Fotostory Das Weinen der Sirenen

Schön, dass du weitermachst!
Die Storyline ist interessant und ich bin irgendwie total gespannt, wie's weiter geht.
 
...Fortsetzung

Der Abend am Feuer verlief ohne nennenswerte Vorkommnisse.
[FONT=&quot]Als das Feuer erloschen war und mein Magen einigermaßen gefüllt, machte ich mich zurück auf den Weg zu meinem Zimmer. Ich war müde und so schlurfte ich die Treppe hinauf, ohne darauf zu achten, ob jemand auf den Stufen saß. Daß ich jemandem auf die Finger getreten war, merkte ich erst, als ich eine kindliche Stimme

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[/FONT] Ich drehte im Gehen den Kopf herum, wollte irgendwas gemein klingendes sagen, aber es reichte nur für ein kläglich gemurmeltes „Dann mußte deine Finger eben nicht in den Weg legen“, was mir sofort dämlich vorkam, als es nur meinen Mund verlassen hatte. Doch das Schicksal straft kleine Sünden bekanntlich. Da ich zu sehr damit beschäftigt war, den armen Jungen auf der Treppe mental auszulachen, achtete ich nicht auf den Weg vor mir. Kaum öffnete ich meinen Mund, um noch einen kräftigeren Konter zu geben, der meinen dummen Satz von eben in den Schatten stellte, stolperte ich der Länge nach und landete rückwärts auf dem Boden.



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„Verflixte Hacke, konntest du nicht woanders sterben, du Dreckschüppengesicht?“ fauchte ich der Leiche zu, die mir meinen Fall beschert hatte. Daß mich das Kind, auf dessen Finger ich eben getreten war, nun auslachte, war mehr als verständlich. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott bekanntlich nicht zu sorgen. Mehr aus Wut über meine eigene Dummheit als aus sonst irgendwelchen erdenklichen Gründen gab ich dem toten Mädchen vor mir einen kräftigen Tritt.



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[/FONT] Ich beschloß, mich der Situation zu entziehen, denn noch mehr Peinlichkeiten wären absolut inakzeptabel gewesen. Ich verließ das Treppenhaus auf meiner Etage und als wäre es noch nicht genug gewesen für heute, traf mich ein erneuter Schicksalsschlag.
„James?“ – Es war das Mädchen aus dem Duschraum. „Du heißt doch James, oder?“

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Ich drehte mich um und hatte keine Mühen, meinem Gesicht einen völlig entnervten Ausdruck zu verleihen, immerhin war ein Plausch mit einem Neuling das letzte, was ich heute zu so später Stunde noch wollte, wenn dieser Punkt auf meiner Liste der Dinge, die ich gern tun wollte, überhaupt vorhanden war.

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„Was willst du?“ fragte ich und schaute ihr dabei fordernd in die Augen um deutlich zu machen, daß sie sich doch bitte kurz fassen sollte.
„Mein Name ist Anna.“ sagte sie mit einem Lächeln auf dem kleinen Mund. Entweder war ich nicht eindeutig gewesen in meiner Mimik, oder sie war schwer von Begriff, denn eigentlich sollte man schon aus reiner Höflichkeit Abstand nehmen, wenn der andere signalisierte, daß er keine Lust auf ein Gespräch hatte.
„Ja und?“ sagte ich schneidend.
„Naja…“ stammelte sie herum, „ich hab dich eben im Duschraum gesehen. Wollte nur wissen, ob du dich verletzt hast. Immerhin bist du einfach so weggeknickt.“
„Hast du keine eigenen Probleme?“ fragte ich.
Sie stieß einen Seufzer aus. „Ich finde es, gelinde gesagt, zum kotzen, daß sich jeder hier der Nächste ist und absolut nicht versteht, daß man viel mehr erreicht, wenn man nur zusammenhält.“
Ich mußte schmunzeln. „Soso, und was sollten wir also alle gemeinsam tun? Neu tapezieren und Fliegengitter an die Fenster anbringen?“


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„Mir fehlen Erinnerungen“ entgegnete sie, ohne auf meine zugegebenermaßen sehr ironische Frage einzugehen.
„Sag mal…. Anna... seh ich aus wie dein Psychotherapeut?“ fragte ich nun sehr ernst.
„Verdammt, interessiert dich das so gar nicht? Bist du etwa der Einzige hier, dem keine Erinnerungen fehlen? Denk nur eine Sekunde nach, du Idiot! Erinnerst du dich an eine Zeit vor dem Heim? NUR EINE SEKUNDE, JAMES!“ schrie sie plötzlich los und ich zuckte kurz zusammen. Mir war klar gewesen, daß sie sich nicht wirklich mit mir über meine narkotisierend wirkende Dusche unterhalten wollte, jedoch war ich auf diese plötzlich laut werdende Stimme nicht vorbereitet.
„Nein, ich erinnere mich nicht!“ antwortete ich wahrheitsgemäß und leise, um sie nicht weiter in Rage zu bringen. Es war nicht so, daß sie mir Angst eingejagt hätte. Viel mehr war ich zu sehr an die Stille hier im Heim gewöhnt, als daß ich laute Geräusche noch groß ertragen konnte.

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„Gut.“ antwortete sie wieder in normaler Tonlage. „Ich habe mehrere Leute hier gefragt, James. Keiner erinnert sich an die Zeit davor. Ist das nicht seltsam? Hast du dich nie gefragt, warum das so ist?“
„Oho, kommt jetzt das tiefenanalytische Esotherikblabla?“ fragte ich und legte in meine Stimme eine nicht zu überhörende Ironie.
„Siehst du, das meine ich.“ sagte sie. „Würdet ihr hier mehr miteinander sprechen, würde euch auffallen, wie absurd das alles hier ist. Menschen… ach was…. KINDER werden hier hergebracht, keiner weiß, aus welchem Grund und niemand erinnert sich an die Zeit vor dem Heim. Und wenn wir hier weggehen, werden wir erschossen. Und du willst mir tatsächlich erzählen, du hättest da nie einen Gedanken dran verschwendet? Nie die Gründe hinterfragt?“

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„Oh doch, das habe ich.“ erwiderte ich, „aber es macht keinen Unterschied, denn wir sind hier drin und solange wir hier sind, sind wir auch vor den Hundemeuten und Schrotflinten sicher. Das Heim bedeutet Freiheit.“
„Bist du wirklich so dumm, James? Wenn das alles so wäre… Wenn wir den Menschen da unten im Dorf so egal wären, warum schreiben sie dann in ihren Zeitungen darüber, wenn wieder einer von uns erschossen oder tot im Wald gefunden wurde? Und warum können uns die Neulinge, die hier ankommen, davon erzählen, aber wissen am nächsten Tag nichtmal mehr, wie sie hergekommen sind?“
Ich konnte nicht abschlagen, daß sie recht hatte. Das waren wirklich Fragen, die sich hier wohl jeder schon gestellt hatte, aber niemand wagte, sie auszusprechen. Fragen, deren Antwort nie im Leben eine plausible Grundlage gehabt hätten. Ich wandte meinen Blick von Anna ab und beobachtete, wie der Junge aus dem Treppenhaus die Leiche, über die ich eben gestolpert war, in den Flur zog.

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Wie ihr verwester Kopf so an den Schultern herunter baumelte, kam mir in den Sinn, daß das Mädchen zu Lebzeiten wohl mal sehr hübsch gewesen sein mußte. Der Tod hatte es entstellt. Und trotzdem war noch ein Hauch von imperfekter Schönheit in den Zügen ihres Gesichts erkennbar.


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[/FONT] „James!“ riß mich Annas Stimme aus den Gedanken.
Ich drehte mich wieder zu ihr.


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„Ich will die Wahrheit herausfinden.“ Ihre Stimme klang nun sehr ernst.
Nun hatte sie meine vollste Aufmerksamkeit. Bisher war ich nur Thereses doch sehr theoretische Kampfstrategien gegen den Rest der Welt gewohnt, denen es an allen Ecken an Umsetzmöglichkeiten mangelte. Doch Anna schien es wirklich ernst zu meinen.
„Und wie willst du das tun, wenn ich fragen darf?“ fragte ich.
„Ich will von hier weg. Ich will fliehen. Und ich möchte, daß du mit mir kommst.“
Sie hatte es geschafft. Ich war mundtot.

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Mein erstes Kommentar

Hallo,

Ich hatte mir gedacht,ich lese mir zu erst deine andere Geschichte durch. Anfangs war ich nicht so sicher, ob ich das wirklich weiter lesen wollte, die Bilder sahen so eintönig aus, jedenfalls auf den ersten Blick. (logisch, wenn sich alles nur in einem Raum abspielt :))
Nach ein paar Kapitel hatte ich dann das dringende Bedürfnis, die Geschichte komplett durch zulesen.

Ich hab die Handlung der Person absolut verstehen können.
Nach und nach hat sie sich immer mehr in diese Opferrolle hinein gespielt und letzten endes ist esdann auch zu diesem Opfersyndrom gekommen, dessen Name ich jetzt klugerweise vergessen hab, aber ich denke du weißt genau w as ich meine.
Ich denke mal, dass sie am Ende nicht mit ihm geschlafen hat, weil sie sich in ihm verliebt hat und unbedingt ihn wollte.... wäre ja auch ziemlich blöd und komplett abwegig.
Ich denke eher, dass es daran gelegen hat, dass es ein,egal was für ein, Mensch war. Schließlich bedeutet einem menschliche Nähe so viel und die lange Zeit die sie ohne gelebt hat, viel ihr anfangs vielleicht gar nicht so auf. Aber als sie es dann erfahren hat, hat das Gefühl sie förmlch überfallen.
Ich hab zu erst nicht begriffen, wieso sich ihr potenzieller Entführer (kann den namen nicht wirklich schreiben) hinterher umgebracht hat. Es<war mir ein Rätsel zu erst dachte ich, sie wäre von irgendwem befreit worden, oder ähnliches...

Doch dann der Epilog, was ich an deiner Geschichte wirklich am allerbesten fand. Diese komplette Wendung. Durch die dann plötzlich alles seinen Sinn hat,... ich war von der Antwort so überweltigt, dass ich dann wirklich lange darüber nachgedachjt habe, wie viele Menschen wohl noch nie sowas wie Nähe und Geborgenheit empfunden haben.
Ich weiß auhc nicht, er war so ausschlaggebend, dass ich diese Geschichte für nahe zu perfekt halte.
Diese Idee und ausführung, die vorerst am Ende noch so undurchsichtig erschien und erst ganz am Schluss, alles klar legt. Fantastisch.

Naja, ...

also eigentlich bin ich ja hier in dfeinem anderen Thread und müsste eigentlich darrüber schreiben, was ich hier gelesen habe.

Vor erst...

Ich find es toll, dass du sie weiter führst.
Ich habe auch mal angefangen eine Geschichte zu schreiben, die ich erst nicht weiterführen sollte... die Moderatoren meinten ich soll keine Gewaltverherlichung beschreiben und es dürfen keine nackten anstößigen Bilder gepostet werden...
Das wäre ja eigentlich noch ganz ok, wenn dieses anstößige nicht für jeden Auslegungssache wäre.
Einmal hat mir aucfh ein User geschrieben, dass ich diese Geschichte abbrechen sollte, weil sie zu genau geschrieben ist...
Nun letztenendes, lasse ich sie auch im stillen bei mir weiterlaufen.
Der Grund ist aber eher zu wenig Zeit... - zu lange Abständen zwischen den Kapiteln.

Jetzt zu der Geschichte selbst, ich finde deine Personen immer noch sehr schleierhaft. Sie scheinen auf den ersten Blick keine wirklichen Gefühle mehr zu haben... keine Emotionen. James zuckt noch nicht einmal mit der Wimper, wenn jetzt irgendein Kind (von vielleicht 6-7 jahren) vor ihm verreckt.
Es scheint, als hätte er es einfach zu oft erlebt. Zu oft Menschen sterben sehen.
Ich denke, dass die meisten in diesem Heim es als Schutzmechanismus auch tun müssen, aus dem einfachen Grund, dass die Protoganisten einfach daran verrecken würden, dass sie zu viel Gefühl zeigen und jedes Mal einen Nervenzusammenbruch erleiden, wenn eine Person geht..., was nach deiner Beschreibung jede halbe Stunde sein kann.

Therese scheint, wie ich finde eine sehr starke Persönlichkeit und vor allem ein dickes Fell zu haben.
Sie hasst es nichts zu tun... und verichtet die Arbeit die keiner tun will. ´Wann es wohl aufgehört hat ihr an die Nieren zu gehen?
Ich finde sie legt gleichzeitig einen wahnsinnigen Optimismus an den Tag, in dem sie sich ins Geheim immer weiter ausbruchspläne ausdenkt, wie man dann doch verschwinden könnte... ich denke anders ist das Leben dort auch nicht möglich....wenn man nicht gerade wie James manchmal im Selbsrmitleid versinken will, was am ende dann jaauch nicht wirklich hilft.
Diesen kleinen kranken Tick den sie hat, verzeihe ich ihr, ich denke ohne den könnte man dort drin auch nicht überleben.

Anna bringt in diese Geschichte nun was ganz neues rein. Hoffnung. Sie denkt nach und lässt nicht alles andere über sich ergehen.
Ich bin ja so eine Art Leser, der sich insgeheim in irgend einer Art noch eine kleine Liebesbeziehung wünscht, und wenn sie noch so kurz ist. Sehe also schon so ein kleines Ausbruchspäärchen vor mir. ;)

Ich frage mich noch viel...
Das<Weisenhaus erscheint so furchtbar geheimnisvoll...
Wieso gibt es diesen Ort?
Wofür sind diese Kinder dort?
Weshalb können sie sich an nichts erinnern?

ich habe das dumme Gefühl, dass du diese Fragen erst sehr spät beantworten wirst... aber ihc denke, ich kann so lange warten und weiterlesen...

Yvonne
 
Oh das ist schön, dass es hier wieder weiter geht!
Die Story ist wirklich spannend und ist mal was ganz anderes, als die sonstigen Geschichten hier.
Man möchte einfach unbedingt erfahren, was hinter dem ganzen steckt.
Ich denke auch nicht, dass man daswegen aus dem Forum fliegen sollte... Ok, das Bild mit dem Gesicht des toten Mädchen hätte ich weggelassen, weil das so manchen nicht gefallen könnte. :rolleyes:
Ähm ja, ich bin kein guter Kommischreiber, aber ich werde auf jeden Fall weiterlesen. :hallo:
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh wie geil ... sie schreibt weiter *jippieh!*

Ich bin wieder ganz benommen von der betrübenden Atmo dieses Bunkers. Ist so richtig unheimlich ... und/aber auch tierisch fesselnd. Das ist alles so widerlich absurd.
Und natürlich frage ich mich auch nach dem wie und warum. Aber das wird sich ja alles noch "geben" *hehe* Und ich bin sehr gespannt, wie Du uns das nachher alles erklären wirst.
Bisher finde ich ja alles an Handlung noch völlig paradox, aber so soll es ja wohl auch sein.
Ist irgendwie faszinierend: Normalerweise will ich ja immer mit dem Helden mitfiebern und ihn verstehen. Naja, hier natürlich auch *g*. Aber hier kann ich ja nicht wissen, warum er so oder anders reagiert, weil ja nichts aus seinem Leben bekannt ist. Und das ist irgendwie so seltsam ... eine Geschichte, dessen Hauptpersonen im Grunde erstmal ohne "Hintergrund" erklärt und beschrieben werden. Denn sein jetziges Verhalten ist ja nur Resultat seines Umfeldes ...
*höhö* ODER auch nicht ... denn ... "sind wir nicht alle eigentlich nur gezähmte Monster?"
Wie gesagt: Fazinierend.
Je mehr ich über Deine Story nachdenke, desto geiler finde ich sie :D

Boah, ich könnte mir nie, nie, niemals so eine Story ausdenken. *lol* ich würde mir beim tippen schon inne Hose machen *lol*
Daher bewundere ich es so, dass Du das kannst. Und umso mehr, dass Du es tust.

Liebe Grüße,
Cobi :)
 
Oi, danke für die Kommentare. Scheint ja doch irgendwie anzukommen, die Geschichte :) Umso besser! Ich glaube, dass die ganzen Menschen und Umstände in der Story so schwer zu packen sind, weil man selbst sowas überhaupt garnich kennt.

Aber ich verrat schomma, dass sich das alles aufklären wird, die Warums und Wiesos beantwortet werden und sich alles noch ganz anders entwickeln wird, als man absehen kann. Narf!

@Yvi: Dass du meine letzte Theorie vom Glück nahezu perfekt findest, ehrt mich doch sehr. Vielen Dank dafür. Ehrliche Kommentare werden von mir immer geschätzt und lieb gehabt :D Bei der jetzigen Geschichte denk ich schon, dass es eben so ist, dass man sich sowas als Leser nicht wirklich vorstellen kann und dementsprechend enorm viel Einfühlungsvermögen braucht, um sich in den Protagonisten hineinzuversetzen und zu verstehen.

@Colabirnchen: Du wirst lachen, aber diese Story fällt mir absolut nicht leicht zu schreiben. Ich tu mich enorm schwer damit, obwohl ich James von vorn bis hinten absolut verstehen und nachvollziehen kann. Und auch, wenn die gesamten Umstände des Heims und all seinen kontroversen Bewohnern und Umständen bis ins Detail bekannt sind, ist es verdammt schwer, all das zu Papier zu bringen.

Danke für die Ermutigungen und das positive Feedback :)
 
Also, ich habe ganz ehrlich noch keine FS hier lesen wollen. Habe über die Fotos geschaut manchmal den Prolog gelesen und wieder weggeklickt. Hat mich nie wirklich interessiert (obwohl bestimmt einige gute FS dabei sind). Aber als alter stephen king leser und verfechter der Theorie das (für mich persönlich) "Der dunkle Turm" die beste Geschichte aller zeiten ist, hat mich deine FS sofort in ihren Bann gezogen. Gottseidank habe ich sie erst vor zwei Tagen entdeckt und musste deshalb nicht so lange warten das es weiter geht. ich bin sehr gespannt wie sich das ganze auflösen wird. Habe den thread hier abonniert um up-to-date zu sein. Bin gespannt ob das eher ein sciencefiction ende nehmen wird oder doch eher realitätsnah. habe mir zb meine gedanken zu diesem "traum" gemacht. kam mir sehr real vor. könnte ja sein das das ganze eine andere Dimesion ist oder was weiß ich... finde es absolut toll, dass du dich an eine andere thematik als die meisten hier rantraust. deine fotos sind auch sehr gut gemacht (lustig fand ich, dass man auf einem bild dieses Hack-Objekt, die schwarze Box sehen konnte *lol*)
deine charaktere finde ich auch gut gearbeitet bis jetzt. passend zu der geschichte sind sie noch sehr geheimnissvoll. ich weiß noch nicht so richtig was ich von den beiden mädels (ich habs nicht so mit namen) halten soll. im moment sind sie mir eigentlich noch beide sympathisch, aber ich bin auf der hut. freue mich aufjedenfall wenn es weiter geht!
 
Ups, ja die schwarze Box... Asche auf mein Haupt und man verzeihe mir bitte (._.) Ich war hundemüde als ich die Fotos geknipst hab, aber ich wollte das Kapitel unbedingt noch reinstellen. Also bitte die Box übersehen :D

Find ich aber toll, dass dir meine Geschichte bisher gefällt. Obwohl ich glaube, dass mir noch einige Leser abhanden kommen werden, wenns ans Eingemachte geht. Aber ich denke mal, wenn dir Stephen King gefällt (besonders die abartigen Sachen von ihm), dann wirst du mir erhalten bleiben :) Danke fürs Abo *freu*
 
Hey

Ich habe Respekt vor dir. Es ist wirklich Großartig. Mir gefallen die Fotos, deine Schreibweise , einfach alles. Ich würde mich sehr sehr freuen wenn du mich benachrichtigen könntest

Liebe grüße Marie
 
Toll, eine Fortsetzung!

Fangen wir mit der Schreibweise an.
Dein Schreibstil ist richtig gut, verständlich zu lesen und mit gut gewählten Worten ausgeschmückt. Dafür muss ich dich wirklich loben!

Die Bilder sind nichts Weltbewegendes, aber doch gut geschossen, da habe ich auch nichts großartig dran zu mängeln.

Die Storyline ist immernoch ziemlich geheimnissvoll. Ich weiß einfach nie, was als Nächstes passiert oder passieren könnte und genau dies reizt mich zum ständigen verfolgen deiner Fotostory.
Dieses Heim ist mir mehr als suspekt, da sollten wirklich mal ein paar Leute von der Behörde vorbei schauen. Ich verstehe nicht ganz, weshalb sich niemand um dieses Heim kümmert, aber vielleicht werde ich dies ja noch im Laufe der Zeit erfahren.

Liebe Grüße!
 
@xBoux: Die Bilder sind nur n Accessoir, nichts weltbewegendes. Ich messe dem ganzen Bildergschmarri nicht soviel Bedeutung bei, sonst hätt ich Pixiebücher für Kinder illustriert.

Fortsetzung...


Eine gefühlte Ewigkeit verbrachte ich damit, auf meinem Bett zu liegen und darüber zu sinnieren, was Anna mir gesagt hatte. Ich spürte, wie meine Gedanken sich immerzu im Kreise drehten und die Müdigkeit mich ab und zu einholte. Der Plan stand fest. Anna wollte die Flucht wagen. Weg von der Stadt und weg vom Heim. Es blieb also nur ein Weg, und der führte durch die Wälder. Ich versuchte mich zu erinnern, was es jenseits des Waldes gab. Die Erde ist bekanntlich eine Kugel und Treesville sicherlich nicht der einzige Ort auf diesem riesigen Planeten. So sehr ich meinen Kopf jedoch anstrengte, ich erinnerte mich an gar nichts. Nicht an andere Städte ringsherum und nicht an etwas, das jenseits des Waldes lag.
„Schon irre…“ hörte ich mich selbst sagen. Anna hatte recht. Alles, was hier passierte, oder auch nicht passierte, war ein einziges Kuriosum, und es hatte fast den Anschein, als würde eine überirdische Macht dafür sorgen, daß wir dumm blieben und keine Fragen stellten.

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[FONT=&quot]Ich war so lange schon in diesem Heim, und trotzdem kannte ich alle Fluchtversuche, die hier stattgefunden haben mussten, nur aus Erzählungen. Wirklich dabei war ich nie gewesen, denn all das waren Legenden, die vor meiner Zeit spielten. Also wer gab mir die Gewißheit, daß all jenes auch stimmte, was mir erzählt wurde? Trotzdem hielt man daran fest, als hieb und stichfestes Argument, welches jede Idee von Flucht sofort im Keim erstickte, denn niemand wagte es auch nur ansatzweise, diese Geschichten in Frage zu stellen. Je mehr ich nachdachte, desto mehr hatte ich auch das Gefühl, mich gedanklich auf ein verbotenes Terrain zu bewegen. Dabei gab es nichtmal einen logischen Grund dafür. Dennoch, ich erkannte das große Paradoxon und mir wurde schlecht, je tiefer ich mich in dieses riesige Spinnennetz von unbeantworteten Fragen und urbanen Legenden hineinwagte.

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Hatte ich wirklich einmal außerhalb des Heims gewohnt? Hatte ich Eltern? Geschwister? Freunde? Ich wußte es nicht. Wer waren die Menschen, die bei einem Fluchtversuch in den Wäldern starben? Hatten sie überhaupt Namen? Die Neuen erzählten, daß im Wald furchtbare Dinge geschehen, wenn man es wagte, ihn zu betreten. Warum saßen dann die Erkenntnisse, daß es keine Monster und Gespenster gibt, so fest in meinem Kopf?
Ja, ich war angefixt von dem Versuch, die Wahrheit herausfinden zu wollen. Wie auch immer sie aussah, ich war bereit, sie aufzudecken. Und wenn ich dafür mein Leben lassen musste, war das immer noch ein heldenhafterer Tod, als hier im Heim sowieso irgendwann zu verrecken.

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Ich beschloß, Annas und mein Vorhaben Therese zu erzählen. Wenn ich sie davon überzeugen konnte, mit uns zu gehen, dann wären wir immerhin schon drei Leute gewesen. Und wenn es einen von uns erwischte, auf welche Art auch immer, konnten die anderen immer noch zurückgehen und endlich erzählen, was es mit dem Wald auf sich hatte.
Beschwingt durch diese Idee stand ich auf und marschierte aus dem Zimmer.

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Bevor ich die Tür zum Treppenhaus öffnete, fiel mein Blick auf die Leiche, über die ich gestolpert war. Ja, wahrhaftig musste sie eine Schönheit gewesen sein. Ich stand eine Weile nur da und betrachtete sie, bis mir mein Tempusfehler auffiel. Sie war keine Schönheit gewesen, sie war es immer noch. Oder vielleicht gerade jetzt, wo sie tot war.

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Es wäre eine Schande gewesen, hätte man sie runter zu den anderen gebracht. Nein, ein so hübsches Gesicht durfte nicht zusammen mit Hinz und Kunz verbrannt werden.



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Was mich genau zu dazu trieb, weiß ich nicht genau, aber als ich sah, daß sich niemand auf dem Flur aufhielt, beschloß ich, das tote Mädchen in mein Zimmer zu bringen, denn dort war sie sicher vor Thereses Fleischerhandwerk. Ich setzte sie vorsichtig neben mein Bett, wischte ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht und als ich sah, daß es zumindest rein äußerlich den Anschein machte, ich wäre in meinem Zimmer nicht allein, nickte ich zufrieden und verließ den Raum.

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Das dumpfe, metallisch quietschende Geräusch, das die Kellertür machte, wenn man sie aufstieß, hatte für Therese etwas von einer Türklingel. Manchmal rief sie mir irgendwelche sarkastischen Begrüßungen zu, bevor ich die Leichenhalle betrat. So war es auch diesmal.
„Nur herein, Klumpfuß, ich freue mich doch immer über Besuch von dir. Hast du Kuchen mitgebracht?“

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Ich legte ein sehr aufgesetztes Lächeln auf und lehnte mich in gesundem Abstand zu ihr an die Wand. Nun war ich kein Fan von Smalltalk gewesen, deshalb kam ich gleich zum Punkt.
„Wie wäre es, wenn du mich und Anna bei einem Fluchtversuch begleitest?“ fragte ich.
Therese verfiel sofort in haltloses Gelächter.
„Ich weiß wirklich nicht, was daran komisch sein soll.“ entgegnete ich genervt, „immerhin warst du immer diejenige, die hier weg wollte und mir seit Jahr und Tag nur von Fluchtplänen erzählt.“ Ich bemühte mich, möglichst ernst zu klingen.
„Ich lache nicht über den Fluchtplan…“ grinste Therese, „…aber wer ist Anna?“ Sie machte keine Anstalten, ihr Lachen endlich in der Versenkung verschwinden zu lassen.

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„Nee, ne?“ murmelte ich, „das ist jetzt nicht wirklich das einzige, was du dazu zu sagen hast, oder?“ Es war nicht das erste mal, daß ich mich das fragte, aber just in dem Moment kam mir der Gedanke, daß Therese wirklich pathologisch bescheuert war. Das wirklich schlimme daran wäre gewesen, daß sie nichteinmal was dafür konnte und es sicherlich nichtmal ändern könnte, wenn sie es wollte.



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„Ich find dich zu … witzig, James!“ brüllte sie vor Lachen. „Da erzählst du mir seit Jahren, wie nervig du die Neuen und ihre Weltverbesserervorstellungen findest, und aufeinmal kommt irgendein Mädel daher, und schon benimmst du dich wie ein Idiot! Kommst du endlich in die Pubertät?“ Besonders den letzten Teil ihres Satzes muß sie enorm komisch gefunden haben, denn sie lachte so laut, daß es in meinen Ohren schmerzte.
„Verdammt, Therese!“ schrie ich, „Ich meine es ernst! Oder erinnerst du dich etwa an die Zeit vor dem Heim? Na komm schon, sags mir!“
Sie beendete abrupt ihr Lachen und tauschte die übertrieben heitere Mimik gegen eine zornig dreinblickende Fratze aus. „Nein verflucht!“ sagte sie mit einer tiefen Brummelstimme, die nur sie beherrschte. „Es gibt keine Zeit vor dem Heim, du Trottel! Aber es ist nett, daß es zumindest nur 6 Jahre gebraucht hat, bis du endlich kapiert hast, wovon ich eigentlich rede!“
Ich wurde hellhörig.

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„Hast du dir je die Pisser angesehen, die die Neuen herbringen? Hast du je in ihre Augen geschaut, Klumpfuß? Wenn, dann hättest du nämlich bemerkt, daß die genauso hohl sind wie alle anderen hier. Zombies. Ohne Substanz. Leere Hüllen, die nichts anderes tun, als ein festgefahrenes Programm abspulen. Wobei… ich muß mich korrigieren. Es sind nicht DIE Pisser, die die Neuen herbringen, es ist EIN Pisser. Und zwar immer der selbe, und wenn du die Augen richtig aufgemacht hast, James, dann wäre dir aufgefallen, daß dieser Mann der Einzige ist, der hier seit ewig schon rauffährt und immer noch aussieht, wie in der Mid-Life Krysis stecken geblieben. Der ist nicht einen Tag älter geworden in all den Jahren, die ich schon hier bin!“ Therese knirschte mit den Zähnen und verfinsterte ihre Mimik mit jedem Satz.



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Ich mußte mir selbst eingestehen, niemals wirklich nahe am Geschehen gewesen zu sein, wenn der Pick-Up mit den neuen Kindern hier ankam. Wenn ich es überhaupt bemerkte, so saß ich mit einer ungeheuren innerlichen Gleichgültigkeit der Situation gegenüber am Fenster und nahm es nur aus dem Augenwinkel wahr. Anders als Therese, die jedesmal aus ihrem Kellerloch nach oben gekrochen kam um zu beobachten. Und das tat sie wohl sehr genau.
„Also kommst du mit?“ fragte ich.
„Nein!“ antwortete sie und wie auf Knopfdruck zierte wieder ein Lächeln ihr Gesicht.
„Wieso nicht?“ Hatte ich wirklich erwartet, ich hätte Therese zu irgendwas überreden zu können?
„Weil euer Plan für die Tonne ist! Irgendwas ist da im Wald. Womit ich nicht behaupten will, es seien Gespenster oder Dämonen, aber irgendwas ist da wirklich, sonst hätte es längst ne Ansichtskarte von einem gegeben, der es da raus geschafft hat. Aber bitte, wenn ihr euch selbst umbringen wollt, dann nur zu.“



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Ich runzelte die Stirn und mir dämmerte, daß Therese wahrscheinlich recht hatte. Vermutlich hatte es wirklich welche gegeben, die es versucht hatten und niemals wieder kamen. Und wenn es jemand wußte, dann sie, denn immerhin war sie die jenige, die jedes Gesicht hier im Heim kannte, und wenn eines fehlte und weder auf den Etagen, noch im Keller aufzufinden war, dann war sie es, die darüber mentale Strichlisten führte. Eine Chance jedoch gab es, und die hing sich daran auf, daß wohl keiner, der es wirklich aus dem Wald heraus geschafft hatte, je auf die Idee kommen würde, tatsächlich eine Ansichtskarte zu schreiben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kennst du das Gefühl, Leopardus pardalis conchyliatus, wenn du anfängst ein Buch zu lesen, dessen Umschlag und Titel du eigentlich gar nicht magst, und dann plötzlich kannst du es nicht mehr aus der Hand legen? Ich werde jetzt nicht Lobsalven auf deinen Schreibstil blasen, denn das habe ich und andere ja schon zu genüge getan.

Was ich besonders interessant finde ist, dass man den inneren Prozess des Protagonisten so derart nachverfolgen kann, als würde man in seinem Kopf sitzen und die Gehirnzellen, die zu Beginn in schützende Watte gepackt und eingefrohren, um das alles nicht ertragen zu müssen, langsam auftauen und zu realisieren beginnen, was abgeht...

Ich weiss, dass es zu deinem Stilmittel gehört, an die Grenzen des Ertragbaren zu gehen, was Bilder und Text angeht. Ich schätze mal, dass es Teil der Faszination ausmacht, die deine Geschichte ausstrahlt. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich das erschreckend oder surreal finden soll, ob ich diese Story aufnehmen soll wie ein bizarres Werk, oder doch lieber mit einer Prise von Tarantino (was eigentlich praktisch auf dasselbe hinausläuft...). Tatsache ist, dass ich einfach nicht aufhören kann, weiterzulesen, sobald du ein neues Kapitel postest.

Gib es zu: Du bist eine Hexe!
 
Was mich genau zu dazu trieb, weiß ich nicht genau, aber als ich sah, daß sich niemand auf dem Flur aufhielt, beschloß ich, das tote Mädchen in mein Zimmer zu bringen, denn dort war sie sicher vor Thereses Fleischerhandwerk.
uahhhh *Decke übern Kopf zieh*

ist das wirklich der passende Ort für eine romatisch verklärte Vorstellung vom Tod? Ich mein ... der müsste doch durch all den Dreck, die Verzweiflung und allgegenwärtige Verwesung ...
Obwohl ...
Vielleicht klammert er sich gerade deshalb an etwas "Schönes" ...
Sie ist ja vermutlich wirklich das Hübscheste, was er seit Jahren (jemals?) gesehen hat. Und das will er dann natürlich für sich behalten und beschützen.
Boah ist das krank *lol*
Erwähnte ich schon, wie faszinierend ich diese Geschichte finde ? ;)

„Es gibt keine Zeit vor dem Heim, du Trottel! Aber es ist nett, daß es zumindest nur 6 Jahre gebraucht hat, bis du endlich kapiert hast, wovon ich eigentlich rede!“
:D Die Therese hat was! Obwohl ich auch sie ziemlich kaputt finde, hat sie doch wenigstens pragmatische Züge. Denn ich denke, sie macht das mit den Leichen wohl hauptsächlich, um mental nicht (wie die anderen) völlig zu versiffen. Ich mag ihre Wut, die macht sie so lebendig (ich kann das gerade nicht besser erklären *lol*). Und ich hoffe echt, dass sie überleben wird. Für Anna sehe ich da nämlich schwarz. Keine Ahnung, warum ... aber die machts bestimt nicht mehr lange.

Eine Chance jedoch gab es, und die hing sich daran auf, daß wohl keiner, der es tatsächlich aus dem Wald heraus geschafft hatte, je auf die Idee kommen würde, tatsächlich eine Ansichtskarte zu schreiben.
... also geiler kann man ein Kapi echt nicht beenden *lob*


bis denn,
Cobi :D
 
Sehr tolles Kapitel! habe das Gefühl du wirst immer besser. Ist aber schon ziemlich krank ne Leiche in sein Zimmer zu legen :) Bin mal gespannt was passiert wenn Therese das rausfinden sollte... Bin mittlerweile fest davon überzeugt dass die drei fliehen werden. Mal gucken was da so alles auf uns zu kommt in dem Wald. Vielleicht kommen sie ja sogar bis in die Stadt und bekommen ihre erinnerungen wieder oder so. Hmm... Aufjedenfall machst du mich immer neugieriger!
 
Boah ist das krank *lol*

Endlich hat ma einer gerafft, worum es hier geht :D

Erwähnte ich schon, wie faszinierend ich diese Geschichte finde ? ;)

Nein, aber wenn du das noch ein paar Kapitel lang durchhältst, gewinn ich vielleicht irgendwann sowas wie ein stabiles Selbstwertgefühl XD

Gib es zu: Du bist eine Hexe!

In der Tat. Aber nur rein optisch :) Innerlich bin ich.... Gott XD *hust*

Danke für die Komplimente *knicks mach* Ihr gebt mir das Gefühl, unbedingt weiterschreiben zu müssen. Ich bin ja ma gespannt, wie viele von euch es bis zum Ende der Geschichte durchhalten, denn es wird immer kränker :)
 
Super Fortsetzung!
Habe gar nichts zu bemängeln ;)
Das mit dem Wald finde ich superspannend, ich möchte nun auch endlich benachrichtigt werden!
Setzt du mich auf die Liste? :)

Liebe Grüße,
xBoux
 
Hapuh, danke ersma für die Kommentare :) Freu ich mich doch immer. Aber hier nun die

Fortsetzung...


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„Nein, das wäre absolut inakzeptabel…“
Ich brauchte eine Zeit lang, um zu realisieren, wo ich war. Moe. Ich träumte wieder.
Langsam ließ ich meine Augen durch den Raum kreisen. Er hatte sich nicht verändert, bis auf eine Staffelei, die nun mitten im Zimmer stand. Auf der Leinwand war das Portrait eines lächelnden Jungen, dessen Alter ich nicht einschätzen konnte. Aber meine Traumwelt wäre auch stagniert, würde sie sich nicht weiterentwickeln.

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„Moe?“ kam es leise über meine Lippen. Sofort veränderte sie ihre Mimik zu einem herzlichen Lächeln.

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„James!“ sagte sie, als hätte sie mich ewig nicht gesehen. „Wie geht es dir?“
„Ich bin müde“ antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Du hast wieder nicht geschlafen, nicht wahr?“ fragte sie besorgt und legte ihre Hand auf mein kaputtes Knie. Ich war Berührungen nicht gewohnt und es kam mir vor, als wäre es eine Art Delikt, wenn Moe körperlichen Kontakt zu mir suchte. Immerhin war ich ein Heimkind und nichts, was man gerne anfasst. Jedoch war ich geistig zu erschöpft, um meiner Überraschung Ausdruck zu verleihen, oder gar mich dagegen zu wehren.
„Ich schlafe doch grade.“ entgegnete ich.
„Dafür siehst du mir aber ziemlich wach aus.“ witzelte sie.



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„Wer ist das?“ fragte ich und zeigte auf die Leinwand an der Staffelei.
„Hm?“ Moe folgte mit den Blicken meinem Finger. „Oh, das ist… gefällt es dir?“
„Ziemlich professionell“ sagte ich.
„Ja, da hast du recht. Ich finde es irgendwie…zeitlos.“ Sie schaute mich mit durchdringenden Augen an. „Apropos Bild…Hast du nochmal über den Mann auf der Skizze nachgedacht, die ich dir gezeigt hab?“

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Ich mußte zugeben, seit meinem Fluchtplan mit Anna keinen Gedanken mehr daran verschwendet zu haben. Und überhaupt, was sollte das eigentlich. All das hier war nur ein Traum, nichts, was wirklich echt gewesen wäre. Warum sollte man sich darüber im Wachleben also Gedanken machen?
„Nein, ich kenn ihn definitiv nicht.“ antwortete ich, „Warum bist du denn so scharf, etwas über ihn rauszufinden?“
„Naja, weißt du…“ begann sie, „ich hatte gedacht, du würdest ihn schonmal gesehen haben.“ Ich war es gewohnt, daß Moe in Rätseln sprach. Und nie war ich wirklich wach genug, um ihre kuriosen Andeutungen zu hinterfragen.


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„Ich werde aus dem Heim abhauen.“ warf ich ein um mich nicht weiter mit der Skizze auf dem Block beschäftigen zu müssen.
„Abhauen?“ Ihr Blick ließ erkennen, daß sie diese Aussage völlig aus dem Konzept gebracht hatte. „Aber du kannst nicht weg…“
„Ich kann!“ vergewisserte ich ihr. „Und Anna wird mitkommen. Wir haben das alles genau durchdacht. Weißt du, ich bin fest davon überzeugt, diesen verfluchten Wald überwinden zu können.“ Moe machte nun ein sehr besorgtes Gesicht.
„Du hast gesagt, du willst mir helfen.“ sagte ich nun etwas barsch, „…warum tust du das dann nicht auch?“



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„Ich will dir auch helfen, James.“ sagte sie rasch. „Es ist nur… ich mache mir Sorgen und nach alldem, was du mir vom Heim und Treesville erzählt hast, möchte ich nicht, daß dir irgendwas passiert!“
Ich stieß ein mißbilligendes „tsk“ aus. „Verrecken werde ich sowieso. Da kann ich ruhig mal was riskieren, findest du nicht?“
„Naja, doch, kannst du.“ stimmte sie zu. „Aber für gefährlich halte ich es dennoch. Was ist mit Therese? Wird sie mitkommen? Und wer ist eigentlich Anna?“

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Ich seufzte. „Therese kommt nicht mit. Jedoch haben Anna und sie mich wachgekitzelt. Es ist doch schon arg seltsam, daß sich niemand an das Leben vor dem Heim erinnert, findest du nicht? Oder daß der Typ, der die Neuen bringt, überhaupt nicht älter wird. Ich meine… Niemand erinnert sich! Das ist doch alles total irre!“
Moe nickte, wahrscheinlich mehr, um sich selbst zu beruhigen, als aus Zustimmung.
„Es ist nur, daß mich dein plötzlicher Sinneswandel so sehr überrascht. Du warst immer auf dem Standpunkt, daß du sicher wärst, solange du das Heim nicht verläßt. Warum weglaufen, wo du immer gesagt hast, außerhalb des Heimes gäbe es nichts für dich?“

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„Weil ich die Wahrheit herausfinden will!“ erwiderte ich. „Ich möchte ehrlich zu dir sein, Moe. Es kommt mir vor, als wüßte ich nicht mehr, was real ist.“
„Was meinst du?“ fragte sie und legte den Kopf schief.
„Ich meine damit, daß alles, was ich erlebe… das Heim, Therese, Anna, du, dieser Raum hier, egal was…zunehmend surrealer erscheint. Wenn ich auf Kommando sagen sollte, was für mich wirklich realen Anschein macht, dann müsste ich gestehen, daß mir nur noch meine Alpträume einfallen.“
„Die Träume, in denen man dir so schlimme Dinge angetan hat?“ vergewisserte sie sich.
„Ja, genau.“ Ich nickte. „Und selbst diese Träume sind mit den Jahren immer … irrealer geworden. Ich weiß einfach nicht mehr, was echt ist.“

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Moe wuschelte mir durch die Haare und es schien, als gäbe es keinen unangebrachteren Zeitpunkt für eine solche Geste. Es kam mir vor, als würde sie allein dadurch allem, was ich ihr erzählte, seiner Ernsthaftigkeit berauben. Aber vielleicht stand das gar nicht in ihrer Absicht und sie wollte mir einfach nur ein besseres Gefühl geben.
„Wann willst du deinen Fluchtplan umsetzen?“ fragte sie auf einmal.
„Sobald ich aufwache…“ antwortete ich, und als hätte mein Körper mir zeigen wollen, daß ich eigentlich nie so richtig wach war, spürte ich die Müdigkeit in meinen Gliedern.
„Vielleicht solltest du dich erstmal ausschlafen, bevor du ans Aufwachen denkst, James.“ pflichtete sie mir mit einem Lächeln auf den Lippen bei.

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Schlafen… Was hätte ich gegeben, für nur ein paar Stunden wirklich erholsamen Schlaf? Stattdessen wachte ich aus diesem Traum auch wieder genauso müde auf, wie ich eingeschlafen war. Der Morgen war längst angebrochen und hätte man der Fabel vom Sonnenschein wirklich Glauben geschenkt, so wäre man jetzt enttäuscht gewesen, in die nebelig-diesige Welt vor dem Fenster zu schauen und einmal mehr zu realisieren, daß die erwartete Wärme wieder nicht eintrat.



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„Guten Morgen…Mädchen.“ flüsterte ich leise der Leiche zu, die regungslos neben meinem Bett saß, und mir fiel auf, daß ich nichtmal ihren Namen wußte. Ja, und in diesem Moment schien es mir völlig inakzeptabel, ihr keinen Namen zu geben, denn ohne einen solchen wäre man immer nur irgendwer gewesen und irgendwer… nein, das war sie nicht. Sie war eine Schönheit. Gerade hatte ich den Gedanken zu ende gedacht, ertappte ich mich dabei, wie ich im Geiste Moe und das tote Mädchen verglich. Es war nicht so, daß ich Moe nicht hübsch gefunden hätte. Eher kam mir der Gedanke, um wie vieles hübscher sie wohl wäre, wäre sie ebenso tot wie das Mädchen vor meinem Bett.

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Genau in Worte fassen konnte ich es nicht, aber diese abstrakte Form von ekelerregender Schönheit ließ mich einen Moment lang erzittern. Trotzdem ich es schon einmal getan hatte, um sie überhaupt hierher zu bringen, wagte ich es nicht mehr, sie zu berühren. Ich wußte, wenn ich es tat, würde sich ihre Haut unter meinen Fingern schälen wie nasses Papier und ich sah mich nicht dazu imstande, ihren Körper durch meine Grobmotorik und der damit verbundenen Schusseligkeit zu entweihen. „Linda“ schoß es mir durch den Kopf. „Linda bedeutet Schönheit.“ Das sollte ihr Name sein.

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Das ist Kapi ist total super!
Moe...das alles finde ich wirklich skeptisch. Ich glaube, sie wird im weiteren Verlauf der Story noch eine größere Rolle spielen!

Ich verstehe nur nicht wie man sich eine Leiche ins Zimmer legen kann :D

Aber ansonsten...bin schon unheimlich gespannt wie die Flucht verläuft.
Danke für die Benchrichtigung!

Liebe Grüße :)
 
Sag mal, willst du jetzt irgendwas aufholen oder warum plötzlich die Eile :D

Ich finde es klasse, dass du endlich weitermachst.

Zu Moe fällt mir grad bloß ein, vielleicht ist ja jemand "von draußen", der irgendwie mit denen im Heim Kontakt aufnehmen kann und so kontrolliert, ob und wenn ja wer auf die Idee kommt, abzuhauen, damit die Flucht noch im Keim erstickt werden kann.
 
Zu Moe fällt mir grad bloß ein, vielleicht ist ja jemand "von draußen", der irgendwie mit denen im Heim Kontakt aufnehmen kann und so kontrolliert, ob und wenn ja wer auf die Idee kommt, abzuhauen, damit die Flucht noch im Keim erstickt werden kann.

Dass schoss mir gerade auch durch den Kopf, weil sie so "seltsam" reagiert hat. Irgendwie ist sie für mich noch unschlüssig. Einerseits scheint sie versuchen zu wollen, ihn an sein vorheriges Leben zu erinnern. Ich mein, die Skizze ... das Portrait. Das wird schon alles seinen Sinn haben.
Aber so wirklich zur Flucht animieren tut sie ihn jetzt ja nu auch nicht. Hmm ... nagut, bevor ich jetzt völlig planlos Verschwörungstheorien ausspinne *lol* über ich mich mal lieber in Gedult ;)
*nochmal hochscroll*
"...zeitlos." ??? Zeitlos, ja? Hm ... seltsam, dass sie das so sagt. Ist er das? Wenn ich mir den Typie mit längeren Haaren und rotumrandeten Augen vorstelle ... hm, hm, hm *Sherlock-Holmes-mäßig ans Kinn fass*


So, jetzt aber wieder ins Heim.
Es war nicht so, daß ich Moe nicht hübsch gefunden hätte. Eher kam mir der Gedanke, um wie vieles hübscher sie wohl wäre, wäre sie ebenso tot wie das Mädchen vor meinem Bett.
... äh ja. Dachte ich mir auch gleich *schüttel*

:)

bis denni,
Cobi
 
Ganz ehrlich? Ich habe eine komplett andere Theorie, und die fängt an, sich immer mehr zu bestätigen... hehe.

Ich bin ja sowas von gespannt, ob sie aufgeht! :D
 
:D Kihihi.

Moe...das alles finde ich wirklich skeptisch. Ich glaube, sie wird im weiteren Verlauf der Story noch eine größere Rolle spielen!

Ich verstehe nur nicht wie man sich eine Leiche ins Zimmer legen kann :D
Natürlich spielt Moe ne grosse Rolle. Ansonsten wär sie kein Charakter in der Geschichte ^^ Und warum sich James ne Leiche ins Zimmer legt... naja, ich denk ma, da muss man sein Gehirn mal ein bisschen überfordern und alle Moralvorstellungen in die Tonne kloppen, um das nachzuvollziehen :)

Sag mal, willst du jetzt irgendwas aufholen oder warum plötzlich die Eile :D
Aber ja. Du hast so darum gebeten, ich könnt also nicht behaupten, du wärst kein ausschlaggebender Punkt gewesen, dass ich die Geschichte doch weiterführe.

Zu Moe fällt mir grad bloß ein, vielleicht ist ja jemand "von draußen", der irgendwie mit denen im Heim Kontakt aufnehmen kann und so kontrolliert, ob und wenn ja wer auf die Idee kommt, abzuhauen, damit die Flucht noch im Keim erstickt werden kann.
Naja, auffer Lost Insel sind wa ja nu nich ^^

Ich mein, die Skizze ... das Portrait. Das wird schon alles seinen Sinn haben.
Das Portrait ... :D Ahhh, ihr seids so süss! Ich liebe es, eure Theorien zu lesen. Und der Burschi auf dem Portrait ist mal viel zu niedlich, um an dieser Geschichte zu partizipieren :D

Ganz ehrlich? Ich habe eine komplett andere Theorie, und die fängt an, sich immer mehr zu bestätigen... hehe.

Ich bin ja sowas von gespannt, ob sie aufgeht! :D
Ich kanns kaum erwarten, deine Theorie zu hören :D Teile sie mir beizeiten doch mal mit :)
 
Fortsetzung...

Als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete, merkte ich, daß Anna schon auf mich wartete. Sie stand dort und strahlte eine enorme Ruhe aus.

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Jeder Mensch, der nicht in diesem Heim lebte, hätte sich vermutlich mehr Zeit gegeben, um die Flucht ausführlich zu planen, sich noch besser kennenzulernen und Risiken einzukalkulieren. Jedoch sahen weder ich, noch Anna einen Grund dazu. Wir teilten den selben Wunsch, aus dem Heim zu fliehen, hatten nichts, was es zu besprechen gab, und wenn wir dort draußen sterben sollten, hätten wir hier nichts gehabt, was es zu vermissen gäbe. Genau aus diesem Grund hielt ich es auch nicht für notwendig, mich von Therese zu verabschieden. Im Grunde waren wir einander gleichgültig und wenn ich irgendwann starb, würde sie mich genauso in kleine Teilchen schneiden, wie alle anderen.

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So trottete ich neben Anna her, ohne mit ihr auch nur ein Wort zu wechseln. Es gab sicherlich noch genug zu reden, sollten wir es aus dem Wald heraus schaffen. Zugegebenermaßen hatte ich nicht die geringste Erwartung. Die Euphorie, die ich mir herbeisehnte, blieb aus und ich stellte fest, daß ich mir nichtmal ansatzweise vorstellen konnte, was sich hinter dem Wald befand.

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Auch der Gedanke daran, daß ich vielleicht bei dem Versuch umkommen würde, löste in mir keine Emotion aus. Während wir das Heim verließen und uns den ersten Bäumen näherten, fiel mir ein, daß ich mich nicht von Linda verabschiedet hatte. Wenn auch nichtmal Therese ein paar abschließende Worte wert war, Linda war es.



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Es mochte bizarr sein, doch in meinem Inneren hoffte ich, daß sie mir dafür nicht böse war.
Was Moe wohl grade tat, da oben in meinem Kopf? Ich wußte es nicht. Und genauso wenig wußte sie wohl, was ich gerade tat. Es war schon seltsam, daß wir zwar ein Hirn teilten, aber trotzdem so wenig voneinander wußten, wie zwei völlig fremde Menschen. Und so erinnerte ich mich zurück, an den Tag, wo Moe und ich uns zum ersten mal begegneten.



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Ich hatte sie gefragt, wo all die Toten sind, die ich zu liebkosen hatte und warum es nicht dunkel war. Und sie, wie es immer so ihre Art war, hatte augenscheinlich nicht die geringste Ahnung, wovon ich eigentlich sprach. Auch ich brauchte eine Zeit lang, um zu realisieren, daß Moe kein Teil meiner Alpträume war. Und wann immer ich bei ihr im Schlaf landete, war es ein Traum ohne Gewalt. Ich erzählte ihr so viel über meine Alpträume, daß sie manchmal kreidebleich um die Nase wurde. Trotzdem hielt sie das nicht davon ab, mir zu zu hören.



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Manchmal kam es vor, daß sie nichtmal anwesend war. Und ich, trotz anfänglicher Neugier, es nichtmal wagte, das helle und gemütliche Wohnzimmer, in dem ich sie normalerweise antraf, zu verlassen. Teils aus Angst, doch noch in einen Alptraum zu schlittern, und teils weil ich diese schöne saubere Welt nicht zur Kehrseite herausfordern wollte. Genaugenommen kannte ich auch Moe nicht. Sie löcherte mich mit Fragen, schien gedanklich jeden Satz von mir zu notieren, aber von sich selbst gab sie nichts preis. Diese absolute Detailfülle dieses Zimmers, und auch von Moes Gesicht, ließ mich manchmal daran zweifeln, daß es sich wirklich um einen Traum handelte. Und auch die Tatsache, daß Moe niemals die selbe Kleidung trug, die Gegenstände im Raum sich wechselten und ich manchmal verschiedene Gerüche wahrnahm, die ich aus dem Heim nicht kannte, empfand ich als höchst bizarr.
So glaubte ich manchmal, in ein vergangenes Leben von mir blicken zu können, oder irgendetwas ähnliches, was erklären könnte, warum sich meine Träume so gar nicht wie Träume anfühlten.



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Anna und ich waren mittlerweile so weit in den Wald eingedrungen, daß der graue und dreckige Steinklotz von Heim hinter uns nicht mehr sichtbar war. Das tote Laub knisterte unter meinen Füßen und noch immer sah niemand einen Grund dazu, das Schweigen zu brechen. Ich hatte gedacht, wenn ich erstmal im Wald wäre, würde jeder Weg, den wir einschlugen, mit Leichen zugepflastert sein. Immerhin wäre es das gewesen, was ich nach all den Legenden von Ausreißern erwartet hätte. Jedoch nichts davon trat ein. Nicht einen einzigen Hinweis hatte es gegeben, daß sich vor uns, uns sei es vor noch so langer Zeit, jemand hier aufgehalten hatte. Es gab keine Trampelpfade, keine Fußabdrücke im Dreck und keine Markierungen – wie immer die ausgesehen hätten. Es war fast, als würden wir ein noch vom Menschen unbeflecktes Urzeitterritorium betreten und bis auf das Knacken von Zweigen und Ästen unter unseren Schuhen herrschte eine absolute Stille.

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Kein Vogel zwitscherte, kein Windstoß ließ die Blätter an den Bäumen rascheln und kein Tier suchte eilig das Versteck vor uns. Es war ein wenig so, als würde die Welt den Atem anhalten, bis Anna plötzlich anfing, fürchterlich zu husten.

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Ich blieb stehen. „Was ist mit dir?“
Sie rang nach Luft und stützte sich an einen Baumstamm. „Ich hab das Gefühl, ich krieg keine Luft mehr“ japste sie, „Aber es geht gleich schon wieder.“
„Hast du sowas öfter?“ fragte ich und bemühte mich, ein besorgtes Gesicht zu machen, obgleich ich nichts empfand, was diese Mimik rechtfertigen würde. Sie hustete und würgte und erbrach eine Pfütze gelber Galle auf den Waldboden.
„Ich hab mich wohl verschluckt.“ sagte sie, winkte ab und als der Hustenanfall sich langsam besserte, richtete sie sich wieder auf. „Laß uns weitergehen“ keuchte sie und setzte ihren Weg fort, ohne auf meine Reaktion zu warten. Ich setzte mich wieder in Bewegung und hielt dabei ein wachsames Auge auf Anna, die vor mir hertaumelte und immer noch atmete, als gäbe es keinen Sauerstoff mehr auf der Erde.



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Hatte ich bis dato davon gesprochen, daß mir die Welt zunehmend surrealer vorkam, mußte ich mich nun korrigieren. Sie war tatsächlich surreal. Und zwar einschließlich der Tatsache, daß es hier nicht ein einziges Lebenszeichen gab. Sei es menschlich, oder tierisch - daß der ganze Wald um mich herum noch toter war als alles, was ich im Heim bisher zu Gesicht bekommen hatte, ängstigte mich auf einmal bis ins Mark. Hastig schaute ich mich um. Bäume, Bäume und nichts als Bäume. Das Heim war längst nicht mehr in diesem Wust aus Chlorophyll zu sehen und weder hatte ich eine Ahnung, in welcher Richtung es ungefähr lag, noch gab es einen Fleck, der in irgendeiner Form unseren Weg markiert hatte. Ich fühlte mich plötzlich eingesperrt. Wie in einer Gefängniszelle, nur daß die Gitterstäbe nicht aus Eisen waren, sondern aus Holz, das bedrohlich hoch in den Himmel wuchs und sich dort verzweigte, um wie Finger einer kargen Hand die Sicht ins Unendliche zu blockieren.


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Ohne es selbst zu merken, beschleunigte ich meinen Schritt.
„Ich will hier raus!“ sagte ich zu Anna, die immer noch mit rasselndem Atem hinter mir her ging. „James, warte!“ hustete sie und versuchte meinem Tempo standzuhalten, „lauf nicht so schnell!“ Mein eigenes Herzklopfen erschien mir in dem Moment so laut, daß ich Annas Worte kaum mehr wahrnahm. Ich wollte hier weg und der flüchtige Gedanke, daß dieser Wald kein Ende nahm, versetzte mich in regelrechte Panik. Ich versuchte, mein schmerzendes Knie zu ignorieren und verwandelte mein zügiges Gehen in ein humpelndes Rennen.
„JAMES!“ vernahm ich Anna hinter mir und kurz darauf hörte ich sie stolpern. Mit einem Satz lag sie bäuchlings im Dreck. Ich drehte mich um.

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„Hast du mir einen Schreck eingejagt.“ kam es über meine Lippen. Doch bevor ich in Erleichterung ausbrechen konnte, begann sie erneut, zu husten und zu keuchen.
„Ich krieg keine Luft mehr!“ japste sie mir zu und riß panikerfüllt die Augen auf.
„Hilf mir, James!“ Mit der einen Hand griff sie sich an die Kehle, die andere hielt sie zu mir aus. Doch die Angst in mir ließ mich vor Schreck erstarren.

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Je weiter sie auf mich zukroch, desto mehr Abstand suchte ich von ihr. „James!“ … Ihr Gesicht lief blau an und ihre Augäpfel quollen hervor. Noch niemals hatte ich etwas derartiges gesehen.

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Ich drückte mich mit dem Rücken an einen Baum und statt etwas zu unternehmen, um ihr zu helfen, beobachtete ich mit sonderbar abartiger Faszination ihren qualvollen Todeskampf, bevor sie endgültig aufhörte zu atmen und ihr Köper vor mir auf den Boden sank.

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Sie war tot – genau wie der Wald. Und ich? Ich war allein. Allein in diesem naturesken Gefängnis. Einmal mehr ergriff mich die Angst und ich begann zu rennen.

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Wahnsinn...also mit so einer Fortsetzung habe ich nun nicht gerechnet!

Ja ich muss James beipflichten, dass alles kommt mir auch sehr surreal vor. Das Anna jetzt tot ist, finde ich ein bisschen schade. Ich habe gedacht, sie würde noch etwas länger in der Handlung mitspielen.
Tja und nun ist James völlig auf sich allein gestellt.
Ich hoffe mal für ihn, er findet schnell einen Ausweg aus dieser ganzen Situation.
Hm...vielleicht klärt sich ja auch später, warum Anna keine Luft mehr bekommen hat. Das würde mich nämlich noch sehr interessieren!
 
DAS ist doch mal eine Fotostory! Das Konzept ist einmalig gut, klar, nichts neues, aber die Umsetzung stellt das, was ich in dieser Richtung kenne, deutlich in den Schatten.

Dass ich auch einen Hang zum Wahnsinnigen, Skurrilen, Kafkaesken habe, das war mir schon vorher bewusst. Aber diese Story kommt dem entgegen, wie ich es selber nicht für möglich gehalten habe ;)

Ich würde mich freuen, benachrichtigt zu werden, wenn es weiter geht. =)
 
huhu
also erst einmal find ich es gut das du die fs weiterführst weil sie einfach hier im forum einmalig ist!!!und ich froh bin endlich weiterlesen zu können bin so gespannt wie es weiter geht!!!
die kapitel bis jetzt waren sehr spannend beim letzten hätte ich nicht damit gerechnet das sie es sich wirklich trauen abzuhauen schade das anna nicht mehr dabei ist!bin schon sehr gespannt wie es weitergeht!!
 
Ich könnte mir ja vorstellen das Therese noch irgendwie auftaucht. Vielleicht ist sie den beiden ja gefolgt... Allerdings, nicht das sie dann auch sofort krepiert. Scheint wohl irgendwie anders als alle anderen zu sein der gute James. Die träume mit Moe und jetzt seine "Sonderstellung" durch die er wohl als einziger nicht erstickt... bin gespannt wies weitergeht. von mir aus kannst du in dem tempo weitermachen :D
 
Mir kommt gerade der Gedanke, dass vielleicht alles nur ein Spiel, oder ein Experiment ist....
Wo doch alles so unwirklich wirkt.... Ein Wald ohne Tiere, gibt es meines erachtens gar nicht... Würmer oder irgendwelche krabbel viecher müssten doch da sein...
Ich bin am überlegen ob Moe vielleicht gar kein Traum ist... und er wird einfach immer wenn er schläft irgendwo hingebracht...
Ich mein er erzählt Moe alles..., vielleicht ist es ja nicht nur er der solche "Träume" hat
und Moe ebenfalls alles erzählt.... deswegen konnte auch noch niemand ausbrechen, weil MOe immer wusste, wenn jemand so etwas vorhatte.

Ich bin im MOment total verwirrt, und überlege wie es kam das Anna plörtzlich gestorben ist, was ich sehr schade fand, da sie sich irgendwo doch verstanden haben.
Vielleicht ein Gas???
Aber im Wald wäre das ein bisschen komisch... vielleicht ist alles ja nur eine Kulisse und eigentlich sind alle nur ein teil eines riesen Experimentes. (Lasst mich rumspinnen, diese Geschichte verläuft so skuril, dass ich jetzt einfach mal anfange herum zu spinnen, wenn ihc glück hab stimmt davon ja irgendwas ^^)
Vielleicht ist das ganze auch geordneter als die Testpersonen glauben... über jeden gibt es evtl eine Akte... wo alles mögliche drin steht. Anna ist gegen irgendetwas allergisch und reagiert auch so... Das Gas scheint mir schon ganz plausibel...

Mich würde nun allerdings auch sehr interessieren, was für Albträume James genau hat... vielleicht sind das ja auch einfach nur irgendwelche komischen Versuche... von denen er immer glaubt, dass es träume wären ohne es zu sein...

ich bin gespannt wie es weiter geht und ob er sich alleine noch zurecht findet. Sterben kann er ja irgendwo gar nicht, schließlich wäre die Geschichte dnan schon zu ende.
 
... na hoffentlich rennt er nicht aus versehen wieder zurück zum Heim ;)

Also dass Anna nun hin ist, hatte ich ja erwartet. Ist auch nicht weiter tragisch, denn dazu war sie ja da ... Interessant ist natürlich, wie Du sie sterben gelassen hast. Das wirft wieder so herrlich viele Möglichkeiten auf. Ich und mein Hirn sind schon wieder seeehr beschäftigt mit zig Theorien *muahaha*
Inzwischen habe ich immer mehr das Gefühl, dass James kein Teil dieser Heimrealität ist ... eher sowas wie eine Laborratte, die nun durch das Labyrinth gejagt wird. Und vielleicht hält Moe am Ausgang das Stückchen Käse inner Hand *lol* Aber da ich absolut sicher bin, dass es hier keine Belohnung zum Schluss geben wird, hält sie in der anderen Hand vermutlich ein Hackebeil und köpft ihn oder so *höhö*

Na egal ... ist sowie "in echt" bestimmt noch viel besser ...

Noch eins zu James, was mir auffiel. Der Tod fasziniert ihn (oder erregt ihn sogar), aber das Sterben erschreckt ihn. Hm, hm, hm ... sehr interessant ;)

bis bald,
Cobi :D
 
Hallo purpurfarbenee~ Ozolotii~

nachdem ich nun längere Zeit still mitgelesen habe - weil du ja meintest es würde sich alles aufklären - habe ich nun eine Theorie, die ich der Welt nicht länger vorenthalten möchte. Meine Meinung zum Setting kennst du ja, von daher will ich da nicht näher drauf eingehen, but here is meine Vermutung:

Es ist verdreht. Das was wir als Realität vermuten - also das Heim mit Therese und all den anderen Psychopathen - ist der Traum und Moe, die uns als Traum dargelegt wird, ist die Wirklichkeit.

Wie komme ich zu diesem Schluss?
Zunächt einmal die hochgestochene Sprache von so ziemlich allen im Heim. Die ganzen Fremdwörter, die benutzt werden und die verschachtelten Sätze können nur einem halbwegs intellektuellen Geist entspringen. Im Heim wirken sie störend und lassen das Setting fern wirken. Man ist nicht richtig drin, es passiert eben alles einfach so.

Dann Therese, die immer lacht, wenn er wirkliche Fragen stellt. Sie hat eigentlich immer einen festen Handlungsablauf. Sie begrüßt ihn, erzählt ihn etwas über Freiheit- und Ausbruchspläne, nimmt ihn aber nie wirklich ernst oder geht auf ihn näher ein und sie lebt immer noch ohne erklärbaren Grund in diesem Leichenkeller, kommt sehr selten heraus und bildet mit ihm eine nicht nachvollziehbare Zweckgemeinschaft, ohne die er schon lange verreckt wäre. Sie bleibt außerdem in ihrem Keller, obwohl sie diejenige ist, die die ganze Zeit von Ausbruch geredet hat. Die restlichen Heimbewohner werden überhaupt nicht erwähnt, es sind die Zombies, kaum wirklich vorhanden.

Das plötzliche Auftauchen von Anna - sie steht plötzlich im Duschraum. Nie vorher aufgefallen. Und sie weiß seinen Namen, ohne das er sich vorgestellt hat, sich überhaupt an sie erinnern kann. Ziemlich komisch.

Das ganze Heim wirkt immer unrealistischer:
- Der Typ der die Kinder bringt und nie altert
- kein Sozialgefüge
- Warmes Wasser aber unhygienische Verhältnisse
- James bekommt nie wirklich mit, wenn Neue kommen
- Stromversorgung
- Der sterile Wald
- Der plötzliche Erstickungstod von Anna ohne Eingreifen seitens James.
- Der Wald als Barriere zwischen Traum und Wirklichkeit? und deswegen kann Anna als Traumfigur sie natürlich nicht überschreiten und die anderen auch nicht. Deswegen sind die auch alle beim Fluchtversuch krepiert.
Man könnte diese Liste ewig fortsetzen und wenn man die Geschichte ein- zwei Mal liest, stellt man einen Haufen Widersprüche fest, im Gegensatz zu Moe.

Selbst James stellt fest, das das Zimmer von ihr realistischer ist, als das Heim. Und er hat Einfluss auf seinen Traum, wie sonst kein Mensch auf dieser Welt hat. Er weiß, das er träumt. Er kann im Traum bewusst denken, über Dinge berichten. Moe reagiert auch auf ihn im Gegensatz zu Therese.

Und jetzt kommt mein Schlüsselelement, die Staffelei im Zimmer von Moe. Das ist James als Erwachsener mit kurzen Haaren. Und jetzt meine Vermutung:

James ist psychisch krank. Moe ist seine Therapeutin. Und in Wirklichkeit ist er ein Mann mittleren Alters, vermutlich recht hoch gebildet, und aus irgendwelchen Gründen kann er nicht zwischen Realität und Traum unterscheiden, er scheint recht viel zu schlafen, und er ist ständig müde, da das Heim ein absoluter Albtraum ist, er also nie wirklich erholsamen Schlaf hat.

Amen.
 
Na, da ist offenbar noch wer zweites auf dieselbe Idee gekommen wie ich. :D

James lebt in einer Art "Innenwelt" (ich nennen das jetzt mal so). Das "wahre" Leben erscheint ihm wie ein Traum. Moe notiert sich seine Antworten und hört ihm zu? Ich sage auch: Sie ist eine Therapeutin. Ich schätze, dass James furchtbare Dinge erlebt hat, und sein Gehirn damit nur fertig wurde, indem es jene Dinge zu "Alltag" machte. Das würde auch das emotionale Befinden James gegenüber diesem andauernden Elend, den Leichen, der Gewalt und des Schreckens der Einsamkeit und Lieblosigkeit erklären. Und es würde erklären, wieso Personen einfach so aus dem Nichts auftauchen, ohne jeden ersichtlichen Grund sterben, immer gleich aussehen... ect...
James überträgt auch seine Bedürfnisse - zum Beispiel die nach Liebe - auf seine Innenwelt. Da er dort aber praktisch nur (Halb-)Tote vorfindet projeziert er sie auf jene Leiche, die er Linda nennt. Ich halte Linda für eine Person, die in seinem Leben wirklich existiert und die er quasi in seine Innenwelt kopiert hat.

Ich bezweifle sogar sehr stark, dass James in dem Alter ist, wie er sich sieht. Er ist in seiner Selbstwahrnehmung steckengeblieben, als er etwa 14 (?) war. Ich stimme Kurai zu in der Meinung, dass das auf dem Bild auf der Staffelei in Wahrheit er selber ist.
Kommen wir nun mal zu der Zeichnung des Mannes, die Moe ihm in einem der vorhergehenden Kapitel zeigt. Die Zeichnung hat James selber angefertigt. Nur weiss er es nicht mehr, da sich sein Geist zu dem Zeitpunkt in seiner... hm... Innenwelt befand. Vielleicht ist das sogar jener Kerl, der dafür verantwortlich ist, dass James so ist, wie er ist.

Dass Anna jetzt so plötzlich und scheinbar ohne Grund stirbt schliesse ich auf die Tatsache, dass James sie zur treibenden Kraft macht, um das "Heim" zu verlassen. Da er das aber nicht kann - schlicht weil sein Kopf sich nicht im Stande sieht eine "normale" Umwelt zu kreieren - muss Anna sterben, um diese Entwicklung logisch aufzuhalten.

Ich könnte noch ein wenig weiter labern, aber ich glaube, ich lasse es mal und gucke, was denn da noch kommt und ob sich mein Verdacht bestätigt...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ach, ihr seids so niedlich. Ich nehm das als enormes Kompliment, dass ihr euch so viele Theorien zusammenschustert :D Aber ich bin ja kool und unnahbar und deshalb verrate ich euch noch garnichts :D Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt, nöh? Nicht aufhören mit den Theorien :)
 
PurpurOzelot schrieb:
Aber ja. Du hast so darum gebeten, ich könnt also nicht behaupten, du wärst kein ausschlaggebender Punkt gewesen, dass ich die Geschichte doch weiterführe.

Woha. Ich fühle mich geehrt =)
 
@Kurai&Nonuna: Als ich noch dachte, das Portrait wäre James, war ich auf fast genau demselben Trichter wie ihr ;) Aber Sie hatte ja verneint ...
Das Portrait ... Und der Burschi auf dem Portrait ist mal viel zu niedlich, um an dieser Geschichte zu partizipieren :D
Deswegen denke ich jetzt eben auch, dass es mit einer "Realitätsverwischung" alleine nicht getan ist.
Da steckt bestimmt ein viel üblerer Masterplan dahinter ...

bin mal gespannt, wie übel *hehe*
 
Mich erinnert die Geschichte sehr an eine gewisse Kamikatze, könnte ich da richtig liegen?
Und auch die Anmkerung über Moe, dass sie sich "einen Kopf teilen" ist ziemlich ausschlaggeben dafür, das die Gesichte etwas erzählt von dir, Ozelot.
 
Fortsetzung...

Ich rannte, ich stolperte, fiel in den Dreck und stand wieder auf um weiter zu rennen. Als wäre das alles noch nicht schlimm genug zog sich der Himmel zu und es fing an zu regnen. Binnen von Sekunden sah ich kaum mehr, wo ich hintrat, so dunkel war es geworden, und ich fühlte mich wie ein Darsteller eines Groschenromans, der im Zuge seiner mißlichen Lage noch mit der gehörigen Portion Theatralik versehen wurde, indem ihm auch noch das Wetter übel zuspielte. Zweige peitschten mir ins Gesicht, doch jedes Geräusch, das meine Füße auf dem verlaubten Waldboden machte, trieb mich weiter in die haltlose Panik.

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Wohin ich sah, die gigantischen Baumstämme nahmen kein Ende. Mein Atem stach in der Lunge und meine Kehle brannte. War das also das Geheimnis des Waldes? Verschluckte er einfach erbarmungslos jeden, der es wagte, ihn zu betreten? Zehntausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, doch jeder einzelne davon warf nur noch mehr Fragen auf. Und mit einem mal wurde mir klar, daß es absolut hirnrissig von den Dörflern gewesen wäre, uns in das Heim abzuschieben, wenn es auch nur eine rein theoretische Möglichkeit gab, daß einer von uns entkommen konnte.

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Was hätte der Rest der Welt – und es gab mit aller Sicherheit einen – dazu gesagt, wenn rausgekommen wäre, daß wir, zahllose Kinder, wie Ratten in diesem Heim lebten? Daß man uns gefangen hielt und uns Krankheiten und dem Tod überließ? Wäre nicht längst jemand eingeschritten in diesen Wahnsinn? Oh ja, ich hatte eine Vorstellung von der Welt. Und ich hatte eine Vorstellung von Verwahrlosung, Mißhandlung und Gesetzen, die eben jenes verhindern sollten. Obgleich ich mir nicht erklären konnte, woher, so waren diese Paragraphen wie Stein in mein Hirn gemeißelt. Und wenn ich ehrlich mir selbst gegenüber war, so konnte ich einfach nicht glauben, daß eine dermaßen organisierte Massenvernichtung von Menschen tatsächlich unerkannt blieb.



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So hätten die Dörfler niemals zugelassen, uns auf das Abstellgleis der systematischen Ausrottung zu stellen, wenn auch nur der Hauch einer Chance bestand, daß auch nur ein winziges Detail des Spielchens, das hier gespielt wurde, aufzufliegen drohte. Dieser Wald war wie ein gigantischer Zaun. Er hatte kein Ende, und das wußten sie. Mein Fuß verkeilte sich unter einem Ast und ich fiel der vollen Länge nach zu Boden, mit der Nase beinahe in eine gelbliche Pfütze schaumigen Schleims.

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Etwa eine Minute lag ich da, nach Luft ringend und unfähig, mich auch nur einen Zentimeter zu rühren. Ich blinzelte nicht und meine Gedanken hatten aufgehört, zu rotieren. Wie festgewachsen starrte ich auf mein Spiegelbild in dem Sekret vor mir. Ich wußte, was das war. Anna hatte sich genau an dieser Stelle übergeben. „Unmöglich“ hörte ich mich selbst sagen.
„ICH BIN DIE GANZE ZEIT GERADEAUS GELAUFEN!“ Unwillentlich und als wäre es nicht ich, der da schrie, hörte ich meine Stimme durch die Bäume hallen und schließlich von der Flora um mich herum verschluckt werden.


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Das war zu viel. Der Wald begann sich vor meinen Augen zu drehen, die Stille wurde übermächtig und riß mich in eine alles vernichtende Schwärze.

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„BERUHIG’ DICH, JAMES!“
Trotzdem ich Moe an ihrer Stimme erkannte, wollte mein Mund nicht aufhören zu schreien.
„ES IST EIN ALPTRAUM, DIE GANZE WELT IST EIN ALPTRAUM!“ rief ich, während Moe im Schlafanzug neben mir auf dem Bett hockte und meine Arme fixierte, damit ich nicht wild um mich schlug. Ich war erschöpft. Meine Muskeln versagten ihren Dienst und das Adrenalin in meinem Körper, welches mich die letzte gefühlte Ewigkeit durch den Wald trug, versiegte wie ein Wassertropfen auf einem glühenden Stück Kohle. Als meine Arme kraftlos neben mich plumpsten und mein Schreien in stumme Resignation umschlug, ließ Moe mich los.



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„Was um Gottes Willen ist passiert?“ fragte sie mit energischer Stimme.
Ich setzte zu einer Antwort an, doch es schien, als wollten sich zu viele Worte gemeinsam durch meinen Mund drängen und meine Worte kollabierten zu einem unverständlichen Kauderwelsch. Ich gab mir selbst ein paar Minuten um mich zu sammeln, bevor ich einen neuen Versuch startete.

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„Sag mir die Wahrheit!“ forderte ich. Mit dem Wald und meinen Erkenntnissen, die eigentlich so offensichtlich waren, daß jedes Kind hätte darauf kommen müssen, hatte ich mein Vertrauen in Moe verloren. Auch dem Umstand, daß ich mich nicht, wie sonst, im Wohnzimmer ihrer sauberen Wohnung befand, sondern in einem ebenso stilvoll eingerichteten Schlafzimmer, schenkte ich ob meines Mißtrauens keine Beachtung.



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„Was für eine Wahrheit?“ fragte sie mit einem überraschten Gesichtsausdruck.
„Hör auf, so zu tun, als wüßtest du nichts! Wer bist du? Und wo bin ich hier?“ Ich war zu erschöpft, um laut zu sprechen, daher bemühte ich mich, möglichst schneidend und fordernd zu klingen.
„Was meinst du, James? Ich bin Moe! Und du bist im Schlafzimmer.“ Ihre Mimik änderte sich nicht.
„Laß das!“ sagte ich beißend, „Ich will endlich die Wahrheit wissen. Was ist das hier für ein Ort und wer, oder besser – WAS bist du?“
Ganz plötzlich und als käme es aus dem Nichts heraus machte sie ein unheimlich besorgtes Gesicht. „James…“
„Sag es endlich!“ unterbrach ich sie.



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„Ich habe dich nicht belogen.“ sagte sie ruhig. „Mein Name ist Moe, ich bin 24 Jahre alt und hab dich furchtbar gern, James. Ich fand es immer schade, daß wir uns nur so selten sehen.“
„Wo bin ich hier?“ fragte ich wieder, ohne auf ihre Ausflüchte einzugehen.
„In einer Wohnung.“ antwortete sie. „Willst du sie sehen?“
Ich schüttelte den Kopf, und abgesehen davon, daß ich absolut nicht den Drang verspürte, an einer Rundführung teilzunehmen, war ich auch viel zu schwach, um noch aufrecht stehen zu können. „Bist du schuld an allem?“ Ich starrte ihr tief in die Augen. „Ist Treesville der einzige Ort auf der Welt und der Wald unendlich? Warum sterben alle, die ihn betreten? Sag es mir, du weißt es doch!“
Ihr Gesicht sah immer besorgter aus und sie hob die Hand, um mir tröstend über die Wange zu streicheln. „Ich weiß, daß du Antworten möchtest, James. Aber die Wahrheit ist—„
„Ja?“ unterbrach ich.
„…die Wahrheit ist, daß ich nur so viel über Treesville, euer Heim und die Umstände weiß, wie du es mir erzählst, James.“
Ich konnte mir nicht helfen, aber nichts in Moes Gesicht verriet, daß sie log. Nein, viel eher fühlte ich mich, als hätte ich sie durch meine Anschuldigungen verletzt.

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„Bist du ein Traum von mir, Moe?“ Ich ließ meinen Blick nicht ab von ihr.
„Es muß dir vorkommen, wie ein Traum,“ antwortete sie. „und das ist ok.“
Ich wurde zunehmend konfuser.
„Manchmal passieren Dinge, die wollen wir nicht wahrhaben, James. Nicht du und nicht ich. Aber ich wollte dir immer helfen. Vielleicht ist das mein Fluch, weißt du? Immer allen Leuten helfen zu wollen.“
„Ist das hier eine Art Experiment mit mir als Versuchsmarionette und du ein abtrünniger Fädenzieher?“ In dem Moment, wo ich sie aussprach, kamen mir die Worte unfreiwillig komisch vor. Trotzdem verfehlten sie ihren Sinn nicht.
„Ein Experiment?“ fragte sie ungläubig. „Was für ein grausames Experiment sollte das sein? Ich will dir helfen, und nicht schaden! Denkst du nicht, dir wurde schon genug angetan? Helfen, James! Aber wie kann ich dir helfen, wenn ich nur selten an dich rankomme?“
„Du kannst mir nicht helfen, Moe.“ sagte ich schließlich. „Egal, wie es ausgeht… Du wirst niemals kommen und mich aus dem Heim befreien. Selbst wenn du real wärst, wärst du immer noch genauso ungreifbar wie ein Traum. Es ändert nichts. Ich muß aufhören, zu versuchen, mich an eine Wolke zu klammern.“



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WIeso denn?!? Ich mag Moe ^^ ... Nur kann ich sie nicht begreifen. 0o Natürlich muss unsere fiese PurpurOzelotin an so einer spannenden Stelle aufhören. -.- Ich will mehr wisseeeeeeeeeeeeeeeeeeeennn!!! *PurpurOzelot dürchschüttel* ;)

...wie immer exzellent geschrieben :)
 
Ich bin schon total aufgeregt aufs nächste Kapitel.
Dieses ende vom kapitel hast du ja ziemlich offen gelassen!
Ich bin mittlerweile aber auch der Ansicht, dass Moe real ist und das Heim bloß sein Traum.
Uah, mach bitte schnell weiter!
 
Hallo Purpur Ozelot,

ich bin hier jetzt zum zweiten Mal angekommen, nach den Spekulationen der anderen Leser habe ich mir alle Kapitel noch mal durchgelesen. Ehrlich gestanden, habe ich mir noch keine Gedanken dazu gemacht, wie sich das ganze aufschlüsseln könnte... aber Nounas und Kurais Theorie finde ich sehr gänsehautmäßig.

Als ich das erste Mal in deinen Thread geschaut habe, dachte ich mir schon, hier findet mein morbides Herz was es begehrt :D.
Inzwischen ertappe ich mich dabei, wie ich mindestens zweimal am Tag nach einem Update schaue!

Kann es sein, dass der Mann auf der Skizze, dem Entführer aus deiner anderen Geschichte ähnelt?
Wenn du das letzte Kapitel gepostet hast, würde mich wirklich interessieren, woher du die Inspiration zu "Das Weinen der Sirenen" genommen hast(ich hab die besten Einfälle) kurz vor dem Einschlafen).

Mich würde es nicht wundern, wenn ich mal, unbekannterweise, in der Buchhandlung eines deiner Bücher in den Händen halten würde.
 
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Der neue Teil lenkt meinen Verdacht in eine andere Richtung. James muss irgendetwas schlimmes passiert sein, sodass er sich eine eigene kleine Welt in seinem Kopf geschaffen hat, um der Wirklichkeit zu entfliehen. Mit der Zeit floh er immer häufiger dorthin und Moe ist als eine Art Abbild von ihm entstanden.
 
Hm *grübelgrübel*

... vielleicht ist ja Moe der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte?
*am Kopf kratz*

Ja genau!
Sie ist die Gestörte. Die Patientin. Dieses ganze James/Treesville - Ding ist einfach nur IHRE fixe Idee. Und James eben "nur" der Hauptdarsteller ihrer persönlichen Psychose. Und da das dann ja alles ihrem Hirn entspringt, kann sie ihm auch nicht besser antworten, wenn ihr Bewusstsein noch nicht entschieden hat, sie in die stärkere "Retter-rolle" zu befördern ...

*lol*
So. Das war jetzt eine meiner momentanen Theorien ;)
Ich habe da mindestens noch drei andere (völlig andere) parat *lol*
Ich werde mal anfangen, mir ´ne Strichliste zu machen, denn nach dem nächsten Kapi kommen bestimmt wieder zwei neue dazu :D

bis dann,
Cobi *wink*
 
Ich sag da jetzt einfach auch mal was: ich oute mich als stiller Mitleser und freue mich sehr, dass du weiter gemacht hast :)

Und ich hab auch eine Theorie :Eek:
Vllt. liegt James im Koma und Moe ist seine Freundin oder so. Jedesmal wenn sie ihn im Krankenhaus besucht oder so, dann bekommt er es mit und spielt das irgendwie. Langsam verliert sie aber "das Interesse" an ihrem "toten" Freund und kommt ihn darum immer seltener besuchen. Vllt. denkt sich James in zwischen auch schon eigene Gespräche mit ihr aus, die gar nicht stattfinden.

Grüße

Leila
 
Guten Abend Ozelot.
Nachdem ich deine letzte Geschichte vor einigen Monaten verschlungen und geliebt habe, freue ich mich umso mehr, dass ich nun auch hier ueber eine (bzw. mehrere) Fortsetzung gestolpert bin.
Ich koennte mir vorstellen, dass Loraluna mit ihrem Einwurf tendenziell recht haben koennte und das laesst mich irgendwie... Schaudern? Schwer zu sagen...
Nun, ich hoffe auf Fortsetzung und Aufklaerung (wenn du per PN benachrichtest - mich doch bitte auch :) ).
Pheebs007 - Grosse Verehrerin deines Schreibstils
 
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