spektakel ein Ende hat, wäre glücklich gewesen, wenn Deutschland verloren hätte (in der Hoffnung, nach endlosen 54, 90, 2010blabla- Gesängen sei die Hoffnung, Dtl. würde iiiirgendwann auch mal gewinnen, gestorben und der Fußball-Hype, der seit 2010 - oder wann die WM in Dtl. war - würde wieder abflauen zu dem mäßigen Interesse, das man auch einer Golfweltmeisterschaft entgegen bringt)... so stelle ich mich darauf ein, dass dieses Desaster 2018 umso schlimmer wieder kehrt und man vermutlich noch weniger den Flaggen, falschem Nationalstolz (schon das Wort ist mir zuwider) noch den Schals, Fähnchen, Fingernägeln oder Haarsträhnen aus dem Weg gehen kann als in diesem Jahr schon...