Der Fotostory-Adventskalender 2007 ~:~ 24 Türchen zum Lesen!

Wieder eine wunderschöne Geschichte :)
Die Bilder sind absolut klasse!
(Bei mir werden die nicht immer untereinander gezeigt, ist dass nur bei mir so?)
Bin gespannt, was mit den beiden im 2. Teil passiert, auch wenn das Ende diesmal schon ultra romantisch ist :lol:

lg sterni

edit: Was für ein Zufall ^^
Das 2. Mal, dass ich eine Seite im Thread eröffne und diesmal ist es auch die 2. Seite :D
 
hey,
die idee mit dem kalender ist sooo toll!!
alle drei geschichten sind voll schön :)
mal sehn was morgen für eine geschichte dran kommt;)
lg
hannchen
 
Das war eine wunderschöne, romantische Geschichte ^_^ Die Bilder sind klasse geworden, vor allem die Einrichtung ist total schön und gemütlich :)
 
Huhu, Anna! :hallo:

Eine wunderschöne Geschichte, Ihr Mann sollte sich schämen, seine Frau so zu behandeln. Aber wer weiss, warum? Vielleicht hat er Spielschulden? Man weiss es ja alles nicht, er schien mir sehr scharf auf das Geld zu sein, mehr als normal. * Kopf kratz* Henry und Amalia sollten sich kriegen, die sind füreinander bestimmt. Na ja, Aufklärung wird ja wohl der zweite Teil bringen. Super gemacht jedenfalls.

Lg Jahni
 
Danke Jahni. :)
Das freut mich... öhm das mit den Spielschulden... äh daran hatte ich gar nicht gedacht, gute Idee aber. :)
 
04.Dezember

Guten morgen!
Hier ist das 4. türchen, viel Spaß damit!
Liebe Grüße,
nadi-chan
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Mary-Luis präsentiert:

The three words... Teil 2

Am nächsten Morgen erwachte Amalia erst spät , starke Arme um sie geschlungen und einen noch schlafenden Henry, den Besitzer der Arme, neben ihr. Glücklich bettete sie ihren Kopf wieder in ihre Kissen, schloss ihre Augen um sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, was letzte Nacht passiert war, nachdem Henry sie auf ihr Zimmer begleitet hatte.

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Ein breites Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Henry gähnte laut und flüsterte ihr ein verschlafenes „Guten Morgen“ ins Ohr.
Er küsste ihren Hals und schälte sich aus den Laken, zog sich seine Kleider an und verließ das Zimmer um Frühstück zu holen. Während Amalia sich in ihrem kleinen Badezimmer zurecht machte, klingelte ihr Handy, einmal, zweimal... zehnmal. „Ja? Amalia Gray...,“ sie meldete sich und erstarrte urplötzlich, als sie die Stimme ihres Mannes vernahm. „Amy! Du kommst jetzt sofort nach Hause, was denkst du dir eigentlich dabei einfach wegzugehen? Du bewegst jetzt sofort deinen Hintern hier her. SOFORT,“ brüllte ihr Ehemann in das Telefon.

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Amalia konnte bildlich sein vor Wut schnaubendes Gesicht vor sich sehen. „Hör mir mal gut zu, Tom. Ich werde ganz bestimmt nicht nach Hause kommen, ich habe keine Lust, mich weiterhin so von dir behandeln zu lassen. Bitte, brüll mich nur weiterhin an und beschimpfe mich, aber ich werde nicht zurückkommen. Ich will die Scheidung. Lass mich einfach in Ruhe, Tom und mach deinen eigenen Kram, ich will nicht mehr. Tschüss!“, Amalia drückte auf den roten Knopf ihres Telefons. Henry öffnete die Tür, ein großes, schwer beladenes Tablett in den Händen, er sah sie fragend an, während er das Tablett auf dem Bett abstellte. „Mein Mann hat angerufen,“ antwortete Amalia kurz angebunden. Henrys Miene verdunkelte sich „Und? Was hast du gesagt?“.

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„Was wohl? Das ich nicht länger will, das ich die Scheidung will,“ sie setzte sich auf die Bettkante und nahm sich eine Tasse Kaffee. Henry setzte sich zu ihr, reichte ihr ein Brötchen und butterte sein eigenes. So saßen sie da, diskutierten über den Anruf. „Fest steht, dass ich nicht mehr zurückgehe. Nie mehr...,“ Nachdenklich beäugte sie ihr Brötchen und biss hinein.

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Heute war der 24. Dezember, Heiligabend, in dem geräumigen Saal, der Pension stand ein großer Weihnachtsbaum, welchen die Inhaberin der Pension gerade mit silbernen Kugeln schmückte.

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Gegen 18 Uhr wurde das Abendessen aufgetischt und die wenigen Gäste, welche sich in diesen Tagen hier ein Zimmer gemietet hatten, versammelten sich an den Tischen. Henry setzte sich mit Amalia an einen kleinen Tisch, welcher nahe dem Kamin stand. Sie häuften sich Berge der Köstlichkeiten auf die Teller und dinierten im Schein der Kerzen. Es war ein wunderschöner Abend.

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Nach dem Festmahl, setzten sich die Beiden auf das Sofa. Amalia legte ihren Kopf an seine Schulter. Verträumt blickte sie in die Flammen, ließ den Tag Revue passieren. „Amalia,“ drang eine leise, zärtliche Stimme an ihr Ohr. „Amalia... Ich weiß, ich kenne dich noch nicht lange, aber... aber ich liebe dich,“ flüsterte er.

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Amalia spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss, Gedanken drehten sich nur um diese drei Wörter „Ich liebe dich“ ... Ihr Herzschlag wurde schneller, sie hatte kein Gefühl mehr... das einzige was zählte war, dass sie hier war, hier mit Henry, einem Mann der freundlich und einfühlsam war, der sie verstand, den sie liebte. Sie schmiegte sich an ihn und ehe sie begriff was sie tat, sagte auch sie langsam diese drei Worte: „Ich liebe dich.“

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~ Ende ~
 
Schönes Ende :)
Wirklich romantisch!
So stellt man sich doch einen Weihnachtsabend zu zweit vor :lol:

Also, nochmal mein Lob an dich Mary-Luis!
Jetzt ist mir richtig kuschelig warm geworden ;)

lg sterni
 
Ein schöner Ausgang dieser Geschichte, Anna! =) Genauso, ganz genauso hab ich mir das auch vorgestellt. Fein gemacht, und schön Weihnachtlich.
Lg Jahni :hallo:
 
Eine unglaublich tolle Geschichte, Mary-Luis. ><
Sowas von süß und romantisch, aber dabei garnicht kitschig!
Hast du super gemacht. :)
 
Oooh, ein tolles Ende, das macht richtig fröhlich :)
Ich liebe die Bilder, die sind wirklich toll!
 
Lisa2007: Vielen Dank. :)

BlackCat444: Auch dir nochmal vielen Dank. Es freut mich sehr, dass du die Bilder schön findest. :)
 
05.Dezember

Hallo, ihr Lieben!
Hier ist das fünfte Türchen des Adventskalenders, ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen, währden ich mal besser für meine Englischprüfung morgen lerne...

Liebe Grüße, nadi-chan

PS: Vergesst nicht, heute Abend euren Schuh aufzustellen, sonst kann der Nikolaus ihn nicht füllen! ;)

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crazy_sim_14 präsentiert:

Mein Nussknacker



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Es war ein kalter Abend. Ich konnte meinen Atem sehen, als ich in das alte Gebäude eintrat. Ich hatte noch die letzten Einkäufe erledigt und brachte alles in die Küche. Mein Vater schlief schon, er hatte seine Schlafpillen bereits geschluckt. Ich ging in das Wohnzimmer. Es roch nach Zimt und Kerzen, nach Orangen und Nüssen.
Ich legte meine Jacke ab und machte im Kamin Feuer an. Es dauerte eine Weile, doch dann wurde es langsam wohlig warm.

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Ich stellte die Päckchen, die ich mitgebracht hatte auf die Kommode und ging durch den Raum, zündete die kleinen Kerzen am Baum an und betrachtete seufzend das Zimmer. Es war wirklich schön eingerichtet mit den dunklen Möbeln. Vaters Stil war wohl an mir hängen geblieben.
Jetzt war schon wieder ein Jahr vergangen. Ich ging wieder umher. Die Uhr zeigte kurz vor Neun an. Ich hatte das dringende Bedürfnis wieder einmal ein Stück zu üben. Jetzt konnte sich noch niemand aufregen.

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Ich ließ mich vor dem Klavier nieder und begann zu spielen. Ganz sanft, ich schloss die Augen und lauschte den Klängen. Ich hatte den Nussknacker zum letzten Mal in der Tanzschule gespielt.
Nachdem diese geschlossen wurde, war es auch bald mit Fredo aus. Bei jedem Ton konnte ich seine geschmeidigen Bewegungen vor mir sehen, ich erinnerte mich an jeden einzelnen Tanz, jeden einzelnen Kuss, jede einzelne Berührung. Und obwohl der Schmerz in mir brannte spielte ich weiter, bis es zu Ende war.

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Mein Körper drehte sich wieder in den Raum. Ich ließ die Hände sinken. Meine Gedanken waren noch bei dem Stück, der Tanzschule, Fredo und den kleinen Mädchen in den rosaroten Kleidchen.
Vater würde heute nicht mehr mit mir feiern, dazu waren die Tabletten zu stark. Ich warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Türe. Ich wusste, dass ich heuer ein einsames Weihnachten feiern würde. Und doch wünschte ich mir so sehr, dass jemand in das Zimmer kam und mir frohe Weihnacht wünschen würde.

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Vereinzelte Tränen kullerten die Wange runter. Ich sah mir den Baum an, der so schön leuchtete. Ich hatte viel Zeit gehabt, das merkte ich plötzlich. Das ganze letzte Jahr ging mir durch den Kopf. Meine beste Freundin hatte ich zuletzt bei ihrer Hochzeit im Sommer gesehen und Fredo zog kurz nach dem Ende unserer Beziehung wieder nach Italien. Ich war allein und ich wollte es mir nicht eingestehen.
Ich erinnerte mich an das bleiche Gesicht meiner Mutter, die mir als kleines Kind immer vorgelesen hatte. Ich sollte eine Prinzessin werden, ich sollte meine Märchenhochzeit halten und dann sollte ich auch noch glücklich werden. Im Moment war ich gar nichts davon.

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Ich sah mich im Spiegel an. Für was hatte ich mich bloß so hübsch gemacht? Dachte ich vielleicht, ich würde den heiligen Abend nicht allein verbringen müssen? Oder wollte ich einfach meine Tradition beibehalten?
Ich wollte diese Nacht so schnell wie möglich hinter mich bringen und dachte nach. Wieder
kam mir Mutters Gesicht vor Augen. Lesen. Wir hatten viele Bücher. Ich ließ mir am liebsten
die dicken Romane vorlesen, auch wenn sie dramatisch ausgingen. Ich suchte nicht nach einem bestimmten Buch, doch ein Titel fiel mir ins Auge.
Ich zog den Nussknacker hervor. Dieses Buch war der Grund für meine Pianoausbildung gewesen.




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Ich stellte das Buch wieder zurück. Langsam wurde ich müde. Wieder fiel mein Blick durch den Raum. Er war so still, das Knistern des Feuers und das Heulen des kalten Windes vor den Fenstern vernahm ich nur abwesend.
Langsam ging ich noch einmal durch den Raum. Als würde ich etwas suchen, und ich wusste nicht was es war. Vor dem Lebkuchenhäuschen blieb ich stehen. Und ich dachte schon wieder an den Nussknacker und an das Lebkuchendorf. Klara war wenigstens nicht allein gewesen. Sie hatte ihren Nussknacker.


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Es schlug halb Zehn und ich gähnte. Es war nicht so, dass ich schlafen wollte, doch dennoch legte ich mich kurz auf das Sofa nieder. Ich schnupperte noch einmal den Duft von dieser einsamen Weihnachtsnacht, dann fielen mir die Augen zu.




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Ich schreckte durch das Schlagen der Uhr hoch. Mitternacht. Der Raum war leer. Ich konnte keine Mäuse und keine tapferen Holzmänner kämpfen sehen. Schade…
„Natascha!“, sagte ich mir laut. „Mäuse und Holzmänner? Du bist eine erwachsene Frau und du glaubst doch nicht wirklich an Märchen. Heute und Morgen wird niemand kommen!“
Ich atmete tief durch und sah mir noch einmal den leeren Raum an. Die Kerzen am Adventskranz waren schon fast ganz abgebrannt und das Feuer im Kamin erloschen. Ich stand auf und wollte die Kerzen auf dem Baum ausblasen.

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Es klopfte. Ganz leise. Um diese Uhrzeit? Ich griff nach dem Schürstock des Kamins und sagte etwas zittrig: „Herein…“
Ich konnte das Gefühl, das in mir hochstieg nicht einordnen. Ich dachte an einen Einbrecher, einen Mörder, der seine Runde machte. Und dann dachte ich an Vater, der nur ein Glas Milch holen wollte. Und dann dachte ich an die Hoffnung, die immer größer wurde.
Die Türe öffnete sich relativ schnell und ein verwunderter junger Mann trat ein und sah mich an.

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„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich leise.
„Ich wurde eingeladen.“
Der Mann kam auf mich zu. Er reichte mir einen Zettel. Das war nicht meine Handschrift. Doch unsere Adresse stand auf dem Papier. Eine recht herzliche Einladung für Herrn Erik, heute mir einer jungen Frau um Mitternacht Weihnachten zu feiern.
„Zuerst dachte ich, es war nur ein Scherz, doch dann sah ich Sie durch das Fenster und dachte mir: Warum nicht?“
„Mein Name ist Natascha…“
Wir redeten noch eine Weile und wir lernten uns kennen. Ich erfuhr in dieser Nacht viel über den neuen Nachbarn und seine ebenso einsame Situation.

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Ich hatte anfangs noch Angst, er könnte mir vielleicht etwas tun, doch immer wenn ich in seine tiefen, blauen Augen sah, wurde es in mir warm. Er war nur ein junger Mann, der eine nette Einladung bekommen hatte, von wem auch immer. Mein Verdacht war natürlich Vater, aber ich wusste, dass er nicht so schön schreiben hätte können. Noch dazu, weil er andauernd zitterte. Mir war das zwar unheimlich, doch ich freute mich dennoch ungemein über diese Überraschung.




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Nachdem Erik nach einigen Stunden etwas angeheitert nach Hause ging, fiel mein Blick noch ein letztes Mal durch den Raum. Irgendwie wirkte er auf einmal viel freundlicher, einladender und weihnachtlicher. Zuletzt sah ich auf den kleinen Nussknacker in der Ecke, dem ich insgeheim für diese Nacht dankte. Ob er tatsächlich dahinter steckte, erfuhr ich nicht einmal einige Jahre später, als ich zu einer Prinzessin wurde, meinen Prinzen heiratete und endlos glücklich wurde.
 
Tolle Geschichte :) Mein Bday Geschenk ^^
Die Story hat etwas von X Factor xD....keine Ahnung was ich mir zusammenspinne....^^
 
Eine wunderschöne Geschichte, und toll geschrieben. Kompliment.
Schön, dieser Nussknacker.

Lg Jahni
 
bin leider erst jetzt dazu gekommen, die geschichten der letzten tage wirklich in ruhe durch zulesen.
sind wirklich wieder so schön wie letztes jahr!
tolle bilder, tolle geschichten & vor allem sind sie nicht zu traurig.
& was mir bei dieser story jetz auch wieder aufgefallen ist: ein kamin...die sind soo toll & warm &...xD
freu mich scon auf morgen!!

lg
 
toll ich heul schon wieder... was fällt euch eigentlich allen ein so schöne Geschichten zu schreiben???? *heul*
 
06.Dezember

Guten morgen, ihr Lieben!
Ich wünsch euch einen schönen Nikolaustag und viel Spaß mit unserem heutigen Türchen. Und allen Schülern die heute Prüfungen oder Abfragen haben, sowie allen, die es heute in irgendeinerweise gebrauchen können, wünsche ich viel Glück!
Liebe Grüße,
nadi-chan
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Mikikatze präsentiert:
Es gibt ihn doch!


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Es war kalt, bitterkalt.
Eisiger Nachtwind heulte durch die schmalen Häusergassen und hatte auch den hartnäckigsten Obdachlosen dazu gezwungen, eine Schutz bietende Wärmestube auszusuchen. Seit die Stadt vor zwei Tagen von einem Schneesturm heimgesucht worden war, fielen immer wieder weiße Flocken vom Himmel, als wollten sie den schmutzigen Boden bis in alle Ewigkeit unter einer dicken Schneedecke verborgen halten.
Doch der plötzliche Wintereinbruch schien nicht nur den normalen Bürgern zuzusetzen...


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"Och maaaaan... bestimmt ist der Schornstein wegen den ganzen Schnee zugefroren, und deswegen kann der Nikolaus nicht zu uns kommen. Oder er ist auf den Dach ausgerutscht."
Alexanders weinerliche Stimme ließ Manja genervt aufseufzen. "Es heißt 'dem Schnee' und 'dem Dach'", berichtigte sie ihren Bruder altklug, ohne von ihren Hausaufgaben aufzuschauen. "Außerdem kommt der Nikolaus gar nicht durch den Schornstein!" Natürlich wusste sie mit ihren neun Jahren schon längst, dass es weder den Nikolaus, noch den Weihnachtsmann oder Osterhasen gab, aber ihr nicht einmal zwei Jahre jüngerer Bruder schien noch immer an diese fantastischen Geschichten zu glauben. Leider hatte ihre Mutter ihr strikt verboten, diese Illusion zu zerstören. "Und überhaupt, wo sollte er denn dann rauskommen? Aus der Heizung?"
Alexander zuckte mit den Schultern. "Mir doch scheiß-egal!"
"Alex, beherrsch dich!" Die harsche Stimme seiner Schwester Nicole ließ ihn erschrocken zusammenzucken. "Aber... aber alle meine Freunde haben etwas von ihn gekriegt", fuhr er mit zitternder Unterlippe fort. "Viktor hat sogar ein Rennauto gekriegt! Vielleicht kommt der Nikolaus ja nur nicht zu die Juden!"


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"Red nicht so einen Unsinn und lass Manja endlich ihre Hausaufgaben fertig machen", murmelte Nicole. Wie kam Alex nur auf solche Gedanken? Wenn sie ehrlich war, wusste sie nicht viel über jüdische Bräuche; es interessierte sie einfach nicht, schon gar nicht, da der Nikolaus sowieso eine fiktive Person war. Aber vielleicht hatte er sogar Recht?
Sie wandte sich wieder Simon zu, ihrem jüngsten Bruder und Nesthäkchen der Familie. Juristisch gesehen war er zwar nur ihr Halbbruder, so wie auch Alex und Manja nur mütterlicherseits mit ihr verwandt waren; doch sie war erst zwei Jahre alt gewesen, als ihr leiblicher Vater im Sommer 1995 zusammen mit ihrem älteren Bruder Fabian ausgezogen war, und die Familie ihres Herzens waren nun einmal ihre Mutter, Manja, Alex und Simon... und einst auch ihr Stiefvater Jörn. Doch das war gewesen, bevor er arbeitslos wurde und mit dem Trinken angefangen hatte. Wenn sie ehrlich war, vermisste sie ihn nicht sehr. Inzwischen hatte sie auch wieder Kontakt zu ihrem richtigen Vater, und Fabian schaute fast jeden Sonntag Nachmittag bei ihnen vorbei.
Simons Zupfen an ihrem Pullover holte sie in die Gegenwart zurück. "Guck, Nikki, guck!"
"Na super, siehst du? Alle Steine drin! Noch mal?"
"Ja ja, noch mal!", jubelte Simon und ließ die bunten Bausteine wieder in seinen Schoß purzeln.
Nicole schenkte ihm ein abwesendes Lächeln.


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Während Manja ihre Hausaufgaben beendete, herrschte Stille in der Wohnung, die nur von Simons Baugeräuschen regelmäßig unterbrochen wurde. Als sie ihr Heft zuklappte, ergriff Alex jedoch sofort wieder das Wort: "Warum ist er denn dann nicht gekommen? Er kommt doch schon immer letzte Nacht, oder nicht?!"
Manja konnte es sich einfach nicht verkneifen. "Es gibt ihn ja eh nicht, und das weißt du ganz genau", flüsterte sie, sodass Nicole es nicht hören konnte.
"Du lügst ja!", brauste Alex sofort auf. "Nic―"
"Na ja, oder vielleicht hat er ja einfach etwas Verspätung?", warf Manja hastig ein, bevor ihre Schwester etwas mitbekam. "Kann doch mal vorkommen, die Welt ist schließlich riesig!" Ihr war klar, dass der sogenannte "Nikolaus" erst dann seine Geschenke gebracht haben würde, wenn ihre Mutter nach Hause kam und ganz schnell und unbemerkt etwas in ihren Schuhen verstecken würde. Zwar hatte auch Manja sich am Morgen geärgert, diese leer vorzufinden, doch schließlich war ihre Mutter schon auf Arbeit gewesen, bevor Nicole sie alle geweckt hatte. Aber jetzt musste sie ja jede Minute kommen.


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"So, und die letzte Runde schaffst du alleine, ja?" Simon nickte überzeugt, und Nicole erhob sich, froh, das ermüdende Spiel für heute hinter sich zu haben. Sie schaute auf die Uhr. Es war kurz nach neun, und Simon hätte schon längst im Bett sein müssen – doch wie sollte sie ihm erklären, dass heute kein Nikolaus zu ihnen kommen würde, wenn er doch alle seine Freunde aus dem Kindergarten besucht hatte?
'Oh Mama, hoffentlich bringst du etwas Kleines mit', bat sie innerlich. Ihr war bewusst, dass diesen Monat nicht mehr viel Geld übrig war, erst recht nicht, wo doch bald Weihnachten vor der Tür stand... doch wie sollte die das den Kleinen erklären? Selbst Manja, die immer so abgeklärt tat, würde wahnsinnig enttäuscht sein. 'Lieber Gott, wenn es dich gibt, lass Fabian bitte Recht haben...' Sie hatte nach der Schule kurz mit ihrem Bruder telefoniert und war dabei auch auf das Thema Nikolaus gekommen, doch Fabian hatte ihr versichert, dass ihre Mutter es bestimmt nur am Morgen vergessen hatte. Sie betete, dass das zutraf... und auch, dass sie bald kam, denn viel länger würde Simon gewiss nicht so friedlich bleiben. Er gähnte schon jetzt alle zwei Minuten.


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Es dauerte jedoch noch weitere zwanzig Minuten, bis ihre Mutter endlich den Hausflur betrat.
Ute war hundemüde, und der heftige Schneefall draußen hatte versucht, ihr auch das letzte bisschen Energie aus den Knochen zu saugen. Wieder lag ein furchtbar anstrengender Arbeitstag in der Praxis hinter ihr – einige Patienten hatten ihr heute besonders zugesetzt, als wäre sie als Sprechstundenhilfe für Praxisgebühren und lange Wartezeiten höchstpersönlich verantwortlich. Sie war heilfroh, endlich nach Hause zu kommen.
"Ach du―" Ihr blieben die Worte im Hals stecken, als sie Alex' mit mehr Willen als Können geputzte Stiefel auf dem Schuhschrank erblickte. Heute war Nikolaustag!
Ute blieb stehen und starrte wie versteinert auf die erwartungsvollen Schuhpaare. Warum nur hatte sie nicht daran gedacht? Sie war es doch selbst gewesen, die vor einigen Jahren vorgeschlagen hatte, statt Chanukka den Nikolaustag und Weihnachten zu feiern, wie die Kinder es von all ihren Freunden gewöhnt waren. Es war ihr finanziell ganz recht gewesen, nur an einem statt an acht Tagen Geschenke parat haben zu müssen; das teure Weihnachtsfest hätte sie sowieso auf keinen Fall ausfallen lassen können. Nun erinnerte sie nur noch die Menorah an die Traditionen aus ihrer Kindheit.


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Kaum hatte sie die Tür aufgeschlossen, kamen ihr ihre Kinder auch schon entgegen gestürzt.
"Mama, da bist du ja endlich!" Manjas Freude war ausgeprägter als sonst, und Ute ahnte, wonach ihre Tochter gleich als nächstes schauen würde, sowie sie aus dem Türrahmen trat.
Ihr Sohn Alexander schien kurz vor den Tränen zu stehen. "Mama, Mama, der Nikolaus war immer noch nicht da! Er kommt bestimmt nicht wegen den ganzen Schnee!"
"Hallo Mami." Nicoles Gesichtsausdruck war unmissverständlich; ihre Größte schien sofort erkannt zu haben, dass ihre Taschen so leer waren wie ihr knurrender Magen.
Ute setzte ein gezwungenes Lächeln auf. "Ich weiß ja nicht, wie der Nikolaus das so hält, aber ich würde auch nichts bringen, wenn meine Kinder um halb zehn noch nicht einmal im Schlafanzug sind!"
Sie hatte nicht einmal Zeit zum Blinzeln, so schnell stürmten Manja und Alex in ihr Zimmer – wahrscheinlich glaubten die beiden nun erst Recht, es gäbe gleich eine Mini-Bescherung. Ute trat sich mental in den Hintern.
"Nikaus!", zwitscherte Simon und streckte ihr beide Hände entgegen.


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"Simon, auch du musst erst mal einen Schlafanzug anziehen", ermahnte Ute ihn. Sie schenkte Nicole ein zögerndes Lächeln. "Machst du ihn schnell fertig? Ich weiß, dass du sie schon den ganzen Nachmittag hattest, aber―"
"Na klar", unterbrach Nicole sie und nahm den sofort quengelnden Simon auf den Arm. "Komm, kleiner Fratz, Zeit zum Zähneputzen!"
Ute nickt ihr dankbar zu – was würde sie nur ohne ihre Große tun? Einen Augenblick warf sie einen skeptischen Blick in den Kühlschrank. Gähnende Leere – nicht anderes hatte sie erwartet. Immerhin hatte Nicole daran gedacht, zum Abendbrot den Eintopf von gestern warm zu machen; den hätte sie sonst wegwerfen können. Aber für einen Naschteller gab der Kühlschrank nichts her. Eine Tüte mit pappigen Waffeln, das war alles. Sie konnte ihren Kindern doch nicht dasselbe geben, was sie schon in ihrer Brotbüchse gehabt hatten!
Ute spürte, wie ihr Tränen der Verzweiflung in die Augen traten. Was war sie denn für eine Rabenmutter, dass sie nicht einmal etwas zum Nikolaus mitgebracht hatte?! Eine Tüte Gummibärchen und ein paar Malbücher hätte sie sogar aus der Praxis abzweigen können.

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Sie goss sich ein Glas Wasser ein und überlegte krampfhaft, was sie tun sollte. Sie hatte noch sieben Euro bei sich; vielleicht konnte sie schnell noch einmal die zwei Blocks zur Tankstelle laufen? Sie musste nur Manja dazu bringen, den vor Vorfreude ganz hibbeligen Alex noch ein paar Minuten abzulenken.
"Nein, nicht schlafen! Neeiiiin~" Das schrille Aufheulen von Simon riss sie aus ihren Gedanken. Nicole hatte es noch geschafft, ihm einen Schlafanzug anzuziehen, doch nun machte sich die späte Uhrzeit bemerkbar. Simons Wutausbrüche hatten schon mehr als einmal den Zorn der Nachbarn auf sie gezogen; das wäre etwas, was sie an diesem Abend sicher nicht mehr verkraften würde.
Ute spürte für den Bruchteil einer Sekunde das Bedürfnis, ihrem Sohn ein Kissen aufs Gesicht zu drücken; sie hatte diesen Gedanken jedoch noch nicht einmal in seinem vollen Ausmaß begriffen, als ein lautstarkes Poltern auf dem Flur die Blicke aller in Richtung Tür schnellen ließ. Sogar Simon verstummte abrupt.


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Es polterte erneut, gefolgt von einem gedämpften Fluchen.
Sie starrten alle zur Tür, unfähig, sich zu bewegen. Tausend Gedanken auf einmal schnellten durch Utes Kopf. Die zornigen Nachbarn? Einbrecher? Ihr betrunkener Ex-Ehemann?
Nicole fand als erstes ihre Worte wieder. "W-Wer ist das?" Sie machte einen Schritt auf die Tür zu.
"Nicht aufmachen!", bat Manja ängstlich.
Alex wimmerte leise. "Vielleicht ist es der Nikolaus...?", flüsterte er. Seine zitternden Knie und sein rasendes Herz ließen ihn jedoch selbst nicht daran glauben.
Das Poltern auf dem Flur war verstummt, doch noch immer konnten sie ein konstantes Rascheln vernehmen.
Nicole hielt den Atem an. Ob sich dort jemand an ihrer Wohnungstür zu schaffen machte?


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"Pssst... seid mal ganz leise." Sie schlich auf Zehenspitzen zur Tür; vielleicht würde sie etwas durchs Schlüsselloch erkennen?
"Mach nicht auf!", wiederholte Manja ängstlich. Sie ließ ihre weit aufgerissenen Augen nicht von ihrer Schwester. "Ich hab Angst..."
"Was, wenn es ein Mörderer ist?", wisperte Alex.
"Das heißt Mörder!", fauchte Manja ihn an. "Und sag sowas nicht!"
"Pssst!", warnte Nicole noch einmal. Sie hielt eindringlich ihren Zeigefinger an die Lippen und näherte sich vorsichtig der Tür.
Ute nahm Simon schützend auf den Arm. Wenn es Jörn war, würden sie alle rennen! Runter zu Frau Vogt, da wären sie erstmal sicher. Und dann würde sie die Polizei rufen! Sie hatte genug von seinem Belästigungen!
Das Geräusch des im Schloss umgedrehten Schlüssels klang ungewöhnlich laut durch die Wohnung, und die Tür öffnete sich leise knarrend .


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"Fabian!", riefen die Kinder überrascht aus. Utes Herz tat ein holpriges Salto in ihrer Brust.
"Du hast uns Angst gemacht!", wimmerte Manja, gleichzeitig übertönt von Alex' enttäuschtem "Ich dachte, du bist der Nikolaus!"
"Was machst du hier?", fragte Nicole überrascht.
"Ja, was denkt ihr denn?", entgegnete Fabian ebenso verblüfft. "Der Nikolaus hatte eure Adresse verloren, deswegen habe ich ihn hergeführt."
"Waaaas?" Alex starrte ihn mit großen Augen an.
"Na, habt ihr ihn denn nicht gehört?" Fabian setzte eine erstaunte Miene auf. "Ich dachte, ihr kommt raus, um ihn zu begrüßen! Aber jetzt ist er schon weg, so eilig hatte er es."
Auf Manjas Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Unglauben und Neugierde wieder, während Alex' Mund vor Ehrfurcht offen stand. "Der Nikolaus war doch da...?"
"Wenn ich's doch sage!"


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Eine weitere Aufforderung brauchten sie nicht. Während Manja skeptisch und Nicole mit sich ziehend auf den Flur trat, stürmte Alex wie von einer Hummel gestochen an ihm vorbei, gefolgt von Simon, der zwar nicht alles verstanden hatte, die große Aufregung in der Luft jedoch spüren konnte.
Ute fand endlich ihre Worte wieder. "Wie kommt es, dass du hier bist? Wundert Andreas sich nicht?"
"Papa ist bei Tina", gab Fabian schulterzuckend zurück. Ute wusste, dass ihr Großer nicht gut mir der neuen Freundin ihres ersten Ex-Mannes zurecht kam, doch sie konnte ihm dabei nicht helfen, so sehr sie auch gewollt hätte. "Na ja, und da dachte ich... weil heute doch Nikolaus ist, und du bestimmt wieder nicht daran... ich meine..." Er blickte sie verlegen an, während vom Hausflur her Rascheln und Freudenrufe klangen.
Ute schluckte. Sie erinnerte sich schlagartig, dass sie ja auch im letzten Jahr den Nikolaustag vergessen hatte, und dass damals ihre inzwischen verstorbene Nachbarin eine Tüte süßer Mandeln und einen Stapel alter Mickey-Maus-Hefte hervor gezaubert hatte. Sie war wirklich eine solche Rabenmutter! "Aber... aber ihr habt doch auch kein―"
Fabian winkte ab, bevor sie ihren Satz beenden konnte. "Ich hab was verkauft, mach dir keine Sorgen. Ihr liegt also nicht Papa auf der Tasche."


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"Verkauft?" Ute hob die Augenbrauen. "Du kannst doch nicht einfach irgendwas―" Der Rest des Satzes blieb ihr im Hals stecken, als Fabian die Mütze vom Kopf nahm. "Junge! Oh mein Gott, was hast du...?!"
Fabian grinste lässig. "Schnipp-schnapp, Haare ab... zwanzig Euro für mich und eine schöne Echthaar-Puppe für irgendein kleines Mädchen da draußen. Ist doch ein Super-Deal!"
Ute spürte, wie es hinter ihren Augen brannte. "A-Aber du k-kannst doch nicht...", stotterte sie und versuchte, ihr Entsetzen unter Kontrolle zu bringen.
Fabian küsste sie beruhigend auf die Stirn. "Doch, Mama, kann ich. Chanukka sameach!" Mit diesen liebevollen Worten drückte er ihr eine Tafel ihrer Lieblingsschokolade in die Hand.


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Irgendwann war es plötzlich weit nach zehn Uhr, doch noch hatte niemand den Weg ins Bett gefunden. Fabian seufzte leise, nachdem er unbewusst nach seinem nicht mehr vorhandenen Pferdeschwanz gegriffen hatte – in diesem Winter stand wohl eine Mütze auf dem Pflichtprogramm.
Er hatte Glück gehabt, über eine Freundin von dem alten Puppenmacher zu erfahren, der davon überzeugt war, dass die Seele eines Menschen zur Puppe passen musste. Aus diesem Grund wollte er jeden "Spender" vorher persönlich kennenlernen. Fabian war sich sicher, dass zwanzig Euro wahrscheinlich mehr gewesen waren, als sein knapp fünfzehn Zentimeter langer Schopf wert gewesen wäre – aber das Großzügige in den Menschen zeigte sich halt meist zur Weihnachtszeit. Zusätzlich hatte er als Aufwandsentschädigung auch noch einen stylischen Haarschnitt bekommen; er hatte damit gerechnet gehabt, seinen Vater um die Korrektur einer unbändigen Kurzhaarfrisur bitten zu müssen.
Nun musste er sich nur noch überlegen, wie er die Sache am Morgen seinen Freunden erklären würde, ohne ein Wort über den wahren Grund seines Radikalhaarschnitts zu verlieren.


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Und für Weihnachten musste er sich auch noch etwas einfallen lassen; vielleicht sollte er sich wirklich endlich von seinem alten Mantel trennen, an dem der Verkäufer im Second-Hand-Laden sofort Interesse gezeigt hatte. Fabian seufzte erneut. Ein schwermütiges Lächeln glitt über sein Gesicht, doch als er sich umsah, wusste er, dass es das Wert gewesen war.
Alex und Manja spielten glücklich mit ihren kleinen Playmobil-Figuren, die er in einem Second-Hand-Laden hatte auftreiben können. Für Simon hatte er ein tolles Märchenbuch gefunden, mit dem er und seine Mutter sich sicherlich wochenlang beschäftigen konnten. Nicole hatte er den letzten Harry-Potter-Band mitgebracht, den sie sich so sehr gewünscht hatte, um das Ende nicht mehr nur vom Hörensagen her zu kennen – es war sein eigenes Exemplar gewesen, und sein Name stand auf der ersten Seite, doch sie war ihm trotzdem stürmisch um den Hals gefallen.
"Siehst du, Manja", rief Alex plötzlich aus und blickte seine Schwester triumphierend an. "Ich hatte Recht gehabt: Es gibt ihn doch!"
Die anderen lächelten schweigend.
 
Hab mich jetzt auch durchgeschmökert und fand alle Geschichten richtig schön! Die letzte hat mir besonders gut gefallen - wenn es diese Hilfsbereitschaft doch immer geben würde, nicht bloß zur Weihnachtszeit!
 
auch die letzten 3 geschichten waren toll!
 
Ich hatte Englischprüfung und da dacht ich mir, es kann nicht schaden den anderen auch mal Glück zu wünschen ;)
Die Prüfungen morgen werden sicher grauenhaft!
 
Einen wunderschönen Nachmittag euch allen! Hier kommt das 7. Türchen, eine zweiteilige Story. Viel Spaß damit!
Liebe Grüße nadi-chan

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Innad präsentiert:


Der Zauber der Weihnacht

Martin saß am Fenster und sah hinaus. Draußen rieselte der Schnee in dicken Flocken herab.
Unglaublich, wie schnell der Schnee die Häuser und Straßen zuerst fein mit einer puderzuckerartigen Schicht überzogen und inzwischen mit lustigen, duftigen Häubchen bedeckt hatte.

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Noch vor zwei Wochen war es mild gewesen und man hatte das Gefühl gehabt, den Frühling schon jetzt, bevor der Winter überhaupt angefangen hatte, zu erahnen und nun war der Winter mit solch einer Hast und Stärke gekommen, dass die meisten Menschen es immer noch nicht begreifen konnten.
Es sah tatsächlich alles nach weißer Weihnacht aus - so wie es schneite, würde der Schnee bestimmt liegen bleiben und den Kindern einen der größten Träume erfüllen: Schnee an Weihnachten!
Draußen senkte sich langsam die Dämmerung über die Stadt, was man kaum spürte, denn die dicken Schneewolken hatten es den ganzen Tag nicht richtig hell werden lassen.
Martin wandte sich lustlos wieder seinen Tabellen, die auf seinem Bildschirm flimmerten, zu.

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Im Büro begannen sich die ersten seiner Kollegen auf den Feierabend vorzubereiten, indem der ein oder andere schon mal seine Kaffeetasse in die Teeküche trug oder geschäftig auf dem Schreibtisch herumzuräumen begann.
Martin jedoch vertiefte sich wieder in seine Arbeit. Im Radio hinter ihm dudelte ein Weihnachtslied, es lenkte ihn nur ab, und er schaltete das Radio aus. Es konnte sich niemand mehr beschweren, denn als Martin aufstand und sich umsah, merkte er, dass es bereits nach sechs Uhr abends war und das Büro schien menschenleer.

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Draußen war es inzwischen tiefdunkle Nacht geworden, aber der Schnee rieselte weiter und unaufhörlich, was er im Schein der Straßenlaternen gut erkennen konnte.
Am Weihnachtsbaum, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor einem Firmengebäude stand, erkannte man kaum mehr die kleinen Lichter durch das Schneegestöber, aber anhand der Schneedicke auf den Tannenzweigen konnte Martin sich ausmalen, dass auf den Straßen vermutlich inzwischen das Chaos ausgebrochen war.
Es vergingen zwei weitere Stunden, bis Martin schließlich aufstand, um sich einen neuen Kaffee zu holen. In der Teeküche war es dunkel und die Putzkolonne hatte bereits ebenfalls das Gebäude verlassen. Die Kaffeemaschine war aus und der Restkaffee hatte vermutlich schon vor Stunden den Ausguss hinter sich gelassen.

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Missmutig suchte Martin in einem der Schränke nach einem Beutel Instantkaffee, den er schließlich auch fand und sich mit heißem Wasser aufgoß.
Das Büro erschien in der Einsamkeit und Dunkelheit des Abends fast gespenstisch, aber Martin war es gewöhnt, länger zu arbeiten und machte sich nichts daraus.
Ohnehin waren heute nicht mehr viele auf der Arbeit gewesen, so kurz vor Weihnachten, schließlich war schon morgen Heiligabend.
Martins Telefon schellte. Er wunderte sich, wer ihn um diese Uhrzeit noch anrufen würde, doch als er den Hörer abnahm, war ihm schon klar, dass er die Stimme seiner Mutter vernehmen würde, die ihn nach einer kurzen Ermahnung, weshalb er denn schon wieder so lange arbeite, noch einmal zu überreden versuchte, morgen doch mit ihr und seinem Vater den Heiligabend zu verbringen.

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„Mutter, ich hab es Dir doch schon so oft gesagt, ich schaffe das nicht. Ich werde morgen noch einmal ins Büro müssen, die Arbeit häuft sich nur so an bei uns, und da die meisten Kinder haben oder verheiratet sind, bleibt alles an mir hängen. Ich werde bis mindestens in den späten Nachmittag hier sein und dann kann ich nicht auch noch den weiten Weg bis zu euch fahren, das geht einfach nicht. Ihr beiden kommt doch auch gut alleine zurecht.“
“Aber du kannst doch Weihnachten nicht vollkommen alleine verbringen!“ entrüstete sich seine Mutter.
„Wieso nicht“, erwiderte Martin gelassen. „Ich bin froh um einen Abend, an dem ich einfach mal meine Ruhe habe.“
“Aber wir würden dich so gerne zu Weihnachten sehen!“ beharrte seine Mutter.
Nach einer Weile gab sich seine Mutter geschlagen und genervt legte Martin auf und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

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Doch es gelang ihm nicht mehr wirklich, sich zu konzentrieren. Zum einen lag ihm der Instantkaffee schwer im Magen, vielleicht spürte er auch nur seinen Hunger, denn er hatte seit einer in der Kantine schnell zu sich genommenen Suppe heute Mittag nichts mehr gegessen.
Aber seine Gedanken hingen auch dem Gespräch mit seiner Mutter nach. Er verspürte ein leicht schlechtes Gewissen. Es schien seinen Eltern so viel zu bedeuten, dass er Weihnachten zu ihnen käme. Aber sie waren ja nicht alleine, seine Schwester mit ihrem Mann und der kleinen Tochter wären bei ihnen. Er brauchte sich kein schlechtes Gewissen machen, schließlich hatte er zu arbeiten. Die Projekte, die er betreute, machten eine Menge Arbeit und er wollte nicht mit zuviel Arbeitslast ins neue Jahr gehen. Und da so viele Mitarbeiter zur Zeit Urlaub hatten, hatte er wirklich vermehrt Arbeit.

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Dass er der einzige war, der zur Zeit soviel arbeitete, störte ihn nicht, vielmehr bemerkte er es nicht einmal. Noch nicht einmal sein Chef war zur Zeit viel im Büro – nun ja, er hatte eben auch Familie und war nicht so wie er, Martin, Single.
Martin beschloss, für heute Feierabend zu machen. Er fuhr den Rechner herunter, hüllte sich in den Mantel und verließ das Firmengebäude.
Es hatte inzwischen aufgehört, so stark zu schneien und es rieselten nur noch wenige Flocken sachte und ruhig zu Boden.
Es war sehr still in der kalten Nacht, nur ab und hörte man ein Auto vorbeifahren – im Schneckentempo.
Martin seufzte. Gottseidank hatte er seiner Mutter nicht doch noch zugesagt. Bei der Wetterlage würde er mindestens zwei Stunden Fahrtzeit zu seinem Elternhaus haben und so hätte er schon um Mittag Feierabend machen müssen .

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Er setzte sich in sein Auto, fuhr langsam die stark verschneiten Straßen entlang und bog dann in die etwas verlassenere Straße durch den Wald ab, die eine von ihm gerne genutzte Abkürzung zu seiner Wohnung war.
Die Welt schien wie ausgewechselt. War das wirklich noch dieselbe Straße durch den Wald, die er heute morgen auch gefahren war? Martin musste sich zwingen, das zu glauben, es kam ihm vollkommen verändert vor.
Es kam ihm kein Auto mehr entgegen, die Straße war ohnehin meist nur leicht befahren und bei dem Wetter ging anscheinend niemand vor die Tür, der nicht unbedingt musste.
Plötzlich huschte wie aus dem Nichts ein Schatten vor seiner Kühlerhaube vorbei und Martin trat scharf auf die Bremse.

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Der Wagen kam ins Schlittern und drehte sich einmal um die hundertachtzig Grad, blieb dann aber noch bevor er in den Graben rutschte, auf der Gegenfahrbahn stehen.
Martin atmete schwer, der Schreck saß ihm in allen Gliedern.
Er versuchte das Auto wieder zu starten, aber der Motor schien wie ob des unsanften Bremsmanövers eingeschnappt und stotterte nur beleidigt und spärlich vor sich hin.
„So ein Mist!“ rief Martin aufgebracht und machte Scheinwerfer und Warnblinker an, um zu verhindern, dass jemand den auf der Gegenspur stehenden Wagen übersehen würde.
Dann stieg er aus und lief um den Wagen zum Kofferraum. Glücklicherweise hatte er im Kofferraum seit einigen Wochen eine Warnweste liegen, in der Dunkelheit der Waldstraße konnte diese nun lebensrettend für ihn sein.
Er öffnete die Motorhaube und während er noch herauszufinden versuchte, wo das Problem lag, hörte er ein Knacken hinter sich und fuhr herum, doch es war nichts zu sehen.
Alle Versuche, das Auto wieder zum Starten zu bringen, halfen nichts, so dass Martin versuchte, den Pannennotdienst anzurufen – doch sein Handy hatte im dichten Wald keinen Empfang.
„Verdammt!“ rief Martin wütend. „Das hat mir gerade noch gefehlt!!“
Er warf einen Blick auf die Uhr – es war inzwischen schon nach elf Uhr, und die Chance, dass an diesem verschneiten Abend ein Auto vorbeikommen würde, ging gegen null. Schwer keuchend schob Martin das Auto an den Straßenrand und überlegte nun, was er tun solle – im Auto warten, ob nicht vielleicht doch noch ein Auto vorbeikäme oder die Straße entlanglaufen. Es waren bestimmt noch fünf Kilometer bis zur nächsten Ortseinfahrt, aber vielleicht würde der Empfang in 1 oder 2 Kilometern ja besser und er könnte den Pannendienst rufen.
Außerdem, dachte er bei sich, konnte er hier nicht im Auto bleiben, es war einfach zu kalt und die Bewegung würde ihn wenigstens warm halten Auf der anderen Seite war es ihm bei dem Gedanken, mutterseelenalleine durch den verlassenen Wald zu gehen, mehr als nur unwohl.

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Aber da ihm wohl nichts übrig blieb, stieg er aus, schlug den Kragen des Mantels hoch, schloss das Auto ab und begann dicht am Straßenrand durch den immerhin mehr als knöchelhohen Schnee zu stapfen.

Nach einer Weile blieb Martin einen Moment stehen, um zu verschnaufen. Er hatte keine Ahnung, wie weit er schon gegangen war, der Uhr nach dürften es aber nicht mehr als zwei Kilometer gewesen sein, denn es war erst kurz vor Mitternacht.
Das Gehen im Schnee war anstrengender, als er gedacht hatte, aber zumindest war ihm nun nicht mehr kalt und der Wald um ihm bot einen gewissen Schutz gegen den Wind.
Es war unendlich still um ihn, was ihm nun zum ersten Mal auffiel. Die Stille wirkte fast erdrückend und in der Bangheit der Situation musste er an das Weihnachtslied denken, das er heute Nachmittag im Radio ausgeschalten hatte, weil es ihm zu laut geworden war. Was würde er nun dafür geben, es hier zu hören.
Um seine Bangheit zu schwächen, lief er weiter, und begann ohne es zu merken vor sich hin zu singen „Have yourself a merry little christmas, let your heart be light...“

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Nach einer Weile musste er wieder stehen bleiben, um zu verschnaufen. Es machte sich nun bemerkbar, dass er seit Stunden nichts zu sich genommen hatte, der Magen schmerzte ihm vor Hunger, er fühlte sich klamm, müde und erschöpft und konnte immer noch nicht begreifen, wie ihm so etwas hatte passieren können.
Wieso hatte er nur gedacht, etwas renne vor seinem Auto vorbei, so dass er bremsen musste. Er könnte längst in seinem warmen Bett liegen und Schlaf für morgen, wo er doch um acht Uhr wieder im Büro sein wollte, sammeln.
Es war inzwischen Mitternacht geworden und als Martin so am Straßenrand stand und Luft holte, hörte er ein seltsames Geräusch hinter sich.
Er fuhr wieder herum und rief „Hallo?“ Durch seinen Kopf schossen Geschichten von früher aus seiner Kindheit, von Menschen, die im Wald verschollen waren oder von Ebern angegriffen und es wurde ihm noch banger ums Herz.

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Doch es regte sich nichts, und Martin entschied, schnell weiterzulaufen, doch nur wenige Schritte weiter hörte er das Geräusch wieder, ein Knacken und Rauschen, als trete jemand auf kleine Holzäste und schleife dabei etwas hinter sich her...
 
hehe... vielleicht ist das ja der Weihnachtsmann :)

schöne Geschichte.. bin schon echt gespannt wie es weitergeht
 
08.Dezember

Hallo ihr Lieben!
Hier ist das 8.Türchen, viel Spaß beim lesen!
Liebe Grüße,
nadi-chan

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Innad präsentiert:

Der Zauber der Weihnacht ~ Teil 2

Doch auf sein Rufen hin tat sich erneut nichts. Da das Geräusch aber immer lauter wurde, beugte er sich nach vorne und sah durch die dicht beeinander stehenden Tannen in den Wald hinein – und tatsächlich, einige Meter entfernt bewegte sich etwas und ein zarter Lichtschein war zu sehen.
Martins Herz schlug schneller - vielleicht war das ein Förster?
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„Hallo Sie!“ rief Martin hoffnungsvoll und trat einige Schritte von der Straße tiefer in den Wald hinein. „Entschuldigen Sie, ich hatte eine Autopanne, vielleicht könnten Sie mir helfen?“
Doch er konnte immer noch nicht genau sehen, um was es sich handelte.
So blieb ihm nichts übrig, als noch weiter in den Wald zu gehen.
Langsam bewegte er sich auf die Gestalt zu, die da stand und das Licht wurde immer heller.
Mit einem verblüfften Ruf blieb Martin stehen, als er die Gestalt genauer erkannte.
„Das kann nicht sein!“ rief Martin und rieb sich die Augen.
Da wurde es heller um ihn und nun sah er, dass die Gestalt eine wunderschöne, junge Frau war. Sie trug ein weißes Kleid und an ihrem Rücken befanden sich große, bauschige Federn. Sie schien so lieblich, zart und hell, dass Martin den Blick nicht von ihr wenden konnte. Sie konnte kein menschliches Wesen sein.
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie Martin sah.
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„Hallo Martin!“ sagte sie und schwebte auf ihn zu. „Schön, dich zu sehen!“
„Moment, moment!!“ rief Martin schwer atmend. „Das kann nicht sein! Ich – ich muss träumen!“
“Nicht wirklich“, sagte die Gestalt gelassen. „Wir sind beide hier, du, ich – und wir sind nicht alleine, nicht wahr?“
Und sie zeigte mit einem Lächeln auf die Bäume um sich herum.
„Wer bist du?“ fragte Martin fassungslos.
„Ich bin das Licht“, erwiderte die Gestalt schlicht.
„Ich träume nur“, wiederholte Martin benommen. „Das kann alles nicht sein.“
“Nun ja, wenn du das als Traum betrachten magst, dann tu das doch“, erwiderte das Licht lachend.
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„Ob Traum oder nicht Traum – ich nehme an, Du bist müde, ausgefroren und hungrig, oder?“
“Ja“, sagte Martin, der langsam seine Fassung wiederfand.
„Dann will ich dir helfen.“ Und er spürte, wie es ihm langsam warm wurde und merkte, dass er selbst von Licht umgeben war. Er fühlte sich aufeinmal auch wieder kraftvoll und wie gesättigt.
„Du bist überrascht, mich heute Nacht zu treffen?“ fragte das Licht und sah ihn milde an. „Wieso nur? Du weißt doch, dass heute Heiligabend ist, oder?“
Martin wusste nicht mehr, was er denken und fühlen sollte. Er wusste nur, dass er sich niemals so wohl und warm und geborgen gefühlt hatte wie in der Nähe des Lichtes.
„An Heiligabend - oder besser gesagt an Weihnachten kommt das Licht in die Welt, das weißt Du doch. Auch in Deine Welt, Martin.“
Martin sah das Licht lange an. „Wieso in meine? In meiner Welt gibt es Licht.“
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“Ach ja?“ fragte das Licht und sah ihn skeptisch an. „Ich glaube nicht, dass Du im letzten Jahr viel Licht hattest, Martin. Sieh nur!“
Und sie wies auf den Boden vor sich, wo Martin Bilder aufsteigen sah, die sonst nur vor seinem inneren Auge standen: Da sah er sich, wie er hinter seinem Schreibtisch saß und arbeitete und arbeitete und arbeitete. Aber er sah noch mehr: er sah, wie ihn seine Freundin nach so langen Jahren Beziehung verließ. Sie hatte gesagt, er sei nicht mehr der alte und habe zu wenig Zeit für sie gehabt. Er hatte das nie verstanden. Traurigkeit erfüllte ihn.
Er sah, wie seine Freunde Spaß hatten, im Sommer am See waren – und er im Büro saß und arbeitete.
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„Aber ich muss doch soviel arbeiten“, sagte er wie zu seiner Verteidigung. „Ich brauche diesen Job, es wird von mir verlangt.“
Das Licht wies wieder auf die Bilder, ohne zu antworten. Martin sah seinen Chef und hörte ihn sagen „Dieser Martin ist ein echtes Arbeitstier. Er ist manchmal zu fleißig. Seine Kollegen beschweren sich inzwischen, dass er ihnen alle Arbeit einfach wegnimmt. Sie fühlen sich unterfordert.“
Und er sah eine andere Szene, die noch gar nicht so alt war. Er stand vor seinem Chef, der sagte: „Nun, Herr Vonderwelt, wie sieht es mit ihrem Weihnachtsurlaub aus in diesem Jahr? Die letzten Jahre haben sie sich nie welchen genommen. Sie haben noch 10 Tage Resturlaub, wollen Sie sich dieses Jahr nicht freinehmen?“
“Nein, Herr Schmidt“, sagte der Martin aus der Vergangenheit. „Ich habe ohnehin nichts vor. Meine Familie feiert ohne mich . Und ich habe noch so viel für das Steigenberger Projekt zu tun.“
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“Das kann doch auch bis nach den Feiertagen warten, mein Lieber“, erwiderte der Chef. „Der Abgabetermin liegt erst im Januar.“
“Ja, aber ich übernehme schon seit Jahren die Projekte von Hufer und Berg mit, weil diese in Urlaub sind.“
“Auch dafür wäre gesorgt, machen Sie sich keine Gedanken. Es ist natürlich ihre freie Entscheidung.“
“Nein, Herr Schmidt, vielen Dank für das Angebot, aber ich werde den Urlaub momentan eher nicht nehmen.“
Die Bilder verschwammen vor Martins Augen.
„Du bist es, der diese Arbeit braucht, damit Du Dich wert fühlst“, sagte das Licht. „Und dich nicht mit dem auseinandersetzen musst, was du fürchtest.“
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Erneut stiegen Bilder vor Martins Augen auf und er sah seine Familie zusammensitzen in der gemütlichen Stube der Eltern, vor einem wunderbar geschmückten Weihnachtsbaum.
Seine Schwester war da, sie stand vor dem Weihnachtsbaum und kitzelte gerade seine kleine Nichte, Ariana.
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Auch die Eltern sahen glücklich aus. Es war alles voller Liebe und Wärme.
Martin schluckte schwer.
„Ich kann das nicht ertragen. Sie sind alle so glücklich, aber das bin ich nicht. Ich wünsche mir auch jemanden, der zu mir gehört, auch eine eigene kleine Familie.“
“Wie willst du aber Liebe finden, wenn du dich nicht dafür öffnest“, erwiderte das Licht. „Fang damit an und nimm die, die dir bereits entgegen gebracht wird.“ Und es wies auf das Bildnis seiner Eltern.
„Meine Eltern sind auch ohne mich an Weihnachten glücklich“, sagte Martin wie zum Trotz.
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Das Bild wandelte sich und Martin sah seine Mutter, die in der Küche stand und sich eine Träne aus dem Auge wischte. Sein Vater legte den Arm um sie.
„Er kommt schon zurecht“, sagte er.
„Ich wünschte, er wäre glücklicher und würde nicht soviel arbeiten“, sagte seine Mutter traurig und warf einen Blick nach draußen ins Wohnzimmer, wo der Rest der Familie beisammensaß. „Er sollte heute Abend hier sein. Er fehlt mir so.“
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Das Licht sah Martin lange an, während das Bild verschwamm.
Martin atmete tief durch. Er hatte nicht gewusst, wie sehr seine Eltern sich wünschten, er würde kommen. Er hatte auch nicht gewusst, wie sehr er sich selbst in diesem Augenblick wünschte, er wäre genau dort, in dem warmen, gemütlichen Zimmer voller Kerzen, in dem es nach Braten duftete und nach dem Tannenbaum, wo frohes Lachen durch den Raum hallte und alle gemütlich beieinander saßen.
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„Denkst du immer noch, dass Du kein Licht in Deinem Leben brauchst?“ fragte das Licht nach einer Weile. Martin sah es an und merkte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen.
„Nein“, erwiderte er. „Das denke ich nicht mehr. Du hast recht, ich brauche Dich mehr als alles andere.“
Das Licht lächelte. „Das ist gut, denn ich bin nun ja auch hier. Verstehst Du jetzt, was so wichtig ist an diesem Feste, dem Weihnachtsfeste? Es bringt wieder Licht in unsere Herzen – wenn wir offen dafür sind. Das Licht muss lange reichen - den ganzen Winter und eigentlich das ganze Jahr hindurch. Denn ich bin das Licht im Herzen. Ich bin nicht die Sonne oder die Hitze, ich bin die Herzenswärme, die wir auch im heißesten Sommer vermissen können, wenn es uns nicht gut geht. Die Herzenswärme, die zwischen uns allen herrscht. Ich bin das innere Licht, das alles verbindet und hält.“

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Und sie wies um sich herum, und plötzlich sah Martin, wie wundervoll die Tannenspitzen im Schnee funkelten und er sah einige Tiere näherkommen, Rehe, Füchse und Eichhörnchen, die sich dicht aneinanderschmiegten und mit frohem Gesicht zu ihm und dem Licht aufzublicken schienen.

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„Ich habe begriffen“, sagte er berührt und fühlte sich bis ins innerste Mark von Licht erfüllt.
„Mit einem Mal fühle ich mich so froh und glücklich. Was ist das nur?“
„Das, lieber Martin“, sagte das Licht leise. „Das ist der Zauber der Weihnacht.“

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Und es lachte ein glockenhelles Lachen und begann zu strahlen, immer heller und heller, so dass Martin wie geblendet die Augen schließen musste.
Als er sie wieder öffnete, war er von Licht umgeben und eine Stimme sagte: „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“
Es dauerte eine Weile, bis Martin begriff, dass das Licht von zwei Autoscheinwerfern kam, die ihn komplett beleuchteten. Vor ihm stand ein Mann und sah ihn fragend an.

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„Wie... was?“ fragte Martin verwirrt und sah sich um. Es war niemand und nichts zu sehen, und er stand zu seiner Verblüffung auch nicht im Wald, sondern am Straßenrand – kurz neben seinem liegengebliebenen Wagen.
„Sind Sie liegengeblieben?“ fragte der Mann, den Martin als den ortsansässigen Förster erkannte.
„Äh – ja“, sagte Martin, der immer noch nicht begriff, wie das möglich sein konnte, dass er nun hier stand statt mitten im Wald ... und ohne das Lichterwesen. Hatte er nur geträumt? Hatte er geschlafen? Doch er stand ja hier – er konnte wohl schlecht im Stehen eingeschlafen sein.
„Motor kaputt“? fragte der Förster.
„Vermutlich“, sagte Martin langsam. „Sagen Sie – haben Sie eben auf der Fahrt hierher noch jemanden oder etwas anderes gesehen?“
“Nein, nichts“, sagte der Förster. „Sie haben ohnehin Glück, dass ich noch hier vorbeikomme. Ich wollte nur mal sehen, ob bei dem starken Schneefall auch keine Äste abgebrochen und auf die Straße gefallen sind.“

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Und er öffnete die Motorhaube von Martins Wagen. „Ich habe ein Überbrückungskabel, lassen Sie es uns damit probieren, ja?“
Martin nickte und ging dem Förster rasch zur Hand.
Kurz darauf saß er wieder im Wagen, der Motor lief, und winkte dem Förster dankend zu.
„Kein Problem!“ rief dieser und stieg in sein Auto. „Gute Fahrt noch und frohe Weihnachten!“
“Ja, Ihnen auch!“ rief Martin zurück und während die Rücklichter des Forstautos in der Dunkelheit verschwanden, machte er sich auf den Nachhauseweg.
Erst als vor seiner Wohnung den Motor ausschaltete, fiel sein Blick auf die Uhr im Wageninneren und es durchzuckte ihn heiße Verwunderung: Die Uhr war gerade erst auf 0:00 Uhr gesprungen.

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Wie konnte das nur sein? Es war doch vorhin bereits weit nach Mitternacht gewesen?
Vollkommen verwirrt fiel Martin nur noch in sein Bett und vergass sogar, sich den Wecker zu stellen.

Am folgenden Morgen wachte er erst gegen neun Uhr auf, aber es machte ihm nichts.
Es war aufeinmal vollkommen egal, was da gestern Nacht im Wald wirklich geschehen war – ob er geträumt hatte oder nicht... wichtig war, was es in ihm bewirkt hatte.
Kurzerhand beschloss er, nicht ins Büro zu gehen. Die Arbeit konnte er genauso gut auch noch nach Weihnachten machen.
Er stand auf, packte seine Reisetasche, fuhr noch kurz in die Stadt und kaufte je einen riesigen Weihnachtsstern für seine Schwester und seine Mutter – und dann machte er sich auf den Weg zu seinen Eltern.
Als die Dämmerung langsam aufzog und die Lichterketten ringsherum angingen und sich die feierliche Stille des Heiligen Abends in den Straßen verbreitete, öffnete Martins Mutter die Haustür und stieß einen freudigen Überraschungsruf aus.
Kurz danach saß Martin im warmen Wohnzimmer vor dem reich geschmückten Tannenbaum im Kreise seiner Lieben und fühlte sich zum ersten Mal seit langem so warm, geborgen und glücklich wie schon lange nicht mehr... und in ihm voller Licht und Liebe.
Seine kleine Nichte Ariana rannte jubelnd auf den funkelnden Baum zu und helles Kinderlachen durchdrang das Zimmer. Martin hätte am liebsten laut mitgelacht.

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„Was war es nur, dass dich doch noch dazu bewogen hat, Weihnachten mit uns zu feiern?“ fragte seine Mutter glücklich, nachdem alle ihre Geschenke ausgepackt hatten.

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„Das, liebe Mutter“, sagte Martin lächelnd und zog sie herzlich in die Arme, „das war der Zauber der Weihnacht.“
 
Also ganz ehrlich.....jede der bisherigen Geschichten ist wunderschön!! Jede hat es bisher geschafft mir kleine Tränchen in die Augen zu zaubern!!
:heul::heul:

Ich finde diese Idee ganz toll mit dem Adventskalender!! Freu mich schon sehr auf die noch folgenden Geschichten die bestimmt genauso toll werden-----da bin ich mir sicher!!:hallo:
 
09.Dezember

Hier ist dann mal das heutige Türchen!

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Jucara präsentiert:



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Die ersten warmen Sonnenstrahlen kribbelten auf Kidas Nase, als sie wach wurde. Ein Blick auf die Uhr sagte der 20-jährigen, dass ihr Freund, Cody, bereits bei der Arbeit sein musste. Noch vollkommen verschlafen ging sie in die gemeinsame Küche. Heute vor einem Jahr waren Cody und sie zusammengezogen. „Ich werde dies zum schönsten Tag deines Lebens machen, Schatz“, sagte sie in den leeren Raum.
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Lächelnd setzte sie sich an den Frühstückstisch und begann zu essen. „Ob er überhaupt weiß, was für ein besonderer Tag heute ist?“, fragte sie sich im Stillen. Doch selbst, wenn er sich nicht daran erinnern sollte, so wollte sie den Tag wunderschön für ihn machen. Sofort nach dem Frühstück begann sie aufzuräumen, putze das Bad und richtete alles schön her. Schon in einer Stunde würde er hier sein und dann würde der Tag perfekt.
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Kida kochte zu dem besonderen Anlass Codys Lieblingsessen und zog sich das neue Kleid an, das sie erst gestern für diesen Tag gekauft hatte. Einige mochten dies alles zwar übertrieben finden, aber schon im ersten Jahr, hatte es so viel Streit gegeben, dass Kida hoffte, sich mit diesem Tag für all das entschuldigen zu können.
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Gerade hatte sie sich geschminkt, als das Telefon klingelte. Der kleine Display des Telefons zeigte die Rufnummer von Codys Büro an und mit einem breiten Grinsen nahm Kida den Hörer an ihr Ohr. „Hallo, Cody“ begann sie, wurde jedoch von einer Stimme unterbrochen: „Nein, nicht Cody... Ich bin es, Kida... Sven.“ Verwirrt blinzelte Kida den Hörer an. „Sven? Wieso rufst du an?“
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Hör zu, Kida...“ begann Codys Kollege, stockte dann kurz und fuhr mit trauriger Stimme fort: „Cody... ist bei der Montage... von der Leiter gefallen... *schluck* er ist tot, Kida.“ Eine Totenstille drang in den Raum und schien Kida zu verschlingen, wie die Nachricht ihre Seele dem Körper entrissen hatte. Weinend sank sie auf den Küchenboden. Als das Telefon ihr aus der Hand glitt, schlug es einen Riss in eine längst abgetretene Fliese.
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Das kann nicht sein!“, schrie sie schluchzend in die Stille. Tränen rannten über ihre Wange, wollten nur flüchten, aus der Einsamkeit in ihrem Herzen. „Wieso, Gott? Wieso nimmst du ihn mir weg? Ich weiß, dass es hart war, aber ich will doch nichts weiter, als eine zweite Chance!“ Während sich eine unglaubliche Kälte in ihr ausbreitete, wusste sie, dass Gott ihr eine zweite Chance mit ihm nicht geben wollte, denn niemand konnte die Zeit zurückdrehen. Mit diesen Gedanken schloss sie die Augen und verlor das Bewusstsein...

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Später weckte sie ein Kuss. „WAS?!“, Sofort fuhr sie hoch und sah in die funkelnden Augen ihres Geliebten. Unter sich spürte sie die weiche Matratze und an ihrer Hüfte seine sanfte Hand. „Wie kann denn das sein?“, flüsterte sie scheu und fuhr mit der Hand über sein Gesicht.
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Beruhige dich, Liebling“, hauchte seine liebevolle Stimme und ein Lächeln malte sich auf seinem Gesicht ab. „Du hast im Schlaf geweint, Schatz.“ „Schlaf? Habe ich das etwa nur geträumt?“, fragte sie sich, als sie ihren Freund küsste.
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Ich... habe bloß schlecht geträumt“, flüsterte sie und konnte es nicht begreifen. So real war ihr Traum gewesen, so echt... so nah. Aber das war nun egal. Ihr Schatz war bei ihr und würde es auch bleiben. Überglücklich sah sie ihn an und konnte noch nicht glauben, dass er bei ihr war.

Beide verbrachten einen wunderschönen Tag gemeinsam und keinem fiel sie auf
- die vom Telefon zerschlagene Fliese...


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Das waren alles wieder tolle Geschichten, gefielen mir sehr gut, vor allem die heutige hat was! Das mit der Fliese ist so schön mysteriös :lol:
 
10.Dezember

Einen wunderschönen guten Tag euch allen! Draußen regnets und drinnen müssen die armen Schüler für ihre Prüfungen lernen (zumindest hier in Ostbelgien). Da kommt doch so eine Adventskalender-Geschichte besonders gelegen! Viel Spaß also mit der heutigen Geschichte!
Liebe Grüße, nadi-chan

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9Saoirse9 & תקוח präsentieren:



Als ich sie sah, mit ihren unglaublich grünen Augen, die sogar
noch in der Dunkelheit zu strahlen vermochten, dem kleinen,
süßen Mund und ihren dickem glänzend-braunem Haar, da wusste ich es.
Wir hatten an diesem Abend nur ausgehen wollen. Normal. Als
Freunde. Doch dieses schüchterne Lächeln von ihr. Unbeschreiblich. Wunderschön. Nichts auf der Welt war wichtig,
außer sie. Dieser Moment bestimmte von nun an mein Leben.
Oder diesen Abend? Es war nicht wie sonst. Das wusste ich. Ich
war mir im Klaren darüber, dass das ES war. Sah sie es genauso?
Nur ein wenig wie ich vielleicht? Ihre Hände wollte ich greifen.
Was würde sie sagen, wenn sie meine Gedanken fähig wär’ zu
hören? Sie würde lächeln.


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Sie lächelte auch jetzt. Doch ihr Blick nicht auf mich, sondern auf


ihn gerichtet. Ihre Worte galten ihm und ich hätte schwören
können, dass sie sich fragte, was er sagen würde, wenn er ihre
Gedanken lesen könnte. Doch ich, nicht er, konnte sie lesen. Ich
wollte sie nicht mit ihm sehen. Sie war mit mir hierhin gekommen.
Sie gehörte ihm nicht. Sie gehörte mir nicht. Niemandem außer
sich selbst gehört sie. Das hat sie mir oft genug gesagt. Denn
ich kenne sie. Seit Jahren. Und nie ist mir aufgefallen, wie schön
sie ist. Und nie ist mir bewusst gewesen, dass es anderen vor mir
auffallen könnte… so wie ihm.


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Bier in Pappbechern. Ich hasste Bier. Warm. Es schmeckte nicht.


Es war nur zu einem einzigen Zweck gut. Alkohol hat schon
manchen Menschen für kurze Zeit vergessen lassen, und
schaltete den gesunden Menschenverstand aus. Vielleicht
brauchte ich für das, was ich wollte keinen Verstand. Auch wenn
ich ohnehin nie viel gedacht habe.
Ich stand auf. Langsam und vorsichtig steuerte ich auf die
beiden zu. Meine Unvorsicht konnte ich mir für die Worte
sparen, die ich gleich aussprechen würde. Ich hasste ihn, weil er
sie mir wegnahm. Sie war ein Engel. In meinem Kopf 1000 Fragen,
1000 Worte. Durcheinander.


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Licht blitze auf, prasselte zu Boden. Farben erhellten den Platz.


Nicht nur die Sterne leuchteten am Nachthimmel. Feuerwerk.
Erlischt. Erloschen. Sie sah mich nicht. Sie sah ihn an. Er sah
meinen Engel an. Sie kamen sich näher, berührten sich fast.
Unerträglich.
Worte. Aus meinem Mund.
»Es ist schon spät. Wir müssen gehen.« Ein verständnisloser
Blick von ihr. Ein wütender Blick von mir.
»Ich fahre dich nach Hause.«
»Nein«
»Geh’ nur.« Sein Untergang, von ihm selbst unterzeichnet.
Siehst du nicht, was er für ein Verlierer ist?


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»Du bist betrunken.«


»Ich weiß.«
Ich liebe dich.
Ich weiß.
Was sollte ich mir einfallen lassen, es zu sagen? Es wäre so
einfach. Ihre Wärme. Mit jedem Atemzug den ich tat, spürte ich
sie. Kurz sah sie auf, und schlug die Augen wieder nieder. Sie
war wütend. Wollte nichts weiter sagen, als sie die Tür
aufschloss.


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hey,
hab wieder einmal zeit gefunden reinzuschaun & :eek:
die storys echt wahnsinnig gut gelungen!
die idee von der geschichte von gestern ist echt gut...nur iwie hab ich dann auch überlegn müssen, was jetz da überhaupt passiert...%)
& bei der heutigen: echt tolle bilder!!
vor allem, die die in der disco spielen, sind super!

freu mich schon auf morgen,
lg:)
 
^ engel+teufel = ihr= liebe^^

Besser kann man es ja nicht ausdrücken :lol:
Falls es jemand nicht weiss, der Teufel ist schonmal nicht Missy :lol:

Ich mag die Geschichte ^^
Die Fotos sind auch einfach umwerfend :D
 
Missy, ich glaub, hach, ich kenne den Rest der Geschichte :lol:

Hübsch geschrieben ihr beiden :)
 
11.Dezember

Hallo allemal! Hier ist das nächste Türchen, viel Spaß beim Lesen!
liebe Grüße,
nadi-chan

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BlackCat444 präsentiert:

Das letzte Weihnachtsfest


“Möchtest du einen Lutscher, Redhawk?”
Sylvester blinzelte Mr. Meson mit großen Augen an. “Einen Lutscher?”
Mr. Melson ließ sich zu einem schwachen Grinsen herab, wie er es sonst nur selten tat. Überhaupt war er heute viel freundlicher als sonst, wie Sylvester fand. Das musste daran liegen, dass -
“Heute ist doch Heiligabend. Und nimm einen für deinen Bruder.”

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Sylvester starrte ihn einige Sekunden lang an, um die fremdartigen Worte aus diesem Mund zu realisieren, der sich das ganze Jahr über normalerweise sogar zu einem muffeligen “Danke” und “Auf Wiedersehen” durchringen musste (wenn man denn überhaupt von ihm begrüßt wurde), dann nickte er langsam und nahm zwei riesige, blutrote Lutscher entgegen, die sehr klebrig und sehr ungesund aussahen. Genau das Richtige für ihn. Und für Severí. Obwohl der den Lutscher vermutlich gar nicht essen wollen würde.
“Vielen Dank, Mr. Melson.”

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Mr. Melson grunzte und verschwand hinter der Theke.
Rasch wandte der Junge sich ab und hatte bereits die Ladentür aufgestoßen, als der Ladenbesitzer sich noch einmal zu Wort meldete:
“Ach, Redhawk - wünsch ihm Gute Besserung von mir.” Er fügte ein leises, genuscheltes “Immerhin ist ja Heiligabend” hinzu und tauchte dann endgültig ab.
Sylvesters Mundwinkel zuckten. Wie Weihnachten doch die kaltherzigsten Leute verändern konnte.

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“Severí?”
“Mhm”, kam es aus der Wölbung unter der Bettdecke.
“Mr. Melson hat mir Lutscher gegeben. Er wünscht dir eine gute Besserung.”
Die Wölbung wand sich aus ihrer Position und Severís Kopf kam zum Vorschein. Seine blasse Stirn lag in Falten, seine spröden, ebenso blassen Lippen hatten sich leicht geöffnet -
“Mr. Melson?! Soll das ein Witz sein?”
Sylvester lächelte traurig, ließ sich auf dem Stuhl neben dem Bett seines Zwillingsbruders nieder und betrachtete mit leeren Augen die Süßigkeiten in seinen Händen.
“Nein. Immerhin…ist Heiligabend.” Er reichte ihm den größeren der beiden Lutscher.
Severí seufzte leise. “Du weißt, ich mag nichts Süßes.”

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Sylvester nickte. “Jaa…aber ich konnte doch nicht ablehnen.”
Sein Bruder schenkte ihm einen mitleidigen Blick.
Plötzlich verzog er krampfhaft das Gesicht, schnappte kurz nach Luft und hustete dann.
Sylvester ließ die Lutscher fallen, sprang auf und kniete sich an die Bettkante. “Severí!”, rief er verzweifelt. Wieder hämmerte ihn das Herz gegen die Brust, sein Magen verkrampfte sich, wie immer, wenn sich die Krankheit seines Bruders bemerkbar machte.
Er hätte es doch längst gewöhnt sein müssen. Jeden Tag, jede Nacht, seit Jahren. Eine unheilbare Krankheit, die noch nicht untersucht, geschweige denn erforscht worden war, eine Krankheit, auf die niemand ein Heilmittel oder eine Lösung gefunden hatte.
Sylvester schluckte schwer, kämpfte vergeblich gegen den Kloß in seinem Hals und unterdrückte die Tränen. “Severí…”

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Severís Husten ließ nach, er keuchte und atmete hastig. Schweiß rann ihm über die Schläfen.
“…es ist okay. Nichts passiert…”
Sylvester schluchzte auf, viel lauter, als er es eigentlich tun wollte, denn er wusste, wenn er weinte, tat er ihm genauso weh wie sich selbst.
Eine eisige Hand strich ihm zitternd über die feuchte Wange. “Nicht weinen”, bat Severí, “heute ist Weihnachten. Ich möchte dich lachen sehen. Wenn du traurig bist, geht es mir auch schlecht. Und ich will nicht, dass du wegen mir traurig bist.”
Sylvester brach über ihm zusammen und umschlang sein Handgelenk.
“…ich kann nicht mehr, Severí. Wenn ich aufwache, habe ich Angst, dass du nicht mehr aufwachst, wenn ich fortgehe, habe ich Angst, dass ich dich tot wieder finde, und wenn ich abends schlafen will, kann ich es nicht, weil ich fürchte, dass es der letzte Abend sein könnte, an dem du die Augen schließt.”
Er vergrub seine Finger tief in Severís Haut und in dem schneeweißen Bettlaken.
Severí lächelte. “Du sollst nicht in Angst leben. Nicht wegen mir. Und vor allem nicht an Heiligabend.”
Sylvester zuckte und legte den Kopf auf seine Brust. “…wie soll ich an Weihnachten glücklich sein, wenn du es nicht bist? Du hast Schmerzen und mir geht es gut. Weihnachten…ist für dich ein Tag wie jeder andere, oder nicht?”
Severí fuhr ihm durch das engelsblonde Haar. “…vielleicht…”

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Die Uhr schlug Punkt sechs. Johlende Stimmen brachen aus. Sylvester verzog die Miene und blieb seelenruhig am Esstisch sitzen, während der Rest des Waisenhauses laut kreischend das Wohnzimmer stürmte.

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“Sylvester”, meinte Maggie, faltete die Hände und sah ihn fragend an, ein Lächeln auf den schönen Lippen. “Willst du nicht deine Geschenke auspacken?”
Sylvester zog die Brauen zusammen. “Ich habe keine Lust”, erwiderte er kühl.
Maggies Lächeln verblasste und wandelte sich in eine Mimik aus Besorgnis.
“…du solltest an Weihnachten nicht so traurig sein. Das würde dein Bruder nicht wollen.”
Sylvester schnaubte. “Das sagt mir jeder. Alle sagen mir das. Aber keiner sagt mir, wie ich das anstellen kann. Glücklich sein.”
Maggie sah nur noch umso besorgter drein, stand auf, hockte sich neben ihn und zog ihn an ihre Brust. “Es gibt keine Theorie zum Glücklichsein.”
Er schloss halb die Augen. “…dann kann ich auch nicht glücklich sein.”
Maggie seufzte leise. “Hast du ihm schon dein Geschenk gebracht?”
“Das Geschenk, was ich ihm machen will, finde ich nirgends. Ein Weihnachtsfest ohne Schmerzen. Ein glückliches Weihnachtsfest.”
Er spürte etwas Nasses auf seiner Kopfhaut.


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“…Severí?”, hauchte Sylvester und schloss die Tür hinter sich. Das Zimmer war in vollkommene Finsternis getaucht, nur das helle Mondlicht spendete eine Lichtquelle nahe Severís Bett. Es raschelte kurz, dann meinte Sylvester, den hellen Haarschopf seines Bruder in der Dunkelheit ausmachen zu können.

Er tapste zu ihm, kniete sich erneut vor das Bett und schob ihm sein Geschenk vor die Nase.
“Fröhliche Weihnachten, Severí”, flüsterte er mit belegter Stimme.
“…dir auch”, kam die Antwort, so leise und schwach, dass er es kaum hörte. Er wischte sich die brennenden Augen.

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“Es ist wieder nicht das, was ich dir schenken wollte, aber vielleicht gefällt es dir trotzdem. Die Geschenke der anderen sind noch unten. Sie wollen später zu dir kommen. Sie spielen noch”, fügte er angewidert hinzu.
“Das sollen sie auch”, sagte Severí ernst. “Und du mit ihnen.”
“Ich will nicht spielen.”
Severí stöhnte auf und drehte den Kopf, dann reckte er sich vorsichtig und setzte sich auf. Schwer atmend und leicht hustend nahm er das Geschenk entgegen.
“Was ist es?”
“Mach es einfach auf”, drängte sein Bruder. Severí tat wie geheißen, zog sachte das rosa Band auf, welches das hübsch verzierte Geschenkpapier zusammenhielt und faltete es auf.
Selbst im Dunkeln sah Sylvester, dass er lächelte.
“Das ist schön. Danke.”

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Er drehte an der winzigen Schraube der Spieluhr, ließ sie dann los und eine Melodie ertönte.
“…gefällt sie dir?”, fragte Sylvester zögerlich.
“Die ist wunderschön”, antwortete Severí und strahlte ihn müde an.
Sylvester konnte nicht anders, als das Lächeln zu erwidern und ergriff seine Hand.
Plötzlich erstrahlte ein grelles Licht hinter ihnen.

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Sylvester fuhr herum, Severí drehte müde den Kopf und kniff seine Augen zusammen.
Hinter ihnen, genau vor der Tür, stand ein Mädchen.
Ein glimmendes Leuchten goldener Farbe umgab sie, so golden wie ihre engelsgleichen Locken, die ihr über die Schultern fielen.

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Sylvesters Lippen öffneten sich vor lauter Erstaunung.
Ein Engel. Das musste ein Engel sein. Ein Engel für seinen kranken Bruder.
Das Mädchen trat vorsichtig auf sie zu, streckte in einladender Gestik die rechte Hand zu ihnen aus und lächelte.
Eine unglaubliche Wärme durchfuhr Sylvester. Ihr Lächeln erfüllte ihn mit vollster Glückseligkeit, und ihre Anwesenheit erschien ihm seltsam unwirklich, als wäre das Mädchen nur eine Illusion.
Wie von selbst, ohne darum gebeten zu werden, ergriff er ihre Hand und erwiderte den gutmütigen Blick ihrer smaragdgrünen Augen.

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“Ich bin gekommen, um euch einen Wunsch zu erfüllen”, sprach das Mädchen.
Sylvester hob fragend die Brauen. Ein Wunsch. Sie musste wahrlich ein Engel sein.
Nur ein einziger, alles andere vertreibender Gedanke kam ihm in den Sinn. Sein persönlichster Wunsch, sein tiefster Herzenswunsch seit Jahren.
“…ich möchte, dass mein Bruder geheilt wird.”
Das Mädchen erschrak, fast glitten ihre warmen Finger aus den seinen, und für einen kurzen Augenblick schien die Vollkommenheit um sie herum getrübt zu sein.
Ihre Miene wurde mit einem Mal traurig; ihre Augen schimmerten.

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“Es tut mir Leid, aber dieser Wunsch ist zu groß, als dass ich ihn dir erfüllen könnte.”
Ein Ausdruck der Bestürzung und Enttäuschung legte sich auf das Gesicht des Jungen, traurig senkte er den Kopf. “Aber ich habe nichts, was ich mir sonst wünschen könnte.”
“…du kannst dir etwas anderes wünschen. Etwas, was deinem Bruder Freude bereiten wird.”

Er riss den Kopf hoch.

Severí starrte in die Dunkelheit.

Ihm war so schwach zumute, dass er nicht wagte, auch nur eine Bewegung zu vollstrecken, sein Atem ging flach, und obwohl ihm eigentlich eiskalt war, wusste er, dass seine Stirn fiebrig glühte.
Seine trockenen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, ein wahres Lächeln, ein Lächeln der Zufriedenheit. So, wie er lange Zeit nicht mehr gelächelt hatte.

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Die Erinnerungen an den gestrigen Abend ließen sein Herz höher schlagen.
Wann hatte er das letzte Mal ein Weihnachtsfest ohne Schmerzen gefeiert? Wann hatte er sich das letzte Mal so frei und so glücklich gefühlt? Diese Emotionen waren ihm fremd gewesen, es war eigenartig, sie plötzlich zu spüren.
Er hatte Geschenke bekommen, Stapel voller Geschenke, sie hatten ihm etwas Essen übrig gelassen, und seit langem hatte er wieder etwas voll und ganz geschmeckt, und als er spät in der Nacht zu Bett gegangen war, war er ohne Schmerzen eingeschlafen.
Nur, weil sein Bruder es sich gewünscht hatte. Einen Heiligabend ohne Schmerz. Severís letzter Heiligabend.
Tief ausatmend schloss er die Augen.
Er fühlte, wie seine Sinne sich vernebelten, wie die Schmerzen in seinem Körper nachließen, er sah alles, was in seinem kurzen Leben bisher vorgefallen war, sah Sylvester, die Waisenkinder, sogar den alten, ruppigen Mr. Melson.
“Severí!”, schrie eine Stimme von weit fern. “Schläfst du?”

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Mit letzter Kraft hob er ein letztes Mal die Augen und erkannte seinen Bruder, der sich neben sein Bett kniete und ihm über den Arm strich, doch er fühlte es nicht mehr.
Es schien ihm, als würde die Worte ein anderer sprechen.
“Sylvester, ich werde jetzt gehen.”
Mit verschwommenem Blick erkannte er, wie sich Sylvesters Pupillen weiteten.
“Was?”
“Ich werde gehen…”
Ein Stich durchfuhr sein Herz, als sein Bruder begriff, was er da sagte, und selbst durch seinen unklaren Blick erkannte er, dass sie Tränen in seinen Augen glitzerten.
“D - du kannst jetzt nicht gehen…”
“…es tut mir Leid. Verzeih mir…aber es geht nicht mehr.”
Sylvester weinte nun, die Tränen rannen ihm stumm über das Gesicht, er war so geschockt, dass er nicht einmal mehr schreien konnte, schreien um Hilfe, schreien nach irgendjemandem…

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“Ich danke dir für alles…du hast mir das schönste Weihnachtsfest bereitet”, hauchte er, jede Silbe fiel ihm schwerlich über die Lippen.
“Nein”, schluchzte Sylvester.
Severí keuchte leise auf. “Ich hab gesagt, du sollst nicht mehr wegen mir weinen. Ich will dich lachend in Erinnerung behalten.”
Sylvester hickste, nickte dann, wischte sich die Tränen von den Wangen und versuchte, sein Lächeln zu erwidern.
“…ich wünsche dir alles Glück dieser Welt. Wir werden uns da oben wieder sehen…auf Wiedersehen, Sylvester.”

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Als er die Augen schloss, wusste Sylvester, dass er sie nie mehr öffnen würde.
Und er weinte, obwohl Severí es ihm verboten hatte.

 

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