Beim zweiten Punkt zeigt sich wieder einmal, dass die Devise "Wenn's mir schlecht geht, dann soll's auch den anderen schlecht gehen!" vorherrscht und sich viele hingegen leider nicht denken "Wie kann's mir besser gehen, damit es den anderen auch weiterhin gut gehen kann?".
Dazu fällt mir das ein, was man im angloamerikanischen Raum so schön "barking up the wrong tree" nennt - berechtigter Protest, aber an die falsche Adresse. Wenn z.B. jemand, der in Altersarmut lebt, dank einer "selektiven Rentenerhöhung" besser überleben könnte, während jemand, der als Rente 3.000 Euro kriegt, auch bei 3.000 Euro bliebe, wäre eine Unterstützung für ein solches Szenario wohl kaum ein Fall von neidgetriebenem Wunsch darauf, es möge anderen bitteschön auch schlechter gehen, und auch kein Zeichen von Entsolidarisierung. (In der Hinsicht dürfte sich in einem solchen Fall eher ein Rentner angesprochen fühlen, der trotz bester Lebensverhältnisse nicht hinnehmen will, dass nur seine bedürftigen Altersgenossen profitieren sollen und er nicht ebenfalls.) Das ist aber Theorie, weil sowas wohl nicht stattfinden wird. Und wer sich mal anschaut, in welcher Bevölkerungsgruppe die CDU am stärksten ist, der kriegt auch eine Ahnung, warum.
N1_2888 schrieb:
Von 'unbezahlbar' also gar keine Rede, wenn die Produktivitätssteigerungen auch anteilig an die Arbeitnehmer ausbezahlt werden."
Da sagst Du es ja auch selbst -
wenn. Hätte, wäre, wenn. Ist aber nicht. Da wären wir dann beim Punkt. Und da wollte ich ja nur betonen, dass ich ein Problem darin sehe, wenn gleichzeitig
real die Renten angehoben werden und
real die Löhne weiter sinken
und dazu noch die demografische Entwicklung kommt. Darin sehe ich beim besten Willen noch kein Gehetze gegen Rentner. Also muss man sich Gedanken machen, was man tun kann, um gegenzusteuern.
N1_2888 schrieb:
Es ist ein Missverhältnis, dass die Unternehmensgewinne explodieren und dennoch die Löhne sinken und Stellen abgebaut werden. Sich stattdessen auf die Rentner einzuschießen und von ihnen Verzicht einzufordern, heißt sich implizit mit besagtem Missverhältnis abzufinden.
Wo habe ich mich denn bitteschön "auf die Renter eingeschossen"? Von denen fordere ich bestimmt keinen Verzicht (auf die Rente), allenfalls von der Regierung (auf Wahlgeschenke). Zunächst mal habe ich nur grundsätzlich die unterschiedliche Behandlung von Reallöhnen und Renten erwähnt, verstärkt durch besagten demografischen Faktor. (Ich sehe es nämlich nicht so munter optimistisch wie Du, dass die demografische Entwicklung da ja so üüüüberhaupt keine Rolle spielt und man das alles munter wegstecken kann, sondern bin der Auffassung, dass dies durchaus einen Faktor darstellt, der das Grundproblem noch verstärkt. Das ist im Grunde der einzige Unterschied zwischen unseren Auffassungen.)
Wenn man diese Entwicklungen wieder in Einklang bringen möchte, kann man das auf zweierlei Weise umsetzen: Entweder man sorgt dafür, dass das eine nicht weiter steigt, oder man verhindert, dass das andere weiter sinkt - oder beides ein Stück weit, je nach Machbarkeit. Ich hatte mich noch nirgends für eine der beiden Varianten ausgesprochen, sondern nur angemerkt, dass es wohl nicht richtig sein kann, wenn einerseits die Rente steigt und andererseits die Reallöhne unverändert weiter sinken.
Wie oft muss ich eigentlich noch betonen, dass es mir nicht darum geht, aus Sozialneid den Rentnern die Rente zusammenzustreichen, damit es uns wenigstens allen beschissen geht? Ich fühle mich ein bisschen wie jemand, der gegen eine Wand anredet.
N1_2888 schrieb:
Woran krankt das Rentensystem? Eben an den vielen Arbeitslosen (Naturgesetz?) und den sinkenden Löhnen (Unabwendbare Entwicklung?) samt prekären Arbeitsverhältnissen (Von der Politik aktiv gefördert!), die allesamt die Beitragsbasis verschmälern.
Volle Zustimmung! Dagegen sage ich ja überhaupt nichts. Was dachtest Du denn, wie ich vorgehen würde? Die lästigen Rentner, die sich ja doch bloß wie ein Krebsgeschwür immer weiter vermehren und selber nix beitragen, zu Soylent Green verarbeiten?
[ehe Missverständnisse aufkommen: ja, das war Sarkasmus] Oder vielleicht Arbeitskräfte klonen?
[das auch] Natürlich geht das nur, indem man Lohn- (oder meinetwegen Lohnproduktivitäts-) und Rentenentwicklung wieder näher aneinanderbringt - zumindest aber, wie schon mehrmals betont, nicht dadurch, dass man alle die von Dir völlig zurecht genannten Probleme außer Acht lässt und
gleichzeitig als Wahlgeschenk noch munter Rentenerhöhungen spendiert.
Und im Gegensatz zu Dir meine ich eben, dass die demografische Entwicklung sehr wohl auch ihr Scherflein dazu beiträgt und sehe das nicht so locker mit "Produktivitätssteigerung" abgetan. Eine Rangfolge der Probleme hatte ich nicht aufgestellt, und den Schuh des typisch deutschen Neidhammels, der gegen Rentner hetzt, den ziehe ich mir nicht an.