Winster zog einen Schlüssel aus seiner Jackentasche und schob ihn ins Schloss der Appartementtür. Er trat zur Seite und ließ Katherine allein in die Wohnung gehen. „Gehen Sie rein… Ich möchte, dass Sie sich den Tatort genau ansehen…“
Katherine nickte und ging durch den Eingangsbereich. Eine Blutspur führte von der Küchentür zu der des Wohnzimmers. Katherine folgte der Spur ins Wohnzimmer und sah, wie sie auf die Couch zu führte. Auf der Couch selbst war ein riesiger Blutfleck.
„Sie hat noch gelebt…“, nuschelte Katherine. „Er hat das Opfer in der Küche niedergestochen und dann hat sie noch gelebt… er schleifte sie durch die Wohnung zum Sofa… Wo er sie dann verbluten ließ…“ Katherine drehte sich um und entdeckte einen Sessel. Sie kniete sich auf die Höhe, wo bei einem Sitzenden der Kopf wäre und sah zum Sofa. „Dann hat er sich hingesetzt… und ihr beim Sterben zugesehen…“, nuschelte sie vor sich hin. Sie holte ein Diktiergerät aus der Tasche und sprach alles noch einmal laut und deutlich vor sich hin. „… und hat ihr beim Sterben zu gesehen, vielleicht hat er dabei onaniert oder sich selbst angefasst. Das Beobachten seines Opfers erregt ihm, das steht fest…“
Sie ließ das Diktiergerät sinken. Ihr Blick schweifte durch die Wohnung. In einer Ecke des Wohnzimmers stand ein Schreibtisch. Langsam ging Katherine darauf zu und sah sich die Zeichnungen an, die darauf zu finden war.
Ebenfalls lag ein Buch auf dem Tisch – „Aktkünste der Zeiten“. Katherine zog ihr Diktiergerät hervor. „Das Opfer war Künstlerin. Es besteht eine Möglichkeit, dass der Mörder ein eifersüchtiger Künstler ohne Talent war oder ein Kunstlehrer oder dergleichen, sofern das Opfer Kunst als ein Studienfach oder als Nachmittagskurs hatte…“
Ihre Augen wanderten zu einer Pinnwand mit Urlaubsfotos.
„Und? Haben Sie was entdeckt?“, fragte Winster.
„Der Mörder hat sich auf den Sessel gesetzt und dem Opfer beim Sterben zugesehen…“, begann Katherine und ging etwas auf Winster zu. „Sehen Sie?“ sie kniete sich hin und zeigte auf Abdrücke im Teppich. „Hier stand der Sessel ursprünglich… Er hat ihn weggeschoben sich hingesetzt, wohlmöglich nackt und dann onaniert und sich selbst angefasst… oder einfach stillschweigend sein Werk begutachtet.“
„Er hat nicht onaniert, Shepard. Die Spurensicherung hatte denselben Einfall. Er hatte Kleidung an und es wurden keine Ejakulatspuren gefunden.“
„Dann hat er sein Werk einfach genossen. Wie ein Gemälde…“
„Genauso ist es…“, nickte Winster.
Katherine blickte zum Schreibtisch. „Dürfte ich eventuell eines von Sarahs Büchern mitnehmen? Vielleicht komme ich da auf einen Anhaltspunkt…“
„Ich wüsste zwar nicht wie, aber bitte…“
„Danke…“ Katherine ging zurück zum Schreibtisch und kniete sich vor den Schreibtisch, zum Bücherfach.
Aktgemälde der Zeit… stach ihr zuerst ins Auge. Sie nahm das Buch interessiert hinaus und sah zu Winster, der bereits aus dem Zimmer trat.
„Wo ist sie denn?“, fragte plötzlich eine neue Stimme.
„Oh. Hallo Mr. Hawkins – Miss Shepard ist bereits hier… im Wohnzimmer… Da lang“, antwortete Winster und Katherine sah, wie ein Mann in den mittleren Jahren das Zimmer betrat und sie freundlich ansah. „Guten Tag, Agent Shepard…“, er kam auf sie zu und strecke die Hand aus.
Katherine lächelte etwas und schüttelte sie. „Guten Tag, Agent Hawkins…“
Hawkins lächelte. „Mir wurde gesagt, sie haben den Tatort bereits besichtigt? Ich hab nur die Fotos gesehen… Was meinen Sie, was für ein Mann ist das?“, er sah sie an, als wollte er sie herausfordern.
„Vermutlich ein Mann in den mittleren Jahren, der sehr viel Sinn zur Kunst hat… Ich habe zu Agent Winster bereits gesagt, dass mir die Pose, in die die Leiche gebracht wurde, äußerst bekannt vorkam…“, sie zog das Kunstbuch hervor. „Beim Durchblättern stieß ich auf das Aktgemälde der
Nackten Maja von Francisco de Goya…“, sie zeigte Hawkins eine Abbildung im Buch der nackten Maja. Er nickte zustimmend.
„Ja das stimmt, die Leiche wurde genau in diese Position gebracht…“
„Nein, Sir… Der Körper des Opfers wurde in die Position gebracht!“, widersprach Katherine. „Das Opfer hat noch gelebt, als er das tat, es war nur außer Stande sich zu wehren und musste so dann in dieser Position verbluten.“
„Winster hat mit keinem Wort übertrieben… Sie sind ein guter Agent, Shepard!“
Katherine lächelte etwas. „Danke; Sir… Das ist sehr nett…“