Wenn es nach Dir ginge, müssten also alle Abiturienten in Deutsch die gleichen Bücher gelesen haben?
Das habe ich nicht gesagt. Ich habe lediglich geschrieben, und kann es gerne noch einmal schreiben, dass einem der Lehrplan in Bayern die Bücher nicht vorschreibt, Lehrpläne in anderen Bundesländern, zumindest entnahm ich das der Aussage von Tarantelork,
schon.
Dein Fehler besteht darin, dass Du zwingend annimmst, dezentral gestellte Prüfungsaufgaben wären weniger anspruchsvoll und das Ergebnis würde einen schlechteren Rückschluss auf die Bildung des Prüflings zulassen.
Ich halte das für eine irrige Annahme, weil Noten generell nicht so aussagekräftig sind, dass man davon ausgehend sagen könnte, Person A mit einer zwei sei in irgendeiner Form qualifizierter oder gebildeter als Person B, die nur eine drei hat. Von daher halte ich es einfach für müßig, darüber zu diskutieren, ob zentrale oder dezentrale Aufgabenstellung zu vergleichbareren sinnschwachen Noten führen, weil das generelle Problem der äußerst begrenzten Bedeutung von Noten solche Unterschiede nivelliert.
Okay - also umgekehrt: Wenn der Lehrer die Schüler über das prüft, was sie tatsächlich gemacht haben, ist es für die Schüler
schwerer? Ergibt das deiner Meinung nach Sinn?
Dezentral gestellte Prüfungen können genauso anspruchsvoll sein - zumindest für Außenstehende. Man kommt aber auf keinen grünen Zweig, wenn es um die grundsätzlichen Unterschiede der Schulsyteme geht, auf die sich die Behauptung, in Bayern sei die Schule schwerer, stützt. Ich kann einen noch so tollen Experten als Lehrer haben, der mir noch so tolle komplizierte und anspruchsvolle Sachen beibringt - es ist einfach einfacher, wenn man weiß, man bekommt vom Lehrer die bestmögliche Vorbereitung. Meinst du irgendeiner von uns in den Bundesländern mit Zentralabi ist
froh, dass das nicht der Fall ist? Es ergibt sich doch von selbst, dass es für die Schüler und Lehrer einfacher und angenehmer ist, wenn die Prüfung dezentral ist.
Und wenn du nicht meinst, dass das Lernen von zusätzlichem Stoff
nichts bedeutet...okay, kann ich zwar nich nachvollziehen, aber gut.
Der Sinn von Noten und wie aussagekräftig diese sind ist ein ganz anderes Kapitel. Auch wenn du es noch so elaboriert formulierst: Wenn alles so unwichtig ist, musst du deine Zeit ja nicht weiter opfern. Aber stimmt schon, die Abwertung der Themenfrage macht sich in einer Argumentation immer gut
Übrigens gab es das Thema "Deutschland nach dem Mauerbau" in meiner Zeit schlicht überhaupt nicht, genausowenig wie es das Thema Drittes Reich für die Elterngeneration der heute 30jährigen gab. Was machst Du daraus?
Lehrpläne und relevantes Wissen ändert sich eben. Ist heute bespielsweise Wissen über den Nationalsozialismus unwichtig, weil es die Leute davor auch nicht hatten? Der Bezug zur Gegenwart ist ja gerade der springende Punkt, vorallem in Geschichte. Die bleibt ja nicht
stehen, genauso wenig wir der Lehrplan und Unterricht stehen bleiben oder bleiben werden. Man kann den Unterricht doch nciht auf
7-5-3 - Rom schlüpft aus dem Ei aufbauen, damit das gelehrte Geschichtswissen immer gleich bleibt.
Ja, trotzdem ist das reines Prüfungswissen mit einer sehr geringen Halbwertszeit.
Mal ehrlich: Wie viel Prozent behält man aus den Lernfächern? Wenn man sich nicht intensiv damit beschäftigt, weil es einen persönlich interessiert, dann ist es immer "Prüfungswissen mit einer sehr geringen Halbwertszeit". Es ist immer so, dass sich irgendjemand irgendein Fach hineinprügeln muss. Manches bleibt hängen, manches nicht. Und am Ende sind wir bei "irgendwo schonmal gehört". Am Ende kennen alle den Begriff Endoplasmatisches Ritikulum, aber keiner kann eine komplette Zelle aufmalen - Es ist eine Nebenwirkung der allgemeinen Bildung, dass nur so wenig zurückbleibt.
Ich persönlich erinnere mich ziemlich genau und lange an das, was ich mir selbst beigebracht habe. Könnte jetzt Stofffetzen aus der sechsten Klasse einwerfen oder so.
Aber zurück zum Thema: Gibt es etwas im Schulstoff, ausgenommen dem, was einen selbst interessiert, was
nicht reines Prüfungswissen ist?
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in der Sek2 in irgendeinem Fach mit reiner Reproduktion sonderlich weit gekommen wäre, genausowenig wie bei den Abi-Prüfungen. Ich kann mich allerdings erinnern, dass es im Wirtschaft-LK Schüler gab, die bis zum Schluss Fünfen geschrieben haben, weil sie nicht begriffen haben, was "Unterziehen sie das Thema einer kritischen Würdigung." heißt...
Ich würde mich freuen, wenn man ohne Reproduktion weiter kommen würde, als man es momentan tut. Habe extra meine Fächer so gewählt, dass ich nicht reproduzieren muss... Enttäuschenderweise ist es aber zumindest in meinen Kursen oft anders. In Geschichte beispielsweise war in der 10. und 11. von uns viel mehr kritische Stellungnahme und Diskussion verlangt als in meinem derzeitigen Kurs. Find ich auch nicht so super.
Sei froh, wenn du Glück hattest... in Wirtschaft ist das denke ich mal auch ein wenig anders. Aber Reproduktion ist schon ein ziemlich großer Teil - Finde erst einmal eine 12/2 Bioklausur ohne "Zeichnen Sie den Calvin-Zyklus!" In solchen Fächern ist man leiderleider ohne Reproduktion ziemlich schnell weg vom Fenster.