Ach was, ich gebe doch wegen einem Buch nicht auf

Besonders, wenn es die Bahn-Unterhaltungskost ist, von der ich normalerweise nichts besonderes erwarte, und auch noch von eigenem Geld gekauft. Da lasse ich mich doch nicht unterkriegen

Zudem erfahre ich dann nie, wie man einen Südtiroler Gasthof zum Laufen kriegt, und das... wäre... furchtbar...
Nach einer Verschnaufpause geht es also vorsichtig weiter. Zunächst verhält sich Sophie recht normal und nachvollziehbar. Ich bin nahezu erschüttert. Zudem gesteht sie selber, dass sie nicht aufgegangenes Teig anstatt von Gehirn zu haben scheint. (Ach, diese bildlichen Vergleiche.) Ich bin ja richtig wortlos von so viel Selbsterkenntnis. Zwischendurch schlüpfen übrigens ein paar Details aus ihrem früheren Leben als hohle Nuss durch. Das, was sie zuvor interessiert hat: Schokoladeneis und Shoppen. (Sie muss mir mal erklären, wie man ausschließlich von Eis, Nudeln und Fertiggerichten offenbar so schlank bleibt, dass man noch als Heldin für ein Frauenbuch taugt.) Und sie neigte dazu, ihre Probleme im Alcohol zu ertränken. (Davon kommt es, dass man am nächsten Tag wildfremde Männer in seinem Bett vorfindet. Hmm, klingt nach einem guten Plan...) Und in ihrer Teenie-Zeit konnte sie mit ihrer Freundin über alles relevante reden *luft hol*: doofe Eltern, Jungs, Verhütung, und Badesalz. (Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich habe, da ist doch Badesalz dabei. So schlimm also auch nicht.)
Irgendwann um die Mitte des Buches mache ich allerdings wieder schlapp und wünsche mir erneut eine tragbare Wand, um meinen Ein-drucken auch Aus-druck zu verleihen.
Zuerst mal gilt mein Facepalm-Schild der Autorin. Es wurde zuerst ernsthaft, richtig explizit darauf hingewiesen, dass das Haus kein Netz hat. Sie musste weit raus laufen, um nur ein bisschen telefonieren zu können. JETZT schickt sie eine SMS aus dem Haus, ohne groß nachzudenken, und es ist alles ok.
Nun ja, wenn im Film mitten in der Szene das Kleid der Heldin sagen wir mal mitten im Bild seelenruhig klar sichtbar von blau auf rot wechselt, das sagt nicht viel Gutes über die Qualität und Sorgfaltigkeit des Films....
Ach, und Moment. *Buch hol* "Dazu trägt sie Röcke, die so kurz sind, dass man, wenn sie etwas von Boden aufhebt, freie Sicht auf ihren Gebärmutterhals hat."
Urgs. Ich verstehe ja, dass es Humor sein soll. Ich weiß, die Autorin bemüht sich gerade um einen Witz. Oder?? Geht es allerdings auch so formuliert, dass ich nicht fünf Minuten lang wortlos lahmgelegt werde? (Und wenn man was aufhebt? Röcke? die Frau? Ach, die Frau hebt was von Boden auf?.. Oh, endlich kapiere ich es. Hat sie jetzt keine Unterwäsche an?.. Oder ist es nur bildlich... Oh Gott, so genau wollte ich das doch auch nicht wissen...) Vielen Dank für diesen tollen bildhaften Vergleich. Das ist wie bei dem Typen mit dem Johannes. Jetzt kann ich nicht mehr von der Frau lesen, ohne die genauen Assoziationen.
Und dann. Meine Güte. Lasst mal sehen. Jemand sabotiert offensichtlich die Pension. Die Schilder dazu werden abmontiert. Ein Telefonkabel ausgesteckt. Gäste verschwinden und lassen das unberührte Essen stehen. Dienstboten streiten furchtbar miteinander. SOPHIE? Wann stellst du dir endlich FRAGEN???
Ach was, alles kein Problem. Wer auch die Schilder abmontiert hat, hat es offenbar aufgegeben. Der Kabel war sicher ein Versehen. *wein* Wenn die Gäste verschwinden und lassen ein Zettel "wir gehen besser in das andere Hotel", ist es auch kein Grund, sich auch nur ein klein bisschen Gedanken zu machen, was ist denn passiert??
Dann kommt der fiese Hausmeister mal und sagt, dass der Koch abgehauen ist und sich nicht aufhalten ließ. Er sei zurück nach Palermo gefahren, weil der Laden eh pleite geht. Nur 1)der Laden kommt gerade in Schwung, 2)der Koch hat Riesenangst vor Palermo, 3)der bullige Hausmeister will den schmächtigen Typen nicht mit Gewalt aufhalten können? WAS SOLL DER BLÖDSINN?
Ach, was. Geschluckt. Keinen weiteren Gedanken darauf verschwendet. Wir haben keinen Koch mehr, schließlich. Das füllt den kleinen Kopf genug aus.
Ich bin mir sicher, wenn da drei Gäste nacheinander tot umfallen, wird Sophie denken "Was für ein Zufall! Sachen gibt's! Und diese Messer in ihren Rücken- wie unglücklich sind sie nur hingefallen! Ach was, es geht sicher gleich wieder besser!"
Aaaah.
Übrigens hat Sophie langsam Erfolg. Aber nicht, weil sie was besonderes dafür getan hätte. Ne, weil sie eine Freundin hat, die einen collen Lobbericht über ihr Haus in ihrer Zeitung unterbringen kann. Beziehungen muss man haben!!!
(Was davon stimmt, ist schließlich kein Problem.)
Zum Beispiel kochte Sophie gerade was und tat Rosmarin rein... oder auch nicht... wer weiß, welche Blätter da draußen wuchsen... ach, die Gäste fallen ja nicht tot um, dann passt's. (Wenn ich was nicht weiß, tue ich es nicht ins Essen rein, oder?..)
Sie kocht übrigens ein paar Tage und alle schlucken es im Buch wortlos, obwohl zuvor ausführlich darauf eingegangen war, dass sie nur Nudeln konnte und alle ausprobierten Rezepte verdarb. Hm. Ich hab irgendwie ein Glaubwürdigkeitsproblem, aber das begleitet mich eh das ganze Buch lang...
Aber es ist Sophie. Dass Zwiebel gescheit geschält und Messer rechts an die Teller gehören, da hat sie auch keine Ahnung, aber sei es rum. (Das weiß gar ich, und was will echt was heißen.) Sie wickelt aber Speisekarten um Blumenvasen mit frischen Blumen, weils hübsch ist- nur müsste man die Vase umdrehen, um an die Karte überhaupt zu kommen, und das ist irgendwie blöd mit dem ganzen Wasser und Blumen... aber das merkt man nicht. Wieso auch? (Nein, echt, wie hat sie es eigentlich geschafft, die ganzen Gäste zwei Tage lang unversehrt durchzubringen? Dieses Rätsel wird mich jetzt ewig quälen.)
Apropos Beziehungen. Kaum ist der Koch weg, bietet eine Freundin aus Hamburg einen Ersatz an. Nun ganz langsam nochmal. REIN ZUFÄLLIG hat 1)gerade jetzt, in dem Moment 2)ein erstklassiger Koch 3)seine Arbeit veloren 4)und er ist bereit in den Bergen zu arbeiten 5)weil er rein zufällig ursprünglich aus dieser Stadt stammt. Und 6)ebenso zufällig ist es auch der, der es ist. Also in dem genauen Augenblick der richtige Mensch mit dem richtigen Wunsch, der auch noch aus der Gegend sein soll. Sophie sollte Lotto spielen, das wäre dann ein Klacks.
Und dann die gefürchtete Liebesgeschichte. Natürlich. Das war eine riesengroße Überraschung, mit wem. Nicht. Und die geht aber schnell

Mal sehen, 40 Seiten maximal von dem ersten Treffen über alle Schwierigkeiten bis zum Zusammensein. 10% von dem Buch!
Ach was, es ist ein Mann, er ist jung und hat eine gute Figur. Das reicht, Punkt. Was muss man sonst noch wissen, was für ein Mensch ist er etwa eigentlich oder so?.. Sie hat sich zuvor ja aufgeregt, dass es hier oben keine Kavalliere gibt, so dass man sich gar über die schmierigen Komplimente des greisen Fahrers freut. (Urgs.) Da war der junge Typ schon wie Prinz William. Ich glaube also an ihre unsterbliche, einmalige Liebe voll und ganz.
Und endlich erfahren wir, was der irgendwann-am-Anfang verschwundene Freund von ihr für ein Fiesling war. Er war, wie es rauskommt, total, schrecklich sexsüchtig!! Er wollte Sex drei Mal am Tag. Und dachte ständig daran. Oh Gott.
Ich muss mich festhalten. Oh nein. ("Was werden Sie tun, wenn sie mit zehn Männern auf einer einsamen Insel landen?" "Die Frage habe ich verstanden, und wo ist das Problem?" ...Tschuldigung

) Mädchen. Ähm. Ich verstehe ja, wenn er dre...nee, seien wir erbarmungsvoll... zehnmal am Tag was wollen würde, dann aber echt. Drei? Das soll schrecklich, therapiebedürftig sexsüchtig sein? Nimm dir erst jeden Liebesroman, ja genau, mit diesen übertriebenen verschlungenen Pärchen vorne. Und ich weiß gar nicht, was hier Shades of Grey erst auslösen würde. Da kann der Typ einfach immer und denken tut er auch nur und ausschließlich daran. (Es hat mich eh immer interessiert, wie sie da dieses Tempo bis zum Rentenalter durchziehen wollen...) Wieso soll es da sexy sein und toll romantisch für Mädchen und hier ein schmieriger absolut Sexsüchtiger? Und was denken anbelangt, irgendwo gab es mal eine Untersuchung, wie oft Männer daran denken...
Allerdings hat er sie mit allerlei betrogen (weil sie die drei Mal nicht ausgehalten hat, vermutlich) und das ist fies und deswegen kann ich die Trennung ganz verstehen. Ich frage mich nicht, wieso man Bilder davon senden soll und wie man nach nur einem Mund eine ganze Frau erkennen kann... lassen wir das... ich frage mich allerdings echt nach der Rache. Also Monate danach ein eigentlich privates Nacktbild des Ex-Freundes in seinem Büro vor allen Kollegen aufhängen- das macht mir Sophie gleich ganz fair, edel und sympatisch.
Hilfe.
Ach ja. Wenn ihr euren Freund mit einer Frau irgendwo draußen sieht (also nicht küssen oder so, sondern einfach mit einer Frau), dann ist die natürliche, vernünftigste Aktion wortlos wegzulaufen und ihn aus dem Leben zu streichen, denn er hat todsicher eine schlimme Affäre mit der und hat euch nur ausgenutzt. Genau. Ihn zu fragen, wer die Frau ist (er hat übrigens Verwandschaft in der Gegend) überschreitet die geistigen Fähigkeiten. Wozu auch??..
Keine Sorge, mir ist nur wenig von dem Buch geblieben

und ich werde eure Nerven nicht weiter damit strapazieren. Aber hey, lasst mich mal mich auch über so was auslassen

Für mich steht sicher: es gibt deutlich schlimmere und doofere Bücher auf der Welt, aber es steht ebenso fest, dass ich kein weiteres Buch von Frau Sternberg kaufen werde. Egal wie hübsch es aussieht und wie schön vorne im Bücherladen liegt.